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Mailand - die Stadt der Mode, der Künstler und der Finanzen - lädt ein zur Expo 2015. 142 Länder nehmen teil, siebzig Millionen Besucher werden erwartet, die neben der Weltausstellung die bekannten Sehenswürdigkeiten der Stadt stürmen werden. Mit diesem Buch entgehen Sie diesem Andrang und spüren stattdessen die unbekannten Orte dieser Metropole auf. Entdecken Sie Spannendes zwischen Scala und Duomo, zwischen den Navigli und dem goldenen Dreieck der Mode, und finden Sie Geheimnisse, die selbst Leonardo da Vinci erstaunt hätten.
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Seitenzahl: 228
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111 Orte in Mailand, die man gesehen haben muss
Giulia Castelli Gattinara und Mario Verin
emons: Verlag
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© Emons Verlag GmbH // 2015 Alle Rechte vorbehalten Texte: Giulia Castelli Gattinara © der Fotografien: Mario Verin, außer Kapitel 23: Veneranda Fabbrica del Duomo di Milano, Kapitel 32: Mario Verin mit freundlicher Genehmigung der Veneranda Fabbrica del Duomo di Milano; Kapitel 91: Teatro 7 Lab; Kapitel 92: QC Terme di Milano; Kapitel 103: Mario Verin mit freundlicher Genehmigung des FAI-Fondo Ambiente Italiano Gestaltung: Emons Verlag Kartenbasisinformationen aus Openstreetmap, © OpenStreetMap-Mitwirkende, ODbL ISBN 978-3-86358-937-0 E-Book der gleichnamigen Originalausgabe erschienen im Emons Verlag
Unser Newsletter informiert Sie regelmäßig über Neues von emons: Kostenlos bestellen unter www.emons-verlag.de
Vorwort
1_Der 39. Stock | MailandIm Schatten der Madonnina
2_Die 770 | MailandDas Haus des Rabbiners
3_Die Abtei Chiaravalle | MailandEin wahrer Zungenbrecher
4_Aldo Coppola am Dom | MailandHaarschnitt im Himmel
5_Das alte Amphitheater | MailandLeben als Gladiator
6_Die alte napoleonische Gießerei | MailandVerschmelzungen
7_Die Ambrosiana Bibliothek | MailandDer Name der Chose
8_Das Archiv Giovanni Sacchi | MailandVater der schönen Dinge
9_Das Baladin | MailandTrinken mit sozialem Mehrwert
10_Der Bauernhof Cuccagna | MailandIdeenernte
11_Der Bauernhof Monluè | MailandRadetzky-Marsch ins Bett
12_Das Becken der Gekrönten | MailandAls Brera noch Klein-Venedig war
13_Bei Sadler | MailandSchicker Quickie
14_Die Boote der Navigli | MailandMailand wie vor 100 Jahren
15_Der botanische Garten von Brera | MailandGewürze der Kaiserin
16_Die Ca' dell'Oreggia | MailandDas Ohr der Sprechanlage
17_Das Café Sant’Ambroeus | MailandKonditorei der Belle Époque
18_Die Ca' Granda | MailandMehr Königshof als Krankenhaus
19_Der Cimitero Monumentale | MailandDer letzte Aperitif
20_Das CityLife | MailandMesse der Stararchitekten
21_Corso Como 10 | MailandDas Haus der Galeristin
22_Der Dialog im Dunkeln | MailandDas Wasser gibt es wirklich
23_Die Diebe am Fenster | MailandGlasermeister des Doms
24_Eataly | MailandDas Shopping-Theater
25_Das Echo | MailandVilla der nackten Lügen
26_Das ehemalige Irrenhaus | MailandGarten des kreativen Wahnsinns
27_Der ehemalige Wasserflughafen | SegrateDas Meer der Mailänder
28_Das »Erba Brusca« | MailandGemüsegarten auf dem Tisch
29_Die Fabbrica del Vapore | MailandDampfhammergut
30_Die Fashion Outlets | MailandTipp für next Topmodels
31_Das Fernrohr | MailandAchse des Schönen
32_Die Fialen des Boxers | MailandRingkampf auf dem Dom
33_Der Finger | MailandAlles, was rechts ist
34_Das fluoreszierende Licht | MailandDom im Neon-Schein
35_Die Galerie Italiens | MailandSchätze im Banktresor
36_Die Galleria Campari | Sesto San Giovanni (MI)Flüssige Geschichte
37_Die Gärten der Guastalla | MailandDas älteste Grün Mailands
38_Die Gärten der Villa Real | MailandErwachsene nur mit Kindern
39_Die Gasse der Wäscher | MailandHerren der Kernseife
40_Das Gleis 21 | MailandDer Geisterzug in der Stazione Centrale
41_Der Glücksbringer | MailandEiertanz
42_Der Hangar Bicocca | MailandStahl-Stadt und Palast
43_Das Haus der großen Menschen | MailandPer Du mit Michelangelo
44_Das Haus des Mistero Buffo | MailandPossenreißen mit links
45_Die herrenlose Schildkröte | MailandSelfmade-Terrarium im Forlanini Park
