1975 - Trixi Schuba - E-Book

1975 E-Book

Trixi Schuba

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Beschreibung

Die Welt vor fünfzig Jahren: Trixi Schuba gewann olympisches Gold im Eiskunstlauf und Udo Huber trampte durch die Welt, bevor er als Radiomoderator Karriere machte. Die beiden wissen genau, wie die Menschen damals tanzten und tranken, lachten und liebten, was für Musik sie hörten und welche Filme sie schauten. Schuba und Huber nehmen ihre Leser mit in eine Zeit, die vergangen sein mag, aber nie vergessen werden wird.

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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1975

Trixi Schuba,Udo Huber:

1975

Alle Rechte vorbehalten

© 2024 edition a, Wien

www.edition-a.at

Cover: Bastian Welzer

Satz: Anna-Mariya Rakhmankina

Gesetzt in der Premiera

Gedruckt in Deutschland

1 2 3 4 5 — 27 26 25 24

ISBN: 978-3-99001-783-8

e-ISBN: 978-3-99001-784-5

TRIXI SCHUBA UDO HUBER mit Eric Sebach

1975

DIE WELT VOR 50 JAHREN

edition a

TRIXI UND UDO ÜBER EINE MEHR ODER WENIGER GUTE ALTE ZEIT

JEDE MENGE KULT & SO MANCHE KURIOSITÄT

VOM SCHILLING UND EINEM ETWAS ANDEREN ALLTAG

VIEL ABBA, ABER KEINE SPUR VON AMAZON

LEGENDEN, PLAYBOYS UND DIE FEINE GESELLSCHAFT

»MUNDL«, SKANDALE UND UNTERHALTUNG AM LAUFENDEN BAND

EIN DEUTSCHER »KAISER«, EIN KÜHLER SCHWEDE UND EIN AMERIKANISCHER GOLDFISCH

AUS DEM TAGEBUCH DES REPORTERS UDO H.

VOM »SONNENKÖNIG« UND DEM GROSSEN HUGO PORTISCH

SCHWARZARBEIT, WIRTSHAUSKULTUR UND DER »MOHR IM HEMD«

VON ALICE SCHWARZER, »SEXPERTIN« BEATE UHSE UND DEM VERFLIXTEN ELCH

TRIXIWeißt du, ich habe mir vor unserem Plausch über die guten alten Siebzigerjahre einige Gedanken gemacht. Auch mit Bekannten geredet, die sich an ganz verschiedene Dinge erinnert haben. Was bedeutete dieses Jahrzehnt für dich und dein Leben?

UDOViele kennen mich zwar als »Mister Hitparade« im ORF-Programm der Achtziger, dabei waren die Siebziger für mich als langhaarigen, ein bissl aufmüpfigen jungen Mann das wahrscheinlich abwechslungsreichste Jahrzehnt meines Lebens. Matura, Führerschein, Spitzenschwimmer im Nationalteam, Bundesheer. Mit dem VW Käfer durchquerte ich Marokko, als Edelkomparse brillierte ich an der Wiener Volksoper, ich war Barkeeper, habe Theaterwissenschaften studiert, ohne je abzuschließen. Zuerst war ich als Radio-Reporter für Ö1-Kultur im Einsatz, dann bei Ö3. Und meine spätere Frau Edith habe ich kennen- und lieben gelernt. Auch Trauriges hat es gegeben: Meine Eltern sind leider verstorben.

TRIXIWow, da war einiges los bei dir! Auch für mich gab es viel zu erleben und zu sehen. Ich wurde im Eiskunstlauf je zweimal Europameisterin und Weltmeisterin und 1972 Olympiasiegerin in Sapporo. Vom Herbst 1972 bis Sommer 1978 war ich mit professionellen Eisrevuen in den USA, Europa und Südamerika unterwegs. Als ich zurückkehrte, durfte ich von meiner Mutter den Furnier- und Holzhandel in Wien übernehmen, mein Vater war leider bereits 1962 verstorben. Im Jahr darauf habe ich das Geschäft verkauft und wurde Versicherungsangestellte, was ich bis zur Pensionierung blieb. Tja, und da sind wir heute. Wie hast du dir denn in den Siebzigern das Leben vorgestellt, was war dir wichtig?

