Alte Nutztierrassen - Kai Fröhlich - E-Book

Alte Nutztierrassen E-Book

Kai Fröhlich

0,0

Beschreibung

Viele Haus- und Nutztiere, die früher weit verbreitet waren, sind heute vom Aussterben bedroht, da sie zum Beispiel nicht so viel Fleisch, Milch oder Eier liefern wie die modernen Züchtungen. Dass sie dennoch schützenswert sind, zeigt dieses Buch mit kurzweilig geschriebenen und schön illustrierten Tierporträts. Nach dem Erfolg des erstmals 2010 erschienenen Buches von Priv. Doz. Dr. Dr. Kai Frölich, Direktor von Europas größtem Tierpark für seltene und vom Aussterben bedrohte Haus- und Nutztierrassen, erscheint nun eine überarbeitete und deutlich erweiterte Ausgabe mit 14 zusätzlichen Tierporträts. Eine Kuh, die nicht genügend Milch gab, galt lange Zeit als weniger wertvoll als ihre leistungsstärkere Verwandte. Die Folgen sind bekannt: Die Zucht konzentrierte sich auf diejenigen Rassen mit dem besten Nutzen für den Menschen. Andere, zum Teil sehr alte Rassen hatten das Nachsehen. Dem Engagement vieler Einzelpersonen ist es zu verdanken, dass Rassen wie das Angler Rind, das Bunte Bentheimer Schwein, das Alt-Oldenburger Pferd, die Thüringer Waldziege oder das Vorwerkhuhn nicht gänzlich ausgestorben sind. Heute besinnt man sich zurück auf die besonderen Eigenschaften alter Haus- und Nutztierrassen, züchtet sie weiter und setzt sie zum Beispiel in der Landschaftspflege ein. Dieses Buch widmet sich diesen gefährdeten Tierrassen, stellt ausgewählte Vertreter verschiedener Arten vor und ermutigt den interessierten Leser auch dazu, selbst einem Tier dieser Rassen auf dem Land eine neue Heimat zu geben.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 130

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



(Foto: Sabine Vielmo/Arche Warder)

Impressum

Copyright © 2014 by Cadmos Verlag, SchwarzenbekGestaltung und Satz: r2 | Ravenstein, VerdenLektorat der Originalausgabe: Anneke Fröhlich, Lindau

Titelfoto: Sabine Vielmo/Arche WarderFotos im Innenteil: Arche Warder, Carol Frölich, Kai Frölich, Lisa Iwon/Arche Warder, Christian Mühlhausen/Landpixel.de, Shutterstock.de/JoseArcos Aguilar, Shutterstock.de/J. Marijs, Shutterstock.de/travelpeter,Sabine Vielmo/Arche Warder, Eberhard Weckermann/GreenpeaceKonvertierung: S4Carlisle Publishing Services

Deutsche Nationalbibliothek – CIP-EinheitsaufnahmeDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sindim Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Autoren und Verlag haben den Inhalt dieses Buches mit großer Sorgfaltund nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt.Für eventuelle Schäden an Mensch und Tier, die als Folge von Handlungenund/oder gefassten Beschlüssen aufgrund der gegebenen Informationenentstehen, kann dennoch keine Haftung übernommen werden.

Alle Rechte vorbehalten.

Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nachvorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.

eISBN 978-3-8404-6193-4

Inhalt

(Foto: Lisa Iwon/Arche Warder)

Einleitung

Die Arche Warder – Tierpark, Forschungsfeld und nachhaltiges Projekt

Vom Aussterben bedroht – und doch so wichtig

Warum braucht die Landwirtschaft Vielfalt?

Die alten, modernen Landschaftspfleger

Die Schafe in der Rhön

Hinterwälder halten den Schwarzwald offen

Heidschnucken im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide

Bedrohte Rinderrassen als Landschaftspfleger

Koniks in der Emsaue

Exmoor-Ponys erhalten die Hutelandschaft

Das iberische Schwein der Extremadura

Steppenrinder und Zackelschafe in der ungarischen Puszta

„Alte“ Rinder im ostfriesischen Vorland

Poitou-Esel in der Trockenrasenpflege

Aussterben im Monatstakt

Wenige Rassen dominieren weltweit

Kriterien für die Gefährdung einer Rasse

Alle Haustiere haben wilde Vorfahren

Vom Jäger zum Bauern – und was die Tiere damit zu tun haben

Mondlandung? Ohne Nutztiere undenkbar!