46_Hinter den Kulissen der Scala | MailandDas Bühnenbild
47_Das Hostel Ostello Bello | MailandAmbiente mit Abenteurern
48_Das HUB | MailandKein Chaos will gebändigt sein
49_Die Isola Frida | MailandSozial ist genial
50_Das Jacaranda | MailandDer rockige Lautenbauer
51_Das Jamaica | MailandTreffpunkt der Boheme von Brera
52_Die Jugendstilfassaden | MailandRegierende Klasse
53_Die Kirche ohne Apsis | MailandBramantes Trick
54_Das Knochenhaus | MailandIn Gold gerahmte Schädel
55_Der Luftschutzbunker | MailandKriegserinnerungen
56_Der Lyrik-Shop | MailandVerdis Briefbeschwerer
57_Der Mann aus Stein | MailandMit der Stimme des Volkes
58_Manzoni in Mailand | MailandAuf den Spuren der Promessi Sposi
59_Der Markt von Sinigaglia | MailandSchnäppchen im Shabby Chic
60_Der Martesana | MailandRadtour mit Leonardo
61_Die Martini Bar | MailandSinfonie in D&G
62_Il Massimo del Gelato | MailandDie Verführung der Pistazie
63_Die Mauer der Puppen | MailandGegen Gewalt an Frauen
64_Der Monte Stella | MailandHügel der Gerechten
65_Das Museo Interattivo del Cinema | MailandE-Mail von Robert De Niro
66_Das New Old Camera | MailandReich der Vintage-Fotografie
67_N’Ombra de Vin | MailandEine Kellergeschichte
68_Die Osteria del Treno | MailandTrattoria der Eisenbahner
69_Der Palast des Kaisers | MailandAls Mailand Hauptstadt war
70_Der Palazzo Morando | MailandDas Museum von Mailand
71_Der Park der Basilika | MailandHexensabbat
72_Peck | MailandDer Wursthändler
73_Die Piazza Gae Aulenti | MailandTrompeten auf dem Platz
74_Das Piccolo Teatro | MailandStrehler macht Revolution
75_Die Pilzhäuser | MailandEin Wohnexperiment
76_Das Pirelli-Archiv | MailandMarilyn bis Newton
77_Die Porta Garibaldi | MailandPakt mit dem Sprayer
78_Die Rotonda della Besana | MailandDas Kolosseum der Kinder
79_San Cristoforo sul Naviglio | MailandVor dem Jakobsweg
80_San Maurizio al Monastero | MailandSistina des Nordens
81_Santa Maria alla Fontana | MailandWunder des geweihten Wassers
82_Santa Maria la Rossa | MailandDer Stolz, Äbtissin zu sein
83_Das Santeria | MailandDie Welt in einem Hof
84_Die Säule des Teufels | MailandSatansspieß
85_Das schamlose Mädchen | MailandIkonografie der Intimpflege
86_Das Scimmie | MailandJazz der Navigli
87_Das seltsame Filmarchiv | MailandMailand in 5-D
88_Das städtische Aquarium | MailandDas alte Haus und das Meer
89_Die Straßenpoesie | MailandMauerdichter der Porta Ticinese
90_Das Studio Castiglioni | MailandAtelier der Designer-Brüder
91_Das Teatro 7 Lab | MailandEine Vorzeige-Küche
92_Die Therme Milano | MailandRelaxen mit Jugendstil
93_Der Torre Branca | MailandEin alter Himmelsstürmer
94_Die Triennale | MailandPark mit Berufung
95_Das U-Boot | MailandDie Geschichte der Enrico Toti
96_Das Ulrico-Hoepli-Planetarium | MailandDie Sternenstadt Italiens
97_Die unsittlichen Damen | MailandDas Haus der Hinterbacken
98_Der vertikale Wald | MailandGrüne Metropole
99_Die Via Bagnera | MailandGässchen des Serienkillers
100_Die Via Paolo Sarpi | MailandMilano Chinatown
101_Das Viereck der Mode | MailandRemise, Revolte und Runway
102_Die Villa Invernizzi | MailandDer Flamingohof
103_Die Villa Necchi Campiglio | MailandDas zu moderne Haus
104_Die Vinothek »Ombre Rosse« | MailandWein und Kunst einschenken
105_Die weinende Madonna | MailandIm Hof des alten Lazaretts
106_Die Wildschweine | MailandEin gern vergessener Mythos
107_Die Wohnung des Futuristen | MailandErregung öffentlichen Ärgernisses
108_WOW | MailandRaum für Comics
109_Die Zinnen des Castello Sforzesco | MailandGeheimgänge und Garnisonen
110_Die Zwillingskirchen | MailandFamilienbande
111_Die Zwillingsorgeln | MailandAbendandacht mit Passion
Bildteil
Übersichtskarten
Ehrgeizig, modisch, kreativ, pulsierend – das ist Mailand. Tagsüber wird wie verrückt gearbeitet, am Abend stürzt man sich ins Vergnügen: bei einem Aperitif in Brera, dem angesagten Künstlerviertel, bevor man zum Essen an den Navigli einkehrt. Mailand ist mal versnobt und mal traditionell, dann plötzlich wieder ganz anders als erwartet. Man trifft sich im Abendkleid zur Premiere an der Scala, ist aber humorvoll genug, verstörende und respektlose Kunst direkt vor dem Gebäude der Börse zu platzieren.
