AD(H)S - So stärken Sie Ihr Kind - Uta Reimann-Höhn - E-Book

AD(H)S - So stärken Sie Ihr Kind E-Book

Uta Reimann-Höhn

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Beschreibung

"Zappelphilippe" gab es zu allen Zeiten. Von AD(H)S wird zwar erst seit einigen Jahren gesprochen, aber inzwischen ist bekannt, dass – mit oder ohne Hyperaktivität – über fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen daran leiden. Was können die Eltern tun, wenn Kinder vergesslich und verträumt sind, ständig stören und nach Aufmerksamkeit suchen, Spiele nie zu Ende spielen, sich im Straßenverkehr unachtsam verhalten, unkontrollierbare Wutausbrüche haben – oder wenn sogar Ängste und Depressionen auftreten? Die Autorin zeigt wirksame Verhaltensstrategien auf, mit denen die Eltern die auftauchenden Probleme in den Griff bekommen. Zudem bietet der Ratgeber gezielte Entspannungs-, Beruhigungs- und Konzentrationsübungen, die zusammen mit den Kindern durchgeführt werden können.

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Uta Reimann-Höhn

AD(H)S –

So stärken Sie Ihr Kind

Was Eltern wissen müssen

und wie sie helfen können

Völlig überarbeitete und aktualisierte Neuausgabe von TB 5095

Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2011

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2018

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlaggestaltung: Agentur IDee

Umschlagmotiv: © SergiyN/iStock

E-Book-Konvertierung: Carsten Klein

ISBN (E-Book) 978-3-451-81242-2

ISBN (Buch) 978-3-451-06792-1

Inhalt

Impressum

Das Buch

Vorwort

Einleitung

AD(H)S – was bedeutet das eigentlich genau?

Drei Hauptsymptome von AD(H)S

AD(H)S wirkt sich bei Jungen und Mädchen unterschiedlich aus

Für die Diagnose von AD(H)S sind Fachärzte zuständig

Vor der Diagnose AD(H)S steht die Differenzialdiagnostik

Kinder mit AD(H)S haben besondere Potenziale

So finden Eltern den passenden Facharzt

Ursachenforschung – wie entsteht AD(H)S?

Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten

Welche Therapien gibt es für Kinder mit AD(H)S?

Information und Verhaltenstherapie

Angebote der Jugendhilfe

Medikation

Kinder mit AD(H)S brauchen den Rückhalt in der Familie

Damit die Probleme Sie nicht erdrücken – machen Sie eine Bestandsaufnahme!

Ständiges Stören in den Griff bekommen

Kleine und große Unfälle im Haushalt

Ständig braucht das AD(H)S-Kind Aufmerksamkeit

Die furchtbaren Wutausbrüche

Das Chaos im Kinderzimmer

Das schlechte Kurzzeitgedächtnis

Das ewige Diskutieren und schlimme ­Beschimpfen

Schimpfworte und Wutanfälle

AD(H)S-Kinder haben eine erhöhte ­Unfallgefahr

Kinder mit AD(H)S haben wenig Ausdauer

Die ewigen Stimmungsschwankungen sind schwer auszuhalten

Immer wieder verweigern Kinder mit AD(H)S die Tabletteneinnahme

Die emotionale Unreife von AD(H)S-Kindern

Die neuen Medien machen süchtig

Nikotin, Alkohol und Drogen

AD(H)S und das Verhalten in der Öffentlichkeit

Die Empfindsamkeit von AD(H)S-Kindern gegenüber Kritik

Geschwisterprobleme und -konkurrenz

Die Probleme in der Öffentlichkeit

Die Schwierigkeiten mit den Klassenkameraden

AD(H)S bei Jugendlichen und jungen ­Erwachsenen

AD(H)S und Kriminalität

AD(H)S und die Schwierigkeiten mit den Leistungsanforderungen

Die Hausaufgabensituation entschärfen

Die Probleme mit der unleserlichen ­Handschrift

Das Chaos im Ranzen hört nie auf

Wirksame Hilfen für den Unterricht

19 Tipps für Lehrer

Lerntechniken für die vergesslichen AD(H)S-Kinder

AD(H)S und Teilleistungsschwächen wie Legasthenie oder Dyskalkulie

Das Kind wird gemobbt

Geschichten und Übungsmaterialien für das AD(H)S-Kind

Das kleine Traum-Bärchen Marie

Die Geschichte vom unglücklichen Jens

Mit Entspannungsgeschichten zur inneren Ruhe finden

Mit dem Üben des genauen Hinsehens die Aufmerksamkeit fördern

Aufmerksamkeitstraining durch genaues Hinhören

Das Kurzzeitgedächtnis spielerisch fördern – Lernstoff länger behalten

Aufmerksamkeit und Konzentration durch Spiele erhöhen

Selbstkontrolle erlernen

Wecker, Pläne und Belohnungen – ­Hilfsmittel für das AD(H)S-Kind

Auch Eltern brauchen Unterstützung

Ausgesuchte Informationsquellen für AD(H)S

Schlusswort

Literaturverzeichnis

Über die Autorin

Das Buch

AD(H)S ist eine Aufmerksamkeitsstörung, von der inzwischen allein in Deutschland über eine halbe Million Kinder und Jugendliche betroffen sind. Es ist die am häufigsten diagnostizierte Störung im Kindes- und Jugendalter. Die Problematik der unkonzentrierten Zappelphilippe oder der Träumer ist nicht mehr wegzudiskutieren und längst in der öffentlichen Wahrnehmung angekommen. Was können Eltern tun, wenn Kinder ständig stören, alles umstoßen oder immer nach Aufmerksamkeit suchen, Spiele nie zu Ende bringen, sich im Straßenverkehr selbstgefährdend verhalten, unkontrollierte Wutausbrüche haben?

