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Hanni Birkmoser

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Beschreibung

In Sünde leben
Packender Heimatroman um die Qual zweier Herzen

Anna und Hartl Hoflechner führen auf ihrem Hof in dem kleinen Gebirgsdorf Fieberbrunn eine glückliche Ehe. Das ändert sich jedoch mit einem Schlag, als Hartls Bruder Martin, Annas große Jugendliebe, nach zehn Jahren in die Heimat zurückkehrt. Obwohl sie sich nach außen nichts anmerken lässt, spürt sie, dass sie Martin niemals hat vergessen können - und auch nicht ihren Schwur, sich eines Tages für ihre verschmähte Liebe zu rächen.
Martins Wunsch, sein Leben in Gottes Dienst zu stellen, war damals größer als seine Liebe zu ihr. Und für Anna brach eine ganze Welt zusammen.
Als Martin sich nun in ihre jüngere Schwester Monika verliebt und für diese "kleine Kröte" offenbar bereit ist, auf sein Priesteramt zu verzichten, kennt Annas Rache keine Grenzen. Und sie stürzt durch Lügen, böse Gerüchte und hinterhältige Intrigen ihre ganze Familie in tiefstes Unglück ...

Angetrieben von Eifersucht und Rachegelüsten treibt Anna rücksichtslos ihr falsches Spiel, doch eines Tages schlägt das Schicksal zurück, und die Intrigantin steht an einem dramatischen Wendepunkt ihres Lebens.
Liebe Leserinnen und Leser, freuen Sie sich auf diesen packenden Heimatroman aus der beliebten BASTEI-Reihe "Alpengold".

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Seitenzahl: 146

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Inhalt

Cover

Impressum

In Sünde leben

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag / Michael Wolf

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-7579-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

In Sünde leben

Packender Heimatroman um die Qual zweier Herzen

Hanni Birkmoser

Anna und Hartl Hoflechner führen auf ihrem Hof in dem kleinen Gebirgsdorf Fieberbrunn eine glückliche Ehe. Das ändert sich jedoch mit einem Schlag, als Hartls Bruder Martin, Annas große Jugendliebe, nach zehn Jahren in die Heimat zurückkehrt. Obwohl sie sich nach außen nichts anmerken lässt, spürt sie, dass sie Martin niemals hat vergessen können – und auch nicht ihren Schwur, sich eines Tages für ihre verschmähte Liebe zu rächen.

Martins Wunsch, sein Leben in Gottes Dienst zu stellen, war damals größer als seine Liebe zu ihr. Und für Anna brach eine ganze Welt zusammen.

Als Martin sich nun in ihre jüngere Schwester Monika verliebt und für diese »kleine Kröte« offenbar bereit ist, auf sein Priesteramt zu verzichten, kennt Annas Rache keine Grenzen. Und sie stürzt durch Lügen, böse Gerüchte und hinterhältige Intrigen ihre ganze Familie in tiefstes Unglück …

»Martin schreibt, dass er die Ferien über zu uns kommt. Wir müssen seine Kammer herrichten!« Der Bauer vom Hoflechnerhof hielt ein dicht beschriebenes Blatt Papier vor seine kurzsichtigen Augen.

»Setz deine Brille auf, sonst liest du wieder alles falsch«, erklang die Stimme seiner jungen Frau, der Anna. Dann nahm sie ihm das Papier aus der Hand. »Gib her, das dauert mir zu lang«, sagte sie energisch.

»Aber er hat doch mir geschrieben«, verteidigte Hartl sich und sah seine bessere Hälfte bekümmert an.

Anna beugte sich über den Brief. Schwer fiel ihr dunkles Haar in zwei dicken Zöpfen über die Schultern und glänzte im Schein der Tischlampe. Schön war sie, seine Anna, so schön, dass es ihm noch immer den Atem nahm, obwohl sie schon seit fast zehn Jahren die Seine war.

Damals, als er sie kennengelernt hatte, auf einem Feuerwehrball im Nachbarort, da hatte er sich auf den ersten Blick in sie verliebt. Und vor Kummer hatte er einige Gläser über den Durst getrunken. Denn die schöne Bahnhofsvorstehertochter hatte nur Augen gehabt für den Martin, seinen Bruder.

Dieser hatte sich aber damals längst dazu entschlossen, Theologie zu studieren und Pfarrer zu werden. Es hieß, die beiden wären miteinander befreundet gewesen, so ein halbes Jahr ungefähr, bis er ihr dann die Wahrheit gesagt haben musste.