Italiens Finanzhauptstadt ist kultiviert, elegant, exklusiv. Sie gibt ihr Bestes, wenn sie wieder zum internationalen Schaufenster von Mode und Design wird. Die Skyline hat sich innerhalb weniger Jahre komplett verändert – sei es durch einen »vertikalen Wald« auf 26 Etagen, sei es durch eine Madonnenfigur des Duomos auf einem Wolkenkratzer. Überraschend und bizarr ist die Stadt, wie die Fassaden der Häuser, hinter denen man plötzlich Flamingos in Hinterhöfen entdeckt. Oder eine ehemalige Flugzeughalle, in der es nun zeitgenössische Kunst zu bestaunen gibt. Mal sucht man das ländliche Leben, dann trinkt man wieder Campari in der Galerie.
Mailand ist nie langweilig. Manchmal genügt nur ein Blick, um etwas zu entdecken. Die Geheimnisse bleiben aber verborgen wie in einem Banktresor. Die Stadt offenbart sich nicht gern, sie will Schritt für Schritt entdeckt werden. Kommen Sie mit zu 111 Orten, die Sie staunen lassen.
Im Schatten der Madonnina
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Die Arbeiten der Veneranda Fabbrica del Duomo begannen im 14. Jahrhundert und wurden erst 1774 abgeschlossen, als auf die Spitze der höchsten Fiale eine vergoldete Marienfigur gestellt wurde. Sofort galt sie als Wahrzeichen der Stadt. Seither pflegen die Mailänder eine besondere Verehrung der »Madonnina« gegenüber. Man vereinbarte, dass kein Gebäude höher als der Dom sein durfte. Dies wurde in einem in den 1930er Jahren erlassenen Gesetz sogar schwarz auf weiß verankert. Eine nicht zu unterschätzende Auflage, die den Torre Branca 1933 und den Torre Velasca 1958 daran hinderte, über die schicksalsschweren 108,5 Meter hinauszuwachsen.
Erst 1960 gelang es, den Erlass wieder abzuschaffen, dank der unaufhaltsamen Entwicklung der modernen Architektur und einem listigen Trick. Giò Ponti hatte für Pirelli einen 127 Meter hohen Wolkenkratzer geplant, der hier als »Pirellone« bekannt ist und der damals sogar versprach, das höchste moderne Gebäude Europas zu werden. Um die Madonnina nicht zu beleidigen, wurde eine Kopie auf der Terrasse des Hochhauses aufgestellt: Das Wahrzeichen war gerettet. Erst kürzlich wurde eine dritte Madonnina im 43. Stock des Palazzo Lombardia aufgestellt, ein Wolkenkratzer von 161 Metern Höhe, der in der Nähe der Porta Nuova steht, dem mittlerweile durch futuristische Bauten geprägten Viertel. Der ganze Aufwand nur, um nicht mit der Mailändischen Redewendung zu brechen, alles passiere »im Schatten der Madonnina«.
