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Dieser Band enthält folgende Krimis: Henry Rohmer: Trevelliian und die Leiche am East River Pete Hackett: Trevellian und der Kronzeuge der Mafia »Webster hat sich entschlossen, gegen Benito Castilo Anklage zu erheben«, sagte Mr McKee. »Ausgesprochen mutig«, antwortete ich. »Das wird Luigi Castilo gar nicht gefallen.« »In den Nachrichten wurde von Morddrohungen gegen Webster berichtet«, bemerkte Milo. »Das ist richtig«, antwortete der Assistant Director und nickte. »Lange Zeit stand es auch auf der Kippe, ob überhaupt Anklage erhoben wird. Aber jetzt hat sich ein Mann namens Adam Snyder als Kronzeuge der Anklage zur Verfügung gestellt.« »Es gibt tatsächlich jemand, der es wagt, gegen einen Castilo auszusagen«, entfuhr es mir. »Ja. Allerdings ist das Leben dieses Mannes bedroht. Darum habe ich Sie beide dazu ausersehen, ihn zu beschützen.« Wir hatten einen neuen Job. Milo ließ seine Stimme erklingen: »Man wirft Castilo einige Morde, Schutzgelderpressung, Drogenhandel und eine ganze Reihe weiterer Verbrechen vor. Wenn man ihm nur einen Bruchteil davon beweisen kann, dann wandert er bis zum Ende seines Lebens hinter Gitter. In welcher Sache will dieser Snyder gegen ihn aussagen?«
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Seitenzahl: 202
Veröffentlichungsjahr: 2025
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2 TBI Thriller in einem Band 1002
Copyright
Trevellian und Leiche im East River: Thriller
Trevellian und der Kronzeuge der Mafia: Action Krimi
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Titelseite
Cover
Inhaltsverzeichnis
Buchanfang
Dieser Band enthält folgende Krimis:
Henry Rohmer: Trevelliian und die Leiche am East River
Pete Hackett: Trevellian und der Kronzeuge der Mafia
»Webster hat sich entschlossen, gegen Benito Castilo Anklage zu erheben«, sagte Mr McKee.
»Ausgesprochen mutig«, antwortete ich. »Das wird Luigi Castilo gar nicht gefallen.«
»In den Nachrichten wurde von Morddrohungen gegen Webster berichtet«, bemerkte Milo.
»Das ist richtig«, antwortete der Assistant Director und nickte. »Lange Zeit stand es auch auf der Kippe, ob überhaupt Anklage erhoben wird. Aber jetzt hat sich ein Mann namens Adam Snyder als Kronzeuge der Anklage zur Verfügung gestellt.«
»Es gibt tatsächlich jemand, der es wagt, gegen einen Castilo auszusagen«, entfuhr es mir.
»Ja. Allerdings ist das Leben dieses Mannes bedroht. Darum habe ich Sie beide dazu ausersehen, ihn zu beschützen.«
Wir hatten einen neuen Job.
Milo ließ seine Stimme erklingen: »Man wirft Castilo einige Morde, Schutzgelderpressung, Drogenhandel und eine ganze Reihe weiterer Verbrechen vor. Wenn man ihm nur einen Bruchteil davon beweisen kann, dann wandert er bis zum Ende seines Lebens hinter Gitter. In welcher Sache will dieser Snyder gegen ihn aussagen?«
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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von HENRY ROHMER
Ich war nie ein Freund von Regen. Besonders nicht von diesem scharfen, eiskalten Niesel, der wie winzige Nadeln durch die Häuserschluchten von Manhattan peitschte und selbst den härtesten New Yorker irgendwann mürbe machte. Aber an diesem Morgen, als ich am Ufer des East River stand und auf die Leiche blickte, die zwischen den rostigen Pfeilern eines alten Anlegers trieb, war mir das Wetter ausnahmsweise egal. Der Tod hat seine eigene Temperatur.
Ich, Jesse Trevellian, Special Agent beim FBI Field Office New York, war der erste am Tatort. Milo Tucker, mein Partner und Freund, parkte den Wagen ein paar Meter entfernt, den Kragen seines Trenchcoats hochgeschlagen, die Hände tief in den Taschen. Er hasste den Regen noch mehr als ich, aber das würde er nie zugeben.
