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Um die Lebensgeschichte und das 'Selbstbestimmte Lebensende' zweier Menschen. Sie waren gute Freunde. Daraus wuchs eine große Liebe über den Tod hinaus. Jetzt kämpfen sie um ein würdevolles selbst bestimmtes Lebensende. Das Buch beschreibt die Ereignisse und die Gemütslagen, die Hoffnung aber auch die Hoffnungslosigkeit sowie die Verzweiflung des Autors und seiner Ehefrau. Das Buch gibt auch einen Einblick in private Lebensbereiche.
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Seitenzahl: 393
Veröffentlichungsjahr: 2022
Unser gemeinsamer Weg zurück ins Meer
Wenn ihr den Regenbogen seht, auf dem wir tanzen und zwei Regentropfen an euch vorbei fallen, dann denkt an uns! Wir sind auf dem Weg zum Meer.
Zwei Regentropfen kehren ins Meer zurück
Vorwort
Dieses Buch ist als Erinnerung all unseren Verwandten und Freunden gewidmet. Wir danken allen für die schöne Zeit, die wir miteinander verbracht haben.
Wenn ihr dieses Buch lest, sind wir nach einem erfüllten Leben zufrieden und glücklich gegangen.
Wir wünschen uns von euch keine allzu lange Traurigkeit, sondern dass ihr uns in freudiger Erinnerung behaltet.
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Dieses Buch ist aber auch an alle Leser gerichtet, die sich mit dem Thema ‚Selbstbestimmtes Lebensende‘ beschäftigen und zur öffentlichen Diskussion darüber beitragen, denn es ist das Recht eines Jeden, unter freiem Willen sein Lebensende selbst zu bestimmen.
Das Lebensende sollte kein Tabuthema sein. Vielleicht hilft dieses Buch zu einer anderen positiveren Betrachtungsweise, denn das Lebensende gehört unausweichlich zum Leben.
Ich habe bewusst die Begriffe ‚Lebensende‘ und ‚Abschied‘ in diesem Buch verwendet, denn sie sind positiv besetzt.
Wichtige Tage
18.08.2021 Mittwoch – Meine Stimmung
Ich habe nicht gelernt Bücher zu schreiben. Dies ist mein erstes Buch. Meine Aufzeichnungen wurden nicht korrigiert, nicht von einem Lektor überarbeitet. Wieder möchte ich heute ‚die Flinte ins Korn werfen‘, da ich völlig unzufrieden mit meinen Kapiteln bin. Das Spracheingabe-Modul hat den Sinn mancher Sätze völlig verdreht und produziert Fehler über Fehler. Beim Blättern am PC hauen mir die Finger wegen meines Parkinsonzitterns ungewollt Zeichen zwischen den Text. Was also soll ich tun? Das Buch einstampfen? Soll ich alles wieder löschen, was mir nicht gefällt? In der knappen Zeit die Fehler korrigieren? Soll ich die Kapitel umformulieren? Die Zeit läuft mir davon.
Ich versuche mein Unbehagen zu überwinden, doch es gelingt mir heute nicht. Die Gedanken kreisen unaufhörlich um eine Lösung. Und dann sind sie plötzlich da, die unerträglichen Trigeminusschmerzen, pochend, stechend und nicht auszuhalten. Ich nehme meine Tabletten und lege mich wieder ins Bett. Nach einer halben Stunde wird es besser. Wieder habe ich keine Lösung und vertage die Entscheidung.
26.08.2021 Donnerstag – Das Buch
Heute habe ich eine Lösung gefunden und als Untertitel eingefügt.
… nicht korrigiert und unvollendet …
Dem Leser muss ich leider zumuten, die Fehler zu überlesen. Auch möchte ich nicht meine Zerrissenheit an manchen Tagen verschweigen. Die Nebenwirkungen der Tabletten, die ich 3-mal am Tag einnehmen muss, sind enorm und weisen in dem Beipackzettel auf diese Gemütsschwankungen hin. Also seid gütig und verständnisvoll mit mir und denkt beim Lesen daran. Ich möchte authentisch, nicht schönschreiben. Meine Beeinträchtigungen durch die Tabletten werden sichtbar beziehungsweise lesbar. Und wie kann ich ein Buch schreiben, wenn die rechte Hand permanent zittert?
30.08.2021 Montag - Der Schock
Zwei Briefe stellen alles auf den Kopf, schockieren uns und die, die über unseren Abschied informiert sind und denen wir den Inhalt anvertraut haben. Bei uns folgen Tage des Entsetzens, der Verzweiflung und der Wut. Den Urlaub in Italien brechen wir am ersten Tag ab. Sollen wir aufgeben und uns in die Illegalität treiben lassen, oder weiterkämpfen? Meine Energie ist verbraucht. Alle Ziele hinfällig? Meiner Psychotherapeutin, die mich wegen meiner Parkinson-Erkrankung therapiert, gelingt es, mich wiederaufzurichten. Ich kämpfe wieder für das, was mir wichtig ist und was ich mit diesem Buch erreichen möchte
08.09.2021 Mittwoch - Die Erleichterung
Der Kampf hat sich gelohnt. Nach Tagen kehrt Entspannung ein. Unser Einwand hat gewirkt, ein zweites Gutachten wird erstellt. Erleichtert, motiviert und zufrieden geht es weiter. Es bleibt aber die Ungewissheit, wie das zweite Gutachten ausfallen wird. Aus unserer Sicht hat dieser Vorgang nichts mit freier Willensbekundung zutun. Es steht vielmehr die Abhängigkeit von der Einstellung des Gutachters im Vordergrund. Was die Entscheidungen mit den betroffenen Menschen macht, wird völlig außer Acht gelassen.
22.10.2021 Freitag - Hoffnung
Das heutige Gespräch, dieses Mal eine Psychiaterin, hat uns wieder Hoffnung gegeben. Karin und ich waren uns einig, dass die Gesprächsführung sehr intensiv und emphatisch verlaufen ist. Neben Fragen zu unseren Lebensverläufen, war auch die Atmosphäre beruhigend, entspannt und entsprach der Bedeutung, die mit diesem Termin verbunden war. Immerhin geht es um das Leben, die Würde und den freien Willen zweier Menschen. Unsere Verzweiflung nach dem ersten Gutachten, ist nicht zu beschreiben. Unsere Hoffnung, dass dieses Gutachten dieses Mal unseren Freien Willen bestätigt, ist grenzenlos. Jede Stelle, die sich mit diesem schwierigen Thema befasst, muss auch klar sein, was eine negative Bescheinigung für die Antragsteller bedeutet. Gerade in diesem Fall wäre eine intensive Betreuung unbedingt notwendig, um die betreffenden Menschen nicht in die Illegalität zu treiben. So, wie es in unserem Fall gelaufen ist, ist es unverantwortlich und in höchstem Maße abzulehnen. Hier ist ‚Vater Staat‘ unbedingt gefordert, sich mit dem Thema zu befassen und schnell eine Regelung zu schaffen.
18.12.2021 Samstag - Die Wartezeit
Noch immer haben wir keine Nachricht vom Verein erhalten. Die Ungewissheit zermürbt uns nicht mehr so stark, mich zermürben die Schmerzen. Mir wird es allerdings immer wichtiger noch zu erfahren, ob ich in welcher Form auch immer, etwas bewegt habe. Dieses Buch wird, wenn alles schnell geht, erst nächstes Jahr fertig. Muss ich solange warten?
Nun aber genug der Anfangsbemerkungen.
Kapitel
Recht auf Selbstbestimmung
Protokoll 260-Tage
Unser Leben, unser Abschied
Das Lebensende
Noch 8 Monate
Meine geliebte Ehefrau Karin
Aus Freundschaft wird Liebe
Stuttgart
Wie sag ich’s? Wie frag ich’s?