Wie geschah die Domestikation?

Kleine Domestikationsgeschichte einzelner Tierarten

Ziegen

Schafe

Rinder

Yaks

Wasserbüffel

Schweine

Pferde

Esel

Hühner

Gänse

Puten

Enten

Perlhühner

Honigbiene

Kaninchen

Frettchen

Seltene Nutztiere im Porträt

Esel und Pferde

Poitou-Esel – groß, schwer und zottelig

Posaviner – eine Rarität unter den Pferderassen Europas

Alt-Oldenburger – prachtvolle Kutschpferde

Exmoor-Pony – ein Relikt aus der Urzeit

Schleswiger Kaltblut – die gutmütigen Dicken

Rinder

Englisches Parkrind – die altenglische Schönheit

Ungarisches Steppenrind – heute wieder eine Attraktion der Puszta

Deutsches Schwarzbuntes Niederungsrind – das Original

Angler Rind alter Zuchtrichtung – klimafest und gut zu Fuß

Hinterwälder Rind – trittfest und umgänglich

Telemarkrind – einst ein Nationalsymbol Norwegens

Deutsches Shorthorn – verdrängt von den Hochleistungsrassen

Europäischer Wasserbüffel – die beste Milch für Mozzarella

Schweine

Buntes Bentheimer Schwein – oder warum ein bisschen Fett nicht schaden kann

Rotbuntes Husumer Schwein – das „Protestschwein“ der Dänen

Angler Sattelschwein – mit Sattel, aber nicht zum Reiten

Turopolje – das Schwein, das tauchen kann

Mangalitza – mal blond, mal rot, mal schwalbenbäuchig

Schwedisches Linderöd-Schwein – groß und hochbeinig

Chinesisches Maskenschwein – so schön können Falten sein

Ziegen und Schafe

Thüringer Waldziege – Ziege mit Schweizer Blut

Skudde – zierliche Landschaftspfleger

Jakobschaf – eine biblische Rasse

Weiße Gehörnte Heidschnucke – immer etwas im Hintergrund

Walachenschaf – äußerst wachsam mit ausgeprägtem Fluchtverhalten

Waldschaf – feine Wolle aus dem bayerischen Wald

Houtlandschaf – der genügsame Belgier

Ungarisches Zackelschaf – das Schaf mit den Korkenzieherhörnern

Soay-Schaf – schottisches Schaf mit langer Geschichte

Geflügel

Vorwerkhuhn – Goldvögel im Partnerlook

Deutscher Sperber – prachtvoll und zutraulich

Sundheimerhuhn – Federvieh mit Doppelfunktion

Cröllwitzer Pute – ein imposanter Vogel

Diepholzer Gans – rund und geländegängig

Ungarische Lockengans – die weiße, flauschige Besonderheit

Deutsche Pekingente – die besondere Ente aus dem Reich der Mitte

Orpingtonente – die vielseitige Engländerin

Anhang

Tipps zum Weiterlesen

Adressen

Einleitung

von Prof. Dr. Dr. Hans Hinrich Sambraus

Die Pommersche Gans war bereits um 1300 auf Rügen, in Pommern und in Gebieten um Stralsund bekannt. (Foto: Sabine Vielmo/Arche Warder)

Unsere Welt wird ärmer. Tierarten sterben aus oder werden aus Gegenden verdrängt, in denen sie seit Jahrtausenden vorkamen. Naturschützer sind hocherfreut darüber, dass zum Beispiel aus Osteuropa wieder Wölfe nach Deutschland eingewandert sind. Es werden große Anstrengungen unternommen, die biologische Vielfalt (Biodiversität) nicht noch weiter einzuschränken und nach Möglichkeit zu vergrößern.

