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Das Tessin, einst Untertanengebiet der Eidgenossen, gehörte mit seiner alpinen Kultur über Jahrhunderte zu den ärmsten Regionen der Schweiz. Mit dem Gotthardtunnel und der Eisenbahn kamen die Hotelpaläste und damit die ersten Touristen, die den Versprechungen von Sonne, Palmen und mediterranem Flair erlagen. Es folgten Generationen von Künstlern, Literaten und Lebensreformern, die im Tessin ihr Glück suchten. Das Tessin, die 'Sonnenstube' der Schweiz, ist für interessante und erstaunliche Geschichten gut. Kommen Sie mit auf ungewöhnliche Wege in die Geschichte und Gegenwart eines äusserst lebendigen Kantons.
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Seitenzahl: 219
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111 Orte im Tessin, die man gesehen haben muss
Uwe Ramlow
emons: Verlag
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© Emons Verlag GmbH // 2016 Alle Rechte vorbehalten Texte: Uwe Ramlow © der Fotografien: Uwe Ramlow, außer Kap. 49: mauritius images/image BROKER/Olaf Krüger Kap. 82: mauritius images/age Kap. 94: Archiv Kletterschule YOYO © Covermotiv: iStockphoto.com/demypic Gestaltung: Emons Verlag Kartenbasisinformationen aus Openstreetmap, © OpenStreetMap-Mitwirkende, ODbL ISBN 978-3-96041-050-8 E-Book der gleichnamigen Originalausgabe erschienen im Emons Verlag
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Vorwort
1_Der Friedhof | AiroloHelden des Tunnels
2_Die Strada Alta | AiroloDen Säumern auf der Spur
3_Die Alm | Alpe di NeggiaGrasen mit schöner Aussicht
4_Das Felsenheim | ArcegnoWohnort eines modernen Eremiten
5_Das Antiquariat | AsconaLeo Koks Schwalbennest
6_Das Café Verbano | AsconaKreatives Kaffeetrinken
7_Die Casa Perucchi | AsconaBriefmarken auf Pump
8_Die Casa San Carlo Borromeo | AsconaBerühmte Namensverwandtschaft
9_Die Casa Semiramis | AsconaLicht- und Luftbäder von oben
10_Die Casa Serodine | AsconaRosenbaums Antiquitäten
11_Das Castello San Materno | AsconaBurg mit wechselvoller Geschichte
12_Das Collegio Papio | AsconaEin folgenreicher Fund
13_Die Freiluftduschen | AsconaFür Naturmenschen und Freigeister
14_Das Hotel Monte Verita | AsconaModerne Zeiten auf dem Berg der Wahrheit
15_Kudzu | AsconaDer grüne Würger im Park
16_Das Museo Comunale d'Arte | AsconaEin Haus am See für die Kunst
17_Das Museo Epper | AsconaDas Kleinod eines Künstlerehepaars
18_Das Teatro Materno | AsconaMit dem Ausdruck der Seele
19_Der Tessiner Reis | AsconaEin gelungenes Experiment
20_Die Uferpromenade | AsconaDie Sehnsucht nach Arkadien
21_Die Piazza San Pietroburgo | AstanoDer berühmte Sohn des Ortes
22_Der Friedhof | AuressioDer Wald des universalen Wissens
23_Der Naturpark | AuressioDie Rückkehr des Waldes
24_Die Burgen und Mauern | BellinzonaDas Tal ist geschlossen
25_Das Kantonsarchiv | BellinzonaEin Tessiner in Istanbul
26_Das Kantonsgebäude | BellinzonaNie wieder Untertanen
27_Das Rathaus | BellinzonaEine architektonische Zeitreise
28_Die Kirche San Defendente | BerzonaDas Knirschen der Zeit
29_Das Wohnhaus Golo Manns | BerzonaWallensteins Lager
30_Das Schallschutzdorf | BissoneDer Damm und die Folgen
31_Die Pescheria | BrissagoEin musikalischer Fischer
32_Die Tabakfabrik | BrissagoZigarrendrehen mit Seeblick
33_Der Botanische Garten | Brissago-InselnDas Domizil eines Paradiesvogels
34_Die Hungertürme | CamorinoWahrzeichen der Not
35_Die Casa Constanza | CaronaFrühstück mit Pelztasse
36_Die Casa Pantrova | CaronaFlucht und neue Heimat
