Alpengold 337 - Yvonne Uhl - E-Book

Alpengold 337 E-Book

Yvonne Uhl

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Beschreibung

Wie immer, wenn Verena hier oben auf dem Berg sitzt und stumme Zwiesprache mit dem geliebten Mann hält, fühlt sie sich auch heute auf wunderbare Weise getröstet. Genau an dieser Stelle hat Adrian ihr einst seine Liebe gestanden und sie voller Leidenschaft geküsst. Kurz darauf ist er ohne Abschied in die Fremde gegangen.
Seit über einem Jahr hat Verena nun nichts mehr von ihm gehört. Doch sie hält ihm die Treue, obwohl sie nicht einmal weiß, ob er überhaupt noch lebt. Heute aber hat der Vater Verena zu sich rufen lassen und eine schwerwiegende Entscheidung gefordert ...


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Inhalt

Cover

Impressum

Als er ohne Abschied ging

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0631-5

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Als er ohne Abschied ging

Doch Verena hält ihm die Treue

Von Yvonne Uhl

Wie immer, wenn Verena hier oben auf dem Berg sitzt und stumme Zwiesprache mit dem geliebten Mann hält, fühlt sie sich auch heute auf wunderbare Weise getröstet. Genau an dieser Stelle hat Adrian ihr einst seine Liebe gestanden und sie voller Leidenschaft geküsst. Kurz darauf ist er ohne Abschied in die Fremde gegangen.

Seit über einem Jahr hat Verena nun nichts mehr von ihm gehört. Doch sie hält ihm die Treue, obwohl sie nicht einmal weiß, ob er überhaupt noch lebt. Heute aber hat der Vater Verena zu sich rufen lassen und eine schwerwiegende Entscheidung gefordert ...

Verena fröstelte und knöpfte sich den obersten Knopf des Lodenmantels zu. Hier oben auf dem Berg war sie einsam und ungestört mit ihren Gedanken. Hier konnte sie mit ihrem Liebsten ungestört Zwiesprache halten.

»Sei nicht traurig, Vrenerl«, hörte sie ihn an diesem Morgen wieder in Gedanken zu ihr sagen. »Schau, ich kann nicht schreiben, weil hier in dieser Einöde weit und breit kein Briefkasten ist. Aber ich hab dich lieb. Das weißt du doch, Vrenerl, gell?«

»Adrian!«, stöhnte Verena auf. »Zwei Jahre bist du schon fort. Zwei lange Jahre! Warum hast du mich nicht gleich mitgenommen nach Kanada? Es gibt bestimmt auch drüben schöne Mädchen, und sicher hast du mich längst vergessen, Adrian!«

»Aber Vrenerl! Hab doch ein bisschen Mut, liebes Mädel!« Sie sah ihn bildlich vor sich mit dem kühnen, männlichen Gesicht, den Braunaugen und dem verwegenen Lachen. »Bald komme ich und hole dich! Nur ein wenig Geduld musst du noch haben, mein herzallerliebstes Dirndl, du!«

Wenn Verena ihn in Gedanken so sprechen hörte, wurde ihr ganz eigen ums Herz. Nie würde sie einen anderen lieben können als ihn, den jüngsten Sohn des Feldmoos-Bauern, der – weil er als Jüngster rechtlos und arm war – sich in der Fremde eine Existenz aufbauen wollte.

Seit zwei Jahren war Adrian schon fort, und schon über ein Jahr hatte Verena kein Lebenszeichen mehr von ihm bekommen.

Ihre Gedanken wurden jäh unterbrochen, als sie drunten im Tal die Glocken hörte, die zur Frühmesse riefen.

Sechs Uhr schon! Erschrocken begann das schöne blonde Mädchen den Abstieg. Um halb sieben musste sie dem Vater das Frühstück fertig zubereitet haben.

Das große Bauernhaus wimmelte von Mägden und Hilfskräften, doch Ludwig Hofstett, Verenas Vater, verlangte kategorisch, dass nur sie ihm das Essen zubereitete und hinstellte.

Er war ein Despot, der Ludwig Hofstett, und ein bisschen wunderlich geworden, seit Anna, seine Frau, vor zehn Jahren an einer Blutvergiftung gestorben war.

Verena war sein einziges Kind, und er behandelte sie mit der Strenge eines Vaters, der seine Tochter innig liebte, aber auch nicht hergeben wollte, weil er sie als sein Eigentum betrachtete.