Nicht zu übersehen ist, dass die Bemühungen der letzten Jahre erfolgreich waren. Man sieht wieder mehr Schmetterlinge. Vogelarten, die bis auf Restbestände verschwunden waren, beleben wieder Gärten, Wälder und Gewässer. Unsere Erde ist in der letzten Zeit wieder etwas bunter geworden, die Stimmenvielfalt gestiegen.

Wer den Begriff „biologische Vielfalt“ hört, denkt meistens nur an Tiere und Pflanzen in freier Natur. Doch es gibt darüber hinaus auch noch einen weiteren Bereich: Seit ungefähr 10 000 Jahren züchtet der Mensch Nutzpflanzen und domestiziert Tiere. Aus den wenigen, weitgehend einheitlichen Wildtierformen ist im Laufe der Zeit eine große Anzahl von Rassen entstanden. Bei Rind und Schaf sind es weltweit deutlich mehr als 1000 Rassen, beim Pferd ungefähr 700 und bei Ziege und Schwein immerhin noch mehr als 500.

Doch diese Zahlen trügen. Viele Rassen sind im Verlauf des 20. Jahrhunderts ausgestorben, zahlreiche sind in ihrem Bestand bedroht. Je nach Tierart sind es 20 bis 40 Prozent der vorhandenen Rassen. Alle Formen einer Art unterscheiden sich genetisch voneinander. Und wenn Rassen aussterben, mindert auch dies die biologische Vielfalt. Bei Rind, Schwein und Schaf starben im vergangenen Jahrhundert jeweils mehr als 150 Rassen aus. Allein in Europa sind bei Pferd, Rind und Schaf je ungefähr 200 Rassen vom Aussterben bedroht.

Auffallend ist, dass bei jeder unserer Nutztierarten heute einige wenige Rassen dominieren. Sie werden für besser gehalten. Doch im Allgemeinen sind diese Rassen den anderen nur in quantitativen Kriterien überlegen: mehr Milch, höhere täglich Gewichtszunahmen, eine größere Zahl von Eiern und so weiter. Dagegen ist zunächst nichts zu sagen, wenn es dadurch nicht zu Qualzuchten kommt. Bis zu einer gewissen Grenze nötigt die züchterische Leistung, der züchterische Fortschritt Respekt ab. Doch wie steht es um die Qualität?

Alte gefährdete Rassen sind meist robust und anspruchslos. Sie sind langlebig und widerstandsfähig gegen Krankheiten. Ihre Fruchtbarkeit ist sehr gut, und sie sind bestens an örtliche Gegebenheiten angepasst. Häufig wird die besondere Qualität ihrer Produkte gepriesen.

Gelegentlich hört man, Rassen, die gegenwärtig nicht sehr gefragt sind, könne man bedenkenlos aussterben lassen. Sobald man ihre Eigenschaften wieder benötigt, könne man sie ja rückzüchten. Doch das ist ein Trugschluss. Jede Rasse ist einzigartig. Sobald eine ausgestorben ist, ist sie für immer verloren. Alles neu Gezüchtete ist anders als das Vergangene.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, das genetische Material gefährdeter Rassen zu erhalten. Man kann lebende Bestände erhalten, es gibt aber auch die Möglichkeit, Sperma oder Embryonen tiefgefroren zu bewahren. Doch diese Kryokonservierung ist problematisch: Technische Pannen können zum Verlust der Proben führen. Vor allem ist aber zu bedenken, dass die Erinnerung an die jeweilige Rasse verloren geht, sobald keine lebenden Individuen mehr vorhanden sind – aus den Augen, aus dem Sinn.

Als flankierende Maßnahme sollte man nicht auf das Tiefgefrieren von Spermaproben und Embryonen verzichten. Die schnellste und beste Methode ist jedoch, lebende Bestände zu erhalten. Dies geschieht in vorbildlicher und für Mitteleuropa einzigartiger Weise in der Arche Warder. Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e. V. (GEH) wählt seit 1984 jedes Jahr eine besonders schützenswerte gefährdete Rasse zur „Rasse des Jahres“. Fast alle diese Rassen werden in der Arche Warder bewahrt. Aber nicht nur diese. Die Arche Warder ist Europas größter Tierpark für seltene und bedrohte Nutztierrassen. Mit mehr als 80 verschiedenen Rassen bekommt der Besucher einen ausgezeichneten Eindruck von der einstigen Rassenvielfalt unseres Landes sowie ganz Europas.

