Ägyptens Fluch - S. Pomej - E-Book

Ägyptens Fluch E-Book

S. Pomej

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Beschreibung

Der provokante New Yorker Archäologie-Professor Viktor Frod erhält überraschend ein verlockendes Angebot: Mit einem reichen Briten, der in der Wüste den Grundriss einer geplanten, aber scheinbar nie gebauten Pyramide entdeckt zu haben glaubt, soll er eine Ägypten-Expedition unternehmen. Trotz anonymer Warnung sagt er zu und wird bald in eine aufreibende Tour de Force hinein gezogen, an deren Ende eine unglaubliche Entdeckung wartet...

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Ägyptens Fluch

S. PomejImpressum

S. Pomej

Ägyptens Fluch

Professor Frods mysteriöser Fan

„Was haben die Israeliten eigentlich mit dem Auszug aus Ägypten gewonnen?“, fragte der Professor und ließ seinen Blick über die gespannten Gesichter in dem gut gefüllten Hörsaal wandern. Mit salopper Ausdrucksweise, lebhafter Gestik und spannend gestalteten Inhalten köderte er immer mehr Hörer, von denen nur eine geringe Anzahl den Beruf des Archäologen ergreifen wollte.

„Und wagen Sie es nicht zu sagen: die Freiheit! Denn im Grunde tauschten sie nur eine Abhängigkeit gegen eine andere aus. Nämlich die von einem unbarmherzigen Pharao gegen jene eines noch unbarmherzigeren Gottes! Gut, sie hatten zwar zuerst die Genugtuung zu sehen, wie ihre Feinde im Toten Meer ersoffen, aber dann kam eine 40 Jahre andauernde Odyssee durch die Wüste. Und Gott sprach nicht einmal persönlich zu ihnen, sondern bediente sich eines uralten Strohmannes namens Moses, der mit seinem Priesterstab einige Varieté-Kunststücke beherrschte. Und der führte sie gemäß seinen Anordnungen von oben 40 Jahre lang in die Irre!“ Dabei tippte er sich gegen die Stirn und legte eine Kunstpause ein, in welcher ein leises Raunen vernehmbar wurde.

„So groß ist keine Wüste, dass man diese enorme Zeitspanne braucht, um sie zu durchqueren. Wir können davon ausgehen, dass er sie entweder im Kreis, im Zick-Zack oder in Form des Unendlichkeitszeichens herumgeführt hat. Von den Sklaven des Pharaos zu den Sklaven Gottes gemacht, fristeten sie ein armseliges Leben und bekamen dafür nur Staub namens Manna zu fressen.“ Wieder wurde ein Raunen hörbar und der Professor amüsierte sich über den Wechsel von Spannung zu Empörung in der Miene mancher Gesichter. „In dieser Zeit hätten sie in Ägypten bei besserer Verköstigung noch mindestens zwei weitere Pyramiden erbauen können, auf die sie stolz hätten sein können und über die ich Vorlesungen hätte halten können.“

Kurzes Gelächter entspannte die fast blasphemische Ausführung und einige der Studenten machten sich eifrig Notizen, um später darüber diskutieren zu können, denn für eine Prüfung konnte dieser brisante Stoff nicht bestimmt sein.

Unauffällig schielte Professor Frod zu den Rängen der Gasthörer hoch, denn es war schon vorgekommen, dass von dort oben etwas in seine Richtung geflogen kam. Zum Beispiel ein Kugelschreiber oder eine Packung Papiertaschentücher als Zeichen hilflosen Protestes.

„Eine unbequeme Wahrheit“, fuhr er fort, schob lässig die Hände in die Taschen seines karierten braunen Sakkos, unter dem er ein weißes Hemd ohne Krawatte trug, und senkte den Blick zu Boden, „mit der die Israeliten da konfrontiert wurden und von der sie sich verständlicherweise mit dem Tanz ums Goldene Kalb abzulenken versuchten.“

Totale Stille im Hörsaal, man hätte die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören, die Zuhörer hingen an seinen Lippen und warteten, dass er erneut den Blick seiner blauen Augen auf sie richtete und in seinem beeindruckenden Vortrag fortfuhr. Doch ein guter Erzähler weiß die Spannung bis zum Zerreißen auszudehnen und so schlenderte er langsam zu seinem Pult, auf dem sein Notebook stand. Mit einem kurzen Fingertippen darauf schaltete er es aus und sogleich verschwand das an die Wand projizierte Bild der weltbekannten Cheops-Pyramide. Theatralisch fuhr er sich durch das kurz geschnittene schwarze Haar und konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.

„Natürlich werden nun einige von Ihnen einwenden wollen, dass der Exodus nur eine Legende sei und auch die zehn Plagen davor ins Reich der Phantasie von Religionsgründern gehören, dennoch weisen gläubige Christen, von denen wohl einige unter Ihnen weilen, gern auf das unglaubliche Durchhaltevermögen biblischer Vorfahren hin. Und in deren Sinn muss die Frage, die ich gestellt habe, negativ beantwortet werden. Denken Sie darüber nach!“ Ohne Verabschiedung schnappte er sich sein Notebook und eilte zum Ausgang.