Sie hatte sich nie etwas anmerken lassen, die Anna, ob sie es wirklich getroffen hatte, denn sie gab ihm, dem Hartl, ihr Jawort, noch ehe der Martin in die Stadt abgereist war. Seitdem hatten sie ihn beide nicht mehr gesehen.

Und jetzt kam er und wollte seine Ferien bei ihnen verbringen. Wie er schrieb, hatte er fertig studiert und war inzwischen Religionslehrer an einem Gymnasium geworden. Noch in diesem Jahr wollte er sich zum Pfarrer weihen lassen.

»Scheinbar hat es ihm mit dem Pfarrerwerden doch nicht so pressiert«, sagte Anna und faltete den Brief zusammen.

»Er war halt noch sehr jung, und so einen Entschluss überlegt man sich eben.« Hartl wollte seine Anna in seine Arme ziehen. Es kam nicht mehr oft vor, dass er das tat, denn die Arbeit jetzt um diese Jahreszeit nahm ihn sehr in Anspruch. Einen Knecht hatten sie keinen, dafür fehlte das Geld.

Anna wich seiner Umarmung aus und stand auf.

»Die Kammer wird schon fertig sein, bis er kommt. Ich hab der Monika versprochen, dass ich ihr helf, die Sachen zusammenzupacken. Es wird Zeit, dass wir sie mit den Tieren auf die Alm bringen.«

»Recht hast du, die anderen Bauern haben die Almen schon offen. Red mit der Monika und sag ihr, dass ich ihr mehr zahl. Und den Hiasl kann sie auch mit hinaufnehmen, damit sie net so allein ist.«

»Wenn du zu viel Geld hast, dann weiß ich etwas Besseres, als der Moni ihr Gehalt zu erhöhen«, sagte Anna unwirsch und band das Kopftuch um die dunklen Haare. Sie sah nicht ein, wieso die Schwester mehr Geld bekommen sollte.

»Ich hab nur gemeint, weil es halt recht einsam da oben ist für ein so hübsches Madl wie die Monika. Und sie macht ja alle Jahr ihre Sach recht ordentlich.«

Bei dem Wort hübsch hatte es der Anna einen Stich gegeben. Hübsch war die Monika, das ließ sich nicht leugnen.

Anna reckte sich vor dem Spiegel. Sie konnte mit ihrem Aussehen zufrieden sein. Sie war jetzt schon Ende zwanzig, aber gerade das gab ihr einen fraulichen Reiz, der der Monika noch fehlte. Kein Wunder, sie war im Winter erst achtzehn Jahre geworden.

Nie würde sie diese makellose Figur bekommen und nie die brennenden dunklen Augen und den vollen roten Mund, da war sich Anna ganz sicher. Die Monika war ein ganz anderer Typ. Sie kam mehr auf die Mutter, die blond und blauäugig gewesen war. Und auch das Sanfte hatte sie von ihr, während in Anna ein ungezügeltes Temperament steckte.

Hartl war es nie gelungen, dieses Temperament zu wecken. Ihm nicht und keinem anderen Bauernburschen – bis auf einen. Aber der hatte ihre Liebe verschmäht und war in die Stadt gegangen, um zu studieren.

Obwohl es schon über zehn Jahre zurücklag, wurde Anna bei diesem Gedanken unruhig. Martin hatte sie zutiefst beleidigt und ihre Gefühle missachtet. Bis heute hatte sie es nicht vergessen, dass sie ihm damals Rache geschworen hatte.

Während Anna das Fahrrad aus dem Schuppen holte, musste sie wieder daran denken. Damals war es auch so ein schöner Sommer gewesen, für die rassige Tochter des alten Karl Münzbach der Sommer ihrer ersten großen Liebe.

Da drüben, bei den drei Birken, hatte Martin sie das erste Mal geküsst. Gleich an dem Abend, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Und ihr schien es, als brenne dieser Kuss noch heute auf ihren Lippen.

Wie sehr die beiden Brüder sich doch voneinander unterschieden!

Martin war groß und hatte dunkles Haar und dunkle Augen. Hartl war klein und untersetzt, mit hellen Augen und einem breiten, gutmütigen Gesicht. Er hatte ihr nie besonders gefallen, aber es waren sein einnehmendes Wesen und seine Gutmütigkeit, die sie dazu getrieben hatten, ihn zu heiraten. Und nicht zuletzt der Gedanke, dass es Martin kränken würde.