37_Die Kirche Madonna d'Ongero | CaronaMaria und die Folgen
38_Der Roccolo | CaronaFallen für fliegende Leckerbissen
39_Der Torbogen | CaronaWenn der Postbus kommt
40_Die Felsen | CavergnoSteinerne Urkräfte am Werk
41_Die Villa Barca | ComolognoMit Tucholsky in den Bergen
42_Das Geisterdorf | CorippoWie aus der Zeit gefallen
43_Cima Norma | DangioWie die Schokolade ins Tal kam
44_Die Schlucht | Dazio GrandeEin Motiv für William Turner
45_Die Gedenktafel | Dumenza (Italien)Der Dieb der Mona Lisa
46_Das Ostello | FaidoKlösterliche Ferien mit Sprossenwand
47_Die Kommune | Fontana MartinaAuf des Künstlers Spuren
48_Bosco della Bella | FornasetteWohnen auf Stelzen
49_Der Wasserfall | ForoglioRätselhafte blaue Lichter
50_Der Lehrpfad | GandriaDie Wiederentdeckung der Oliven
51_Das Grab von Hugo Ball | GentilinoDada und ein Neuanfang
52_Die Schottenbar | Gurro (Italien)Fremde Klänge in den Piemonteser Bergen
53_Das Bilderbuchdorf | IndeminiAm Ende der Welt
54_Die Grenze | IndeminiAuf Schmugglers Pfaden
55_Der Campanile | IntragnaStreit um die Glocke
56_Der Bahnhof | LocarnoEndstation auf fremdem Gebiet
57_Das Castello Visconteo | LocarnoAuf den Spuren Leonardo da Vincis
58_Die Centovallibahn | LocarnoSchwindelerregende Aussichten
59_Die Elektrizitätsgesellschaft | LocarnoDie Marken des steigenden Wassers
60_Der Friedhof | LocarnoLeben auf der Überholspur
61_Das Grand Hotel | LocarnoAltehrwürdige Pracht
62_Das Haus der Tessiner Zeitung | LocarnoEin Sonderfall der Publizistik
63_Das Justizgebäude | LocarnoGrosse Bühne in der Provinz
64_Die Piazza Grande | LocarnoWarten auf die Bestuhlung
65_Die Piazza Sant' Antonio | LocarnoDie Statue eines fast vergessenen Tessiners
66_Die Schiffsanlegestelle | LocarnoWasserweg nach Mailand
67_Die Uferpromenade | LocarnoHans Arp auf englischem Rasen
68_Die Casa Walser | LocoSpartanische Ästhetik
69_Das Museum | LocoDas Tal des Strohs
70_Der Wanderweg | LocoMax Frisch und dem Regen zum Trotz
71_Der Weiler mit Kirche | LocoDas Rauschen des Isorno
72_Das Museum des Bleniotals | LottignaAuf den Spuren der Landvögte
73_Das Hotel Villa Castagnola | LuganoDer Nobelpreisträger zu Gast
74_Das Kulturzentrum | LuganoWie Phönix aus der Asche
75_Das Rathaus | LuganoWilhelm Tell im Tessin
76_Bolle di Magadino | MagadinoVon Libellen, Fröschen und Nachtigallen
77_Der Kirchplatz | MergosciaDie Mitte des Kantons
78_Elisarion | MinusioEin Tempel der Seligen
79_Die Villa Baronata | MinusioRevolutionäre zwischen Palmen und Gemüsegarten
80_Die Kirche San Giovanni Battista | MognoAus Trümmern wieder auferstanden
81_Die Kapelle | MondadaBeistand für eine lange Reise
82_Die Casa Camuzzi | MontagnolaHermann Hesses Refugium
83_Das Hermann-Hesse-Museum | MontagnolaKnulp und der Sinn des Eigensinns
84_Der Friedhof | MorcoteZum Sterben schön
85_Der Eranos-Kreis | MosciaEin geistiges Gipfeltreffen am See
86_Die Kirche San Vittore | MuraltoKunstvoller Schein
87_Der Park | OrselinaEin Amphitheater der Skulpturen
88_Der Kapellenweg | OrselinaWallfahrtsort an einem verpackten Hügel
89_Die Kirche Madonna del Sasso | OrselinaRettung ist nah
90_Die Schule für Bildhauerei | PecciaAlles Marmor
91_Die Standseilbahn | PiottaAuf steilem Weg hinauf
92_Der Gotthard-Basistunnel | PollegioRustikale Präzisionsarbeit
93_Die Grotti | Ponte BrollaVorindustrielle Kühlschränke
94_Der Kletterfels | Ponte BrollaOhne Angstschweiss unterwegs
95_Die Casa Monte Tabor | Porto RoncoRemarque und seine «Wiedergutmachungsterrasse»
96_Die Alpakaweide | PrugiascoMigranten aus Lateinamerika