Der Berg ruft
Ein Tagesablauf
Nachtcafè
Die Antwort
Wen und wie informieren wir
Familienkonferenz
Der Polizeieinsatz
24.03.2021 Mittwoch (210)
Tierische Freundschaft
Termin beim Bestatter
Mein Geburtstag
Unsere Liebe
Mein Glückstag
Liebe im Alter
Karins Geburtstag
Einäscherung
Der STERN
Mut oder Feigheit
Die letzten 100 Tage
Treffen mit Marco
Hamburg
Hamburg aus Sicht meiner Frau
Hamburg aus meiner Sicht
Die Video-Aufzeichnung
Die Ballonfahrt
Die Gutachten, der Schock
Druck und Kampf
Die Würde des Menschen
Nachtcafe 2. Thema
Erkenntnisse
Oberstdorf
Alles hat ein Ende (KW41)
Unser Hochzeitstag
Zwei Wochen
Unsere letzten Aufgaben
Wir entscheiden
Gleichgewicht
Die letzte Umarmung
Müssen wir unser Recht einklagen?
I. Die Grundrechte
Weihnachten 24.12.2021
Neujahr
Was wäre, wenn…
Heilige-Drei-Könige
Nähe
Überraschungen
Verein Sterbehilfe
Das Leben geht vor (Nachtrag)
Was passiert am Tag X? (20. Oktober 20.21 Mi)
September 2021
Mitte Oktober
Dezember
Januar 2022
Februar 2022
So wollten wir es
Zur Erinnerung
Unser Abschiedsritual
Das habe ich mitgenommen
Anhang
Unser Stammbaum
Meine Eltern
Berlin
Wahlstedt
Mein Schulfreund
The Early-Birds
Meine Ausbildung
Lehre in Kiel
Der Führerschein
Glück muss man haben
Die Bundeswehr
Meine erste Frau Ulrike
Meine Söhne
Bessie
Meine Arbeit
Das Messeteam
Unser Pajero
Mein italienischer Freund Domenico
Erfahrungen
Seitensprünge
Trennung
Meine Söhne nach der Trennung
Frankreichurlaub
Der erste Urlaub mit Karin
Im Himmelbett
Urlaub auf Lanzarote
Mein fünfzigster Geburtstag
Meine Schwester Ilona
Von meiner Schwester
Unsere Hochzeit
Meine Projekte
Verabschiedung von Daimler 2015
Mein CONSYST Büro
Lieblingsessen
Meine Hobbies
Segelflug
Squash
Vincent auf der Walz
Zwei Schwiegertöchter
Meine Enkel
Tomke
Mein Opa Karl
Jonte
Ben
Marco
Laura
Philipp
Vincent
Mein Freund Werner
Unsere Freundin Viola
Arbeitskollege und Freund
Meer Verbundenheit - Segeln
Norwegen
Segelfreundin Swantje
Atlantik
Briefe aus Casablanca
Meine Schulkammeraden
Fotogalerie
Meine Autos
Leistungsgrenzen
Unsere Parkanlagen
Unser Buddha
Fünf Generationen
Die Stiftung
Regenbogen
Februar 2021
Wenn aus der Freundschaft Liebe wird, zwei Menschen sich vereinen, zusammen gehen wir Hand in Hand, die Sonne wird oft scheinen. Wenn Regen aus den Wolken fällt, der Weg wird uns nicht trennen, denn Liebesglück ist wunderbar und wird auf Dauer brennen. Ein jeder fühlt des anderen Schmerz, gibt Liebe, Hoffnung, Zuversicht, halbiert sich doch des anderen Leid, aus Dunkelheit wird helles Licht. Wenn einer geht zum letzten Tag, die Liebe bleibt bestehen, der Abschied für uns beide zählt, zusammen wollen wir gehen. Allein zu sein auf dieser Welt, wollt keiner sich vorstellen, Auch wenn wir gehen, es tut uns leid, wir sind keine Rebellen. Wir treten ein, selbst zu bestimmen und hoffen für uns alle, dass Recht obsiegt für Menschenglück und das in jedem Falle. Ein selbstbestimmtes Leben ist, für uns ein hohes Gut, es durchzusetzen ist oft schwer, erfordert Kraft und Mut. Die Selbstbestimmung ist gewählt, am Ende zu entscheiden, sieht man den Schmutz auf dieser Welt will keiner mehr hierbleiben, Menschen verschmutzen wissentlich die Welt, Meer und Getier, und das bewusst ganz ohne Sinn aus Macht und lauter Gier. Hat man gelebt und nichts versäumt der Abschied fällt nicht schwer, ein wenig doch, vermissen euch, wir lieben euch zu sehr. Der Regenbogen gibt uns Raum den ewigen Tanz zu führen, zwei Regentropfen, die ihr seht, ihr könnt sie gern berühren. Wir ziehen dahin zur ewigen Ruh und wollen euch was schenken, dies Buch ich schrieb und etwas mehr zu unserem Gedenken.
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Recht auf Selbstbestimmung
Verstoß gegen Grundgesetz
Bundesverfassungsgericht kippt Verbot von Sterbehilfe | 26.02.20 | 12:44 Uhr
Das Bundesverfassungsgericht hat das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe für verfassungswidrig erklärt. Es verstoße gegen das Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Ärzte dürfen also künftig todbringende Medikamente verschreiben und so Hilfe zum Suizid leisten.
Das 2015 eingeführte Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe verstößt gegen das Grundgesetz.
Das hat das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch entschieden. Es gebe ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben, sagte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, bei der Urteilsverkündung in Karlsruhe. Das schließe die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und dabei Angebote von Dritten in Anspruch zu nehmen.
Die Entscheidung eines Einzelnen zum freiwilligen Suizid müsse von Staat und Gesellschaft "als Akt autonomer Selbstbestimmung" respektiert werden, hieß es weiter.
Der neue Strafrechtsparagraf 217 mache das allerdings weitgehend unmöglich, weshalb die Richter ihn für nichtig erklärten. Ausdrücklich sprechen die Richter dem Bundestag als dem Gesetzgeber zwar das Recht zu, die Suizidhilfe zu regulieren. Dabei müsse aber Raum zur Umsetzung einer Selbsttötung verbleiben.
Protokoll 260-Tage
02.02.2021 Dienstag 03:43 (260)
Heute habe ich den Entschluss gefasst, ein Buch über unsere letzten Tage zu schreiben. Ein Buch, dass sehr persönlich ist, aber auch anderen Menschen eine Tür öffnen kann zu einem würdevollen, glücklichen und selbstbestimmten Lebensende. Mit diesem Buch möchte ich die Geschichte unserer Vergangenheit wiedergeben, ein Protokoll unserer letzten Tage führen und das Thema ‚Selbstbestimmung‘ aus unserer Sicht behandeln. Selbstbestimmung heißt doch, dass jeder selbst bestimmen kann und nicht, dass andere bestimmen, ob man selbst bestimmen darf.
Unser Leben, unser Abschied
Ein schöneres Lebensende als das Unsere, können wir uns nicht vorstellen. In Liebe zusammen selbstbestimmt gehen zu können, bleibt den meisten Menschen verwehrt. Unser Eheversprechen alles gemeinsam zu durchstehen, galt über den Tod hinaus. Zusammen sind wir stark und gehen diesen Schritt.
Entscheidungskraft gehört dazu und vielleicht eine Sichtweise, die in den meisten Fällen verdrängt wird. Ein Tag des Gehens bleibt keinem erspart, da ist es nur eine Frage der rechtzeitigen Beachtung dieses Themas, einer klaren Entscheidung und die Wahl des richtigen Zeitpunkts.
In ewiger Liebe an dem schönsten Tag, unserem Hochzeitstag, gemeinsam und friedlich umarmt einzuschlafen, ist immer unser Wunsch gewesen. Dieser Wunsch ist nun Realität geworden. Wir wollten nicht vom Zufall überrascht werden. Von uns beiden wollte keiner allein sein oder bleiben.
