Als Chef akzeptiert - Renate Dehner - E-Book

Als Chef akzeptiert E-Book

Renate Dehner

4,4

Beschreibung

Eine Beförderung allein macht noch keine Führungskraft. Um sich als neue Chefin oder als neuer Chef zu etablieren ist in erster Linie die Akzeptanz der Mitarbeiter, der Kollegen und der Vorgesetzten nötig. Wie aber können neue Führungskräfte diese gewinnen?

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LESEPROBE

Dehner, Ulrich und Renate

Als Chef akzeptiert

Konfliktlösungen für neue Führungskräfte

LESEPROBE

www.campus.de

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Copyright © 2001. Campus Verlag GmbH

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E-Book ISBN: 978-3-593-40137-9

|9|Vorwort der Autoren

Wir, Ulrich und Renate Dehner, haben dieses Buch gemeinsam geschrieben. Dennoch ist dieses Vorwort die letzte Gelegenheit, wo das Wort »wir« in diesem Text auftauchen wird. Unsere gemeinsame Arbeit sah nämlich so aus, dass fast 100 Prozent des Inhalts von Ulrich Dehner beigesteuert wurden und fast 100 Prozent der Formulierungen von Renate Dehner. Wenn im Text also von »ich« gesprochen wird, bezieht sich das immer auf Ulrich Dehner.

Der Einfachheit und besseren Lesbarkeit halber habe ich, und ausnahmsweise bezieht sich dieses »ich« auf Renate Dehner, auf die Verwendung der umständlichen weiblichen Endungen verzichtet. Es schien mir unnötig, aus jedem Chef eine ChefIn, aus jedem Mitarbeiter eine MitarbeiterIn zu machen oder immer von »der oder die« Vorgesetzte zu sprechen. Selbstverständlich sind immer beide Geschlechter gemeint.

Dieses Buch wurde geschrieben, um neuen Führungskräften – neu im Sinne von: gerade zur Führungskraft geworden oder neu in dieser Firma – den Einstieg in ihre neue Tätigkeit zu erleichtern. Es werden Hinweise gegeben, was auf der Ebene der Kommunikation beachtet werden sollte, um sich sowohl bei Mitarbeitern als auch bei Kollegen und natürlich auch beim eigenen Chef als Führungskraft möglichst gut einzuführen. Es wird keine neue Management-Theorie aufgestellt, davon gibt es ohnehin mehr als genug, und es ist trotzdem eine Anleitung zum Führen: zum Führen von Gesprächen!

Gut führen hat in erster Linie etwas mit Kommunikation zu tun, und die Grundsätze möglichst konfliktfreier Kommunikation |10|sind erlernbar. Ebenso erlernbar ist es, mit unumgänglichen Konflikten konstruktiv umzugehen.

Jeder, der nur ein bisschen davon verstanden hat, wie Kommunikation »funktioniert«, wird in Zukunft besser kommunizieren. Einiges bedarf natürlich der Übung, aber wer erst einmal die Erfahrung gemacht hat, wie viel erfolgreicher Gespräche verlaufen können, wenn man seine eingefahrene Spur, die bisher immer in die Sackgasse führte, verlässt, wird diese Anstrengung gerne auf sich nehmen. Außerdem lernt jeder, der etwas über Kommunikation lernt, auch ein wenig über sich selbst.

|11|1. Kommunikation: Mit dem Erklimmen des Chefsessels ist es nicht getan

Jeder, der es bereits hinter sich hat, weiß: Die Beförderung oder die Einstellung allein macht einen noch nicht zum Chef, schon gar nicht zu einem guten. Die fachliche Qualifikation reicht dazu nicht aus, und es gibt unendlich viele Möglichkeiten, gleich zu Beginn kleine Fehler mit schwerwiegenden Folgen zu machen. Natürlich ist im Prinzip nichts gegen Fehler einzuwenden – wir machen sie alle, und jedem sollten sie erlaubt sein. Aber man macht sich das Leben bedeutend leichter damit, einige zu vermeiden. Keine Sorge, es passieren dann trotzdem immer noch genug Fehler, sodass der Spielraum der eigenen Entwicklungsmöglichkeiten unbegrenzt bleibt.

Einer der vermeidbaren Fehler ist zu glauben, nur weil ich jetzt als Führungskraft antrete, bin ich auch eine. Jede neue Führungskraft besetzt zunächst einmal nur den formalen Chefsessel, mit allen formalen Attributen, die dazugehören. Doch das neue Büro, der größere Schreibtisch, der Dienstwagen, und sei es mit Chauffeur, heißt zum Beispiel für die Mitarbeiter noch lange nicht, dass der »Neue« jetzt wirklich der Chef ist. Um sich als Chef oder Chefin zu etablieren, ist die Akzeptanz der Mitarbeiter unerlässlich.

Ob der »Neue« akzeptiert wird oder nicht, kann er durch sein eigenes Verhalten entscheidend beeinflussen. Verweigern die Mitarbeiter die Akzeptanz, so kann das im schlimmsten Fall so weit gehen, dass vernünftiges Arbeiten überhaupt nicht mehr möglich ist, weil man den Chef einfach auflaufen lässt. Es gab den Fall eines neuen Klinikchefs, der antrat in dem edlen Bestreben »alte verkrustete Strukturen aufzubrechen, einen gänzlich neuen Wind |12|durch den alten Mief wehen zu lassen«. Er wollte, aus keineswegs unsinnigen Überlegungen und Vorstellungen heraus, zu schnell viel zu viel verändern, ohne sich vorher in seinem Team als Leitungspersönlichkeit zu verankern. Es scheiterte, alle Oberärzte kündigten schließlich geschlossen, der Fall schlug in der regionalen Presse hohe Wellen, und er wurde letztendlich als Klinikchef abgelöst.

