ALIEN LOVE - Corinna Griesbach - E-Book

ALIEN LOVE E-Book

Corinna Griesbach

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Beschreibung

In diesem Band sind Kurzgeschichten versammelt, in denen reale Bedrohungen und mögliche Chancen unserer Zeit Wirklichkeit werden: Raumfahrt, Begegnung mit anderen intelligenten Spezies, die Ausbeutung und das besenreine Verlassen unserer Welt werden zu denkbarer Fiktion. Maschinenwesen erfüllen ihren Auftrag, Familie bekommt eine neue Bedeutung und die Liebe bleibt vielleicht, was sie immer schon war: bedingungslos. Am Ende des Buches tritt ein Held auf, der aus einem Stapel von Endzeit-DVDs hervorgekrochen ist, der im Fernsehzimmer der Autorin hinter einer gefräßigen Monstera dahinstaubt. Nehmen Sie den Helden bitte nicht zu ernst!

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Corinna Griesbach

Alien Love

Science-Fiction-Kurzgeschichten

AndroSF 151

Corinna Griesbach

ALIEN LOVE

Science-Fiction-Kurzgeschichten

AndroSF 151

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© dieser Ausgabe: März 2022

p.machinery Michael Haitel

Titelbild: Rainer Schorm

Layout & Umschlaggestaltung: global:epropaganda

Lektorat & Korrektorat: Michael Haitel

Herstellung: global:epropaganda

Verlag: p.machinery Michael Haitel

Norderweg 31, 25887 Winnert

www.pmachinery.de

für den Science Fiction Club Deutschland e. V., www.sfcd.eu

ISBN der Printausgabe: 978 3 95765 277 5

ISBN dieses E-Books: 978 3 95765 822 7

Alien Love

Santana wurde durch eine versteckte Nebentür in den Gerichtssaal geführt, ein wunderschönes Relikt aus dem neunzehnten Jahrhundert, das Macht und Schönheit der Justiz ausstrahlte und der Delinquentin Angst machte.

Ihr eigentlich blondes Haar war grellgelb, fast golden. Wie die Augen jener Wesen, die unverhofft, von so vielen aber lang herbeigesehnt die Erde heimgesucht hatten.

Die Zuschauer registrierten verwirrt dieses Detail. Sprach es für oder gegen Santana? War es ein Beweis für ihre Liebe zu dem Alienmann?

Zu spät hielt sie einen leeren Ordner vor ihr Gesicht, Kamerateams aus aller Welt hatten ihre Verzagtheit, ihr goldenes Haar eingefangen.

Noch mehr Sendezeit hatten die ALs bekommen, die Leute von der Alien-Life-Bewegung, von der die Presse behauptete, sie sei in der sogenannten Mitte der Gesellschaft angekommen.

Menschen, die die Aktivisten von Beten-für-Babys verspottet hatten, skandierten nun ähnliche Parolen und die Beten-für-Babys-Leute dachten ernsthaft darüber nach, AL zu integrieren, anstatt zu bekämpfen.

Gregor S., eine Schlüsselfigur der Szene, der stets mit goldenen Kontaktlinsen auftrat und seine Augenbrauen golden färbte, saß hinter Panzerglas in der ersten Zuschauerreihe.

Die Polizei rechnete mit Gewalt, Waffen und verbotenen Kundgebungen. Die Veranstaltung, wie die Presse es nannte, war als Versuchsballon geplant, der abgeschossen werden würde. Das Ziel war eine nicht-öffentliche Verhandlung an einem geheimen Ort am nächsten Tag.

Bis jetzt gab es in den Reihen der Zuschauer nur Geflüster, Monster, Hexe, hieß es und die Gegenfraktion murmelte etwas wie Das hätte sie sich früher überlegen müssen.

Santanas Eltern starben fast vor Scham, die Mutter saß zusammengesunken in den Armen ihres Mannes, sein trotziger Blick brach gerade vor den Augen einer Kamera und er begann zu weinen.

War sie Monster oder Opfer? War es Blutschande und dann Mord oder eine romantische Liebesgeschichte mit tödlichem Ausgang?

Santana hatte ihren Liebhaber getötet, den Alien, den sie Merlin S. nannten, nachdem sie in aller Seelenruhe eine illegale Abtreibung vorgenommen hatte.

Das Brisante daran – das Faszinierende, Medientaugliche, Gruselige – war, dass Santana Merlin S. während des Geschlechtsaktes getötet hatte. Das Mordwerkzeug war eine Lady-Handkreissäge, ein pinkfarbenes Modell mit besonders komfortablem Griff und etwas leichter als das Standardmodell.

Die Zuschauer erwarteten Fotos vom abgetrennten Kopf des Aliens, obwohl die Vermutung in der Luft lag, dass Santana lediglich seine Hauptschlagader perforiert hatte.

Ihre Anwältin stellte die Tötung als eine Mischung aus Unfall und Verzweiflungstat dar. Santana als Opfer eines charismatischen Aliens. Merlin S., cholerisch, gewaltbereit, hatte seinen Nachwuchs schützen wollen und der Abtreibung nicht zugestimmt.

Die Massen waren gegen Santana. Die, die gegen Alienbabys waren, hassten sie für den Sex, den sie gehabt hatte, für ihre Unfähigkeit, Verhütungsmittel anzuwenden. Die, die für Alienbabys waren, hassten sie für die Abtreibung.

Der Arzt, ein im Ruhestand lebender Sterbehelfer mit diversen Vorstrafen und zweifelhaftem Ruf, war bereits verurteilt. Er würde den Rest seines bis jetzt fünfundachtzig Jahre währenden Lebens in Haft verbringen, allerdings in einer behaglichen Seniorenhaftanstalt, was nicht allen gefiel.