In diesem Buch bekommen Eltern wirksame Verhaltensstrategien gezeigt, mit denen sie die auftauchenden Probleme in den Griff kriegen können. Ganz undogmatisch wird auch die Frage der Medikamentierung (Reizwort: Ritalin) erörtert. Darüber hinaus gibt die Autorin viele andere Empfehlungen und Angebote, wie zum Beispiel gezielte Entspannungs-, Beruhigungs- und Konzentrationsübungen, mit denen Eltern dem Kind eine tiefgreifende und dauerhafte Hilfe anbieten können. – Der Elternratgeber für AD(H)S.

Vorwort

Als ich die erste Fassung dieses Buches schrieb, war die Fachwelt noch unschlüssig, ob es die Störung AD(H)S überhaupt gibt. Mediziner, Pädagogen, Psychologen und andere Experten stritten darüber, ob impulsives, hyperaktives und unkonzentriertes Verhalten bei Kindern nicht völlig normal sei.

Inzwischen, fast 20 Jahre später, ist AD(H)S die am häufigsten diagnostizierte Störung im Kinder- und Jugendalter. Die Problematik der unkonzentrierten Zappelphilippe oder der Träumer ist nicht mehr wegzudiskutieren und längst in der öffentlichen Wahrnehmung angekommen. Inzwischen spricht man von über einer halben Million1 betroffener Kinder und Jugendlicher alleine in Deutschland.

Natürlich hat sich auch der öffentliche Umgang mit AD(H)S gewandelt. Standen die Eltern eines betroffenen Kindes vor noch einem Jahrzehnt massiv in der Kritik, die Störung verursacht zu haben, ist die Ursachenforschung heute wesentlich weiter. Glücklicherweise! Auch wenn noch immer nicht vollständig erforscht ist, was AD(H)S letztlich verursacht, so wird doch ausgeschlossen, dass es sich hierbei um einen reinen Erziehungsfehler handelt.

Sowohl bei der Diagnostik, die ständig verfeinert wird, als auch bei der Therapie sind die Fachleute in den letzten Jahren einen großen Schritt weiter gekommen. Neue Therapien und Medikamente wurden erforscht, Lehrkräfte und Erzieher im Umgang mit den betroffenen Kindern weitergebildet. Die Eltern erhalten heute mehr Unterstützung als früher, sowohl von fachlicher als auch von inoffizieller Seite. Es gibt eine wahre Flut von Informationen im Internet, Selbsthilfegruppen und eine vielfältige und objektive Berichterstattung in den Medien.

Die aktuelle Entwicklung ist Anlass genug, dieses Buch gründlich zu überarbeiten und auf den neusten Stand zu bringen. Der Kern des Ratgebers ist und bleibt der Umgang mit den oftmals anstrengenden Kindern und ihre Begleitung durch den Familienalltag, den Freundeskreis und die Schule.

Auch wenn der Alltag mit einem von AD(H)S betroffenen Kind nicht einfach ist und seine Eltern oft an den Rand der Erschöpfung bringt, so gibt es doch eine Menge Positives über die aufgeweckten und empathischen Jungen und Mädchen zu berichten. Neben den Herausforderungen, die Kinder mit AD(H)S sicherlich begleiten, gibt es auch intensive Glücksmomente und herausragende Leistungen, die ebenso mit der Verhaltensbesonderheit verknüpft sind.

Auf eine positive Sichtweise im Erziehungsalltag lege ich großen Wert, denn Kinder mit AD(H)S brauchen Vorbilder, liebevolle Unterstützung und eine Familie, die an sie glaubt. Mit der Rückendeckung unterstützender Eltern, Großeltern und Geschwister können die hyperaktiven, impulsiven und aufmerksamkeitsschwachen Jungen und Mädchen nicht nur ihr Potenzial abrufen, sondern ein erfülltes und zufriedenes Leben genießen und mitunter auch ganz außergewöhnliche Projekte verwirklichen. Genauso, wie jedes andere Kind auch.

Ich wünsche mir, dass Sie Ihr Kind in vollen Zügen genießen können.