Hätte der Zufall einen von uns gehen lassen, so wäre dem anderen gegebenenfalls das Recht auf ein Ende wegen zu starker Trauer verwehrt worden. Das wollten wir nicht riskieren. Unser Tun war und ist also gut durchdacht und unser freier, gemeinsamer Wille.
Der richtige Zeitpunkt
Für mich war schon seit Jahren der Wunsch gereift, mein Lebensende selbst zu bestimmen. Es ist der Wunsch, zu einem Zeitpunkt zu gehen, an dem der Geist noch fit ist und die körperlichen Einschränkungen es noch erlauben, sich eigenständig und voll zu bewegen. Ich wollte nie in ein Pflegeheim, für mich der Wartesaal auf den Tod, nie mit Medikamenten das Ende hinauszögern, nie auf die körperliche Pflege durch andere angewiesen sein und nie meinen Liebsten einen Zustand des Bedauerns präsentieren.
Aber wann ist der richtige Zeitpunkt? Mit der richtigen Einstellung ist es mir nicht schwergefallen, den Zeitpunkt festzulegen. Meine Entscheidung war leicht. 75 Jahre ist ein stolzes Alter und körperlich in der Regel auch gut zu erreichen. Wenn ein Lebensalter erreicht ist, zu dem gesagt werden kann, es war ein wunderbares, erfülltes Leben, ich habe nichts vermisst, dann halte ich diesen Zeitpunkt für den Richtigen. Diesen Termin habe ich bei Gesprächen mit meiner Frau mehrfach genannt, ohne es genauer zu diskutieren. Heute sagt mir mein Körper etwas anderes. Oft habe ich das Gefühl, es nicht mehr bis zum 75. Lebensjahr zu schaffen; und so habe ich den Zeitpunkt für mich vorverlegt, bewusst und mit Zufriedenheit. Mit meiner Frau habe ich darüber vor dem Start des Buchs nicht gesprochen. Sie ist voller Lebensfreude, hilft mir meine Wehwehchen besser zu ertragen. Es fällt mir nicht leicht, meinen vorgezogenen Termin, dieses Thema nun ausführlich mit ihr zu besprechen. Ich verschiebe es Tag für Tag.
Der Autor Karl an seinem Arbeitsplatz Anfang Februar 2021.
Das Lebensende
In unserer Gesellschaft sind das Lebensende und der Tod Tabuthemen. Sie sind mit Trauer und Leid verbunden. Leid deswegen, weil in vielen Fällen der Verlust der Lebensqualität, eine Krankheit oder gar ein Unfall das Leben einschränkt oder beendet. Oft bleibt der Partner in tiefer Trauer zurück. In jungen Jahren ist die Entscheidung für ein Weiterleben unbedingt richtig, denn das Leben bietet viele neue Alternativen und ersetzt die Trauer durch Dankbarkeit und Erinnerung an die gemeinsame Zeit. Die Partnerschaft ist ein Lebensabschnitt dem ein weiterer folgt. Für uns ist jedoch ein Lebensabschnitt erreicht, ab dem nur noch Gemeinsamkeit zählt. Als Menschen haben wir durch die Medizin die Möglichkeit, Schmerzen zu lindern und Krankheiten weitgehend zu heilen. Das Altern mit seinen vielfältigen Nebenerscheinungen können wir aber nicht verhindern. Es gibt dann zwei Wege.
Erstens, wir ertragen alles, was uns das Restleben auferlegt oder nehmen ärztliche Unterstützung in Anspruch, solange es geht. Der Genuss des Restlebens ist dann davon abhängig, wie die Medikamente wirken. Irgendwann kippt die Waage und wir warten nur noch auf die Erlösung. Zweitens, wir beugen vor und ermöglichen uns eine Entscheidung über unser Lebensende dann zu fällen, wenn die Lebensfreude von den negativen Seiten überflügelt wird. Dies bedeutet allerdings eine rechtzeitige Auseinandersetzung mit diesem Thema. Zu zweitens bedarf es einer Planung mit einem würdigen Abschied, denn das Ende ist, soll es nicht als Kurzschlusshandlung gewertet werden, nicht von heute auf morgen möglich. Ein würdiger Abschied beinhaltet die Regelung vieler Punkte, die Information von Verwandten und guten Freunden. Insbesondere, wenn noch eine Partnerschaft besteht, wäre es sehr unfair, die Entscheidung zu verheimlichen. Außerdem soll es keine Flucht aus dem Leben und auch keine Verzweiflungs-Tat sein. Ich gebe zu, das sind große Forderungen, doch bin ich mir sicher, dass dieser Weg der einzig akzeptable und respektierte ist. Vielmals ist oft aber ein Stadium erreicht, an dem wir unbedacht auf das Ende zusteuern. Bleibt dann einer der Partner zurück, ist das Leben oft inhaltlos, von Trauer und Einsamkeit geprägt. Solange die Lebensfreude größer ist als die Lebens Beeinträchtigung ist ein Weiterleben für die meisten von uns der richtige Weg. Worin jeder den Sinn des Lebens sieht, ist eine ganz individuelle, persönliche Einstellung. Keiner sollte dem anderen in diesem Fall versuchen, die eigene Einstellung überzustülpen. Natürlich sind Diskussionen jederzeit wünschenswert. Zum Schluss muss jedoch jeder eine eigene Abwägung und Entscheidung treffen. Meine Einstellung zum Leben ist, dass so lange wie das Leben ohne Krankheiten und wesentliche Beeinträchtigungen geführt werden kann, es lebenswert ist.
Medizinische Hilfe halte ich für viele Gebrechen und Krankheiten insbesondere in jüngeren Jahren für unverzichtbar. Ich habe ein Alter erreicht, an dem ich Entscheidungen zu treffen hatte, ob die Beeinträchtigungen schlimmer werden oder gegebenenfalls medizinisch behandelt, besser werden. Mit Trigeminus Schmerzen habe ich seit über 15 Jahren zu tun. Zunächst traten diese Schmerzen nur sporadisch einen Monat im Jahr auf und waren zu ertragen. Mittlerweile seit circa anderthalb Jahren sind diese Schmerzen nur noch durch Medikamente zu vermeiden. Ohne Medikamente sind sie unerträglich geworden. Vergleichbar sind die Schmerzen mit starken Zahnschmerzen, bei denen auch der Nerv gereizt wird. Die Schmerzen treten im Ruhezustand und ganz besonders beim Kauen, beim Sprechen und auch beim Küssen auf. Und wer will schon auf diese 3 Dinge verzichten. Nun ist es aber so, dass ein Zahnarztbesuch meistens nur eine Stunde dauert. Man stelle sich vor, der Zahnarztbesuch hält Tage, Wochen, Monate jeweils mit 5 Behandlungen pro Tag an. Wie lange ist das auszuhalten? Parallel zu den Trigeminus-Beschwerden habe ich ein Zittern in der rechten Hand und mittlerweile auch im rechten Bein, was auf eine Parkinson Erkrankung hindeutet. Durch Medikamente ist das Zittern zwar zu mildern, aber nicht ganz zu eliminieren. Außerdem schreitet der Abbau der Hirnzellen-Verbindungen voran. Eine Verbesserung wird es also nicht geben. Zu komplexen medizinischen Behandlungen bin ich nicht bereit. Trotzdem lebe ich noch gerne mit meiner Frau.
Noch 8 Monate
Ab heute sind es noch 260 Tage bis zu dem festgelegten Tag X. Für mich eine lange Zeit, wenn ich Schmerzen habe; eine viel zu kurze, wenn ich an meine Frau denke. Mit ihr ist es nie langweilig egal ob gerade die Sonne scheint oder ein paar Wolken am Himmel stehen. Sie ist mein Sonnenschein meine Göttin und wir haben viel Freude und Spaß zusammen.