Info
Adresse Eingang des Informationspunktes NIP, Piazza Città di Lombardia (Ecke Via Francesco Restelli), 20121 Mailand, Tel. +39267651 | ÖPNV M2 Grün, Haltestelle Gioia; M5 Lila, Haltestelle Isola; Bus 43, 60, Haltestelle Gioia/Galvani | Öffnungszeiten So 10–18 Uhr| Tipp In der Via Melchiore Gioia 35 unter dem Wolkenkratzer befindet sich das neue Lokal Milano Bakery mit einem internationalen Koch und Meister der italienischen Konditorei. Eine Besonderheit sind die vertikalen Gärten im Innern (Mo–Sa 7–24 Uhr, So 7–18.30 Uhr).
Vom 39. Stock aus genießt man einen spektakulären 360-Grad-Rundblick über die Stadt. Mit Fernglas können Sie auch die Madonnina Nummer 2 auf dem Dach des alten Pirellone sehen. Genau genommen gibt es inzwischen 15 Madonnine. Eine befindet sich zwischen den Sozialbauten der Via Bona 2. Irgendjemand hat eine ins Himalaya gebracht, auf das Dach der Welt, und eine steht in Jerusalem auf dem Dach der Hebräischen Universität. Rekord garantiert.
In der Nähe
Der vertikale Wald (0.45 km)
Die Piazza Gae Aulenti (0.66 km)
Die Isola Frida (0.67 km)
Die Porta Garibaldi (0.67 km)
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Das Haus des Rabbiners
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Nein, um eine Zahl aus der Kabbala handelt es sich nicht, auch wenn die Atmosphäre, die das Haus verströmt, Mystisches vermuten lässt. Die Geschichte dazu beginnt in einem im flämischen Stil erbauten Haus in Brooklyn, New York City, Eastern Parkway 770. Also sehr weit weg. Bekanntlich sind die Amerikaner in ästhetischen Dingen ein fröhlich unbefangenes Volk von nicht nur klammheimlicher Sehnsucht nach dem Abglanz alter Geschichte; daher picken sie sich hier und da jene Stile des alten Europa heraus, die ihnen am meisten zusagen. Mit dem überladenen »flämischen Barock« neuerer Zeit hat dieses Haus jedoch nichts gemein.
Hier geht es um echte Historie. Ursprünglich kam die jüdisch-orthodoxe Familie Lubavitcher aus Weißrussland und war unfreiwillig in die Vereinigten Staaten emigriert. Nachdem der Rabbiner Joseph Isaac Schneerson 1940 dazu gezwungen gewesen war, vor der Verfolgung durch die Nazis zu fliehen, diente ihm diese traditionell europäische Behausung ohne eklektischen Kitsch-Faktor als Zufluchtsstätte und neues Heim.
Info
Adresse Via Carlo Poerio 35, 20129 Mailand | ÖPNV M1 Rot, Haltestelle Porta Venezia; Tram 23, Haltestelle Bixio | Tipp Neben dem Haus 770 befindet sich ein Schild, das auf das Wohnhaus der evangelischen Familie Rollier hinweist, in dem am 27. August 1943 das Gründertreffen der Bewegung der Europäischen Föderalisten stattfand. Anwesend waren zahlreiche Antifaschisten, Kommilitonen von Mario Rollier; unter ihnen Franco Venturi, Altiero Spinelli, Ernesto Rossi, Leone Ginsburg und Willy Jervis.
Mit der Zeit wandelte sich seine Heimstatt zur Synagoge und wurde damit zur Anlaufstelle der chassidischen Gemeinde, Symbol der Freundschaft und Ort der Begegnung. Auch die Zahl 770 machte Karriere: Die vermögenden Lubavitchers entschlossen sich, weitere Häuser mit der gleichen Hausnummer in anderen Städten der Welt zu erbauen: Mit ihren drei roten Ziegelsteintürmchen samt Spitzgiebel über dem Haupteingang, dem kleinen Balkon mit Baldachin und der marmorverzierten Fassade unter den Fenstern im Erdgeschoss sind sie Nachbildungen des Hauses in Brooklyn. Gerade einmal zwölf davon gibt es auf der Welt, manche mit großem Garten wie in Montreal oder Melbourne. Das in São Paulo etwa steht zwischen modernen Häusern. Natürlich gibt es auch eines in Jerusalem, doch das einzige in Europa bleibt jenes in Mailand, das bis heute als Synagoge fungiert. Mystisch also durchaus.
In der Nähe
Die Jugendstilfassaden (0.39 km)
Das Ulrico-Hoepli-Planetarium (0.52 km)
Der Dialog im Dunkeln (0.58 km)
Die Villa Invernizzi (0.66 km)
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Ein wahrer Zungenbrecher
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Außerhalb der Stadt, inmitten der nebligen Ebene, zwischen Scheunen und Heuballen, liegt überraschend ein Kloster. Der Kontrast zwischen dem prächtigen Bau und der bäuerlichen Landschaft des Parco Agricolo Sud, dessen Produkte bei den Mönchen erhältlich sind, könnte größer nicht sein.