„Sieht nach einer langen Nacht aus, Jesse“, murmelte Milo, als er neben mir stehen blieb. Sein Blick war wie immer wachsam, die Augen schmal, als könnte er mit bloßem Willen die Wahrheit aus der Luft filtern.
„Oder nach einem sehr kurzen Leben“, erwiderte ich und deutete auf die Leiche. Es war ein Mann, vielleicht Mitte dreißig, schmal gebaut, die Hände gefesselt, das Gesicht von Schlägen entstellt. Die Strömung hatte ihn gegen den Steg gedrückt, als wolle der Fluss ihn nicht hergeben.
Milo kniete sich hin, musterte die bläulichen Flecken am Hals des Toten. „Garotte. Profiarbeit. Keine Abwehrspuren. Er wusste, dass er sterben würde, bevor er es gefühlt hat.“
Ich nickte. „Oder er war schon tot, bevor sie ihn ins Wasser warfen.“
Ein paar Meter entfernt wartete das Spurensicherungsteam auf unser Zeichen. Die Kollegen von der NYPD hielten Abstand, wie immer, wenn das FBI die Leitung übernahm. Ich kannte die Blicke – eine Mischung aus Neugier, Respekt und dem Wunsch, dass wir uns bald wieder verzogen. New York war groß, die Toten zahlreich, aber ein Bundesfall bedeutete immer Ärger.
Ich zog mein Handy hervor und wählte die Nummer von Jonathan D. McKee, unserem Special Agent in Charge. Mister McKee war ein Mann, der selten schlief und noch seltener lachte. Er war der Schatten, der über dem Field Office lag, und ich wusste, dass er schon auf meinen Bericht wartete.
„Trevellian“, meldete ich mich knapp.
„Was haben Sie?“, kam McKees Stimme, ruhig und unerbittlich wie immer.
„Männliche Leiche, East River, Pier 17. Gefesselt, vermutlich erdrosselt. Keine Ausweise. Sieht nach einem professionellen Hit aus.“
„Irgendwelche Hinweise auf die Identität?“
„Noch nicht. Aber Milo meint, der Mann ist kein gewöhnliches Opfer. Die Kleidung – Maßanzug, italienische Schuhe, aber keine Marken, keine Etiketten. Jemand wollte, dass er verschwindet.“
„Gut. Ich will einen Bericht in einer Stunde. Und, Jesse – halten Sie die Medien draußen. Wir können keinen weiteren PR-GAU gebrauchen.“
„Verstanden, Sir.“
Ich steckte das Handy weg und sah zu Milo. „McKee will, dass wir’s sauber halten.“
Milo grinste schief. „Der Tag, an dem wir einen Fall bekommen, der sauber bleibt, ist der Tag, an dem ich in Rente gehe.“
Ich wandte mich dem Spurensicherungsteam zu. „Ihr könnt ran. Sichert alles, was nicht niet- und nagelfest ist.“
Während die Techniker sich über den Toten beugten, trat ich einen Schritt zurück und ließ den Blick über das Wasser schweifen. Die Skyline von Manhattan lag im Dunst, grau und abweisend. Ich dachte an die Akte, die ich gestern Abend auf meinem Schreibtisch gefunden hatte – ein Hinweis auf eine neue Organisation, die sich selbst „The New Dawn“ nannte, angeblich eine Splittergruppe ehemaliger russischer Oligarchen, die im Big Apple Fuß fassen wollten. Das FBI hatte sie bislang nicht ernst genommen. Vielleicht war das ein Fehler gewesen.
Milo trat neben mich, eine Zigarette zwischen den Lippen, die er im Regen vergeblich zu entzünden versuchte. „Du denkst an die Akte, oder?“
Ich nickte. „Zu viele Zufälle. Der Tote sieht aus wie einer von diesen Typen, die zu viel wissen und zu wenig reden.“
Milo zog die Schultern hoch. „Oder wie einer, der zur falschen Zeit am falschen Ort war.“
Ich wusste, dass er recht haben konnte. Aber mein Instinkt sagte mir etwas anderes. In New York war der Tod selten Zufall.