Meine geliebte Ehefrau Karin
Ich liebe meine Frau über alles. Ein Leben ohne sie wäre für mich inhaltlos. Wenn ich zurückblicke, so fängt unsere Geschichte 1983 an.
Ich war ein erfolgreicher Abteilungsleiter bei einem mittelständischen Zulieferer der Automobilbranche in Lüdenscheid, Nordrhein-Westfalen. Meine Abteilung, die Technische Datenverarbeitung und Automatisierungstechnik, war auf über 50 Mitarbeiter angewachsen. Wir hatten zwei neue Produkte (GCL und PLAST) entwickelt, die es in dieser Form auf dem Markt nicht gab. GCL war ein Grafikprogramm für die Werkzeugkonstruktion. PLAST war ein Programm für ein Fertigungsleitrechner-System in der Kunststoff-Fertigung. Um die Entwicklungen zu vermarkten, wurde die Firma SOMA (Sondermaschinen) mit ihren Mitarbeitern übernommen und ein Teil meiner Entwicklungs-Mannschaft dahin integriert. Als Betriebsleiter und später als Geschäftsführer war ich insgesamt für das Unternehmen SOMA verantwortlich. Meine jetzige Frau Karin gehörte zu den übernommenen Mittarbeitern beziehungsweise Mitarbeiterinnen. Sie war eine ausgesprochen zuverlässige Sekretärin und stand mir in allen geschäftlichen Aufgaben zur Verfügung. Ich konnte mich Hundert Prozent auf sie verlassen. Das Verhältnis zwischen uns wahr durch tiefe, vertraute Zusammenarbeit gekennzeichnet. Drei Jahre arbeiteten wir in der Firma SOMA in dieser Konstellation zusammen.
Als ich mich 1986 wegen einer Produktbereinigung, mit Zustimmung der SOMA Gesellschafter, mit dem Fertigungsleitrechner- Programm selbständig machte, wechselte sie ebenfalls in meine Firma als Sekretärin. Sie gab also eine sehr sichere Anstellung für mein junges Entwicklungs-Unternehmen auf. Parallel gründete ich mit einem guten Freund, der aus der Versicherungsbranche kam, eine gleichnamige Vertriebsgesellschaft. Die ersten drei Jahre wuchs das Unternehmen auf 12 Mitarbeiter an. Wir hatten gute, aber auch anspruchsvolle Aufträge. Die von mir entwickelten Software-Programme waren ein Novum auf den Gebieten der Software. Das Fertigungsleitrechner-Programm war zukunftsweisend und erforderte den Ausbau der Entwicklungs-Mannschaft. Für ein größeres Projekt verpflichtete ich aus Kapazitätsgründen einen 10 Jahre älteren, aus früheren Zeiten mir bekannten Projektleiter. Zunächst lief das Projekt reibungslos. Dann aber nach 10 Monaten stellte sich heraus, dass dieser Projektleiter das Vertrauen missbraucht hatte. Den Kunden und 2 meiner wichtigsten Mitarbeiter hatte er auf seine Seite gezogen, um das Geschäft allein abzuwickeln. Das Unternehmen geriet in Schwierigkeiten. Da die Projekte nicht beendet werden konnten, war die Folge, ein finanzieller Zusammenbruch, in deren Folge auch meine erste Ehe scheiterte. Mit den geschäftlichen Schwierigkeiten 1989, entstand durch Karins Loyalität und Hilfe für meine Situation ein freundschaftliches, privates Verhältnis zu ihr. Sie war die Einzige, die mich in meiner Krisen-situation unterstützt hat. Selbst als ich nach meiner beruflichen und privaten Krisensituation 5 Jahre lang eine Lebensgefährtin hatte, mit der ich zusammenlebte, war unsere Freundschaft ungebrochen. Oft sahen wir uns und behandelten Projekte und Aufgaben aus meiner selbstständigen Tätigkeit. Als meine Lebensgefährtin schwanger wurde waren wir uns einig, dass wir das Kind bekommen wollten. Dann aber hat sie, ohne Rücksprache mit mir, die Schwangerschaft abgebrochen. Wir gerieten in eine schwere Krise. Beruflich endete zu diesem Zeitpunkt auch mein Projekt in Dortmund. Als Folgeprojekt erhielt ich ein interessantes Projekt-Angebot in Nürnberg. Ich konnte dieses Projekt nicht absagen und mietete in Nürnberg eine kleine Wohnung. Zunächst hielt die Beziehung trotz Krise noch einige Monate, brach aber wegen der Entfernung dann auseinander. Karin war inzwischen überzeugte Single, hatte einen Freund, der Pilot war, führte aber für meine Firma weiterhin nebenbei die Buchhaltung und stand mir als Gesprächspartnerin immer zur Seite. Der Text der Karte trifft meine Empfindungen zu unserer Freundschaft.
Zum Jahresende 1994 habe ich an Karin folgenden Brief geschrieben
Diese Karte spricht mir aus der Seele (Text zusammen kopiert).
An meine Freundin Karin Flor und jetzige Ehefrau
Aus Freundschaft wird Liebe
Die Freundschaft zu Karin hätte ich schon damals für keine Beziehung aufgegeben. Wenn ich am Boden lag, verstand sie es mich wiederaufzubauen. Wusste ich kaum Auswege und war verzweifelt, schaffte sie in unseren Gesprächen wieder Erleichterung. Mit der Auflösung meiner Entwicklungsfirma nahm sie eine Anstellung in einem anderen Unternehmen an; machte aber weiterhin die Buchhaltung für mein Vertriebsunternehmen. Auch als ich wieder beruflich Boden unter den Füßen hatte, war sie ein fester Anker in meinem Leben.
Oft wurde ich von meiner damaligen Lebensgefährtin vor die Wahl gestellt, mich zwischen ihr und Karin zu entscheiden. Ich kann es heute nachvollziehen, dass es für einen Partner schwer ist, andersgeschlechtliche Freundschaften zu akzeptieren. Innerlich habe ich aber bereits damals geahnt, dass die Entscheidung zugunsten von Karin fallen würde. So war dies auch mit ein Grund dafür, dass meine damalige Beziehung endete. In Nürnberg schweifte ich beziehungsmäßig einige Zeit herum. Karin und ich sahen uns zunächst alle 3 Wochen. Mein Büro blieb jedoch in Bochum erhalten und von einem Treuhandgeschäftsführer geleitet. Karin war weiterhin für die Buchhaltung zuständig und so trafen wir uns zunächst ein bis zweimal im Monat. Mit dem Ende einer flüchtigen Beziehung in Nürnberg wurden unsere Treffen häufiger und ich bemerkte bei mir neben freundschaftlichen Gedanken die ersten Liebesgefühle. Ich betrachtete sie plötzlich aus einem anderen Blickwinkel, nicht mehr als Freundin, sondern als Frau.
Der Wunsch nach körperlicher Nähe wuchs, wurde erwidert und führte zu schlaflosen Nächten. Nach einem guten, aber schnellen Frühstück mussten wir uns dann für den Rest der Woche verabschieden. Mit jedem Abschied viel uns die Trennung schwerer. Das war der Start zu unserer großen Liebe. Nach kurzer Zeit trafen wir uns fast jedes Wochenende. Zweimal fuhr ich von Nürnberg zu ihr nach Lüdenscheid, einmal kam sie zu mir nach Nürnberg. Mehr und mehr spürten wir Liebe in uns, die sich anfühlte als wären wir schon Jahre verbunden. Die Wochenenden haben wir so lange wie möglich ausgedehnt.
