Alpengold 307 - Steffi Seethaler - E-Book

Alpengold 307 E-Book

Steffi Seethaler

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Entscheidung an Johanni
Heimatroman um Liebe und Leid
Von Steffi Seethaler

Als die blutjunge Tessi Schindler spätabends von einem Ausflug mit Klaus Fentschtaler zurückkehrt, erwartet sie daheim ein gewaltiges Donnerwetter. Der Vater hat es ihr schließlich ausdrücklich verboten, sich mit dem Sohn des Gastwirtes, diesem ausgemachten Hallodri und Mitgiftjäger, zu treffen.
Jetzt fackelt der Schindler nicht lange und bringt Tessi zu entfernten Verwandten auf einen abgelegenen Berghof. Alles Bitten und Betteln der Tochter stößt bei ihm auf taube Ohren. Er meint es gut und ahnt nicht, dass er mit diesem Schritt eine Tragödie ungeahnten Ausmaßes auslöst, die nicht nur Klaus und Tessi in größtes Unglück stürzt ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 139

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Entscheidung an Johanni

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8667-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Entscheidung an Johanni

Heimatroman um Liebe und Leid

Von Steffi Seethaler

Als die blutjunge Tessi Schindler spätabends von einem Ausflug mit Klaus Fentschtaler zurückkehrt, erwartet sie daheim ein gewaltiges Donnerwetter. Der Vater hat es ihr schließlich ausdrücklich verboten, sich mit dem Sohn des Gastwirtes, diesem ausgemachten Hallodri und Mitgiftjäger, zu treffen.

Jetzt fackelt der Schindler nicht lange und bringt Tessi zu entfernten Verwandten auf einen abgelegenen Berghof. Alles Bitten und Betteln der Tochter stößt bei ihm auf taube Ohren. Er meint es gut und ahnt nicht, dass er mit diesem Schritt eine Tragödie ungeahnten Ausmaßes auslöst, die nicht nur Klaus und Tessi in größtes Unglück stürzt …

„Wo ist das Madl? Versuch net, ihr zu helfen, ich will genau wissen, wo sie hingeht um die Zeit“, fuhr Albert Schindler, der Bauer auf dem Kainzenbachhof, zornig seine Frau an.

Er hatte einen langen Tag hinter sich und war müde. Bis nach Innsbruck war er gefahren, um die Ausstellung der neuen Mähmaschinen zu sehen, denn er würde bald eine neue brauchen.

Der Platz der Tochter, wo sie für gewöhnlich in der Küche saß, war wie so oft an den vergangenen Abenden leer. Albert hatte da einen ganz bestimmten Verdacht.

Veronika Schindler war an die Zornesausbrüche des Bauern gewöhnt. Als junger Bursch war er schon so gewesen, und mit seinen sechzig Jahren würde er sich nicht mehr ändern. Sie war immer der Ausgleich zu ihm gewesen, sanft und still.

Auch heute legte sie ihm beruhigend die Hand auf den Arm.

„Du vergisst, dass Tessi bald mündig ist, Vater! Und ein Madl mit fast achtzehn Jahren kann man net anbinden daheim. Sie hat uns doch nie Anlass zur Sorge gegeben!“

Schwer seufzend ließ sich der Bauer auf seinen Stuhl fallen. Seine Miene hellte sich erst auf, als der Bierkrug mit einer schäumenden Maß vor ihm stand. Er nahm einen tiefen Zug und wischte sich mit dem Handrücken den Schaum von den Lippen.

„Solange sie hier daheim ist, will ich wissen, wo sie sich am Abend herumtreibt! Bestimmt in der Nähe der ‚Goldenen Rose‘. Und ich müsste schon blind sein, wenn ich net merken tät, dass ihr der Klaus schöne Augen macht.“

Die Bäuerin kam mit einem Holzteller, auf dem Speck und Käse lagen, an den Tisch.

„Den Fentschtaler-Klaus, meinst du? Aber Tessi weiß doch, dass der net viel taugt. Der war doch immer schon ein Tunichtgut.“

Der Bauer lachte höhnisch.