Ihre

Uta Reimann-Höhn

1http://www.kiggs-studie.de/fileadmin/KiGGS-Dokumente/kiggs_tn_broschuere_web.pdf

Einleitung

Bei rund einer halben Million betroffener Kinder stehen die Chancen gut, dass jeder Mensch mindestens einen sogenannten AD(H)Sler kennt, beziehungsweise dass in der Schulklasse ein Kind mit AD(H)S sitzt. Von einer seltenen Erkrankung kann also auf keinen Fall gesprochen werden. Doch Vorsicht, allzu schnell werden anstrengende Kinder mit der Diagnose AD(H)S versehen, das zeigen aktuelle Untersuchungen immer wieder. Besonders oft trifft es sehr bewegungsfreudige, unruhige Jungen, denen das Still-Sitzen in der Schule und zuhause bei den Hausaufgaben schwer fällt. Sie können ihr Leistungspotenzial nicht abrufen und versagen trotz guter Intelligenz in der Schule.

Aber auch Mädchen und sehr stille Kinder sind von der Störung betroffen, die sich in 60 Prozent der Fälle nicht »auswächst«, sondern über die Jugend hinaus bis ins Erwachsenenalter besteht.

Darius, 9 Jahre, schlecht in der Schule

»Unser Sohn Darius (9 Jahre) ist sehr impulsiv, unaufmerksam und kann sich schlecht über einen längeren Zeitraum konzentrieren. Er ist ständig in Bewegung, kann einfach nicht still sitzen. Obwohl er kreativ, klug und fantasievoll ist, sind seine schulischen Leistungen eine Katastrophe und belasten unser Familienleben schwer. Wir haben schon eine Weile den Verdacht, dass er eine Aufmerksamkeitsschwäche wie AD(H)S hat. Auch die Lehrerin hat uns gegenüber schon so etwas geäußert.

Darius ist sehr empfindlich und reagiert stark auf Kritik und Abwertung, die er jedoch täglich in der Schule und im Freundeskreis erfahren muss. Die Ablehnung, die ihn trifft, kann er nicht verstehen. Er will ja niemanden bewusst stören. Darius hat zunehmend mit Ängsten zu kämpfen. Wir machen uns große Sorgen um seine Zukunft. Nun haben wir uns entschlossen, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Vor einer Medikation haben wir Angst, denn wir wollen unserem Kind keinen Schaden zufügen. Vielleicht gibt es aber keine andere Möglichkeit. Wo können wir Unterstützung und Beratung finden?«

Darius ist ein klassischer Fall von AD(H)S, denn bei rund 10 % der neun bis elfjährigen Jungen2 wird die Störung festgestellt. Besonders bei Jungen im Grundschulalter, kurz vor dem Übertritt, scheint der Leidensdruck so groß zu sein, dass die Eltern vermehrt medizinische Hilfe suchen. AD(H)S beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit der Betroffenen, sodass unter anderem der schulische Erfolg gefährdet ist. Der sogenannte Diagnose-­Gipfel liegt aus diesem Grund genau bei dieser Zielgruppe, aber sie ist nicht alleine betroffen.

AD(H)S ist in aller Munde, bereits bei jedem fünften Kind zwischen drei und 17 Jahren wird eine psychische Störung diagnostiziert, am häufigsten AD(H)S. 5 % der Kinder und Jugendlichen sind betroffen, Jungen viermal häufiger als Mädchen. Offenbar ist bei der Erkrankung die Informationsverarbeitung im Gehirn des Kindes oder Jugendlichen gestört.

Typisch sind Auffälligkeiten in drei Verhaltensbereichen:

Aufmerksamkeit/KonzentrationAktivität Kontrolle der Gefühle

Nur bei rund 40 % der Betroffenen verschwindet die Störung in der Pubertät oder schwächt sich so weit ab, dass keine Beeinträchtigung im Alltag mehr vorherrscht. Die verbleibenden 60 % müssen sich darauf einstellen, lebenslange mit dem Aufmerksamkeit-Defizit-Hyperaktivitätssyndrom zu leben. Gut, wenn die Kinder schon früh lernen, mit AD(H)S umzugehen.

AD(H)S ist seit Jahrzehnten unter verschiedenen Bezeichnungen bekannt. Seit dem Ende des letzten Jahrhunderts taucht der Begriff ADS oder AD(H)S im Zusammenhang mit unkonzentrierten, zappeligen und verträumten Kindern auf. Eltern, Lehrer und Erzieher stellten eine Zunahme sogenannter »schwieriger« Kinder fest, die nur mit großem persönlichem Aufwand an Zuwendung und Verständnis im Kindergarten, der Schulklasse oder ihrem Zuhause »funktionierten«. Auch in der einschlägigen Fachliteratur und im Internet, nahmen die »Zappelphilippe« und »Tagträumer« einen immer größer werdenden Raum ein.

Verschiedene Bezeichnungen wurden über die Jahre verwendet (POS, MCD, ADS), bis sich die Bezeichnung Aufmerksamkeits-Defizits-(Hyperaktivitäts-)Störung AD(H)S durchsetzte.

Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen und Studien versuchen seitdem der weitverbreiteten Störung auf den Grund zu gehen.