97_Die Kirche San Carlo Negrentino | PrugiascoDer gezähmte Stier
98_Das Bergdorf | RasaDer Reiz des Abgeschiedenen
99_Der Friedhof | Ronco sopra AsconaHollywood am Lago Maggiore
100_Die Kirche San Martino | Ronco sopra AsconaDer Künstler Richard Seewald
101_Der Kirchplatz | Ronco sopra AsconaSchöne Aussichten
102_Das Talmuseum | SonognoDie erfolglose Suche nach Giorgio
103_Bagni di Craveggia | SprugaTherapeutisches Baden in einer Ruine
104_Der Gedenkstein | SprugaVon Flüchtlingen und Partisanen
105_Die Imkerei | SprugaFleissige Bienen
106_La Bottega | SprugaEin Laden für das andere Leben
107_Der Friedhof | TegnaErinnerung an eine »nette« Reisebekanntschaft
108_Das Craft-Beer | VergelettoDer Postbuschauffeur entdeckt eine Marktnische
109_Die Mühle | VergelettoDas Comeback der Farina Bona
110_Das Teatro Dimitri | VerscioVorhang auf für den Clown
111_Der Stausee | VogornoEin filmreifer Adrenalinschub
Bildteil
Übersichtskarten
Das Tessin. Für seine Besucher ist es die Schweizer Sonnenstube. Die meteorologische Bilanz, gerechnet in Sonnenstunden pro Jahr, ist überdurchschnittlich gut und spricht für sich. Landschaft und Vegetation machen mancherorts mit Palmen und Zitronenbäumen sogar dem Mittelmeer Konkurrenz. Andernorts bietet der Schweizer Kanton eine hochalpine Bergwelt. Ein faszinierender Kontrast, der gegensätzlicher kaum sein könnte.
Mit seinen entlegenen Gebirgstälern ist das Tessin bis weit in das 20. Jahrhundert auch ein bäuerlicher Lebensraum geblieben. Lange gehörte die Armut zum Alltag. Die Kastanie, auch als «Brot der Armen» bezeichnet, sicherte das Überleben in der kargen Bergwelt. Der Gotthard bildete einen majestätischen Riegel zwischen Nord und Süd, der erst Ende des 19. Jahrhunderts durch den Bau der Eisenbahn durchlässig wurde. Mit ihrer Hilfe entdeckten auch die ersten Touristen den Segen der Tessiner Sonne und den Komfort der neuen Kurhäuser und Grandhotels an den Seen.
Heute vereint der zwischen Nordschweiz und Italien gelegene Kanton auch kulturelle Gegensätze. Die meisten der etwa 350.000 Tessiner, die in Städten wie Bellinzona, Locarno oder Lugano leben, sprechen italienisch. Und doch ist man politisch wie wirtschaftlich im Norden zu Hause. Risotto und Pasta gehören hier ebenso zum Lebensgefühl wie Schweizer Ordnungsliebe und Präzision. Nicht zu vergessen ist der Postbus, der grossen Wert auf Pünktlichkeit legt und dessen Signalhorn zu den Erkennungszeichen des eidgenössischen Verkehrswesens gehört. Vielleicht war es die Summe dieser Vorzüge, die so viele deutschsprachige Künstler und Literaten während des 20. Jahrhunderts ins Tessin gezogen hat. Die endlose Namensliste ist untrennbar mit der Geschichte des Kantons verbunden. Auch Hermann Hesse hat sich auf ihr verewigt, der als prominentester Wahltessiner dem Charme der Landschaft erlag. Vielleicht wird es unseren Lesern ja auch so gehen.
Helden des Tunnels
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Andrea hatte es mit dem Durchbruch eilig. Acht Jahre bohrte, sprengte und schaufelte er sich wie viele andere Tunnelarbeiter am Ende des 19. Jahrhunderts in den Gotthard hinein, um das Schweizer Megaprojekt zu vollenden. Er jedoch hatte ein ganz persönliches Motiv: Auf der anderen Seite wartete nämlich sehnsuchtsvoll sein Mädchen Gertrud auf ihn. Von beiden Seiten bewegten sich die zusammen 15.003 Meter langen Röhren aufeinander zu. «Wie, wenn sie sich nicht treffen! Dann müssen sie von Neuem beginnen!» So lässt August Strindberg seinen Protagonisten in der Geschichte «Das Märchen vom Gotthard» bange fragen.