UDOWas ich im Leben erreichen wollte? Erfolg im Beruf war mir wichtig, und wirtschaftlich abgesichert zu sein. In den Siebzigern schwebte mir vor, mit fünfzig Jahren mit dem Arbeiten aufzuhören. Ich wollte mit dem Fünfziger finanziell dazu in der Lage sein, nichts mehr tun zu müssen, mein Leben zu genießen und mit meiner Edith in der Welt herumzureisen. So habe ich mir das zumindest vorgestellt. Jetzt bin ich 71 und arbeite immer noch. Pech gehabt! Du weißt, Trixi, dass ich das nicht ganz ernst meine. Es geht mir gut, das Moderieren taugt mir immer noch, und zwischendurch bin ich ganz gern der »Mister Hitparade«, wenn mich wer engagiert.

TRIXIAlso mit fünfzig mit dem Arbeiten aufzuhören hatte ich nicht vor! Ich habe seit meiner Jugend ein Sicherheitsdenken entwickelt, das hat mir auch meine Mama eingebläut, die für mich bereits in jungen Jahren während meiner sechs Jahre bei der Eisrevue Pensionsbeiträge eingezahlt hat. Dafür bin ich ihr im Nachhinein dankbar, und das hat mir auch ermöglicht, bereits mit sechzig als Versicherungsangestellte in Pension gehen zu können.

UDONicht schlecht! Ich gebe zu, mit Anfang zwanzig schon wegen des frühen Todes meiner Eltern andere Sorgen als eine Pensionsabsicherung gehabt zu haben. Obendrein dachte ich, eine Pension würde ich überhaupt nicht in Anspruch nehmen müssen, weil ich eh so gestopft sein würde und das gar nicht nötig hätte. Ehrlich, als Junger hab ich nicht eine einzige Minute an das gedacht, was in vierzig Jahren sein könnte. Ich wollte einfach gut leben. Aber jetzt sind wir ja mittlerweile fünfzig Jahre weiter und können darüber sinnieren, ob das Leben damals besser war. Was meinst du?

TRIXIIrgendwie schon! Junge überließen in der Straßenbahn Älteren ihren Sitzplatz, ohne zu murren. Wahlplakate wurden nicht mutwillig beschmiert, und Menschen klebten sich nicht auf die Straße. Ja, Udo, ein bisschen wehmütig könnte ich schon werden!

UDOAlso ich finde nicht, dass die Jungen früher höflicher waren. Diese Fantasie ist dreitausend Jahre alt! Bereits bei Aristoteles und Platon sind Schimpfereien auf die Jugend zu lesen. Ich glaub sogar, viele heutige Junge gehen mit Älteren wertschätzender um, als es in den Siebzigerjahren der Fall war. Natürlich kommt es auf das soziale Umfeld an. Aber wenn ich mich daran erinnere, wie ich drauf war, als ich mit der Bim gefahren bin, gibt es keinen Grund, stolz zu sein. Ich dachte mir nämlich oft: »Hallo, was müssen die alten Deppen genau zu Mittag mit der Straßenbahn fahren, wenn ich müde von der Schule nach Hause will?«

TRIXIDa muss ich dir aber widersprechen! Ich habe mir das nie gedacht und bin immer aufgestanden, wenn jemand Älterer einstieg und den Sitzplatz gebraucht hat. Das ist mir bis heute wichtig.

UDOSiehst du, und sicher gab es auch viele andere wohlerzogene Jugendliche. Aber manche Sachen haben sich schon geändert. Ich traue mir zu sagen, dass etwa die Lust an einer Arbeit, bei der du schwitzt und am Ende des Tages todmüde bist, in den Siebzigern ungleich größer war als heute. Ich habe als Jugendlicher in den Ferien in der glühenden Hitze beim Straßenbau geholfen und den ganzen Tag nichts anderes gemacht als zu messen, ob die Straßenhöhe passt. Abends war ich fix und foxi. Als Barkeeper war’s angenehmer, als Statist in der Volksoper auch. Aber ich habe es gerne gemacht, um mir den ersten V V Käfer leisten zu können. Ich habe jedenfalls nicht gedacht: »Scheiße, ich bin kaputt, ich kann nicht mehr!« Es hätte auch keinen Menschen interessiert.

TRIXINa, da sind viele Junge heute anderer Ansicht. Erst kommt das Chillen und dann die Pflicht, was ich in meinem Umfeld so höre. Meine Friseurin erzählt mir mitunter, welche Schwierigkeiten sie mit angehenden Lehrlingen hat. Angeblich kommen meist Mutter oder Vater mit und wollen ihr diktieren, wie sich der Tagesablauf abzuspielen hat. In den Siebzigern war es doch eher so, dass man als junger Mensch dankbar war, einen vernünftigen Lehrplatz zu bekommen, und sich auch redlich bemüht hat, statt Forderungen zu stellen. Das hatte sicher auch mit der Erziehung zu tun. Ich durfte mir bis zur damaligen Volljährigkeit mit 21 so gut wie gar nichts erlauben, da war meine Mama eisern. Samstagabend zu spät von der Disco heimzukommen, galt als ernster Fauxpas. Ich kannte auch noch diese angeblich »g’sunde Watschn«. Das ist natürlich nicht die beste Erziehungsmethode. Nicht umsonst sind junge Menschen, die mit dieser Art von autoritärer Erziehung nicht in Verbindung kommen, mittlerweile selbstsicherer, als es zu unserer Zeit üblich war.