Wir warteten, bis der Gerichtsmediziner eintraf. Dr. Elaine Foster, eine Frau mit scharfer Zunge und noch schärferem Skalpell, begrüßte uns mit einem Nicken. „Ihr habt mir ja wieder was Schönes gebracht, Jungs.“
„Wir geben uns Mühe, Doc“, erwiderte Milo.
Elaine beugte sich über die Leiche, zog die Handschuhe an. „Männlich, weiß, etwa 35. Frische Prellungen im Gesicht, vermutlich kurz vor dem Tod zugefügt. Garotte-Spuren, wie ihr schon gesehen habt. Die Hände gefesselt – Kabelbinder, Standardware. Keine Papiere, keine Tattoos, keine Narben. Ein Geist.“
Ich musterte sie. „Wie lange tot?“
„Schwer zu sagen. Die Wassertemperatur verlangsamt die Zersetzung. Aber ich schätze, zwischen sechs und acht Stunden.“
„Also irgendwann nach Mitternacht.“
Elaine nickte. „Ich geb euch Bescheid, wenn ich mehr weiß.“
Milo und ich zogen uns zurück, während die Spurensicherung den Tatort abriegelte. Ich spürte, wie sich die Anspannung in meinen Schultern festsetzte. Ein Toter im East River war nichts Ungewöhnliches. Aber dieser Fall roch nach mehr.
Wir stiegen in unseren Wagen, ein grauer Chevy, der schon bessere Tage gesehen hatte. Milo fuhr, ich kritzelte Notizen in mein Moleskine.
„Was jetzt?“, fragte er.
„Wir checken Vermisstenmeldungen, sprechen mit den Kollegen von der Organisierten Kriminalität. Und dann will ich wissen, ob irgendjemand in den letzten Tagen einen Russen vermisst hat, der zu viel Geld und zu wenig Freunde hatte.“
Milo grinste. „Du meinst, einer von diesen Typen, die sich für unantastbar halten?“
„Genau die.“
Wir fuhren Richtung Federal Plaza, vorbei an den endlosen Blechlawinen, die sich durch die Straßen schoben. Ich dachte an McKee, an seinen Blick, wenn er einen neuen Fall auf dem Tisch hatte. Er war der Typ, der immer einen Schritt weiter dachte, der nie vergaß, dass hinter jedem Toten eine Geschichte steckte – und meistens eine, die niemand erzählen wollte.
Im Field Office angekommen, begrüßte uns Max Carter, unser Mann vom Innendienst. Max war ein wandelndes Lexikon, ein Computernerd mit der Seele eines Polizisten. Er winkte uns zu sich.
„Habt ihr schon was?“, fragte ich.
Max schüttelte den Kopf. „Noch nicht. Aber ich hab die Bilder des Toten durch unsere Datenbanken gejagt. Nichts. Kein Treffer bei Interpol, kein Treffer bei den Russen. Der Mann ist ein Phantom.“
Milo runzelte die Stirn. „Oder jemand hat seine Spuren gründlich verwischt.“
„Das ist das Merkwürdige“, sagte Max. „Selbst bei den Russen gibt es Lücken. Und das will was heißen.“
Ich nickte. „Check die Einreiseprotokolle der letzten zwei Wochen. Jemand wie er kommt nicht zu Fuß über die Grenze.“
Max tippte auf seiner Tastatur. „Schon dabei.“
Ich wandte mich an Milo. „Wir fahren zur Leichenhalle. Vielleicht hat Elaine schon was.“
Milo warf mir einen Blick zu. „Du meinst, sie hat uns was verschwiegen?“
Ich zuckte die Schultern. „Sie weiß manchmal mehr, als sie sagt.“
Wir fuhren los. Die Leichenhalle lag in einem unscheinbaren Backsteingebäude, das nach Desinfektionsmittel und Verzweiflung roch. Elaine erwartete uns bereits.