Auf dem Friedhof von Airolo sieht man die realen Helden verewigt. Ehrfurchtsvoll schaut der Tunnelarbeiter auf den Chef des Unternehmens Louis Favre herab, der die Konkurrenz für die Leitung des Baus mit einem extrem günstigen Kostenvoranschlag ausstach. Das vertraglich unterschriebene Damoklesschwert schwebte über ihm: In acht Jahren musste der Tunnel fertig sein. 1872 fiel der Startschuss für das Jahrhundertvorhaben. Unzählige Arbeiter, vor allem aus den ärmlichen Gegenden des Piemont und der Lombardei, trieben die beiden Röhren in rasantem Tempo aufeinander zu. Auch Alfred Nobels Dynamit durfte sich hier erstmals bewähren. Während eines einzigen Tages sollen 360 Kilogramm Dynamit verschossen worden sein, berichtete ein Reiseführer jener Zeit.
Info
Adresse Via San Gottardo, 6780 Airolo | ÖPNV vom Bahnhof Bellinzona nach Airolo mit der Buslinie 117, Ausstieg Buco dei Cavalli, oder mit dem Zug von Bellinzona nach Airolo | Anfahrt von Bellinzona über die Autobahn, Ausfahrt Airolo Richtung Bahnhof | Tipp Auf dem Friedhof von Göschenen, auf der nördlichen Seite des Gotthards, steht das Pendant zum Denkmal Louis Favres.
Beide Röhren trafen sich in erhoffter Präzision. «Schlag sieben, am 29. Februar 1880, fiel er vornüber gegen den Bohrer, der mitten durch die Bergwand flog.» Andrea war angekommen, legte den Mund ans Bohrloch und flüsterte «Gertrud».
Louis Favre erlebte diesen Tag nicht. Er starb im noch nicht vollendeten Tunnel an einem Herzinfarkt. Das Jahrhundertwerk war vollbracht. Die Eisenbahnverbindung zwischen Nord und Süd war geschaffen. Bald eroberten die Pioniere des modernen Tourismus die Ufer der beiden grossen Tessiner Seen.
In der Nähe
Die Strada Alta (0.08 km)
Die Standseilbahn (4.93 km)
Die Schlucht (11.18 km)
Die Kirche San Giovanni Battista (11.48 km)
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Den Säumern auf der Spur
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Unüberwindbar schien der Gotthard in früheren Zeiten. Vor der Schöllenenschlucht im Kanton Uri stockte denn auch so manchem Reisenden der Atem: Ein Abgrund von einem tiefen Spalt, herabstürzende Bäche, zerklüftete Felswände – und mittendrin die Reuss, die sich wild schäumend ergoss. Alles in allem ein Naturschauspiel, das reichte, um einem den Angstschweiss auf die Stirn zu treiben. Im hohen Mittelalter gelang es den Urnern, dort eine Brücke zu bauen. Das war ein Brückenschlag von wahrhaft europäischer Dimension, der die Verbindung zwischen Nord und Süd an dieser Stelle der Alpen möglich machte. Es folgte die grosse Zeit der Handelskarawanen, die sich hier auf schmalen Saumpfaden durch das Gebirge quälten und in Airolo Station machten. Die Säumer, die mittelalterlichen Spediteure, waren die Experten jenes Parcours über Stock und Stein. Die Strada Alta gehörte zu ihren hoch frequentierten Handelsrouten, auf denen die Waren mit Hilfe von Maultieren bis ins 19. Jahrhundert in beide Richtungen bewegt wurden.
Von Airolo führt der Weg in die kleine Siedlung Valle nach oben und setzt sich auf mittlerer Höhenlage in Richtung Biasca fort. Wer heute diesen Weg wählt, trifft zwar auf keine Säumer mehr, aber auf eine vielfältige Landschaft mit Wiesen, Wald und verschlafen wirkenden Bergdörfern. Der Lohn des fröhlichen Wanderns: immer wechselnd schöne Aussichten, während sich der im Tal rauschende Verkehr hier oben allenfalls erahnen lässt.
Info
Adresse 6780 Airolo | ÖPNV vom Bahnhof Bellinzona nach Airolo mit der Buslinie 117 oder man fährt mit dem Zug von Bellinzona nach Airolo | Anfahrt von Bellinzona über die Autobahn nach Airolo, die Strada Alta findet man in Richtung Valle | Tipp Informationen über den Weg gibt es im Tourismusbüro Airolo in der Via della Stazione 22, Öffnungszeiten Mo–Fr 8–18 Uhr, Sa und So geschlossen.
