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Stell dir vor, du entdeckst, dass deine scheinbar harmlosen Schildkröten das Tor zu etwas Unvorstellbarem sind. Michael, ein introvertierter 17-Jähriger, lebt mit seinem Vater, einem Meeresbiologen, in einer kleinen Küstenstadt. Seine Sammlung exotischer Schildkröten entpuppt sich als Ausgangspunkt für eine schreckliche Mutation, ausgelöst durch eine leuchtende Alge mit außerirdischem Ursprung. Die Schildkröten verwandeln sich in monströse Kreaturen, die eine Verbindung zu einer fremden Dimension offenbaren – eine Dimension, die nur eines will: die Erde zu beherrschen. Während die Alge sich unaufhaltsam ausbreitet und die Stadt in eine düstere Hölle stürzt, kämpfen Michael und sein Vater gegen übermächtige Kräfte. Doch die Wahrheit über die Alge und Michaels besondere Verbindung zu ihr bringt ein tödliches Opfer ins Spiel – eines, das die Zukunft der Menschheit entscheiden könnte. Eine fesselnde Mischung aus Science-Fiction, Horror und düsterer Spannung.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Vorwort
Stell dir vor, du entdeckst, dass deine scheinbar harmlosen Schildkröten das Tor zu etwas Unvorstellbarem sind.
Michael, ein introvertierter 17-Jähriger, lebt mit seinem Vater, einem Meeresbiologen, in einer kleinen Küstenstadt. Seine Sammlung exotischer Schildkröten entpuppt sich als Ausgangspunkt für eine schreckliche Mutation, ausgelöst durch eine leuchtende Alge mit außerirdischem Ursprung. Die Schildkröten verwandeln sich in monströse Kreaturen, die eine Verbindung zu einer fremden Dimension offenbaren – eine Dimension, die nur eines will: die Erde zu beherrschen.
Während die Alge sich unaufhaltsam ausbreitet und die Stadt in eine düstere Hölle stürzt, kämpfen Michael und sein Vater gegen übermächtige Kräfte. Doch die Wahrheit über die Alge und Michaels besondere Verbindung zu ihr bringt ein tödliches Opfer ins Spiel – eines, das die Zukunft der Menschheit entscheiden könnte.
Eine fesselnde Mischung aus Science-Fiction, Horror und düsterer Spannung.
Über den Autor / die Autorin:
Michael Hunsmann – Biografie
Michael Hunsmann wurde in einer kleinen Küstenstadt geboren, wo das Meer von klein auf seine größte Faszination war. Seine Kindheit verbrachte er damit, die Geheimnisse der Ozeane zu erkunden, und schnell entwickelte er eine Leidenschaft für die Wissenschaft. Nach dem Abitur studierte er Meeresbiologie und spezialisierte sich auf die Ökosysteme der Tiefsee und deren unerforschte Lebensformen.
Während seiner Karriere arbeitete Hunsmann an mehreren internationalen Forschungsprojekten, die ihn in einige der abgelegensten Regionen der Welt führten. Dort sammelte er nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch Inspirationen für seine Geschichten. Seine Erlebnisse in der Tiefsee, die Begegnungen mit ungewöhnlichen Kreaturen und die Gefahren der ungezähmten Natur prägen seine Werke maßgeblich.
Michael Hunsmann ist bekannt für seine Fähigkeit, Wissenschaft und Fiktion miteinander zu verweben, und schafft dabei düstere, fesselnde Geschichten, die oft die Grenze zwischen Realität und Fantasie verschwimmen lassen. Heute lebt er an der Küste, wo er seine Liebe zur Natur mit dem Schreiben verbindet und neue Ideen für seine nächsten Projekte entwickelt.
Titel: „Algenkollaps: Die Mutation der Schildkröten“
Kapitel 1: Der Glaskasten
Die Luft im kleinen Zimmer war stickig und feucht, durchtränkt von einem modrigen Geruch, der von den Aquarien kam. Es war ein Geruch, den Michael kaum noch wahrnahm. Er war ein Teil seines Lebens, wie der salzige Wind, der durch die Ritzen der Fenster pfiff, oder das leise, konstante Summen der Filterpumpen, die das Wasser in Bewegung hielten. Michael saß auf dem knarrenden Holzstuhl vor dem größten seiner Aquarien. Es war ein massiver Glaskasten, fast zwei Meter lang, und beherbergte seine Lieblingsspezies: die Glattschuppen-Wasserschildkröte, ein Exemplar, das er vor einem Jahr auf einem illegalen Schwarzmarkt erstanden hatte.