Die Diagnostik wird kontinuierlich verfeinert und auch die Behandlungskonzepte erweitert, überprüft und infrage gestellt. Trotzdem besteht noch immer Skepsis gegenüber der Aufmerksamkeit-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung, wird sie immer wieder als Modediagnose abgetan. Außenstehende und Skeptiker halten eine schlechte Erziehung für die Ursache der Störung und machen die Eltern der Kinder dafür verantwortlich, doch diese Haltung hat sich mit der Verbreitung ausführlicher Informationen glücklicherweise abgeschwächt. Für die betroffenen Familien ist diese Schuldzuweisung, neben dem oft anstrengenden und belastenden Alltag mit dem betroffenen Kind, zusätzlich eine große Belastung.

2 Studie der AOK 2012

AD(H)S – was bedeutet das eigentlich genau?

AD(H)S ist die Abkürzung für den deutschen Ausdruck »Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom« und bezeichnet ein klinisches Syndrom, das durch Beeinträchtigungen der Konzentrations- und Daueraufmerksamkeit, durch eine Störung der Impulskontrolle sowie unter Umständen auch durch extreme Unruhe oder Hyperaktivität gekennzeichnet ist.

AD(H)S ist ein Dauerthema, zu dem es eine verwirrende Anzahl von Veröffentlichungen, Studien oder Informationen gibt. Hinzu kommt, dass das medizinisch betrachtet, noch recht junge, psychische Störungsbild immer wieder in Frage gestellt wird. Ursächlich dafür sind die drei Hauptsymptome, die jeder Mensch bei sich mehr oder weniger feststellen kann. Die Grenze von einem normalen Verhalten zu einer Störung wie AD(H)S ist dabei fließend. Niemand kann sie bis heute genau festlegen.

AD(H)S ist eine komplexe Störung

Kinderärzte und Kinderpsychiater sind sich weitgehend einig darüber, dass es sich um eine sehr komplexe Störung handelt. Im Verlauf der Erkrankung können eine Vielzahl sozialer und psychischer Probleme auftreten.

Die Betroffenen leiden häufig unter ihren erheblichen familiären, schulischen und später auch beruflichen Problemen. Umso wichtiger ist eine gute Therapie, die die Kinder und ihre Familien unterstützt.

Neben der fachlichen Hilfe können Eltern aber auch selber viel dazu beitragen, sich und ihrem Kind zu helfen. Mit sinnvollen Strukturierungen, effektiven Plänen, entspannenden Übungen und mit viel Liebe und gegenseitigem Verständnis ist es möglich, das Verhalten von Kindern mit AD(H)S positiv zu lenken und langfristig zu verändern. Mit einer unterstützenden und positiven Sichtweise, sowie durch umfassende Informationen und ärztliche Begleitung, kann das Leben mit einem von AD(H)S betroffenen Kind erfüllt und glücklich sein.

Drei Hauptsymptome von AD(H)S

1. Unaufmerksamkeit

Die Unaufmerksamkeit zeigt sich in allen Lebensbereichen und hat besonders in der Schule, in der Ausbildung oder im Studium negative Folgen. Die Betroffenen übersehen Details und machen jede Menge Flüchtigkeitsfehler. Sie können sich nicht lange konzentrieren und haben Probleme zuzuhören. Sie fangen viel an und machen kaum etwas zu Ende.

Natürlich fällt es ihnen auch schwer, ein Projekt oder eine Aufgabe zu planen und diese Planung dann auch abzuwickeln. Das Wissen um diese Unfähigkeit führt dazu, dass die Betroffenen solche Aufgaben aktiv vermeiden und sich aus Angst vor dem Misserfolg entziehen. Sie sind vergesslich und verlieren gerne Gegenstände aller Art. Ihre Reizoffenheit ist ursächlich verantwortlich dafür, dass sie sehr leicht ablenkbar sind von allem, was um sie herum passiert.

Typische Verhaltensweisen der Unaufmerksamkeit sind:

Alles ist interessant, alles wird wahrgenommen.Die Gedanken springen von einem Thema zum nächsten.Angefangenes wird nicht beendet.Die eigene Gedankenwelt ist vielfältig und bunt, sie lenkt immer wieder ab.Gespräche werden nicht zu Ende geführt.Ein Gedankengang beim Sprechen oder Zuhören wird abgebrochen.

2. Hyperaktivität oder Hypoaktivität

Am auffälligsten ist das Symptom Hyperaktivität, denn ein unruhiges, nie still sitzendes Kind, kann seine Umgebung in den Wahnsinn treiben. Besonders in der Kindheit machen hyperaktive Jungen und Mädchen ihren Eltern das Leben schwer. Häufig vermeiden die Familien Besuche bei anderen und ziehen sich aus der Öffentlichkeit zurück, um nicht immer wieder unangenehm aufzufallen. Später wandelt sich die äußere Unruhe oft in eine innere Nervosität.

Typische Anzeichen für das hyperaktive Verhalten sind:

Zappeln und sich winden, während man sitzt oder steht;Aufspringen und herumlaufen während sitzender Tätigkeiten;Rennen oder herumklettern, egal wo man sich befindet;Nicht in der Lage sein, leise zu spielen;Getrieben wirken, umtriebig sein;Übermäßig viel reden;voll innerer und äußerer Unruhe;

Hypoaktivität

für die Außenwelt schwer erreichbar, lebt in eigener Traumwelt;Aufträge vergessen oder überhören von Aufforderungen;sehr langsam;

3. Impulsivität

Die Impulsivität stellt Kinder und Jugendliche mit AD(H)S oft ins soziale Aus. Immer wieder sagen sie unüberlegt Dinge, die andere kränken oder verletzen. Im Unterricht stören sie massiv, weil ihnen die Zurückhaltung nicht gelingt.