Ihm war es recht, dass der Adrian Feldmoos sich so lange nicht in Erinnerung gerufen hatte. So nahm er ihm doch die Verena nicht fort, die auf dem Hofstett-Besitz die Bäuerin spielte und tüchtig wie keine Zweite war.

Nein, der Hofstett-Bauer war zufrieden, so wie es jetzt war.

***

Ganz Klosterberg war in Aufruhr. In Gruppen standen die Einwohner auf den Straßen und steckten die Köpfe zusammen.

Am frühen Morgen waren die Stallungen des Wallner-Hofes ein Raub der Flammen geworden, und der Wallner-Kaspar war in dem Feuer umgekommen, als er es löschen wollte.

Alle in Klosterberg waren sich einig: Das Feuer hatte nur das Weib gelegt, da gab es gar keinen Zweifel.

Seit Jahren – eigentlich, seit der Klosterberger Wallner-Kaspar die Fremde als seine Frau heimgeführt hatte – schwelten die Abneigung und der Hass der Alteingesessenen gegen Katrin.

Wie die Wallnerin immer kokett durch den Ort scharwenzelte, damit nur ja alle Mannsbilder auf sie schauten. Wie sie immer die Hüften schwenkte und den Busen herausstreckte, diese ausgeschamte Person! Allen machte sie schöne Augen, vom Bäcker bis zum Automechanikermeister, vom Molkereibesitzer bis zum Sägewerkseigner ...

Natürlich hatte die Katrin Wallner den Brand gelegt wegen der Feuerversicherung. Ihr gefiel es schon lange nicht mehr in Klosterberg, sie wollte fort in die Großstadt. Und der Kaspar Wallner sollte ja auch so verschuldet gewesen sein, dass sie damit sicher zwei Fliegen mit einer Klappe hatte schlagen wollen.

Nun war Katrin Wallner Witwe, stand mit ihrer siebzehnjährigen Tochter da und wusste nicht mehr ein noch aus.

Schadenfreude kam auf, die sich auch nicht legte, als Kaspar Wallner zu Grabe getragen wurde. Wenige Leute sprachen Katrin Beileid aus. Katrin war eine Fremde, und jetzt würde sie den Ort verlassen müssen, Gott sei's gedankt!

Gar so schnell aber, wie die Klosterberger Bürger sich das vorstellten, ging es nicht. Das fünfköpfige Gesinde kündigte, obwohl der Sommer vor der Tür stand.

Und Katrin kümmerte sich mit ihrer Tochter weder um den Gemüseanbau noch um das Getreide. Gerade dass sie die Kühe melkte am Abend, wenn sie von der Weide in den Stall gingen.

Aber im August dann, als sie das Getreide einfach auf den Feldern stehen ließ, empörten sich die Klosterberger.

Also ging der Gemeindevorsteher zu der schönen Witwe und machte ihr den Vorschlag, die Ernte den Männern von Klosterberg zu überlassen, damit sie nicht verkam.

Da wurde die Witwe munter und verlangte einen hohen Preis für jede geerntete Garbe.

Just zu dieser Zeit nun kam der Mann von der Brandversicherung, um die entscheidende Rücksprache mit der Witwe Wallner zu halten. Er machte Bestandsaufnahme, hatte auch Einblick in den Untersuchungsbericht des Brandmeisters und die Protokolle der Gendarmerie genommen.

Brandstiftung war nicht nachzuweisen, doch bewies der Versicherungsfachmann, dass die Scheune alt und abbruchreif gewesen war, und was die in Mitleidenschaft gezogenen Stalldächer betraf, so waren auch sie erneuerungsbedürftig gewesen.

Knapp zehntausend Euro sagte der Agent Katrin Wallner als Schadensersatzsumme zu. Und er ließ sich auch durch ihre tränenverschwommenen Augen nicht umstimmen.

Die Gläubiger drängten, und die Witwe schrieb den Hof mit allem Inventar zum Verkauf aus.

Mit der erlösten Summe hoffte sie, alle Gläubiger befriedigen zu können. Aber was sie dann und ihre Tochter anfangen sollten, wusste die schöne Frau nicht. Bloß fort aus Klosterberg – darüber gab es bei ihr keinen Zweifel.