Zu ebenso großen Konflikten kommt es jedoch, wenn der »Neue« erst einmal alles laufen lässt und von den Mitarbeitern zu seinen Ungunsten immer mit dem vorigen Chef verglichen wird. Ein Entwicklungsleiter geriet in diese Schwierigkeiten, als er die Nachfolge eines Vorgesetzten »vom alten Schlag« antrat, der zwar sehr autoritär, aber auch sehr menschlich und fair war, was ihm die hohe Akzeptanz seiner Mitarbeiter beschert hatte. Sein bedeutend jüngerer, natürlich noch vergleichsweise unerfahrener Nachfolger besaß selbstverständlich noch nicht sein Format und seine Ausstrahlung. Da er es versäumte, sich von Anfang an ein eigenes Profil zu geben, aber auch nicht den autoritären Führungsstil seines Vorgängers übernehmen wollte, wurde ihm sein Verhalten als Schwäche ausgelegt. Es ging so weit, dass sich die Mitarbeiter sogar über ihn lustig machten und sich fragten, wozu sie ihn eigentlich bräuchten, die Abteilung liefe ohne ihn doch genauso gut. Die Tatsache, dass er sich gleich zu Beginn mehrfach bremsen ließ durch Aussagen wie: »Das haben wir immer so gemacht, das sollten wir jetzt nicht ändern!«, führte zu einem weiteren Autoritätsverlust, und damit auch zu einem Verlust an Akzeptanz. Denn obwohl jeder Mitarbeiter einen umgänglichen Chef zu schätzen weiß, hat niemand gerne einen Vorgesetzten, von dem es heißt: »Mit dem können wir machen, was wir wollen!«

Es kommt darauf an, zwischen Verändern und Bewahren eine Balance zu finden. Alles beim Alten zu lassen ist weder sinnvoll noch möglich, ein »Neuer« ist nun einmal ein anderer Mensch. Das Gegenteil, alles radikal verändern zu wollen, und zwar sofort, ist genauso unmöglich. Es führt unweigerlich zur Rebellion der Mitarbeiter, die fürchten: »Seit der Neue da ist, ist das gar nicht mehr unsere Firma!« Außerdem lösen Veränderungen Ängste aus, die berücksichtigt werden müssen, um negative Konsequenzen zu vermeiden.

|13|Diese Erfahrung machte auch der neue Geschäftsführer eines mittelständischen Betriebes. Er übernahm die Leitung vom geschäftsführenden Inhaber, der sich zur Ruhe setzte, nachdem er erfolgreich jahrzehntelang äußerst autoritär geführt hatte. Keiner der 600 Mitarbeiter, auch die so genannten Führungskräfte nicht, war daran gewöhnt, irgendeine eigene Entscheidung zu treffen, da der Inhaber bisher noch das kleinste Detail selbst geregelt hatte. Da der neue Geschäftsführer von moderneren Führungsgrundsätzen überzeugt war, riss er das Steuer heftig herum, um auf einen neuen Kurs zu kommen. Leider ging ihm damit fast die Mannschaft über Bord.

Nachdem er seine Führungskräfte, die wie gewohnt zu ihm gekommen waren, um über anstehende Probleme zu sprechen, mit dem Ausspruch: »Ich will keine Probleme hören, sondern Lösungen!« schockiert hatte und sich ein anderes Mal über das »Zeitungsmanagement« beschwerte, das in der Firma betrieben würde: »Ich habe jede Menge Reporter, die mir über Probleme berichten, aber niemanden, der sie löst!«, sprach schließlich überhaupt niemand mehr mit ihm, schon gar nicht über auftretende Schwierigkeiten. Ihm wurde klar, dass er zu schnell eine zu große Änderung erwartet hatte und dass es seine Aufgabe war, die Mitarbeiter zunächst an selbstständiges und eigenverantwortliches Handeln heranzuführen. Sie mussten erst einmal lernen, was er überhaupt von ihnen wollte.

Diese Beispiele machen deutlich, dass weder eine übergroße Anpassung, noch ein heftiger Konfrontationskurs zu wünschenswerten Ergebnissen führen, sondern stattdessen zu Konflikten und Blockaden.

Die Kunst, einen gelungenen Übergang zu schaffen, kann man lernen.

Einer der ersten Schritte dazu ist, sich zu überlegen, welches die Implikationen des eigenen Handelns sind. Implizite Kommunikation, also das, was im Gesagten unausgesprochen auch mitschwingt, |14| ist häufig bedeutungsvoller und einflussreicher als explizite Kommunikation. Man denke nur an die Geschichte des Kapitäns, der ins Logbuch schrieb: »Heute war der Steuermann total betrunken.« Es kam zu einem Streit mit dem Steuermann, der damit drohte, bis vor das Arbeitsgericht zu ziehen, wenn dieser Eintrag nicht gelöscht würde. Daraufhin schrieb der Kapitän: »Heute ist der Steuermann nicht total betrunken.« Die Implikationen dieses Satzes sind offensichtlich.

Wenn eine Führungskraft beispielsweise zu viel verändert, gibt sie implizit die Botschaft an die Mitarbeiter: »Was ihr bisher gemacht habt, taugt alles nichts!«, und darin ist implizit das Urteil verborgen: »Ihr könnt nichts!« Gerade wer sich in einem neuen Unternehmen etablieren muss, sollte ganz eindeutig klar machen, in welchem Kontext seine Handlungen zu verstehen sind. Um Missverständnisse und Verunsicherungen so weit wie möglich auszuschließen, sollten sehr deutliche Signale, ich nenne sie Kontextmarkierer gesetzt werden.

Was sind Kontextmarkierer?

Jede Kommunikation beinhaltet zwei Ebenen: Die Inhalts- oder Sachebene und die Beziehungsebene. Diese Unterscheidung zu treffen ist sinnvoll, denn in der Regel ist es so, dass nicht der besprochene Inhalt für den Verlauf eines Gespräches bedeutend ist, sondern die Beziehung der Beteiligten. Kurz und griffig könnte man sagen:

Beziehung geht vor Inhalt!