Ob das wirklich der Fall gewesen war, hatte Anna nie erfahren, denn er war gleich nach der Hochzeit abgefahren, und sie hatte ihn seither nie wiedergesehen.

»Du träumst wohl und fährst am Haus vorbei«, sagte eine gutmütige helle Stimme neben ihr. Sie hatte tatsächlich, in Gedanken versunken, am Elternhaus vorbeifahren wollen. Monika hielt ihr Rad fest.

»Der Abend ist so schön, und ich hab nur in die Gegend geschaut«, bekannte Anna und errötete.

»Ich hab schon gewartet. Ist reichlich spät für deinen Besuch. Der Vater hat sich schon hingelegt. Mit dem Magen hat er es heute wieder.« Das junge Mädchen lehnte das Rad an die weiße Hausmauer.

»Dann gehen wir in die Küche und sind net so laut«, sagte Anna flüsternd und ging hinter der Schwester ins Haus. Bedrückend eng war es hier, die kleinen Zimmer mit den bunten Gardinen hatten winzige Fenster, und auch die Eckbank in der Küche war sehr klein.

Insgeheim fragte sich Anna oft, wie es die Schwester hier aushielt in dieser Enge, diesem täglichen Einerlei und mit dem kranken Vater. Jedes Mal nach einem solchen Besuch war Anna froh, wieder auf ihrem Hof zu sein.

Die Schwester holte die Flasche mit dem selbst gemachten Eierlikör aus dem Schrank. Das war der einzige Luxus, den sich der Vater hin und wieder gönnte, und das auch nur an den Tagen, an denen er keinen Dienst im Bahnhof hatte.

Anna betrachtete die Schwester aufmerksam, während sie die beiden Gläser vollschenkte. Monika war wirklich hübsch geworden.

»Du bist sicher wegen der Alm gekommen?«, fragte sie nun.

Die Schwester nickte.

»Ja, Moni, der Hartl meint, es wird Zeit. Du gehst doch heuer wieder hinauf, oder?«

»Ich weiß net so recht, Anna«, erwiderte Monika zögernd. »Wenn ihr jemand anders kriegt, wär mir das fast lieber. Ich könnt das Geld zwar gut gebrauchen, aber der Vater macht mir Sorgen. Wenn er seine Kolik kriegt, so wie heut Abend, dann hat er keinen da, der sich um ihn kümmert.«

Wenn die Moni nicht auf die Alm ging, dann mussten sie sich eine Sennerin holen, und die würde wesentlich mehr Geld haben wollen. Und das passte der Anna ganz und gar nicht.

»Ich bin doch auch noch da, ich kann mich doch um den Vater kümmern. Wenn es ihm schlecht geht, komm ich halt jeden Abend herüber. Mit dem Rad dauert es doch net länger als eine Viertelstunde. Und die paar Monate sind schnell vorüber. Wenn ich dein Kleid so anschau, kannst du das Geld wirklich brauchen.«

Monika wurde rot und sah verlegen an ihrem bunten Kleid hinunter, das schon an einigen Stellen ausgebessert worden war.

»Ich hab net gewusst, dass du heute kommst, sonst …«

»Lass nur, Moni, wegen mir brauchst du dich net schön zu machen. Es ist auch net wegen der Kleider. Der Verdienst vom Vater reicht doch eh net so gut, und der Hartl zahlt net schlecht.«

Schließlich gelang es ihr doch, die Schwester umzustimmen.

»Den Hiasl nimmst du mit hinauf, dass er dir die Zeit vertreibt«, meinte die Schwester, und Monika nickte. Sie hatte den kleinen Hütebuben schon oft mit hinaufgenommen, und wie häufig hatten sie über seine Späße gelacht.

»Am besten, du kommst am Sonnabend zu uns hinauf, Moni, schon in aller Frühe, und wir begleiten dich dann auf die Alm. Einen Tag wird der Vater schon ohne dich auskommen, und dann bin ich ja da.«

Monika dachte nach. Am Sonnabend wollte sie eigentlich ins Kino gehen. Der Rupert vom Kienzlebauern hatte sie dazu eingeladen. Wenn Anna nicht so lange blieb, wollte sie heute noch hinüber und ihm Bescheid sagen. Es tat ihr leid, denn sie mochte den Rupert wirklich gern, und am letzten Sonnabend, drüben beim Wirt, da hatte er nur mit ihr getanzt und sie auch nach Hause gebracht.