„Hast du schon einmal was von blinder Liebe gehört, Mutter? Aber meine Tochter kriegt der net. Wenn ich den kleinsten Anlass dazu sehe, dann werde ich mir seinen Vater, den Wirt, kaufen. Dann hab ich meinen Stammtisch die längste Zeit in der ‚Goldenen Rose‘ abgehalten.“

Die Bäuerin hatte sich wieder an den Tisch gesetzt. Sie war noch immer eine sehr hübsche Frau, mit silbernen Fäden in ihrem dunklen Haar. Der Bauer nahm ihre Hand. Er liebte sie noch immer so wie am ersten Tag, auch wenn er ihr das in den letzten Jahren nicht immer gezeigt hatte.

„Schau, Vroni, Tessi ist doch alles, was wir haben auf der Welt! Und sie wird einmal unseren schönen Hof erben. Da gehört ein Bursch an ihre Seite, der es würdig ist, hier Bauer zu werden.“

Ihre Hand fühlte sich rau und rissig an, und eine seltsame Rührung überkam ihn. Er wusste, dass sie nicht immer glücklich gewesen war auf seinem Hof, aber nie hatte er ein Wort der Klage gehört. Lange hatte sie sich zu der Tochter noch ein zweites Kind gewünscht, aber dies war ihr nicht vergönnt gewesen.

Der Fentschtaler-Klaus war wirklich net der Richtige, ging es der Bäuerin durch den Kopf. Da hatte der Vater schon recht.

„Warum redest du denn von dem Klaus? Hast du die beiden schon zusammen gesehen?“, wollte sie wissen.

Albert Schindler schüttelte den Kopf.

„Ich hab ein ungutes Gefühl. Beim Erntedankfest ist er um sie herumgeschlichen wie ein Pfau, und seitdem fällt mir auf, dass sie oft am Abend net daheim ist. Was hat sie dir denn gesagt, wo sie hingeht?“

Die Bäuerin zuckte mit den Schultern.

„Ins Dorf wollt sie, vielleicht zu einer Freundin. Ich hab sie net weiter gefragt.“

Albert stand auf.

„Dann werd ich es tun, wenn sie heimkommt“, erklärte er mit finsterem Gesicht, „und wenn ich bis morgen früh in meinem Sessel sitzen muss, ich will es wissen.“

Er langte nach seiner Zeitung und setzte sich in den abgewetzten Lehnstuhl, der schon dem Urgroßvater gehört hatte.

Die Bäuerin machte sich an den Abwasch. Wenn wirklich etwas dran war an einem Gspusi von der Tessi mit dem Klaus, dann würde es bald ein gehöriges Donnerwetter auf dem Hof geben. Und warnen konnte sie die Tochter nicht mehr. Denn der Bauer saß, auf eine längere Wartezeit eingerichtet, mit seiner Zeitung im Lehnstuhl, und sein Gesicht verhieß nix Gutes.

***

Der junge Bursch hielt das schlanke Mädchen mit den großen dunklen Augen dicht an die Hauswand gepresst. Über sein leichtsinniges Gesicht ging ein Lächeln. Er war sich seines Erfolges sicher, auch wenn sich die Tochter vom Kainzenbachbauern noch zierte.

„So ein Busserl bei der Nacht ist doch keine Sünd? Oder hast du noch keinen geküsst vor mir?“ Sein Händedruck auf ihren Schultern wurde fester.

„Puh“, kam es verächtlich von den schönen roten Lippen, „meinst du, ich lass mich von jedem küssen?“

„Ich bin net ein jeder, das musst du dir zu allererst merken, Tessi! Mich hat keine so schnell vergessen, und geküsst hab ich auch net jede. Gehört schon ein bisserl was dazu, dass mir eine gefällt. Und du gefällst mir, das leugne ich net. Nur ein bisserl zutraulicher musst du noch werden. Oder bist du vielleicht net wegen mir da um unseren Gasthof herumspaziert?“

Sie wand sich aus seinen Armen. Allzu überlegen brauchte er net zu tun. Aber verderben wollte sie es sich auch net mit ihm, denn dazu gefiel er ihr viel zu gut.

„Es ist ein so schöner Herbstabend. Deswegen bin ich noch einmal von daheim fort“, gab sie schnippisch zurück.