Man kann die Strada Alta auch etappenweise gehen. Es empfiehlt sich, Verpflegung vorher einzupacken, denn Lebensmittelgeschäfte sind auf der Strecke rar. Auch der Postbus fährt den Weg teilweise entlang. Die Käserei Caseificio del Gottardo in Airolo übrigens verpackt ihre Waren so, dass sie im Rucksack transportiert werden können. Ihr Produkt wurde von einer Schweizer Fluggesellschaft bereits erfolgreich erprobt.
In der Nähe
Der Friedhof (0.08 km)
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Grasen mit schöner Aussicht
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Was für ein Blick! Für die Aussicht von der Alm nimmt man gerne die unzähligen Serpentinen in Kauf, die in 1.350 Metern zur Passhöhe führen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrschte auf der Alpe di Neggia noch reger Betrieb: Über 100 Rinder und 500 Ziegen grasten damals auf den Weideflächen. Ursprünglich wurde die Alp von den drei Gemeinden Indemini, Piazzogna und Vira betrieben. Heute harren hier unverdrossen ein paar schottische Hochlandrinder aus, die sich des schönen Ausblicks auf den Lago Maggiore erfreuen.
Die eigentlichen Hauptakteure des Ortes sind nicht immer zu sehen: «Bärtig, eigensinnig und robust gebaut», so wird hier für die Vierbeiner geworben, welche die wichtigste Zutat für das Hauptprodukt der Alm liefern: Milch. Die etwa 100 Ziegen und zwei Böcke treiben sich dann gerade in den höheren Lagen herum. An einem kleinen Verkaufsstand wird in der warmen Jahreszeit Ziegenkäse und Honig angeboten. Alles stammt aus eigener Produktion. Zu finden ist der Käse aber auch in Magadino und Airolo. Aus der Ziegenmilch wird Robiola hergestellt, den man ganz schlicht mit Olivenöl, Salz und Pfeffer isst. Aber auch Formagella und Büscion gehören zu den besonderen Tessiner Käsespezialitäten, die man hier oben für das Wanderpicknick in den Rucksack stecken kann. Büscion heisst im Tessiner Dialekt «Zapfen» und kommt von der länglichen Form des fertigen Käses.
Info
Adresse 6574 Alpe di Neggia | ÖPNV von der Haltestelle Magadino Debarcadero mit der Buslinie 326 | Anfahrt von Bellinzona in Richtung Lago Maggiore über Magadino nach Vira, von der Via Pitzcker fährt man in die Stráda d'Indéman die Serpentinen hinauf | Tipp Wir empfehlen den Ausblick von der Terrasse des benachbarten Ristorante Ritrovo di Neggia. Das Haus hat auch Übernachtungsmöglichkeiten.
Die Gemeinde ist froh, dass sich vor ein paar Jahren wieder ein Bewirtschafter für die warme Jahreszeit auf den Weideflächen gefunden hat, denn die Almwirtschaft hat hier eine lange Tradition und ist im Tessin Kulturgut. Man denkt auch darüber nach, in den nächsten Jahren eine Jugendherberge einzurichten. Im Oktober übrigens wird es auf der Alpe di Neggia richtig ungemütlich. Es sei denn, man hat die Skiausrüstung bei sich, die man sich unten an der Uferstrasse in Magadino besorgen kann.
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Das Bilderbuchdorf (2.4 km)
Die Grenze (2.85 km)
Bolle di Magadino (4.88 km)
Die Uferpromenade (6.79 km)
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Wohnort eines modernen Eremiten
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Sie taucht in keinem Reiseführer auf, und die Suche nach einem Hinweisschild vor Ort ist vergebens. Man muss im Wald zwischen Arcegno und Golino von der kleinen Strasse zwischen Gestrüpp und felsigem Untergrund etwa 20 Meter nach oben steigen, um die einstige Wohnhöhle Gustav Gräsers zu finden. Der aus Siebenbürgen stammende Mann gehörte einst zu den Pionieren des legendären Monte Verita oberhalb von Ascona. Das 1900 gegründete experimentelle Lebensmodell mit vegetarischer Ernährung und schlichten Holzhütten war dem Wanderprediger des einfachen Daseins wohl zu komfortabel.