Die Schildkröte, die er „Krähe“ nannte, glitt träge durch das grünliche Wasser, während ihre dunklen Augen Michael fixierten. Es war, als ob sie ihn verstand, als ob sie mehr wusste, als sie zeigen wollte. Michael liebte diesen Blick. Es war ein Blick, der ihn beruhigte, während die Welt draußen immer weiter auseinanderzufallen schien. Die heruntergekommene Küstenstadt, in der er lebte, war ein trauriges Abbild ihres früheren Selbst. Zerfallene Häuser, geschlossene Geschäfte und die ständige Bedrohung durch das Meer, das mit jedem Sturm ein weiteres Stück der Klippen verschlang. Die Stadt war ein Ort, den die meisten Menschen verlassen wollten. Doch Michael blieb – wegen der Schildkröten.
Das Zimmer war mehr ein Labor als ein Schlafzimmer. Überall standen Aquarien, in verschiedenen Größen, die jeweils eine andere Spezies beherbergten. Michael hatte sich sein Wissen über die Tiere selbst angeeignet, aus alten Büchern, Online-Foren und endlosen Nächten des Experimentierens. Er wusste, wie man sie fütterte, wie man ihre Lebensbedingungen optimierte, wie man sie gesund hielt. Aber es war mehr als das. Es war eine Obsession. Seine Schildkröten waren sein Rückzugsort, sein kleiner Mikrokosmos in einer Welt, die ihn nicht verstand.
Er lehnte sich zurück und betrachtete die fluoreszierende Alge, die sich in einem der kleineren Becken auszubreiten begann. Es war ein Experiment gewesen – eine Probe, die er aus dem Labor seines Vaters mitgenommen hatte. Die Alge war anders als alles, was er zuvor gesehen hatte. Sie schimmerte in einem seltsamen Blaugrün, das im Dunkeln fast phosphoreszierend leuchtete. Michael hatte sie in ein Becken mit einer gemeinen Moschusschildkröte gegeben, um zu sehen, ob sie die Wasserqualität beeinflusste. Anfangs schien alles normal. Doch in den letzten Tagen hatte sich etwas verändert. Die Schildkröte zeigte ein Verhalten, das Michael irritierte. Sie schwamm rastlos, drehte sich in engen Kreisen und schlug mit ihren kräftigen Gliedmaßen gegen die Glaswände.
Michael beugte sich vor und starrte in das Becken. Die Alge hatte sich entlang der Wände ausgebreitet und bewegte sich leicht, obwohl das Wasser still war. Es war fast so, als würde sie atmen. Ein leiser Schauder lief ihm über den Rücken. „Was bist du nur?“, murmelte er, während er mit einem Finger über das Glas fuhr.
Sein Vater, Dr. Sebastian Kühn, war ein renommierter Meeresbiologe, der sein Leben der Erforschung von Tiefseewesen gewidmet hatte. Er war selten zu Hause, ständig auf Expeditionen oder in Labors irgendwo auf der Welt. Aber wenn er da war, brachte er Geschichten mit, die Michael mehr faszinierten als jede Schule oder jeder Lehrer es je hätte tun können. Es waren Geschichten über Kreaturen, die in der Finsternis der Tiefsee lebten, über Biolumineszenz und bizarre Lebensformen, die in ätzendem Schwefelwasser gedeihen konnten. Michaels Interesse an Schildkröten war vermutlich eine indirekte Folge dieser Geschichten, ein Versuch, die Geheimnisse der Natur in kleiner, kontrollierter Form zu erfassen.
Die Tür zu seinem Zimmer ging plötzlich auf, und sein Vater steckte den Kopf herein. „Micha, ich hab dir gesagt, du sollst die Fenster öfter aufmachen. Es riecht hier wie in einer feuchten Höhle.“ Seine Stimme war müde, fast genervt, aber Michael spürte die Sorge dahinter.
