Introvision - die Kunst, ohne Stress zu leben - Renate Dehner - E-Book
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Introvision - die Kunst, ohne Stress zu leben E-Book

Renate Dehner

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Beschreibung

Unsere Wirklichkeit ist oft gar nicht so schlimm, wie die befürchteten Katastrophen, mit denen wir uns das Leben unnötig schwer machen. Hit Hilfe der Introvision können wir lernen, unseren Blick der Realität anzupassen. Statt uns mit Befürchtungen zu stressen, dass etwas passiert oder dass etwas nicht geschieht, was dringend eintreten sollte, richten wir unsere ganze Achtsamkeit auf die Wirklichkeit, wie sie ist. Das befreit von unnötigem Stress, entspannt und macht uns frei.

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Seitenzahl: 211

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Renate Dehner & Ulrich Dehner

Introvision – Die Kunst,ohne Stress zu leben

Impressum

© KREUZ VERLAG

in der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2015

Alle Rechte vorbehalten

www.kreuz-verlag.de

Umschlaggestaltung: Vogelsang Design

Umschlagmotiv: © andreusK – Fotolia.com

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN (E-Book): 978-3-451-80282-9

ISBN (Buch): 978-3-451-61299-2

Inhalt

Einleitung

1. KapitelWie sich Menschen unnötig das Leben schwer machen: Vier Fallbeschreibungen

1. Fall: Anna Bauer

2. Fall: Christian

3. Fall: Franziska Eberhard

4. Fall: Oliver Friedrich

Wie kommt es zu problematischen Verhaltensmustern und warum lassen sie sich oft so schwer verändern?

2. KapitelDie theoretischen Grundlagen der Introvision

Wie entstehen Imperative?

Das epistemische System: Die Wirklichkeit wird erkannt

Das introferente System: Erkenntnisse werden verfälscht

Wie funktioniert das introferente Eingreifen?

Innere Imperative: Die Macht nicht gültiger Gedanken

3. KapitelDas Alarm-System

Alarme sorgen für den Verlust unserer Gelassenheit

4. KapitelDer innere Konflikt

Der Realitätskonflikt: Wenn man die Wirklichkeit anders sehen möchte, als sie ist

Der Imperativ-Konflikt: Wenn man das eine tun und das andere nicht lassen möchte

Der Undurchführbarkeits-Konflikt: Wenn gemacht werden soll, was nicht geht

Der Konflikt-Konflikt: Wenn Konflikte gar nicht sein dürfen

5. KapitelKonflikt-Vermeidungs-Strategien

»Positives Denken«

Ablenkung

Jammern

Analysieren

Vermeiden

Allein auf der kognitiven Ebene lässt sich gegen den Alarm nichts ausrichten

6. KapitelDie nicht-wertende Achtsamkeit

Meditation lässt Alarme leerlaufen

Der Umgang mit Impulsen

7. KapitelDie Achtsamkeit herstellen

Was ist das andere in der Achtsamkeit?

8. KapitelÜbungen zur weiten Wahrnehmung

9. KapitelDie einzelnen Phasen der Introvision

Das Formulieren des den Imperativ bedrohenden Satzes

10. KapitelDas Lebensskript

Wie entsteht das Lebensskript?