Manchmal fuhr ich erst sonntags nach 23 Uhr von Lüdenscheid wieder nach Nürnberg. Die Straßen waren frei. Mein Auto, ein Audi 200 Quadro, musste Höchstleistungen bringen. Die Tachonadel stand oft, obwohl es Nacht war, weit über 200 Stundenkilometer. Die Strecke (400 km) habe ich zu verkehrsarmen Zeiten in zweieinhalb Stunden bewältigt. Damals habe ich mir gesagt, dass ich bei so hoher Geschwindigkeit sehr aufmerksam sein muss und nicht einschlafen darf. Auch wenn ich heute bei freier Autobahn manchmal kurzzeitig eine Höchstgeschwindigkeit von 240 km/h erreiche, kommen mir die damaligen Fahrten höchst risikoreich vor. Damals habe ich über die Risiken nicht viel nachgedacht.
Es stand die Liebe im Vordergrund. Meine Gefühle konnte ich über eine Karte, die ich in einem Bücherladen gefunden habe, am besten beschreiben.
Meine Liebe hätte ich nicht besser ausdrücken können.
Stuttgart
Beruflich wechselte ich Ende 1999 von Nürnberg nach Stuttgart zu einem mehrjährigen Projekt, bei dem es um den Software-Test für den Endkunden, der Deutschen Bahn AG ging. Ich mietete in Stuttgart ein kleines Apartment. Die Entfernung nach Lüdenscheid hatte sich kaum verändert. Weiterhin besuchten wir uns an den Wochenenden regelmäßig. Unsere gegenseitigen Besuche wurden aber intensiver und oft von Donnerstag oder bis Montag früh ausgeweitet. Wir genossen jede gemeinsame Minute. In der Woche telefonierten wir fast täglich. Wenn sie am Wochenende kam, kochte ich zum Empfang Spaghetti mit meiner speziellen Soße, wir tranken Rotwein und hatten Wochenenden wie sie schöner nicht sein konnten. Täglich telefonierten wir und bemerkten, dass das Wetter in Lüdenscheid regnerischer und schlechter wahr als das Wetter In Stuttgart. Ein wenig wollte ich sie davon überzeugen nach Stuttgart zu ziehen und habe dabei auch mit dem Wetter geschwindelt. Bald hatte ich das Gefühl, dass es schön wäre, wenn wir auch in der Woche zusammen wären, und sie sah es genauso. Der Wunsch zusammenzuleben wurde stärker und 2001 war es dann so weit. Als der Vermieter mir eine Neubau Maisonette-Wohnung anbot, kündigtes sie kurzentschlossen. Gemeinsam richteten wir mit viel Engagement unsere neue Wohnung ein. Finanziell hatten wir keine Sorgen und so gestaltenten wir die Wohnung mit Erlaubnis des Vermieters nach unseren Vorstellungen. Mit über 160 qm, offenem Kamin sowie zwei Terrassen, hatten wir unseren Traum einer gemütlichen gemeinsamen Wohnung realisiert. Wir waren nun glücklich, unsere Zweisamkeit täglich genießen zu können. Karin hatte eine gute Anstellung als Personalsachbearbeiterin bei einer großen Bildungsinstitution in Stuttgart und ich ein super Projekt bei der Firma Alcatel. Im Laufe der nächsten Jahre kamen zwischen Karin und mir mehr und mehr unsere Unterschiede zum Vorschein. Nun sollte sich zeigen, ob das Zusammenleben auf Dauer Bestand haben würde. Wann würden die ersten ernsthaften Differenzen auftauchen? Wie würden wir darüber sprechen? Welche Kompromisse würden wir finden? Diese Fragen haben wir uns damals allerdings nicht gestellt.
Wie sag ich’s? Wie frag ich’s?
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An meine über alles geliebte Frau
Heute steht wieder ein Tag auf dem Bauernhof bevor. Ich denke er wird mir guttun.
Die Nacht war kurz und ich konnte nicht weiterschlafen.
Meine Gedanken kreisen um mein Thema des würdevollen und selbstbestimmten Sterbens.
Es sind die Gedanken eines frohen und zufriedenen Menschen.
Ab heute möchte ich meine Gedanken und mein Tun darauf ausrichten, das was ich aufgeschrieben habe, umzusetzen.
Es ist schon schwierig, die Maus richtig zu bedienen und somit muss ich mich mit der sprachlichen Texteingabe zufriedengeben, deren Rechtschreibprüfung und Umsetzung meiner Worte nicht immer richtig funktioniert.
Ich möchte auch keine Korrektur vornehmen, da meine Gedanken so aufgeschrieben werden sollen, wie sie durch meinen Kopf gehen.
Mein Lebensende möchte ich nicht dem Zufall überlassen.
Was für mich wichtig ist, habe ich definiert und möchte es an dieser Stelle nochmals kurz wiederholen.
Selbstbestimmtes und eigenverantwortliches sterben bedeuten für mich:
• schmerzfrei sterben
• bewusst und selbstbestimmt sterben
• zuhause sterben
• Ich möchte dich nicht leiden sehen
• Nicht erleben und sehen, wenn du sehr krank wirst
• Ich möchte nicht gepflegt werden müssen
• Ich möchte vorab alles geregelt wissen
• den Nachlass gut geregelt wissen (Stiftung)
• Ich möchte noch körperlich und geistig fit sein
• Ich möchte nicht allein bleiben
• wenn möglich, bis zum letzten Tag mit dir lachen
• in Harmonie und Freude sterben
• von meinen wirklichen Freunden/Verwandten verabschieden
Diese Punkte habe ich aus meinem Gefühl aufgeschrieben und nur einmal korrigiert.
Noch ist der Zeitpunkt richtig, um alle diese Punkte umzusetzen.
Immer noch mehr zu verlangen ist für mich sowieso nicht die richtige Devise.
Vielleicht war ich nicht immer der Mensch, der ohne andere zu eigenen Entscheidungen gekommen ist.
Diese Entscheidung Ist mir nun jedoch, nach reiflicher Überlegung, nicht schwergefallen.
Ich bin nicht zimperlich mit mir und ich hasse es, immer über die kleinen oder großen Wehwehchen, die ja mittlerweile vielfältig sind, zu sprechen.
Unsere Liebe beziehungsweise meine Liebe zu dir ist ungebrochen riesengroß und das Größte was in meinem Leben passiert ist. Ohne dich wäre mein Leben inhaltlos.
Es ist daher für mich das Schwierigste, dir ebenfalls eine Entscheidung abzuverlangen. Nämlich die Entscheidung, wie du dich zu diesem Thema stellst.
Auch wenn es für mich das größte Glück ist, mit dir gemeinsam zu gehen, habe ich das größte Verständnis dafür, wenn du dich weiterhin für das Leben entscheidest.
Wenn du dich für das Leben entscheidest, solltest du es mir mitteilen. In diesem Fall sollst du so gut gestellt sein und mein gesamtes Vermögen übernehmen, so dass du ein gutes Leben auch ohne mich hättest.
Für den Fall, dass du dich zu einem gemeinsamen gehen entscheidest hätte ich allerdings folgende bitte.
• Du darfst traurig sein
• Du darfst mir deine Ängste mitteilen
• Du darfst alle deine Wünsche äußern
• Wenn wir allerdings über dieses Thema sprechen wünsche ich mir eine offene und freudige Unterhaltung.
• Nicht der Tod, sondern unsere Gemeinsamkeit und das Sein danach sollte uns bewegen und im Vordergrund stehen
• Es sollte uns beide glücklich machen über Themen, die dem Partner wichtig sind, fröhlich und offen zu sprechen.
• Du darfst auch deine Entscheidung revidieren und mir mitteilen.
Gründe dafür musst du nicht benennen
Nur wenn diese Punkte erfüllt werden kann ich Die Zeit bis zu unserem gemeinsamen Ende noch uneingeschränkt mit dir genießen.
Das Gefühl, dass ich dich zu etwas gedrängt habe was du eigentlich nicht willst wäre für mich nicht tragbar und würde mich in eine nicht gewollte Stimmung versetzen.