„Ich hab’s versucht“, log Michael. „Aber die Filter schaffen das schon. Die Luft zirkuliert.“
Dr. Kühn runzelte die Stirn, trat ein und musterte die Aquarien. Sein Blick blieb an dem Becken mit der Alge hängen. „Was ist das?“
Michael zuckte mit den Schultern. „Ein Experiment. Irgendeine Alge, die du mal mitgebracht hast. Sieht cool aus, oder?“
Der Vater trat näher und beugte sich über das Glas. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. Er schien nachzudenken, als würde er sich an etwas erinnern. „Michael, diese Alge ... hast du sie direkt ins Wasser getan?“
„Ja, warum?“
„Du solltest vorsichtig sein. Manche dieser Proben stammen aus extremen Umgebungen. Wir wissen nicht, was sie unter normalen Bedingungen tun.“
Michael spürte, wie eine leichte Nervosität in ihm aufstieg, doch er versuchte, sie zu überspielen. „Alles unter Kontrolle, Dad. Ist nur 'ne Pflanze.“
Der Vater schüttelte den Kopf, zog die Stirn kraus und murmelte etwas, bevor er das Zimmer wieder verließ. Michael blieb allein zurück, sein Blick ruhte erneut auf der Alge. Sie schien sich bewegt zu haben – nur ein kleines Stück, aber genug, dass es ihm auffiel. „Alles unter Kontrolle“, wiederholte er leise, als ob er sich selbst überzeugen wollte.
In der Nacht konnte er nicht schlafen. Das Summen der Filter und das leise Gluckern des Wassers klangen sonst beruhigend, doch heute war da ein seltsames Geräusch. Es war ein leises, fast unhörbares Knistern, als ob etwas unter der Oberfläche pulsierte. Michael zog die Decke über den Kopf, doch das Geräusch drang durch. Irgendwann stand er auf, ging barfuß zu den Aquarien und betrachtete die Schildkröten. Ihre Augen waren auf ihn gerichtet. Alle. Sie schienen ihn zu beobachten.
Das Knistern wurde lauter. Plötzlich spürte er eine fremde Präsenz im Raum, ein Gefühl, das er nicht erklären konnte. Es war, als wäre etwas erwacht. Die fluoreszierende Alge schimmerte heller als je zuvor. Und in diesem Moment wusste Michael, dass etwas nicht stimmte.
Etwas Fremdes war da.
Kapitel 2: Der erste Besucher
Es war weit nach Mitternacht, als Michael durch ein Geräusch aufwachte. Es war kein typisches Geräusch – kein Summen der Filter, kein Rauschen des Meereswindes, der durch die Ritzen des Fensters drang. Es war ein scharfes, glitschiges Kratzen, das vom größten Aquarium kam. Für einen Moment blieb er regungslos liegen, sein Atem flach, während er lauschte. Das Geräusch wiederholte sich, intensiver, fast wie ein Rasseln. Es war, als würde etwas von innen an das Glas schlagen.
Er griff nach seinem Handy auf dem Nachttisch, der grelle Lichtschein des Displays stach ihm in die Augen. 2:47 Uhr. Seufzend setzte er sich auf und sah hinüber zu den Aquarien. Das Zimmer war in Dunkelheit getaucht, bis auf die leichten Schimmer, die von den Wassertanks ausgingen. Besonders die fluoreszierende Alge war fast gespenstisch hell und tauchte das Zimmer in ein unheimliches Blaugrün.
„Was zum ...?“ murmelte Michael, während er langsam aufstand und zu Krähe hinüberging. Die Glattschuppen-Wasserschildkröte bewegte sich nicht wie sonst – anmutig und schwerelos. Stattdessen zuckte ihr Körper unnatürlich, die Bewegungen ruckartig, fast wie ein epileptischer Anfall. Ihre Augen, sonst dunkel und ruhig, schienen jetzt matt und tot zu sein. Michael spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten.
„Alles okay, Kleine?“ Er beugte sich vor, als würde die Schildkröte ihm antworten können. Doch in diesem Moment knallte etwas gegen das Glas. Es war ein dumpfer, lauter Schlag, als ob ein Stein dagegengeworfen wurde. Michael zuckte zusammen und machte einen Schritt zurück. Sein Herz raste. Krähe hatte sich plötzlich mit voller Kraft gegen die Wand des Aquariums geworfen.
