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Berlin ist groß, riesig groß. Kein Mensch wird jemals fertig mit dieser Stadt. Aber es lohnt sich, sie immer wieder neu zu entdecken! Dieses Buch zeigt den Weg zu 111 unbekannten, skurrilen und spannenden Orten: Wie kommt man auf den Geisterbahnhof in SieBerlin ist groß, riesig groß. Kein Mensch wird jemals fertig mit dieser Stadt. Aber es lohnt sich, sie immer wieder neu zu entdecken! Dieses Buch zeigt den Weg zu 111 unbekannten, skurrilen und spannenden Orten: Wie kommt man auf den Geisterbahnhof in Siemensstadt? Welchen Whiskey hat David Bowie in seiner Stammkneipe getrunken? Was kostet eine Übernachtung im Prinzessinnenzimmer in einer Marzahner Platte? Und wo konnte man in West-Berlin Bauern bei der Ernte zugucken? In diesen 111 Fundstücken wohnen Bilder, Geschichten und ganz eigene Stimmungen. So zeigt sich Berlin dem neugierigen Entdecker – abseits der bekannten Pfade.
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Seitenzahl: 215
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111 Orte in Berlin, die man gesehen haben muss
Lucia Jay von Seldeneck und Verena Eidel und Carolin Huder
emons: Verlag
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© Emons Verlag GmbH // 2016 Alle Rechte vorbehalten © der Fotografien: Verena Eidel Redaktion: Carolin Huder Texte: Lucia Jay von Seldeneck Fotografien: Verena Eidel Gestaltung: Emons Verlag Kartenbasisinformationen aus Openstreetmap, © OpenStreetMap-Mitwirkende, ODbL ISBN 978-3-86358-464-1 E-Book der gleichnamigen Originalausgabe erschienen im Emons Verlag
Unser Newsletter informiert Sie regelmäßig über Neues von emons: Kostenlos bestellen unter www.emons-verlag.de
Vorwort
1_Der 11. Himmel | Das Prinzessinnenzimmer im Plattenbau
2_Alt-Lübars | Entschleunigung erhalten
3_Die antiken Bauelemente | Liebchens Refugium für Berliner Schätze
4_Das AVUS-Motel | Wo die Rekorde gehalten werden
5_Das Ballhaus in Grünau | Die verlassene Riviera von Berlin
6_Die Barbrücke in der Nacht | Mutprobe unter Sternen
7_Die Berberitze an der Panke | Heilende Kräfte früher und heute
8_Der Berliner Balkon | Und davor der Sommer
9_Das Berliner Zimmer | Ein eroberter Freiraum
10_Der Bieberbau | Zu Gast bei einem Meister
11_Der Bierpinsel | Ein Zeit-Zeichen
12_Das Boulodrome Kreuzberg | BerlinNeulinge ins Katzenklo
13_Der Bücherwald | Eine Leseempfehlung
14_Die Cafeteria im Bürgeramt | Frische Buletten und Rundumblick
15_Das Capitol | Das Kino im Wohnzimmer
16_Der Comenius-Garten | Ein Refugium mit philosophischer Ambition
17_Die Currywurst-Gedenktafel | Eine gut versteckte Erinnerung an die Soßenerfinderin Herta Heuwer
18_Deko Behrendt | Ein Ort, der gute Laune macht
19_Das Dong-Xuan-Center | Falsche Blumen und frischer Fisch
20_Die ehemalige Haftanstalt | Ein Ort mit Geschichte – und Zukunft
21_Die Eiermann-Kapelle | Das verborgene Kleinod
22_Das Ernst-Thälmann-Denkmal | Ein Koloss aus der Vergangenheit
23_Der Fledermauskeller | Welt über Kopf