Deine Zweifel sollten nicht in Vorwürfen oder Frust mir gegenüber enden. Ich will gerne versuchen mit dir darüber zu sprechen, wenn dieses Gefühl bei mir entsteht und wodurch es entstanden ist.
Gehen wir gemeinsam würde ich mir wünschen, dass unsere gemeinsame Zeit auf Erden Mit Freude Zuneigung Liebe und Verständnis fortgeführt wird.
Gehe ich allein würde ich mir wünschen, dass du mir bei meinen Vorbereitungen hilfst ohne Vorwürfe ohne Leid und Trauer.
Wünschen würde ich mir ein gemeinsames und ein verständliches Gehen und dass wir das weitere tun wie ein gemeinsames Projekt ansehen und auch Freude voll daran arbeiten und abschließen.
Einen Punkt noch: in den letzten Wochen habe ich des Öfteren Das Gefühl, dass ich nicht mehr bis zu unserem Hochzeitstag durchhalte.
Was also ist zu tun?
Zu dieser Frage und auch zu unserem eventuell gemeinsamen Projekt wünsche ich mir eine frohe Diskussion mit dir. Ich hoffe sehr, dass das möglich ist Helfe dir aber auch dabei es möglich zu machen.
In ewiger Liebe
Dein Ehemann / Marito / Karlchen und manchmal Karl-Heinz
(IlvubD)
07.02.2021Sonntag 03:38 (255)
Die Gedanken und die Ideen an mein Buch lassen mich nicht schlafen. Wichtiges aus meinem Leben möchte ich meinen Nachkommen mitteilen.
Nicht wundern über die Uhrzeit. Seit der Pillen Einnahme bin ich Frühaufsteher geworden. Unabhängig von den Wochentagen stehe ich so zwischen 3 und 5 Uhr auf, weil mein Kopf so voller Gedanken ist. Bisher habe ich mich der Fertigstellung meines Programms gewidmet. Nun, seitdem ich das Buch schreibe, ist dieses Projekt hinzugekommen und ich verteile meine Arbeitszeit auf beide Projekte.
Selbstverständlich schreibe ich dieses Buch über mein Programm CST-Office ®. Das CST-Office liegt in der Endphase der Tests und ich habe noch in der Anwendung einige Fehler zu bearbeiten. Ob ich es jedoch noch fertigstelle, steht in den Sternen. Wer aber hat gesagt: „, Wenn ich wüsste, dass ich morgen sterbe, würde ich heute noch einen Baum pflanzen".
Also bleibe ich dran. Die Funktion ‚Vorlesen‘ möchte ich in Programmteil ‚Seitenwahl‘ einfügen. Und prompt ist es auch wieder so weit. Nachdem ich die Buch-Seite aufgeschlagen habe, stoße ich auf einen Ablauffehler im Programm, eine Kleinigkeit mit großer Auswirkung. Diesen Programmfehler muss ich erst einmal beheben. Nach einer dreiviertel Stunde ist der Fehler beseitigt. Nun kann ich aus dem Inhaltsverzeichnis und dem Dialog jede Seite anwählen. Zufrieden über die neue Funktion schreibe ich an dem letzten Absatz weiter. In dem Chronologie-Teil meines Lebens werde ich die Kapitel ‚Wer bin ich‘ und das Kapitel ‚aus meiner Kindheit‘, einfügen.
Es ist jetzt 07:15 Uhr und ich bemerke wieder ein stärkeres Ziehen im Kieferbereich. Auch die Hand zittert wieder stark, so dass ich mit der Maus Bedienung und der Tasten Eingabe erhebliche Probleme habe. Vieles muss ich doppelt machen oder die Fehleingaben wieder löschen. Zeit für die Pillen Einnahme, die ein wenig Abhilfe schaffen, jedoch die Schmerzen und das Zittern nicht vollständig verhindert. Mit einem Frühstück nach dem Duschen werde ich meine Projekte fortführen.
13:51 Uhr. Meine Frau kommt in mein Arbeitszimmer und wir nehmen uns in den Arm. Über unsere Projekte haben wir zwar gesprochen, aber noch weiß ich nicht genau wie sie zu dem gemeinsamen Abschied steht. Interessiert blickt sie auf meinen Bildschirm. Sie fragt mich, ob sie mein Buch lesen könne. Ich erwiderte: „prinzipiell ja, möchtest du auch einen Beitrag für das Buch schreiben“. Meine Frage bleibt unbeantwortet. Stattdessen sagt sie, dass sie Abschiedsbriefe schreiben werde. Heute will ich die alten Fotos durchsehen. Ich habe eine konventionelle Bilderkiste, Alben und in meinem Rechner ein elektronisches Fotoalbum. Ich werde gleich in den Keller gehen und mir die Fotos hohlen. Mal schauen was ich noch Schönes finde. Ich suche Bilder aus meiner Vergangenheit. Für die Verwandten und Freunde möchte ich einen Zusatz anhängen. Ich richte am Ende des Buches eine Bildergalerie ein. Die konventionellen Bilder scanne ich ein und finde in der ersten Bilderserie auf dem PC auch Fotos von meiner Kindheit in Berlin.
Der Berg ruft
08.02.2021Montag 15:30 (254)
Am Nachmittag fallen mir Bilder von meinen Bergtouren mit Wolfgang in die Hände. Wolfgang war ein guter Arbeitskollege als ich das Projekt bei der DATEV bearbeitete. Alle 2 Monate verabredeten wir uns zu einer anspruchsvollen Bergtour, allerdings ohne Seil und ohne Klettereinlagen. Als ich dann in Stuttgart wohnte, trafen wir uns den Abend zuvor in der Nähe der Tour, teilten uns das Zimmer und waren recht früh zum Aufstieg bereit. Voller Tatendrang und körperlich fit waren wir bis zu 10 Stunden unterwegs. Heute empfinde ich unsere Touren schon ein wenig riskant, denn bei einem falschen Tritt hätte es nicht gut ausgesehen. Damals haben wir uns darüber keine Gedanken gemacht. Für uns war es eine besondere Herausforderung, die Leistungsfähigkeit des Körpers zu ergründen und unvergessliche Augenblicke zu erleben. So manchen Gipfel haben wir erreicht und atemberaubende Aussichten genossen.
Die Verbindung zu Wolfgang endete mit der Geburt seines ersten Kindes. Die Pflicht, für das Kind da zu sein, ließen ihm keine Zeit mehr für Wochenendtouren in den Bergen. Ich verstand seine Gründe.
Selbst Dauerregen konnte uns nicht stoppen (September 1999)
Links bin ich | Wolfgang
Diese Tour bei Regen führte uns über einen Bergkamm zum Wilden Kaiser. Ich stand voll im Berufs- und Privatleben und dachte an nichts, was mein Leben beeinträchtigen könnte. Ich glaubte, dass ich alles im Griff hätte und dann ereignete sich etwas, was mich bis heute beschäftigt. Wir waren auf einem schmalen Pfad kurz vor dem Gipfel. Mein Freund war etwas voraus und ich konnte ihn nicht sehen. Beim Übersteigen eines ca. 50 cm großen Felsens rutschte ich aus und fiel auf den Rücken. Direkt neben mir ein 200 Meter tiefer Abgrund. Meine Hand verkrallte sich an einem Felsbrocken, so dass ich nicht weiter rutschte. Ich rappelte mich auf, lehnte mich an die rückwärts liegende Steinwand und blickte in den Abgrund. Schnell überwand ich mit sicherem Tritt den Felsen und tat so, als wäre nichts geschehen, denn es war mir peinlich, über meinen ‚Ausrutscher‘ zu sprechen. Bis heute weiß keiner über diesen Zwischenfall. Mir ist dieses Ereignis jedoch immer noch präsent. Was wäre, wenn ich weitergerutscht wäre?