Sehr deutlich vor Augen führte das der Fall jenes Ehepaares, das zu mir in die Beratung kam. Nach der üblichen Begrüßung und nachdem man sich gesetzt hatte, bat ich darum, doch zunächst einfach einmal zu erzählen, wo die Schwierigkeiten lägen. Der Ehemann |15|wandte sich an seine Frau: »Fang du doch bitte an!« Woraufhin sie sofort hochging: »Das ist doch wieder typisch – alles willst du bestimmen, sogar wer jetzt anfängt!«

Grafik 1 Die Ebenen der Kommunikation

Gibt es Konflikte in der Beziehung, kann jedes Wort zur Eskalation führen. Bei diesen beiden war die Beziehung so stark gestört, dass selbst die einfache Frage, wer von beiden zuerst sprechen sollte, nicht mehr friedlich zu klären war.

Wenn die Beziehung zwischen den Kommunizierenden gestört ist, reagiert man bereits auf einfachste, ganz unverfänglich scheinende Inhalte stark emotional. Man reagiert nicht auf die Sache, um die es geht, sondern auf die vermutete Beziehungsaussage dahinter. Im oben beschriebenen Beispiel reagierte die Ehefrau nicht auf das Angebot, den Vortritt zu erhalten, sondern sie befürchtete, dominiert zu werden.

Störungen in der Beziehung wie Misstrauen, Abneigung, Verletztheit, Unter- oder Überlegenheitsgefühl oder Ähnliches bedeuten |16|, dass die Welt plötzlich voller Missverständnisse ist. Mir gelingt es nicht, dem anderen verständlich zu machen, was ich wirklich meine und sagen will.

Ebenso kann es passieren, dass der Inhalt einer Aussage vermeintlich verstanden wird. Wer kennt nicht den Gedanken: »Ich weiß genau, was der mir sagen will ...«, nur um, wenn man Glück hat, festzustellen, dass man ihn gänzlich missverstanden hat.

Andererseits ist es bei intakter Beziehung möglich, auch das schwierigste und heikelste Thema glatt über die Bühne zu bringen. »Intakte Beziehung« bedeutet in diesem Zusammenhang selbstverständlich nicht, dass ich meinem Gesprächspartner überaus zugeneigt sein oder ihn einfach nur mögen muss. »Intakte Beziehung« bedeutet hier, dass jeder Beteiligte sich über seine eigene Rolle und die des anderen klar ist sowie Vertrauen in die, zumindest momentane, Glaubwürdigkeit des anderen hat. Jeder ist sich bewusst, in welchen Kontext er die gerade stattfindende Kommunikation einzuordnen hat. Damit das geschehen kann, muss derjenige, der die Kommunikation eröffnet, »Kontextmarkierer« nutzen.

Was sind Kontextmarkierer? Es gibt ein klares Bild für Kontextmarkierer: Stellen Sie sich eine Kriegssituation vor, in der sich die beiden beteiligten Parteien im Schützengraben gegenüberliegen. Jeder schießt auf alles, was sich im gegnerischen Lager bewegt. Für den Soldaten, der sich bedauerlicherweise im Schützengraben befindet, ist die Tatsache, dass jeder auf der anderen Seite einen Stahlhelm trägt und ein Gewehr in der Hand hat, mit dem er auch schießt, ein klarer Kontextmarkierer, dass Krieg ist und er ebenfalls zu schießen hat. Sobald ein Mensch einen Kontext klar definiert hat, zeigt er auch immer die Verhaltensweisen, die in diesem Kontext sinnvoll sind. Das heißt, ein Soldat, der sich eine Zigarette anzünden will, aber kein Feuer hat, wird nicht aufstehen und jemanden vom anderen Schützengraben darum bitten, denn er weiß, dass es dumm wäre, weil es im Kontext Krieg als möglicher Angriff gedeutet würde.

Was jedoch kann er tun, wenn er vom Krieg genug hat und die Situation neu definieren möchte? Einfach aufstehen und hinübergehen, um zu verhandeln? Das kann er bedauerlicherweise nicht, denn dies würde im vorhandenen Kontext als Angriff verstanden |17|werden, und der Gegner würde ihn leider erschießen. Er muss also einen deutlichen Kontextmarkierer setzen, um klar zu machen, dass er jetzt etwas anderes möchte als Krieg, nämlich Verhandlung.

Üblicherweise wird in einem solchen Fall die weiße Fahne gezeigt. Es genügt jedoch nicht, nur einmal kurz damit zu winken. Da wird der Gegner nur glauben, er hätte sich verguckt. Damit an der Verhandlungsabsicht kein Zweifel bestehen kann, muss die weiße Fahne lang und anhaltend geschwenkt werden. Gleichzeitig signalisiert der, der verhandeln möchte, durch Ablegen der Waffe, vielleicht auch noch durch erhobene Hände, mit denen er auf die Gegenseite zugeht, dass er im Moment die Situation als Verhandlungssituation definieren möchte. Durch diese drei Kontextmarkierer, weiße Fahne, Ablegen der Waffe, erhobene Hände, zeigt er es unmissverständlich an. Er hat sein Beziehungsangebot deutlich gemacht.

Auch in beruflichen Alltagssituationen von Führungskräften spielen Kontextmarkierer eine wichtige Rolle. Sie werden immer dann gebraucht, wenn möglicherweise unterschiedliche Erwartungen an Verlauf oder Ergebnis eines Gesprächs bestehen. Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: Herr A. hat einen Fehler begangen, der unerfreuliche Folgen nach sich zog. Sein Chef bittet ihn zu sich, um ihn darauf hinzuweisen und um gleichzeitig mit ihm daran zu arbeiten, wie die entstandenen Schwierigkeiten zu beheben sind. Es geht dem Chef nicht um Schuldzuweisungen, sondern um eine konstruktive Lösung. Herr A. jedoch, der mit anderen Chefs negative Erfahrungen in solchen Situationen gemacht hat, erwartet, zurechtgewiesen zu werden. Er fürchtet, dass es seinem Chef darum geht, ihm den Prozess zu machen und einen Schuldspruch über ihn zu verhängen.