Um 1135 beginnt die Geschichte der Abtei Chiaravalle: Das heilige Haus wird von einer Gruppe französischer Mönche erbaut, die unter dem Befehl des burgundischen Klosters Cîteaux stehen. Ursprünglich sollen vor allem die Sümpfe der Poebene trockengelegt werden. Dafür sind die Mailänder den zisterziensischen Brüdern noch heute dankbar, obwohl sie keineswegs deren emsigen Fleiß an den Tag legen, wenn man nach der generellen Verwilderung und dem hohen Gras geht, das in den alten Bewässerungskanälen wuchert.
Info
Adresse Via Sant'Arialdo 102, 20139 Mailand, Tel. +39257403404 | ÖPNV M3 Gelb und Bus 77, Haltestelle Corvetto | Öffnungszeiten Di–Sa 9–12 Uhr und 14.30–17.30 Uhr, So 14.30–17.30 Uhr (So kostenlose Führung um 16 Uhr)| Tipp In der Via San Dionigi 6 steht eine Statue von Cristo Redentore, die auch »El Signurun de Milan« genannt wird. Sie wurde dort aufgestellt, um die Stadt durch die Pilger zu segnen, die vom Kloster kommen.
Betritt man den Hof des Klosters, verändert sich unweigerlich die Atmosphäre, als strömten die Mauern wie von weit her etwas Antikes, Spirituelles aus, dem man sich kaum entziehen kann. Das Innere der Kirche ist monumental – wie etwa die mächtigen Backsteinsäulen, die das Mittelschiff stützen. Kommen Sie morgens um halb sieben her, so entführt Sie der Chorgesang während der Andacht in die sakralen Sphären einer untergegangenen Zeit. Die Mönche sitzen auf Nussholz-Stühlen aus dem 17. Jahrhundert, die einst der lombardische Meister Carlo Garavaglia fertigte.
Jenseits des Querschiffes erzählen Pinselstriche aus dem 16. Jahrhundert von Bruder Della Rovere, genannt Fiammenghini, und der Geschichte des Ordens, der von St. Bernardo gegründet wurde. Darum wird auch die erste Bronzeglocke, die vom Glockenturm herabläutet, »Bernarda« genannt. So reich ist der Turm an Säulen, Bögen und Intarsien, dass der Volksmund ihn »Ciribiciaccola« taufte und folgendes Lied entstand: »C’è una ciribiciaccola con cinquecentocinquantacinque ciribiciaccolini …« Dieser ästhetische Herzensbrecher ist ein wahrer Zungenbrecher.
In der Nähe
Der Bauernhof Cuccagna (4.28 km)
Der Bauernhof Monluè (4.7 km)
Die Therme Milano (4.77 km)
Das Haus des Mistero Buffo (4.98 km)
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Haarschnitt im Himmel
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Ohnehin nicht ohne: die Aussicht auf den Dom. Hier jedoch setzt man noch eins drauf und lässt den Prunk auf Höhe der Fialen genießen: Im Mailänder Salon Aldo Coppola liegt die Terrasse im achten Stock des Rinascente genau gegenüber einer herrlichen Heerschar von Zinnen, Streben, Figuren und Skulpturen, die die Pracht der Mailänder Kathedrale ausmachen. Sie bewundern sie aus dem Friseurstuhl heraus, während die stylishen Mailänder Barbiere die Gesichter der Kundschaft mit gewagten geometrischen Strukturen einrahmen. Dem gotischen Stil des Doms stehen sie in nichts nach.
Es liegt an Ihnen, ob Sie lieber in den Spiegel schauen, um das Schneiden, Färben, Massieren und Frisieren am Kopf Schritt für Schritt zu verfolgen, oder nur leicht nach rechts oder nach links auf den Marmor der Kathedrale blicken, deren Strebewerk sich jenseits der großen Fenster erstreckt. Schon im Winter ist es ein Erlebnis, sich in der Wärme des Raumes mit Spiegeln, Inox und Designer-Sesseln verwöhnen zu lassen. Im Frühjahr und Sommer jedoch gerät der Friseurbesuch mit Kathedrale zur Vollkrönung: An sonnigen Tagen wird hier im Freien frisiert!