Da war er wieder bei ihr, und seine Hände umfassten sie.

„Und wie zufällig grad an der ‚Goldenen Rose‘ vorbei, was?“ Sein Gesicht war dicht über dem ihren.

Tessis Herz klopfte zum Zerspringen. Tag und Nacht hatte sie an ihn denken müssen seit dem Erntedankfest, und nur wegen ihm machte sie sich an vielen Abenden noch auf den Weg ins Dorf. Was man von ihm sagte, wusste sie, aber seit sie ihn kannte, glaubte sie nicht mehr alles, was der Dorfklatsch so erzählte.

Einem Burschen wie ihm würden immer die Madln nachlaufen, bis eben die Richtige kam. Dass sie das war, daran zweifelte die hübsche Tessi keinen Augenblick. Und sie wollte ihn und keinen anderen.

„Lass dich küssen“, sagte er heiser, „ich bitte net gern zweimal darum.“

Und ehe sie sich’s versah, hatten sich seine Lippen auf die ihren gelegt, hart und fordernd.

Für Tessi war es der erste Kuss, und sie fühlte, wie ihr der Boden unter den Füßen wegsank. Ihre Arme schlangen sich wie von allein um seinen Nacken. Als er sie endlich freigab, grinste er zufrieden.

„Das hätt ich dir gar net zugetraut, so ein Temperament! Oder hast du vielleicht schon öfters geübt, was?“

Darauf gab Tessi ihm keine Antwort.

„Ab heut gibt es nur noch mich, hast du verstanden? Ich lass mir net gerne Hörner aufsetzen. Du bist jetzt mein Madl, und alle sollen es wissen. Und am Sonntag sehen wir zwei uns wieder. Da nehme ich dich mit hinüber nach Kitzbühel. Warst du schon einmal in der Spielbank?“

Klaus lachte, als er in ihre erschrockenen Augen sah. Tröstend legte er den Arm um ihre Schultern.

„Es ist net alles wahr, was über mich geredet wird. Aber dass ich ab und zu dort drüben ein Spielchen mach, das gebe ich zu. Das ist doch auch net weiter schlimm, oder?“

Tessi dachte daran, was man im Dorf erzählte. Dass es mit der „Goldenen Rose“ nimmer zum Besten stand. Neue moderne Gasthöfe waren in St. Johann entstanden, einer neben dem anderen. Seitdem die Mutter gestorben war, fehlte es in der Wirtsküche an allen Ecken und Enden. Das Essen war weniger und schlechter geworden, was den Wirt, Klaus’ Vater, aber nicht daran hinderte, mit den Preisen in die Höhe zu gehen.

„Du sagst ja gar nix“, hörte sie ihn vorwurfsvoll sagen. „Wenn du net mitkommen willst, lässt du es eben sein.“

„Doch, freilich“, versicherte das Mädchen da hastig, „ich muss schauen, dass ich von daheim wegkomme. Bis Sonntag wird mir schon etwas einfallen.“

„Hoffentlich“, sagte er und zog sie wieder an sich. „Ich muss jetzt hineingehen, Tessi, und kann dich net heimbringen. Und vergiss net, was ich dir gesagt hab!“

Sein letzter Kuss war schnell und flüchtig, er schien mit seinen Gedanken weit weg zu sein.

***

Etwas enttäuscht stand Tessi in dem dunklen Kastaniengarten. Sie wurde von ihren Gefühlen hin- und hergerissen. Manchmal war Klaus so lieb und zärtlich, in der nächsten Sekunde konnte er wieder grob und schroff werden.

Aber noch brannte sein Kuss auf ihren Lippen, noch spürte sie seine Hände auf ihren Schultern. Sie war verliebt, zum ersten Mal wirklich verliebt. Nie mehr würde es einen anderen für sie geben.

Längst war Klaus Fentschtaler in seinem Gasthof verschwunden, da stand Tessi noch immer dort. Und vor Glück hätte sie die ganze Welt umarmen mögen.

Erst als die Kirchturmuhr neunmal schlug, fuhr sie zusammen. Bestimmt war der Vater schon längst zu Hause. Er hegte einen Verdacht, das spürte sie, auch wenn er ihr noch keine Fragen gestellt hatte.

