Alle Bände in einer E-Box! (Die Phönix-Saga) - Julia Zieschang - E-Book
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Alle Bände in einer E-Box! (Die Phönix-Saga) E-Book

Julia Zieschang

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Beschreibung

**Feuer im Blut, Eis im Herz, Sturm in der Seele…** Caro kennt weder ihre Eltern noch ahnt sie, dass in ihr gefährliche Kräfte schlummern, die jeden zu versengen drohen, den sie liebt. Bis sie dem mysteriösen Vincent begegnet, dessen goldener Blick sie vollkommen gefangennimmt. Mit ihm kommt sie dem Geheimnis um ihre Herkunft auf die Spur. Denn wie Vincent stammt sie einer uralten Linie von magischen Wesen ab, den Phönixen. Und plötzlich befindet sich Caro mitten in einem seit Jahrhunderte währenden Krieg zwischen Eis und Feuer… //Textauszug: »Bitte, Caro«, sagte er mit mühsam beherrschter Stimme. »Geh.« Das Blut rauschte in meinen Ohren und ich verstand nicht, wieso er so starr geradeaus aus der Windschutzscheibe schaute. Hatte ich etwas falsch gemacht? Wenn ich nur nicht so unerfahren in diesen Dingen wäre. »Es tut mir leid«, flüsterte ich. »Was tut dir leid?« Er fuhr zu mir herum und der grimmige Ausdruck in seinen Augen erschreckte mich. In der Dunkelheit wirkten sie plötzlich schwarz und bedrohlich. »Was auch immer ich getan habe, um dich abzustoßen.«// //Die E-Box zur Phönix-Saga enthält folgende Romane: -- Feuerphönix (Die Phönix-Saga 1) -- Eisphönix (Die Phönix-Saga 2) -- Sturmphönix (Die Phönix-Saga 3)//

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Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung, können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

In diesem E-Book befinden sich eventuell Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Carlsen Verlag GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Im.press Ein Imprint der CARLSEN Verlag GmbH © der Originalausgabe by CARLSEN Verlag GmbH, Hamburg 2016 Text © Julia Zieschang, 2016 Umschlagbild: shutterstock.com / © nizas / © Chevnenko / © Misao NOYA / © Anastasiia Gevko Umschlaggestaltung: formlabor Gestaltung E-Book-Template: Gunta Lauck Satz und E-Book-Umsetzung: readbox publishing, Dortmund ISBN 978-3-646-60296-8 www.carlsen.de

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Im.press Ein Imprint der CARLSEN Verlag GmbH © der Originalausgabe by CARLSEN Verlag GmbH, Hamburg 2016 Text © Julia Zieschang, 2016 Lektorat: Ricarda Saul Umschlagbild: shutterstock.com / © nizas / © Chevnenko / © Misao NOYA / © Anastasiia Gevko Umschlaggestaltung: formlabor Gestaltung E-Book-Template: Gunta Lauck Schrift: Alegreya, gestaltet von Juan Pablo del Peral Satz und E-Book-Umsetzung: readbox publishing, Dortmund ISBN 978-3-646-60249-4

Für meine beste Freundin, die immer für mich da ist.

Du machst mein Leben schöner!

1. Kapitel

Ich versank in dem Anblick des Flammenspiels und machte unwillkürlich ein paar Schritte in seine Richtung. Fast meinte ich spüren zu können, wie die Spitzen der Feuerzungen meine Haut sanft kitzelten. Irritiert wandte ich den Blick von dem Feuer. Was war nur los mit mir? So durfte ich nicht denken. Feuer war schmerzhaft und grausam. Es vernichtete Leben und fraß alles auf, was sich ihm in den Weg stellte, nur um selbst leben zu können. Aber was, wenn das in der Natur der Dinge lag? Waren nicht immer die aufregendsten und faszinierendsten Kreaturen auch die gefährlichsten?

Ich saß in der U-Bahn und starrte durch das Fenster in die Finsternis. Die Wände des Tunnels rauschten an mir vorbei. Die laute Musik aus den Kopfhörern meines Smartphones ließ die Gespräche der Menschen um mich herum zu einem angenehmen Gemurmel verstummen. Ich lehnte mich entspannt zurück und konzentrierte mich ganz auf die harten Beats meiner Lieblingsrockband. Die U-Bahn hielt mit einem Rucken an der nächsten Station. Ich beobachtete die anderen Fahrgäste, die sich eilig zur Tür hinausdrängten. Ich hasste die Enge der unterirdischen Tunnel. Sie lösten ein beklemmendes Gefühl in mir aus, als wäre ich eingesperrt. Zum Glück war es nicht mehr weit bis zu meiner Station. Bald würde ich wieder Tageslicht sehen. Der schwere Geruch nach fettigem Essen weckte meine Aufmerksamkeit. Ich hatte die Quelle schnell ausgemacht: ein etwa zwölfjähriger Junge, der soeben die U-Bahn mit einem Burger in der Hand betreten hatte. Ich bemühte mich um einen gleichgültigen Blick, obwohl mich der Fleischgeruch anekelte. Der Junge machte ein paar Schritte in meine Richtung. Der Platz neben mir war noch frei. Etwas in meinem Blick musste ihn abgeschreckt haben, denn er zögerte kaum merklich und setzte sich dann auf die andere Seite. Die U-Bahn fuhr an und ich drehte meinen Kopf wieder zur Scheibe. Mein Spiegelbild grinste mir zufrieden zu.

Meine Gedanken schweiften zu den heutigen Vorlesungen. Wir hatten ziemlich viel Stoff durchgenommen, was bedeutete, dass ich heute Nachmittag noch einiges zum Durchlesen haben würde. Ich seufzte bei der Vorstellung, schon wieder nur in meinem Zimmer rumzusitzen. Vielleicht sollte ich lieber erst eine Runde joggen gehen. Seit ich vor ziemlich genau einem Jahr angefangen hatte, Jura an der Ludwig-Maximilians-Universität in München zu studieren, war von meiner Freizeit nicht mehr viel übrig. Zeitweise war es äußerst mühsam, sich durch die umständlich formulierten Gesetzestexte zu kämpfen, und ich musste mir wieder in Erinnerung rufen, warum ich mir das antat.

Der Zug wurde langsamer. Ich hob meine schwere Tasche vom Boden auf und ging in Richtung der Türen. Eine weitere lästige Angelegenheit am Jurastudium war, dass man ständig eine mit Gesetzbüchern vollgestopfte Tasche mit sich rumschleppte. Ein Wunder, dass mein Rücken noch nicht aussah wie der von Quasimodo. Die U-Bahn hielt. Ich drängte mich vorbei an den mir viel zu langsam gehenden Leuten und lief die Treppenstufen hinauf in die Freiheit. Noch bevor ich ganz oben angelangt war, erreichten mich die ersten Regentropfen. Sie klatschten auf mein Gesicht und ich hörte, wie eine Frau hinter mir über das »Mistwetter« schimpfte. Mich störte es nicht weiter. Ich hatte mich längst an den ständigen Regen gewöhnt. Nichts Außergewöhnliches für einen Oktober in München. Dennoch hätte ich nichts gegen ein bisschen Sonnenschein einzuwenden gehabt. Wann hatte es den eigentlich zuletzt gegeben? Ich konnte mich gar nicht mehr daran erinnern. Ich zog mir die Kapuze meiner Jacke tief in die Stirn und beschleunigte meine Schritte. Den Regenschirm hatte ich aus Bequemlichkeit in meinem Zimmer liegenlassen. Eigentlich war es total unlogisch, denn durch den kleinen Regenschirm würde meine Tasche nur unwesentlich voller und schwerer werden, als sie es ohnehin schon war. Konzentriert starrte ich auf den geteerten Gehweg vor mir, um mit meinen Stoffturnschuhen nicht in eine Pfütze zu treten. Ich war froh, als ich vor unserem Haus angelangt war. Ein kurzer Blick auf meine Armbanduhr bestätigte mir, was ich bereits vermutet hatte: Ich hatte den Weg von der Uni bis hierher mal wieder in unter dreißig Minuten geschafft. Schnell kramte ich den Haustürschlüssel aus meiner Tasche und schloss auf. Endlich im Trockenen zog ich mir die Kapuze vom Kopf, dann lief ich die vielen Stufen hinauf bis in den dritten Stock. Im Wohnungsflur brannte Licht. Ein sicheres Zeichen dafür, dass eine meiner beiden Mitbewohnerinnen schon zu Hause war. Da heute Mittwoch war, tippte ich auf Doro.

»Hey, Caro«, hörte ich ihre Stimme durch die geschlossene Zimmertür.

Ich hatte Recht gehabt. Nachdem ich meine Schuhe ausgezogen und die Jacke zum Trocknen auf einen Bügel gehängt hatte, klopfte ich kurz an ihre Zimmertür und drückte die Türklinke nach unten.

»Hi, na, was machst du gerade?«

Sie stöhnte: »Ich muss noch die blöde Hausarbeit in Kunstgeschichte fertig schreiben.«

»Ach stimmt ja, das hattest du schon mal gesagt. Was war noch gleich das Thema?«

Sie schüttelte sich. »Botticelli.« Sie sagte es, als wäre es ein Schimpfwort.

Den Namen hatte ich schon einmal gehört, konnte ihn aber nur grob mit Madonnen-Gemälden und einer Venus in Verbindung bringen.