Als sein Chef das Gespräch beginnt, fängt er deshalb sofort an, sich zu verteidigen, und verschweigt wichtige Informationen, aus Angst, die könnten ihn noch mehr in Misskredit bringen. Genau diese Verhaltensweisen verhindern aber eine sinnvolle Problemlösung. Um es so weit gar nicht erst kommen zu lassen, nutzt der Chef Kontextmarkierer. Wenn er gleich zu Beginn des Gespräches deutlich signalisiert, und zwar so oft und so lange, bis er verstanden wurde, dass es ihm nicht darum geht »Gerichtssaal zu spielen |18|«, sondern dass er ein Problemlösungsgespräch führen will, wird er diese Kommunikation in erfolgreiche Bahnen lenken.

Auch andere heikle Situationen lassen sich mithilfe von Kontextmarkierern meistern. Angenommen, eine Führungskraft ärgert sich darüber, dass der nächste Vorgesetzte immer wieder in ihre Kompetenzen und Aufgabenbereiche eingreift. Wie kann sie sich dagegen wehren, ohne im anderen die Befürchtung hervorzurufen, womöglich an dessen Stuhl sägen zu wollen? Nur durch den Einsatz von Kontextmarkierern, die ganz klar und eindeutig zum Ausdruck bringen: »Ich habe nicht vor, deine Stellung zu gefährden. Das Einzige, worum es mir geht, ist die Respektierung meiner Kompetenzen.«

Wenn Kommunikation scheitert, obwohl die Beziehungsebene »eigentlich« stimmt und die Sachebene klar sein sollte, kann es daran liegen, dass die Kontextmarkierer nicht eindeutig waren, beziehungsweise vom Gegenüber nicht wahrgenommen wurden. Denn auch das Erkennen der Signale des Gegenübers spielt natürlich eine wesentliche Rolle, wenn Kommunikation gelingen soll. Achte ich nicht auf die Kontextmarkierer des anderen, reden wir zwangsläufig aneinander vorbei.

Die bisherige Leistung würdigen

Führungskräfte sind sich oft nicht darüber im Klaren, dass ihre »Veränderungswut« in einem Beschuldigungskontext verstanden wird. Sie haben sich vielleicht in eine neue Idee verliebt, von deren Umsetzung sie sich Wunder erhoffen. In ihrem Überschwang werben sie dafür, indem sie mit Nachdruck darauf hinweisen, was bisher alles nicht geklappt hat, welche Probleme bisher alle nicht gelöst wurden und wie sich das jetzt alles ändern wird. Dabei übersehen sie, dass für die Mitarbeiter die implizite Botschaft lautet: »Ihr habt bisher nur Unsinn gemacht!«

Sehr viel Widerstand gegen neue Ideen rührt daher, dass Mitarbeiter den »Vorwurf«, der in dieser Art und Weise selbstverständlich nie erhoben werden sollte, nicht auf sich sitzen lassen wollen. |19|In einem solchen Fall ist die ausreichende Würdigung der bisherigen Arbeit der Mitarbeiter ein Kontextmarkierer dafür, dass es nicht um Anschuldigungen und Urteile geht, sondern schlicht um den Versuch einer Verbesserung.

Wie viel unnötiger Widerstand vermieden werden kann, wenn die Kontextmarkierer klar sind, erfuhr der Verkaufsleiter eines großen Autohauses. Er sah sich gezwungen, neue Regelungen einzuführen, und trat vor seine Mannschaft mit den aufmunternden Worten: »Das Vorführwagen-Management mitsamt den Probefahrten muss dramatisch anders werden, da ist bisher jede Menge Geld vernichtet worden!« Die Angestellten wehrten sich gegen den Vorwurf. Anders hätte die Sache ausgesehen, wenn er eine Anerkennung für die Leistungen seiner Belegschaft verknüpft hätte mit dem Satz: »Da sich aufgrund der neuen Bestimmungen des Konzerns unsere Situation bei den Vorführwagen dramatisch verändert hat, müssen wir nun auch unser Management umstellen!«

Die Würdigung der bisherigen Arbeit ist für jede Führungskraft von zentraler Bedeutung, um Veränderungen effektiv zu gestalten. Für neue Führungskräfte ist sie wichtig, um die Akzeptanz der Mitarbeiter zu erhalten und um etwas zu schaffen, was Systemiker »join the system« nennen. Das bedeutet, nicht gegen das System zu gehen, sondern sich ihm anzuschließen, um es dann gegebenenfalls in eine neue Richtung zu lenken. Praktisch heißt das, bestehende Muster zu übernehmen, sie aber in entscheidenden Punkten abzuändern.

Ein hervorragendes Beispiel, wie so etwas geschehen kann, habe ich selbst als Teilnehmer eines Seminars von Anthony Robbins, dem amerikanischen Erfolgs-Guru, erlebt. Dieses Seminar fand in Brüssel mit 1100 Teilnehmern statt, die Robbins durch seine perfekte Show zu absoluter Begeisterung hinriss. Drei Tage lang waren enthusiasmierte Menschen völlig auf ihn fixiert. Jedes Mal wenn er mit dem immer gleichen Ritual wieder auf die Bühne trat, wurde er mit Beifallsstürmen empfangen. Am vierten Tag wurde das Seminar von seiner Kollegin übernommen, und das ist selbstverständlich eine äußerst schwierige Situation, gerade weil er einen so überwältigenden Eindruck auf die Leute gemacht hatte.

Doch sie hatte das Problem durch eine perfekte Balance von |20|Verändern und Bewahren meisterlich gelöst. Sie übernahm das Ritual von Robbins, führte jedoch an entscheidenden Punkten kleine Veränderungen ein und machte die Show so zu ihrer eigenen. Weder wurden die Teilnehmer dadurch verschreckt, dass jetzt etwas ganz Neues, Unbekanntes kam, noch bestand die Gefahr, sie nur als mageren Abklatsch des Originals wahrzunehmen. Dies ist ein weiteres Beispiel für die bereits erwähnte Kunst, einen gelungenen Übergang zu schaffen.

Die ersten Transaktionen sind für die Kommunikation entscheidend

Dieser Vorgehensweise, bestehende Muster zu übernehmen und in entscheidenden Punkten leicht abzuändern, sollten sich neue Führungskräfte so früh wie möglich bedienen. In der Transaktionsanalyse, die ein exzellentes Modell zum besseren Verständnis von Kommunikationsprozessen bietet, gilt der Grundsatz:

Die Kommunikation entscheidet sich in den ersten Transaktionen.