Wie auf Kommando erhoben sich alle im Hörsaal Anwesenden und einige stürmten dem Professor hinterher, überholten ihn und passten ihn noch vor der Türe ab. Sein gutes Aussehen bescherte ihm viele weibliche Studenten, von denen ihm einige immer wieder ziemlich unverblümt Avancen machten, denen er fast immer widerstehen konnte. Diesmal wurde er allerdings von einer Gruppe rein männlicher Studenten eingekreist, die meisten von ihnen voll Ehrgeiz und Wissensdurst, andere nur kontaktfreudig.

„Professor, haben Sie Zeit, um Ihre These mit uns auszudiskutieren?“, erkundigte sich Matt Driscol, ein Streber, der ihm schon öfters angeboten hatte, für ihn auch heikle Aufträge kostenfrei auszuführen, welche das auch immer sein mögen. Scheinbar dachte er, das Leben eines Archäologie-Professors gliche dem eines Filmhelden wie Indiana Jones „Wir laden Sie gern ins beste Lokal ein.“

„Ja, Sie können wählen in welches!", rief ein anderer aus. „Kosten spielen keine Rolle.“ Scheinbar einer der begüterten Hörer, von denen sich keiner Sorgen zu machen brauchte, ob er als Archäologe auch einen Forschungsauftrag bekam.

„Bedaure, aber ich bereite mich auf eine Wochenendreise vor und habe noch diverses zu erledigen.“ Mit der Kraft seiner muskulösen Ein-Meter-Achtzig-Figur drängte er sich durch die größer werdende Gruppe seiner Anhänger.

„Ach, wollen Sie nach Ägypten?“, forschte Matt neugierig.

„Definitiv nicht, ich arbeite im Urlaub nämlich keinesfalls!“, gab Frod bekannt und zwängte sich aus seiner Fangemeinde heraus durch die Tür, um schnell zu seinem Büro zu kommen.

Mit einem erzürnten Nasenrümpfen verkündete Matt: „Aha, unser Professor hat Besseres zu tun, als sich mit uns abzugeben. Aber der wird noch Augen machen!“

Als Frod den nahen Treppenaufgang erreicht hatte, atmete er schon erleichtert auf, merkte allerdings an dem Klack-Klack von Schuhabsätzen, dass ihm einige der Studenten dorthin folgten. Daher wandte er sich mit eisiger Miene um und herrschte seine Verfolger an: „Schluss jetzt! Ich habe lange genug geredet, nun ist die Zeit des Schweigens!“

Enttäuschte Gesichter. Die Gruppe seiner Hardcore-Fans blieb am Fuß der Treppe zurück und sah zu, wie ihr Idol entschwand.

Die Universität von New York hatte lange Korridore und Frod sah von weitem schon einen älteren Herrn, der auf ihn zu warten schien. Tatsächlich machte der soignierte Mann im dunklen Anzug, welcher ziemlich teuer wirkte, einige Schritte auf ihn zu und lächelte gutmütig. Die hohe Stirn verlieh ihm ein intelligentes Aussehen, sein Auftreten erschien weltmännisch.

„Professor, Sie verstehen es, Ihre Zuhörer zu foltern. Hören genau an dem Punkt auf, wo das Interesse die Spitze erreicht“, begann er ohne Umschweife das Gespräch. „Ich bin ein großer Fan von Ihnen. Zuerst dachte ich, Sie vertreten Erich von Dänikens Theorie.“

„Hören Sie auf mit Däniken“, winkte Frod herablassend ab, „das ist der einzige Schriftsteller, der auf seine Fragen keine Antworten erwartet, sondern neue Fragen, mit denen er sein Vermögen vermehrt.“

„Apropos Vermögen, was denken Sie, können wir zusammen vermögen?“

„Sollte ich Sie kennen?“ Dem Professor passierte es nicht oft, einen Menschen zu vergessen, auch wenn er ihn nur einmal kurz gesehen hat. Besonders wenn er so stark nach After Shave roch.

„Sie haben, wie von mir erwartet, mein Mail noch nicht gelesen. Es ist das Vorvorletzte in Ihrem Posteingang“, verkündete der Fremde mit einem spitzbübischen Augenaufschlag.

In dem Augenblick hörte Frod von hinten eine hohe piepsige Stimme nach ihm rufen: „Professor, dürfen wir Sie noch etwas zu unserer bevorstehenden Seminararbeit fragen?“

Abrupt wandte er sich um und sah drei hübsche Mädchen auf ihn zulaufen. Ihre langen Haare flogen wie Fähnchen im Wind und ihre Brüste wackelten aufreizend. Erhitzt kamen sie vor ihm zum Stehen, in ihren bunten Sommerkleidchen, den Riemchen-Sandalen an den Füßen und ihren Mappen mit den Mitschriften in den Händen. Er kannte nur eine von ihnen, Shelly, ein blonder Irrwisch mit viel Sexappeal, die nun kokett das Wort ergriff.