24_Der Fundort der »entarteten Kunst« | Das Rätsel um die Skulpturen
25_Die Gedenkkirche Regina Martyrum | Beklemmung überwinden
26_Das Graffiti »Periferia Connection« | Neue Perspektiven im Haus »Pro social«
27_Die Graphothek | Kunst für alle
28_Die Greenwich-Promenade | BerlinWo die Zeit stehen geblieben ist
29_Gutes Wedding, schlechtes Wedding | »Mitte is schitte«
30_Die Hafenkirche | Wo Berlins letzter Schifferpfarrer vor Anker geht
31_Der Hannah-Höch-Garten | Ein bedeutsames Erbe
32_Das Hansaviertel | Dem Geist des Aufschwungs auf der Spur
33_Die Hasenschänke | Naherholung verbindet
34_Die Hastings TG 503 | Schokolade an Fallschirmen
35_Das Haus, in dem David Bowie lebte | Heroes in einer Zwei-Zimmer-Wohnung
36_Der Heimathafen Neukölln | Wie neues Volkstheater entsteht
37_Der Hüttenpalast | Ein Ort für alles
38_Die Hüttenstadt | Wie in der echten Stadt auch …
39_Die Insel im Karpfenteich | Anleitung für eine Eroberung
40_Der Intershop 2000 | Die Schätze der Geschichtensammlerin
41_Das Jagdschloss Grunewald | Zügellos hinter dicken Mauern
42_Der jüdische Friedhof | Ein Andenken in Ewigkeit
43_Die Jukebox | Eine treue Weggefährtin
44_Die Karl-Marx-Allee | Schwerfälliger Wandel
45_Der Kaulsdorfer Kirchturm | Denkmäler der Liebe
46_Kleists Grab | Und fand Unsterblichkeit …
47_Der Kletterbaum | Ein Capri für die Seele
48_Der koreanische Garten | Böse Geister müssen draußen bleiben
49_Der Krausnickpark | Ein schützenswerter Schlupfwinkel
50_Der Landhausgarten | Dr. Fränkels Sommerfrische
51_Die letzte Platte | DDR zum Anfassen
52_Der Lichthof | Gebaut für den Berliner Äther
53_Die Lilienthal-Burg | Keine Festung
54_Die Lohmühle | Unabhängiges urbanes Leben
55_Der Madenautomat | Larven nach Ladenschluss
56_Das Mahnmal Levetzowstraße | Mit unerwarteter Wucht
57_Der Majakowskiring | Wo die Herren aus Pankow lebten
58_Die Malzfabrik | Behutsame Erneuerung
59_Der Märchenbrunnen | Eine Begegnung mit alten Vertrauten
60_Die Massageliegen | Für eine bessere Verfassung
61_Das Mausoleum | Ein Ort für das Leben
62_Die Mensa der Kunsthochschule | Sachlichkeit gegen Pathos
63_Die Meteorstraße | Unter der Einflugschneise
64_Das Mies-van-der-Rohe-Haus | Einfach klar
65_Das Mittelmeerhaus | Eine Kathedrale für Farne
66_Die Modersohnbrücke | Warten auf die Sonnenfinsternis
67_Die MS Lichterfelde | Ausflugsdampfer mit Kartenentwerter
68_Der Müggelturm | »Nicht erschrecken, nur wundern!«
69_Die Mulackritze | Die letzte Zille-Kneipe von Berlin
70_Das Museum der Dinge | Von Schmuck, Zweck und Entfremdung
71_Der Naturpark Südgelände | Siegreiche Rückeroberung
72_Neu-Venedig | Kleingartenglück zwischen Kanälen
73_Das Notaufnahmelager in Marienfelde | Die erste Station im neuen Leben
74_Der Olympia-Sprungturm | »Schrei, schrei – du musst schreien!«
75_Das ORWO-Haus | Berlins lauteste Platte
76_Das Pallasseum | Ein sozialer Wohnungsbau besiegt seinen schlechten Ruf
77_Das Parkdeck der Neukölln Arcaden | … sind wir auf dem Sonnendeck!
