Abaton (Band 1) - Christian Jeltsch - E-Book

Abaton (Band 1) E-Book

Christian Jeltsch

4,7

Beschreibung

Seit Linus, Edda und Simon im Untergrund von Berlin mysteriöse Graffiti entdeckt haben,taucht in ihrem Alltag eine andere Realität auf. Eine, von der die meisten nur ahnen, dass sie existiert. Eine, aus der es kein Zurück mehr gibt. Eine, die in tiefste Ängste führt. Und in der nichts ist, wie es scheint …

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 658

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,7 (18 Bewertungen)
14
2
2
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Sammlungen



Für Esther, Kabir und Melchior

PROLOG

[ 1P01 ]

Die rettende Botschaft an die nachkommenden Generationen war fast fertig. Bernikoff hatte nur noch wenige, aber entscheidende Hinweise hinzuzufügen. Also machte er sich am Morgen des 2. Mai noch einmal auf den gefährlichen Weg, um die Botschaft zu vervollständigen. Weder seine Wunde am Arm noch die Sirenen, die einen neuen Luftangriff ankündigten, konnten ihn davon abhalten. Im Gegenteil. Bernikoff wartete, bis sich der bedrohlich singende Ton über die Stadt erhob wie ein riesiger Greifvogel und Besitz von ihr und den Menschen ergriff. Vom Fenster seiner Souterrainwohnung aus schaute er zu, wie die Frauen und Kinder der Nachbarschaft in die wenigen noch nicht zerstörten Keller der Straße verschwanden. Dann nahm er die drei kräftigen Pinsel und die Eimer mit den Spezialfarben und eilte hinaus. Er schloss die drei Türschlösser ab, versteckte die Schlüssel wie immer hinter dem Ziegelstein, den man aus der Mauer ziehen und zurückstecken konnte, ohne eine Spur zu hinterlassen. Wenn man ihn erwischen sollte, wollte Bernikoff keine Schlüssel bei sich tragen. Nichts sollte auf seine Wohnung hinweisen. Nichts auf die Kammer hinter seiner Wohnung. Das, was dort verborgen war, durfte niemand anderem in die Hände fallen. Noch nicht. Noch war die Zeit nicht reif und erst recht nicht waren es die Menschen.

Der Alarm peinigte die Stadt. Die Straßen, die Häuser. Das Heulen der unzähligen Sirenen durchdrang jede Mauer, jeden Schutz. Bernikoff wusste das. Er wusste alles über Schall und Wellen und ihre Wirkung. Über Energie und Frequenzen ... Das war das Geheimnis, das er in seiner Kammer entschlüsselt hatte. Genau das war das Wissen, das er den Menschen mitteilen musste. Behutsam. Ein Wissen, das in Zukunft alle Kriege verhindern könnte.

Uni-versum, dachte Bernikoff. »Universum« – heißt das nicht »ein Lied«? Wenn die Sirenen auf den Dächern doch nur auch ein wunderschönes, ein lockendes Lied singen würden; wie die Sirenen für Odysseus. Aber was sie sangen, war das Lied der Angst, des Todes und der Zerstörung. Das Lied, vor dem sich die Menschen am meisten fürchteten und das ihre Leben und ihre Lieben zerstörte.

Bernikoff hielt abrupt inne. Patrouillen waren unterwegs, die jeden, der sich noch auf den Straßen zeigte, in die Bunker trieben. Sie durften Bernikoff unter keinen Umständen entdecken. In den letzten Tagen waren Menschen schon für kleinere Vergehen einfach erschossen worden. Weil man glaubte, sie seien Plünderer.

Im Schatten der Ruinen huschte Bernikoff weiter; wie ein Geist. Von Dunkel zu Dunkel. Von der Dorotheenstraße bog er links ab in die Friedrichstraße. Vor den Trümmern des berühmten Wintergartens blieb er stehen. Wie oft hatten sich die kriegsmüden Menschen hier in den letzten Jahren von den Vorstellungen großartiger Artisten verzaubern lassen; unter der Kuppel aus Tausenden von Sternenlichtern. Wie viele Nächte hatten sie hier den Alltag vergessen und Inspiration und Magie getankt für den grauen, immer düsterer werdenden Alltag. Da prangte immer noch das Plakat, das für die letzte Vorstellung eines berühmten Magiers und Hypnotiseurs geworben hatte, bevor der Palast von einer Bombe getroffen wurde. Der Große Furioso fixierte vom Plakat herab die Menschen, die daran vorübergingen. Er trug den Turban eines Sikh, ein Edelstein auf seiner Stirn symbolisierte das Dritte Auge. »Der Große Furioso – liest Ihre Gedanken und entführt Sie in eine Welt des Staunens!«