„Ich hab was gefunden“, sagte sie, als wir eintraten. „Unter dem linken Schulterblatt – ein kleines Tattoo. Fast völlig entfernt, aber mit UV-Licht sichtbar.“
Sie schaltete das Licht aus, richtete eine Lampe auf die Leiche. Ein blasses Zeichen erschien auf der Haut – ein stilisierter Phönix, die Flügel ausgebreitet.
Milo pfiff leise. „Das ist das Zeichen der Bratva, oder?“
Ich nickte. „Russische Mafia. Aber die meisten von denen tragen ihre Tattoos offen. Wer so etwas entfernt, hat was zu verbergen.“
Elaine sah mich an. „Ich schätze, ihr habt jetzt einen internationalen Fall.“
Ich nickte. „Danke, Doc.“
Draußen vor der Tür zündete Milo sich endlich seine Zigarette an. „Das wird Ärger geben, Jesse.“
„Gab es je einen Fall, der keinen Ärger gemacht hat?“
Er grinste. „Nicht, seit ich dich kenne.“
Ich lachte leise. „Dann wird das hier ein ganz besonderer Fall.“
Wir stiegen wieder in den Wagen. In meinem Kopf begann das Puzzle sich zu formen: Ein toter Russe, ein entferntes Tattoo, keine Papiere, keine Spuren. Und irgendwo in der Stadt jemand, der bereit war, einen Mann zu töten, nur um ein Geheimnis zu bewahren.
Zurück im Field Office wartete schon Mister McKee auf uns. Er stand am Fenster, den Rücken gerade, die Hände auf dem Rücken verschränkt.
„Bericht, Trevellian“, sagte er, ohne sich umzudrehen.
Ich trat vor, Milo an meiner Seite. „Das Opfer ist vermutlich russischer Herkunft, Mitglied der Bratva oder zumindest mit ihnen in Verbindung. Jemand hat versucht, seine Identität zu löschen. Wir haben ein entferntes Tattoo gefunden, das nur unter UV-Licht sichtbar ist. Keine Papiere, keine Spuren.“
McKee drehte sich langsam um. Sein Blick war hart, aber nicht unfreundlich. „Was ist Ihr Bauchgefühl, Jesse?“
Ich zögerte einen Moment. „Ich glaube, das ist erst der Anfang. Jemand schickt uns eine Nachricht. Und ich will wissen, wer.“
McKee nickte. „Dann tun Sie, was Sie am besten können. Finden Sie den Absender.“
Milo und ich verließen das Büro. Draußen im Flur blieb ich stehen, sah meinen Partner an.
„Bereit für eine lange Nacht?“
Milo grinste. „Du weißt doch, ich hasse Regen.“
Ich lachte leise. „Dann hoffen wir, dass es morgen aufhört.“
Aber ich wusste, dass es nicht der Regen war, der uns zu schaffen machen würde. Es war das, was im Schatten lauerte – und das war in New York immer tödlicher als das Wetter.
New York schläft nie. Das ist kein Spruch für Touristen, sondern eine Tatsache, die sich in jedem Zucken der Neonlichter, in jedem Sirenengeheul und in jedem Schatten der Avenues manifestiert. Die Stadt atmet, sie pulsiert, sie beobachtet – und manchmal, wenn man nicht aufpasst, verschlingt sie einen. Heute hatte ich das Gefühl, als würde sie uns mit jedem Schritt tiefer in ihr Labyrinth ziehen.
Milo und ich verließen das Field Office, die Luft draußen war schwer von Feuchtigkeit und Abgasen. Der Regen hatte nachgelassen, aber die Straßen glänzten noch, als hätte die Stadt sich ein neues, dunkles Kleid übergeworfen. In den Pfützen spiegelten sich die Lichter der Taxis, die wie aufgescheuchte Bienen durch die Straßen jagten. Über allem lag das dumpfe Grollen der Subway, das durch den Asphalt vibrierte.
„Wo fangen wir an?“, fragte Milo, während wir zum Wagen gingen. Er schien angespannt, die Hände tief in den Taschen, der Blick auf den Boden geheftet. Ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er nachdachte – und dass er, wie ich, spürte, dass wir es diesmal mit mehr zu tun hatten als mit einem simplen Mord.