78_Die Parkeisenbahn | Mit der Dampflok durch die Wuhlheide
79_Der Paternoster | Ein Aufzug mit Westberliner Geschichte
80_Der Platz des 4. Juli | 700 Meter von Hitlers Autobahntraum
81_Das Polizeimuseum | Von kleinen und großen Coups
82_Der Preußenpark | Asiatischer Gusto unter freiem Himmel
83_Der Prinzessinnengarten | Gemüse für alle am Kreisverkehr
84_Die Reichenberger Straße | Archäologie des Alltags
85_Der Ring an der Potsdamer Brücke | Ein Denk-Mal mit Ausrufezeichen
86_Der S-Bahnhof Siemensstadt | Spuren der Zeit
87_Die Schaukeln im Mauerpark | Voll aus dem Leben
88_Der Schwarz-Weiß- Fotoautomat | Ein ganz besonderer Streifen
89_Der Schwerbelastungskörper | Größenwahn zum Anfassen
90_Die Sehitlik-Moschee | Offen für Begegnung
91_Die offene Siebdruckwerkstatt | Neuköllns neue Kleider
92_Die Spinner-Brücke | Hüttenstimmung beim AVUS-Treff
93_Der Spreepark | Der Traum des Berliner Rummelkönigs
94_Der Spreetunnel | Abgetaucht
95_Die Stadt der Tiere | Auf Augenhöhe
96_Die Stadt der Wissenschaft | Zu Besuch bei den Spitzenreitern
97_Das Stasimuseum | Der Schreibtisch der Macht
98_Die St.-Michael-Kirche | Eine Kirche macht als Ruine weiter
99_Der Straßenbahn-Fahrsimulator | Auf Linksabbieger achten
100_Der Südwestkirchhof | Der Promi-Friedhof vor der Stadt
101_Die Tadshikische Teestube | Märchenhaftes in Mitte
102_Die Tartanbahn | »Can’t keep running away«
103_Das Tempelhofer Flugfeld | Ein Open-Source-Projekt
104_Die Terrasse am Weißen See | Wochenend und Sonnenschein …
105_Der Teufelsberg | Winterspaß auf Trümmern
106_Die Tuschkastensiedlung | Die heile Welt am Falkenberg
107_Die Uferhallen | BerlinViel Platz für Kunst und Industrieromantik
108_Die verlassene irakische Botschaft | Ein nicht abgeschlossenes Stück Vergangenheit
109_Die Weide zwischen den Platten | Die Marzahner Win-win-Strategie
110_Das Wikingerufer | Urlaubsgrüße von zu Hause
111_Die Wohnung der Kommune 1 | Wo die Revolution vorgelebt wurde
Bildteil
Übersichtskarten
Berlin ist schief und krumm, nicht glatt und glänzend und schon gar nicht aus einem Guss. Das wird schnell klar auf der Suche nach den Orten, die Berlin ausmachen. Wo anfangen, in einer Stadt, in der es keinen Anfang und kein Ende gibt? Was ist das Berlinerische an Berlin?
Angefangen haben wir bei den eigenen Lieblingsplätzen – immer zu dritt, immer mit Stadtplan, Kamera und Notizblock. Wir ließen uns treiben bis in die entlegensten Winkel dieser riesigen, spröden und widersprüchlichen Stadt. Und erreichten im Zickzackkurs immer neue Ziele: Wo ist die Bar, in der David Bowie seinen Whiskey bestellte, wie lässt sich der 11. Himmel im Marzahner Plattenbau finden, und an welcher Stelle predigt der Schifferpfarrer im Westhafen?
Bei unseren zahllosen Exkursionen entwickelten wir ein Gespür für lebendige, berlintypische und unerwartete Fundorte. Mit jedem neuen Platz, jeder neuen Straße erlebten wir, dass es auch und vor allem die Menschen sind, die all diese Orte lebendig machen – und ihre Art, die alten und neuen Geschichten zu erzählen. Berlin ist nicht ein Ganzes, sondern ein Vielfaches. In den 111 Fundstücken wohnen Bilder, Geschichten und ganz eigene Stimmungen. In ihnen verrät sich Berlin dem Entdecker.