Bernikoff schaute nicht auf Furioso, sein Blick wanderte zu der fast durchsichtig scheinenden jungen Frau weiter, die hinter dem Magier abgebildet war. Ein trauriges Lächeln auf den Lippen, zog Bernikoff automatisch seinen Hut noch tiefer in die Stirn. Als fürchte er, jemand könnte die Ähnlichkeit entdecken; zwischen ihm und dem Großen Furioso, der vom Plakat herab hinter ihm herstarrte.

Bernikoff schaute sich um. Die Straße war menschenleer. Er stemmte das Tor zum Durchgang in den Hinterhof auf. Trümmer rieselten vom Türsturz, klackerten zu Boden.

Bernikoff eilte weiter, kroch über die Trümmerberge aus Backsteinen und gelangte schließlich in den von vier Seiten umschlossenen Innenhof des Gebäudes. Sein Arm schmerzte. Er musste sich vorsehen. Bernikoff öffnete eine Abdeckplatte und tauchte durch den Notausstieg in den Untergrund der Stadt ein. Ein letzter Blick noch zum Himmel. Er hörte das Herannahen der feindlichen Flieger. Sie kamen von Norden. Briten. Einen Moment verharrte er noch. Sah hinauf zu einem Fenster des noch intakten Gebäudes auf der Nordseite. Er wartete. Worauf? Da! War das ein Gesicht hinter dem Fenster im obersten Stockwerk? Das Gesicht eines Kindes? Bernikoff lächelte, hob die Hand, wie zum Gruß.

Vom Küchenfenster des obersten Stocks verfolgte das kleine Mädchen, wie der Mann mit den Farbeimern und Pinseln in den Untergrund verschwand. Mit seinem ernsten und hellen Gesicht hatte es die Hand zum Winken erhoben. Die Beine in Metallschienen, saß das Kind in seinem Bettchen. Die Geräusche der Fliegermotoren kamen näher. Da nahm ein Mann das Mädchen zärtlich in die Arme, um still mit dem Kind zu beten.

Bernikoff stieg hinab.

Hier unten verstummten die Sirenen und die Motoren der feindlichen Flieger. Je tiefer er kam, desto stiller wurde es. Bernikoff liebte die Stille, die Einsamkeit. Doch an diesem Abend war er nicht allein hier unten. Das aber wusste er nicht. So sprang er von der Rampe, die zum Notausstieg führte, auf die Gleise und verschwand in der Schwärze des Tunnels, verschluckt wie von einem riesigen Schlund, in den schon lange kein Tageslicht mehr gefallen war. Dieser Tunnel ist dunkler als schwarz, dachte Bernikoff. Dunkler als schwarz ... Er nahm sich vor, die Logik dieses Gedankens zu untersuchen. Wenn der Krieg vorbei sein würde. Wenn ...

Bernikoff folgte den Gleisen, bog an den Weichen zielsicher in die richtige Richtung ab. Er kannte den Weg durch das Gewirr nur zu genau. So oft war er ihn gegangen in den letzten Monaten. Nachdem es ihm gelungen war, das letzte Geheimnis zu lüften, und er bereit war, die Botschaft weiterzugeben. An jene, die wachen Geistes und tapferen Herzens waren. So lautete das Versprechen, das er sich selbst gegeben hatte. Bernikoff war entschlossen, es zu halten. Diesen Ort unter der Stadt hatte er gewählt, um seine Botschaft zu veröffentlichen. Die Botschaft, die die Menschen auf ewig von jeder Tyrannei befreien und endlich, endlich zu sich selbst führen würde. Seine kleine, scheinbar harmlose Bildergeschichte vom Bienenstaat »Abatonia«, mit der er seine Botschaft in der »Berliner Zeitung« hatte verbreiten wollen, war auf Geheiß des Reichspropaganda-Ministeriums nach nur drei Episoden eingestellt worden. Die Geschichte von zwei einfachen Bienen, die es auf eine unbewohnte Insel verschlagen hatte und die dort die Welt neu erschaffen wollten; nach dem großen Sterben der Völker.