Wobei unter Transaktion alles verstanden wird, was zwei Menschen tun, um miteinander in Beziehung zu treten, sowohl verbal als auch non-verbal.

Nach den ersten Transaktionen entsteht ein Kommunikationsmuster, das sich stets wiederholt. Dieses Muster kann man zwar auch später noch ändern, aber es ist effizienter, wird gleich mit dem »richtigen« oder gewünschten Muster begonnen. Aus diesem Grund legt die Transaktionsanalyse speziellen Wert auf die ersten Transaktionen.

Man sollte also mit dem Einführen neuer Muster nicht allzu lange warten. Wenn in den ersten Transaktionen genügend Wertschätzung für die Mitarbeiter und die bisherigen Leistungen vorhanden |21|ist, sind die Menschen auch bereit, sich auf Neues einzulassen. Selbst unangenehme Entscheidungen können durchgesetzt werden, wenn insgesamt die Arbeit der Mitarbeiter genügend gewürdigt ist.

Dies bestätigte der neue Geschäftsführer eines mittelständischen Betriebes. Er fand die Situation vor, dass jeder Mitarbeiter einen anderen Vertrag mit anderen Bedingungen hatte. Das zu ändern, war für die Mitarbeiter zum Teil natürlich sehr unangenehm, doch da er schnell ihre Akzeptanz und ihr Vertrauen gewonnen hatte, ließ es sich durchsetzen. Die Mitarbeiter erkannten, dass die neuen Maßnahmen, wenn auch kurzfristig schmerzhaft, doch längerfristig von größerem Nutzen waren, da durch das neue Management die gefährdete Firma möglicherweise einen großen Aufschwung nehmen würde und so ihre Arbeitsplätze gesichert waren.

Einzelgespräche mit jedem Mitarbeiter erleichtern den Einstieg

Um Vertrauen und Akzeptanz bei den Mitarbeitern zu erreichen, ist es wichtig, so schnell wie möglich mit jedem Mitarbeiter ein Gespräch unter vier Augen zu führen. Man schafft sich einen möglichst genauen und detaillierten Überblick, wenn man mit jedem Mitarbeiter klärt, was genau seine Tätigkeit ist, wie zufrieden er damit ist, welche Probleme der Mitarbeiter in der Abteilung sieht und wie er sie wertet. Für jede Führungskraft, nicht nur für neue, ist es sehr hilfreich, zu erfahren, wo der einzelne Mitarbeiter die »Baustellen« sieht, wo in seinen Augen dringend etwas aus welchem Grund auch immer getan werden muss.

Wichtig für den neuen Chef ist auch, in Erfahrung zu bringen, was der Mitarbeiter von ihm erwartet. So kann er frühzeitig Missverständnisse und Enttäuschungen, beispielsweise die Erwartung, der neue wäre genauso wie der alte Chef, vermeiden. Indem die neue Führungskraft nach den Erwartungen des Mitarbeiters fragt, bringt sie auch ihren Respekt für den Mitarbeiter zum Ausdruck, denn dies schafft auf der Beziehungsebene Gleichwertigkeit. Es zählt nicht nur, was der Chef will, es ist genauso wichtig, was der Mitarbeiter sich wünscht.

|22|Gerade die Situation, wenn Kritik geübt werden muss, ist sehr schnell konfliktgeladen. Beim Kick-off-meeting, dem Startschuss für ein großes Projekt, wünschten sich die Mitarbeiter Kritik schriftlich, samt beigefügter Tafel Schokolade. Das war natürlich nicht ganz ernst gemeint, aber wenn ein Mitarbeiter sagt: »Ich kann mit Kritik am besten umgehen, wenn sie unter vier Augen erfolgt. Ihr Vorgänger hat das immer vor versammelter Mannschaft gemacht«, so hat man doch einen wertvollen Hinweis darauf, was man in Zukunft auf jeden Fall besser machen kann, als der vorherige Chef.

Der neue Vorgesetzte kann in diesem Zusammenhang auch darstellen, wie er sich seinerseits die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern vorstellt, welche Wünsche er an sie hat, was ihm wichtig und für ihn wesentlich ist. Dazu muss er sich vorher natürlich selbst gründlich klar gemacht haben, welche Erwartungen er an die Mitarbeiter stellt. Das heißt, er muss seine eigene Arbeitsweise reflektieren und nicht von ihnen erwarten, dass sie seine Gedanken lesen können.

Es ist empfehlenswert, nichts als selbstverständlich vorauszusetzen, denn bei Erwartungen, die nicht ausgesprochen werden, sind Konflikte vorprogrammiert: Für den einen ist es selbstverständlich, dass er über jeden Vorgang einen ausführlichen Bericht haben will, für den anderen ist es selbstverständlich, dass eine kurze Notiz genügt. »Natürlich« reicht ein mündliches In-Kenntnis-Setzen, »natürlich« muss jede Information in schriftlicher Form vorliegen ... Die Beispiele dafür, was man alles ganz selbstverständlich macht, deshalb nicht zu klären braucht und prompt Missverständnisse provoziert, sind zahlreich.

Für jeden neuen Chef ist es deshalb hilfreich, auch gründlich nach den Regularien zu fragen, nach denen bisher gearbeitet wurde. Die können ganz anders sein, als er sich das vorstellt, und so kann gleich zu Beginn eine mögliche Quelle für Missverständnisse und Konflikte ausgeschaltet werden. Wenn neue Vorgehensweisen eingeführt werden sollen, empfiehlt sich vielleicht eine Gruppenbesprechung, in der die Führungskraft ihre Vorstellungen mit dem ganzen Team diskutieren kann.