16.02.2021Dienstag 04:41 (246)
Die ersten Kapitel des Buchs habe ich geschrieben. Es ist noch eine Sammlung von Ereignissen und Tagesprotokollen. Immer wenn ich nicht mehr schlafen kann, setze ich mich an meinen Arbeitsplatz und bringe meine Gedanken zu Papier, oder zutreffender in den PC. Meine Gedanken sind noch wirr. Gut, dass ich mit Tomke, einer meiner Enkel, um 07:30 Uhr per Skype verabredet bin. Gleich danach muss ich um 09:00 bei Frau K., meiner Psychotherapeutin sein.
13:12 Beide Termine haben mich beruhigt. Tomke sendete wie immer eine Zufriedenheit und Gute Laune aus, die mich immer wieder erstaunt. Unsere Telefonate machen mich zufrieden. Auch bei Frau K. lösen sich meine Anspannungen auf. Ich nehme meine Pillenration. Anschließend starten meine Frau und ich durch den Park zum Einkaufszentrum Killesberg. Beim leichten Anstieg ca. 200 Meter von unserem Haus entfernt wird mir wieder etwas übel und die Kraft ist weg. Meine Frau bemerkt das und wir gehen langsamer. Wie immer plagt mich Schwindel beim Laufen. Gut geht es mir nicht, dennoch absolvieren wir den Einkauf.
15:20 wir sind vom Einkaufen zurück. Klar wieder zu Fuß 6,5 km. Auf dem Weg gehen mir Gedanken durch den Kopf. Was ist mit der Selbstbestimmung in Deutschland? Können und wollen wir meine Frau und ich den Tag X üben? Lassen wir einfach alles auf uns zukommen? Ohne Plan wird es nicht funktionieren. Noch bin ich mir über die Rechte nicht im Klaren. Was wäre das Recht auf Selbstbestimmung, wenn andere entscheiden, ob uns das Recht zusteht. Die Prüfung auf Entscheidungsfähigkeit ist sinnvoll und auch notwendig, um Affekthandlungen zu verhindern. Allerdings wird jemand, der sich in einem entscheidungsunfähigen Zustand befindet, kaum dem Prozess der Antragstellung aussetzen. Ich bin gespannt, wie wir in unserem Fall weiterkommen. Wann ist der richtige Zeitpunkt, um mit meiner Frau dies zu besprechen? Wichtige Themen spricht sie selten aus eigenem Antrieb an.
19.02.2021Freitag 03:44 (243)
Ich schreibe an meinem Buch weiter. Nach einer Stunde bemerke ich eine gewisse Müdigkeit und schleiche nochmal ins Bett. Zwischen der zerwühlten Bettdecke bemerke ich eine warme Hand, die meine Hand sucht und findet. Glücklich und zufrieden entschwinden meine Gedanken im Dunkel der Nacht.
Um 06:00 Uhr mache ich wieder auf und gehe in mein Arbeitszimmer. Jetzt habe ich noch eine Stunde Zeit bis zu meinem täglichen Telefonat mit Tomke.
Ich beschäftige mich mit der Stiftung, die wir gründen wollen. Welche Projekte werden derzeit gefördert? Für uns käme eine Förderung für die Bildung und Ausbildung von Kindern infrage. Wer soll die Schirmherrschaft übernehmen? Derzeit ist die beste Entscheidung unser ältester Enkel Tomke. Mal sehen was er dazu sagt.
Am Nachmittag hole ich die Fotokiste aus dem Keller. Das Leben zieht vorbei und die meisten Kapitel zu meinem Leben habe ich noch zu schreiben.
„Essen“, ruft meine Frau aus der Küche und ich freue mich auf das leckere Risotto und den Fisch. Keiner macht das Risotto so gut wie meine Frau. Ich werde noch kurz zum Telefon gerufen.
Es ist Erik. Morgen am Samstag ist wieder Arbeit auf dem Bauernhof geplant. Er fragt, ob ich komme. Thomas und Erik habe ich letztes Jahr im November kennengelernt. Ich hatte gerade eine Auszeit von meiner Frau. Bei unserer Freundin Viola konnte ich mich entspannen und mein Tief bearbeiten. Ich fühlte mich unausgelastet. Meine ersten Gedanken waren, eine Zeit auf einer Alm zu arbeiten. Einer von uns kam auf die Idee, auf dem Hof, den wir bei der letzten Wanderung gesehen hatten, anzufragen, ob Hilfe benötigt würde. Da der Hof ohne Wohnhaus war, wollte ich den Kontakt über ein Schreiben herstellen.
Widererwarten war der Inhaber dieses Mal auf dem Hof. Wir kamen schnell ins Gespräch. Etwa nach einer Stunde sprach ich über mein Anliegen und übergab ihm mein Schreiben, das er sehr überrascht entgegennahm.
Als dann sein Sohn einige Tage später anrief, sagte ich ihm mein Kommen voller Freude zu.
Seitdem kann ich es kaum erwarten, mich samstags auf dem Hof nützlich zu machen. Jetzt, nach 3 Monaten sind wir bereits ein eingespieltes Team. Keine Arbeit war mir bisher zu viel mit der richtigen Arbeitskleidung. Kurz entschlossen erklärte ich damals meine festen Wanderschuhe, eine dicke Jeans, Weste, regendichte Jacke und einen älteren dicken Pullover zur Arbeitsbekleidung. Mit dieser Kleidung ließ und lässt es sich gut im Matsch und Kuhmist arbeiten. Arbeitshandschuhe habe ich mir auch zugelegt.
Ein Tagesablauf
Heute Morgen gibt es Weißwurst mit süßem Senf und einen kleinen Piccolo Prosecco. Es ist wie immer ein schönes Gefühl, mit meiner Frau das Frühstück zu genießen. Besonders wenn der Kaffee Duft durch die Nase streicht, die Weißwurst und die Brezel schmecken und wir dann mit dem Prosecco anstoßen. Ich freue mich ganz besonders darüber, dass die Stimmung bei meiner Frau wieder heller ist. Wir lachen zusammen und verabreden, nach dem Frühstück durch den Park zu laufen. Mittlerweile ist unser Spaziergang zu einer schönen Routine geworden. Mindestens 6 Kilometer kriegen wir jedes Mal zusammen. Sind wir wieder zu Hause, widmet Karin sich der Hausarbeit und ich wieder den Projekten.
Mehrmals unterbrechen wir unser Tun, nehmen den anderen in den Arm, tauschen einen Kuss aus und sagen uns liebevolle oder neckische Worte. Es ist kein Zwang, es ist einfach der Drang so mit dem anderen umzugehen. Das Abendessen wird meistens von Karin mit einem perfekt gedeckten Tisch und einer Hingabe vorbereitet, was mich jedes Mal in eine romantische Stimmung versetzt. Nur ab und zu decke ich den Tisch und versuche, es ihr gleich zu tun. Das Essen ist dann die Fortsetzung des Genusses. In der Regel werden nach dem Nachtisch die Waffen für einen gnadenlosen Spiele Kampf gewählt. Es stehen verschiedene Spiele zur Verfügung. Beim Spielen kennen wir keine Gnade mit dem anderen. Ich freue mich, wenn meine Frau zu mir sagt, dass ich fies spiele. denn ich weiß genau, wie sie es wirklich meint, nämlich ernst. Ihre Emotionen gehen Im Spiel von lautem schreien bis zu liebevollen Beleidigungen meiner Person. Da wir je nach Spiel um einen oder zwei Euro spielen, gerät sie völlig aus dem Häuschen, wenn es am Schluss ums Bezahlen geht. Die 20:00 Uhr Nachrichten verpassen wir selten. Danach falle ich häufig vor dem Fernseher in den Schlaf. Zwischen 22 und 23 Uhr gehen wir dann ins Bett.
03.03.2021Mittwoch 06:02 (231)
Im Telefonat mit Tomke um 07:30 haben wir darüber gesprochen, was es Neues zu berichten gibt. Ich bin sehr daran interessiert, wie er sich bezüglich der Kundenbetreuung in seiner Ausbildung entwickelt.