»Sisley, van Gogh oder meinetwegen auch Picasso – über die hätte ich alle liebend gern zwanzig Seiten geschrieben. Aber nein, ausgerechnet ich kriege einen Maler aus der Renaissance.«

»Aber die Renaissance ist doch auch nicht so schlecht. Da gab es lauter Gemälde mit hübschen pausbäckigen Engelskindern.«

Sie warf mir einen bitterbösen Blick zu.

»Engel? Pah! Das ist nicht dein Ernst.«

Ich konnte mir ein Grinsen nur schwer verkneifen. Doro und Engel – das passte wirklich nicht zusammen. Sie wäre wohl eher die Andy-Warhol-Fraktion, was schon ein Blick auf ihre Kleidung bestätigte. So bunt, wie sie rumlief, war sie beinahe selbst Pop Art.

»Stimmt, war es nicht. Aber du kriegst das trotzdem hin. Bis wann muss die Hausarbeit denn fertig sein?«

»Bis morgen.« Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Ihre kinnlangen schwarzen Haare standen in alle Richtungen ab. »Und ich hab keine Ahnung, wie ich das noch schaffen soll.«

»Na ja, du hast ja noch gute sechzehn Stunden Zeit. Vorausgesetzt, du verzichtest heute Nacht gänzlich auf Schlaf.«

»Kommt gar nicht in Frage!« Empört sah sie mich an und ihre grünen Augen blitzten.

»Schon klar, du brauchst deinen Schönheitsschlaf«, neckte ich sie.

»Sag mal, Caro, willst du mich verarschen?«, fuhr sie mich an.

»Wieso?« Ich machte eine Unschuldsmiene. Ihre heftige Reaktion verwirrte mich. Für gewöhnlich reagierte sie nicht so sensibel auf meine kleinen Sticheleien.

»Dir ist schon klar, was heute für ein Tag ist?«

Diese Frage verwirrte mich nur noch mehr. »Natürlich weiß ich das. Heute ist Mittwoch. Wäre ich etwa heute mit dem Einkaufen dran gewesen?«

»Nein.« Sie verdrehte genervt die Augen. »Du kannst unmöglich vergessen haben, dass heute der 12. Oktober ist.«

Ich zuckte zusammen. Heute war schon der Zwölfte? Scheiße, das bedeutete …

»Ganz genau.« Sie betrachtete meine vor Schreck erstarrte Miene mit einer gewissen Genugtuung. Sie kostete den Moment aus, in dem mir das volle Ausmaß ihrer Worte bewusst wurde. »Du wirst in weniger als acht Stunden zwanzig. Und das werden wir gebührend feiern.«

Ich verzog gequält das Gesicht. »Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, meinen Geburtstag zu ignorieren?«

»Wir haben uns auf gar nichts geeinigt. Du hast das so bestimmt und Mara und ich haben beschlossen, deinen Wunsch zu ignorieren.« Doro verschränkte die Arme vor der Brust. Ein zufriedenes Lächeln umspielte ihre Lippen.

Mara war die Dritte im Bunde. Ihr Vater hatte ihr diese Wohnung gekauft und sie hatte in einer Anzeige nach zwei Mitbewohnerinnen gesucht. Durch Zufall hatten Doro und ich uns als Erste gemeldet und nach einem kurzen Kennenlernen mit Wohnungsbesichtigung auch beide ein Zimmer bekommen. Wir waren alle im dritten Semester, aber jede von uns studierte etwas anderes. Mara hatte Pädagogik und Bildungswissenschaft gewählt, Doro Kunstgeschichte und ich Jura.

»Aber es ist mein Geburtstag! Habe ich da denn gar nicht mitzureden?«, beschwerte ich mich.

»Nein, hast du nicht.« Sie grinste mich frech an. Dann fügte sie versöhnlicher hinzu: »Es wird dir bestimmt gefallen, was wir uns überlegt haben.«

Das bezweifelte ich stark – ich hatte meine Geburtstage noch nie gemocht –, aber da ich keinen Streit wollte, nickte ich ergeben. Ich würde die paar Stunden bis Mitternacht schon irgendwie hinter mich bringen.

»Von mir aus. Und was machen wir dann heute? Damit ich mich schon mal seelisch und moralisch darauf einstellen kann.«

»Das werde ich dir ganz bestimmt nicht verraten. Nur so viel: Um halb acht fahren wir los. Ach, und, Caro, könntest du bitte nicht deinen ausgeleierten Kapuzenpulli anziehen? Irgendetwas Schickes wird sich bei dir im Schrank bestimmt finden, hm?« Sie blickte mich aus großen grünen Augen fast bittend an.

Ich schnaubte. Sie hatte gut reden! Noch nie hatte ich einen so vollen Kleiderschrank wie ihren gesehen. Allerdings musste ich ihr zugutehalten, dass sie ihre Klamotten hauptsächlich in Secondhandläden und auf Flohmärkten aufstöberte. Ihr spezieller Geschmack zeigte sich auch jetzt in einer schrillen Farbkombination aus türkisfarbenen Leggins und lilafarbenem Shirt.

»Tss«, empört verschränkte ich die Arme, »als ob ich nur diesen einen Pulli tragen würde. Er ist eben bequem.«

»Jaja, schon gut«, lachte Doro. »Ich muss jetzt wirklich zusehen, dass ich mit Botticelli fertig werde. Und dafür habe ich noch genau«, sie warf einen kurzen Blick auf ihr Handy, »achtundfünfzig Minuten.«

Sie drehte mir den Rücken zu und richtete ihre volle Aufmerksamkeit wieder auf ihren Laptopbildschirm.

Ich verließ mit einem mulmigen Gefühl im Bauch ihr Zimmer und ließ mich auf mein Bett fallen. Was sie wohl für heute Abend geplant hatten? Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es mir Spaß bereiten würde. Ich hatte schon immer eine negative Grundeinstellung meinem Geburtstag gegenüber gehabt und es war mir völlig schleierhaft, wie ich die Tatsache hatte verdrängen können, dass morgen der 13. Oktober war. Vermutlich eine Art Schutzmechanismus, denn ich hatte diese geheuchelte Aufmerksamkeit und das »Heute ist dein großer Tag«-Gehabe schon als Kind gehasst. Und ich wusste auch genau, woran das lag. Nichts hatte ich schlimmer gefunden, als an diesem Tag im Mittelpunkt zu stehen und daran erinnert zu werden, dass ich keine liebevolle Umarmung von meinem Vater oder einen Kuss von meiner Mutter bekommen würde. In der Grundschule grenzte es schon an Grausamkeit, wenn mich die anderen Kinder fragten, ob ich denn auch eine Geburtstagsfeier bei mir zu Hause veranstalten würde oder ob es so etwas bei uns im Waisenhaus nicht gebe. Ich hatte durchaus eine Vorstellung davon, wie solche Partys unter normalen Umständen abliefen. Ich war oft genug von Schulkameraden eingeladen worden. Die Eltern verteilten Zuckerwatte, Popcorn und Eis, liefen mit einem Fotoapparat vor den aufgeregten Gesichtern rum und knipsten wild drauflos. Das Lieblingswort von Lola, meiner damaligen Banknachbarin, war »Ameisenscheiße« gewesen. Das hatte sie vor jedem Foto gesagt. Außerdem gab es haufenweise Geschenke, Wasserpistolen und Wasserbomben. Sicher, so ein Geburtstag hätte mir auch gefallen, aber eigentlich fand ich das alles immer nur künstlich und affektiert. Eine Zurschaustellung davon, wer die lustigste Party, die tollsten Geschenke und die coolsten Eltern hatte. Nichts davon hatte ich gehabt und dabei war mein sehnlichster Wunsch ganz simpel: Ich wollte einfach nur nach der Schule nach Hause kommen und von liebenden Eltern begrüßt werden. Sie mussten noch nicht einmal cool sein. Ich würde auch ganz uncoole, spießige Eltern nehmen, Hauptsache Eltern. Und mein Geburtstag erinnerte mich immer an meinen Verlust. Daran, dass sie mich nicht gewollt hatten. Zumindest nahm ich das an, sonst hätten sie mich wohl kaum weggegeben. Über meine Vergangenheit wusste ich fast nichts. Nur, dass ich erst wenige Tage alt gewesen war, als man mich im Waisenhaus abgegeben hatte. Ich hatte noch nicht einmal ein Foto von meinen Eltern. Ich hatte überhaupt nichts. Nicht die winzigste Erinnerung. Wenn der Kalender wieder einmal den 13. Oktober anzeigte, waren die Betreuerinnen stets bemüht gewesen, mich glücklich zu machen. Carmen – meine liebste Betreuerin – ging immer mit mir in den Spielzeugladen und ich durfte mir dort etwas aussuchen. Trotzdem hatte ich abends heimlich unter der Bettdecke geweint. Später, als ich bereits aufs Gymnasium ging, versuchte ich den Tag wie jeden anderen zu sehen und ließ ihn klaglos über mich ergehen, in der Aussicht, die nächsten 364 Tage lang Ruhe zu haben.

Um den Geburtstag letztes Jahr hatte ich mich erfolgreich drücken können, worauf ich besonders stolz war. Es war die zweite Uniwoche gewesen und wir drei hatten uns quasi gerade erst kennengelernt. Da war es ein Leichtes gewesen, einfach zu schweigen und den 13. Oktober still und leise an mir vorüberziehen zu lassen. Erst an Doros Geburtstag, drei Monate später, kam die Frage auf, wann denn überhaupt meiner war. Die beiden hatten sich furchtbar darüber aufgeregt, dass ich es ihnen verschwiegen hatte, und wollten ihn mit mir nachfeiern, aber ich konnte sie zum Glück davon überzeugen, dass wir das an meinem zwanzigsten Geburtstag mit einer viel größeren Party nachholen konnten. Und wie es aussah, hatten Doro und Mara mich beim Wort genommen. So ein Mist! Das würde eine lange Nacht werden.