Am Ende reicht ein einziger Notizblock nicht aus: Jeder neue Ort gibt mindestens zwei nächste Anstöße. Das lässt einen nicht mehr los. Hunger! Wir wollen mehr und immer mehr von diesen Funken. Denn diese Funken sollen ja überspringen! Es gibt keine Regeln und Anleitungen, um Berlin kennenzulernen, man muss einfach nur anfangen. Und dranbleiben. Berlin macht schließlich auch immer weiter – also: Lasst Euch nicht abhängen! Ran an die Buletten!
Das Prinzessinnenzimmer im Plattenbau
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Es war die Idee von den Kindern aus dem Wohnblock. Sie wollten der ganzen Welt zeigen, dass Marzahn mehr zu bieten hat als einen schlechten Ruf. Und das ist ihnen gelungen: 2004 richteten die Kinder und Jugendlichen, unterstützt durch den Kinderring Berlin e.V., ganz oben in dem Plattenbau mit der schmucklosen braunen Kieselsteinfassade die »Pension 11. Himmel« ein. Seitdem empfangen sie hier die Gäste, putzen Zimmer und Bäder, bereiten das Frühstück – und zeigen den Besuchern ihren Bezirk.
Den 11. Himmel erreicht man nur zu Fuß, der Fahrstuhl endet im zehnten Stock. Und mit den letzten Treppenstufen betritt man ein Marzahn, das seine Besucher überrascht. Jedes Zimmer in der Pension ist eine Welt für sich – und erzählt eine Geschichte über und aus dem Bezirk. Da gibt es zum Beispiel das »Bett im Kornfeld«. Ringsum an der Wand wiegen sich goldgelb die gepinselten Ähren, dazwischen leuchten Mohnblumen und gegenüber dem Bett steht eine Mühle. Und wenn man aus dem Fenster über die Wohnblöcke hinwegblickt, sieht man wirklich auf Felder, Hügel und Wälder. Marzahn, für viele das Sinnbild für Plattenbau-Tristesse schlechthin, liegt direkt am Stadtrand und ist viel grüner und näher zur Natur als die meisten Bezirke in Berlin. Das weiß kaum jemand.
Info
Adresse Wittenberger Straße 85, 12689 Berlin-Marzahn | ÖPNV S7, Haltestelle Ahrensfelde; Tram 16, 18, Haltestelle Niemegker Straße | Öffnungszeiten Hochhauscafé Mo–Fr 10–18 Uhr, Tel. 030/93772052 | Tipp Das Marzahner Matterhorn: Der Kletterfelsen aus recycelten Abriss-Platten an der Kemberger Straße bringt es immerhin auf 17,5 Höhenmeter (Kletterausrüstung mitbringen!).
Die anderen Zimmer in der Pension heißen »Auf-Wolken-gebettet« oder »Prinzessinnenzimmer«. Aber nicht nur Schlafplätze findet man hinter den Türen im Flur: Das »Kaminzimmer« wurde zu Ehren von Prinz Charles eingerichtet, der einmal in Marzahn zu Besuch war. Und in dem »Betonzimmer« haben die Kinder alle Wände freigelegt, sodass man auf der rohen Platte das Datum lesen kann, an dem sie gegossen wurde: 1984.