Die Einschärfungen

Die Antreiber

11. KapitelDie Verbindung von Skript und Imperativen

Die Einschärfungen und ihre Imperative

1. Sei nicht

2. Sei nicht wichtig

3. Schaff’s nicht/Sei nicht erfolgreich

4. Zeig keinen Ärger

5. Denk nicht

6. Zeig keine Gefühle

7. Komm mir nicht zu nahe

8. Sei kein Kind

9. Werde nicht erwachsen

10. Sei nicht du

11. Gehör nicht dazu

12. Sei nicht gesund

Die Antreiber und ihre Imperative

1. Sei perfekt

2. Mach’s anderen recht/Sei gefällig

3. Streng dich an

4. Sei stark

5. Beeil dich

12. KapitelWie Introvision gelingt: Die ersten vier Fälle nach gelungenem Coaching

13. KapitelDetaillierte Anleitung zur Introvision

Einleitung

Die Anforderungen an die meisten Menschen sind in den vergangenen Jahrzehnten stetig gewachsen und es deutet nichts darauf hin, dass sich dieser Prozess in Zukunft umkehren wird. Im Gegenteil, man kann davon ausgehen, dass sich die meisten auch in kommenden Zeiten mit zunehmenden Aufgaben und mit steigendem Druck konfrontiert sehen werden. Eine der Aufgaben, denen sich moderne Menschen gegenübersehen, besteht darin, einen vernünftigen Umgang mit Stress zu praktizieren und zwar in doppelter Hinsicht: Einerseits müssen sie lernen, mit dem eigenen Stress klarzukommen, und sie brauchen andererseits Techniken und Methoden, Stress nach Möglichkeit gar nicht erst entstehen zu lassen oder ihn zu vermindern.

Warum ist das so wichtig?

Wissenschaftler wie beispielsweise Professor Dr. Hüther sagen, dass Stress innerhalb der nächsten Jahre zum wichtigsten gesundheitlichen Risikofaktor werden wird. Stress verursacht schon heute genau so viele Herzinfarkte wie Rauchen – und bereits jetzt gibt Umfragen zufolge jeder dritte Deutsche an, häufig oder ständig gestresst zu sein. Ganz davon abgesehen, was es für die Lebensqualität eines jeden Einzelnen bedeutet, von Stress-Symptomen oder gar Burn-out bedroht zu sein: In einer Arbeitswelt, in der gute Mitarbeiter und auch gute Führungskräfte heute schon ein rares Gut sind, kann man sich einen vermehrten Ausfall guter Leute gar nicht leisten.

Menschen, die selbst unter starkem Stress stehen, neigen dazu, den Druck an ihre Mitmenschen weiterzugeben, vielleicht auch, weil man sich unter Stress nur noch schlecht in andere hineinversetzen kann. Neuere Untersuchungen haben inzwischen auch den Nachweis erbracht, dass Stress »ansteckend« ist.

Druck und Angst bewirken, dass es zu einer Übererregung großer Hirnregionen kommt. Dadurch wird die Konzentration geringer, was dazu führt, dass die Fehlerhäufigkeit zunimmt. Unter Druck und Angst können Handlungen schlechter geplant werden und man verliert die Fähigkeit, ihre Folgen realistisch abzuschätzen. Auch die Kreativität geht verloren, denn wenn der Druck zunimmt, greift man automatisch auf alte Lösungsmuster zurück. Und je größer die Angst wird, desto mehr steigt die Wahrscheinlichkeit, auf ganz archaische Muster der Stressbewältigung zurückzugreifen, also Angriff, Flucht oder Rückzug in totales Erstarren, in heutiger Zeit als »Burn-out-Syndrom« bekannt.

Die meisten Menschen kennen Methoden, um den bereits vorhandenen Stress zu reduzieren: joggen, Sport treiben, sich auspowern. Das ist auch eine wirksame Möglichkeit, die ausgeschütteten Stress-Hormone möglichst schnell wieder abzubauen. Was all diese sportlichen Betätigungen aber nicht leisten können ist, zu verhindern, dass es überhaupt zu einer Ausschüttung von Stress-Hormonen kommt. Das heißt, Joggen, Radfahren, Tennis, Squash usw. lösen das eigentliche Problem nicht, sie sind zwar eine gute Symptombekämpfung, doch an der zugrunde liegenden Ursache ändert sich nichts.

Auch wenn Stress ein objektiver Faktor ist, der zum Beispiel durch hohe Arbeitsbelastung zustande kommt, entscheidet doch im »gewöhnlichen« Leben der mentale Umgang mit Stress darüber, ob man Stress-Symptome entwickelt oder nicht. Stress-Symptome können sich äußern als Gereiztheit, Aggressivität, allgemeine Unlust, Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten bis hin zur Entscheidungsunfähigkeit, Gefühl von Überforderung, Angstgefühle, zunehmende Gefühle von Verzweiflung, körperliche Verspannungen, Kopfschmerzen, Magenprobleme, hohe Infektions-Anfälligkeit, Bluthochdruck und als letztes Stadium der Burn-out, wenn gar nichts mehr geht.