Meine Gedanken dazu sind folgende. Es wird der Tag kommen, an dem die Arbeit zur Routine geworden und der „Spaß“ an der Aufgabe erloschen ist. Dann ist Tomke gefragt, ob er imstande ist, neue Spannung und Interesse selbst zu erzeugen. Um dauerhaft Bestätigung, Anerkennung und Zufriedenheit im täglichen Tun zu erlangen, ist die Fähigkeit notwendig, durch Kreativität und Entwicklungsdrang immer wieder neue Herausforderungen zu suchen und zu finden. Sind diese Fähigkeiten gemindert, und kann man sie nicht ein wenig forcieren, so ist der Spaß vorbei und das tägliche Tun wird zu einer anstrengenden Belastung. Leider gibt es für diesen Zustand allzu viele Beispiele und ich hoffe, dass es Tomke gelingt, Spannung und Herausforderung für seinen Beruf zu kreieren.
Um 09:00 Uhr habe ich den Termin bei meiner Psychotherapeutin. Aufgrund meiner Parkinson Erkrankung bin ich seit geraumer Zeit mit meiner Psychotherapeutin alle 14 Tage verabredet. Zu Beginn haben wir über die körperlichen Einschränkungen und wie ich damit umgehe gesprochen. Mehr und mehr ist sie für mich ein Ansprechpartner für viele Lebens Situationen. Insbesondere schwierige Gespräche mit meiner Frau sind für mich durch die Hilfe der Psychotherapeutin einfacher geworden. Nach anfänglichem Zögern ist es mittlerweile in einen Zustand geraten, bei dem ich alle meine Gedanken und Handlungen mit ihr besprechen kann. Auf dem Weg nach Hause freue ich mich auf das zu erwartende Frühstück. Heute gibt es zum Frühstück wieder Weißwurst Laugenbrötchen und einen kleinen Prosecco. Ich bin voller Energie und Tatendrang.
Zuhause angekommen ist der Tisch schon gedeckt. Während die Brötchen aufgebacken werden und die Weißwurst heiß wird, berichte ich über die wichtigsten Gesprächspunkte mit Tomke und der Psychotherapeutin. Nach dem Frühstück diskutieren wir über die Verantwortung eines Kindergärtners für die Kinder und kommen dabei in ein Kommunikationsproblem, das keiner von uns auflösen kann. Die Spannung ist zu groß und wir beide sind sehr betroffen. Mit der Beendigung des Gesprächs gehe ich in mein Arbeitszimmer und Karin ins Schlafzimmer, um zu entspannen. Während eines anschließenden Gesprächs mit Viola, einer guten Freundin von uns, kommt ein Anruf mit unbekannter Nummer. Einvernehmlich unterbreche ich das Telefon mit Viola und nehme das neue Gespräch an.
Es ist eine Redakteurin vom Nachtcafe.
Vor ein paar Tagen hatte ich bei verschiedenen öffentlichen Stellen angefragt, ob sie an unserer Geschichte interessiert seien. Für mich wäre es wichtig, einen Beitrag zu leisten, um das Thema ‚Selbstbestimmtes Lebensende‘ aus der Tabuzone zu holen. Mit dem Buch und unsere Geschichte hätte ich die Möglichkeit, Interesse zu wecken.
Nachtcafè
Die Redakteurin spricht mich wegen einer Teilnahme am Nachtcafé an. Sie bereite gerade eine Sendung vor mit dem Thema ‚Große Liebe‘. Sie fragt, ob wir bereit seien, unsere Geschichte im Nachtcafè in die Sendung aufzunehmen. Ich bejahe und sage: „ob Karin daran teilnehme, könne ich noch nicht sagen“. Die weiteren Termine wären bereits festgelegt. Das Telefon Interview ist für den 11. März geplant. Die Aufzeichnung wäre dann am 25. März und die Ausstrahlung am Folgetag, den 26. März. In meiner ersten Kontaktaufnahme per E-Mail hatte ich über mein Buch gesprochen. Jetzt interessierte sich sogar das Fernsehen dafür. Zunächst war ich angespannt überrascht über die Resonanz. Hilfreich wäre es das Buch zur Vorbereitung der Sendung zuzusenden. Ich sage zu, ein Extrakt daraus in den nächsten 2 Tagen zu erstellen und zu übersenden. Mit dem Ende des Gesprächs steigt mein Blutdruck und ich überlege, ob ich diese Anfrage gleich mit Karin besprechen solle. Ich gehe ins Schlafzimmer wo Karin schon wach ist. Ich setze mich zu ihr ans Bett und fange vorsichtig an, dieses neue Ereignis zu berichten. Auf meine Frage, ob Karin auch zur Sendung mitkomme, antwortet sie „nein“. Unsere Liebe wäre eine persönliche Sache zwischen uns beiden. In meiner Euphorie plötzlich gebremst fühle ich mich schon ein wenig allein gelassen. Beim Berichten merke ich wie mein Zittern grösser wird, ja sogar so groß, dass ich fast am ganzen Körper zittre. Ein Resultat meiner Aufregung. Wir diskutieren darüber, ob es in der Sendung, wo ich mit Sicherheit auch aufgeregt sein werde und das Zittern stärker würde, störend für die anderen Teilnehmer sei. Scherzhaft bringe ich den Vorschlag ein, den rechten Arm in Gips zu legen. Karins hat Bedenken, sie möchte nicht von Leuten darauf angesprochen werden, sondern selbst entscheiden mit wem sie darüber spricht. Für mich ist es eine Abschätzung, ob wir es öffentlich machen wollen oder ob wir es für uns behalten. Ich hatte mich für die Öffentlichkeit entschieden und wäre auch bereit, über Punkte zu reden. Da wir unterschiedlicher Auffassung sind, beschließen wir, das Gespräch später fortzusetzen.
Zur Vorbereitung auf das Nachtcafé habe ich einen Rückruf bei meinem Arzt, Professor A. angemeldet. Ich frage ihn, ob es ein Mittel gibt, um meine rechte Hand ruhig zu stellen. Ich hätte demnächst einen Termin mit dem SWR, an dem meine Hand ruhig sein sollte. Ich bin erleichtert, denn er sagt, es gebe Tropfen, die eine halbe Stunde vorher eingenommen, das Zittern eindämmen ließen. Ich solle das vorher ausprobieren und mit 2 Tropfen anfangen. Ich bin erleichtert, denn so kann ich den Termin mit dem SWR im Nachtcafé beruhigt angehen.
Gestern Abend hat mir Karin noch ihre Antwort per E-Mail mitgeteilt. Sie hat lange mit ihrer Antwort gewartet. Auf den Inhalt bin ich sehr gespannt und lese sie heute Morgen.
Die Antwort
Da meine Frau ihre Gefühle und Schreiben nicht öffentlich machen möchte, kann ich den Inhalt nur mit meinen Worten wiedergeben. Ihre Antwort war etwa so lang wie meine E-Mail. Für einen Sterbewunsch hat sie auch die Kriterien, wie ich sie habe, genannt. Ihr Wunsch mit mir zu gehen, basiert auf den Gründen, dass sie keine Verwandten oder Nachkommen mehr hat. Für sie ist auch die Vorstellung einer häuslichen Pflege oder der Umzug in ein Pflegeheim nicht akzeptabel. Bis auf ihre Beine ist sie noch gesund, merkt aber auch die kommenden Alterserscheinungen. Wenn ich gehe, ist der Gedanke allein bleiben zu müssen unerträglich. Ich gebe ihr Halt und Mut zur Überwindung ihrer Ängste. Ihre Entscheidung ist klar, lange und gut überlegt. Ihr Brief endet mit den Worten des gemeinsamen Abschieds und ‚Karlchen ich liebe dich‘.