„Was zum Teufel machst du da?!“ Michaels Stimme zitterte. Er war nicht sicher, ob er das zu sich selbst oder zu der Schildkröte gesagt hatte. Er hob die Hand, wollte das Glas berühren, doch bevor er es konnte, passierte es wieder. Ein heftiger Schlag, gefolgt von einem leisen, seltsamen Knistern. Das Wasser in den anderen Aquarien begann plötzlich in Wellen zu schlagen, obwohl kein Luftzug oder eine Bewegung im Raum das hätte auslösen können.
Sein Atem ging schneller, und sein Blick wanderte nervös durch den Raum. Es fühlte sich an, als würde etwas im Zimmer lauern, etwas, das er nicht sehen konnte. Plötzlich hörte er ein Geräusch hinter sich – ein leises Quietschen, wie das Drehen einer Klinke.
Langsam drehte er sich um. Die Tür zu seinem Zimmer stand offen. Das war unmöglich. Er hatte sie abgeschlossen, wie immer, bevor er schlafen gegangen war. Seine Augen suchten das Dunkel des Flurs ab, doch dort war nichts. Keine Bewegung, kein Geräusch. Nur Stille. Doch dann fiel sein Blick auf den Türrahmen. Da stand jemand.
„Michael“, sagte die Gestalt, ihre Stimme gedämpft, als käme sie aus weiter Ferne. Es war Herr Grahms, der alte Nachbar von nebenan. Michael erkannte sofort die zerzausten grauen Haare und den abgetragenen Mantel, den der Mann immer trug. Aber etwas stimmte nicht. Es war die Haltung, die seltsam war – steif, fast mechanisch. Und seine Augen ... sie waren schwarz, tiefschwarz, ohne Pupillen oder Iris, nur ein leerer, unendlicher Abgrund.
„Herr Grahms?“ Michaels Stimme klang brüchig. „Was ... was machen Sie hier?“
Der Mann trat einen Schritt ins Zimmer, und Michael wich automatisch zurück. Die Luft fühlte sich plötzlich schwer an, als ob der Raum zu klein für beide geworden wäre. Grahms sagte nichts mehr, sondern starrte ihn nur an, seine toten Augen auf Michaels Gesicht fixiert.
„Wie sind Sie hier reingekommen?“ Michaels Versuch, ruhig zu bleiben, klang hohl. Er sah, wie sich Grahms' Mund langsam öffnete, aber keine Worte kamen heraus. Stattdessen entwich ein leises Zischen, wie das Entweichen von Luft aus einem alten Reifen.
Michael spürte Panik in sich aufsteigen. „Ich rufe die Polizei!“, schrie er und griff nach seinem Handy, das immer noch auf der Kommode lag. Doch in dem Moment, in dem er sich umdrehte, war Grahms plötzlich direkt vor ihm. Michael schrie auf und stolperte rückwärts, sein Rücken knallte gegen eines der Aquarien.
„Michael“, flüsterte Grahms, seine Stimme jetzt tiefer, verzerrter. „Du hast es geöffnet.“
„Was ... was habe ich geöffnet?“ Michaels Hände tasteten hinter sich, suchten verzweifelt nach Halt. Seine Finger fanden den Rand des Aquariums, und er spürte die Kälte des Glases gegen seine Haut. „Was wollen Sie?“
Doch bevor er eine Antwort bekommen konnte, veränderte sich Grahms. Seine Haut begann zu pulsieren, als würde sich etwas unter der Oberfläche bewegen. Ein schreckliches Knacken erfüllte den Raum, als sich seine Gelenke in unmögliche Winkel bogen. Michael schrie, als Grahms' Gesicht sich verzerrte, die Haut platzte, und darunter ein scheußliches, feuchtes Etwas zum Vorschein kam. Es war wie eine Mischung aus Alge und Fleisch, ein unförmiges Ding, das sich immer noch in der Gestalt eines Menschen hielt, aber nicht mehr menschlich war.
