Alya flüstert mir auf Russisch süße Worte zu (Light Novel): Band 2 - Sunsunsun - E-Book

Alya flüstert mir auf Russisch süße Worte zu (Light Novel): Band 2 E-Book

Sunsunsun

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Beschreibung

Wer A sagt, muss auch B sagen. Nachdem der sonst so unmotivierte Masachika Kuze der schönen Alisa Michailowna Kujou seine Hilfe für ihre Kandidatur bei der Schülersprecherwahl angeboten hat, muss er auf seine großen Worte auch Taten folgen lassen. Doch sobald Masachika sich auch nur ansatzweise ernsthaft darum bemüht, ihren großen Traum zu verwirklichen, gerät Alisa völlig in Panik. Diese aktiviert in ihr einen unaufhaltsamen wie unvernünftigen Ehrgeiz, der sie zu den schönsten Dummheiten verleitet. Dabei ist es ganz und gar nicht hilfreich, dass Masachikas Schwester Yuki Suou der armen, emotional unbedarften Alisa ständig ein Beinchen stellt. Damit macht sie aber auch nicht vor ihrem Bruder halt, der immer wieder ihre gespielten (?) Avancen abwehren muss. Gefangen zwischen den Stühlen muss Masachika durch ein wahres Minenfeld manövrieren und nebenher selbst noch seine eigenen wahren Gefühle ergründen.

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EPUB
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Seitenzahl: 281

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhaltsverzeichnis

Cover

Farbseiten

Prolog: Es ist nicht, wie du denkst!

1. Kapitel: Na? Hast du es nun begriffen?

2. Kapitel: Der Ball ist der Feind. Keine Widerrede

3. Kapitel: Dürfte ich bitte einen Nachschlag haben ...?

4. Kapitel: Hat das nur nach Sahne geschmeckt? Ernsthaft?

5. Kapitel: Je größer, desto besser

6. Kapitel: Diese eine Sache, die jeder Otaku mindestens einmal in seinem Leben tun möchte

7. Kapitel: Versprochen ist versprochen

8. Kapitel: Ideal und Realität

Epilog: Die Beweggründe

Nachwort

Über JNC Nina

Impressum

Orientierungsmarken

Farbseiten

Inhaltsverzeichnis

Prolog: Es ist nicht, wie du denkst!

In einem gewissen Zimmer in einer ganz bestimmten Wohnung war sonst niemand bis auf ein Mädchen, das sich auf das Bett warf und keine Kontrolle mehr über ihre Gesichtsmuskulatur hatte.

„Wieso nur ...? Nein, aber ...“, murmelte die junge Frau vor sich hin, während der Gesichtsausdruck auf ihrem hübschen Antlitz im steten Wandel war.

Dieses Mädchen hieß Alisa Michailowna Kujou und sie befand sich gerade in ihrem Zimmer. Sie trug nach wie vor ihre Uniform, lediglich den Blazer hatte sie abgelegt. Auf ihrem Bett rollte sie sich hin und her, sodass Bluse und Rock immer weiter zerknitterten. Doch das war ihr in diesem Moment völlig einerlei. An und für sich konnte man das schon als ein eher untypisches Verhalten ihrerseits betrachten.

Ihre Gedanken kreisten um ein Ereignis, das nun dreißig Minuten zurücklag. Eigentlich wollte sie bloß nach Hause gehen, doch dann hatte er ihr ganz tief in die Augen geblickt und die Hand gereicht. Als Antwort waren ihr ... die drei schönsten Worte herausgerutscht.

„‚Ich liebe dich‘? Ich soll ihn lieben? Hä? Wiiiie?“

All diese überwältigenden Gefühle hatten den Damm ihres Herzens gebrochen und mit ihnen waren diese Worte in Form eines süßlichen Säuselns förmlich aus ihr herausgeschwappt.

„Ich liebe ihn? Ich liebe Kuze? I... I... Ich ...?!“

Je öfter sie sich diese Frage stellte, desto stärker fühlte sie sich in ihrem Verdacht bestätigt. Das führte allerdings bloß dazu, dass ihr Gesicht knallrot anlief und sie es tief in ihr Kopfkissen presste.

„Nein! Neiiiiiin!“, schrie sie lauthals die Verleugnung ihrer Gefühle ins Kissen.