***

Gegen achtzehn Uhr hörte ich Mara die Wohnung betreten. »Mädels, Essen ist da«, rief sie.

Als ich unsere Küche betrat, stieg mir gleich der Duft von Pizza in die Nase. Auf dem Tisch standen zwei große Pappschachteln, die den köstlichen Geruch verströmten.

»Wie kommt's, dass du Pizza besorgt hast? Bist du nicht immer gegen ungesundes Essen? Und ist heute nicht eigentlich unser Kochabend?«, wunderte ich mich.

»Der muss diesmal leider ausfallen.« Sie zwinkerte mir verschwörerisch zu. »Außerdem fand ich, wir könnten eine ordentliche Grundlage für heute Abend gebrauchen.« Als sie meinen grimmigen Blick bemerkte, sahen mich ihre haselnussbraunen Augen entschuldigend an.

»Oh, es gibt Pizza!« Doro lief freudestrahlend zum Esstisch und lüftete die Deckel der Pizzakartons. Sie sog den Geruch tief ein, dann ging sie den Pizzaroller holen.

»Die kommen genau richtig«, meinte sie, während sie die Pizzen in Stücke schnitt. »Ich kann mich schon gar nicht mehr richtig konzentrieren. Ich brauche unbedingt ein paar Kohlenhydrate.«

»Das dachte ich mir«, lachte Mara. »Wie kommst du voran?«

»Na ja, ich habe noch dreißig Minuten Zeit. Lang genug, um drei Word-Seiten zu schreiben, was meinst du? Braucht ihr Teller oder essen wir sie aus den Kartons?«

»Kartons«, riefen Mara und ich gleichzeitig und dann lachten wir alle drei, weil die Frage so überflüssig war. Da wir keine Spülmaschine hatten, versuchten wir Geschirr zu sparen, wo es nur ging. Schließlich mochte niemand gerne den Abwasch erledigen.

»Du musst noch drei Seiten schreiben? Oje, das klingt sehr nach copy and paste.«

»Pst«, machte Doro. »Nicht, dass dich noch jemand hört. Aber wozu gibt es schließlich dieses Monstrum von Internet.«

Mara sah nicht sehr überzeugt aus. »Aber du schreibst hoffentlich nicht von Wikipedia ab, oder?«

»Für wie blöd hältst du mich denn? Keine Sorge, ich hab da schon meine Quellen.«

»Also ich könnte das nicht. Ich würde mich dabei so unwohl fühlen und hätte vermutlich ein so schlechtes Gewissen, dass ich schon allein deshalb auffliegen würde, weil man es mir aus zehn Metern Entfernung ansehen würde.«

Ich setzte mich neben Doro und sah mir die Auswahl an. Mara hatte eine Pizza Margherita und eine Funghi gekauft. Da sie wusste, dass ich Vegetarierin war, und sie selbst ebenfalls kaum Fleisch aß, gab es bei Gemeinschaftsessen immer etwas Vegetarisches. Doro hatte bereits das erste Stück zur Hälfte verschlungen und ich schnappte mir eines von der Pizza Funghi. Mara, die sich noch schnell ein Glas mit Wasser gefüllt hatte, setzte sich mir gegenüber, biss in ihre Pizza und zog dabei lange Käsefäden.

»Ist ja auch besser so. Wie sagt man doch gleich? Ehrlich währt am längsten. Und wenn heute nicht so ein bedeutender Abend wäre, würde ich mir sicherlich mehr Mühe geben«, sagte Doro kauend.

»Tobi müsste auch jeden Moment da sein.« Vorfreude spiegelte sich auf Maras Gesicht. Ich war nicht sonderlich überrascht darüber, dass ihr Freund uns begleiten würde. Sie und Tobi waren unzertrennlich und gaben ein wirklich süßes Paar ab.

»Wir sollten uns auch langsam mal ranhalten, Caro. Ich komme mir schon vor wie eine dieser alten Katzen-Ladies«, stichelte Doro.

Sie hatte gut reden, sie hatte zumindest schon ein paar Freunde gehabt. Nur bei mir wollte es nicht klappen. Außer ein paar unbedeutenden Partyknutschereien hatte ich nichts vorzuweisen. Und die waren mehr dem Alkohol als natürlicher Attraktivität zu verdanken gewesen.

»Ein paar schwarze Katzen würden wirklich gut zu dir passen«, meinte ich.

»Die schaffe ich mir vielleicht auch wirklich an, wenn das mit den Jungs nicht bald mal klappt«, entgegnete Doro.

Ich lachte: »Du kannst dich doch wirklich nicht beschweren. Auf jeder zweiten Party schleppst du einen ab.«

»Schon, aber das ist doch nichts Dauerhaftes. Das dient lediglich dem kurzen Vergnügen.« Sie zwinkerte mir bedeutungsvoll zu.

»Ich könnte euch helfen, jemanden zu finden.« Mara klatschte, begeistert von der Vorstellung, Amor zu spielen, in die Hände. Ihre liebste Aufgabe war es, uns mit Typen bekannt zu machen, von denen wir – oder besser gesagt ich – nichts wollten. Wenn es ein Studienfach namens Beziehungswissenschaft gegeben hätte, ich wette, sie hätte es belegt.

Ich zog eine Grimasse. »Bitte nicht.«

»Warum denn nicht? Willst du etwa ewig allein bleiben?« Sie schürzte beleidigt die Lippen.

»Vielleicht verratet ihr mir mal, was wir heute Abend machen?«, versuchte ich sie abzulenken.

»Ach, wenn wir es dir sagen, wäre es ja keine Überraschung mehr«, entgegnete Mara.

»Außerdem wärst du vermutlich enttäuscht, weil wir bei weitem nicht so kreativ sind, wie du vielleicht befürchtest«, meinte Doro.

Immer diese Geheimniskrämerei. Aber so schnell gab ich nicht auf.

»Also kein Stripteaseclub?« Ich versuchte meiner Stimme einen enttäuschten Klang zu geben.

»Ich fürchte, heute Nacht wird sich niemand entkleiden. Es sei denn, dein Freund wäre bereit, für eine kurze Einlage die Hüllen fallen zu lassen?« Doro grinste Mara vielsagend an und schob sich den letzten Bissen ihres Pizzastückes in den Mund.

»Das sind leider ganz exklusive Vorstellungen, nur für exklusive Personen wie mich.« Mara zog in gespieltem Bedauern die Schultern hoch.

»Zu schade.« Doro schnappte sich ein weiteres Stück Pizza.

Ich kaute frustriert auf meinem herum. Mir war der Appetit vergangen und ich war immer noch keinen Deut schlauer.

2. Kapitel

Der Regen trommelte gegen mein Fenster. Meine hohen Schuhe brauchte ich bei dem Wetter gar nicht erst aus den Tiefen meines Kleiderschrankes zu kramen. Bei den vielen Pfützen würde das kein gutes Ende für sie nehmen. Daher entschied ich mich für schlichte graue Ankle Boots und eine enge schwarze Jeans. Hoffentlich war ich damit passend angezogen. Ich wusste ja immer noch nicht, wo es hingehen sollte. Ich wühlte ein paar schickere Oberteile aus dem Schrank und breitete sie auf dem Bett aus. Keine Ahnung, was Doro für ein Problem mit meinem Kleidungsstil hatte. Es konnte ja nicht jeder so schrill und bunt rumlaufen wie sie. Und wer bitteschön trug nicht gerne bequeme Sachen zu Hause? Seufzend zog ich meinen weiten Pulli aus und tauschte ihn gegen ein enges, figurbetontes graues Top mit silbernen Pailletten. Darüber zog ich meine schwarze Lederjacke. Fertig. Zufrieden betrachtete ich mich im Spiegel. Meine feinen Haare fielen mir glatt bis zum Schlüsselbein. Ein helles Blond, das bei Sonnenschein beinahe farblos wirkte. Genau wie mein alabasterfarbener Teint, der durch unzählige kleine Sommersprossen etwas Farbe abbekam. Da den kleinen Pünktchen die Fläche auf meinem Gesicht nicht gereicht hatte, waren sie über meine Schultern hinab bis zu meinen Handrücken gewandert. Ich mochte sie sehr, denn ihr Ton passte perfekt zur Farbe meiner Iris. Eine Art warmes Bernstein, das meine Augen förmlich zum Leuchten brachte und meinem kantigen Gesicht etwas Weiches verlieh.

»Kommst du, Caro? Wir müssen los«, rief Mara.

»Komme schon.« Ich löste mich vom Spiegel und eilte hinaus.

***

Als wir an der U-Bahn-Station Münchner Freiheit in die U3 umstiegen und nicht in die von mir erwartete Richtung ins Stadtzentrum weiterfuhren, dämmerte mir langsam, wo es hinging. Auf der Strecke lag nämlich nichts Besonderes – bis auf den Olympiapark.

»Wir fahren nicht wirklich in die Olympiahalle, oder?« Mein Magen kribbelte vor Aufregung.