In dem kleinen Speisezimmer liegt das aufgeschlagene Gästebuch auf der rot-weiß karierten Tischdecke. Ein Eintrag lautet: »Marzahn hat uns überrascht, auf allen Ebenen. Wir kommen wieder!«
In der Nähe
Die Stadt der Tiere (1.86 km)
Die Weide zwischen den Platten (1.94 km)
Der koreanische Garten (3.02 km)
Die letzte Platte (3.87 km)
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Entschleunigung erhalten
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Stadtauswärts ziehen in Sekundenschnelle Tankstellen, Baumärkte und Fast-Food-Läden an der großen Straße vorbei. Doch mit einem Mal wird die Geschwindigkeit jäh ausgebremst: buckeliges Kopfsteinpflaster, lang gezogene einstöckige Häuser, Pferdegeruch. Man ist darauf nicht vorbereitet: In Alt-Lübars steht man plötzlich, umgeben von Feldern und Wiesen, mitten auf einem alten Dorfanger.
Alte Dorfkerne hat diese Stadt wie sonst keine. Berlin schaffte es schließlich erst spät zur Metropole – und das vor allem durch einen Trick: Mit der Gründung von Groß-Berlin verleibte es sich 1920 mit einem Schlag 59 Landgemeinden, 27 Gutsbezirke und sieben Städte ein. Damit war es von einem Tag auf den nächsten 14-mal so groß wie vorher und nach New York und London die drittgrößte Stadt der Welt – bestand aber nach wie vor größtenteils aus Dörfern und Land. Und heute sind diese alten Ortskerne immer noch Mittelpunkt des Geschehens. Die Dorfstraßen sind zu den Haupteinkaufsstraßen in den Bezirken geworden, man bekommt alles vor Ort – und muss nicht »nach Berlin« fahren, wie es dann heißt.
Info
Adresse Alt-Lübars, 13469 Berlin-Reinickendorf | ÖPNV Bus 222, Haltestelle Alt-Lübars | Tipp Der Kräuterhof Lübars: Am Dorfanger werden Kräuter, Obst und Gemüse direkt von den umliegenden Feldern verkauft.
Nur in Alt-Lübars hat sich das Bild nicht verändert. Dank einer Initiative im Dorf gibt es keinen Supermarkt am Kirchplatz und keinen Drogeriemarkt neben dem Alten Dorfkrug. Bis heute ist das Leben hier von der Landwirtschaft geprägt. Zu Westberliner Zeiten galt Alt-Lübars als etwas nahezu Exotisches – in der ummauerten Großstadt kamen die Berliner hierher, um den Bauern bei der Arbeit zuzusehen. Als das Dorf dann zum Denkmal erklärt wurde und die Umgebung unter Landschaftsschutz gestellt war, bedeutete dies das Ende für die Höfe. Doch in Alt-Lübars hat man eine Lösung gefunden, um das Dorf und die Idylle zu retten: Die alten Bauernhöfe wurden in Reitställe umfunktioniert, und heute leben rund um die alte Kirche 150 Menschen – und gut 300 Stuten, Hengste und Wallache.
In der Nähe
Die Graphothek (2.48 km)
Die verlassene irakische Botschaft (5.61 km)
Der Majakowskiring (6 km)
Die Hüttenstadt (6.11 km)
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Liebchens Refugium für Berliner Schätze
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Zum Beispiel die bunten Mosaiksteine. Sie sind nach ihren Farben sortiert, und auf jedem Häufchen lehnt ein vergilbtes Foto von dem Bild, das die unzähligen kantigen Steine einmal formten: ein Heiligenbild an der Wand in einer Dahlemer Villa. Die Villa wurde abgerissen, und beinahe wären die bunten Steine im Bauschutt untergegangen und das Bild von ihrer Anordnung in Vergessenheit geraten.
Fast alle Dinge hier im Hof teilen dieses Schicksal, im letzten Moment gerettet worden zu sein. Aus ihrem Zusammenhang gerissen, erzählen die Türen und Türklinken, die Balkongitter und Kachelöfen, die Treppengeländer und Gaslaternen bruchstückhaft von einem alten Berlin. Wolfram Liebchen kennt jede Geschichte, er hat Herkunftsort und Alter der Dinge auf weiße Zettel geschrieben. Die Preise bemessen sich hier im Hof nicht nur nach Material und Zustand, sondern auch nach dem Geschichtswert.