Doch der äußere Druck mag noch so hoch sein – es ist meist erst der innere Druck, den man sich selbst macht, der dazu führt, dass es zu den genannten Symptomen kommt. Dieser innere Druck ist häufig die Folge innerer Konflikte, die entstehen, weil die inneren Anforderungen mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmen. Welche Mechanismen dafür verantwortlich sind und was man dagegen tun kann, wollen wir in diesem Buch beschreiben.

Wer wirklich dafür sorgen will, dass es gar nicht erst zu Stress kommt, muss seinen konditionierten Reaktionen, das heißt, dem gedanklichen Automatismus, der den inneren Druck immer höher schraubt, auf die Spur kommen und lernen, sie zu beenden. Das schafft jene innere Ruhe und Gelassenheit, die jedem äußeren Stress trotzt. Innere Gelassenheit lässt sich jedoch leider nicht kaufen. Dafür muss man selbst etwas tun. Das gilt auch dann, wenn der Stress von außen kommt. Denn auch wenn noch so viel von außen auf uns einstürmt, es ist unsere innere Gelassenheit, die darüber entscheidet, ob wir mit allen bekannten Stress-Symptomen darauf reagieren oder ob wir die »grace under pressure« behalten, die uns befähigt, ruhig und ausgeglichen mit allen Anforderungen umzugehen, ohne uns verrückt zu machen.

Introvision mit dem damit verbundenen Training der Achtsamkeit wird Sie der inneren Gelassenheit einen großen Schritt näher bringen.

1. Kapitel

Wie sich Menschen unnötig das Leben schwer machen: Vier Fallbeschreibungen

1. Fall: Anna Bauer

Eine selbständige Webdesignerin, die bislang sehr erfolgreich mit ihrer Arbeit gewesen war, suchte Hilfe im Coaching, weil sie einen so tiefen Einbruch bei ihrer Arbeit erlebt hatte, dass das nicht nur ihre berufliche Existenz gefährdete, sondern auch ihr Familienleben zu zerstören drohte. Anna Bauer hatte große Kunden gehabt, die sie ständig mit Aufträgen versorgt hatten, bis es eines Tages zu einem herben Einschnitt kam. Ein anderes Webdesign-Büro kickte sie mit niedrigeren Preisen und höherer Präsenz bei den Kunden aus dem Rennen. Ihr war klar, dass sie, um die Verluste auszugleichen, mehr neue Kunden akquirieren musste. Sie besorgte sich also die nötigen Adressen, um potenzielle Kunden ansprechen zu können. Statt jedoch sofort nach Betreten ihres Büros den Telefonhörer in die Hand zu nehmen, »musste« sie zunächst ihre Mails checken, diese Mails anschließend beantworten, dann »musste« sie überprüfen, ob nicht vielleicht jemand über Facebook oder Twitter ihre Dienste angefragt hatte, wo sie schließlich für gewöhnlich hängenblieb, denn interessante Artikel, auch solche, die für die eigene Profession wichtig sind, findet man dort immer. Mit Surfen im Internet ging der Arbeitstag vorbei, sodass sie, wenn sie spätnachmittags das Büro verließ, nicht eine einzige Firma angerufen hatte.

Tag für Tag wurde sie unzufriedener mit sich und den »vertanen Tagen«. Das bekam natürlich auch ihre Familie zu spüren. Sie reagierte gereizt auf ihre Kinder, die die heimkehrende Mutter bestürmten, und ihr Partner konnte ihr nichts mehr recht machen. Die Spannungen in der Familie wuchsen zunehmend, weshalb sie ihr Büro morgens zwar gern als Refugium aufsuchte, ohne aber an ihrem Akquise-Verhalten etwas zu ändern. Das führte dazu, dass ihr berufliches Problem – wie es für sie in ihrer Selbständigkeit weitergehen sollte – immer drängender wurde. Zwar war das zunächst finanziell noch nicht existenziell, da sie über Rücklagen verfügte und ihr Partner gut verdiente, aber ihre Unzufriedenheit wurde immer bedrückender.