Ich liebe ihn? Ich, Kuze? Nein! Das kommt überhaupt nicht infrage! Ich könnte mich niemals in einen solch unmotivierten Faulpelz verlieben. Mag sein, dass ich auf Russisch schon mal das ein oder andere von mir gegeben habe, was den Eindruck hätte erwecken können, dass ich etwas für ihn übrig habe, aber das war natürlich nichts weiter als ein Scherz! Ich fand es doch bloß witzig, ihm ein paar nette Worte zuzuwerfen, die er ohnehin niemals verstehen würde. Dabei hat er immer so dämlich verwirrt gegrinst! Halt, Moment. Ist das gerade mein Ernst?

Doch Alisa verwarf die Frage, die sich ihr aufdrängte, sofort wieder.

„Ganz genau! Als ob ich in Kuze verliebt wäre. Ich habe mich bloß ... von der Atmosphäre mitreißen lassen. Nicht mehr und nicht weniger!“, sprach sie laut aus, um sich selbst davon zu überzeugen. Sie sprang vom Bett und ging zum Kleiderschrank.

Selbst wenn ich in Kuze verliebt wäre – und die Betonung liegt da ganz klar auf „wenn“ – dann gäbe es momentan ohnehin viel wichtigere Dinge.

Während sich Alisa umzog, ging sie im Kopf noch einmal durch, was ihr gerade wichtig war. Doch da musste sie nicht lange überlegen. Sie wollte Schülersprecherin werden. In diesem Sinne würde sie es sich niemals verzeihen, wenn sie sich nun von Gefühlsduseleien von ihrem eigentlichen Ziel abbringen lassen würde. Letzten Endes könnte man das gar als Verrat an Masachika auslegen, der ihr versprochen hatte, sie bei der Verwirklichung ihres Traums zu unterstützen.

Stimmt ja ... Kuzes Hilfe ist mir jetzt sicher, also sollte ich auch seinen Erwartungen gerecht werden, nicht wahr? Was würde Kuze wohl von mir halten, wenn ich jetzt die Wahl hinwerfe und ihm stattdessen meine Gefühle gestehe?

Während dieses Gedankenganges stellte sie sich die Szene mit Masachika bildlich vor.

„Hä? Du bist in mich verliebt? Nee, tut mir ja echt leid, aber diese Art von Unterstützung meinte ich nicht. Hast du das etwa so verstanden?“, sprach der Phantom-Masachika in ihrem Kopf in abweisender Manier.

„Buhuuuu ...“, jammerte Alisa, nachdem ihr ihre blühende Fantasie in den Rücken gefallen war. Sie stolperte zurück zum Bett und ließ sich darauf fallen. Eine ganze Weile blieb sie dort regungslos liegen, doch dann blitzte Zorn über ihr Gesicht und mit verkniffener Miene drosch sie auf das Bett ein.

„Als ob! Ich doch nicht! Als ob ich was für dich empfinden würde! Ich liebe dich nicht! Im Leben nicht!“, kreischte sie schwer atmend und versuchte, mit jedem Schlag ihren Worten mehr Nachdruck zu verleihen.

Ich rede hier schließlich von Kuze. Sobald ich morgen wieder in der Schule bin, wird er mir mit seiner antriebslosen Art eh wieder nur auf den Zeiger gehen. Selbst ... nach dem.

„Wah!“

Allein der Gedanke an das Geschehene ließ die Wut in Alisa erneut aufflammen. Sie stand vom Bett auf und knallte die Schranktür zu. In dem Moment vernahm sie das Geräusch der Haustür, wie sie ins Schloss fiel. Alisa klatschte sich auf ihre geröteten Wangen und versuchte, ihren Gesichtsausdruck wieder in geregelte Bahnen zu lenken. Schließlich machte sie sich auf den Weg, um den Neuankömmling zu begrüßen.

„Willkommen daheim, Mascha.“

„Da bin ich wieder, Alya!“, erwiderte Alisas Schwester den Gruß mit ihrem gewohnt sanften Lächeln. Sie schloss ihre kleine Schwester in die Arme und küsste sie auf die Wangen. Doch ihren Bewegungen fehlte die Herzlichkeit, so als wäre sie nicht ganz bei der Sache.