Auf einem großzügig gestalteten Gelände mit einem landschaftlich sehr reizvollen Umfeld werden auf den einzelnen Koppeln meist mehrere Rassen verschiedener Tierarten gehalten. Die gemeinsam gehaltenen Rassen kommen zumeist aus der gleichen Region. Der Besucher kann sich in die erste Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zurückversetzt fühlen, als auf dem Bauernhof neben Rindern und Pferden noch Schweine und Schafe gehalten wurden und wo außerdem noch Geflügel lebte.

Die Gefahr der Inzucht durch zu kleine Gruppen ist dadurch gebannt, dass die Arche Warder mit vielen sogenannten Satellitenstationen zusammenarbeitet, zum Beispiel mit Bauernhöfen oder anderen Freilandeinrichtungen, auf denen gleichfalls gefährdete Rassen gehalten werden. Hierdurch wird auch sichergestellt, dass Zuchttiere ausgetauscht werden können.

Aber nicht nur die Weidehaltung der Tiere ist großzügig und tiergerecht, zum Beispiel durch Schutzhütten. Gerade in den letzten Jahren hat man in vorbildlicher Weise Volieren für das Geflügel geschaffen. Durch eine übersichtlich gestaltete Beschilderung wird jede Rasse in eindeutiger Weise charakterisiert, und es werden Probleme und Bedeutung der Erhaltungszucht erläutert.

Haltung und Erhaltung bedrohter Nutztierrassen werden in der Arche Warder kompetent, systematisch und professionell durchgeführt.

Als wertvolle flankierende Maßnahme hat die Leitung der Arche Warder einen Wissenschaftlichen Beirat geschaffen, dem derzeit zwölf Professoren und andere Fachleute angehören. Durch diesen Beirat können alle Facetten der Erhaltung alter gefährdeter Rassen und deren Nutzung erörtert und umgesetzt werden.

Damit nicht genug: In der Arche Warder wird die Geschichte der Domestikation unserer Haustiere erlebbar gemacht. Es wurden Behausungen geschaffen wie die, in denen unsere Vorfahren und ihre Tiere lebten. So ließ man sowohl die Jungsteinzeit als auch das Mittelalter in einer für den Besucher nachvollziehbaren Weise aufleben. In der Arche Warder wurde zudem ein Konzept entwickelt, in dem es im Wesentlichen um den Kontakt mit dem Tier und die Interaktion von Mensch und Tier geht. Vergessen wir nicht: Haustierrassen wurden vom Menschen geschaffen. Sie sind damit ein wichtiges Kulturgut.

Das Buch von Prof. Dr. Dr. Kai Frölich und Susanne Kopte ist ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung des Kulturguts „alte Nutztierrassen“. Es öffnet mit Sicherheit die Augen für Besonderheiten, an denen bisher meist achtlos vorübergegangen wurde. Ihm ist breites Interesse zu wünschen.

Prof. Dr. Dr. Hans Hinrich Sambraus Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Arche Warder

(Foto: Sabine Vielmo/Arche Warder)

Die Arche Warder –

Tierpark, Forschungsfeld und nachhaltiges Projekt

(Foto: Carol Frölich)

Nirgendwo in Europa gibt es so viele alte Haus- und Nutztierrassen an einem Ort wie im Tierpark Arche Warder in der Nähe von Kiel. Auf 40 Hektar Parkgelände und in diversen Satellitenstationen (siehe Seite 14) leben 1200 Tiere, die 82 verschiedenen Rassen angehören – alle seit langer Zeit mit dem Menschen verbunden und heute vom Aussterben bedroht.