Auf der Suche nach einer Lösung für diese frustrierende Situation probierte sie alle möglichen Hilfsmittel aus. Sie brachte Tage damit zu, Artikel und Bücher über Selbstmanagement zu lesen, studierte Anleitungen, wie man als Selbständiger erfolgreich wird, machte sich nach vorgegebenem Rezept einen Erfolgsplan, stellte für jeden Tag eine To-Do-Liste auf, brachte sich aber nie dazu, all diese wunderbaren Dinge in die Tat umzusetzen. In einer der vielen Facebook-Gruppen, die sie in der Hoffnung frequentierte, dort etwas zu finden, was ihr helfen könnte, stieß sie zum Beispiel auf die »Pomodoro-Technik«. Bei diesem Verfahren soll der Widerstand daegen, das zu tun, was man will und soll, dadurch überwunden werden, dass man sich vornimmt, nur zwanzig Minuten lang das Entsprechende zu tun. Das klappte bei ihr ein oder zwei Mal ganz gut, danach kam sie sich albern dabei vor, sich einen Wecker auf zwanzig Minuten zu stellen und »vergaß« es einfach, wie so vieles andere, was sie ausprobierte.

Schlussendlich kam sie darauf, dass sie »positiver denken« müsse. Also nahm sie sich vor, sich beim Aufwachen gleich vorzustellen, wie gefragt sie jetzt wieder bei Kunden ist, wie sie sich in neue Projekte stürzt, Dinge voller Elan anpackt, wieder völlig zufrieden mit ihrem beruflichen Leben ist. Die Vorstellung klappte auch einigermaßen, solange sie noch im Bett war, doch kaum in ihrem Büro angekommen, wurde sie von der traurigen Realität eingeholt. Gelegentlich überwand sie sich sogar, einen potenziellen Kunden anzurufen, aber wenn das nicht sofort zu einer Terminvereinbarung führte, fiel sie nach dem Gespräch in ihr altes Verhalten zurück, surfte im Internet und beschäftigte sich »mit ganz interessanten Dingen«, tat jedoch nichts dafür, aus ihren Schwierigkeiten herauszukommen.

Das verschärfte auch die häusliche Situation, denn ihre Kinder und ihr Partner bekamen ihre Unzufriedenheit immer deutlicher zu spüren. Ihr Partner versuchte zunächst zwar sein Bestes, sie aufzubauen, indem er immer wieder sagte, sie sei doch eine sehr gute Webdesignerin, begabt und voller Ideen, er erntete dafür von ihrer Seite jedoch nur Widerspruch. Sie sei früher mal gut gewesen, jetzt sei es aber wohl anders, die Kunden wollten sie schließlich nicht mehr – kurz, sie hatte für jedes aufmunternde Wort ein »Aber«.

Schließlich war sie fast so weit, ihr Büro zu kündigen, weil sie die Hoffnung auf Veränderung schon aufgegeben hatte. Ihre Rücklagen waren aufgebraucht, und ihr Verhältnis zu ihrem Partner war so belastet, dass er zu seinem letzten Mittel griff, indem er ihr sagte: »Wenn du jetzt nicht etwas Wirksames unternimmst, um aus deinem Loch herauszukommen, überlege ich mir ernsthaft, ob es nicht besser wäre, wir würden uns trennen!«

All ihre Versuche, auf eigene Faust an ihrer beruflichen Situation etwas zu ändern, hatten nichts gefruchtet und jetzt stand auch noch die Drohung im Raum, dass ihre Beziehung scheitern würde. Als sie sich zum Coaching entschloss, zweifelte sie mittlerweile so stark an sich selbst, dass sie nahe daran war, ganz in einer Depression zu versinken.

2. Fall: Christian

Der zweite Fall ist der eines Studenten, der sein Physikstudium sehr verantwortungsvoll und leistungsbereit betrieb. Er verbrachte seine Tage mit Praktika an der Universität und lernte fleißig, hatte aber auch gute soziale Beziehungen, verstand sich gut mit seinen Eltern und hatte sein Leben im Griff. Er entwickelte trotz alledem immer mehr Prüfungsangst. Als ihm eine sehr wichtige Prüfung bevorstand, konnte er zwar noch dafür lernen, hatte sich aber bereits so in seine Angst hineingesteigert, dass er beim Gedanken an die eigentliche Prüfung von solcher Panik ergriffen wurde, dass ihm körperlich unwohl wurde. Das schaukelte sich so weit hoch, dass sein Magen revoltierte und er sich übergeben musste.