„Mascha ... Ist irgendetwas?“

„Hä? Was meinst du?“

„Du weißt schon ...“, stammelte Alya, die ihre ungute Vorahnung nicht so recht in Worte fassen konnte.

Maria wirkte nicht wie sonst, doch plötzlich blitzte ein Lächeln über ihre Lippen und sie holte ein Plüschtier aus der Tüte hervor, die sie bei sich hatte.

„Also eigentlich hatte ich ... eine ganz bezaubernde Begegnung. Ich glaube, du würdest ihn auch lieben“, erklärte Maria, ohne etwas zu erklären.

„Hä?“, entfuhr es Alisa. Doch dann sah sie die Plüschkatze, die ihre Schwester ihr fröhlich angekündigt hatte.

„Tada! Das ist Miaulya!“

„M... Miaulya? Hä?“

„Schau doch mal genau hin! Sie sieht dir total ähnlich!“

„Inwiefern bitte?“, fragte Alisa skeptisch, während sie einen Schritt zurücktrat, um das Plüschtier genauer zu beäugen.

„Hä? Siehst du denn nicht ... diese Augen?“

„Ich habe also Knopfaugen?“

„Komm schon! Jetzt schau doch mal genauer hin!“

„Jaja, meinetwegen ... Aber nenn das Teil bitte anders.“

„Och?“

„Wenn du es so nennst, fühle ich mich ständig angesprochen. Da würde ich ja nie zur Ruhe kommen.“

„Hmm ... Wie fändest du denn Amiau?“

„Ja, das wäre in Ordnung ...“

„Juhu! Willkommen in deinem neuen Zuhause, Amiau!“, verkündete Maria freudestrahlend und drückte das Plüschtier fest an ihre Brust. Anschließend ging sie zu ihrem Zimmer. Alisa konnte dem Ganzen nicht viel abgewinnen und das sah man ihr auch im Gesicht an. Da blieb Maria plötzlich vor ihrem Zimmer stehen, warf einen Blick über die Schulter zu Alya und sagte: „Apropos, Alya. Es geht um Kuze.“

„W... Was?“, stotterte Alisa los, als der Name des Mannes genannt wurde, an den sie bis vorhin noch innig gedacht hatte.

„Ach, ich finde nur, dass er ein guter Kerl ist. Ich kann durchaus verstehen, weshalb du ihn magst“, plapperte ihre Schwester unbekümmert los, ohne zu merken, dass Alisa gerade auf der Hut war.

„Noch mal zum Mitschreiben: Ich kann ihn nicht leiden.“

„Ach jaaaa?“

„Du Nervensäge!“, machte Alisa ihrem Frust Dampf. Doch als sie Marias Blick bemerkte, stockte ihr der Atem. Ihre Stimme hatte zwar die ganze Zeit fröhlich geklungen, doch in ihren Augen spiegelte sich eine beängstigende Ernsthaftigkeit wider. Mit einem kurzen Blinzeln kehrte jedoch wieder die Heiterkeit in ihnen ein.

„Ja, habe schon verstanden“, zwitscherte Maria.

„Hä?“

„Jetzt ist alles sonnenklar. Alya, du bist auch entzückend, wenn du nicht ehrlich zu deinen Gefühlen stehst.“

„B... Bitte was?!“

„Aber wenn du ihn magst, solltest du ihm das auch schnell beichten. Ansonsten schnappt ihn dir noch eine andere weg und dann ist alles zu spät.“

„W... Was faselst du da eigentlich?!“

„Hach, die Jugend ...“, seufzte Maria verträumt. Sie ignorierte Alisas Widerworte und gab stattdessen völlig unverblümt ihre Meinung zu dem Thema kund, bevor sie sich in ihr Zimmer zurückzog.

„Was zum Geier sollte das denn?“, flüsterte Alisa erschüttert über das gewohnt übergriffige Verhalten ihrer Schwester. Daraufhin zog sie sich selbst in ihr Zimmer zurück, ohne auch nur einen weiteren Gedanken an diese Unterhaltung zu verschwenden. Doch das war leichter gesagt als getan ...

„Hmm ...“, brummte sie, als ihr Marias ernster Blick beim besten Willen nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte.