Bis jetzt hatten die Eltern über jeden ihrer Schritte Bescheid gewusst, sie hatte nie Geheimnisse vor ihnen gehabt. Aber nun gab es Klaus in ihrem Leben, und für diese Liebe wollte sie kämpfen.

Der Vater würde dagegen sein und die Mutter wie meistens seine Meinung teilen. Tessi wusste genau, dass ein solcher Schwiegersohn nicht vor ihren Augen bestehen konnte.

Noch hatte Klaus Fentschtaler nicht von Heirat gesprochen, aber für sie gehörte es einfach dazu, wenn man sich lieb hatte. Und lieb hatte sie ihn, so lieb, dass sie alles für ihn tun würde.

Tessi war aus dem dunklen Wirtshausgarten hinaus auf die beleuchtete Dorfstraße getreten und schlug nun nachdenklich den Heimweg ein.

Sie liebte ihren herrschsüchtigen und doch so zärtlichen Vater über alles, eigentlich mehr noch als die sanfte, stille Mutter. Vielleicht lag es daran, dass sie dem Vater im Wesen so sehr glich. Und weil sie so war wie er, darum musste er sie auch verstehen.

Albert Schindler fuhr in seinem Lehnstuhl zusammen. Tatsächlich war er für Minuten eingenickt und hatte gar nicht gehört, dass die Mutter längst die Küche verlassen hatte und wohl schlafen gegangen war. Die Schritte, die jetzt draußen im Hausflur hallten, gehörten der Tochter. Sie sah noch Licht in der Küche brennen und trat ein.

„Wo kommst du her? Es ist neun durch“, sagte der Vater mit einem schnellen Blick auf die alte Wanduhr. Einen Augenblick lang war Tessi versucht, dem Vater alles zu erzählen. Dass Klaus Fentschtaler und sie sich gefunden hatten. Dass sie jetzt sein Mädel war, wie er es so schön gesagt hatte.

Doch dann sah sie den misstrauischen Blick des Vaters. Nein, es war nicht der rechte Augenblick, um von ihrer Liebe zu sprechen. Der Vater würde zornig und böse reagieren.

„Muss ich schon Rechenschaft ablegen, wenn ich nach dem Essen noch ein Stünderl aus dem Haus geh?“, fragte sie.

Er trat auf sie zu und nahm ihren Arm. Dicht zog er sie zu sich heran. Seine grauen Augen unter den buschigen Brauen wetterleuchteten.

„Das musst du net, solange ich dir vertrauen kann. Aber ich hab den Verdacht, dass ein Bursch dahintersteckt. Und zwar ein ganz bestimmter. Einer, den ich net sehen möchte auf meinem Hof.“

Tessi konnte nicht verhindern, dass sie rot wurde. Trotzdem ließ sie sich vom Vater und seinen Worten nicht einschüchtern.

„Mit deinem Verdacht bist du falsch dran, Vater. Aber wäre es so unrecht, wenn sich einer für mich interessieren tät? Oder hast du vergessen, dass ich Weihnachten achtzehn werd?“

„Den, der sich für meine Tochter interessiert, den schau ich mir genau an. Du hast bis jetzt alle Freiheiten gehabt bei mir. Wenn es einen gibt, den du gernhast, dann sag es mir. Ich möcht net, dass etwas hinter meinem Rücken geschieht. Und ich erwarte von dir, dass du dich net an einen Hallodri wegwirfst. Denk immer dran, dass du einmal die Bäuerin auf Kainzenbach sein wirst und einen gescheiten Mann zur Seite haben musst.“

„Warum müssen wir jetzt darüber reden, Vater? Die Mutter und ich haben heut hart gearbeitet. Ich bin müde und möchte schlafen gehen.“

Der Vater nahm sie in die Arme, so wie er es früher oft getan hatte. Sie wusste, dass seine Stimmungen jäh wechseln konnten. Seine eben noch zornige Stimme war jetzt voll Zärtlichkeit.

„Ja, du hast recht, Tessi. Es war ein harter Tag. Gehen wir schlafen. Aber halt, ich hab noch etwas für dich. Extra aus Innsbruck mitgebracht.“ Er holte aus seiner Jackentasche ein Päckchen.