Info
Adresse Lehrter Straße 25/26, 10557 Berlin-Tiergarten | ÖPNV Bus 123, Haltestelle Kruppstraße | Öffnungszeiten Mi, Sa 10–14 Uhr und nach Vereinbarung, Tel. 030/3943093 | Tipp Der Geschichtspark: Die Lehrter Straße weiter in Richtung Hauptbahnhof führt am Ende durch die begehbare Gedenkstätte »Zellengefängnis Lehrter Straße«.
Liebchen nennt sich einen Schatzsucher. Als die Stadt in den 1960er Jahren ganze Altbauviertel abriss, wurde der Protest gegen diese »Kahlschlagsanierung« immer lauter. In den 1980er Jahren dann wurden die Altbaublocks nicht mehr vernichtet, aber gründlich entkernt. Die Kachelöfen klopfte man aus ihren Ecken, Parkett und Dielen, Fliesen und sogar Stuckverzierungen landeten im Abfallcontainer – wenn nicht Wolfram Liebchen kam und sie mitnahm. Seine beste Ausgrabungsstelle war das Adlon. Die DDR ließ nach dem Krieg die Trümmer des weltbekannten Hotels gleichmäßig verteilen und Grenzsoldaten über die Fläche patrouillieren. Als nach der Wende das neue Adlon gebaut werden sollte, begleitete Wolfram Liebchen die Abrissfirmen – und fand so manchen marmornen Schatz in den Trümmern.
Heute rufen ihn Architekten und Bauarbeiter an, wenn Antikes »entsorgt« werden soll. Im Hof hinter der hohen Steinmauer finden seine Schätze Ruhe – und früher oder später wieder einen neuen Platz, meistens in Berlin.
In der Nähe
Die Wohnung der Kommune 1 (0.65 km)
Der Madenautomat (1.05 km)
Gutes Wedding, schlechtes Wedding (1.25 km)
Die Hafenkirche (1.4 km)
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Wo die Rekorde gehalten werden
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Wie eine tosende Brandung rauscht der Verkehr um die stillgelegte Nordkurve der »Automobil-Verkehrs- und Übungs-Straße«, besser bekannt als: die AVUS. Die Insel inmitten der Stadtautobahn ist nur über eine eigene Ausfahrt oder durch einen Tunnel vom nächstgelegenen S-Bahnhof zu erreichen. Hat man den Durchschlupf gefunden, kann man bequem auf der breiten, leicht schrägen Asphaltkurve entlangspazieren, auf der früher einmal Rekorde gemacht wurden. Im Inneren der Kurve, wo heute die Lkws dicht an dicht parken, ließen sich damals bei den Autorennen bis zu 50.000 Zuschauer vom Rausch der Geschwindigkeit mitreißen.
Am Rand der Nordschleife steht der frühere Mercedes-Aussichtsturm, heute das AVUS-Motel. Der Ausblick von den vier umlaufenden Galerien ist der gleiche geblieben: Die Autos brausen vorbei und verschwinden am Ende der schnurgeraden Straße als kleine Punkte in der Ferne. Auf der anderen Seite der Autobahn steht die Tribüne, allerdings heute mit verlassenen Bankreihen und leeren Fahnenmasten.
Info
Adresse A 115, Ausfahrt Messedamm, 14057 Berlin-Charlottenburg | ÖPNV S9, S75, Haltestelle Westkreuz; Bus 219, Haltestelle Messegelände | Tipp Das versteckte AVUS-Denkmal: Hinter dem Parkplatz, ein Stück weiter an der Autobahn entlang, erreicht man den Gedenkstein an der Rennstrecke.