1. Kapitel: Na? Hast du es nun begriffen?

„Aaaah! Was war das denn?!“, zischte ein Schüler vor sich hin, der nachts noch allein durch die Straßen zog. Dabei handelte es sich allerdings um keine zwielichtige Gestalt, sondern niemand Geringeren als Kuze Masachika. Zuvor hatte er Alisa nach Hause gebracht.

„Was erzähle ich der eigentlich was von ‚Ich werde dich unterstützen‘ und ‚Sag nichts, sondern nimm einfach nur meine Hand‘? Was zum Geier habe ich mir dabei gedacht?! Am liebsten würde ich vor Scham tot umfallen! Widerlich! Cringe! Peinlich! Der größte Cringe ist aber gerade wohl mein verdammtes Selbstgespräch!“, sprudelte seine Reue und sein Selbsthass nur so aus ihm heraus.

Vorhin erst noch hatte sich Masachika von seiner männlichsten Seite gezeigt – ein höchst seltenes Phänomen. Seine Taten ließen ihn jedoch in ein tiefes Loch fallen. All die Worte, die er an Alisa gerichtet hatte, hallten in seinem Kopf wider. Dies weckte in ihm den Wunsch, am liebsten an Ort und Stelle im Erdboden versinken zu wollen.

„Alya ... Du hast mir definitiv deine Liebe gestanden ...“

Vor seinem inneren Auge sah er wieder die Allee vor der Schule und inmitten der Baumpracht ihr Lächeln, das wie eine Blume erblühte. Zudem erinnerte er sich an diese ach so zärtliche Berührung seiner Wange, bevor sie sich voneinander verabschiedeten. Beim Gedanken daran standen ihm die Nackenhaare zu Berge.

Bislang war Masachika fest davon überzeugt gewesen, dass Alisa ihm nur zum Spaß hin und wieder ein paar süße Wörter auf Russisch vorsäuselte. Allein für den Nervenkitzel und ihr persönliches Vergnügen sprach sie Unaussprechliches aus, weil sie davon ausging, dass Masachika kein Wort verstehen würde. Doch all die Zuneigung, die sie ihm heute geschenkt hatte, ließ sich nicht mehr in diese Schublade stecken. Das ließ den Schluss zu, dass Alisa ihre wahren Gefühle ausgesprochen hatte ...

„Äh, nein?“, leugnete er diese spekulative Erkenntnis geschwind.

Alya hatte bestimmt wie ich im Eifer des Gefechts einen Aussetzer. Ob sie wohl auch gerade wieder zu sich gekommen ist und sich vor Scham und Reue windet? Ja, eigentlich könnte ich mir das sogar ziemlich gut vorstellen, leistete Masachika Überzeugungsarbeit bei sich selbst. Doch all das, was Alisa gesagt und getan hatte, bescherte ihm jetzt noch Herzrasen.

„Ich ... ging immer davon aus, dass ich mich nie mehr verlieben würde ...“

Seit jenes Mädchen aus seinem Leben getreten war, hatte Masachika keine Liebesgefühle mehr für einen anderen Menschen empfunden. Selbstverständlich kamen ihm durchaus so Gedanken wie „Sie ist echt niedlich“ oder „Mann, ist die hübsch“, wenn er das ein oder andere Mädchen sah. Wie es sich für einen Jungen seines Alters gehörte, übermannte ihn so manches Mal auch die Fleischeslust. Doch seitdem hatte er sich nie wieder emotional zu einer Person des anderen Geschlechts hingezogen gefühlt, geschweige denn Herzklopfen bekommen und auch nur daran gedacht, dass er verliebt sei.

Das ist nur logisch. Wer hätte schon gerne so ein Stück Dreck wie mich an seiner Seite?

Masachikas steter Begleiter war sein Selbsthass. Allein die Vorstellung, dass jemand Gefallen an ihm finden könnte, kam ihm völlig abwegig vor. Wieso sollte ihn jemand lieben, wenn er nicht einmal selbst dazu imstande war? Er hatte mit der Liebe abgeschlossen. Vielmehr glaubte er sogar, dass jedwede Gefühle dieser Art flüchtiger Natur seien. Diese würden schnell abebben, sobald sich auch nur die ersten kleinsten Widrigkeiten ergäben. Insbesondere seinen eigenen Liebesgefühlen traute er kein Stück weit.