Doro und Mara warfen sich einen schnellen Blick zu, ehe Mara mit einem breiten Grinsen antwortete: »Doch, genau dorthin geht es.«

Das konnte nur eines bedeuten: Wir waren auf dem Weg zu einem Konzert! Ich quietschte vor lauter Vorfreude. »Wer spielt denn heute?«

Tobias, der neben Mara saß und lässig einen Arm um ihre Schultern gelegt hatte, sah mich ungläubig an. »Du hast es tatsächlich nicht mitbekommen? Sogar im Radio haben sie es gebracht.«

Ich schüttelte ungeduldig den Kopf. »Also, wer ist es?«

Doro breitete ihre Arme aus, als wolle sie »Tadaaa« schreien und verkündete dann: »The Script.«

»Was? Ihr seid verrückt! Ihr habt mir nicht wirklich eine Karte für The Script besorgt?«

»Nicht nur eine«, meinte Doro, »das wollten wir uns alle nicht entgehen lassen.«

»Ich wusste, du würdest dich darüber freuen.« Mara strahlte mich stolz und zufrieden an. Vermutlich war es ihre Idee gewesen, mir die Konzertkarten zu schenken. Musik war meine große Leidenschaft. Wann immer es ging, stöpselte ich mir meine Kopfhörer in die Ohren. Ob auf dem Weg zur Uni, beim Joggen – sogar beim Shoppen hörte ich meine Lieblingsbands. Und The Script war definitiv eine davon.

»Jetzt verstehst du auch, warum ich mitkommen musste. Ich hoffe, es macht dir nichts aus.« Tobi sah mich entschuldigend an.

»Natürlich nicht. Ich bin schon so an den Anblick von euch beiden gewöhnt, dass es direkt komisch ist, Mara mal alleine zu sehen.«

Mara streckte mir die Zunge raus und Tobi hob amüsiert die Augenbrauen.

Vor dem Eingang hatte sich bereits eine lange Schlange gebildet, in die wir uns einreihten.

»Es macht dir also nichts aus, dass du dein Geschenk schon vorher bekommst?«, fragte mich Mara leise.

»Nein, das ist schon in Ordnung.«

»Gut.« Erleichterung spiegelte sich in ihrem Gesicht. »The Script ist leider nur heute Abend da, sonst wären wir natürlich erst morgen hingegangen.«

»Mach dir nicht immer so viele Gedanken. Das ist das beste Geschenk, das ich jemals bekommen habe.«

In einer spontanen Geste umarmte ich Mara und danach Doro und Tobi. »Danke euch allen. Oh, ich freu mich ja schon so!«

»So soll es sein«, meinte Doro.

Das Konzert war der Hammer. Laut, rockig, mit zuckenden Scheinwerferlichtern und voller kreischender Fans. Die Band hatte sich richtig ins Zeug gelegt und ich hatte fast alle Songs aus vollem Hals mitgesungen. Als wir wieder draußen waren, klingelten mir zwar meine Ohren und meine Stimme war ein wenig heiser, aber das war es wert gewesen.

Es war kurz vor halb zwölf und wir beschlossen, in die Innenstadt zu fahren, um in einem Club noch ein bisschen zu feiern.

Als unser fröhlicher Trupp den Club erreicht hatte, war es zehn Minuten vor zwölf und die anderen hatten beschlossen, die Zeit bis Mitternacht draußen abzuwarten. Ich war dagegen gewesen. Der Abend war bisher der Hammer, warum ihn dann mit Geburtstagsbeglückwünschungen ruinieren? Natürlich stand ich mit dieser Meinung mal wieder alleine da.

»Nichts da. Man wird schließlich nur einmal zwanzig«, hatte Doro gesagt.

»Die Golden Twenties«, schwärmte Mara und ich hörte Doro ächzen.

»Ich bin auch schon zwanzig und wie du siehst, geht es mir ganz gut«, versuchte Tobias mir Mut zu machen. Er hatte gut reden, er stand ja nicht im Mittelpunkt. Außerdem war mir die neue Zahl am Anfang herzlich egal. Hier ging es ums Prinzip!

Die Minuten schritten unbarmherzig in Richtung Mitternacht und als Mara den Countdown einleitete, zog sich mein Magen krampfhaft zusammen. Ich hasste es, auf diese Art im Mittelpunkt zu stehen. Nur weil auf einem lächerlichen Stück Papier ein Datum stand, musste man nicht so ein Tamtam deswegen veranstalten.

»Happy Birthday!«, kreischte Mara an meinem Ohr und brach mir beinahe den Hals bei ihrer stürmischen Umarmung.

Als Nächstes kam eine Umarmung samt Glückwünschen von Tobias.

»Das Beste zum Schluss«, meinte Doro mit einem breiten Grinsen. »Alles, alles Gute zum Geburtstag!« Sie fiel mir ebenfalls um den Hals.

»Wir haben noch was für dich.« Mara reichte mir ein kleines Päckchen, eingewickelt in buntem Papier.

»Aber ihr habt doch schon das Konzert bezahlt. Das ist viel zu viel. Das kann ich nicht annehmen«, protestierte ich.

»Quatsch, das ist nur eine Kleinigkeit.« Sie wedelte mit dem Päckchen vor meiner Nase rum.

»Das wäre wirklich nicht nötig gewesen.« Widerstrebend nahm ich es ihr aus der Hand.

»Nun pack es schon aus«, ermunterte mich Doro.

»Na gut.« Ich gab mir Mühe, das Papier ordentlich aufzureißen, aber als ich Doro und Tobi ungeduldig seufzen hörte, gab ich meine Anstrengungen auf und zerriss es.

In den Händen hielt ich eine flache, quadratische Pappverpackung, die aussah wie eine CD. Vorne war nichts draufgedruckt außer ein paar bunte Herzen.

»Öhm, danke.«

»Dreh es mal um«, schlug Mara vor.

Ich tat gehorsam, was sie sagte. Fliegendes Wunschpapier stand auf der Rückseite. Ich öffnete die Schachtel und zum Vorschein kamen ein kleiner Bleistift, ein quadratischer Block mit buntem Papier und eine schmale Schachtel mit Streichhölzern. Eine Anleitung dazu gab es nicht.

Doro hatte meinen ratlosen Blick bemerkt. »Du schreibst darauf deinen Wunsch, zündest den Zettel an und lässt ihn davonfliegen.«

»Wie kitschig«, hörte ich Tobi murmeln, der dafür Maras Ellenbogen zu spüren bekam.

»Das ist aber eine süße Idee. Danke!« Ich sah einem nach dem anderen in die Augen.

»Probier es ruhig aus«, sagte Mara.

»Okay, aber ihr müsst auch mitmachen.« Ich reichte Mara den Block, sie überlegte kurz und schrieb dann ihren Wunsch auf. Sie riss das Blatt ab und gab den Block samt Bleistift an ihren Freund weiter. So machte das Wunschpapier die Runde, bis ich es zum Schluss wieder in den Händen hielt. In der Zwischenzeit hatte ich genügend Zeit gehabt, mir meinen Wunsch zu überlegen.

Ich wünsche mir eine Spur zu meinen Eltern, kritzelte ich auf den Block. In den letzten zwei Jahrzehnten meines Lebens hatte ich nicht den kleinsten Hinweis auf den Verbleib meiner Eltern gefunden. Dennoch war es immer derselbe Wunsch, schon seit ich denken konnte: der Wunsch zu verstehen, warum sie mich weggegeben hatten. Und vielleicht, ganz vielleicht konnte ich eine Beziehung zu ihnen aufbauen, wenn ich sie je wiedersehen würde. Nichts hatte ich mir als Kind mehr gewünscht, als eine Familie zu haben, die einen liebte und immer für einen da war. Ich wollte nicht mehr alleine sein. Mir würde auch ein einziges Gespräch mit ihnen genügen. Nur einmal die Menschen kennenlernen, von denen ich abstammte, nur einmal mit ihnen reden. Es war ein äußerst unrealistischer Wunsch, aber dafür waren Wünsche schließlich da. Sie bedeuteten Hoffnung, die einen immer weitermachen ließ, egal wie aussichtslos die Situation auch sein mochte – in der festen Überzeugung, dass sie sich irgendwann erfüllten. Auch wenn ihre Erfüllung eigentlich eher an ein Wunder grenzte, schob ich in Gedanken hinterher. Ich riss den Zettel ab, rollte ihn zusammen, stellte ihn auf den Boden und zündete ein Streichholz an. Ich hielt die kleine Flamme an das Papier und als es brannte, wartete ich gespannt. Wie von Geisterhand schwebte das Papier im letzten Moment in die Höhe. Die anderen taten es mir gleich und über unseren Köpfen schwebten unsere Wünsche als glühende Punkte davon.

Als wir den Club betraten, herrschte gähnende Leere. »Sag mal, kann es sein, dass die Partys immer später losgehen? Als ich jung war, da war es schon um halb zwölf brechend voll.«

»Als du jung warst. Wie sich das anhört«, lachte Doro. »Aber ich weiß, was du meinst. Ich habe auch den Eindruck, dass sich das immer mehr nach hinten verschiebt.«

Wir sahen uns etwas ratlos in dem leeren Raum um.

»Mädels, wie sieht's aus? Wollt ihr etwas zu trinken haben?«

Doro und ich gaben unsere Bestellung auf und Mara und Tobi verschwanden an die Bar. Wir setzten uns auf zwei Hocker um einen kleinen quadratischen Tisch. Die Musik war laut und wir konnten uns nur schreiend verständigen. Als die beiden mit unseren Getränken zurückkamen, stießen wir gemeinsam an und ich stellte nach dem ersten Schluck überrascht fest, dass mir flau im Magen war.