Irgendjemand hatte herausgefunden, was Bernikoff wirklich hatte sagen wollen mit seinen scheinbar kindlichen Bildern. Also war er auf die Idee mit dem Untergrund gekommen. Hätte er gewusst, dass Berlin wenige Stunden später kapitulieren würde, hätte sich Bernikoff sicher nicht mehr in den Tunnel gewagt. Doch so hatte er sich anders entschieden. Aber wer wusste damals schon so genau, wie lange das Tausendjährige Reich noch dauern würde?

Lichter.

Wie aus dem Nichts tauchten sie auf. Wie Augen, die plötzlich geöffnet wurden. Sie blendeten Bernikoff, schossen heran. Und vorbei. Ein Triebwagen. Der Fahrtwind riss an Bernikoffs Hut, an seinen Haaren. Er schaute dem Zug nach und löste sich aus der Nische. Dann schaltete er die Lampe ein, die er mitgenommen hatte. Er leuchtete auf die Wand des Tunnels, der hier von dem Nord-Süd-Tunnel abbog, und war zufrieden mit den riesigen Bildern, die er bereits an die Wand gemalt hatte.

Er eilte an der Schiene entlang weiter in den Tunnel hinein.

Bernikoff bemerkte nicht den Blick, der ihm folgte. Er hörte auch nicht die Männer, die sich kaum hundert Meter entfernt an der Decke des Nord-Süd-Tunnels zu schaffen machten. Mit Leitern waren sie zu der Decke des Tunnels geklettert und befestigten seltsame Pakete. Unzählige. Verbunden mit einer Zündschnur ...

„Er ist da!“, sagte ein Kahlkopf leise, der aus dem Dunkel des Tunnels gelaufen kam.

„Bernikoff?“, fragte der junge Mann, dem der Kahlkopf Meldung gemacht hatte. Am Revers des Jüngeren prangte das Parteiabzeichen der NSDAP. Die Swastika, ein Symbol, das einmal Wohlstand und Gesundheit versprochen hatte und jetzt umgekehrt der ganzen Welt den Tod brachte. Der Bote nickte und der junge Mann wandte seinen Blick zu den Arbeitern auf der Leiter.

„Erledigt?“

„Erledigt“, sagten die Männer.

„Und das ist der richtige Standpunkt hier?“

„Absolut!“

Kurz darauf erschütterte eine gewaltige Explosion die Eingeweide der riesigen Stadt. Es war gut geplant. Die Menschen in den Bunkern mussten das Donnern für feindliche Bomben halten, die aus dem Himmel fielen. Sie ahnten nicht, dass es der Feind aus ihrer Mitte war.

Bernikoff riss die Druckwelle aus dem nahen Tunnel zu Boden, weg von dem letzten Gemälde, das er gerade fertigstellen wollte. Er rappelte sich wieder auf. Und entdeckte, dass seine Wunde wieder aufgebrochen war. Er blutete. Noch sirrte und summte es in seinen Ohren von dem Knall, da näherte sich ein seltsames Rauschen. Bernikoff erkannte es nicht sofort, obwohl er meinte, es schon oft gehört zu haben. Aber er brachte es nicht mit dem Tunnel und der Dunkelheit in Verbindung.

Wenige Sekunden später war es da. Das Wasser. Wie eine Wand schoss es auf Bernikoff zu. Er hatte keine Chance. Das Dynamit hatte ein Loch in die Decke des Nord-Süd-Tunnels gesprengt und aus dem Landwehrkanal ergossen sich Hunderttausende Liter kalten Wassers. Spülten alles fort. Bernikoff. Seine Schmerzen, seine Farben, seine Bilder, seine rettende Botschaft ...

Auf immer?

Das kleine Mädchen mit den metallenen Schienen an den Beinen weinte in den Armen seines Vaters. Es hatte Angst. Angst vor den Fliegern und vor ihren Bomben, vor dem Feuer. Und vor den Kellern, in denen die Menschen darauf warteten, dass das »Tausendjährige Reich« endlich untergehen würde.

„Schschsch ...“, beruhigte der Vater die Kleine und sein Blick verharrte auf den vielen bunten Zirkusplakaten an den Wänden des Zimmers.