Christian hatte in früheren Prüfungen auch bereits die Erfahrung gemacht, dass es ihm währenddessen entsetzlich ging, denn er war die ganze Zeit beherrscht von Angst und spürte deutlich, dass dadurch seine Denkfähigkeit stark beeinträchtigt war. Er konnte kaum einen klaren Gedanken fassen und wenn er merkte, dass er eine Aufgabe nicht sofort lösen konnte, geriet er in helle Aufregung – strukturiertes und gelassenes Nachdenken rückte in weite Ferne. So war er trotz guter Vorbereitung tatsächlich auch schon durchgefallen.

Obwohl seine Eltern und seine Freunde mit Verständnis darauf reagiert hatten, half das nicht, seine Prüfungsangst zu lindern. Seine Eltern taten, was sie konnten, um ihn zu beruhigen. Doch all ihre Versuche, ihm zu vermitteln, dass es doch kein Beinbruch sei, wenn er durch die Prüfung fiele, halfen ihm ebenso wenig wie das Wissen, dass er die Prüfung ja notfalls würde wiederholen können. Seine Freunde gaben sich Mühe, ihn abzulenken, wenn er in Panik geriet, doch diese Ablenkungsmanöver zeitigten immer nur kurzfristige Erleichterungen. Sobald Christian wieder an die Prüfung dachte, war es mit seinem Seelenfrieden vorbei. Auch die Maßnahmen, die er selbst ergriff, um seine Anspannung zu lindern, führten zu keinem Erfolg. Er hatte mit Autogenem Training und mit Progressiver Muskelrelaxation nach Jacobsen versucht, der Angst Herr zu werden. Doch keine der Methoden brachte dauerhaften Erfolg. Er konnte sich damit immer nur kurzfristig beruhigen.

Die jetzt bevorstehende Prüfung musste er bestehen. Diesmal wäre eine Wiederholung der Prüfung nicht mehr möglich – würde er jetzt durchfallen, wäre es mit seinem Studium vorbei. Dieses Wissen verschlimmerte seine Angst natürlich noch und das Coaching erschien ihm als der letzte rettende Anker.

3. Fall: Franziska Eberhard

Hier geht es um eine sehr schwierige Beziehung. Franziska liebte ihren Mann wirklich und hatte im Laufe ihrer Beziehung mit ihm viele sehr schöne Momente erlebt, sodass sie sich auch keineswegs von ihm trennen wollte. Doch gab es auch eine Kehrseite in dieser Beziehung. Franziska litt sehr unter den Abwertungen ihres Partners, zu denen es viel zu häufig kam. Wenn er sich selbst abgewertet fühlte, aus welchem Grund auch immer, wusste er sich nicht anders zu helfen, als seine Partnerin wüst zu beschimpfen. Sie fand diese verletzenden Szenen kaum auszuhalten, hing aber andererseits viel zu sehr an ihrem Mann, als dass sie die Ehe hätte beenden wollen.

Um zu lernen, mit diesen Schwierigkeiten umzugehen, hatte sie mehrere Therapien gemacht, die jedoch insofern erfolglos blieben, als sich am Grundmuster ihrer Konflikte mit ihrem Mann nichts änderte. In ihrer Verzweiflung hatte sie sogar einen Schamanen aufgesucht, in der Hoffnung durch die Arbeit mit ihm ihr Problem zu lösen.

Bei Franziska kam noch die Schwierigkeit hinzu, dass sie es an ihrem Arbeitsplatz jedem recht machen wollte, weshalb sie immer mit großer Anspannung bei der Arbeit war. Durch den Stress, den der Arbeitstag ihr verursachte, stieg gleichzeitig auch die Gefahr, dass sie abends mit ihrem Mann aneinandergeriet. Dabei wiederholte sich regelmäßig folgendes Szenario: Wenn sie erschöpft nach Hause kam und deshalb nicht in der Weise positiv auf ihren Mann reagieren konnte, wie er es erwartete, hatte er den Eindruck, nicht wahrgenommen und nicht wertgeschätzt zu werden. Darauf reagierte er abwertend und aggressiv, was sie veranlasste, eine Verteidigungshaltung einzunehmen und sich zu rechtfertigen, mit dem Erfolg, dass seine Angriffe immer heftiger wurden.