Bei den Einzelgesprächen versuchen professionelle Führungskräfte |23|auch in Erfahrung zu bringen, wie die Mitarbeiter das Gesamtklima in der Abteilung und in der Firma erleben. Das ist natürlich vor allem dann eine wertvolle Information, wenn das Klima schlecht ist. Als Chef erhält man so frühzeitig ein Warnsignal, dass es nötig ist, rasch Maßnahmen zu ergreifen, man daher als Führungskraft sofort gefordert ist. Womöglich besteht die Situation, dass sich die Mehrzahl der Mitarbeiter unterbezahlt oder unterfordert fühlt. Wenn man bei den ersten Einzelgesprächen schon erfährt, dass sich einige der Mitarbeiter bereits anderweitig orientieren, kann man sich darauf einstellen. Sehr viel unangenehmer ist es, davon auszugehen, die ganze Mannschaft zur Verfügung zu haben, und man steht plötzlich mit drastisch reduzierter Abteilung da. Wer nicht direkt danach fragt, kann manchmal eine ganze Weile brauchen, um zu merken, wie schlecht die Stimmung tatsächlich ist. Weiß man es jedoch, hat man immerhin noch die Chance, das Klima zu verändern, etwa mit Hilfe eines moderierten Teamworkshops.

Wichtig ist jedoch nicht nur, dass diese Einzelgespräche mit jedem Mitarbeiter geführt werden, sondern auch die Art und Weise, wie sie geführt werden. Die Kunst der Gesprächsführung spielt eine wesentliche Rolle. Wie oben bereits erwähnt, hat die Kommunikationswissenschaft herausgefunden, dass sich bereits in den ersten Transaktionen, das heißt in den ersten Sätzen, die Menschen miteinander wechseln, so etwas wie Kommunikationsmuster bilden, die prägend für den weiteren Verlauf der Beziehung sind. Selbstverständlich kann ein schlechter Einstieg auch wieder ausgebügelt werden, schließlich muss ein anfänglich guter Eindruck gelegentlich auch wieder revidiert werden. Doch es kostet mehr Mühe und Energie, als gleich zu einem guten Einvernehmen zu kommen. Daher lohnt es sich, ein paar Gedanken auf die Kommunikation zu verwenden.

Das erste Gespräch ist zunächst entscheidend für die Einstellung des Mitarbeiters seinem Chef gegenüber. Der Chef ist Schicksal, fast so unausweichlich wie ein Schnupfen – ist es nicht dieser, so ist es jener. Wenn man sich nicht selbstständig machen will oder kann, muss man mit einem Chef zurande kommen, und der hat für gewöhnlich die besseren Karten, was Macht oder zumindest Einfluss angeht. Daraus folgt, dass der durchschnittliche Mitarbeiter nicht  |24|ent-spannt und gelöst dem neuen Chef gegenübertritt. Er wird vielmehr sehr ge-spannt sein und ihn werden Fragen beschäftigen wie: Wie wird der Neue sein? Wie wird er mich beurteilen? Habe ich eine Chance, ihm gegenüber zu bestehen?

Auch Chefs gehen nicht unbeschwert in das erste Gespräch. Sie wissen, wie wichtig die Akzeptanz der Mitarbeiter für sie ist. Doch sollte man als Führungskraft in der Lage sein, die Atmosphäre eines ersten Gespräches angenehm zu gestalten!

Damit das gelingt, ist es wichtig, sich über die eigene Rolle im Klaren zu sein. Egal, wie man dazu steht, egal, wie wenig man von Hierarchien hält, und egal, wie demokratisch der eigene Führungsstil ist oder sein soll, die Worte eines Vorgesetzten wiegen schwerer als die eines Kollegen!

Was man als Gleicher unter Gleichen noch locker und flapsig in die Runde werfen konnte, ohne dass es negative oder sonstige Folgen nach sich gezogen hätte, wird einem unter Umständen in der neuen Position als Chef sehr übel genommen. Es ist wichtig, diesen Punkt im Auge zu behalten und seine Worte sorgfältig zu wählen.

Genauso wichtig ist, sich bewusst zu machen, dass man als Vorgesetzter immer auch ein wenig in einer Art Elternrolle ist und in diesem Zusammenhang mit Erwartungen konfrontiert wird, wie sie an Eltern gestellt werden. So, wie Kinder von ihren Eltern Zuwendung und Aufmerksamkeit haben wollen, richten auch Mitarbeiter Erwartungen an ihren Vorgesetzten, nur nennt man es dann »Feedback«. Mitarbeiter suchen nach Zeichen der Beurteilung: »Wie schätzt der Chef mich ein?«, »Wie sehr schätzt er mich?«.

Wertschätzung zum Ausdruck bringen

Jeder Mensch hat ein Grundbedürfnis nach Wertschätzung. Führungskräfte, die das verstanden haben und danach handeln, haben Mitarbeiter, die für sie durchs Feuer gehen. Napoleon wird nachgesagt, dass seine Soldaten deshalb bis zum Äußersten, bis zur völligen Selbstaufgabe, für ihn gekämpft haben und ihn auch nach seiner Niederlage noch liebten, weil er sogar vom einfachsten Infanteristen die Lebensumstände erinnerte, wenn er sie kannte. Er brachte seine  |25|Wertschätzung für jeden Einzelnen zum Ausdruck, indem er gezielt jeden auf das ansprechen konnte, was er von ihm wusste.

Das erforderte selbstverständlich große Aufmerksamkeit, und das ist ein weiterer wichtiger Punkt: Wertschätzung und Aufmerksamkeit gehen Hand in Hand! Niemand wird Ihnen Ihre Wertschätzung abnehmen, wenn Sie ganz offensichtlich mit den Gedanken ganz woanders sind. Ganz davon abgesehen, dass Ihnen unter Umständen wichtige Informationen verloren gehen, wenn Sie Ihren Mitarbeitern nicht aufmerksam zuhören, werden Ihre Mitarbeiter Ihr Desinteresse auch sehr schnell spüren, was fatale Folgen für Ihre Beziehung haben kann. Mitarbeiter, die sich nicht wertgeschätzt fühlen, werden sich kaum ins Zeug legen für ihren Chef, sondern wahrscheinlich Dienst nach Vorschrift machen.