Ich beschloss es langsam anzugehen und nippte daher nur vorsichtig an meinem Getränk. Trotzdem nahm die Übelkeit zu, bis mir regelrecht schlecht war. Ich wollte den anderen nicht den Abend ruinieren und bemühte mich um einen neutralen Gesichtsausdruck. Inzwischen war der Raum deutlich voller geworden. Es musste auf ein Uhr zugehen. Ich fragte mich, was es für einen Sinn hatte, dass die Leute alle erst so spät kamen. Der Club machte ja schon um drei Uhr wieder zu. Da lohnte sich das Kommen fast nicht mehr. Unter anderen Umständen würde ich nichts lieber machen, als zu den lauten Klängen des Dubsteps zu tanzen, und da würden mir zwei Stunden nicht ausreichen.

»Gehen wir tanzen?«, fragte Mara in die Runde.

Mein Magen fühlte sich an, als wäre er im Waschprogramm auf höchster Stufe durchgeschleudert worden. »Geht doch schon mal vor. Ich schaue euch zu.«

Mara warf Tobi einen unsicheren Blick zu.

»Ich leiste Caro Gesellschaft.« Doro nippte gelassen an ihrem Drink.

»In Ordnung.« Mara ergriff Tobis Hand und zog ihn hinter sich her durch die dichte Menschenmenge.

Ich beobachtete Mara und Tobi, wie sie eng umschlungen tanzten. Doro sah ihnen wehmütig hinterher.

»Geh doch auch tanzen«, schlug ich vor.

»Und dich hier alleine sitzen lassen? Kommt gar nicht in Frage.« Entschlossen schüttelte sie ihren Kopf.

»Es macht mir nichts aus, hier alleine zu sitzen.«

»Caro, was ist denn los? Geht es dir nicht gut? Du tanzt doch sonst so gerne …«

Mist! Ich hatte mich doch extra bemüht, mir nichts anmerken zu lassen.

»Alles bestens«, antwortete ich etwas zu schnell.

Sie schaute mich kritisch an, während sie einen weiteren Schluck aus ihrem Glas nahm.

»Hm, also ich weiß nicht. Irgendetwas hast du doch.«

Innerlich stöhnte ich auf. Ich kannte Doro gut genug, um zu wissen, dass sie keine Ruhe geben würde, bis sie den Grund für meine Weigerung herausgefunden hatte.

»Ich glaube, ich möchte jetzt doch tanzen«, sagte ich leicht genervt. Ich hüpfte von meinem Barhocker, nur um mich sogleich mit der Hand auf dem Tisch abzustützen. Mir war auf einmal furchtbar schwindelig und ich brauchte einen Moment, bis ich mein Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Doro schien davon nichts bemerkt zu haben. Ihr Blick war in unbestimmte Ferne gerichtet und auf ihren Lippen lag ein seliges Lächeln. Den Gesichtsausdruck kannte ich nur zu gut. Das war Doros Flirt-Miene. Ich suchte nach dem Objekt ihrer Begierde, konnte es aber unter den vielen Menschen nicht ausmachen.

»Was ist? Kommst du nun?«, fragte ich ungeduldig.

Manchmal nervte es mich, dass man mit Doro nirgendwo hingehen konnte, ohne dass sie einen Kerl abschleppte. Aber so war sie nun mal. Gegen etwas Spaß hatte sie noch nie etwas einzuwenden gehabt.

»Ja, sofort«, sagte sie, ohne ihren Blick zu lösen.

Ich ging vorsichtig in Richtung Mara und Tobi, darauf bedacht, nicht zu schwanken. Das kostete mich eine gehörige Portion Selbstdisziplin und Konzentration. Ständig wurde ich von der Seite angerempelt und die vielen bunten Lichter machten es nicht gerade einfacher. Irgendwie kämpfte ich mich durch die Massen, ohne zu stolpern. Doro war mir gefolgt und drängte sich dicht hinter mir durch eine Gruppe tanzender Teenager. Endlich waren wir bei Mara und Tobi angelangt, die sich ein paar Schritte zur Seite bewegten, um uns Platz zu machen. Ich wippte langsam im Takt zur Musik. Schnelle Bewegungen traute ich mir nicht zu. Wovon war mir nur so schlecht und schwindelig? Alles drehte sich, einschließlich meines Magens. Es wurde immer schlimmer.

»Du siehst blass aus«, schrie mir Mara über die Musik hinweg ins Ohr. »Fühlst du dich nicht gut?«

»Ein wenig schwindelig«, gab ich zu. »Ich glaube, ich werde krank.«

»O nein! Und das ausgerechnet an deinem Geburtstag! So was kommt echt immer zum ungünstigsten Zeitpunkt.«

Wem sagte sie das? Ich hatte erst vor zwei Wochen eine Erkältung gehabt und wollte nicht erneut krank werden. Von hinten taumelte ein Mädchen gegen mich und ich stolperte einen Schritt nach vorne. Unschlüssig blieb ich stehen. Ich gab es auf, mich im richtigen Rhythmus zu bewegen. Viel zu anstrengend. Kleine Schweißperlen hatten sich auf meiner Stirn gebildet und ich wischte sie mit dem Handrücken weg.

Mara warf einen Blick auf ihre Uhr. »Du siehst wirklich nicht gut aus und es ist ohnehin schon spät. Wir gehen nach Hause.«

3. Kapitel

Am nächsten Morgen fühlte ich mich wie gerädert. Als wäre ich verkatert, mit Schwindel, flauem Magen und Kopfschmerzen. Das ganze Programm eben. Trotzdem ging es mir ein wenig besser als heute Nacht. Der Schlaf hatte mir gutgetan. Bestimmt hatte ich nur einen kleinen Schwächeanfall oder eine leichte Magenverstimmung gehabt. Ich tappte in die Küche, um mir einen Tee zu machen. Während ich darauf wartete, dass der Wasserkocher seine Arbeit verrichtete, erhaschte ich einen Blick auf die Uhr. Es war kurz nach halb elf. Um zwölf hatte ich eine Vorlesung in Strafrecht. Die wollte ich auf keinen Fall verpassen. Der Wasserkocher pfiff und ich goss das heiße Wasser in eine Tasse, in der schon ein Beutel Pfefferminztee hing. Carmen hatte immer behauptet, Pfefferminze sei gut für den Magen. Obwohl ich nur einen kleinen Schluck nahm, verbrannte ich mir die Zunge. Ich fluchte über meine eigene Ungeduld. Seufzend stellte ich die Tasse auf dem Esstisch ab und suchte nach etwas leicht Bekömmlichen zum Essen. Nach kurzem Durchwühlen des Vorratsschrankes fand ich eine bereits geöffnete Toastbrot-Packung. Perfekt. Ich warf eine Scheibe in den Toaster und lehnte mich gegen die Anrichte. Es war ungewohnt still in der Wohnung. Von Doro wusste ich, dass sie bereits in der Uni war. Ob Mara noch schlief? Ich glaubte mich zu erinnern, dass sie donnerstags immer ab zehn eine Vorlesung hatte. Aber ich war mir nicht ganz sicher. Es gab ein mechanisches Geräusch und ich zuckte zusammen, als der Toast in einem hohen Bogen aus dem Toaster sprang. Ich vergaß jedes Mal, wie schwungvoll das Gerät war. Ich schnappte mir meine warme, goldbraune Scheibe von der Anrichte und setzte mich zu meiner dampfenden Tasse. Obwohl es nicht viel war, musste ich mich zwingen, alles aufzuessen. Schnell spülte ich den letzten Bissen Toast mit lauwarmem Pfefferminztee runter. Ein weiterer Blick auf die Uhr zeigte mir, dass ich mich beeilen musste. Schnell lief ich ins Bad und putzte mir die Zähne. Die dunklen Schatten unter meinen Augen brachten diese auf seltsame Weise zum Leuchten. Als würde man einen Bernstein vor ein Fenster halten und das Licht schien hindurch. Die Farbe meiner Iris war um eine Nuance heller als noch am Vortag. Ich schloss erschöpft die Augen. Das hatte bestimmt etwas mit meiner Krankheit zu tun. Bei Erkältungen bekam man ja auch glasige Augen. Kein Grund, sich Sorgen zu machen. Ich ahnte es schon. Der erste Tag, an dem ich kein Teenager mehr war – und es würde nicht meiner werden.

***

Strafrecht war eines meiner liebsten Rechtsgebiete. Ich mochte den Professor. Er brachte den Stoff anschaulich rüber und hatte, im Gegensatz zu manchen seiner Kollegen, keine monotone Stimme. Normalerweise hörte ich aufmerksam zu und machte mir reichlich Notizen in meinem Skript. Heute nahm ich nur am Rande wahr, was der Professor sagte. Dummerweise bekam ich nicht mit, worüber er monologisierte, was wirklich schade war, denn Wirtschaftsstrafrecht war ein interessantes Themengebiet. Leider wurde meine Konzentration anderweitig in Anspruch genommen: Ich versuchte verzweifelt die erneut aufkeimende Welle an Übelkeit hinunterzuschlucken. Mir konnte unmöglich schon wieder schlecht sein. Ich hatte doch fast nichts gegessen. Ich würgte leicht. Panisch sah ich in Richtung Ausgang und überschlug in Gedanken, wie lange ich wohl im Ernstfall bis auf die Toilette brauchen würde. Daniela, neben der ich in sämtlichen Vorlesungen saß, schien von meinem inneren Kampf gegen die Übelkeit nichts mitzubekommen. Eifrig machte sie sich Notizen zu etwas, das der Professor soeben gesagt hatte. Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen und ich spürte, wie die Magensäure meine Kehle hinaufstieg. Ich musste eine Entscheidung treffen. Entweder jetzt aufstehen und sämtliche Aufmerksamkeit auf mich ziehen oder sitzen bleiben und riskieren, noch mehr Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, wenn ich mich in meine Handtasche übergab. Die Wahl fiel mir nicht schwer.