Michael stürzte zur Tür, stolperte über einen Kabelstrang und fiel der Länge nach hin. Er drehte sich um, nur um zu sehen, wie die Kreatur sich weiter wandelte, größer wurde, ihr Körper pulsierend und triefend. Doch in dem Moment, als sie sich auf ihn zubewegte, passierte etwas Unerwartetes. Krähe, die Glattschuppen-Schildkröte, war aus dem Becken gesprungen und landete auf dem Boden. Das Wesen blieb stehen, als ob es die Schildkröte erkannte, und zischte erneut, bevor es in sich zusammenbrach, eine schleimige, dampfende Masse auf dem Boden zurücklassend.
Michael kroch rückwärts, sein Atem ging stoßweise, während er das Chaos vor sich anstarrte. Das Wesen war weg, aber die Realität dessen, was passiert war, hatte sich in sein Gehirn gebrannt. Die Schildkröte lag regungslos am Boden, ihr Panzer schimmerte im Licht der Alge.
Michael wusste nicht, was schlimmer war – das, was er gesehen hatte, oder die Erkenntnis, dass es vielleicht erst der Anfang war.
Kapitel 3: Die neue Realität
Die Stunden nach der Begegnung mit Grahms verliefen wie in einem Nebel. Michael saß auf dem Boden seines Zimmers, das Licht der fluoreszierenden Alge warf unruhige Schatten an die Wände. Die Luft war schwer, und der Gestank der schleimigen Masse, die einst der Nachbar gewesen war, kroch ihm in die Nase. Die Schildkröte, Krähe, lag noch immer auf dem Boden, ihr Panzer glänzte matt im Licht. Doch sie regte sich nicht. Michael wagte nicht, sie zu berühren. Etwas war anders an ihr, aber er konnte nicht sagen, was. Sein Herz raste, seine Gedanken überschlugen sich. Was zur Hölle war hier gerade passiert?
Er zwang sich aufzustehen, sein Blick wanderte über die Aquarien. Die anderen Schildkröten verhielten sich merkwürdig. Sie schwammen nicht wie sonst, ruhig und schwerelos. Stattdessen trieben sie an der Oberfläche oder bewegten sich in seltsamen, ruckartigen Mustern, die Michael an Krähes Verhalten kurz vor der Katastrophe erinnerten. Die fluoreszierende Alge leuchtete heller als je zuvor, pulsierend, lebendig. Michael hatte das Gefühl, dass sie ihn beobachtete. Der Gedanke war absurd, aber er fühlte sich wahr.
In den nächsten Tagen versuchte Michael, zur Normalität zurückzukehren, doch die Welt um ihn herum ließ es nicht zu. Die Nachricht vom plötzlichen Verschwinden eines Nachbarn machte die Runde. Es war Felix, ein 19-jähriger Typ aus der Straße, den Michael flüchtig kannte. Ein seltsamer Kauz, immer mit Kapuzenpulli und Kopfhörern unterwegs, kaum mehr als eine Randfigur im Viertel. Niemand schien wirklich überrascht zu sein, dass er weg war, aber die Umstände waren seltsam. Seine Haustür stand offen, seine Sachen waren unangetastet, als hätte er mitten in einer Handlung plötzlich aufgehört zu existieren.
Michael konnte nicht anders, als eine Verbindung herzustellen. Grahms – oder was von ihm übrig geblieben war – und Felix' Verschwinden. Es passte einfach zu gut. Etwas war aus seinen Aquarien gekommen, etwas Fremdes, das nicht in diese Welt gehörte. Er dachte an die schleimige Masse auf seinem Boden, daran, wie sie sich bewegt hatte, bevor sie verdampfte. Und dann an die Alge. Die Alge war der Schlüssel, da war er sich sicher.
Er verbrachte Stunden damit, die Aquarien zu beobachten, seine Schildkröten zu studieren. Sie schienen sich verändert zu haben, nicht nur in ihrem Verhalten, sondern auch in ihrem Aussehen. Ihre Augen wirkten tiefer, als würden sie etwas sehen, was Michael nicht erfassen konnte. Ihre Bewegungen waren koordinierter, fast zielgerichtet. Es war, als ob sie miteinander kommunizierten.