UDOIch will mich jetzt gut fünfzig Jahre später nicht beklagen, aber mit der »g’sunden Watschn« habe auch ich Bekanntschaft gemacht. Wobei es zu unterscheiden gilt zwischen einer Ohrfeige und gewaltorientierter Erziehung. Letzteres war es bei mir gottlob nicht. Aber einmal, daran erinnere ich mich dunkel, habe ich mir sogar an meinem Geburtstag eine Ohrfeige eingefangen. Keine Ahnung, was ich damals aufgeführt habe. Mir ist jedenfalls bei meinem Sohn nie »eine ausgekommen«, wie es so schön heißt. Und ich stimme dir zu: Ohne Watschen, mit mehr Verständnis, geht es auch, und der Selbstwert der Jungen bleibt intakt.

TRIXIWas die Erziehung betrifft, haben die letzten fünfzig Jahre sicher Fortschritte gebracht. Ich glaube aber, dass die Wertschätzung untereinander früher eine höhere war.

Wenn ich an meine Eisrevue-Zeiten in den USA zurückdenke, war eine solche Herzlichkeit spürbar! Vom österreichischen Konsulat in San Francisco bin ich zu amerikanischen Familien vermittelt worden, durfte bei denen kostenfrei wohnen, habe einen Hausschlüssel gekriegt und konnte kommen und gehen, wann ich wollte.

Bei Bedarf bekam ich sogar einen Wagen geborgt. Ich war einfach baff. Keine Ahnung, ob das auch heute noch vorstellbar ist.

UDOVergiss nicht, du bist eine Olympiasiegerin, die »goldene Trixi«! Das hat sicher auch bei deinem herzlichen Empfang eine Rolle gespielt. Wenn es heute weniger Wohlwollen den Mitmenschen gegenüber gibt, hat das wohl viel mit den digitalen Netzwerken zu tun. Früher wurde am Stammtisch im Wirtshaus über Gott und die Welt gelästert, heute kriegt eine Geschichte durch Postings auf Facebook, Instagram oder »X« einen Drive und der Shitstorm ist fertig. Diesbezüglich hat sich die Gesellschaft gewandelt. Prinzipiell glaube ich aber, dass es auch damals herzliche und weniger herzliche Menschen gegeben hat, und genauso wird es sie auch heute geben. Schau, als meine Frau und ich vor mehr als fünfzehn Jahren ins burgenländische Andau gezogen sind, haben die Nachbarn sofort gewunken und gesagt: »Wenn ihr was braucht, sind wir da!« Leiwand, oder? Damals wie heute wäscht eine Hand die andere. Ich mach für die Gemeinde eine Moderation, dafür hilft mir ein Nachbar beim Schneiden meiner Obstbäume. So geht Miteinander!

TRIXIDieses Miteinander gibt es aber heute nicht mehr wirklich, glaube ich. Kein Wunder, Menschen haben früher in Geschäften eingekauft und der persönlichen Beratung vertraut, anstatt alles auf Amazon zu bestellen. Jeder von uns konnte um zwei Uhr nachts unbehelligt durch den Stadtpark spazieren. Und hatte einer etwa beim Übersiedeln im Stiegenhaus Dreck hinterlassen, hat er von sich aus Besen und Schaufel geholt, um seinen Mist wegzuräumen oder den Boden zu reinigen.

Das klingt jetzt fast so, als ob früher alles besser war, was sicher falsch ist. Ich glaub aber schon, dass früher alles ein wenig unbeschwerter und unkomplizierter lief. Einfach relaxter. Und vielleicht auch ordentlicher. Seien wir ehrlich, global gesehen war alles auch berechenbarer für jeden von uns. Jeder lebte in seinem Universum so glücklich er nur konnte. Wesentlich freier von Ängsten vor einer Pandemie, vor Naturkatastrophen, einem atomaren Krieg oder möglichen sozialen und ökonomischen Einschränkungen im Alltag.