Typische Verhaltensweisen der Impulsivität sind:

Mit Antworten herausplatzen, bevor die Frage zu Ende gestellt worden ist;Reihenfolgen ignorieren und nicht warten können, bis man an der Reihe ist;Anderen ins Wort fallen oder gleichzeitig sprechen;unüberlegtes Handeln, ohne sich über die Konsequenzen Gedanken zu machen;Gefühle, ob positiv oder negativ, werden direkt ausgelebt;Aufschieben von Bedürfnissen oder Abwarten ist sehr schwer;

Weitere Auffälligkeiten finden sich bei den betroffenen Kindern

Mangelnde Verhaltenskontrolle

Regeln einzuhalten fällt sehr schwer;der eigene Wille steht im Vordergrund und muss durchgesetzt werden;endlose Diskussionen;schätzt sich selbst und andere falsch ein;Freundschaften mit Gleichaltrigen sind selten möglich, viele Konflikte;

Stimmungsschwankungen

Stimmungen wechseln sehr schnell von tieftraurig bis zu überschäumender Freude;bezieht schnell alles auf sich selbst;mangelndes Selbstwertgefühl;

Rasches Wechseln von Beschäftigungen

zerstreutes oder chaotisches Verhalten;zielloses Handeln; beim Aufräumen oder Planen von Abläufen fehlt die Struktur;vergisst die Aufgaben und Ereignisse des Alltags, aber sehr gutes Gedächtnis für Vergangenes.

Mögliche weitere Anzeichen von AD(H)S

Eine deutliche seelische Unreife von ungefähr 30% Entwicklungsrückstand;eine schlechter werdende Schrift beim schnellen Schreiben aufgrund feinmotorischer Entwicklungsverzögerungen;schnelles psychisches Ermüden;extremer Gerechtigkeitssinn;spontane Hilfsbereitschaft;heftige Reaktionen bei Veränderungen;Hypersensibilität;die Unfähigkeit zur reellen Selbst- und Eigenleistungseinschätzung;starke Beeinflussbarkeit.

Wenn viele dieser genannten Kriterien bei einem Kind zusammentreffen, und es darüber hinaus aufgrund dieser Symptome und Auffälligkeiten große inner- und außerfamiliäre Spannungen und Konflikte gibt, so liegt die Diagnose AD(H)S nahe. Das Kind sollte einem spezialisierten Kinderarzt oder einem Kinder- und Jugendpsychiater vorgestellt werden.

AD(H)S diagnostizieren Fachärzte bei Kindern, Jugendlichen und auch noch bei Erwachsenen, die erheblich in ihrer Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt sind und waren, deren Daueraufmerksamkeit wesentlich gestört ist, die sehr impulsiv reagieren und unter Umständen auch eine starke innere oder äußere Unruhe verspüren. Veröffentlichungen zur Definition von diesem »Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom« finden sich in der »Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme« (ICD 10) als »hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens« oder in den »Diagnostischen Statistischen Manuals psychischer Störungen« (DSM-IV).

Kinder mit AD(H)S stimulieren sich selbst

Das besondere Verhalten von Kindern mit AD(H)S wird als Selbststimulierung angesehen, da die vorhandenen Reize nicht stark genug sind, ihre Aufmerksamkeit auf Dauer zu fesseln. So schaffen sie sich selber Reize und belasten ihre Mitmenschen dadurch oft bis an die Grenzen des Erträglichen.

Das Defizit im Bereich der Aufmerksamkeit besteht aber nicht in allen Bereichen, da Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit AD(H)S sich auf spannende und interessante Dinge sehr gut und auch sehr ausdauernd konzentrieren können. Hier leisten sie manchmal mehr als Menschen ohne AD(H)S. Das Problem besteht darin, dass sie selber ihre Aufmerksamkeit schlecht lenken können. Cordula Neuhaus3 bezeichnet die ständigen unbewussten Ablenkungsmanöver des »gelangweilten« AD(H)S-Kindes als »hirnorganisch bedingten Erlebnishunger«.

In neuen, spannenden Situationen können auch AD(H)S-Kinder kurzfristig sehr konzentriert und aufmerksam sein. Ist ihre Aufmerksamkeit jedoch nicht mehr gefesselt, so werden sie unkonzentriert. Mit ihrer Rechthaberei, ihrem Dazwischenreden und ihrem Störverhalten durch die Impulssteuerungsschwäche werden sie früher oder später auffallen und meistens auch andere stören.

Alles ist spannend, alles lenkt ab

Kinder mit AD(H)S haben große Schwierigkeiten ihre Aufmerksamkeit zielgerichtet einzusetzen. Sie können sich durchaus lang anhaltend konzentrieren, haben aber wenig Einfluss darauf, welches Thema im Fokus ihrer Aufmerksamkeit steht.