„Entschuldigen Sie unsere Aufdringlichkeit, Professor, aber wir bräuchten nur fünf Minuten Ihrer wertvollen Zeit.“

„Shelly, sehen Sie nicht, dass ich im Gespräch bin?“, tadelte er sie enerviert.

„Mit wem?“

Ihre unschuldige Frage bewegte ihn, sich umzudrehen und zu staunen: sein in die Jahre gekommener Fan war verschwunden. Merkwürdig, dachte er, so schnell in dem Alter.

Obwohl er offenbar allein mit den drei Grazien dastand, lehnte er ihre Bitte schroff ab: „Wenn Sie Hilfe benötigen, wenden Sie sich am besten an einen meiner höhersemestrigen Studenten. Ich stehe Ihnen erst bei der nächsten Vorlesung wieder zur Verfügung.“

„Ooch!“, machten alle drei wie aus einem Schmollmund und kehrten widerwillig um.

Irritiert setzte Frod den Weg zu seinem Büro fort und überlegte dabei: Der Alte war mindestens 30 Jahre älter als ich. Wenn er die Toilette aufgesucht hat, die 20 Meter entfernt am Ende des Korridors ist, müsste er eine Geschwindigkeit von 2,5 Sekunden erreicht haben. Eher unwahrscheinlich für einen 67-jährigen. Hm!

Unschlüssig blieb er vor der versperrten Tür zu seinem Büro stehen und entschied sich dann spontan, die Toilette aufzusuchen, um nachzusehen, ob der Fremde darin sei. - Fehlanzeige! Die Türen zu den Kabinen standen offen und niemand konnte sich sonst irgendwo darin verstecken. Daher wusch er sich die Hände, damit er den Weg nicht umsonst gemacht hatte, vermeinte noch den Geruch des herben After Shaves wahrzunehmen, das der Fremde so reichlich benutzte, und entdeckte neben dem Urinal einige Blutstropfen am Fliesenboden. Nach dem Abtrocknen korrigierte er im Spiegel noch seine pflegeleichte Frisur etwas und hätte beim Rausgehen fast sein auf der Ablage abgestelltes Notebook vergessen, ehe er das Männer-WC verließ. Noch immer im Gedanken an den Verschwinde-Trick ging er zur Bürotür zurück. Das WC für die Damen befand sich am andern Ende des Ganges und der Fremde konnte es daher nicht erreicht haben, ohne ungesehen an ihm und den drei Studentinnen vorbeigekommen zu sein. Mit einem Schulterzucken sperrte er die Tür zu seinem Büro auf, legte sein Sakko ab, setzte sich auf seinen abgewetzten Ledersessel und nahm sein Notebook wieder in Betrieb. Neugierig geworden kontrollierte er seine elektronische Post, wobei ihm wieder die Worte des Alten einfielen: Es ist das Vorvorletzte in Ihrem Posteingang. - Das konnte nur bedeuten, dass sich der ältere Herr in seinen Account gehackt hatte oder hier eingebrochen war, als der Computer gestern eingeschaltet im verwaisten Büro stand. Erbost holte er sein iPhone aus der Hosentasche seiner Jeans und wählte die Nummer des Hausmeisters.

„Hallo Brad! Können Sie rasch zu mir ins Büro kommen? Und bringen Sie bitte Ihren Werkzeugkoffer mit!“

Seine Verwunderung über den Alten war einer aufsteigenden Wut gewichen, denn auf Eingriffe in seine Privatsphäre solcher Art reagierte er wie viele andere in seiner Position empfindlich. Unter den seit gestern eingetroffenen 712 E-Mails befand sich tatsächlich an vorvorletzter Stelle ein zur aktuellen Situation passendes:

Sehr geehrter Professor Frod,

ich wusste, dass Sie meine NaChricht erst lesen, nacHdem Sie mich pErsönlich getrOffen haben. Ich schlage einen sPontanen BeSuch bei mir im Courtyard Marriott/Fifth Avenue, Zimmer 517 vor, wo wir in Ruhe meinen Vorschlag für einen interessanten Auftrag besprechen können.

Bis dahin, Ihr Fan Powers Rudd

Einige Buchstaben hatte er in Beabsichtigung eines Codewortes großgeschrieben und sie ergaben - unschwer zu erkennen - den Namen CHEOPS.

„Was glaubt der komische Kauz eigentlich, wer ich bin?“, fragte sich Frod grimmig in einem Selbstgespräch. „Hält der mich für einen Archäologie-Detektiv? Der kann lange auf mich warten!“

Seine nächste Aktion war die Recherche im Internet nach dem angegebenen Namen, der ihm gänzlich unbekannt war. Kaum hatte er vier Buchstaben davon eingegeben, flog die Tür zu seinem Büro auf und Brad White trat mit dem gewünschten Werkzeugkoffer ein. In seinem mit Ölflecken verunzierten, blauen Overall sah er fast wie ein Tankwart aus, mit seiner Stoppelglatze eher wie ein Soldat.