Ich stupste Daniela an: »Du, ich werde nach Hause gehen. Irgendwie fühle ich mich nicht so gut.«

»Ehrlich? Was fehlt dir denn?«

»Mir ist ein wenig schlecht.«

»Echt blöd. Und ich dachte, wir gehen nachher noch in ein Café, um deinen Geburtstag zu feiern.«

»Ja, echt blöd«, wiederholte ich, während ich mechanisch Skript und Kugelschreiber in meine Handtasche packte.

»Na ja, dann gute Besserung.«

»Danke«, flüsterte ich. »Wir holen das auf jeden Fall nach.«

Daniela erhob sich und die anderen Studenten in dieser Reihe taten es ihr nach. Durch den Lärm der zusammenklappenden Tische drehten sich die Köpfe der Studenten in den unteren Reihen zu mir nach hinten. Ich fing einige mürrische Blicke auf von denen, die extra aufstehen mussten. Im Vorbeigehen murmelte ich ein paar entschuldigende Worte. Dann sprintete ich die Treppenstufen hinauf zum Ausgang. Endlich legte sich meine Hand um die kühle Metallklinke der schweren Holztür. Ich drückte sie nach unten, stemmte mich dagegen und stahl mich hinaus in den Gang. Hastig lief ich über den Boden, der aus vielen einzelnen flachen Steinen bestand, ähnlich einem Kopfsteinpflaster, in Richtung Ausgang. Für gewöhnlich schenkte ich der kunstvollen Umgebung mehr Beachtung, doch in meiner Eile, möglichst schnell an die frische Luft zu gelangen, fehlte mir die Zeit dafür.

***

Den Moment, als ich zum ersten Mal das Unigebäude betreten hatte, würde ich wohl nie vergessen. Damals war mein erster Gedanke gewesen, dass ich mich verlaufen haben musste. Hastig hatte ich die Adresse auf meinem Zettel mit der auf meiner Handynavigation verglichen. Sie hatten übereingestimmt. Es musste richtig sein. Obwohl ich schon mein Leben lang in München wohnte, hatte ich die LMU vorher noch nie bewusst wahrgenommen. Umso mehr erstaunte mich der Anblick, der sich mir bot. Alles in diesem Gebäude erinnerte an ein Museum. Ich trat durch die geschwungenen Bögen im Eingangsbereich hindurch und gelangte zu einer Treppe, die in den ersten Stock führte und an deren linker und rechter Seite je eine weiße Marmorskulptur thronte. Das Geländer bestand ebenfalls aus Marmorstreben, die mit einem aufwendigen Goldmuster verziert waren. Ich legte meinen Kopf in den Nacken. Die kuppelförmige Decke besaß ein wabenartiges Muster und war nicht minder beeindruckend. In ihrer Mitte war ein rundes Fenster eingebaut, durch das Tageslicht bis ins Erdgeschoss fiel. Mein Blick wanderte weiter zum Gang im ersten Stock. Dieser war abgegrenzt durch mehrere Säulen im Abstand von wenigen Metern, zwischen denen sich ein Geländer befand. Die Säulen mündeten in einer bogenförmigen Decke und bildeten mehrere Tore. Selbst nach über einem Jahr entdeckte ich noch neue Dinge, die mich ehrfürchtig staunen ließen. Jeder Winkel strahlte eine Autorität aus, die die hohe Stellung, die Universitäten als Bildungseinrichtung in früheren Jahrhunderten besessen hatten, erahnen ließ.

Der Wind zerrte an meinen Haaren und blies mir die kühle Luft ins Gesicht. Langsam trottete ich in Richtung der Bänke, die im Halbkreis mit Blick zur Ludwigstraße angeordnet waren. Zwischen jeder Bank wuchs ein hoher Baum und diente im Sommer als natürlicher Schattenspender. Die bunten Blätter am Boden ließen kaum noch den Rasen erahnen. Ein paar von ihnen wischte ich mit einer schnellen Handbewegung von der Bank, ehe ich mich hinsetzte. Der Sauerstoff tat mir gut und obwohl dicke Wolken am Himmel hingen, regnete es nicht. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie stickig und abgestanden die Luft im Hörsaal gewesen war. Ich lehnte mich auf der Bank zurück und schloss die Augen.

4. Kapitel

Während ich die drei Stationen in der U-Bahn bis nach Hause fuhr, überkam mich eine Hitzewelle, gefolgt von Schüttelfrost. Wenn ich schon gedacht hatte, die Magenverstimmung sei unangenehm, dann war das nichts im Vergleich dazu. Ich fühlte mich geschwächt und so hundeelend wie schon lange nicht mehr. Eindeutig die Symptome einer fiesen Grippe.

Im Flur ließ ich alles an Ort und Stelle stehen, ohne groß etwas wegzuräumen. Dafür fehlte mir einfach die Kraft. Ich quälte mich aus meinen Turnschuhen und schlich gebeugt in mein Zimmer, wo ich mich sofort aufs Bett fallen ließ. Mein Schlaf war unruhig. Ständig wachte ich auf, abwechselnd geplagt von einer Hitze, die mir den Schweiß den Rücken hinabrinnen ließ, und einer Kälte, die meinen gesamten Körper mit Gänsehaut überzog. Ich wälzte mich von einer Seite auf die andere, mal mit Bettdecke bis unters Kinn gezogen und mal ohne. Ich wusste nicht, wie lange das so ging. Ich hatte keine Ahnung, wie viel Zeit bereits verstrichen war. Schlief ich seit einer Stunde oder waren es schon Tage?

Ein zaghaftes Klopfen bahnte sich seinen Weg in die Tiefen meines Bewusstseins und weckte mich. Meine Lider fühlten sich dick und verquollen an. Ich versuchte mich zu orientieren. Es klopfte erneut, diesmal ein wenig fester.

»Ja?«, krächzte ich.

Mara öffnete zögernd die Tür einen Spalt breit und spähte hinein.

»Hab ich dich aufgeweckt?«

»Ist schon gut, ich habe eh nicht richtig geschlafen.« Meine Stimme hörte sich furchtbar an. Trocken und rau.

»Wie geht es dir? Ist dir immer noch schwindlig?«

»Nein.« Zu meiner Erleichterung stellte ich fest, dass das stimmte. »Aber ich glaube, ich habe eine Grippe.«

»Hast du Gliederschmerzen? Fieber?« Sie kam näher, um meine Stirn zu berühren. »Heiß fühlst du dich nicht an. Ich koche dir eine Gemüsebrühe, ja?«

»Das musst du nicht.« Ich war es nicht gewohnt, dass man sich um mich kümmerte, und wiegelte automatisch sofort ab.

»Das mache ich doch gerne. Ich bin gleich wieder bei dir. Brauchst du sonst noch was?«

Von einer Sekunde auf die nächste war mir wieder furchtbar kalt.

»Vielleicht noch eine Wärmflasche«, sagte ich mit klappernden Zähnen.

»Kommt sofort.«

Mara schloss die Tür leise hinter sich. Erschöpft lehnte ich meinen Kopf gegen die Kissen und schloss die Augen. Ich versuchte die Kälte, die tief aus meinem Inneren zu kommen schien, so gut es ging zu ignorieren. Mara kam mit der Wärmflasche in der Hand zurück.

»Hier, bitte.« Sie reichte sie mir. »Von Doro soll ich dich fragen, ob sie dir einen ihrer Spezialtees kochen soll?«

»Nein danke. So schlecht geht es mir dann doch nicht.« Ich versuchte ein Lachen, aber heraus kam ein Hüsteln. Bevor ich noch einmal einen von Doros Tees, die nach aufgebrühten Schweißsocken schmeckten, trank, musste ich schon im Sterben liegen. Der Gedanke allein genügte, damit mein Magen rebellierte.

Mara zwinkerte mir zu: »Ich versteh schon. Ihre Tees sind wirklich sehr speziell.«

***

Ich hielt eine dampfende Schüssel Gemüsebrühe in meinen Händen und wärmte mich daran. Meine Lippen waren spröde, weil ich außer der Tasse Pfefferminztee den ganzen Tag über nichts getrunken hatte. Ich löffelte die Suppe so weit aus, wie es ging. Dann setzte ich die Schale an meine Lippen und trank auch noch den letzten Schluck, bis kein Tropfen Brühe mehr übrig war. Die leere Schüssel stellte ich auf mein Nachtschränkchen und drehte mich auf die Seite. Ich schlief weiterhin unruhig, gegen Mitternacht kamen die Hitze- und Kältewellen in immer kürzeren Abständen. Sie wechselten sich so rasend schnell ab, dass ich erst begriff, dass ich schwitzte, wenn mir schon wieder kalt war. Als es gegen Morgen langsam weniger wurde, übermannte mich die Erschöpfung. Dankbar empfing ich die bleierne Schwere des erlösenden Schlafes, die mich einhüllte und in eine tiefe, traumlose Sphäre zog.