Das Ende vom Lied war immer, dass Franziska in Tränen aufgelöst davon überzeugt war, eigentlich gar nicht liebenswert zu sein. Da half auch das »positive Denken« nicht, zu dem sie gelegentlich Zuflucht nahm. Das funktionierte zwar ein bisschen in den Momenten, in denen sie sich gebetsmühlenartig wiederholte: »Ich bin liebenswert, ich bin jemand, den man mögen kann«, aber nie dann, wenn sie es gebraucht hätte. Sobald sie sich mit ihrem Mann in der Auseinandersetzung befand, bekam ihr eigentlicher Glaubenssatz, dass sie nämlich nicht liebenswert sei, wieder die Oberhand. Aus diesem Grund grenzte sie sich auch nicht energisch gegen ihren Mann ab, sondern ließ jedes Gewitter über sich ergehen.

Alle ihre Versuche, dieses sich wöchentlich mehrmals drehende Karussell zu unterbrechen, waren bisher misslungen. Sie nahm sich hunderte Male vor, ruhig zu bleiben, nicht auf seine Beschimpfungen zu reagieren, und landete doch immer wieder in der Verteidigungsposition und damit im Streit. Sie führte sich alle Erkenntnisse aus den Therapien, die sie gemacht hatte, vor Augen, sie war sich im Klaren darüber, was ihre heutige Situation mit ihrer Kindheit, mit dem Verhalten ihrer Eltern zu tun hatte – hatte aber trotz des guten Verständnisses für diese Zusammenhänge keine Möglichkeit gefunden, ihr eigentliches Problem zu lösen. Auch das Verständnis für die tragische Verstrickung, in der sie sich mit ihrem Mann befand – ihr Verhaltensmuster, um sich zu schützen, empfindet er als Bedrohung, sein Verhaltensmuster, um sich zu schützen, stellt für sie eine Bedrohung dar – hatte sie nicht weitergebracht. In lichten Momenten dachte sie dann zwar positiver über die Beziehung, den destruktiven Kreislauf stoppen konnte sie damit aber nicht.

Als Franziska auf Empfehlung einer Freundin ins Coaching kam, war sie einigermaßen verzweifelt, weil sie den Eindruck hatte, dass es keinen Ausweg aus ihrer Lage gab: Sie wollte so nicht weitermachen, weil sie von Jahr zu Jahr unglücklicher geworden war, sich trennen, wie Freunde und Familie ihr rieten, wollte sie aber auch nicht. Außerdem hatte sie in früheren Beziehungen die Erfahrung gemacht, dass es ihr da auch nicht besser gegangen war. Es schien ihr Schicksal zu sein, immer wieder an Männer zu geraten, die ihr das Leben schwer machten.

4. Fall: Oliver Friedrich

Der vierte Fall behandelt das Problem eines jungen Mannes, der sich vor Kurzem selbständig gemacht hatte und natürlich für jeden Kunden dankbar war. Da sein Geschäft längst noch nicht so florierte, wie er sich das wünschte, bereitete ihm der Gedanke, er könne einen Kunden und damit das dringend benötigte Geld verlieren, beständig Sorge. Diese Sorge ging schließlich so weit, dass Oliver sich von seinem Hauptkunden sehr schlecht behandeln ließ. Der Kunde sprang mit ihm um, als sei er ein untergeordneter Mitarbeiter, den man einfach herumkommandieren kann. Darüber hinaus bezahlte er noch nicht einmal gut. Für diesen Kunden zu arbeiten, fiel Oliver zunehmend schwerer. Sich gegen die Behandlung zu wehren, traute er sich aber auch nicht, denn er hatte Angst davor, womöglich einen Großteil seines Einkommens zu verlieren.

Oliver war klar, dass er diesem Kunden gegenüber ein sehr angepasstes Verhalten an den Tag legte, das sich deutlich von seinem üblichen Auftreten unterschied. Die meisten Menschen kannten ihn nämlich als fröhlich, selbstbewusst und sicher. Also nahm er sich immer wieder vor, diese angepasste Seite abzulegen und auch dem Kunden gegenüber jenes Selbstbewusstsein zu zeigen, das er eigentlich von sich gewöhnt war. In Gedanken stellte er sich vor, beim nächsten Zusammentreffen sicher aufzutreten, deutlich zu sagen, was er von der Art und Weise hielt, wie man mit ihm umging, alle kritischen Punkte anzusprechen – mit dem Ergebnis, dass er den Mund entweder überhaupt nicht aufmachte, oder sich, wenn er sich doch mal traute, etwas zu sagen, vom Kunden ganz schnell einseifen ließ, von wegen, das sei doch alles nicht so gemeint, die Zeiten seien halt stressig und er solle sich nicht so haben.