Zwar hatte Rupert keinen allzu guten Ruf und galt als Schürzenjäger, aber was die Leute sagten, das musste nicht immer stimmen.

Tatsächlich blieb Anna net allzu lang und verabschiedete sich bald.

»Also dann, bis Samstag, und sei pünktlich!«, sagte sie und gab der Schwester einen flüchtigen Kuss auf die Wange.

Monika lief schnell in die Küche, holte ihre Strickweste und machte sich auf den Weg zum Kienzlehof.

Rupert hatte noch zwei Schwestern, und die ganze Familie saß heute Abend in der Stube beisammen. Der Bauer sah es net gern, wenn der Sohn unter der Woche abends noch aus dem Haus ging, und der Bursch hielt sich daran. In ein paar Jahren würde er der Herr vom Kienzlehof sein, und niemand hatte ihm dann mehr etwas zu sagen.

Der alte Kienzlebauer sah unwillig hoch, als jemand schüchtern an die Tür klopfte. Störungen zu so später Stunde liebte er ganz und gar nicht. Deshalb war sein »Herein« auch nicht gerade freundlich.

Monika nahm allen Mut zusammen und öffnete die Tür. Rupert sprang auf, als er sie sah.

»Monika, was machst du hier? Ich hab gedacht, am Samstag …«

»Ich kann am Samstag net mitkommen, Rupert. Mein Schwager, der Hartl, schickt mich auf die Alm hinauf. Ich werd erst zum Herbst wiederkommen.«

Rupert wandte sich zum Vater.

»Ich bring die Monika ein Stückl zurück. Es ist schon stockdunkel draußen.« Weil der Vater tat, als hätte er ihn nicht gehört, nahm er die Hand des Mädchens. »Komm, Moni, wir gehen hinaus.«

Das Mädchen fühlte die Tränen hochsteigen und musste sich beherrschen, um nicht einfach davonzulaufen. Die Behandlung, die ihr in diesem Haus entgegengebracht wurde, war entwürdigend.

»Ich weiß net, was die haben«, sagte Rupert mit einem gequälten Lächeln, »vielleicht ist die Hitze daran schuld.«

Monika ging nah neben ihm, und er konnte den Duft ihres Haares riechen.

»Nein, das ist es net, Rupert, das weißt du so gut wie ich. Ich bin halt net so reich wie ihr, und dein Vater hat Angst, dass …«

»Dass was?« Er blieb stehen, und sein Gesicht war nah an dem ihren.

»Na ja, dass wir uns vielleicht lieber mögen und …« Sie verstummte.

Sie waren allein auf der Straße, über ihnen der nachtblaue Himmel mit unzähligen Sternen – eine wunderschöne Sommernacht.

Rupert nahm das Mädchen ganz sanft in seine Arme.

»Das können die doch net wissen, das weiß ich selbst ja noch net lange. Dass ich dich sehr gernhab und es mir leidtut, dass wir uns so lange net sehen werden. Aber vielleicht darf ich dich oben besuchen. Am Sonntag, da hätt ich immer den ganzen Tag Zeit für dich.«

»Das wär schön, Rupert.«

Er sah ihre Augen glänzen. Ganz behutsam küsste er sie auf die Lippen. Es war ihr erster Kuss, und sie erbebte in seinen Armen. Erst nach einer geraumen Weile gab er sie wieder frei.

»Rupert, ich hab dich so lieb …« Zwei weiche braune Arme legten sich um seinen Hals, und diesmal war sein Kuss voller Leidenschaft. Nach einer beseligenden Ewigkeit gab Rupert sie wieder frei.

»Ich muss zurück, sonst tobt der Vater. Sei unbesorgt, ich werd dich net vergessen.« Er warf ihr noch eine Kusshand zu, und dann verschwand er.

Monika fühlte noch seinen Kuss auf ihren Lippen brennen und wusste mit einem Mal, dass sie sich verliebt hatte.

Und wenn der Rupert es nicht ernst meinte? Wenn sie nur ein Spiel für ihn war wie viele andere zuvor? Freilich konnte er ihr jetzt noch keinen Heiratsantrag machen, das erwartete sie auch gar nicht von ihm.

Rupert lächelte leise, als er an Monika dachte. Gewiss, sie war ein hübsches Mädchen, aber halt keine, die man einmal heiraten konnte. Da war er nämlich derselben Meinung wie sein Vater. Reich gehörte zu reich. Doch wollte er sich mit einer Heirat noch Zeit lassen. Aber weil sie gar so süß war, würde er sie schon einmal besuchen oben auf der Alm.