Info
Adresse am Domplatz links in Rinascente im 8. Stock, 20121 Mailand, Tel. +392890597-12 oder -13, www.aldocoppola.it | ÖPNV M1 Rot, M1 Gelb, Haltestelle Duomo | Öffnungszeiten Mo–So 10–21 Uhr| Tipp Im 7. Stock befindet sich die Terrassenbar des Rinascente. Wer es ruhig mag, sollte den Dienstag und den Donnerstag mit allzu lauter Livemusik vermeiden (Mo–So 9–22 Uhr, im Sommer geöffnet bis 24 Uhr).
So wird aus langweiliger Koloration eine kurzweilige Sensation, ja, ein gesellschaftliches Event: Hier sitzen frau und mann mit einer Tasse Tee auf der atemberaubenden Terrasse direkt unter dem blauen Himmel – und möchten nie wieder weg. Und hinterher erst, wenn Sie den Blick vom Zierwerk des Doms ab- und Ihrem Kopf erneut zuwenden: Niemals wieder (zumindest die ersten Tage nicht) werden Sie derselbe Mensch sein – dank der Inspiration von Stefano Lorenzi e Adalberto Vanoni, den Kreativdirektoren des Ateliers. Es braucht schon ein wenig Wagemut und einen großzügig dimensionierten Geldbeutel, das sei zugestanden.
Sie fühlen sich zu einer solchen Investition noch nicht bereit? Dann schauen Sie gern auf einen schnellen Blick vorbei. Der Himmel hat bekanntlich Zeit.
In der Nähe
Die Fialen des Boxers (0.07 km)
Das fluoreszierende Licht (0.17 km)
Die Diebe am Fenster (0.19 km)
Der Mann aus Stein (0.2 km)
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Leben als Gladiator
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Es ist nicht wirklich das schönste Gebäude und scheint eher eine Schule als ein Archäologie-Park zu sein, so viele Graffiti verunstalten die Wände entlang der Straße. Doch tritt man über die Schwelle des ehemaligen Konvents in der Via de Amicis, so entdeckt man das Mailand der Gladiatoren zusammen mit den Resten eines römischen Amphitheaters, in dem Spiele und Löwenkämpfe stattfanden.
Sie beginnen mit dem Antiquarium Alda Levi, das einer damals im Zuge der Rassengesetze verfolgten Archäologin gewidmet ist. Die Sammlung der Manufakturwaren, die aus Ausgrabungen aus dem nahe gelegenen Areal zwischen dem Becken des Naviglio und dem Corso Porta Ticinese stammten, ist größtenteils verloren gegangen. Verschiedene Tafeln erklären die kleinen Tonstatuen, Vasen, Amphoren, Schmuckstücke und Funde aus Bronze und Knochen. Es sind Alltagsgegenstände, die das städtische Leben in Mediolanum zu Zeiten der Römer zeigen: Wie eine Apotheke organisiert war, wie man Häuser baute – und wie man als Gladiator lebte.
Info
Adresse Antiquarium/Anfiteatro Alda Levi, Via Edmondo de Amicis 17, 20123 Mailand, Tel. +39289400555 | ÖPNV Bus 94, Haltestelle Colonne San Lorenzo; Tram 2, 14, Haltestelle Piazza Resistenza Partigiana | Öffnungszeiten Di–Sa 9.30–14 Uhr, Amphietheater: Di–Fr 9–16.30 Uhr (Winter), 9–18 Uhr (Sommer), Sa 9–14 Uhr| Tipp In der Basilika von Sant’Eustorgio kann man die frühchristliche Nekropolis aus dem 3. und 4. Jahrhundert besichtigen, die reich an Grabinschriften ist.
Letzteres verrät die wertvolle Grabstele des Urbicus (3. Jahrhundert), eines ausgezeichneten Kämpfers, dem es sicher nicht an Mut gefehlt hat, denn er war »secutor«, ein Verfolger. Seine Rolle in den grausamen Arenaspielen, die mit dem Tod des Verlierers endeten, bestand darin, sich den Gegnern an die Fersen zu heften, um das Geschehen spannender zu gestalten.
Urbico ist mit einem kurzen Gewand und Schwert abgebildet, der linke Arm hält einen gebogenen Schild, und an seinem rechten Bein trägt er einen Schienbeinschützer. Als er starb, war er gerade einmal 22 Jahre alt, doch hatte schon 13 Siege vorzuweisen. Er hinterließ eine fünf Monate und eine sieben Jahre alte Tochter. Seine Frau Lauricia muss sehr stolz auf ihn gewesen sein, denn sie widmete ihm die zierlich geschriebene Inschrift: »Seine Anhänger sollen sein Andenken am Leben erhalten«. Durchaus gelungen, wie man heute weiß.