So kann eine Spiegelung am Fenster des Klassenzimmers, ein Vogel im Baum oder das Scharren eines Stuhlbeines auf dem Fußboden die Aufmerksamkeit eines AD(H)S-Kindes intensiv und lange auf sich ziehen. Die relevanten Lerneinheiten des Unterrichts verpasst das Kind jedoch, auch wenn es natürlich weiß, dass die Lerninhalte für seine schulische Entwicklung von größerer Bedeutung sind als das Fenster des Klassenzimmers. Dieses Wissen hilft dem Kind jedoch nicht, sein Verhalten zu lenken.

Das AD(H)S-Kind nimmt sehr genau und sensibel alle Reize seiner Umgebung auf, und wendet sich dann impulsiv und unkontrolliert dem Reiz zu, auf den es in diesem Moment am stärksten reagiert. Ein herunterfallender Stift des Nachbarn, die bunten Aufkleber eines Ranzens oder ein vorbeifahrendes Müllauto werden zu akustischen und visuellen Signalen, denen das AD(H)S-Kind aufgrund einer Reizselektionsschwäche nicht widerstehen kann.

Sind diese Reize ebenfalls zu schwach, so beginnt das Kind unbewusst sich scheinbar selber zu stimulieren. Dies kann durch reden oder singen geschehen, durch hüpfen oder schaukeln, sowie auch durch seltsame Verrenkungen oder durch das Stören anderer Personen.

AD(H)S gibt es in unterschiedlich starker Ausprägung, und es muss immer im Zusammenhang mit der jeweiligen Persönlichkeit und deren Lebensumständen gesehen werden. Es tritt in allen Gesellschaftsschichten auf.

Weiterhin leiden Kinder mit AD(H)S häufig unter starken Stimmungsschwankungen. Sie können von überschäumender Freude sehr schnell in eine tiefe Verzweiflung fallen und umgekehrt, ohne dass der Grund für diesen Stimmungswechsel für die Umwelt sichtbar ist. Dies macht den Umgang mit ihnen nicht einfacher. Der schnell wechselnde seelische Zustand irritiert viele Mitmenschen und erschwert es, sich in die Verfassung des anderen hineinzuversetzen und angemessen zu reagieren.

AD(H)S sollte aber nicht nur als Defizit, als Störung betrachtet werden. Diese hochsensiblen Kinder haben durchaus auch ihre Stärken, von denen andere viel lernen können. Sie sind meisten sehr kreativ und fantasievoll, sie erspüren Stimmungen und Stimmungsumschwünge sehr schnell und fallen durch ihre extrem hohe Hilfsbereitschaft auf. Sind sie von einem Thema gefesselt, so können sie sich bis zur Selbstaufgabe hinein vertiefen und erstaunliche Ergebnisse und Erkenntnisse erarbeiten.

3 Psychologische Psychotherapeutin, Verhaltenstherapeutin, Kinder- und Jugendpsychotherapeutin, Autorin (siehe Anhang)

AD(H)S wirkt sich bei Jungen und Mädchen unterschiedlich aus

Viele Eltern wollen wissen, woran sie AD(H)S erkennen können. Eine schnelle Antwort auf diese Frage gibt es nicht, da es AD(H)S in verschieden starken Ausprägungen gibt, sowie mit oder ohne Hyperaktivität. Außerdem zeigen betroffene Jungen häufig ein anderes Verhalten als Mädchen mit AD(H)S. Jungen neigen dazu, ihre Empfindungen, ihre Unsicherheit oder Aggressivität nach außen zu richten. Sie beginnen Streitereien, produzieren sich vor anderen, werden laut und machen auf sich aufmerksam. Mädchen hingegen richten ihr Verhalten häufiger nach innen. Sie bestrafen sich selber für ihr Anderssein, indem sie sich beispielsweise ritzen oder das Essen verweigern. Das genaue Beobachten des Kindes und seiner Entwicklung ist notwendig, um die Diagnose AD(H)S zuverlässig stellen zu können.

Es muss darüber hinaus unterschieden werden zwischen den unruhigen »Störenfrieden«, den hyperaktiven Kindern, und den Träumern, den hypoaktiven Kindern. Die einen haben ein abweichendes Schlafverhalten, werfen ständig etwas um, können nicht still sein, zappeln permanent und bringen Freunde und Familie oft an die Grenzen der Belastbarkeit mit ihrem anstrengenden Verhalten. Die leisen, verträumten Kinder sind immer zu spät, kommen morgens nicht aus dem Bett, vergessen viel, höre nicht richtig zu, malen stundenlang mit einem Farbstift im Unterricht Männchen und vergessen grundsätzlich die Hausaufgaben für den nächsten Tag. Beide Typen können AD(H)S haben, jedoch in unterschiedlicher Ausprägung. Und selbstverständlich gibt es auch Mischformen.

Florian, 9 Jahre, vergesslich und verträumt

Florian (9 Jahre) kommt tränenüberströmt aus der Schule nach Hause. Obwohl er sich fest vorgenommen hatte für die Mathematikarbeit zu üben, hat er doch den Termin vergessen und musste völlig unvorbereitet mitschreiben. Vor lauter Ärger über sich selbst konnte Florian sich dann gar nicht mehr konzentrieren. Beim späteren Besprechen der Aufgaben in der Klasse hat er zu allem Überfluss auch noch festgestellt, dass er die Vorzeichen der Rechenaufgaben verwechselt hat. Die meisten Aufgaben sind deshalb falsch und Florian wird mal wieder eine 5 bekommen.