„Was gibt es, Profi, ist eine Reparatur fällig?“ Der tüchtige Hausmeister, seines Zeichens Frohnatur und Universal-Handwerker, hatte einst sein Studium geschmissen, was ihn aber nicht daran hinderte, der Universität treu zu bleiben. Der stets gut gelaunte Afroamerikaner stellte seinen Koffer ab und rieb sich aufmunternd die Hände.

„Sehen Sie doch mal nach, ob sich jemand an dem Türschloss zu schaffen gemacht hat“, forderte ihn der Professor auf.

„Vermissen Sie etwas?“, erkundigte sich Brad, während er in die Knie ging und das Schloss einer eingehenden Inspektion unterzog.

„Nein, aber es könnte sich jemand gestern unerlaubt Zutritt verschafft haben, um in meinem Computer zu stöbern.“

„Verstehe.“

„Hat heute jemand nach mir gefragt?“

„Nicht, dass ich wüsste. Gestern hat sich eine Frau nach Ihnen erkundigt. Attraktive Mittdreißigerin mit einem Makeup wie Kleopatra, wollte wissen, ob Sie für eine private Vorlesung zu buchen sind. Ich habe für Sie abgesagt, da ich weiß, dass Sie auf sowas nicht stehen. - Also mit der Tür ist alles in Ordnung! Und den Zweitschlüssel dafür halte ich bei mir unter Verschluss und gebe ihn auch nicht für ein dickes Trinkgeld aus der Hand“, versicherte ihm Brad glaubwürdig und richtete sich zu seiner vollen Größe auf, wobei er sich noch stolz in die Brust warf.

„Das weiß ich“, beeilte sich Frod zu versichern, obwohl ihm die Marken-Sneakers des Hausmeisters nicht entgangen waren, doch die Uni zahlte für gewöhnlich gut. „Danke, das war’s für den Moment.“

Kaum war Brad samt Koffer wieder fort, tippte der Professor die letzten Buchstaben des Namens ein: Powers Rudd

Wofür früher ein Privatdetektiv diente, musste nun Google ran.

Ungefähr 3.660 Ergebnisse wurden angezeigt, die absolut nichts mit dem Fremden zu tun hatten. An erster Stelle tauchte ein Physik- und Chemie-Buch bei Amazon auf, von dessen drei Autoren einer Rudd und einer Powers hieß. Das konnte bedeuten, dass sich der Gesuchte entweder eines falschen Namens bediente oder dafür gesorgt hatte, im Netz anonym zu bleiben.

Gefühlte 15 Minuten verharrte Frod vor dem Bildschirm, überlegend, wo er den ominösen Herrn mit der Aussprache eines englischen Upperclass-Mitgliedes einordnen solle, ehe er seinen vorigen Entschluss über den Haufen warf, sein Sakko anzog und sich ad hoc aufmachte, den mysteriösen Mann in seinem Hotel aufzusuchen. Auf dem Weg dorthin hatte er keinen Blick für die Sehenswürdigkeiten der Stadt, die niemals schlief.

Das Courtyard Marriott befand sich wenige Gehminuten entfernt vom Times Square, von Broadway und von der Grand Central Station. Es lag zudem nahe dem Empire State Building und dem Central Park. Eine Übernachtung kostete die Kleinigkeit von mindestens 166 Dollar. Nicht viele der gerade mit hektischer Geschäftigkeit durch die Straßen hetzenden Leute hätten sich das leisten können.

Vor der Zimmertür 517 angekommen und die Hand schon zum Anklopfen ausgestreckt, hielt der Professor noch einmal inne, um sich die richtigen Worte für die Missbilligung der unorthodoxen Kontaktaufnahme zu überlegen. Im Grunde konnte er ihm keine unbotmäßige Handlung vorwerfen. Es konnte auch möglich sein, dass Rudd den sechsten Sinn besaß und die Stelle seiner E-Mail einfach erraten hat. Und was sein plötzliches Verschwinden betraf, konnte er womöglich doch an den Mädchen vorbeigegangen sein, ohne dass es Frod auffiel, weil dieser durch die erotische Erscheinung der Girls abgelenkt war. Besonders Shelly hatte eine Ausstrahlung, mit der sie Männer leicht ablenken konnte. Der Professor musste sich eingestehen, dass er sie sich schon nackt vorgestellt und sich bei ihrem Anblick, nun ja, Erleichterung verschafft hatte.

Noch bevor er anklopfen konnte, öffnete ein Page die Tür, erschrak kurz, da er offensichtlich nur hinauswollte, trat zurück und ließ ihn eintreten, während er schnell einen 20-Dollarschein in die Brusttasche seiner schmucken Uniform stopfte.

„Herzlich willkommen, Sir, ich habe eben den Tee serviert“, sagte er artig und verbeugte sich leicht. In seiner roten Hotel-Uniform wirkte er fast erwachsen, obwohl er höchstens 17 sein konnte.