Er brach mit seinen einstigen Weggefährten und suchte sein eigenes Ideal in der freien Natur. Im Wald von Arcegno wurde er fündig. Seine Eremitage bestand aus einer Felsenspalte, die er mit Genehmigung der Gemeinde Losone bewohnte. In der Höhle lebte er von Beeren und Nüssen, seine Garderobe bestand aus selbst gefertigten Kleidern und Schuhen, weit entfernt von allen Regeln der Zivilisation. Dinge des alltäglichen Bedarfs tauschte er gegen selbst gemachte Fruchtpasten. «Er hat vor, sein Felsenheim zwar klassisch, aber doch malerisch und gemütlich auszugestalten aus allerhand Siebensachen, die er sich zusammensucht, und dann eine Lebensgefährtin zu suchen, ein braves und schönes Felsenweib...», so der Zeitgenosse Adolf Grohmann in seinem Porträt über Gräser.
Info
Adresse 6618 Arcegno | ÖPNV von Locarno mit der Buslinie 314, Ausstieg Arcegno Posta, von hier geht es zu Fuss weiter in Richtung Campo Pestalozzi | Anfahrt von Locarno aus die Schnellstrasse in Richtung Ascona benutzen, auf der Via Pestalozzi durch Arcegno fahren, im Wald auf einem kleinen Parkplatz auf der rechten Seite, Nähe Campo Pestalozzi, parken, von hier führt der Weg etwa 50 Meter die Strasse weiter und den Berghang etwa 30 Meter links hinauf | Tipp Den Wanderweg weiter nach Intragna gehen.
Diese liess in Person von Elisabeth Dörr nicht lange auf sich warten. Mit der jungen Aussteigerin zog Gräser für eine Weile auf einem Pferdewagen durch die Lande und kündete vom einfachen Leben. Wer sich ein Bild von dem Eremiten machen möchte, sollte Hermann Hesse lesen. Beide Männer haben sich in jener Zeit gekannt. Hesse selbst weilte einst als Gast auf dem «Berg der Wahrheit» und experimentierte mit den asketischen Idealen des Naturmenschen. Gräsers Odyssee führte ihn im hohen Alter nach München, wo er mit 79 Jahren starb.
In der Nähe
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Der Eranos-Kreis (1.8 km)
Die Casa Semiramis (2.12 km)
Das Hotel Monte Verita (2.12 km)
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Leo Koks Schwalbennest
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Die älteren Asconesi werden sich an ihn noch erinnern. Der schweigsame und zurückhaltende Leo Kok hat nie viel Aufheben um seine Lebensgeschichte gemacht. Mit seiner Buchhandlung «Libreria della Rondine» war er eine Legende und ein Urgestein des Ortes. Der geborene Niederländer begleitete die Ausdruckstänzerin Charlotte Bara in den 1920er Jahren auf dem Klavier. Er komponierte für das alljährliche Kamelienfest in Locarno. In Ascona gehörte er zur kleinen Künstlergemeinde. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, schloss er sich dem Widerstand an. In Frankreich wurde er von der Gestapo verhaftet, in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt und unter der Häftlingsnummer 42.319 eingesperrt. Die SS hat ihm hier die Finger gebrochen, nach der zynischen Logik, er solle nie wieder Klavier spielen. Mit viel Glück überlebte Leo Kok, kehrte nach Ascona zurück und begann sein zweites Leben als Antiquar. Seine Buchhandlung wurde zum Treffpunkt von Freunden, Intellektuellen und Schriftstellern.
Einer von ihnen war Erich Maria Remarque, dem es gelang, Leo Kok zum Sprechen zu bringen. Der weltberühmte Autor gehörte zu den Stammgästen seines Antiquariats. Ihm ist es zu verdanken, dass Leo Koks Erfahrungen mit dem Ort grauenhafter Realitäten am Rande Weimars nicht verloren gingen. Sein Roman «Der Funke Leben» ist auch die Geschichte Buchenwalds und erschien in den Nachkriegsjahren, obwohl das Thema grossen Teilen der bundesdeutschen Öffentlichkeit zu schwer verdaulich schien. 1992 starb Leo Kok fast hundertjährig in Ascona. Mehrere Nachfolger haben das Antiquariat seitdem über die Zeit gerettet. Leo Koks Bücherschwalbe hat schon bessere Zeiten erlebt, aber es gibt sie noch. Hoffentlich bleibt sie der Gemeinde Ascona auch zukünftig erhalten. Als Komponist ist Leo Kok inzwischen neu zu entdecken: Einige seiner Kompositionen sind mittlerweile auf einer CD erschienen.