Wehmütig erinnert man sich im Motel an die Zeit, als hier an der Nordkurve Motorrennsport-Fans aus der ganzen Welt zusammenkamen. Noch in den 1990er Jahren wurden auf der geraden Strecke Rennen gefahren. Heute sitzen Trucker und Messearbeiter im Gastraum. Durch die gekippten Fenster hört man die Autos vorbeizischen. Aber es ist kein trostloser Ort – denn er erzählt von Höchstleistungen und Triumphen: Auf den Tischen sind Zeitungsausschnitte und Fotos unter Glasplatten liebevoll zu Collagen angeordnet. Tisch für Tisch kann man hier die Höhepunkte aus der Geschichte der AVUS nachlesen. Einer der größten Momente für viele Berliner war es sicherlich, als 1921 die 19 Kilometer lange Rennstrecke für alle freigegeben wurde. Eine Fahrt über die glatte Strecke ließen sich die Leute was kosten: zehn Mark für eine einfache Fahrt – oder ein Abo für ein Vierteljahr für 1.000 Mark.
In der Nähe
Der Lichthof (0.26 km)
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Die Currywurst-Gedenktafel (1.78 km)
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Die verlassene Riviera von Berlin
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In Scharen zogen die Berliner in den 1920er Jahren hinaus an das Ufer der Dahme. Sie hüllten sich in modische Kleider und elegante Anzüge und fuhren auf dem bunt beleuchteten Ausflugsdampfer zu ihrer Riviera, in Grünau. Voller Erwartung für den Abend legten sie am Steg an und betraten den mit Palmen gesäumten Garten. Es war die Zeit, in der in Berlin das Ausgehen zelebriert wurde wie nie. Über 200 Tanzlokale und Vergnügungspaläste überboten sich gegenseitig an Pracht, Glanz und Glamour. Und hier wird dieses Lebensgefühl fassbar: Denn die Schönheit und Opulenz sind geblieben – trotz Verfall und Verwitterung und trotz Vandalismus. Fast ehrfürchtig betrachtet man das Ensemble am Wasser, wie es daliegt, versunken und still und ganz und gar ungestört.
Das Ballhaus »Riviera« beeindruckt vor allem in der Dimension. Die Bezeichnung »Ausflugsort« für diese Vergnügungsstätte am Ufer könnte in die Irre führen. In diesem Saal wurden auf glänzendem Parkett und unter schweren Kronleuchtern rauschende Bälle gefeiert. Rund um den Saal führt eine Veranda. Hier konnte man den Blick wahlweise über die Tanzenden oder nach draußen über das Wasser schweifen lassen.
Info
Adresse Regattastraße, zwischen Büxensteinallee und Libboldallee, 12527 Berlin-Köpenick | ÖPNV S8, S85, Haltestelle Grünau; Tram 68; Bus 163, 263, 363, Haltestelle S-Bahn Grünau | Tipp Die Straßenbahnlinie 68: Die ehemalige Schmöckwitz-Grünauer Uferbahn ist heute wahrscheinlich die schönste Straßenbahnstrecke in Berlin, sie fährt von Alt-Köpenick nach Alt-Schmöckwitz.
Es braucht nicht viel, um sich all das vorzustellen: Ein wenig verfallener Prunk in den verlassenen Sälen, ein bisschen abgebröckelter Stuck im Treppenhaus und eine verwunschene Uferböschung – und schon schmückt die eigene Vorstellung die Bilder mit den fehlenden Details aus.
Zu DDR-Zeiten verlor der Ort an Pracht, nicht aber an Bedeutung. Tausende Ausflügler zog es an den Wochenenden nach Grünau. Im Garten liegt ein umgestürzter Baum, er liegt da schon seit vielen Jahren. Die kleinen Birken, die hier am schnellsten wachsen, sprießen um ihn herum. Ganz hinten im verwunschenen Garten steht ein kleiner Pavillon. Die Musik schweigt, aber das Ufer ist noch immer erfüllt von großer Romantik.
In der Nähe
Die Tuschkastensiedlung (1.16 km)
Der Müggelturm (2.61 km)
Die Stadt der Wissenschaft (3.85 km)
Der Spreetunnel (4.69 km)
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Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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