„Danke!“ Wieder etwas irritiert sah er dem Knaben noch beim Rausgehen nach und zog die Zimmertür hinter sich zu. Festen Schrittes begab er sich in die mit Teppich ausgelegte feudale Suite hinein - im Geiste fügte er zum Mindestübernachtungspreis noch eine Null hinzu - und fand Rudd, der seinen dunklen Anzug gegen einen hellen getauscht hatte, auf einem geblümten Fauteuil sitzend vor, als er grade den Tee aus einer Kanne in eine von zwei auf dem Tisch stehenden Schalen eingoss.

„Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich mich freue, dass Sie meine Einladung angenommen haben, Professor“, eröffnete ihm Rudd und hielt ihm die volle Schale entgegen. „Sie trinken doch gerne Earl Grey?“

Entwaffnet nahm Frod die Schale an und setzte sich auf ein Zeichen seines Gastgebers hin auf den gegenüberliegenden Fauteuil. „Ich muss sagen, Sie haben wirklich ausgezeichnet recherchiert.“

„Oh, ich informiere mich immer genau über Leute, deren Bekanntschaft sich für mich lohnt.“ Mit dem spitzbübischen Augenaufschlag, den Frod schon kannte, nahm Rudd einen großen Schluck des aromatischen Getränks zu sich. „Ahh, das tut gut. Nun, Professor Freud, ich-“

„Frod!“, verbesserte ihn der Professor scharf. „Einige Komiker nennen mich zwar Freud oder Frog, aber bei Ihnen beruhigt mich der Versprecher. Er zeigt mir nämlich, dass Sie auch nur ein Mensch sind.“ Etwas entspannter lehnte er sich in dem Sitzmöbel zurück, legte leger seinen rechten Fuß auf das linke Knie und nippte vorsichtig an dem Tee.

„Haha, ja, das ist wahr. Nun, Professor, ich komme gleich zur Sache“, kündigte Rudd an und nahm noch einen Schluck, ehe er die Katze aus dem Sack ließ. „Wie ich Sie kenne, haben Sie sicher versucht, über das Netz etwas über mich zu erfahren. Da ich dafür Sorge getragen habe, nicht für jedermann sichtbar zu sein, werde ich Ihnen nun einiges über mich verraten. Dass ich Brite bin, haben Sie meinem Akzent sicher schon entnommen.“

„Und Ihrem teuren Anzug!“; beeilte sich Frod hinzuzufügen. „Feinstes englisches Tuch. Ich nehme an, Sie kaufen in der Jermyn Street ein.“

„Das habe ich nicht nötig, mein Schneider kommt zum Maßnehmen zu mir und liefert ins Haus. Und damit gebe ich hiermit meinen Status preis: Geld spielt keine Rolle. Doch ich gedenke natürlich nicht Sie zu kaufen, sondern vielmehr Sie für eine - wie ich meine - sehr interessante Sache einzunehmen.“

„Das haben Sie jetzt sehr schön formuliert.“ Frod schätzte die Millionen am Bankkonto des reichen Briten und seine, wohl damit verbundenen, Spleens ein.

Nachdem Rudd seine Schale geleert und auf den Tisch zurückgestellt hatte, rutschte er ein Stück auf seinem Sitz nach vor und zwinkerte dem Professor zu. „Als meine Enkelin Sie mir beschrieben hat, fürchtete ich schon, dass sie sich in Sie verliebt hat. Verstehen Sie mich nicht falsch! Ich habe nichts gegen Amerikaner, aber für die Kleine schwebt mir eher ein Mitglied des englischen Königshauses vor.“

Frod überlegte angestrengt, welche seiner ihm bekannten Studentinnen aus England stammen könnte.

„Doch das nur nebenbei“, fuhr Rudd fort und rutschte wieder zurück, sodass er sich mit dem Rücken anlehnen konnte. „Jedenfalls merkte ich dann schnell, dass sich Gwen mehr für Ihre Arbeit als für Sie interessierte und habe Erkundigungen über Sie eingezogen. Selten sind mir so viele positive Reaktionen über eine Person untergekommen.“

„Oh, das hätte ich nicht erwartet, denn manchmal bläst mir doch ein rauer Wind entgegen“, gab Frod zu und stellte die fast volle Teeschale ebenfalls auf den Tisch zurück. „Meine Ansichten sind nicht jedem genehm.“

„Aber sie haben ihre Berechtigung. Was Sie zum Beispiel heute über den Exodus zum Besten gaben, hat mich ziemlich beeindruckt und ja, ich muss gestehen, ich habe mich im Religionsunterricht auch gewundert, wozu Sklaven flüchten, wenn sie doch das Gelobte Land erst nach ewig erscheinender Zeit unter großen Mühen und Verlusten erreichen können.“

„Fast wie heutzutage die vielen Kriegsvertriebenen, die unter Lebensgefahr das Meer überqueren und erkennen müssen, dass das Gelobte Land für sie viele Tücken bereithält.“ Nachdenklich stellte der Professor seinen hochgelegten Fuß wieder auf den Teppichboden.