Als ich das nächste Mal einen Blick auf die Uhr warf, zeigte sie 13:50 Uhr an. Ich hatte fast vierundzwanzig Stunden im Bett verbracht. Das war mir wohl das letzte Mal passiert, als ich noch ein Baby war. Ich streckte mich ausgiebig und stellte zufrieden fest, dass ich mich erholt und ausgeschlafen fühlte. Ich warf die Decke zurück, schwang die Beine über die Bettkante und stand auf. Dann schlüpfte ich in die erstbeste Jogginghose, die mir in die Hände geriet, und in meinen geliebten Kapuzenpulli. Im Badezimmerspiegel erinnerte mein Anblick an ein zerrupftes Huhn. Ich fuhr mir fahrig mit den Fingern durch die Haare, um die gröbsten Knoten zu lösen, und band sie zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen. Danach spritzte ich mir kühles Wasser ins Gesicht. Meine Haut spannte noch mehr auf meinen spitzen Wangenknochen als gewöhnlich, wodurch mein Gesicht noch kantiger wirkte als sonst. Ich war aschfahl und brauchte dringend frische Luft. Nachdem ich einen ganzen Tag in meinem Zimmer eingesperrt gewesen war, sehnte ich mich nach der Freiheit und Weite der Welt draußen. Meine Muskeln fühlten sich hart und verspannt an von dem langen Liegen im Bett. Sie wollten bewegt werden und ich würde ihnen diesen Gefallen tun.

Ich zog mir gerade die Turnschuhe im Flur an, als Doro aus ihrem Zimmer kam und mir den Weg versperrte.

»Wo willst du hin?«, fragte sie argwöhnisch.

»Nur ein bisschen im Park spazieren gehen.«

»Hältst du das für eine gute Idee? Du bist doch gerade erst aufgewacht. Und wirklich gesund siehst du auch noch nicht aus.«

»Doro«, seufzte ich. »Was ist schon dabei? Ich geh nur ein bisschen frische Luft schnappen.«

»Entschuldige, dass wir uns Sorgen um dich machen«, erwiderte sie aufgebracht.

»Wir? Mara hat dich angewiesen, auf mich aufzupassen, stimmt's?«, sagte ich mit einem wissenden Lächeln.

»Nun ja.« Doro verzog das Gesicht. Es war ihr offensichtlich unangenehm, so schnell durchschaut worden zu sein. »Sie meinte, ich solle, solange sie mit Tobi unterwegs ist, ein Auge auf dich haben.«

Ich verkniff es mir, die Augen genervt zu verdrehen. Ich war es gewöhnt, mich um mich selbst zu kümmern und unabhängig zu sein. Deshalb verstörte mich Maras fürsorgliche Art manchmal ein wenig. Okay, oft sogar, und ich fühlte mich dann bevormundet, obwohl das natürlich vollkommener Blödsinn war. Natürlich war Doro ebenfalls ein herzensguter Mensch. Obwohl sie ohne Maras ausdrückliche Anweisung wohl nicht von selbst auf den Gedanken gekommen wäre, mich von einem Spaziergang abzuhalten.

»Doro«, ich lachte gezwungen, »mir geht es gut. Ehrlich. Kein Grund, sich Sorgen zu machen. Ich bin mir sicher, nachdem ich an der frischen Luft war, geht es mir sogar noch besser.«

»Na schön, dann komme ich aber mit.«

»Das ist wirklich nicht nötig.«

»Nein, nein. Keine Widerrede. Ich will mir nicht von Mara vorwerfen lassen müssen, wie schlecht ich meinen Job gemacht habe.«

Sie hatte sich schon ihre Jacke angezogen und sah mich nun erwartungsvoll an. »Was ist? Gehen wir nun in den Park oder schlägst du hier Wurzeln?«

Ich gab mich geschlagen, schnappte mir meinen Mantel und folgte ihr hinaus ins Treppenhaus.

Unsere Wohnung lag nur wenige hundert Meter vom Englischen Garten entfernt. Wir mussten lediglich der Straße folgen und schon standen wir mitten im Grünen. Da ich für mein Leben gern joggte, war die unmittelbare Nähe zum Park ideal. Ich war hier so oft, dass ich vermutlich jeden Stein kannte.

Schweigend gingen wir nebeneinander die Straße entlang. Ich hatte den Kragen meines Mantels aufgestellt, da ein eisiger Wind wehte. Die Regenwolken hingen dick und grau über der Stadt.

Wir erreichten den Park und ich stellte überrascht fest, dass fast keine Blätter mehr an den Bäumen hingen. Der Wind musste sie alle hinabgeweht haben.

»Wie ist eigentlich deine Hausarbeit geworden?« Ich hatte ganz vergessen, Doro danach zu fragen.

»Lass uns lieber nicht darüber reden. Ich sag nur: zu wenig Zeit und zu viel Stoff. Ob ich es jemals auf die Reihe kriegen werde, nicht auf dem letzten Drücker anzufangen? Bestimmt ein genetischer Fehler. Ich wusste schon drei Wochen im Voraus von der Hausarbeit und konnte mich trotzdem keine achtundvierzig Stunden davor aufraffen, endlich dieses blöde Geschichtsbuch aufzuschlagen.«

»Ich würde mir da keine Gedanken machen. Du brauchst halt den Druck des nahenden Abgabetermins.«

»Ja, schon möglich. Der Adrenalinkick zusammen mit dem Stress ist echt überwältigend. Solltest du auch mal ausprobieren«, witzelte Doro.

Eine Böe wirbelte die Blätter vor uns auf dem Weg auf.

»Ich werde es mir merken. Obwohl ich nicht glaube, dass wir jemals Hausarbeiten schreiben müssen.«

Wir gelangten zu einer Weggabelung.

»Puh. Es ist echt kalt. Macht's dir was aus, wenn wir langsam wieder zurückgehen?« Doro zog den Kopf ein, als eine erneute Windböe an unseren Kleidern zerrte.

»Nein, es ist wirklich ziemlich ungemütlich.«

Wir gingen nach links, wo der Weg in einem Halbkreis wieder zurück zu unserem Ausgangspunkt führte.

»Ich glaube, wir werden verfolgt.« Doro stupste mich mit ihrem Ellenbogen in die Rippen. Es war ihr anzusehen, dass sie es nur im Spaß sagte. »Der Typ läuft, schon seit wir aus dem Haus sind, hinter uns her.«

Ich warf einen Blick über meine Schulter. Ein Mann mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze, die verhinderte, dass ich sein Gesicht erkennen konnte, schlenderte hinter uns her. Als er bemerkte, dass ich mich zu ihm umgedreht hatte, hob er den Kopf und ich blieb vor Schreck wie erstarrt stehen. Seine zusammengekniffenen Augen blickten mich feindselig an. Zorn stand darin und noch etwas anderes. Frustration?

Als Doro bemerkte, dass ich stehen geblieben war, und sich zu uns umdrehte, richtete er seinen Blick wieder zu Boden. Doch die kurze Zeit hatte gereicht, um meinen gesamten Körper mit einer Gänsehaut zu überziehen. Ich konnte es fühlen, irgendetwas war anders an ihm, ich wusste nur nicht genau, was. Dafür war ich mir sicher, ich würde den Anblick seiner wütenden Augen nie vergessen können, und das lag nicht nur an der Art, wie er mich angesehen hatte. Seine Augen leuchteten dunkel-golden. Und gefährlich.

Doro zog mich am Ellenbogen weiter. »Warum bleibst du denn stehen?« Sie bemerkte meine vor Schreck geweiteten Augen. »Was ist passiert?«

Ich schüttelte den Kopf. Wie sollte ich ihr erklären, dass mich der kurze Blick eines Fremden bis ins Mark erschüttert hatte? Ich konnte es mir ja nicht einmal selbst erklären. »Nichts. Komm, lass uns weitergehen.«

Doro blieb stur stehen und der Kapuzentyp tat so, als betrachte er die Bäume. »Erst wenn du mir sagst, was dich eben erschreckt hat.«

»Da war nichts. Ich glaube, mir geht es doch noch nicht so gut. Ich möchte mich wieder ausruhen.«

Ehe ich es verhindern konnte, befühlte sie mit der flachen Hand meine Stirn.

»Heiß fühlst du dich nicht an, aber das könnte auch an den eisigen Temperaturen hier draußen liegen. Für Mitte Oktober ist es wirklich verdammt kalt.«

Dass sie sich Sorgen um mich machte, ärgerte mich. Es war beinahe wie ein Reflex. Kaum wurde ich ein bisschen bemuttert, schon regte es mich auf. Total irrational.

»Du solltest daheim lieber Fieber messen.«

»Doro, hör jetzt bitte damit auf«, presste ich mit mühsam beherrschter Stimme hervor.

Ich stapfte aufgebracht an ihr vorbei. Das Laub raschelte unter meinen kräftigen Schritten und einzelne Blätter wirbelten vom Boden auf. Doro folgte mir, holte mich ein und tat, als sei nichts gewesen. Und das war mir nur recht, denn sämtliche meiner Sensoren waren auf die Person hinter mir gerichtet, die uns mit einigem Abstand nach Hause folgte. Ich hatte das Gefühl, seine stechenden Blicke im Rücken zu fühlen.

5. Kapitel

Mara kam mit Tobi im Schlepptau gerade zur Haustür rein, als der Wasserkocher pfiff.

»Wollt ihr auch einen Tee?«, rief Doro aus der Küche.

»Ja«, kam die knappe Antwort aus dem Flur.

Ich stand neben Doro und holte noch zwei weitere Tassen aus dem Schrank. Doro hängte je einen Beutel Früchtetee hinein und übergoss sie mit heißem Wasser. Ich schnappte mir zwei Tassen und platzierte sie vor Mara und Tobi, die sich schon an den Tisch gesetzt hatten.