Eines Abends, als die Sonne hinter den Klippen versank und das Zimmer in ein unheimliches Zwielicht tauchte, fiel Michael etwas auf. Die Alge in einem der Becken schien zu wachsen, ihre Fäden reichten bis an die Oberfläche. Dort, wo sie das Wasser berührte, bildeten sich kleine Wellen, obwohl die Pumpen nicht liefen. Er starrte darauf, fasziniert und angewidert zugleich, und plötzlich sah er es. Ein Gesicht. Für den Bruchteil einer Sekunde schien sich ein Gesicht in der Alge zu formen. Es war nicht klar, nicht menschlich, aber es war da. Und es sah ihn an.
Michael stolperte zurück, sein Atem ging stoßweise. Das Gesicht verschwand, doch das Gefühl blieb. Die Alge war kein Experiment mehr, keine harmlose Pflanze. Sie war ein Tor. Und die Schildkröten? Sie waren die Wächter – oder vielleicht die Werkzeuge, durch die die Wesen kamen.
In der folgenden Nacht träumte Michael. Er stand in einem endlosen Ozean, das Wasser war schwarz wie Tinte und trug ihn mühelos. Über ihm war kein Himmel, nur Dunkelheit, die von einem schwachen grünen Leuchten durchzogen war. In der Ferne hörte er Geräusche, ein tiefes, gutturales Murmeln, das wie Worte klang, aber keine Sprache war, die er kannte. Etwas bewegte sich im Wasser. Erst sah er nur Schatten, dann Formen, die größer und bedrohlicher wurden. Sie kamen näher, und als sie schließlich aus der Dunkelheit auftauchten, erkannte Michael sie. Es waren die Gesichter von Menschen, aber ihre Augen waren leer, schwarz wie die Tiefen, aus denen sie kamen.
Er wachte schweißgebadet auf, das Rauschen der Filter und das Summen der Algenlampen in seinen Ohren. Das war kein Traum gewesen. Es fühlte sich an wie eine Warnung, eine Botschaft aus einer Welt, die er nicht verstehen konnte. Die Wesen wollten etwas von ihm, davon war er überzeugt. Aber was?
Am nächsten Morgen machte er sich auf den Weg zu Felix' Haus. Die Straße war leer, die Fenster geschlossen, als ob die Nachbarn die Unruhe spürten, die sich wie ein Schatten über die Gegend legte. Vor Felix' Tür hielt er inne. Die Polizei hatte Absperrband angebracht, doch Michael ignorierte es. Er schob die Tür auf und trat ein. Das Haus war still, zu still. Die Möbel waren unberührt, eine Tasse Kaffee stand noch dampfend auf dem Couchtisch, obwohl Felix seit Tagen verschwunden war.
Im Wohnzimmer blieb Michael stehen. Ein Geräusch ließ ihn erstarren. Es war ein leises Kratzen, das aus der Küche kam. Vorsichtig schlich er näher, sein Herz schlug bis zum Hals. Als er um die Ecke spähte, sah er sie. Eine Schildkröte. Nicht eine von seinen, aber sie sah ähnlich aus. Ihr Panzer schimmerte in einem unnatürlichen Grün, und ihre Augen waren schwarz wie die der Wesen in seinem Traum.
Die Schildkröte bewegte sich auf ihn zu, langsam, fast bedächtig. Michael wich zurück, seine Hände zitterten. Er wusste nicht, was er tun sollte. Doch bevor er fliehen konnte, hörte er eine Stimme. Eine tiefe, verzerrte Stimme, die direkt in seinem Kopf sprach. „Es beginnt.“
Michael stolperte aus dem Haus, die Stimme hallte noch in seinem Kopf. Es begann wirklich, und er war mittendrin. Die Realität, die er kannte, zerbrach, und etwas Neues trat an ihre Stelle. Etwas, das ihn beobachten und steuern wollte. Etwas, das ihn nicht mehr loslassen würde.