„Wir wollen nicht politisch werden. Ich komme jetzt zum Punkt. Über Google Earth habe ich in Ägyptens Wüste eine interessante Anomalie entdeckt.“ Bei dieser Offenbarung beugte sich Rudd erneut zu seinem Besucher vor.

„Ach nein!“, fiel ihm Frod leicht enttäuscht ins Wort. „Kommen Sie mir jetzt nicht mit einer unentdeckten Pyramide daher.“

„Keine Pyramide, eher ein Grundriss, der vielleicht einmal eine Pyramide hätte werden sollte“, erläuterte Rudd und erhob sich etwas mühsam. „Warten Sie, ich zeige Ihnen die Satellitenbilder.“

„Bemühen Sie sich nicht“, wehrte der Professor ab und wollte ihm eben mit seiner bevorstehenden Urlaubsreise seine Absage begründen, doch das Klingeln des Hoteltelefons kam ihm zuvor.

Rudd machte einige Schritte zu der Ebenholz-Kommode hin, auf welcher sich das Telefon befand und hob den Hörer ab: „Ja?“

Nach einer halben Minute des Zuhörens wurde er laut: „Hören Sie auf, mich zu belästigen! Und wagen Sie es ja nicht, mich noch einmal anzurufen, wer immer Sie auch sein mögen!“ Mit rotem Kopf legte er auf und öffnete eine Lade der Kommode. wühlte kurz darin herum und holte dann die besagten Bilder heraus.

„Schlechte Nachricht?“, fragte Frod wie beiläufig, dem die Farbveränderung des Hauptes seines Gegenübers nicht verborgen geblieben war, ebenso wenig wie die leicht hervorgetretene Schlagader, die von großer Aufregung zeugte.

„Ach, wenn man Geld hat, steht man immer im Fokus von ein paar Verrückten“, erklärte Rudd kurz und breitete die farbigen Ausdrucke von den Satellitenaufnahmen vor dem Professor aus.

Darauf konnte man mit Sicherheit nur viel Sand entdecken und mit einigem guten Willen einige rechteckige Spuren ausnehmen.

„Ist das alles?“ Frod wirkte etwas gelangweilt, da er sich nach dem ganzen geheimnisvollen Auftritt des Alten wesentlich mehr erwartet hatte.

„Professor, Ihr geschultes Auge sollte darauf eindeutige, vielversprechende Spuren erkennen“, meinte Rudd und ließ sich wieder auf seinen geblümten Fauteuil fallen. „Zugegeben, auf den ersten Blick wirkt die Szenerie wie ein Sandkasten für Riesen und das ganze sieht durch die Verwehungen von Tonnen von Sand unspektakulär aus.“

„Was erwarten Sie dort zu finden, Mister Rudd?“, erkundigte sich Frod und nahm eines der besseren Bilder näher in Augenschein. Es zeigte auch bei genauerem Hinsehen nicht mehr als eine viereckige Grundstruktur, die vor Jahrtausenden einmal eine befestigte Anlage hätte gewesen sein können. So eine Art Fort oder eine Mauer um ein kleines Dorf.

„Das Fundament einer geplanten Pyramide, oder einer unentdeckten, die fertiggestellt wurde und später bis auf die Grundmauern zerstört. - Ihr Tee ist kalt geworden. Soll ich Ihnen ein anderes Getränk bestellen?“, fragte Rudd fürsorglich.

„Nein, äh-Sie wollen mir also vorschlagen, mit Ihnen dorthin zu reisen?“

„Oh ja und es wird Ihr Schaden nicht sein!“, versprach der Alte mit breitem Lächeln. „Ihre Urlaubsreise nach Frankreich können Sie leicht auf später verschieben, so eine günstige Gelegenheit, der Altertums-Geschichte noch ein weiteres Kapitel hinzuzufügen, bekommen Sie nicht so schnell wieder.“

„Woher wissen Sie von meiner Reiseplanung?“ Wieder stieg Ärger über die offensichtliche Spionage des Alten in Frod hoch.

„Das ist doch kein Staatsgeheimnis, ich ziehe eben gern Erkundigungen ein über Leute, mit denen ich zusammenarbeiten will.“

Verächtlich warf Frod das Satellitenbild auf den Tisch, wobei er unabsichtlich die leere Teeschale seines Gastgebers umwarf. „Sie glauben wohl, Sie können alle Menschen kaufen.“

„Jeder hat seinen Preis und ich erwarte von Ihnen keine Ungesetzlichkeit!“, stellte Rudd klar, lehnte sich zurück und machte ein ernstes Gesicht. „Wie hoch ist Ihr Jahressalär?“

„Das geht Sie gar nichts an, allerdings habe ich den dringenden Verdacht, dass es Ihnen schon bekannt ist.“ Bei dieser Vermutung verschränkte er die Arme und musterte die Reaktion seines Gegenübers wie ein Pokerspieler, der den Bluff seines Gegners an der Mimik zu erkennen glaubt.