Die Arche Warder hat es sich zur Aufgabe gemacht, solch wunderbare Tiere wie das Englische Parkrind, den französischen Poitou-Esel, das Schleswiger Kaltblut, das Angler Sattelschwein und viele andere, in denen sich die einstige Vielfalt der Nutztierrassen (Agrobiodiversität) widerspiegelt, zu erhalten und weiterzuzüchten.

Als lebendiges Museum zeigt die Arche Warder zum Beispiel in ihrer Steinzeitsiedlung anschaulich, wie Mensch und Tier vor vielen Tausend Jahren zusammengelebt haben. (Foto: Carol Frölich)

Sie sind in Tausenden von Jahren von Bäuerinnen und Bauern gezüchtet worden, wobei Rassen und regionale Varianten von Rassen (Schläge) optimal an die Bedingungen ihrer Ursprungsregionen und die Bedürfnisse ihrer Züchter angepasst waren.

Heute ist die Vielfalt der Nutztierrassen in Gefahr. Während man in der Arche Warder zehn Hühnerrassen in artgerechten Freilaufvolieren bewundern kann, werden in der kommerziellen Hühnerhaltung Legehennenhybride eingesetzt, die im Wesentlichen nur noch von zwei Rassen abstammen.

Dank der finanziellen Mithilfe von Greenpeace und vielen anderen Sponsoren konnte das Gelände der Arche Warder mit einem neuen, erweiterten Team in den letzten Jahren so gestaltet werden, dass heute die Tiere optimale und vorbildliche Haltungsbedingungen und die Besucher einen ästhetisch und atmosphärisch anspruchsvollen Park vorfinden.

Die Arche Warder verfolgt bei ihrem Einsatzzum Erhalt der biologischen Vielfalt (Agrobiodiversität) fünf Ziele:

1.  Schutz durch Erhaltungszucht

Auf der Basis einer exakten Zucht- und Managementstrategie gilt es, die Tiere in ihren rassetypischen Eigenheiten zu erhalten. Bei den geringen Bestandszahlen ist die Zusammenarbeit mit anderen Züchtern wichtig, um zum Beispiel Tiere zu tauschen. Prinzipiell kann ein großer Genpool (Agrobiodiversität) auf Veränderungen im Klima oder bei Richtungsänderungen in der Landwirtschaft besser reagieren.

2.  Schutz durch Satellitenstationen (Außenflächen)

Viele Tiere aus dem Arche-Bestand sind ausgelagert worden. So leben zum Beispiel Englische Parkrinder auf einem Hof in Hessen und Skudden im Wikingermuseum Haithabu bei Schleswig. Auf diese Weise kann man die Individuenzahl erheblich erhöhen und die genetische Vielfalt erweitern. Außerdem dient die regional getrennte Haltung als Vorsichtsmaßnahme für den Fall eines Seuchenzuges.

3.  Schutz durch anspruchsvolle Bildungsangebote

Tierparkpädagogik ist eine wichtige Aufgabe. Der Park ist ein lebendiges Museum, das die Rolle der Nutztiere für die kulturelle Entwicklungsgeschichte des Menschen anschaulich vermittelt. Auch die Leistungen und Besonderheiten alter Rassen für die ökologische Landwirtschaft und den Naturschutz werden spannend erklärt. Veranstaltungen zum Mittelalter oder auf dem Gelände der Steinzeit-Siedlung zeigen, wie das Zusammenleben von Mensch und Tier in jenen Zeiten aussah.

4.  Vernetzung mit Institutionen

Um erfolgreich arbeiten zu können, braucht die Arche Warder ein funktionierendes Netzwerk. Mit ihren Forschungsvorhaben zu den physiologischen Besonderheiten alter Rassen und der Schutzproblematik ist sie eng mit mehreren Universitäten verknüpft. Zum Austausch von Informationen und Erfahrungen pflegt die Arche unter anderem Kontakte zu Naturschutzstiftungen, Zoos, Tierparks, zu Herdbuchzüchtern und anderen Archehöfen sowie zur Gesellschaft zur Erhaltung alter Haustierrassen und anderen Verbänden. Ferner steht sie im fachlichen Diskussionsaustausch mit unterschiedlichen politischen Parteien in Schleswig-Holstein und auf Bundesebene.