In der Nähe
Die Mauer der Puppen (0.13 km)
Die Straßenpoesie (0.25 km)
Der Park der Basilika (0.29 km)
Das Hostel Ostello Bello (0.35 km)
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Verschmelzungen
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Die alte Gießerei Eugenia ist Frucht einer Enteignung. 1806 hatte Napoleon, der nicht gerade Respekt gegenüber dem Eigentum der Kirche zeigte, einige Grundstücke der alten Kirche Santa Maria alla Fontana beschlagnahmt. Der Boden des Innenhofes besteht aus den typischen Flusssteinen und ist mit einem schmiedeeisernen Tor verschlossen, durch das Sie nur hindurchspitzeln können. Es sei denn, Sie hätten sich angemeldet, denn die Gießerei ist Privatbesitz. Zum Hof hin, in den Backsteinhäusern, liegen Büros. Der Ort ist entzückend und trotz seiner berühmten Geschichte so gut wie unbekannt.
Hier wurde nichts Geringeres gegossen als die gigantische Sestiga auf dem Arco della Pace, dem triumphalen Tor zur Stadt im Norden des Simplonparks. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts spezialisierten sich die Brüder Barigozzi, die die Werkstatt übernahmen, aufs Glockengießen, wie man auf den alten Fotos im ersten Stock erkennen kann. Davor hatten die Arbeiter keine festen Stellen und waren in Europa unterwegs, dort eben, wo sie gebraucht wurden.
Info
Adresse Via Genova Thaon di Revel 21, 20159 Mailand, Tel. +3930552272, www.fonderianapoleonica.it | ÖPNV M3 Gelb, Haltestelle Zara; Bus 90, 92, Stelvio/Farini | Öffnungszeiten nur nach Voranmeldung ([email protected] ) oder bei Veranstaltungen (siehe Homepage)| Tipp Genau in der Mitte des Domplatzes befindet sich ein Reiterdenkmal, das Vittorio Emanuele II. gewidmet ist und ebenfalls in der Werkstatt der Brüder Barigozzi gegossen wurde (1896).
In dem Raum, in dem Bronze gegossen wurde, scheint man noch immer die Hitze wahrzunehmen, die die Backsteine ausstrahlten, und den Schweiß der Arbeiter zu riechen, der sich mit dem sauren Metallgeruch mischt. Die Herstellung einer wohlklingenden Glocke bedarf viel Muskelkraft und Erfahrung. Damit Sie sich in die Zeit von damals zurückversetzen können, ist ein Teil der Fläche zum Museum umgestaltet worden, in dem vom kreativen Prozess bis hin zum letzten Guss alles erklärt wird. Ausgestellt sind Kopien der damals entstandenen Glocken, Terrakotta-Fliesen, Gipsengel und sakrale Szenen. Den Glockenschlag der Barigozzi-Glocken kann man noch immer in vielen kleinen katholischen Kirchen in Afrika, Asien und Lateinamerika hören, aber auch im Glockenturm von San Marco in Venedig und in Santa Maria del Fiore in Florenz.
In der Nähe
Santa Maria alla Fontana (0.05 km)
Das Teatro 7 Lab (0.18 km)
Die Isola Frida (0.5 km)
Der vertikale Wald (0.85 km)
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Der Name der Chose
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Seit Umberto Ecos »Der Name der Rose« und Dan Browns »Da Vinci Code« stellt eine Bibliothek wie diese in der Phantasie vieler Menschen einen idealen Ort abgründiger Intrigen dar. Doch die Geschichte wollte es anders.
Anno 1609 machte Kardinal Federico Borromeo als Erster das weltliche Wissen der Kirche der Öffentlichkeit zugänglich. Seine »zwölf Apostel« schickte er durch Europa, von Griechenland bis Flandern, um seltenste und wertvollste Bücher zu erwerben, wie sie noch heute in ihren ledernen Einbänden mit goldenem Titel am Buchrücken auf den alten Holzregalen stehen. Um den Federico-Saal zu erreichen, durchqueren Sie die Pinakothek, vorbei an Bildern von Raffael, Caravaggio, Tizian, da Vinci, Brueghel und anderen alten Meistern.
Info
Adresse Piazza Pio XI 2, 20123 Mailand, Tel. +392806921, www.ambrosiana.eu | ÖPNV Rot, Tram 2, 12, 14, 16, 27, Haltestelle Cordusio; M3 Gelb, Haltestelle Duomo | Öffnungszeiten Di–So 10–18 Uhr| Tipp Die San-Sepolcro-Kirche aus dem 10. Jahrhundert auf dem Platz an der Hinterseite der Bibliothek, wiedererbaut nach dem ersten Kreuzzug (Ende des Jahres 1000) in Imitation des St. Sepolcro von Jerusalem. Es gibt auch Skizzen von da Vinci, die sie abbilden.