„So ist es. Und ich bin bereit, es Ihnen für Ihre Mitarbeit an meinem Projekt im Voraus auf Ihr Konto zu überweisen. Auch die erforderlichen Genehmigungen habe ich von den ägyptischen Behörden bereits eingeholt.“

Der Alte muss in seinem Geld schwimmen können, dachte der Professor und malte sich aus, was er mit dem Betrag alles an Plänen verwirklichen konnte.

„Ach ja“, fuhr der gut Betuchte munter fort, „ich habe mir die Freiheit genommen, mit dem Rektor Ihrer Fakultät über Ihre Abkömmlichkeit zu sprechen. Er meint, Sie für die Zeitspanne unserer Exkursion freigeben zu können.“

„Abkömmlichkeit … das ist Soldatensprache: jemand, der damit beauftragt ist, die mögliche Abkömmlichkeit von Zivilisten und nicht im Feld stehenden Soldaten für den Waffendienst zu überprüfen, also Soldaten für den Frontdienst aufzuspüren. Standen Sie im Dienste des britischen Militärs?“, forschte der Professor mit verengten Augen, denn er als Pazifist konnte Militaristen nicht ausstehen.

„Nein, dafür mein Sohn“, gestand ihm Rudd, wobei sich seine Züge etwas verhärteten. „Man hat mir schon berichtet, dass Sie sich für den Weltfrieden einsetzen. Ich will Ihre Illusionen wahrlich nicht zerstören, aber der Mensch ist für eine lange Friedenszeit nicht geschaffen. Glauben Sie mir, das habe ich aus meiner Erfahrung mit unzähligen verschiedenen Menschen heraus immer wieder bestätigt bekommen.“

„Darüber könnten wir lange diskutieren“, stellte Frod fest, „und würden trotzdem verschiedener Meinung bleiben.“

„Ich bewundere Männer, die mutig ihren Standpunkt vertreten und ihr Fähnchen nicht in den Wind hängen, denn davon gibt es viel zu viele“, lobte ihn der Alte und nickte ihm dabei wohlmeinend zu. „Nun, mein Lieber, ich will Sie nicht zu einer Antwort drängen-“

„Aber Sie haben den Termin schon fixiert, was?“, unterbrach ihn der Professor und verbiss ein wissendes Grinsen. Solche Männer mit viel Geld waren es gewohnt, bei ihren Initiativen keine Zeit ungenutzt verstreichen zu lassen.

Erneut nickte ihm der vorwitzige Alte zu: „Überlassen Sie die gesamte Planung getrost mir, ich weiß, was ich tue!“

„Einverstanden!“, stimmte Frod spontan zu, den nun auch die Abenteuerlust gepackt hatte.

„Das dachte ich mir sofort, als Sie hereinkamen!“, verriet der Brite nun und streckte ihm erwartungsfroh seine Hand zum Einschlagen in den Pakt entgegen.

Vorbereitung auf alle Fälle

Kaum hatte Frod die Suite verlassen, läutete wieder das Hoteltelefon und Rudd nahm das Gespräch an. Eine Minute hörte er zu und sagte dann mit fester Stimme: „Merken Sie auf: Sie erreichen absolut nichts, wenn Sie mir damit drohen, meiner Familie oder mir etwas anzutun! Ich bin schon mit ganz anderen Kalibern fertiggeworden, die ihre Zeit nicht mit sinnlosen Drohungen vertan haben. Da Sie so ausführlich über mich informiert sind, ist Ihnen bestimmt bekannt, dass ich früher für den MI6 tätig gewesen bin. Nebenbei bemerkt ziemlich erfolgreich. Meine Beziehungen reichen immer noch bis in höchste Kreise, die fragwürdige Existenzen ihresgleichen mit nur einem Federstrich vernichten können! Also geben Sie es auf, mich abhalten zu wollen.“

Ausatmend legte er auf und wie auf’s Stichwort klopfte es an seiner Tür…

Wenig später saß Viktor Frod beim Rektor, Professor Paxton, in dessen feudalem Büro jede Menge Artefakte aus aller Welt herumstanden. Von Faustkeilen aus Libyen und Algerien über Bronzeschalen aus Griechenland bis zu Bodenvasen aus der Ming-Dynastie befand sich alles, was gut und teuer war, in staubfreien Schaukästen, nur für seine Augen und jene seiner Besucher bestimmt. Der Rektor selbst wirkte in seinem altmodischen schwarzen Anzug wie ein Relikt aus alten Zeiten, mit seinem weißen Schnurrbart und den wie vom Wind zerzaustem Haarkranz und einer runden Metallbrille unter buschigen Augenbrauen.

„Ich wollte mich nur vergewissern, dass Sie während meiner Abwesenheit, die eventuell länger dauern kann, auch entsprechenden Ersatz gefunden haben“, kam Frod gleich zum Grund seines Besuches. Es lag ihm am Herzen, dass seine Studenten einen ihm ebenbürtigen Vertreter bekamen.