Große Vorsicht ist auch angebracht bei den so genannten »lockeren Sprüchen«, die scherzhaft gemeint sind und im Kollegenkreis vielleicht durchweg mit Wohlwollen aufgenommen wurden, die bei einem Mitarbeiter jedoch unter Umständen als massive Kritik ankommen. Unter Kollegen mag es angehen, angesichts des offenbar neuen Anzugs zu dessen Besitzer zu sagen: »Wie ich sehe, bist du wirklich ein guter Kaufmann! Du hast ja einen richtigen Blick für Schnäppchen!«

Von einem Mitarbeiter könnte das jedoch als Hinweis auf unzulängliche Kleidung verstanden werden und womöglich zu großer Verunsicherung führen. Auch ein Ausspruch wie: »Na, das können doch die Kollegen der XY-Abteilung erledigen! Die sitzen doch sowieso nur den ganzen Tag rum!«, wird von Kollegen, wenn die Beziehung gut ist, sicherlich nicht übel genommen. Für einen Mitarbeiter kann sie jedoch eine massive Kränkung sein.

Die Anforderungen gerade junger Mitarbeiter sind andere als noch vor ein paar Jahren. Die Dominanz eines Vorgesetzten wird nicht mehr gewünscht, trotzdem muss Autorität aufgebaut werden, da es sonst an Akzeptanz mangelt. Autorität kann ein Chef nur aufbauen, wenn er nicht ausschließlich verwaltet, sondern wirklich führt, also die Richtung vorgibt, was wiederum heißt, dass er ein Ziel hat. Bereits im ersten Gespräch sollte die neue Führungskraft deshalb auch den Mitarbeitern die Anregung geben, über Ziele für ihren Arbeitsplatz nachzudenken.

|26|Sehr wichtig in diesem ersten Gespräch ist auch, den Mitarbeiter über seine Stärken und Schwächen sprechen zu lassen. Dazu ist es nötig, viele Fragen zu stellen: Welche Projekte hat der Mitarbeiter durchgeführt? Welche waren erfolgreich? Was war aus Sicht des Mitarbeiters die Ursache für Erfolg oder Misserfolg? Wo sieht er bei sich selbst Entwicklungsbedarf? Welche Unterstützung wünscht er sich von seiner Führungskraft?

Fragen zu stellen ist in vielen Gesprächen zwischen Chef und Mitarbeitern von großer Bedeutung und wird leider oft vernachlässigt. Dies ist gerade bei dem ersten Kennenlernen wichtig. Es wird für die weitere, erfolgreiche Zusammenarbeit kein Grundstein dadurch gelegt, dass der neue Chef sich in seiner ganzen Großartigkeit dem Mitarbeiter präsentiert, wohl aber dadurch, dass er durch viele kluge und interessierte Fragen zu erkennen gibt, dass er dem Mitarbeiter zuhört und wissen will, was er zu sagen hat. Diese Art Neugier wird jeder zu schätzen wissen, und wenn der neue Vorgesetzte verständnisvoll auch an kritischen Punkten nachhakt, gewinnen beide Gesprächspartner: Der Chef erhält wertvolle Informationen, der Mitarbeiter das Gefühl von Beachtung und Wertschätzung. Jemand, der statt Fragen zu stellen nur monologisiert, vermittelt hauptsächlich eines, nämlich den Eindruck, ein egozentrischer Mensch zu sein, ganz besonders, wenn es in dem Gespräch eigentlich darum gehen soll, einander kennen zu lernen.

Die Antworten auf die Fragen, die er gestellt hat, sollte der Vorgesetzte immer wieder mit eigenen Worten zusammenfassen. Er stellt damit sicher, dass er das Gehörte richtig verstanden hat. Damit zeigt er dem Mitarbeiter außerdem, dass er sich wirklich Mühe gibt, ihn zu verstehen.

Erste Entscheidungen treffen, ohne auf die Nase zu fallen

Von Führungskräften werden heutzutage sehr schnell die ersten Entscheidungen erwartet. Wenn der Neue von außen dazukommt, also nicht innerhalb der eigenen Firma aufgestiegen ist, ist er damit |27|manchmal überfordert, denn er kennt sein Spielfeld noch nicht richtig. Er weiß zum Beispiel nicht, wo überall aufgrund von »Baustellen« Löcher sind, in die er fallen könnte, wem er womit auf die empfindlichen Füße treten könnte, um wen er sich dringend kümmern muss, und so weiter ... Er kann also in diesem komplexen und komplizierten System sehr schnell mit allen möglichen Leuten aneinander geraten, ohne die Gründe zu kennen. So entstehen überflüssige Konflikte, die viel Zeit und Energie rauben und womöglich auch noch Auswirkungen auf seinen Ruf haben.

Ein guter erster Kontakt zu den Mitarbeitern kann viele dieser unnötigen Konflikte verhindern, denn niemand kennt das Spielfeld so genau wie die, die ständig darauf spielen. Beim ersten Gespräch ist es deshalb ganz wichtig, auch folgende Punkte zu klären: Wer sind die wichtigsten Kunden dieser Abteilung, und zwar sowohl externe wie interne? Warum sind sie wichtig? Welches sind die schwierigsten Kunden, und warum sind sie schwierig? Welches sind die wichtigsten internen oder externen Konkurrenten?

Wenn diese Informationen von allen Mitarbeitern abgerufen werden, bekommt man sehr schnell ein stimmiges Gesamtbild. Das erleichtert sinnvolle Entscheidungen, selbst wenn sie schnell erfolgen müssen. Das Erfragen dieser Informationen dient nebenher auch dazu, möglichst schnell ein Gespür für die Mitarbeiter und die Konstellationen im Team zu bekommen. Wer arbeitet mit wem zusammen? Wo im Team gibt es Konflikte? Wie schätzen die Mitarbeiter die Stärken und Schwächen des Teams ein? Eine eingehende Beschäftigung mit den Informationen der Mitarbeiter verhindert möglicherweise Fehlentscheidungen und Missverständnisse.

|28|2. Transaktionsanalyse: die Mitarbeiter und ihre Ich-Zustände

Bei den Einzelgesprächen gibt es jedoch nicht nur Themen, die wichtig sind und auf die man sich einstellen sollte, sondern auch Typen. Ich spreche bewusst von Typen, denn wenn auch jeder Mitarbeiter ein Individuum und als solches einzigartig ist, so gibt es doch bestimmte Verhaltensweisen und Kommunikationsstile, die immer wieder ähnlich auftauchen und die man mit Einschränkungen typisieren kann.