Florian ist kein dummer Schüler. Trotzdem bringt er oft schlechte Noten mit nach Hause. Immer wieder vergisst er seine Hefte und Bücher, Hausaufgaben sind oft unvollständig, und die Mitarbeit im Unterricht lässt auch zu wünschen übrig. Seinen Lehrern vermittelt er den Eindruck, dass ihn der Schulstoff nicht interessiert, weil er sich von jeder Kleinigkeit ablenken lässt und lieber aus dem Fenster schaut oder malt, als dem Unterricht zu folgen.

Florians Eltern wissen sich keinen Rat mehr und machen sich große Sorgen. Seit ihr Sohn in der Schule ist, gibt es ständig Probleme. Sie suchen in ihrer Not ihren Kinderarzt auf, obwohl sie nicht wirklich glauben, dass ihr Kind krank ist. Dort wird nach einem ausführlichen Gespräch die Vermutung AD(H)S geäußert und der Junge zur differenzierten Diagnostik an einen Facharzt verwiesen.

Bei Florian wurde nach eingehender Untersuchung ein »Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom« diagnostiziert. Ausschlaggebend für diese Diagnose war nicht das einmalige Ereignis in der Schule. Auch sein Störverhalten in der Familie und die Probleme mit Freunden wurden bei der Diagnose berücksichtigt.

Zu der Diagnose AD(H)S gelangten die Fachleute durch differenzierte und vielfältige Tests und Untersuchungen mit Florian, sowie durch intensive Gespräche mit seinen Eltern, die ein genaues Bild der Entwicklung des Jungen aufzeigten. Nach einigen Untersuchungsterminen stand die endgültige Diagnose fest. Florian hat ADS ohne Hyperaktivität. Die Eltern und ihr Kind waren sehr erleichtert, denn endlich konnten sie das Verhalten ihres Sohnes verstehen und akzeptieren und mit einer sinnvollen Therapie beginnen.

Sven, 4 Jahre, wird im Kindergarten ausgegrenzt

Sven (4 Jahre) hat häufig Streit im Kindergarten. Am schlimmsten findet er den morgendlichen Stuhlkreis, bei dem alle Kinder still sitzen sollen, weil sie eine Geschichte vorgelesen bekommen. Schon nach wenigen Sekunden kribbelt es Sven in den Füßen. Erst scharrt er unter dem Stuhl, dann rutscht er hin und her und nach spätestens zwei Minuten steht er auf und läuft durch den Raum. Natürlich wird seine Erzieherin ungeduldig und schimpft, weil Sven die ruhige Vorlesestunde stört. Dann versucht er erneut, still bei den anderen zu sitzen, aber es gelingt ihm wiederum nur wenige Minuten. Meist wird seine Erzieherin dann so ungeduldig, dass Sven den Raum verlassen muss, weil er die ruhige Situation massiv stört.

Er spielt dann alleine im Nebenraum bis die Geschichte zu Ende ist. Sven ist darüber traurig, denn er hätte auch gerne erfahren, wie das Märchen ausgegangen ist. Obwohl er sich jeden Tag aufs Neue bemüht, nicht unruhig hin und her zu rutschen, gelingt es ihm nie. Eine innere Unruhe macht es Sven unmöglich längere Zeit ruhig zu sitzen.

Und so fällt er auch beim Frühstück und beim Mittagessen, in den Bastelstunden oder der Ruhestunde immer wieder unangenehm auf.

Aufgrund seines AD(H)S gelingt es Sven nicht, seinen Bewegungsdrang für längere Zeit zu zügeln. Die Situation im Kindergarten zeigt deutlich, dass Sven nicht absichtlich stört, sondern sehr gerne am Gruppengeschehen teilhaben würde. Es macht ihn traurig, dass er den Raum verlassen muss, denn auch er möchte im Kreis seiner Freunde das Ende der Geschichte hören und nicht ausgegrenzt werden. Trotz seines Wunsches ist er aber selber nicht in der Lage, seine Unruhe zu beherrschen. Der Spannungsbogen der Geschichte reicht nicht aus, um Svens Aufmerksamkeit zu fesseln. Aus diesem Grunde beginnt er sich selbst zu stimulieren, indem er anfängt zu kippeln, zu scharren und aufzuspringen. Ein Verhalten, das für die Gruppe der Kinder natürlich störend und ablenkend ist.