In diesen prächtigen Sälen empfing der fortschrittliche Kardinal seine Gäste. Leicht kann man sich die offenen Münder der Koryphäen seiner Zeit angesichts der Wissensfülle in diesen Tausenden von Werken vorstellen.
Ein Verdienst langer und gefährlicher Reisen: Von den Versen Plautus‘ (2. Jahrhundert v. Chr.) in Abschrift aus dem 5. Jahrhundert über die Anfänge des Christentums bis zu Werken über Alchemie, Philosophie und Medizin war alles vertreten. Ob nun Wiegendruck-Kodizes des 15. Jahrhunderts aus den Druckereien Venedigs oder Aristoteles im O-Ton mit Kommentaren von Boccaccio und Virgil, Miniaturen von Simone Martini oder Kommentaren von Petrarca: Diese Sammlung war und ist das ultimative Who’s who der Geistesriesen aus Antike, Mittelalter und früher Neuzeit.
Dann der jähe Rückfall in die Barbarei: 1943 brannte der Saal lichterloh; viele Bücher aus dem 16. Jahrhundert fraßen die Flammen, doch der Großteil blieb verschont und kann heute über digitale Plattformen konsultiert werden – auch etwa der kostbare »Codex Atlanticus« von Leonardo da Vinci.
In der Nähe
Peck (0.08 km)
Die Kirche ohne Apsis (0.14 km)
Die Wildschweine (0.19 km)
Der Finger (0.22 km)
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Vater der schönen Dinge
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Revolutionär war das Telefon »Grillo«, entworfen von Marco Zanuso für Siemens, auch die Nähmaschine »Mirella« von Marcello Nizzoli für Necchi, die 1957 den begehrten Preis Compasso d’Oro gewann, genießt Kultstatus. Solch stylishe »little helpers« verschönerten den Alltag nicht nur in italienischen Haushalten und schrieben Designgeschichte. Viele der großen Designer erarbeiteten ihre Modelle gemeinsam mit Schreiner Giovanni Sacchi – die perfekte Symbiose von Kopf- und Handwerk. Bei Sacchi holte sich die Theorie die entscheidende Inspiration durch die Praxis. Schließlich fanden seine Werke ihren Platz in einem außergewöhnlichen Archiv: im MIL, dem Museum für Industrie und Arbeit.
Der erste Stock beherbergt einen Nachbau von Sacchis Werkstatt; zwei weitere – verstecktere – Räume laden dazu ein, den wahren Schatz der Sammlung Sacchi zu entdecken: 400 Modelle aus Holz und 8.000 Zeichnungen. Auf den ersten Blick sieht es hier aus wie in einem Antiquariat: Scheinbare Unordnung dominiert das gebändigte Chaos, schlecht beleuchtete Regale und Schränke quellen über von Kostbarkeiten, die achtlos gestapelt erscheinen wie altes Spielzeug. Und das, obwohl jedes einzelne Objekt locker einen Platz in einer Vitrine des New Yorker Museum of Modern Art verdient hätte. Es genügt, das Paneel am Eingang zu lesen; dort prangen die Original-Unterschriften aller Klienten der Schreinerei: Achille Castiglioni, Aldo Rossi, Ettore Sottsass, Gae Aulenti, Makio Hasuike, Mario Botta und so fort. Ein Who’s who der Designgeschichte vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis 1997, als die Werkstatt Sacchi schloss.
Info
Adresse MIL-Archivio Sacchi, Via Granelli 1, 20099 Sesto San Giovanni (Mailand), Tel. +39236682271, www.archiviosacchi.it | ÖPNV M5 Lila, Haltestelle Bignami; M1 Rot, Haltestelle Sesto Rondò | Öffnungszeiten Di–Fr 10–18 Uhr| Tipp Im Außenbereich steht auch noch eine Breda-Lokomotive aus dem Jahr 1906 der »Muro delle voci«, ein Tonfilm (um die Wächter des Museums in Gang zu bringen), der die Stimmen Tausender Arbeiter bei der Arbeit in der Fabrik wiedergibt.
Im Außenbereich steht noch immer der Laufkran von Ansaldo, der Stahlfabrik, die hier ihren Standort hatte. Der Kontrast zwischen den bis zu 20 Tonnen schweren Metallteilen, die zur Gießerei kamen, und den winzigen Alessi-Espressokochern könnte größer nicht sein. Was für eine Allegorie auf robuste Praxis und filigrane Theorie.
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