Kapitel 4: Blut in der Bucht
Die Nachricht vom Fund der toten Frau verbreitete sich in der Küstenstadt wie ein Lauffeuer. Es war ein kleiner Ort, und Neuigkeiten wie diese blieben nicht lange verborgen. Michael hörte es zuerst, als er durch die Straße ging, auf dem Weg zum Lebensmittelladen, um Milch für das Frühstück zu holen. Zwei ältere Frauen standen vor einem der wenigen geöffneten Cafés und sprachen flüsternd miteinander, doch ihre Worte waren klar genug: „Direkt unten an der Bucht … grausam, sag ich dir … sowas hab ich noch nie gehört.“ Die andere Frau nickte hastig, ihr Gesicht blass vor Entsetzen. Michael blieb unauffällig stehen, tat, als ob er in seinem Handy etwas nachsah, doch seine Ohren waren gespitzt. „Und niemand hat was gesehen? Nicht mal gehört?“ Die erste Frau schüttelte den Kopf, ihre Hände umklammerten die Träger ihrer Tasche so fest, dass ihre Knöchel weiß wurden. „Nein … es war, als wäre sie einfach … verschwunden und dann dort wieder aufgetaucht. Aber nicht … normal.“
Das Gespräch ließ Michael nicht los. Als er nach Hause kam, war die Milch beinahe vergessen, und seine Gedanken rasten. Normalerweise hätte er diese Art von Gerüchten als übertriebenen Dorfklatsch abgetan, doch die letzten Tage hatten gezeigt, dass hier mehr vor sich ging, als irgendjemand verstehen konnte. Er konnte die Visionen von Felix und Grahms nicht vergessen, die Alge, die seltsamen Bewegungen der Schildkröten. Und jetzt das. Es fühlte sich an, als würde sich ein unsichtbares Netz um ihn zusammenziehen, eins, aus dem es kein Entkommen gab.
Als Michael die Haustür öffnete, sah er seinen Vater, der am Küchentisch saß, einen Stapel Notizen vor sich und das Handy in der Hand. Seine Stirn war in tiefe Falten gelegt, und sein Blick wirkte besorgter als gewöhnlich. „Dad?“ Michaels Stimme war unsicher, fast zögernd. „Alles okay?“ Dr. Kühn sah auf, und für einen Moment schien er zu überlegen, ob er antworten sollte. Dann legte er das Handy zur Seite und deutete auf den Stuhl ihm gegenüber. „Setz dich, Micha. Wir müssen reden.“
Michael ließ die Milch achtlos auf den Tisch fallen und setzte sich. Sein Vater wirkte nervös, eine Energie um ihn herum, die Michael selten bei ihm gesehen hatte. Er war normalerweise der Typ, der in jeder Situation ruhig blieb, egal wie chaotisch sie war. Doch jetzt trommelten seine Finger unruhig auf dem Tisch. „Hast du von dem Vorfall an der Bucht gehört?“ begann er schließlich. Michael nickte langsam. „Ja … aber nur, dass da eine Frau gefunden wurde. Tot.“ Sein Vater nickte, seine Augen musterten Michael, als ob er versuchte, seine Reaktion zu lesen. „Sie haben mich angerufen. Die Polizei. Sie wissen, dass ich Meeresbiologe bin, und sie wollen, dass ich mir die Sache ansehe.“
Michael runzelte die Stirn. „Warum dich? Ist das nicht eher was für Gerichtsmediziner?“ Der Vater seufzte und lehnte sich zurück. „Normalerweise schon. Aber das hier … Micha, das ist kein normaler Fall. Es gibt da … Dinge, die sie nicht erklären können. Und sie denken, dass es etwas mit dem Meer zu tun hat.“ Er hielt inne, als ob er nach den richtigen Worten suchte. „Ihr Körper … sie sieht aus, als wäre sie von innen heraus verändert worden. Als wäre etwas durch sie hindurchgegangen, das nicht menschlich ist.“
Ein kalter Schauer lief Michael über den Rücken. Er dachte an die Schildkröten, an die Alge, an das, was aus Grahms geworden war. Er wollte etwas sagen, doch seine Kehle fühlte sich trocken an, und die Worte blieben ihm im Hals stecken. Schließlich nickte er nur. „Was willst du tun?“ fragte er leise. Sein Vater stand auf, nahm seine Jacke vom Stuhl und warf sie sich über die Schulter. „Ich gehe zur Bucht. Willst du mitkommen?“ Die Frage überraschte Michael. Normalerweise hielt sein Vater ihn aus solchen Dingen heraus, doch jetzt schien es, als wollte er Michael dabei haben. Vielleicht, weil er spürte, dass sein Sohn mehr wusste, als er sagte.