Ein Großbauer aus der Gegend erwarb den Wallner-Hof für einen seiner Söhne und zahlte die Witwe bar aus. Nach Bezahlung aller Schulden blieb Katrin Wallner noch eine kleine Summe übrig. Für einen neuen Start war das aber viel zu wenig!

In diesen Tagen inszenierte das Schicksal einen neuen Akt des Geschehens: Es führte die Witwe Katrin Wallner mit dem Witwer Ludwig Hofstett zusammen.

***

Ludwig Hofstett aus Kreuzleiten hatte sich nach Klosterberg begeben, weil eine seiner Mägde einen Klosterberger Bäckergesellen heiraten wollte. Da auch die Mutter der Magd in den Diensten der Hofstetts gewesen war, fühlte sich der Hofstett-Bauer nach ihrem Tod verpflichtet, sich um das Mädel zu kümmern und Erkundigungen über den Bräutigam einzuziehen.

Deshalb führte sein erster Weg Ludwig Hofstett zum Gemeindevorsteher. Nachdem er eine halbe Stunde mit ihm geredet und erfahren hatte, dass der Ulrich Bachner ein braver junger Mann war, bedankte sich der Hofstett-Bauer bei dem Gemeindevorsteher und ging hinaus.

Im Wartezimmer stand hoch aufgerichtet in ihrer stattlichen Schönheit die Witwe Katrin Wallner! Sie trug einen feinen, hochgeschobenen schwarzen Schleier über dem rotblonden Haar, und ihre tränenumflorten Augen sahen Ludwig Hofstett an. Nur wenige Sekunden, doch die genügten, um das Herz des alternden Witwers jäh entflammen zu lassen.

»Hofstett, Ludwig«, stellte er sich vor und verneigte sich tief. »Ich wusste nicht, gnädige Frau, dass hier in Klosterberg solche Schönheiten leben.«

Das Kompliment war plump, zugegeben, doch der Hofstett-Ludwig war halt ungeübt in solchen Dingen.

Die erfahrene Katrin Wallner spürte es sofort. Sie hatte mit einem schnellen Blick die Kleidung des Fremden abtaxiert. Gute, solide Ware von der teuersten Sorte. Der Trachtenanzug war vom besten Tuch, und auch die anderen Kleidungsstücke ließen vermuten, dass er ein Großbauer oder hoher Beamter war, dem es auf einen Hunderter nicht ankam.

»Ich habe lange genug hier gelebt«, sprach sie leise und senkte den Blick. »Jetzt drängt es mich fort, doch wohin, das weiß ich noch nicht. Manchmal«, fügte sie hinzu, und ihre Augen irrten verlegen zur Seite, »ist das Schicksal besonders unbeugsam und tragisch, mein Herr.«

Die Tür zum Büro des Gemeindevorstehers ging auf. Der erste Mann des Ortes nickte Katrin zu.

»Darf ich bitten, Frau Wallner?«

Katrin sandte Ludwig Hofstett noch einen schnellen Blick unter langen Wimpern zu, dann schritt sie über die Schwelle. Die Tür wurde von innen geschlossen.

Ludwig Hofstetts Blick war verstört. Er war wie verhext von dieser Frau.

Benommen ging er nach nebenan in das Sekretariat. Dort saß die Frau des Gemeindevorstehers und schrieb gerade einen Brief.

»Verzeihung, wer war wohl die Dame, die eben zu dem Herrn Gemeindevorsteher ging?«, erkundigte er sich.

Die Frau verzog das Gesicht.

»Dame? Die Katrin Wallner ist beileibe nicht das, was ich unter einer Dame verstehe! Als der Wallner-Kaspar sie heiratete, glaubte sie wohl, sich ins gemachte Bett zu setzen. Pah, eine Bäuerin muss zupacken, da hilft alles nichts. Jedenfalls verschuldete sich der Wallner-Kaspar immer mehr, und dann kam die Katastrophe!«

»Was ist denn geschehen?«, fragte der Bauer.

»Es war im März, Herr Hofstett. Da brach auf dem Wallner-Hof Feuer aus. Ich glaube ja, dass sie es war, obwohl man ihr nichts beweisen kann. Der Mann kam im Feuer um. Sie aber spielt die trauernde Witwe, obwohl ich glaube, dass sie an Kaspar Wallners Tod die Schuld trägt.«

Der Hass, der aus den Worten dieser sonst so freundlichen Frau sprach, stieß Ludwig Hofstett ab.