Paxton hob die buschigen Brauen und sah ihn eine Weile unverwandt an, ehe er mit heiserer Stimme entgegnete: „Junger Freund, jeder von uns ist ersetzbar. Professor Liggit hat sofort zugesagt, denn nach seiner Scheidung, die ja kein Geheimnis ist, kann er ein Zubrot gut gebrauchen.“

„Ja“, gab Frod zu, „von seinen Schwierigkeiten konnte man ausgiebig in der New York Times lesen.“

„Das hat er davon, eine Schauspielerin geheiratet zu haben“, ließ Paxton leicht abfällig verlauten, so als wäre dieser Beruf unseriös, stützte die Ellenbogen auf seinem breiten Eichenschreibtisch auf und nickte ihm kurz zu. „Da waren Sie schon klüger und haben auf dieses zweifelhafte Vergnügen verzichtet.“

Nun wusste er nicht, ob der Rektor damit allgemein die Frauen meinte, oder speziell Dana Harring, verehelichte Liggit, die Frod bei einer Vorlesung zur Vorbereitung auf einen Film persönlich kennenlernen durfte. Die heißblütige Schwarzhaarige wollte noch vor ihrer Ehe eine Affäre mit ihm beginnen, doch der auf seinen Ruf bedachte Frod wollte einem Kollegen keinesfalls in die Quere kommen und widerstand ihren Annäherungsversuchen.

„Darf ich Sie fragen, Professor Paxton, was Sie von dem englischen Gentleman, der mich engagiert hat und bei Ihnen schon eine Auszeit für mich erwirkt hat, halten?“

Wieder ließ ihn der Rektor eine Weile warten, ehe er antwortete: „Oh, er machte einen ausgezeichneten Eindruck auf mich, vor allem, nachdem er mir einen Spenden-Scheck über ein ziemlich ansehnliches Sümmchen für unsere Fakultät überreicht hat, den ich behalten darf, auch wenn Sie abgelehnt hätten.“ Diese erfrischende Ehrlichkeit machte ihn so liebenswert, allerdings für ein politisches Amt unbrauchbar.

„Das freut mich, also dann-“, gerade wollte Frod sich verabschieden und erhob sich schon halb, als er von seinem Gegenüber ein Zeichen mit der Hand bekam, doch noch sitzenzubleiben.

„Wenn Sie mich allerdings nach meiner Meinung wegen einer Teilnahme an so einer Ausgrabung fragen…“, begann er und machte einen tiefen Atemzug, „würde ich Ihnen abraten. Nicht, weil ich die Befürchtung hege, Sie zu verlieren, sondern weil ich an Ihrer Stelle mit jeder Menge Schwierigkeiten rechnen müsste.“

„Wie Sie bereits wissen, zahlt der Herr sehr gut, da muss ich über diverse Schwierigkeiten hinwegsehen.“

„Sicher, nur bei solchen spleenigen Engländern gehen die Probleme meist über das erwartbare normale Maß hinaus.“ Mit einem verkniffenen Lächeln fügte er noch hinzu: „Aber ich weiß natürlich, dass Ihr Vorhaben unumstößlich feststeht und wünsche Ihnen alles Gute dafür!“ Beim letzten Wort streckte er ihm seine Hand zum Abschied entgegen.

Mit gemischten Gefühlen drückte Frod herzlich die Hand seines Vorgesetzten und machte sich auf den Weg zu seinem Hausarzt. Als Archäologe hatte er die wichtigen Impfungen wie Tetanus, Polio und Hepatitis regelmäßig auffrischen lassen, wollte sich trotzdem noch einmal untersuchen lassen und fuhr per Subway nach Brooklyn. Die U-Bahn von New York stand früher im Ruf, dreckig und gefährlich zu sein, was heute nicht mehr zutraf. Dreck und Gefahr muss ein Archäologe ohnehin wegstecken. Es gab allerdings in den 90er-Jahren den traurigen Fall eines seiner Kollegen, der mit seinem Gepäck per U-Bahn zum Flughafen fahren wollte, und von einer Diebesbande erschossen wurde.

Doktor Mileston, ein kompetent und vertrauenserweckend aussehender Medizinalrat, freute sich sichtlich, ihn zu sehen: „Sie hatten Glück, dass eine Patientin abgesagt hat. Wo soll es denn hingehen, in die Tropen?“

„Nach Ägypten! Ist eine Malaria-Prophylaxe erforderlich?“

„Es sind zwar 2014 einige Fälle nahe Assuan diagnostiziert worden, aber ich halte die ganze Malaria-Prophylaxe sowieso für nutzlos. Anders sieht es bei Typhus aus. Dagegen hätten Sie eine Impfung allerdings schon vor zwei Wochen von mir bekommen sollen.“ Routiniert zog er eine Spritze auf.

„Zu der Zeit hatte ich noch keine Ahnung, dass ein wohlhabender Big Spender eine private Ausgrabung finanzieren will“, entschuldigte sich Ford und zog sein Hemd aus, unter dem ein muskulöser Oberkörper zum Vorschein kam.