„Bald wird alles gut“, sagte er. „Das versprech ich dir. Es wird alles gut.“ Dann sang er das Lied vom spannenlangen Hansel und der nudeldicken Deern.

TEIL [01]

[ 1101 ]

Jetzt waren sie da.

Und sie kamen näher.

Wollten Edda und Simon noch entkommen, mussten sie da hinunter. Sofort. In das Dunkel. Das Feuchte. Das Ungewisse. Sie hatten keine Wahl. Es gab keinen anderen Ausweg. Sie durften jetzt nicht mehr überlegen. Sie mussten handeln. Zu nah waren die Fremden schon. Die Lichtkegel ihrer Taschenlampen kreisten sie ein, wischten durch die Nacht wie lechzende Zungen auf der Suche nach einem sättigenden Fraß. Zungen von gefährlichen Monstern, dachte Simon. Sieben Monster zählte er. Ein Blick und er hatte alle Feinde im Visier. Die vielen Ego-Shooter-Spiele, die er verbotenerweise am Computer gespielt hatte, kamen ihm dabei zugute. Aber das hier war anders. Hier stand kein heißer Kakao neben dem Monitor, hier hatte er keinen Controller, mit dem er seine Feinde einen nach dem anderen erledigen konnte. Mit dem er sein zweites, sein drittes, viertes Leben aktivieren konnte. Jetzt gab es nur ein Leben. Und das war echt. Die Feinde waren echt. Das Mädchen neben ihm war echt. Und es hatte Angst, so wie er. Das spürte Simon. Sekunden nur noch. Dann waren die Verfolger da. Sekunden, die er nicht mehr anhand seiner Herzschläge mitzählen konnte. Sein Herz pochte längst nicht mehr im sonst so gelassenen Sekundentakt.

Sieben waren es. Sieben wie in den Märchen. Und sie kamen von allen Seiten. Geschickt zogen sie den Kreis immer enger. So wie es Raubkatzen tun, wenn sie im Rudel jagen. Simon erinnerte sich an den Biologieunterricht. An den Film über die Jäger der Savanne. Wie sehr sehnte er sich jetzt danach, in diesem langweiligen Unterricht zu sitzen und zuzuschauen, wie andere gejagt wurden.

„Vielleicht sind es gar keine Verfolger“, flüsterte Edda. Verzweifelte Hoffnung klang aus ihrer Stimme. „Vielleicht gehören die Männer einfach nur zu dem Spiel. Zu der Aufgabe, die sie uns gestellt haben.“

Oder war man womöglich nur auf der Suche nach ihnen? Aus Sorge um sie? Sie waren es schließlich, die die Regeln gebrochen hatten. Sie waren ausgeschert aus dem, was sie hätten tun sollen. Edda und Simon waren nicht dem Weg gefolgt, den alle gegangen waren. Sie waren mit Linus hierhergekommen. An diesen Ort, an dem es als Fluchtpunkt nun einzig diesen engen Schlund in die Unterwelt gab. Das tiefe Loch eines Gullys. Vielleicht würde sich alles aufklären, wenn sie sich zu erkennen gäben? Doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass das eine trügerische Hoffnung war. Niemand hatte nach ihnen gerufen so wie es besorgte, suchende Menschen tun würden. Und Edda war klar, dass nur die Angst ihr diese Hoffnung eingeflüstert haben konnte.

Jetzt waren die ersten Verfolger so nah, dass man sie hören konnte. Nicht ihre Schritte. Nicht ihr Atmen. Kein Flüstern. Nein. Das waren Profis. Lediglich das Aufflattern von ein paar aus dem Schlaf geschreckter Vögel konnten die Männer nicht verhindern. Oder wollten sie es nicht verhindern? Vielleicht. Vielleicht sollten Simon und Edda Angst bekommen. Damit sie aus ihrem Versteck kamen. Sich stellten. Doch was würde dann passieren? Was wollten diese Fremden? Warum hatten sie diese seltsamen Waffen? Die zwar ein Zielfernrohr, aber keinen Lauf, sondern etwas auf der Schulterstütze montiert hatten, das wie eine Parabolantenne aussah.

Was hatten Edda und Simon getan, dass man sie hier in dieser Nacht, an diesem unwirklichen Ort so in die Enge trieb?