»Du siehst ja wieder ziemlich fit aus«, stellte Mara nach einem prüfenden Blick auf mich fest.

»Ja, ich fühle mich auch ganz gut.«

»Das ist schön. Und jetzt rate mal, was mir vorhin beim Shoppen passiert ist.«

»Ähm, keine Ahnung. Du wurdest von einer Taube vollgekackt.«

»Caro!« Sie versuchte ein empörtes Gesicht zu machen. Kurz darauf brach sie in schallendes Gelächter aus. »Schön wär's. Ich wünschte, es wäre nur das gewesen.«

»Was bitteschön kann schlimmer sein, als von einem Vogel vollgeschissen zu werden?« Ich machte ein möglichst entsetztes Gesicht.

»Zwei Vögel?«, riet Doro.

Tobi kicherte.

»Es war so peinlich.« Mara vergrub ihr Gesicht in ihren Handflächen.

»Nun spuck's schon aus«, forderte Doro ungeduldig.

»Na gut.« Sie legte ihre Hände auf den Tisch. »Ich stand an der Kasse in einer richtig langen Schlange und als ich dran war mit Bezahlen, musste ich feststellen, dass ich mein Portemonnaie daheim vergessen hatte. In meiner anderen Handtasche. Und da stehe ich nun. Hinter mir eine ewig lange Schlange, ich krame hektisch in meiner Handtasche und kann natürlich nichts finden. Nicht einmal einen Glückscent. Und das Schlimmste war, dass es alle mitbekommen haben.«

»Und ich konnte ihr auch nicht helfen«, erzählte Tobi weiter, »weil ich schon ins nächste Geschäft vorgegangen bin, als ich die lange Schlange gesehen habe.«

»Und hast du es an der Kasse zurücklegen lassen und bist dann noch mal hingegangen?«, fragte Doro.

»Nein. Das war mir alles viel zu peinlich. Ich setze bestimmt nie wieder einen Fuß in diesen Laden«, jammerte Mara.

Tobi legte ihr einen Arm um die Schultern und gab ihr einen Kuss auf ihren Kopf. »In ein paar Tagen kannst du da schon wieder rein. Den Vorfall haben die bis dahin längst vergessen.«

»Hoffentlich.« Sie hielt ihre Tasse in beiden Händen und pustete auf die Oberfläche. »Und jetzt seid ihr dran. Raus mit den peinlichen Storys. Ich will alles hören.«

***

Nach unserem Schwätzchen setzte ich mich an den Schreibtisch und versuchte Verwaltungsrecht zu lernen. Allerdings schweiften meine Gedanken immer wieder ab. Sobald ich einen halben Satz gelesen hatte, verschwammen die Buchstaben vor meinen Augen und stattdessen tauchten andere Bilder davor auf. Es konnte doch nicht so schwer sein, sich für eine halbe Stunde zu konzentrieren! Verdammt, irgendwann musste ich schließlich mit Lernen anfangen! Ich konnte das unmöglich bis kurz vor die Prüfungen aufschieben. Ich wagte einen erneuten Versuch. Der wievielte war das jetzt? Der zwölfte? Ich fing bei dem Absatz an zu lesen und schwor mir, nicht vom Schreibtisch aufzustehen, ehe ich nicht mit dem gesamten Skript durch war. Leider erwischte ich mich kurze Zeit später bei dem Gedanken, was ich denn am Wochenende alles machen könnte. Manchmal nervte ich mich selbst. Warum konnte ich mich nicht einfach mal fünf Minuten lang konzentrieren? Zornig pfefferte ich das Skript mit einer Handbewegung vom Schreibtisch. Es landete mit einem dumpfen Geräusch neben meinem Papierkorb. Verwaltungsrecht war eines dieser staubtrockenen Fächer, mit denen ich nicht viel anfangen konnte. Jedes Büffeln und Einbläuen von stumpfer Theorie war für mich ein Graus. Ich war ein Logikmensch und Auswendiglernen hatte mir noch nie gelegen. Wozu sollte das überhaupt gut sein? Was für einen Sinn hatte es, in Klausuren stumpfsinnige, auswendig gelernte Antworten niederzuschreiben? Man sollte uns lieber zu selbstständigem Denken animieren, aber nein – Hauptsache, man konnte das Skript eins zu eins wiedergeben! Ich merkte, wie ich mich da in etwas hineinsteigerte, konnte aber nicht verhindern, dass meine Unzufriedenheit die Oberhand gewann. Plötzlich wurde mir heiß, sehr heiß und meine Atmung beschleunigte sich. Bekam ich zu allem Überfluss jetzt auch noch eine Panikattacke? Na toll! Wütend schlug ich mit der Faust auf den Schreibtisch und verdammt, tat das weh! Der Schmerz lenkte mich so weit ab, dass sich meine Atmung wieder beruhigte und meine Panikattacke abklang. Ein merkwürdiger Geruch stieg mir in die Nase. Er erinnerte mich an früher, wenn wir im Sommer ein Lagerfeuer bereitet hatten. Das war für mich immer eines der Highlights gewesen. Marshmallows auf Holzspießen in die offenen Flammen halten, bis sie von außen schön knusprig karamellisiert und innen zart schmelzend waren. Plötzlich wurde aus dem leicht holzigen Rauch beißender Qualm und ich schaute mich panisch nach der Quelle des Gestanks um. Ungläubig starrte ich unter meinen Schreibtisch. Aus meinem Papierkorb stiegen kleine Rauchwolken auf. Ach du Scheiße, mein Papierkorb brannte! Wie konnte denn das passieren? Mir blieb keine Zeit, länger über die Feuerursache nachzudenken. Hektisch griff ich mir den Korb und sprintete damit ins Bad. Ich stellte ihn in die Duschkabine, griff nach der Duschbrause und drehte den Wasserhahn bis zum Anschlag auf. Das Feuer war in Sekundenschnelle gelöscht und übrig blieb ein völlig durchweichter Klumpen verkohltes Papier. Der Matsch schwamm im Wasser und ich überlegte, wie ich das jetzt entsorgen sollte. Ich konnte das ganze Wasser schlecht ins Klo schütten. Am Ende verstopfte ich es noch. Ich entschied mich dafür, das Zeug in die Dusche zu kippen, damit das überflüssige Wasser erst mal ablaufen konnte. Dann schob ich die Überreste, eine Art gräulicher Schleim, mit beiden Händen zu einem Haufen zusammen und entsorgte ihn im Hausmüll. So viel zur Mülltrennung. Den leeren Papierkorb stellte ich zum Trocknen wieder an seinen altangestammten Platz, wo ich ihn noch eine ganze Weile ratlos anstarrte. Kopfschüttelnd wandte ich mich ab. Ich beschloss erst mal eine entspannende Dusche zu nehmen, denn durch die Hektik war ich ins Schwitzen gekommen. Außerdem kamen einem ja unter der Dusche angeblich die besten Ideen. Einen Geistesblitz, der mir erklärte, woher die Flammen in meinem Papierkorb kamen, konnte ich jetzt gut gebrauchen.

Das warme Duschwasser massierte meinen Nacken und löste die Verspannungen darin. Ich fühlte mich wieder ruhig und ausgeglichen, nur der geniale Einfall blieb aus. Mir wollte keine logische Erklärung für den Brand einfallen. Dass Mülleimer anfingen zu brennen, wenn man noch heiße Streichhölzer hineinwarf, konnte ich durchaus nachvollziehen. Aber das hatte ich ja nicht getan. Ein Funke verursacht durch einen Kurzschluss war ebenfalls auszuschließen, denn in diesem Fall wäre das entsprechende Gerät auch kaputtgegangen. Ob der Papierkorb zu nah an der Heizung gestanden und sich dadurch zu stark erwärmt hatte? Das erschien mir noch die plausibelste aller Erklärungen. Die Heizung verlief direkt vor meinem Schreibtisch, den ich absichtlich so platziert hatte, damit es immer schön warm war, wenn ich lernte. Der Papierkorb stand vielleicht zwanzig Zentimeter davon entfernt. In Zukunft würde ich ihn an einer anderen Stelle platzieren, damit so etwas nicht noch einmal vorkam.

Zufrieden damit, eine Erklärung gefunden zu haben, schäumte ich mir die Haare mit meinem Lieblingsshampoo ein. Der Duft von Zitrone und Olivenöl stieg mir in die Nase. Ich schloss die Augen und spülte mir die Haare gründlich aus und alle Sorgen gleich mit.

6. Kapitel

Als ich mir in der Küche etwas zu essen machte, stieß Doro zu mir.

»Ich geh nachher noch mit ein paar Leuten aus der Uni ins Kino. Magst du mitkommen?«

»Danke. Aber ich bleibe lieber daheim und ruhe mich noch ein bisschen aus.« Ich täuschte ein Gähnen vor.

»Ja, ist wahrscheinlich besser, wenn du es erst mal langsamer angehen lässt.« Ihre grünen Augen blickten mich verständnisvoll an.

Es versetzte mir einen kleinen Stich, sie anzulügen, aber den wahren Grund konnte ich ihr nicht verraten, denn ich kannte ihn ja nicht einmal selbst. Ich hatte nur ein vages Gefühl, dass sich etwas verändert hatte. Das Feuer, der Kerl im Park. Ich hatte eine leise Ahnung, dass irgendetwas im Busch war, und ich wollte diesen Dingen auf den Grund gehen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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