UDODa gebe ich dir Recht! Heute reden alle von Work-Life-Balance und vom Chillen, aber gleichzeitig sind so viele ausgebrannt. Ist doch klar: Früher bekamen wir morgens die Tageszeitung vor die Haustür, schauten FS1 und FS2 im ORF und gingen zeitiger ins Bett. Heute werde ich auf allen möglichen Nachrichten-Kanälen vierundzwanzig Stunden lang informiert und von hauptsächlich negativen Schlagzeilen regelrecht erschlagen. Zwischendurch scheppert die nächste Push-Nachricht aufs Handy oder Tablet. Klassische Reizüberflutung! Das Wörtchen Stress kannte in den Siebzigern noch keiner. Das ist eher eine Modeerscheinung der Achtziger, die leider nie wieder aus der Mode gekommen ist. »Hör mal, ich bin so gestresst, der Stress bringt mich um«, pflegten viele zu sagen.

FS1 und FS2 (Fernsehprogramm 1 und 2) waren die Vorgänger von ORF 1 und ORF 2. 1992 wurden die Sender umbenannt.

TRIXIKlar, denn das hatte ja auch den Effekt, dass ein Mensch, der gestresst ist, gleichzeitig als nicht ganz unwichtig wahrgenommen wird und gefragt ist. Das hört sich fast wie eine kleine Auszeichnung an. Das hat sich bis heute gehalten, wenn nicht sogar verstärkt.

UDOTja, vielleicht sollten wir kein allzu düsteres Bild unserer Gegenwart malen, liebe Trixi! Aber in vielen Bereichen lebten wir auf jeden Fall gesünder. Kinder gingen meist zu Fuß in die Schule, statt wie heute von den Eltern chauffiert zu werden. Es gab kaum Taschengeld, war es einmal aufgebraucht, tranken wir kein Kracherl, sondern Leitungswasser. Die Jungen wollten die Schule sobald wie möglich abschließen und hingen in derPause nicht am Smartphone, um auf Instagram neue Videos anzuschauen. Jeder von uns wollte entweder eine Lehre machen oder studieren, um später einen Beruf auszuüben. Der Sendeschluss im Fernsehen um 23 Uhr animierte uns früher schlafen zu gehen. Nur am Samstag wurde der Nachtwestern mit John Wayne bis nach Mitternacht ausgestrahlt. Übergewichtige Kinder waren selten, weil alle bis zum Einbruch der Dunkelheit im Park oder im Wald herumtobten. Koma-Saufen war noch nicht »cool«, genauso wenig ältere Menschen anzupöbeln oder mit dem Auto durch die Stadt zu rasen. Kein Parship und keine Tinder-App waren nötig, um jemanden kennenzulernen. Wir haben noch geflirtet, angebandelt und heimlich im Hof geknutscht.

TRIXIUnd es gab noch Kavaliere und Gentlemen! Männer mit Anzug und Krawatte, die einer Dame die Tür aufhalten und ihr aus dem Mantel helfen. Herrlich! Mir war auch stets wichtig, welche Schuhe ein Mann trägt, wie seine Hände aussehen. Also lieber Lederschuhe als Sneakers, würde ich sagen, auch wenn ich das alles heute nicht mehr so streng sehe. Aber schön war’s, als Herren in der Tanzschule Elmayer, die ich in Wien besucht hab, weiße Handschuhe trugen.

UDODu sprichst jetzt über die gute, alte Schule und Regeln aus dem »Benimmbuch« Thomas Schäfer-Elmayers, nicht? Mittlerweile ist aber vieles davon positiver Sexismus, vergiss das nicht! Einer Dame die Tür aufzuhalten, goutieren viele heutzutage genauso wenig wie das In-den-Mantel-Helfen. Manche Frau fühlt sich beinahe beleidigt und denkt sich womöglich, »Mann« hält sie für zu dumm oder unbeholfen, sich selbst den Mantel anzuziehen.

TRIXIWas du nicht sagst! Also bei mir kommt »gentleman-like« immer noch gut an, und so wird es auch bleiben. Mir ist egal, wenn ich jetzt vielleicht als altmodisch herüberkomme. Lang, lang ist es her, als ich in der Tanzschule Elmayer meinen ersten Kuss erlebt hab. Wolfgang hat der junge Mann geheißen, glaube ich. Aufgeklärt hatte mich meine Mutter ja nicht, und so dachte ich nach dem Busserl: »Um Gottes Willen, jetzt werde ich vielleicht schwanger!« Ich bin dann aber von selber draufgekommen, dass das Blödsinn ist. Wenn sich doch auch Schauspieler mehrmals küssen, kann das ja doch nicht so schlimm sein! Später, auf der Europatournee mit »Holiday on Ice«, habe ich mit Mitte zwanzig einen Schweden kennengelernt. Leif hieß er, und er hat mich im Rahmen der Show in Brüssel besucht. Leider blieb er nicht lange, denn meine strenge Mutter kam ebenfalls nach Brüssel und war wenig erbaut, dass es da einen Mann in meinem Leben gab. Leif meinte: »Das bringt nichts« und reiste wieder ab, sehr zu meinem Bedauern. Es freute mich aber, dass er zur nächsten Station der Eisrevue wieder angereist ist.