Info
Adresse Casa Serodine, Piazza San Pietro 6, 6612 Ascona | ÖPNV Buslinie 1 von Locarno nach Ascona, Ausstieg Ascona Posta | Anfahrt von Locarno über die Schnellstrasse nach Ascona, hier findet man Parkplätze an der Ecke Via Papio; die Piazza ist Fussgängerzone | Tipp Die Besichtigung der Kirche Santi Pietro e Paolo mit dem Altarbild Giovanni Serodines direkt gegenüber lohnt sich.
In der Nähe
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Das Museo Comunale d'Arte (0.13 km)
Das Café Verbano (0.14 km)
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Kreatives Kaffeetrinken
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Das Kaffeehaus als Bildungsstätte? Stefan Zweig hätte diese Idee überzeugt, was bei einem gebürtigen Wiener nur allzu verständlich ist. Auch als lasterhafter Ort der Boheme ist diese Lokalität in die Geschichte eingegangen. Legenden ranken sich um die Protagonisten des frühen 20. Jahrhunderts, die das Café Slavia in Prag oder auch das Café Einstein in Berlin belebten und mit Rauch füllten. Das Café Verbano in Ascona war gleichsam ein solcher Ort, geradezu eine Institution, wo sich Künstler, Literaten und auch Emigranten trafen. Schade, dass es keine offizielle Gästeliste gibt. Das Spektrum der prominenten Namen, in Ascona ohnehin nicht spärlich, würde beträchtlich erweitert werden.
Zu ihnen gehörte auch die Autorin Else Lasker-Schüler, die 1935 in der Via Borgo ein Zimmer bezog und sich nicht selten stundenlang im gegenüberliegenden Café Verbano an einer Tasse Kaffee festhielt. Manche ihrer dortigen Auftritte waren legendär und sorgten für nachhaltigen Gesprächsstoff. Aber jenseits der Anekdoten, die zum alltäglichen Auftritt der besonders exzentrischen Autorin gehörten, hatte ihr Daueraufenthalt in jenem Café während der Wintermonate einen recht banalen Hintergrund. Die aus Deutschland über Zürich geflohene jüdische Schriftstellerin konnte kaum ihre Heizkosten bezahlen und im Verbano war es warm. Sie hielt sich in dieser Zeit mit der monatlichen Unterstützung von vermögenden Zürcher Kaufhausdirektoren über Wasser und schrieb an dem Buch «Das Hebräerland». In Emil Oprecht fand sie einen weltoffenen Schweizer Verleger, der es schliesslich publizierte. Nach ihrer dritten Reise nach Palästina 1939 verweigerten die Schweizer Behörden ihre erneute Einreise.
Info
Adresse Seven Asia, Via Borgo 19, 6612 Ascona | ÖPNV Buslinie 1 von Locarno nach Ascona, Ausstieg Ascona Posta | Anfahrt Von Locarno über die Schnellstrasse nach Ascona, hier findet man Parkplätze an der Ecke Viale Bartolomeo Papio. Die Via Borgo ist Fussgängerzone. | Tipp Wir empfehlen eine Kaffeepause ein paar Schritte weiter direkt an der Uferpromenade.
Im ehemaligen Verbano, das vor wenigen Jahren modernisiert wurde, isst man heute Sushi. Immerhin hängen im Lokal noch einige Fotografien aus den früheren Zeiten des kreativen Kaffeetrinkens.
In der Nähe
Das Museo Comunale d'Arte (0.05 km)
Der Tessiner Reis (0.13 km)
Das Antiquariat (0.14 km)
Die Casa San Carlo Borromeo (0.14 km)
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Briefmarken auf Pump
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«Nicht zu sprechen». Ein kleines Schild mit dieser Aufschrift hatte Marianne von Werefkin in den 1930er Jahren am Balkon ihrer Wohnung in der Casa Perucchi befestigt. Das heutige Hotel Meridiana befindet sich direkt an der Uferpromenade von Ascona. Aufdringliche Besucher waren der Künstlerin ein Gräuel, die mit ihrem Partner Alexej Jawlensky als Kriegsflüchtling in die Schweiz und 1919 schliesslich an den Lago Maggiore gekommen war. Vor Ausbruch des Krieges gehörte ihr Salon in Schwabing zu den bekanntesten Adressen der modernen Kunst. In der Schweiz suchte das Paar dem Nationalismus zu entkommen. Doch durch die Oktoberrevolution verlor die Aristokratin auch noch die Zuwendungen aus ihrer Heimat.