„Wir lassen die Stadt für uns arbeiten“, sagte ich. „Jemand hat unseren Toten ins Wasser geworfen, aber New York vergisst nichts. Wir müssen nur die richtigen Leute fragen.“
Milo grinste schief. „Du meinst, wir gehen zu den Jungs, die den Dreck der Stadt kennen.“
Ich nickte. „Genau. Fangen wir bei den Hafenkneipen an. Da, wo die Bratva ihre Finger drin hat.“
Wir fuhren Richtung Lower East Side, vorbei an den alten Lagerhäusern, die wie vernarbte Riesen am Flussufer standen. Die Stadt veränderte sich mit jedem Block. Hier, im Schatten der Brooklyn Bridge, war New York rauer, ehrlicher. Die Fassaden waren von Graffiti übersät, die Fenster vergittert, und aus den Spelunken drang das Lachen derer, die wussten, dass sie im Spiel des Lebens selten gewannen.
Die erste Kneipe, die wir betraten, hieß „The Rusty Anchor“. Ein Ort, an dem die Zeit stehen geblieben war. Der Geruch von altem Bier, Schweiß und gebratenem Fleisch hing in der Luft. An der Theke saßen Männer mit wettergegerbten Gesichtern, Seeleute, Hafenarbeiter, zwielichtige Gestalten. Über dem Tresen hing ein Fernseher, der stumm die Nachrichten zeigte – ein endloser Strom aus Katastrophen, Börsenkursen und Sport.
Milo bestellte zwei Kaffees, ich lehnte mich an den Tresen und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Hinter uns öffnete sich die Tür, ein Schwall kalter Luft fegte herein. Niemand beachtete uns, aber ich wusste, dass wir beobachtet wurden. In New York ist man immer Teil einer unsichtbaren Bühne.
Der Barkeeper, ein massiger Kerl mit Glatze und tätowierten Unterarmen, musterte uns misstrauisch. „Ihr seid nicht von hier“, stellte er fest.
„Wir suchen jemanden“, sagte ich. „Russischer Typ, Mitte dreißig, schmal gebaut. Ist gestern Nacht im East River gelandet.“
Der Barkeeper zuckte mit den Schultern. „Hier landen viele im East River.“
Ich schob ihm mein Badge über den Tresen. „FBI. Wir suchen keine Schwierigkeiten. Nur Antworten.“
Er sah auf das Abzeichen, dann auf mich. „Die Bratva redet nicht mit Cops.“
„Aber sie redet mit denen, die ihre Freunde töten“, erwiderte ich leise. „Und ich glaube, unser Toter hatte Freunde.“
Ein Moment der Stille. Dann beugte sich der Barkeeper vor. „Vielleicht hat jemand was gesehen. Vielleicht auch nicht. Aber wenn ihr was wissen wollt, redet mit Old Yuri. Der sitzt da hinten, am Fenster.“
Ich folgte seinem Blick. Ein alter Mann, mit grauem Bart und tiefen Furchen im Gesicht, starrte hinaus auf den Fluss. Seine Hände zitterten leicht, als er sein Glas zum Mund führte.
Milo und ich gingen zu ihm hinüber. „Yuri?“, fragte ich.
Er sah auf, seine Augen waren wässrig, aber wach. „Wer will das wissen?“
„Trevellian. FBI. Wir suchen jemanden, der letzte Nacht im East River gelandet ist.“
Yuri lachte rau. „Viele landen im Fluss. Aber nicht alle kommen wieder hoch.“
Ich setzte mich ihm gegenüber, Milo blieb stehen. „Unser Mann war Russe. Bratva-Tattoo, entfernt. Jemand wollte, dass er verschwindet.“
Yuri sah mich lange an, dann nickte er. „Ich habe ihn gesehen. Gestern Nacht. Zwei Männer, schwarze Jacken, russisch gesprochen. Sie haben ihn in einen Van gezerrt, hier draußen, am Pier. Er hat nicht geschrien. War ruhig, wie einer, der weiß, dass es vorbei ist.“
„Kennst du die Männer?“, fragte Milo.