Michael zögerte nur einen Moment, dann stand er auf und folgte ihm. Der Weg zur Bucht war kurz, doch die Atmosphäre war bedrückend. Der Himmel war grau, das Meer rau, und der Wind trug einen stechenden Geruch mit sich, der Michael übel aufstieß. Am Strand hatten sich einige Menschen versammelt, doch die Polizei hielt sie auf Abstand. Ein Absperrband flatterte im Wind, und ein Beamter nickte Dr. Kühn zu, als dieser sich näherte.
Michael blieb ein Stück zurück, beobachtete, wie sein Vater sich zu den Ermittlern gesellte und die Situation erklärte. Dann wurde er zu der Stelle geführt, an der die Leiche gefunden worden war. Michael konnte nicht alles sehen, doch was er sah, ließ ihn erstarren. Der Körper der Frau lag halb im Sand, halb im Wasser, ihre Haut war blass und auf seltsame Weise verzogen, als hätte sie sich an manchen Stellen verflüssigt. Ihre Augen waren schwarz, genau wie bei Grahms. Und ihre Hände … sie waren verdreht, als hätte sie sich gegen etwas gewehrt, das unvorstellbar war.
Michael spürte, wie ihm übel wurde, und wandte den Blick ab. Doch die Bilder hatten sich bereits in sein Gedächtnis eingebrannt. Sein Vater kniete neben der Leiche, untersuchte sie mit einem seltsam konzentrierten Ausdruck, der sowohl professionell als auch zutiefst beunruhigt war. Nach einer Weile stand er auf, sprach mit den Beamten, und kam dann zu Michael zurück. „Das hier ist ernst“, sagte er leise, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Ich habe so etwas noch nie gesehen. Die Gewebeveränderungen … das ist nicht natürlich. Es ist, als wäre sie mit etwas verschmolzen, das nicht von hier ist.“
Michael schluckte schwer. „Was denkst du, was es ist?“ Sein Vater schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Aber ich werde es herausfinden.“
Als sie nach Hause gingen, sprach keiner von ihnen ein Wort. Doch in Michaels Kopf wirbelten die Gedanken. Die Schildkröten, die Alge, die Wesen, die Leiche. Alles war verbunden. Und tief in seinem Inneren wusste er, dass es nicht aufhören würde. Das war erst der Anfang.
Kapitel 5: Stimmen aus den Tiefen
Die Nacht brach über die kleine Küstenstadt herein, doch für Michael fühlte es sich an, als würde die Dunkelheit diesmal etwas mitbringen. Etwas Fremdes, das sich wie eine unsichtbare Welle über die Straßen, die Häuser und vor allem sein eigenes Zimmer legte. Das Summen der Filterpumpen, das ihm früher ein Gefühl von Ruhe und Kontrolle gegeben hatte, klang nun verzerrt, fast drohend, als ob es nicht länger Wasser durch die Tanks beförderte, sondern etwas anderes, etwas Lebendiges, das nur darauf wartete, hervorzubrechen.
Michael saß auf seinem Bett, die Beine angezogen, den Rücken gegen die Wand gedrückt, während er seine Schildkröten beobachtete. Sie waren unruhiger denn je. Ihre Bewegungen waren hektisch, unkoordiniert, doch in gewisser Weise wirkten sie auch zielgerichtet – als ob sie eine Sprache sprachen, die er nicht verstand. Ihre Köpfe schienen sich synchron in die gleiche Richtung zu drehen, manchmal zum Fenster, manchmal zu ihm. Es war beunruhigend, und Michael konnte den Gedanken nicht abschütteln, dass sie etwas sahen, was er nicht sehen konnte.
Er schloss die Augen und versuchte, sich zu beruhigen. Doch dann hörte er es. Zuerst war es nur ein leises Wispern, so schwach, dass er dachte, es käme von draußen. Vielleicht war es der Wind oder das Meer. Doch das Flüstern wurde lauter, klarer, und Michael erkannte, dass es nicht von außen kam. Es war in seinem Kopf. Eine Sprache, die er nicht verstand, voller fremder Laute und seltsamer Rhythmen, die sich wie ein düsteres Lied durch sein Bewusstsein schlängelten. Die Worte waren unzusammenhängend, ein endloses Flüstern, das ihn zermürbte. Er hielt sich die Ohren zu, aber das half nichts. Es war in ihm, ein Teil von ihm, und es ließ ihn nicht los.