AD(H)S fällt spätestens in der Schule auf

Oft wird AD(H)S erst im Schulalter festgestellt, die typischen Symptome bestehen aber in der Regel schon eine ganze Weile vorher. Dies hat unterschiedliche Gründe. Zum einen sind die Anforderungen an Kinder im Vorschulalter noch nicht so groß. Der Kindergarten bietet einen Freiraum, in dem auch sehr unruhige, hyperaktive Kinder Möglichkeiten finden, ihren Bewegungsdrang auszuleben. Eine zielgerichtete Konzentration oder Daueraufmerksamkeit wird selten konsequent von den Kindergartenkindern erwartet. Wer nicht basteln möchte, der rennt eben noch etwas im Garten herum. Besonders bei Jungen, bei denen statistisch gesehen AD(H)S wesentlich häufiger festgestellt wird, fällt es nicht besonders auf, dass sie den ganzen Tag mit dem Fußball durch den Garten toben.

Lukas, 4 Jahre, ist immer »an«

Lukas ist vier Jahre alt und macht den Eindruck, als stehe er ständig unter Strom. Der schmächtige Junge ist den ganzen Tag in Bewegung und hält seine Mutter auf Trab. Auf einer Familienfeier seiner Großmutter, bei der zahlreiche Onkel und Tanten anwesend sind, spielt Lukas fast ohne Pause drei Stunden Fußball abwechselnd mit allen Männern, die sich zur Verfügung stellen. Während die Erwachsenen einer nach dem anderen »schlapp« machen und sich den Schweiß von der Stirn wischen, plappert Lukas ununterbrochen fröhlich drauf los und nimmt für seine Fußballschüsse auch beim 100sten Schuss noch voller Energie 10 Meter Anlauf. Abends fällt er dann todmüde ins Bett und schläft wie ein Stein die Nacht durch.

Die Kinder, bei denen keine Hyperaktivität vorliegt, die jedoch Probleme mit ihrer Aufmerksamkeitsspanne haben, sind erst einmal nicht sehr auffällig. Soweit keine besonderen Leistungen von ihnen erwartet werden, wird man sie stundenlang beim Träumen oder Spielen mit von ihnen gewählten Dingen betrachten können. Hier fällt nur auf, dass sie sehr vergesslich sein können, schlecht organisiert sind, und eine Abneigung gegen Aufgaben entwickeln, bei denen sie ihre Aufmerksamkeit über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten müssen. Ein langes, gemeinsames Puzzlespiel mit der Gruppe könnte zum Beispiel eine nicht leistbare Aufgabenstellung für ein AD(H)S-Kind darstellen.

Regeln einzuhalten fällt Kindern mit AD(H)S schwer

In der Schule wird es für AD(H)S-Kinder besonders schwer. Besonders hyperaktive Kinder bekommen oft große Probleme, da der geregelte Stundenplan von ihnen ein angepasstes Verhalten erwartet. Im Unterricht herumzulaufen oder ständig mit den Nachbarn zu reden wird früher oder später unangenehm auffallen. Leider treten oft auch vermehrt Konflikte mit anderen Kindern auf, emotionale Instabilität und explodierendes, impulsives Verhalten erschweren die sozialen Kontakte.

Aber auch die »Träumer« bekommen Schwierigkeiten, da sie dem Unterrichtsgeschehen nicht folgen können. Anstatt eine vollständige Wiese im Unterricht zu zeichnen, malen sie stundenlang an einem Blütenblatt. Die Hausaufgaben vergessen sie, sobald sie die Klassentür hinter sich zugeworfen haben und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bleibt der Turnbeutel regelmäßig an der Schulbank hängen.

Auch in ihrer häuslichen Umgebung sind Kinder mit AD(H)S zu erkennen. Verheerende Wutausbrüche bei kleinsten Enttäuschungen werden die betroffenen Eltern nur allzugut kennen, chaotische Dauerunordnung im Kinderzimmer, unregelmäßige Essgewohnheiten, tägliche Kleinkriege bei den Hausaufgaben und ein ungewöhnliches Schlafverhalten kennzeichnen unter anderem den Lebensstil dieser Kinder. Ihre subjektive Wahrnehmung der Umgebung ist geprägt durch Aufmerksamkeitssprünge und hochsensible Aufnahme der unterschiedlichsten Reize. Sie benötigen viel persönliche Zuwendung und Aufmerksamkeit, um Aufgaben zu erledigen, Stimmungsschwankungen sind keine Seltenheit. Kinder mit AD(H)S wirken somit häufig, als wären sie schlecht erzogen, würden nicht hören und hätten ihre Eltern völlig im Griff. Sie sind hoch sensibel und merken genau, wenn ihr Gegenüber sich nicht durchsetzen kann und unsicher ist. Diese Schwäche wissen sie geschickt zu nutzen.

Besuche bei Freunden, Verwandten und Bekannten sind für alle Beteiligten so anstrengend, dass sie stark eingeschränkt werden. Ebenso verhält es sich mit Außenkontakten wie dem Einkaufen, Arztbesuchen oder öffentlichen Veranstaltungen.

Bei sozialen Kontakten versuchen Kinder mit AD(H)S häufig eine Führungsrolle einzunehmen, um den Spielverlauf nach ihren Bedürfnissen zu lenken. Dazu kommt ein starker Gerechtigkeitssinn, der unbedingt durchgesetzt werden muss. Dies führt oft zu Streit und Konflikten, die nicht adäquat gelöst werden können. Freundschaften werden rarer und lösen sich mit der Zeit völlig auf.

Sybille, 10 Jahre, ist unterfordert