Yuri schüttelte den Kopf. „Neue Gesichter. Keine von den alten Jungs. Die neuen kommen aus Brooklyn, Brighton Beach. Sie spielen nach eigenen Regeln.“
Ich notierte mir die Information. Brighton Beach war das Herz der russischen Community, ein Mosaik aus kleinen Läden, Bäckereien, Spielhöllen – und der Bratva. Wenn unser Toter dort Feinde hatte, war das ein guter Anhaltspunkt.
„Danke, Yuri“, sagte ich. „Wenn dir noch was einfällt, ruf mich an.“ Ich schob ihm meine Karte zu.
Draußen war es inzwischen dunkler geworden. Die Stadt schien zu lauschen, als wir zurück zum Wagen gingen. Überall blinkten Lichter, die Geräusche der Straßen verschmolzen zu einem endlosen, urbanen Herzschlag. Ich spürte, wie New York sich veränderte, wie sie uns beobachtete, prüfte, ob wir würdig waren, ihre Geheimnisse zu erfahren.
„Brighton Beach?“, fragte Milo, als wir losfuhren.
„Brighton Beach“, bestätigte ich. „Aber vorher will ich mit Max sprechen. Vielleicht hat er inzwischen etwas über die Einreise unseres Toten herausgefunden.“
Wir hielten am Straßenrand, ich rief Max an. Er meldete sich sofort. „Jesse, ich habe was. Ein Mann, der auf die Beschreibung passt, ist vor drei Tagen aus Moskau eingereist. Name: Viktor Sokolov. Geschäftsmann, angeblich. Aber sein Pass ist gefälscht – das haben die Kollegen von der Homeland Security gerade bestätigt.“
„Adresse?“, fragte ich.
„Ein Hotel in Midtown. Aber er ist dort nie aufgetaucht. Die Kreditkarte, die er angegeben hat, wurde nie benutzt.“
Ich bedankte mich und legte auf. „Viktor Sokolov. Ein Geist mit gefälschtem Pass. Und niemand weiß, wo er war.“
Milo schüttelte den Kopf. „Das riecht nach einem Deal, der schiefgelaufen ist.“
Ich dachte an die Stadt, an ihre endlosen Möglichkeiten, jemanden verschwinden zu lassen. In New York konnte man in der Menge untertauchen, ein Niemand werden – oder ein Ziel.
Wir fuhren Richtung Brighton Beach. Die Straßen wurden breiter, die Häuser niedriger. Russische Schriftzüge leuchteten über den Läden, der Geruch von frischem Brot und gebratenem Fleisch lag in der Luft. Hier war New York eine andere Stadt, ein anderes Land.
Wir parkten vor einem Café, in dem Männer Schach spielten und Frauen mit Pelzmützen Tee tranken. Ich trat ein, ließ den Blick schweifen. Die Gespräche verstummten, als sie uns sahen. In New York erkennt man Fremde sofort.
Ein junger Mann kam auf uns zu, die Haare kurz, die Augen kalt. „Was wollt ihr?“
Ich zeigte mein Badge. „FBI. Wir suchen Viktor Sokolov.“
Er lächelte dünn. „Viele suchen Viktor. Aber Viktor ist tot.“
Ich spürte, wie die Stadt uns beobachtete, wie sie sich schloss wie eine Faust. „Wer hat ihn getötet?“
Der Mann zuckte die Schultern. „Niemand weiß. Vielleicht hat er zu viel gefragt. Vielleicht hat er das Falsche gewusst.“
Milo trat einen Schritt vor. „Wir werden es trotzdem herausfinden.“
Der Mann lachte. „In New York findet ihr nur das, was die Stadt euch zeigen will.“
Ich wusste, dass er recht hatte. New York war ein Spiegel – sie zeigte dir, was du sehen wolltest, und verbarg den Rest im Schatten.
Wir verließen das Café, gingen langsam die Straße entlang. Über uns rauschte die Subway, ein endloser Strom aus Licht und Bewegung. Ich spürte, wie die Stadt uns prüfte, wie sie uns an ihre Grenzen führte.
„Was jetzt?“, fragte Milo.