Auf Santana wartete im schlimmsten Fall eine Verurteilung wegen doppelten Mordes.

Sie wurde jetzt befragt, antwortete leise, aber mit einem gewissen Stolz.

Der Sachverständige hatte bereits vor der Presse erklärt, er könne keine Einschränkung ihrer Schuldfähigkeit erkennen, und danach sah es im Moment tatsächlich nicht aus.

Die Anwältin versicherte, Santana werde sich vor Gericht umfangreich einlassen, zu ihrem Sexleben und zu der Tötung. Natürlich sagte sie Tötung, nicht Mord, vermied zu diesem Zeitpunkt aber das Wort Unfall.

Ihr Antrag, die Öffentlichkeit auszuschließen, wurde abgelehnt.

Santana begann, von ihrem Leben zu erzählen, von ihrer Kindheit, dem Elternhaus, das Schluchzen ihres Vaters war zeitweise lauter als ihre Stimme.

Eine besondere Anziehungskraft hatten die Aliens nicht auf sie gehabt, die Begegnung mit Merlin S. auf dem Campus ihrer Universität sei eine zufällige gewesen und angezogen an ihm hatten sie sein Charakter und sein Humor.

Unter anderen Umständen hätte diese Plattitüde Lachen provoziert, aber hier und jetzt gab es keine Reaktion.

Santanas Versuch, ihre Kindheit als besonders schwierig zu beschreiben, war zum Scheitern verurteilt, da ihre Eltern, ihre Schwester, ihre Schulfreunde bereits ausreichend jedem Fernsehsender erklärt hatten, Santana sei besonders glücklich aufgewachsen, ihre Eltern besonders verständnisvoll –aber nicht zu verständnisvoll – gewesen und Santana habe keinen Grund, ihre Vita als Entschuldigung für irgendetwas herzunehmen.

Die Frage der Anwältin, ob nicht auch ein – nach außen hin – zu glückliches Leben schwierig sein könne, beantwortete Santana nicht.

Das Publikum horchte auf, als die Sprache auf die erste Begegnung zwischen Santana und Merlin auf dem Campus der Universität kam.

»Er kam in mein Leben und füllte es sofort komplett aus«, sagte Santana.

»Wer?«, fragte die Richterin.

»Er«, antwortete Santana, die Merlins Namen nie wieder ausgesprochen hatte.

Sie hatte ihn geliebt, wurde schwanger von ihm, lebte von seinem Geld als Assistent an der Philosophischen Fakultät, war zu ihm gezogen.

»Vor Ihrem achtzehnten Geburtstag?«, fragte die Richterin.

»Ja.«

»Was haben Ihre Eltern dazu gesagt?«

»Nichts.«

Der Kontakt zu den Eltern war erloschen, besser, ihre Liebe zueinander war verdampft mit dem Auftauchen des Feuers der Liebe zwischen Santana und Merlin.

Das Gericht führte Santana nun an das Verbrechen ihrer Abtreibung heran.

Liebe ja, sagte sie, Leidenschaft, aber sie sei nicht bereit für ein Kind gewesen, aber was für eine Art Kind es geworden wäre, habe keine Rolle gespielt.

Trotzdem wurden Ultraschallbilder an die Wand projiziert, ein Köpfchen, Ärmchen mit kleinen Händen, an jeder sechs statt fünf Finger. Dieser kräftige Extrafinger zwischen Daumen- und Zeigefinger gruselte die meisten Menschen. Würde das Mensch-Alien-Baby den sechsten Finger überhaupt benutzen können? Würde das Gehirn zu menschlich oder alienartig genug sein, um diesen Finger zu steuern?

Merlin war Hobbypianist gewesen und hatte Mozart problemlos mit der linken Hand gespielt. Es gab Aliencomputerspiele, die nur mit zwölf Fingern gespielt werden konnten. Aber hätte Santanas Baby seine sechsten Finger unabhängig von den anderen bewegen können? Oder wären diese Glieder nur leblose Anhängsel gewesen?

Das Baby schien jetzt mit blinden Augen das Publikum anzublicken. Einen Daumen der linken Hand im Mund, spreizte es fünf Finger ab.

Die Verurteilung wegen Mordes an ungeborenem Leben folgte schnell.

Im Folgenden wurde Santanas Mord an Merlin verhandelt. Der Kauf der Kreissäge am Vortag des Mordes. Das Verstecken der Säge unter dem Bett.

»Ich sagte, ich würde das Kind behalten und dass ich Sex mit ihm wollte. Das passierte dann auch. Danach kann ich mich an nichts erinnern.«

»Sie logen ihn an?«

»Ja.«

»Warum?«

»Ich weiß es nicht.«

Santana erklärte, dass sie einige Tage vor der Tat aus Merlins Wohnung ausgezogen war und bei einer Freundin lebte. Diese war im Gerichtssaal nicht anwesend.

»Sie haben Ihr Opfer in dessen Wohnung gelockt in der Absicht, es zu töten?«

Santana antwortete nicht.

Das kleine Korsett an ihrer rechten Hand war kaum erkennbar. Sie hielt ihren sechsten Finger unbeweglich und achtete darauf, nicht ihre rechte Augenbraue zu heben, was ihren künstlichen Finger aktiviert hätte.

Sie drehte sich um, sah die Menschen und ein Alien im Publikum, sah die goldenen Augen von Gregor und versank darin.

Ihre Lippen formten ein ichliebedich und er drehte sich von ihr fort.

»Gab es einen anderen Mann?«, fragte die Richterin.

»Ja«, sagte Santana. »Aber jetzt nicht mehr.«