UDOIch war schon mit vierzehn immer wieder mal verliebt, eine herrliche Zeit! Als Schwimmer waren wir auf Trainingslagern auch viel mit Mädels zusammen. Ich muss schmunzeln, wenn ich daran denke, dass die Trainer im Bundessportzentrum Faak die Zimmer der Mädchen abends immer versperrten, ohne zu merken, dass ich und einige andere Burschen bereits mit den Mädels im Zimmer geknutscht haben. Später wurde es etwas schwieriger, Kontakt zum anderen Geschlecht aufzunehmen, aber ich hab mir nie schwer getan. Vor allem in Discos und Bars. In Amsterdam war ich als junger Bursch mal in einer sogenannten Witwen-Disco. Die Damen dort waren vielleicht zwischen vierzig und sechzig Jahre alt und hatten offensichtlich eine Menge Spaß. Das Anbraten hat weniger funktioniert, aber immerhin habe ich – als überzeugter Nichttänzer – an diesem Abend fleißig getanzt. Wenn ich mir das heute vorstelle, könnte ich vor Scham im Erdboden versinken!

TRIXIImmerhin hattest du ein bisschen Körperkontakt! Bei mir war das eine etwas konservativere Geschichte. Aufgrund meines straffen Trainingsplans fürs Eiskunstlaufen hatte ich kaum Zeit für ein Rendezvous, außerdem passte meine Mutter penibel darauf auf, mit wem ich mich abgab. Sicherlich hatte ich Verehrer, auch den einen oder anderen Brieffreund, aber Ernstes hat sich in den Siebzigern nicht ergeben. Ich bin in die Tanzschule gegangen, manchmal ins Kino oder in die Disco, das war’s. Dating war privater als heute. In der Öffentlichkeit zu schmusen wurde nicht gern gesehen, darüber haben sich Ältere aufgeregt.

UDOIch habe das alles vielleicht ein wenig lockerer erlebt, habe viele Beziehungen gehabt, auch One-Night-Stands, wie es heute heißt. Warum auch nicht? AIDS war noch ein Jahrzehnt entfernt, man hoffte, sich keine Geschlechtskrankheit einzufangen und passte auf, dass aus einer netten Begegnung keine Schwangerschaft entstand. Wenn ich allerdings heute daran denke, wie wir »aufgepasst« haben, kann ich nur sagen: Schwein gehabt!

TRIXIMir wär das ehrlich gesagt zu viel Stress gewesen!

UDOWar es ja auch! Da sind wir wieder beim Wörtchen »Stress«. Begriffe wie »Burnout«, »Midlife-Crisis« oder »Work-Life-Balance« existierten nicht. Hat es in einer Beziehung gekriselt, war es nicht an der Tagesordnung, bei der zweiten oder dritten Meinungsverschiedenheit die Koffer zu packen und auszuziehen. Aber langjährige Beziehungen sind nicht unbedingt ein Spezifikum der Siebziger. Es gab sie damals, und es gibt sie heute. Ich etwa habe 2025 meinen 4o. Hochzeitstag. Klar erinnere ich mich, im Umfeld meiner Eltern Trennungen und Beziehungsdramen mitgekriegt zu haben. Fremdgehen hat dabei oft eine Rolle gespielt. Trotzdem haben sich seinerzeit Ehepaare nicht so rasant getrennt wie heute, vermutlich aus wirtschaftlichen Gründen, vielleicht aber auch, weil der Einfluss der katholischen Kirche größer war. Es gehörte sich nicht, es galt noch eher das »Bis dass der Tod euch scheidet«.

TRIXIDie Gesellschaft war bestimmt spießbürgerlicher, ohne jetzt allzu sehr jammern zu wollen. War Nachwuchs unterwegs, wurde geheiratet, auch wenn es nicht die große Liebe war. Sich scheiden zu lassen, fühlte sich wahrscheinlich so an, als würde sich das Paar eine Blöße geben. Du hast Recht, es war bestimmt auch eine Zeit der gesellschaftlichen Zwänge.

UDOJa, der Anstand war extrem wichtig. Nachbarn tuschelten vermehrt, wenn ein Pärchen eine