Für Oliver waren die Zeiten tatsächlich stressig und wurden es immer mehr, je länger sich die Situation hinzog. Für ihn war es wie die Wahl zwischen Pest und Cholera: Für den Kunden zu arbeiten, verursachte ihm großen Stress, der Gedanke, diesen Auftrag und das damit verbundene Einkommen zu verlieren, verursachte ihm jedoch noch mehr Stress, denn er fürchtete um seine Existenzgrundlage.

Als er ins Coaching kam, hatte er etwa zwei Jahre dieser unbefriedigenden Situation hinter sich und beurteilte seine Lage als aussichtslos. Er hatte zwar mit anderen Kunden die Erfahrung gemacht, wie eine Zusammenarbeit auch aussehen kann, nämlich angenehm, freundschaftlich und kooperativ, aber er hatte eben nicht genug Aufträge, um dem Hauptkunden zu kündigen. Inzwischen fühlte er sich jedoch nicht nur von der Art des Kunden bedrückt, sondern auch von seiner eigenen Unfähigkeit, sich zur Wehr zu setzen. Sobald er das Firmengebäude betrat, schienen all die inneren Ressourcen, die er besaß, von ihm abzufallen. Während er bei anderen genau wusste, was er kann und was er leistet, fühlte er sich diesem Kunden gegenüber nur unsicher und ließ sich schnell in Frage stellen. Er konnte sich sein eigenes Verhalten nicht erklären.

Wie kommt es zu problematischen Verhaltensmustern und warum lassen sie sich oft so schwer verändern?

Bei Fällen wie den eben geschilderten fragt man sich wohl als erstes, wie sich solche Verhaltensweisen erklären lassen. Was passiert da eigentlich? Menschen nehmen sich ganz ernsthaft vor, ihr Verhalten zu ändern, sie nehmen manchmal zusätzlich professionelle Hilfe in Anspruch, sie haben das Verhalten, das sie zeigen wollen, in anderen Situationen ganz selbstverständlich zur Verfügung und trotzdem fallen sie immer wieder in die alten Muster zurück.

Aus der Vulgärpsychologie kennt man Erklärungsansätze, die besagen, jemand »brauche« seine Schwierigkeiten aus dem einen oder anderen Grund, oder derjenige »wolle nicht wirklich« etwas verändern und ähnlich pseudo-hilfreiche Unterstellungen. Wer sich jemals in einer ähnlichen Situation befunden hat wie Anna Bauer, Christian, Franziska Eberhard oder Oliver Friedrich, der weiß, dass solche vermeintlichen »Erklärungen« völlig unbrauchbar sind. Sie bringen niemanden weiter. Wir sind davon überzeugt, dass jeder Mensch mit Schwierigkeiten wirklich will, dass es ihm besser geht. Niemand verharrt freiwillig in einer unangenehmen oder schmerzhaften Lage – es sei denn, die Alternative erscheint ihm noch schlimmer!

Menschen vermeiden Unangenehmes, wenn es ihnen möglich ist, und suchen das Angenehme. Therapeuten, die mit dem Modell des »Widerstands« argumentieren, den der Klient angeblich an den Tag legt, tun das unseres Erachtens aus der Verzweiflung heraus, dem Klienten nicht helfen zu können. Also wird kurzerhand die »Schuld« daran, dass sich nichts verändert, dem Klienten in die Schuhe geschoben. Sätze wie »Der Klient will eigentlich gar nichts verändern« oder »Der Klient fühlt sich ganz wohl mit seinem Elend« sind in unseren Augen eher Aussagen über den Therapeuten als über den Klienten.

Mit dem Erklärungsansatz, den die Introvision bietet, lässt sich verstehen, weshalb sich bestimmte Verhaltensweisen so schwer oder gar nicht ablegen lassen und weshalb auch die herkömmlichen Mittel keine wirkliche Hilfe bringen. Wir kommen auf diese vier Fallbeschreibungen in Kapitel 12 nochmals zurück und zeigen, wie es diesen Klienten gelungen ist, mit Hilfe der Introvision entspannter, glücklicher und stressfreier zu leben.