Die arme Witwe, dachte er. Was für ein Kesseltreiben wurde hier gegen sie veranstaltet! Und offenbar war niemand da, der ihr beistand und sie beschützte.

Die Gemeindevorstehersgattin war so richtig in Fahrt. Sie stützte sich mit beiden Ellbogen auf und fuhr eifrig fort.

»Sie musste den Hof verkaufen und die Schulden bezahlen. Geblieben ist ihr nicht viel. Ich glaube, sie will jetzt nach München. Um das Mädel tut es mir ja ein bisschen leid. Die Kleine hing sehr an dem Vater.«

»Ach, ein Kind hat sie auch?«

»Ja. Almut ist jetzt siebzehn. Aber ich sehe schwarz für die Kleine. Sie wird in der Großstadt unter die Räder kommen. Auf Wiedersehen, der Herr.«

Mit einer Mappe unter dem Arm betrat sie das Büro des Gemeindevorstehers.

In Gedanken verloren trat Ludwig Hofstett auf die Straße.

Wollte dieses wundervolle Geschöpf, das aussah wie Milch und Honig, wirklich nach München und sich dort ihren Lebensunterhalt verdienen? Sie war doch viel zu schade dazu! Was für eine fesche Bäuerin sie war!

Ludwig, was ist denn los mit dir?, fragte sich der Hofstett-Bauer unbehaglich. Du hast doch sonst nie ein Weib angeschaut, seit die Anna tot ist. Warum auf einmal?

Weil sie schön ist. Weil ich noch nie so eine Frau gesehen habe, gab er sich selbst zur Antwort.

***

Katrin hatte sich von dem Gemeindevorsteher verabschiedet. Mit gesenktem Blick trat sie auf die Straße.

Langsam ging sie auf den Wallner-Hof zu. Almut war noch in der Schule. Der neue Besitzer und seine Frau wollten übermorgen einziehen. Bis dahin musste sie das Haus geräumt haben.

Sie bemerkte den Wagen nicht, der in Schrittgeschwindigkeit neben ihr herfuhr.

Erst als sie in den Hof des Wallner-Besitzes einbog, blickte sie eine Sekunde lang auf. Da erkannte sie den stattlichen Mann aus dem Vorzimmer des Gemeindeamtes sofort wieder. Schnell wandte sie den Kopf.

Du hast ihm gefallen!, rief es in ihr. Fang es jetzt gescheit an, Katrin! Dieser Mann könnte für dich eine Chance sein.

Zuerst tat sie so, als sähe sie den Wagen nicht. Hoch aufgerichtet, doch nicht ohne Koketterie, ging sie bis zum Haus weiter. Erst hier blieb sie stehen und wandte sich langsam um. Sie tat sehr erstaunt.

»Sie, mein Herr?«, fragte sie und legte den Kopf zur Seite.

Ludwig Hofstett hatte das Fahrzeug gebremst. Eilig stieg er aus.

»Ja, ich bin Ihnen gefolgt«, entschuldigte er sich und drehte den Hut mit dem Gamsbockbart in beiden Händen. »Ich will bestimmt nicht lästig erscheinen, Frau ...«

»Wallner. Ich bin die Witwe Wallner. Mein Mann ist im März tödlich verunglückt, Herr ...«

»Hofstett, Ludwig«, stellte sich der Mann vor und vergaß ganz, dass er ihr schon vorhin seinen Namen genannt hatte. »Frau Wallner, ich habe mit der Bürgermeisterin gesprochen und erfahren, dass Sie Klosterberg verlassen wollen.«

»Morgen«, sagte sie. »Sie sind doch fremd hier, nicht wahr?«

»Gewiss. Ich bin in Kreuzleiten zu Hause. Aber es ist gut, dass ich heute hergekommen bin, sonst hätte ich Sie nie kennengelernt.« Jetzt klang sein Kompliment flüssiger, und der Hofstett-Ludwig staunte selbst darüber.

Sinnend sah die Witwe ihn an, dann hob sie langsam den schwarzen Schleier vom Gesicht.

»Werden Sie jetzt schlecht über mich denken, wenn ich Sie in die Wohnstube hereinbitte?«, erkundigte sie sich mit leichtem Spott. »Hier in Klosterberg wird man unentwegt beobachtet, sogar hier auf unserem eigenen Hof. Das heißt ...« Sie unterbrach sich und starrte an ihm vorüber. »Jetzt gehört uns der Hof ja nicht mehr.«