Tessis Augen strahlten. Vielleicht war es gar der Seidenschal, den sie sich schon so lange wünschte. Er war es. Der Vater legte ihn um ihre Schultern. Die Seide glänzte mit ihren Augen um die Wette. Tessi fiel dem breitschultrigen Mann um den Hals.

„Du bist und bleibst der Beste“, sagte sie lachend, und alle Missstimmung war verflogen. Erst als sie später oben in ihrer Kammer lag und durch das Fenster zum Sternenhimmel sah, da musste sie wieder an seine Worte denken.

Tessi vergrub ihr Gesicht in den Kissen. Den Vater zu enttäuschen und ihm wehzutun, das machte sie traurig. Andererseits aber fühlte sie sich unbeschreiblich glücklich, wenn sie an Klaus und seinen Kuss dachte.

***

Während es in den meisten Gasthöfen in St. Johann recht turbulent zuging, war es in der „Goldenen Rose“ merklich still.

Der Wirt, ein kahlköpfiger rundlicher Mann, saß hinter seiner Theke. Immer, wenn er draußen Menschenstimmen hörte, horchte er voller Hoffnung auf.

Aber die Schritte verklangen, die Stimmen wurden leiser, und die Tür zum Gasthof blieb geschlossen. Außer zwei älteren Bauern, die an einem der ersten Tische in der niedrigen Gaststube saßen und Karten spielten, war niemand da.

Es war schon neun Uhr vorbei, und die Hoffnung auf eine gut besuchte Gaststube brauchte der Wirt sich auch heute nicht mehr zu machen. Einer der Bauern rief nach einem frischen Bier, und mit mürrischem Gesicht stand er auf.

„Hast es auch schon voller gehabt“, sagte der Bauer mit gutmütigem Spott in der Stimme. Aber da hatte er den falschen Ton erwischt.

„Was kann ich dafür, dass ich der letzte Gasthof am Ortsrand bin? Ich hab mir mein Erbe net ausgesucht damals. Und ihr zwei, wenn ihr mit euren Bäuerinnen was zum Feiern habt, dann geht’s auch woanders hin. Gesehen hab ich euch alle zwei schon, wie ihr in den ‚Roten Adler’ gelaufen seid.“

Die beiden machten betretene Gesichter und fühlten sich ertappt wie Schulbuben. Der eine, der Pfindlinger-Josef, wusste schließlich etwas darauf zu sagen.

„Als deine Kreszenz noch gelebt hat, hast du stolz sein können auf deinen Gasthof. Aber jetzt kann man bei dir wirklich net mehr gut essen. Nimm dir eine neue Köchin her und zahl ihr mehr, dann wirst du sehen, dass die Gäste wiederkommen.“

Der Wirt bekam einen roten Kopf.

„Und wovon soll ich sie bezahlen, wenn meine Gaststube jeden Tag leer ist? Dass meine Kreszenz Gold wert war, das braucht mir niemand zu sagen. Aber sie liegt seit fünf Jahren draußen im Friedhof, und ich weiß net, wie es weitergehen soll.“

„Du hast doch einen Sohn, Hans! Der soll hier ein bisserl mit zulangen. Hast einen so schönen Garten, aber niemand kommt, weil Tische und Bänke morsch sind. Der Klaus soll sich drum kümmern, dass es wieder aufwärtsgeht mit der ‚Goldenen Rose’. Der ist mit seinen fünfundzwanzig Jahren alt genug. Und wo der euer bisserl Geld hinträgt, das weiß jeder.“

Der Pfindlinger nahm einen letzten Schluck, denn er wusste, es würde gleich ein Donnerwetter geben.

„Schau, dass du hinauskommst“, brüllte der Fentschtaler ihn an, „auf die zwei Halben, die du mir abkaufst, bin ich auch net angewiesen. Und über meinen Buben sagt mir keiner ein unrechtes Wort, hast verstanden? Sonst brauchst du dich hier bei mir gar nimmer sehen zu lassen.“ Der andere Bauer, der kein Wort geäußert hatte, fühlte sich auch angesprochen und schlich dem Pfindlinger hinterher zum Ausgang.