„Linus!“, flüsterte Edda plötzlich. „Die sind hinter Linus her. Nicht hinter uns!“

Linus hatte sie mit seinem Navi vom Weg abgebracht und hierhergeführt. Absichtlich. Erst hier hatte er ihnen eröffnet, dass er unbedingt in den Untergrund der Stadt hinabsteigen musste, weil er dort Beweise finden wollte für den Mord an seinen Eltern.

„Mord?“ Edda und Simon waren ungläubig und erschrocken gewesen.

Maulfaul hatte Linus ihnen ein paar Fakten hingeworfen. Sodass sie wieder mal nicht wussten, ob er log oder fantasiegesteuert war, wie Edda es genannt hatte. Offiziell waren Linus’ Eltern bei einem Kurzaufenthalt in Berlin verschwunden.

Doch Linus glaubte nicht daran. Er wusste, dass sie mit der U-Bahn zu einem ungeheuer wichtigen Termin unterwegs gewesen waren, und hatte währenddessen mit ihnen telefoniert. Doch bei diesem Termin waren die Eltern nie erschienen. Linus war fest davon überzeugt, dass ihnen im Untergrund von Berlin etwas zugestoßen war. Edda und Simon hatten sich angeguckt und sich gefragt, ob er sie noch alle hatte. Erst als Linus fast schon in der Schwärze des engen Einstiegs verschwunden war, hatte er noch schnell erwähnt, dass man ihm bereits auf den Fersen sei. Und dass es womöglich gefährlich werden könnte.

„Jetzt haben wir diese Typen an der Hacke.“ Edda zitterte vor Angst und Wut.

Warum nicht aus dem Versteck treten und diesen Männern verraten, wohin Linus verschwunden war?, dachte Edda. Noch war Zeit.

„Wenn die uns erwischen, werden sie uns zwingen, Linus zu verraten“, sagte Simon, als hätte er Eddas Gedanken gelesen. Und der Klang seiner Stimme bedeutete ihr, dass Verrat auf keinen Fall zur Debatte stand. Dazukannten sie Linus schon zu gut und schließlich gab es noch einen Ausweg. Dieses enge Loch in die Unterwelt ...

Simon spürte, wie Edda zitterte.

Er ergriff ihre Hand. Sie fühlte sich feucht und gleichzeitig warm an und so vertraut, als hätte er sie schon unzählige Male angefasst. Und Edda ließ es geschehen. Wie unmöglich das noch vor wenigen Stunden gewesen war.

Weg mit diesem Gedanken. Er konnte sich doch jetzt unmöglich Gedanken über sich und dieses Mädchen neben sich gestatten! Es geht um Leben und Tod, hatte Linus als Letztes gesagt, bevor er verschwand. Die Männer waren da. Eine Entscheidung musste fallen. Jetzt. Sofort!

[ 1102 ]

Noch 48 Stunden zuvor war alles ganz normal erschienen. Aber das war es da auch schon längst nicht mehr. Nur wer hatte das schon wissen können?

Mondlos und schweigend lag die Nacht über den Zelten des Ferienlagers am Rande von Berlin. Ein Abenteuer-Camp. Für ein paar Tage Spaß haben. Die 50 Teilnehmer waren Jugendliche zwischen 14 und 16. Die Gewinner, die an einem landesweiten Wettbewerb teilgenommen hatten, bei dem es darum ging, einen Aufsatz mit dem Titel »Meine, deine, unsere Zukunft« einzusenden. Sie schliefen tief und weder Jugendliche noch Betreuer schienen die sieben Männer zu hören, die mit ihren seltsamen Messinstrumenten durch die Zeltstadt schlichen. Schwarz gekleidet und mit Sturmhauben maskiert; dieselben Männer, die zwei Nächte später Edda und Simon verfolgen sollten.

Nur das Plätschern der winzigen Wellen ans Ufer des Wannsees war zu hören und das Zirpen der Grillen, die verstummten, sobald ihnen die Eindringlinge zu nahe kamen.

Die schwarzen Männer hatten sich im Lager verteilt und schritten es strategisch ab. Kein Geräusch, keine Hektik. Sie wussten, was sie zu tun hatten. Vor jedem der Zelte blieben sie stehen und schauten auf die Anzeigen ihrer Geräte. Beim letzten Zelt, auf dessen Wimpel eine Fünf gemalt war, schlugen die Digitalanzeigen plötzlich heftig aus.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!