Ich sah auf die Lichter, auf die Gesichter der Menschen, die an uns vorbeihasteten. „Jetzt lassen wir die Stadt für uns sprechen. Wir reden mit den Informanten, den Straßenhändlern, den Leuten, die nachts unterwegs sind. Irgendjemand hat etwas gesehen. New York sieht alles.“
Wir verbrachten die nächsten Stunden damit, durch die Straßen zu gehen, Fragen zu stellen, Hinweise zu sammeln. Die Stadt war ein Mosaik aus Stimmen, Gerüchten, Geheimnissen. Manche Türen blieben verschlossen, andere öffneten sich einen Spalt.
Ein Taxifahrer erzählte uns von einem Streit am Pier, kurz bevor der Regen einsetzte. Zwei Männer, einer davon Sokolov, der andere ein Unbekannter mit einer Narbe über dem Auge. Ein Straßenhändler erinnerte sich an einen schwarzen Van, der in der Nacht ohne Licht durch die Gassen fuhr. Ein Obdachloser hatte gesehen, wie jemand einen Koffer ins Wasser warf – vielleicht Beweismaterial, vielleicht nur Müll.
Jede Information war ein Puzzlestück, das sich langsam zu einem Bild formte. Die Stadt half uns, aber sie verlangte ihren Preis. Mit jedem Schritt, den wir machten, wurden wir tiefer in ihr Netz gezogen.
Gegen Mitternacht standen wir wieder am East River, an dem Pier, wo alles begonnen hatte. Die Lichter der Stadt spiegelten sich im Wasser, das leise gegen die Pfeiler schlug. Ich spürte, wie New York uns beobachtete, wie sie uns prüfte.
„Denkst du, wir kommen weiter?“, fragte Milo leise.
Ich nickte. „Die Stadt spricht mit uns. Wir müssen nur lernen, zuzuhören.“
In diesem Moment vibrierte mein Handy. Eine Nachricht von Max: Jesse, wir haben die Überwachungskameras am Pier ausgewertet. Da ist ein Gesicht, das du dir ansehen solltest. Kommt dir vielleicht bekannt vor.
Ich sah Milo an. „Die Stadt hat gesprochen.“
Er grinste. „Dann lass uns hören, was sie zu sagen hat.“
Wir stiegen in den Wagen und fuhren zurück zum Field Office. Die Straßen waren leerer, aber die Stadt war noch wach. Überall brannten Lichter, irgendwo heulte eine Sirene, ein Taxi raste durch die Nacht. New York war nie still, nie wirklich dunkel.
Im Büro wartete Max bereits auf uns, die Augen gerötet vom langen Tag. Er zeigte uns die Aufnahmen: Ein Mann, groß, kräftig, mit einer auffälligen Narbe über dem rechten Auge. Er half dabei, Sokolov in den Van zu zerren.
Ich kannte das Gesicht. Es gehörte zu Sergei Volkov, einem berüchtigten Schläger der Bratva, der seit Jahren auf unserer Fahndungsliste stand. Volkov war ein Geist – nie lange am selben Ort, immer einen Schritt voraus.
„Das ist unser Mann“, sagte ich leise.
Milo nickte. „Und wo Volkov ist, ist die Bratva nicht weit.“
Ich sah auf die Karte von New York, die an der Wand hing. Die Stadt war ein lebendiges Wesen, voller Geheimnisse und Gefahren. Aber jetzt hatte sie uns einen Namen gegeben, einen Wegweiser im Labyrinth.
„Die Jagd beginnt“, murmelte ich.
Draußen begann es wieder zu regnen. Die Tropfen schlugen gegen die Scheiben, als wollte die Stadt uns warnen. Aber ich wusste, dass wir nicht mehr zurück konnten. New York hatte uns in ihr Spiel gezogen – und diesmal war der Einsatz tödlich.
New York war heute Nacht ein Tier mit tausend Augen. Es schien, als hätte die Stadt beschlossen, uns nicht nur zu beobachten, sondern uns auch zu prüfen. Die Lichter der Lower East Side flackerten wie Morsezeichen, die nur Eingeweihte lesen konnten. Überall war Bewegung, überall war Lärm – und doch lag unter allem eine seltsame Spannung, als hielte die Stadt den Atem an.