Sein Vater saß noch allein in der Küche, als Rupert auf den Hof kam.

»Bleib noch eine Minute, Rupert«, sagte der Bauer, als der Sohn ihm eine Gute Nacht wünschte. »Ich hätt gern gewusst, was das mit dir und der Monika soll?« Tief liegende dunkle Augen unter buschigen Brauen musterten den jungen Burschen.

»Ich kenn das Madl doch kaum! Und wenn ich ein paarmal mit ihr ins Kino oder zum Wirt geh, da brauchst du dich net aufzuregen!«

»Dann ist es gut, Bub. Du weißt, was ich von dir verlang: eine standesgemäße Heirat! Mein Vater und mein Großvater haben sich daran gehalten, und deine Mutter war die reichste Bauerntochter weit und breit.«

Rupert presste die Lippen zusammen.

»Du weißt doch, dass ich genauso denk, Vater. Aber um mich zu binden, ist es noch ein bisserl früh. Ich möcht meine Freiheit genießen, das hast du doch sicher auch getan!«

Ein listiges Lächeln umspielte die Lippen des Vaters.

»Und ob! So manches Madl hat es da gegeben. Aber als ich deine Mutter kennengelernt hab, da war Schluss.«

»Ist doch klar, wenn ich erst so einen Goldfisch an der Angel hab, dann werde ich sittsamer.« Die beiden Männer lachten laut. Der Kienzlebauer ging zufrieden hinauf in seine Kammer. Er wusste, dass sein Sohn in diesem Punkt seiner Meinung war und dass es nichts gab, das ihn beunruhigen musste.

***

Der junge Mann, der ganz allein in dem Zugabteil saß, ließ keinen Blick von der Landschaft, die an ihm vorbeiflog. Je näher er der Heimat kam, desto aufgeregter wurde er. Über zehn Jahre hatte er die hohen Berge und die grünen Wiesen nicht mehr gesehen.

Seine Gedanken wanderten zu seinem Bruder. Ob er glücklich geworden war, der Hartl? Warum hatten sie noch keine Kinder, er und die Anna?

Die Anna! Ob sie wohl noch genauso hübsch war wie damals? Er hatte das rassige schwarzhaarige Mädchen sehr gerngehabt.

Als er Anna begegnet war, hatte er zum ersten Mal im Leben erfahren, was Liebe war. Es war schön gewesen, dieses völlig neue Gefühl, aber es hatte nicht ausgereicht, um seinen Wunsch, Priester zu werden, zu verdrängen.

Martin wusste, dass er Anna sehr enttäuscht hatte. Sie hatte dann ziemlich schnell den Hartl geheiratet, und Martin, der sie genau kannte, fürchtete, dass sie es nicht aus Liebe getan hatte.

Wie würde sie sich verhalten, wenn sie sich heute wiedersahen? Hatte sie ihn vergessen, oder dachte sie noch manchmal an die Rache, die sie ihm damals geschworen hatte? Martin lächelte. Was für Kinder sie doch damals noch gewesen waren!

Mit lautem Getöse fuhr der Zug in den kleinen Bahnhof von Fieberbrunn ein.

Reisende, meist Urlauber, stiegen ein und aus. Der Hiasl, der alte Gepäckträger, hatte beide Hände voll zu tun. Er lief auch am Martin vorbei, ohne ihn zu erkennen.

Schmerzhaft wurde dem jungen Mann bewusst, dass er eigentlich gar nicht mehr hierhergehörte. Sein Koffer war nicht schwer, aber zum Hoflechnerhof war es ein schönes Stück zu gehen. Er war einen Tag zu früh dran, und sicher rechnete man heute noch nicht mit seinem Kommen.

Es hatte sich viel verändert in dem kleinen Dorf. Häuser waren neu gebaut worden, und dort an der Ecke hatte der Kramer seinen Laden vergrößert.

Das Wirtshaus »Zur Gämse« hatte noch die alte, etwas schiefe Fassade. Dort hatte er die Anna kennengelernt. Im Wirtsgarten standen wie eh und je die mächtigen Kastanien. Allmählich erreichte Martin das Ortsende.

Und dann erblickte er von Weitem den Hof. Auch er hatte sich verändert. Der Stall war erneuert worden, ebenfalls das Dach.