Vielleicht treffen Sie bei Ihrem ersten Gespräch auf jemanden, der das Gespräch folgendermaßen eröffnet: »Wie gut, dass jetzt endlich ein neuer Chef kommt. Hier liegt ja seit einer ganzen Weile so ziemlich alles im Argen. Wenn ich Ihnen jetzt gerade aus dem Stand aufzählen wollte, was bei uns in letzter Zeit alles schief gelaufen ist, säßen wir heute Abend noch hier! Vor allen Dingen im ... müsste dringend etwas getan werden, und auch bei ... müsste einiges unternommen werden!« Auch der Tonfall, in dem dies vorgetragen wird, macht Ihnen klar, dass Sie sich das Ausmaß des Jammers in dieser Abteilung gar nicht groß genug vorstellen können. Auf die Frage, wo der Mitarbeiter seinen Aufgabenbereich sieht, erhalten Sie zur Antwort, was man ihm bisher alles an Arbeiten zugewiesen hat, und auf die Frage nach seinen Zielen erfolgt neuerliches Gejammer, sodass Ihnen sehr schnell klar wird, dass Eigeninitiative bei diesem Mitarbeiter nicht zu den ausgeprägten Stärken zählt. Aber immerhin scheint er fügsam und willig, was man von Ihrem nächsten Gesprächspartner nicht behaupten kann.

Der poltert nämlich gleich los: »Ich weiß überhaupt nicht, was ich hier soll! Wieso reden Sie überhaupt mit jedem Einzelnen? |29|Wollen Sie uns aushorchen? Sind das die neuen Management-Methoden – die Kollegen gegeneinander ausspielen? Da mach ich aber nicht mit! Und die Kollegen auch nicht, das kann ich Ihnen versichern!« Ihnen dämmert, dass dieses Gespräch unter Umständen ein bisschen schwierig werden könnte, dito die weitere Zusammenarbeit mit dem Raubein. Es sieht so aus, als hätte er sich »Seid Sand, nicht Öl im Getriebe ...« als Devise gewählt.

Ihr drittes Gespräch fängt freundlich, sachlich und informativ an. Sie atmen auf, es gibt ihn also noch, den unkomplizierten Mitarbeiter, und Sie fragen ihn, wie er die Situation in der Abteilung beurteilt. Und nun kommt Ihr Mitarbeiter so richtig in Fahrt: »Als Erstes sollten Sie mal den Klüngel im Sekretariat auf Trab bringen! Da wird ja mehr Kaffee getrunken als gearbeitet! Auf jeden Fall müssen die folgenden Abläufe neu geordnet werden (es folgt eine längere Aufzählung). Die Ablage in dieser Abteilung ist absolut chaotisch. Und wenn ich Ihnen etwas raten darf, den Mayer müssen Sie unbedingt im Auge behalten, der ist so unzuverlässig, den müssen Sie ganz eng führen!« Die Botschaft hinter all dem ist ganz klar: Wenn Sie sich strikt an die Anweisungen Ihres Mitarbeiters halten, ist er gerne bereit, Sie als Chef zu akzeptieren.

Der Mitarbeiter, mit dem Sie das nächste Gespräch vereinbart haben, beurteilt die Lage so: »Im Großen und Ganzen sind alle hier in der Abteilung sehr nett, aber manche haben schon sehr, sehr viel zu tun, die sind echt überarbeitet. Nehmen Sie zum Beispiel Herrn Mayer, der gilt bei manchen wohl als unzuverlässig, aber der hat einfach viel zu viel am Hals. Weil er sich hier am besten auskennt, kommt jeder zu ihm gerannt, der schafft sich noch zu Tode. Ich finde, da muss dringend etwas getan werden. Das kann die Firma doch nicht zulassen. Genauso Frau Schmidt! Was sitzt die immer lang im Büro! Man kann doch die Leute hier nicht so verheizen!« Der Appell an Sie ist eindeutig: Retten Sie die armen Menschen vor den Machenschaften eines üblen Ausbeutersystems! Kümmern Sie sich endlich darum, dass keiner Ihrer Mitarbeiter an Herzinfarkt, Magengeschwür und weiteren Stress-Symptomen leidet, wenn diese es schon nicht selbst tun!

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Der Umgang mit den verschiedenen Persönlichkeitstypen

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Transaktionen

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|61|3. Bezugsrahmen erkennen

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Worthülsen sind leer

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|69|4. Konfliktmanagement

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Konfliktstrategien

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Passivität und Abwertung

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|85|5. Konfliktlösungsstrategien

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|86|Den Bezugsrahmen erfragen

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Den Bezugsrahmen bestätigen

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Klären, was will der andere – was will ich

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Die Interessen hinter den Positionen

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Spitzen ignorieren

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Wechsel auf die Beziehungsebene

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Humor

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Ich-Botschaften

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Zu welchem Preis kann ich nachgeben

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Den wahren Kern von Kritik bestätigen

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|103|6. Den psychologischen Chefsessel besetzen

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Die Vorbereitung der Einzelgespräche

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|125|Der Mitarbeiter, der übergangen wurde

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Der Umgang mit Zombies

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Der Startworkshop mit Mitarbeitern

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Der Schritt vom Kollegen zum Chef

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|142|7. Etablieren auf gleicher Ebene

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Der Umgang mit schwierigen Kollegen

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|152|8. Etablieren nach oben

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Zielplanung erhöht den Erfolg

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Sich auf den Arbeitsstil des Vorgesetzten einstellen

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|159|Führungskraft sein heißt auch Unangenehmes tun

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Ein Gespräch, das viel Fingerspitzengefühl verlangt

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|166|9. Probleme mit fusionierten Teams bewältigen

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Der Startworkshop für ein neues Team

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|172|10. Etablieren bei den wichtigsten Kunden

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|178|Nur Mut!

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|181|Register

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