Wir hatten jetzt einen Namen: Sergei Volkov. Aber ein Name war in New York nicht viel wert, wenn er nicht mit einer Adresse, einer Gewohnheit, einem Fehler verbunden war. Volkov war ein Profi, ein Schattenmann, der sich in den Ritzen der Stadt bewegte, als wäre er aus Nebel gemacht. Die Bratva schützte ihre Leute, und Volkov war einer ihrer Besten. Wer ihn finden wollte, musste die Stadt lesen wie ein Buch – und hoffen, dass die richtigen Seiten aufgeschlagen waren.
Milo und ich saßen in unserem Büro, die Überwachungsbilder von Max auf dem Bildschirm vor uns. Volkovs Gesicht war grob, kantig, die Narbe über dem Auge wie ein Ausrufezeichen. Ich kannte diesen Typus: Ein Mann, der Gewalt nicht nur ausübte, sondern genoss. Einer, der nie lange an einem Ort blieb, aber immer Spuren hinterließ – wenn man wusste, wo man suchen musste.
„Er ist ein Geist“, murmelte Milo. „Aber Geister brauchen auch einen Unterschlupf.“
Ich nickte. „Und sie brauchen Verbündete. Niemand überlebt allein in New York.“
Wir beschlossen, uns auf die Straßen zu begeben. Die besten Informationen bekam man nicht aus Datenbanken, sondern aus den Mündern derer, die nachts unterwegs waren. Die Stadt hatte ihre eigenen Informanten – Barkeeper, Taxifahrer, Straßenhändler, die kleinen Könige der Nacht. Und sie alle wussten mehr, als sie zugeben wollten.
Unser erster Weg führte uns nach Brighton Beach, zurück in das Herz der russischen Community. Die Straßen waren um diese Uhrzeit noch belebt, die Läden offen, das Licht der Leuchtreklamen spiegelte sich auf dem nassen Asphalt. Hier sprach man Russisch, hier war die Bratva zu Hause – und hier war auch Volkov zu Hause gewesen, bevor er zu wertvoll geworden war, um sich offen zu zeigen.
Wir parkten vor einem kleinen Deli, in dem die Zeit stehen geblieben zu sein schien. Hinter der Theke stand ein alter Mann mit buschigen Augenbrauen, der uns misstrauisch musterte, als wir eintraten.
„Zwei Kaffee, schwarz“, sagte Milo und legte einen Zehndollarschein auf den Tresen.
Der Alte schenkte ein, langsam, als wolle er Zeit schinden. „Ihr seid keine Stammgäste.“
Ich zeigte ihm mein Badge, ließ es aber schnell wieder verschwinden. „Wir suchen Sergei Volkov. Er war gestern Nacht am East River.“
Der Alte zuckte kaum merklich. „Viele Sergeis. Viele Volkovs.“
Ich lächelte. „Aber nur einer mit einer Narbe über dem Auge. Und nur einer, der einen Mann namens Viktor Sokolov in einen Van gezerrt hat.“
Der Alte sah uns prüfend an, dann beugte er sich vor. „Sergei ist gefährlich. Ihr solltet euch nicht mit ihm anlegen.“
Milo nahm einen Schluck Kaffee. „Wir legen uns nicht mit ihm an. Wir wollen nur reden.“
Der Alte schnaubte. „Niemand redet mit Volkov. Er redet mit dir – wenn er will. Aber vielleicht… gibt es jemanden, der euch helfen kann.“
Ich wartete.
„Geht zu Marina. Sie arbeitet im Blue Parrot, zwei Blocks weiter. Sie kennt alle, die in Brighton Beach etwas zu sagen haben.“
Wir bedankten uns, ließen das Wechselgeld liegen und gingen hinaus in die Nacht. Das Blue Parrot war eine Bar, wie es sie in New York tausendfach gibt: zu laut, zu voll, zu verraucht. Aber hier, inmitten der russischen Diaspora, war es ein Treffpunkt für alle, die dazugehören wollten – oder mussten.