Besucher, die ihre Werke nicht verstanden, strafte sie mit Verachtung. «Im Kauen und Schlürfen werde ich gefragt, warum ich mir die sadistische Freude leiste, Gottes schöne Welt so zu vergewaltigen.» Von den Asconesi, für die sie immer ein offenes Ohr hatte, wurde sie derweil liebevoll «Nonna» genannt. Ihre rigorose Ablehnung des Kunstmarktes und das Leben fernab der aufgeheizten Zentren künstlerischer Bewegungen hatten ihren Preis. Für Werefkin galt: «Jede Briefmarke auf Pump». Aber sie blieb ihrem Credo treu, Bilder nicht um jeden Preis zu verkaufen. Sie überlebte am Lago Maggiore mit der Arbeit an Postkartenmotiven und von ein wenig Geld des Schweizer Roten Kreuzes. Freunde aus der Deutschschweiz halfen ihr bei finanziellen Engpässen, zahlten Arztrechnungen oder Farben und Pinsel. Manchmal kauften sie ihre Bilder, um die Künstlerin durch deren Weiterverkauf zu unterstützen.
Info
Adresse Piazza G. Motta 61, 6612 Ascona | ÖPNV Buslinie 1 von Locarno nach Ascona, Ausstieg Ascona Posta | Anfahrt Von Locarno über die Schnellstrasse nach Ascona, hier findet man Parkplätze an der Ecke Viale Bartolomeo Papio. Die Uferpromenade ist Fussgängerzone. | Tipp Das Grab von Marianne Werefkin findet man mit einem orthodoxen Kreuz auf dem Friedhof von Ascona.
In ihren letzten Tagen trugen die Töchter der Familie Perucchi sie in ihrem Korbstuhl auf den Balkon. Als am 8. Februar 1938 die Trauerfeier stattfand, nahm halb Ascona von ihr Abschied. Marianne Werefkin wird heute zu den Wegbereiterinnen des Expressionismus in Europa gezählt.
In der Nähe
Die Uferpromenade (0.16 km)
Das Collegio Papio (0.25 km)
Die Casa San Carlo Borromeo (0.28 km)
Das Museo Epper (0.3 km)
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Berühmte Namensverwandtschaft
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Der Namensgeber des Hauses ist geheiligt. San Carlo Borromeo machte im 16. Jahrhundert als Erzbischof von Mailand Karriere und erhielt posthum sogar den päpstlichen Segen eines Heiligen. Auf der italienischen Seite des Sees hat man ihm eine riesige Kolossalstatue gewidmet. Hier in Ascona ehrt man den Mailänder etwas bescheidener. Die Casa San Carlo Borromeo trägt heute seinen Namen.
Ob sein Namensvetter und späterer Bewohner des Hauses, Carlo Weidemeyer, daran gedacht hat, einen derartigen Nachruhm zu erzielen, darf bezweifelt werden. Aus der Norddeutschen Tiefebene wechselte der Bremer Künstler 1927 in die alpinen Gefilde Asconas. Hier führte er sich gleich spektakulär ein. Schuld daran war die legendäre Stuttgarter Weissenhofsiedlung, die mit ihren flachen Dächern als Modellfall für moderne Wohnhäuser in die Geschichte einging und auch Weidemeyer ins Staunen versetzte. Wenige Monate später entwarf er das Teatro Materno nach jenem Vorbild in Ascona.
Info
Adresse Via Collegio 16, 6612 Ascona | ÖPNV Buslinie 1 von Locarno nach Ascona, Ausstieg Ascona Posta | Anfahrt Von Locarno über die Schnellstrasse nach Ascona, hier findet man Parkplätze an der Ecke Viale Bartolomeo Papio. Die Via Collegio ist Fussgängerzone. | Tipp Im Erdgeschoss des Restaurants der Casa Borromeo lässt sich gut speisen.
Empörte Kritik liess nicht lange auf sich warten. Manche sprachen abfällig von «nordischer Einfuhrware». Das Flachdach erzielte die Wirkung eines ausgemachten Politikums. Auf einer seiner Baustellen erschien sogar die Kantonspolizei, um die Bauarbeiten zu stoppen. «Die Geschäfte gehen nicht gerade gut hier. (…) Vielleicht bleibe ich nur noch diesen Sommer», schrieb Carlo Weidemeyer sichtlich deprimiert. Er hielt durch und durfte weiterbauen. Erhalten sind heute leider nur wenige seiner Häuser.