2. Kapitel

Die theoretischen Grundlagen der Introvision

Die Introvision ist eine Methodik, die an der Universität Hamburg von Professor Angelika Wagner entwickelt wurde (siehe A.C. Wagner »Gelassenheit durch Auflösung innerer Konflikte«, Kohlhammer 2007). Professor Wagner, die einen Lehrstuhl in Pädagogischer Psychologie innehatte, hatte sich ursprünglich damit beschäftigt, wie sich sowohl Lehrer als auch Schüler im Unterricht blockieren. Bei der Erforschung der Gründe für das Phänomen, dass Menschen sich selbst blockieren, begann sie zunächst damit, ihre Versuchspersonen aufzufordern, ihre inneren Dialoge während der Blockade-Situationen nachträglich laut zu äußern. Dabei fiel ihr auf, dass ein gemeinsames Merkmal dieser inneren Dialoge die Gedankenschleifen waren, in denen sich die Menschen schnell verfingen.

Diese kreisenden Gedanken, die wahrscheinlich jeder schon einmal selbst erlebt hat, führen schnell dazu, dass die anfängliche innere Anspannung noch weiter wächst und die Aufregung immer größer wird. Ein Schüler, der an der Tafel eine Frage nicht sofort beantworten kann, könnte zum Beispiel eine Gedankenfolge entwickeln wie »Ich weiß jetzt nicht mehr genau … ich muss mich erinnern … ich darf nicht dumm dastehen … wie war das noch mal … was denkt der Lehrer jetzt von mir … dabei habe ich das doch gelernt … gleich lachen mich alle aus … war das jetzt so oder so … ich kann mich nicht mehr erinnern … gleich lachen alle, weil ich so blöd dastehe … was soll ich bloß sagen … ich darf mich nicht blamieren … was wird der Lehrer denken … ich habe es doch gelernt … ich muss mich erinnern … ich darf mich nicht so blamieren … « Der innere Druck, den die kreisenden Gedanken auslösen, führt jedoch nicht weiter, sondern erhöht die Anspannung und die Angst nur noch, im schlimmsten Fall, bis der Schüler gänzlich blockiert ist.

Bei der Auswertung der nachträglich laut geäußerten inneren Dialoge fiel Professor Wagner auf, dass in all den internen Gesprächen etwas auftrat, das sie einen inneren »Imperativ« nannte. Dieser Imperativ ist eine innere Stimme, die fordert, dass entweder etwas unbedingt passieren muss oder dass etwas auf keinen Fall passieren darf. Bei unserem Schüler an der Tafel ist das die Forderung: »Ich darf mich auf gar keinen Fall blamieren!« Der Imperativ übernimmt die Oberhand über das Denken. Aber wie kommt es überhaupt zu Imperativen?

Wie entstehen Imperative?

Um zu verstehen, was es mit Introvision auf sich hat und warum diese Methode so gut wirkt, muss man sich mit der interessanten Theorie mentaler Prozesse beschäftigen. Angelika Wagner, die jahrzehntelang über die Wirkungsweise des menschlichen Gehirns geforscht hat, entwickelte, um mentale Prozesse zu beschreiben, die Theorie der »mentalen Introferenz«. Wir wollen diese komplexe und komplizierte Theorie möglichst einfach und verständlich darstellen. Dazu wählen wir eine stark verkürzte Darstellungsform, denn die Theorie zur Gänze darzulegen, würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Eine gute Möglichkeit, sich weiter in die theoretischen Grundlagen von Introvision zu vertiefen, bietet das bereits erwähnte Buch von Professor Wagner.

Die Theorie der mentalen Introferenz bietet einen Erklärungsansatz dafür, wie das menschliche Gehirn Daten verarbeitet. Nach jetzigem Forschungsstand kann man laut Angelika Wagner davon ausgehen, dass es im Denkapparat zwei Systeme gibt: das epistemische und das introferente System. Im epistemischen System wird nur gültige Information berücksichtigt und verarbeitet, während das introferente System auch ungültige oder unklare Informationen mitverarbeitet.

Das epistemische System: Die Wirklichkeit wird erkannt