5.  Schutz durch Forschung

In Zusammenarbeit mit Universitäten und verschiedenen Forschungseinrichtungen werden deutschlandweit in einer Reihe von Forschungsprojekten die physiologischen Besonderheiten alter Haustierrassen untersucht.

Steinzeitliche Siedlung im Tierpark Arche Warder: Teil eines anschaulichen Bildungsangebots.

Vom Aussterben bedroht – und doch wichtig

(Foto: Sabine Vielmo/Arche Warder)

Jedes Jahr besuchen Tausende von Menschen den Tierpark für seltene und vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen Arche Warder und erfreuen sich an den friedlich grasenden Rindern auf den Weiden, an der bunten Vielfalt von Schweinen, die sich genüsslich im Schlamm suhlen, sowie an dem schillernden Geflügel, das emsig nach Futter sucht. Alle Gehege sind in das Landschaftsbild eingebettet und entsprechen einer naturnahen Landwirtschaft.

Die Arche Warder zeigt eine Idylle, die sehr selten geworden ist. Schlimmer noch: Viele der Nutztierrassen, die heute in großen Ställen gehalten werden, würden die Haltung im Freien gar nicht überleben. Oder sie dürfen nicht: Kühe aus echten Hochleistungsbetrieben kommen in der Regel gar nicht mehr auf die Weide, weil unkontrolliertes Grasfressen die optimale Milchmenge reduzieren würde.

Warum braucht die Landwirtschaft Vielfalt?

Ein Großteil der traditionellen Landrassen wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von den aufkommenden Leistungsrassen verdrängt. In der modernen Landwirtschaft dominieren daher heute wenige, einseitig spezialisierte Rassen oder Kreuzungen verschiedener Rassen (Hybride) die tierische Produktion. Früher hingegen gab es zum Beispiel Rinder, die einerseits Milch produzierten, andererseits als Arbeitstiere eingesetzt wurden und darüber hinaus Fleischlieferanten waren (Mehrfachnutzung). Hennen sollten nicht nur Eier legen, sondern auch genügend Fleisch liefern. Das Besondere dabei: Die Tiere waren robust, genügsam und besonders gut an bestimmte Regionen angepasst.

Genügsam auch bei Eis und Schnee – während den Bentheimer Landschafen diese Witterung nichts ausmacht, können viele moderne Rassen unter schwierigen Bedingungen nicht gehalten werden. (Foto: Sabine Vielmo/Arche Warder)

Auch in der naturnahen, nachhaltigen Landwirtschaft werden zurzeit noch überwiegend Hochleistungsrassen gehalten, die aber dafür nicht immer optimal geeignet sind. Dies führt zu Problemen, denn diese Rassen wurden primär für maximale Leistung in intensiver Haltung gezüchtet.

Alte Rassen lassen sich vorzüglich in der extensiven Weidehaltung einsetzen, weil sie unter anderem besonders widerstandsfähig gegenüber Witterungseinflüssen und genügsam in ihren Ansprüchen an die Futterqualität sind. Ferner sind sie robust, anpassungsfähig und benötigen keine hochtechnisierten Ställe.

Daher werden in der naturnahen, nachhaltigen Landwirtschaft mit steigender Tendenz alte Rassen gehalten. Diese geben zwar weniger Fleisch oder Milch und erreichen bei Weitem nicht das Gewicht der Hochleistungstiere. Dafür aber sind ihre Produkte von sehr hoher Qualität, weil den Tieren die Zeit gelassen wird, ihre natürlichen Reifeprozesse zu durchleben. Mit dem Verlust dieser Rassen würden wir also Optionen für die naturnahe Beweidung extensiver Flächen verlieren.

Forschungsarbeiten wie die Untersuchung von Blutproben – hier die Blutabnahme bei einem betäubten Wasserbüffel in der Arche Warder – helfen, gefährdete Tiere zu erhalten. (Foto: Arche Warder)