Ich kann mich ja weder an ihren Namen noch an ihr Gesicht erinnern ... Als ob ich da jemals jemanden allen Ernstes lieben könnte ... oder?

In seinen Augen war Liebe zwischen Schülern nichts weiter als ein Spiel. Nur selten mündeten Beziehungen, die während der Schul- oder Studienzeit geknüpft wurden, in einer Ehe. Derlei wundersame Dinge waren der Welt der Fiktion vorbehalten. In der Realität war Liebe zwischen Schülern oder Studenten ein fragiles, instabiles Konstrukt, das schon wegen Nichtigkeiten wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrach.

Selbst wenn man nun annehmen möge, Alisas Gefühle wären von wahrer Natur, so würden diese ebenso schnell wieder verpuffen, wenn sie erst mal den von Makeln nur so beladenen Menschen Kuze Masachika näher kennenlernen würde.

Und dann wären da natürlich noch die Paare, die sich zwar in der Schule kennengelernt und im Anschluss geheiratet haben, aber nur um sich anschließend irgendwann später scheiden zu lassen, dachte Masachika mit einem sarkastischen Lächeln und seine Eltern erschienen vor seinem inneren Auge. Ihm entfuhr ein schwerer Seufzer.

„Das ... ist alles so lästig“, sprach er diese Worte aus, als wären sie das Natürlichste auf der Welt.

In seinen Augen wäre es mehr als dumm, auch nur einen weiteren Gedanken an etwas so Unstetes wie die Liebe zu verschwenden. Immerhin war er auch gar nicht auf der Suche nach einer festen Freundin und weiterhin hatte Alisa ihm auch nicht völlig eindeutig ihre Gefühle gestanden. Wozu also weiter darüber sinnieren?

Ähm ... Ich finde aber nie eine Partnerin, wenn ich so denke.

Aus unerfindlichen Gründen fühlte er sich nun wie ein übler Asozialer, der zu weit von der gesellschaftlichen Norm abgedriftet war. Dies deprimierte ihn erneut. Und wenn Masachika deprimiert war, dann schaute er einen Anime, um auf andere Gedanken zu kommen. In diesem Sinne kehrte er schnellen Schrittes heim.

Die Mission war klar: Er würde sich in die zweidimensionale Welt flüchten. Dafür öffnete er die Wohnungstür ... und fand ein weiteres Paar Schuhe vor, das dort für gewöhnlich nichts verloren hatte. Er erstarrte zur Salzsäule.

„Hatte sie ... nicht wichtige Dinge zu erledigen?“, murmelte er missmutig, um nur dann zu ergänzen: „Halt, eigentlich ergibt das wieder Sinn.“

Der heutige Plan hatte vorgesehen, Masachika in die Schülervertretung zu nötigen. Da verstand es sich von selbst, dass Yuki ihre Finger im Spiel hatte. Möglicherweise war sie sogar die Rädelsführerin.

„Ich bin in ihre Falle getappt ... Wobei sie mich eher aus meinem Versteck gelockt hat, um dann ihre Falle zuschnappen zu lassen.“

Seufzend öffnete er die Tür zum Bad.

„Hä?“, gab Masachika überrascht von sich.

„Äh?“, erwiderte eine splitterfasernackte Yuki, die sich in diesem Moment mit einem Handtuch die Haare abtrocknete. Ihre Augen waren geweitet und ihr stand die Verwunderung ins Gesicht geschrieben. Hastig bedeckte sie mit dem Handtuch ihren Körper.

„Kyaaaaaaah! Mein Bruder ist ein Perverser!“

„Du blöde Kuh hast doch für dieses Spektakel genau den richtigen Moment abgepasst“, entlarvte Masachika seine Schwester und strafte sie mit einem bösen Blick ab, diese hörte sofort auf zu schreien und erwiderte mit einem verschmitzten Lächeln:

„Da bin ich wohl aufgeflogen.“

„Bist du. Du bist bestimmt aus der Wanne gehopst, als du gehört hast, wie die Wohnungstür ins Schloss fiel.“

Er musterte seine Schwester noch immer vorwurfsvoll und als er kein Anzeichen auf Reue in ihrem Gesicht sah, sprach er:

„Dieses Mal hast du den Bogen überspannt.“

Missgelaunt wollte er das Badezimmer verlassen, doch sie hielt ihn mit folgenden Worten auf:

„Momentchen mal. Willst du denn gar nicht wissen, weshalb ich die Nummer abgezogen habe?“

„Das würde mich natürlich interessieren, aber ich schlage vor, du ziehst dir erst einmal etwas an.“

„Nun ja, mir ist gerade etwas Furchtbares eingefallen, Masachika.“

„Und was soll so furchtbar sein?“, hakte Masachika nach, obwohl er wusste, dass ihre Antwort vermutlich kaum seine Zeit wert wäre. Seine Hand ruhte bereits auf der Türklinke.

Yuki dagegen betrachtete ihren Bruder mit einem gewinnenden Lächeln und hielt sich die rechte Hand wie eine Lupe vor das rechte Auge. Damit wollte sie einen Meisterdetektiv mimen, der soeben einen Fall gelöst hatte.

Man wusste dadurch jedoch nicht so genau, wo man nun hinschauen sollte, denn diese Pose war ihr Handtuch verrutscht, was den Blick auf so einiges freigegeben hatte. Yuki schien das allerdings vollkommen egal zu sein. Sie öffnete stattdessen unbekümmert ihr halb verdecktes Auge und sprach mit lauter Stimme:

„Du hast es vermutlich bereits erfasst ... Wir leben nun schon so lange unter einem Dach, aber noch nie kam es zu dieser obligatorischen Szene, in der du reinplatzt, während ich mich umziehe.“

„Du überraschst mich immer wieder aufs Neue mit dem Blödsinn, der aus deinen Hirnwindungen quillt.“

„Ein jeder Bruder muss doch mal seine Schwester beim Umziehen überrumpeln!“

„Das gilt nur für die zweidimensionale Welt! Du und dein blödes Otaku-Hirn!“

„Das sagt ja genau der Richtige!“

„Verflucht! Mit diesen Worten triffst du mich heute ganz besonders empfindlich.“

Vor ein paar Stunden fragte sich Masachika noch, ob er es mit einer „indirekten Kussszene mit der hübschen älteren Mitschülerin“ zu tun gehabt hätte. Da brannten diese Worte nun wie eine Habanero in einer offenen Wunde.

„Urgh ...“, stöhnte Masachika vor seelischem Schmerz und fasste sich dabei an die Brust. In der Zwischenzeit drehte sich Yuki um und nahm eine weitere beunruhigende Pose ein.

„Hier ist jedenfalls dein Fanservice. Neiiiiin!“, quietschte sie das letzte Wort gespielt verlegen.

„Wo genau schaust du da bitte gerade hin?“, fragte Masachika argwöhnisch.

„Hä? Na, ich schaue zur Kamera, die für alle Idioten unsichtbar ist“, antwortete Yuki bierernst.

„Du meinst wohl die Kamera, die nur für realitätsentgleiste Otakus sichtbar ist! Und das auch noch nackt!“

„Dann kannst du sie also auch sehen?“

„Ja klar, kann ich sie sehen. Du schaust spitze aus. Yay~“, sagte Masachika spöttisch, machte ein Peacezeichen und blickte dabei in dieselbe Richtung wie Yuki. Ganz objektiv betrachtet konnte man sich schon fragen, ob diese beiden Geschwister als Kinder ein paarmal zu oft vom Wickeltisch gefallen waren.

„Jepp, das war ein verdammt krasses Bild, was du da geknipst hast“, kommentierte Yuki ihr Hirngespinst und nickte dabei zustimmend.

„Das war allein dein Verdienst“, gestand ihr Masachika zu.

Daraufhin legte Yuki ihre verspielte Attitüde ab und grinste breit.

„Jetzt mal Spaß beiseite. So wollte ich mich bei meinem Bruderherz entschuldigen, der vermutlich felsenfest davon ausging, dass er von mir aufs Kreuz gelegt wurde.“

„Du solltest deinen nackten Körper nicht als Entschuldigung präsentieren.“

„Och, bitte, Bruderherzi! Ich hab doch genau gesehen, wie du mit deinen lechzenden Blicken mir noch das Handtuch vom Leib reißen wolltest. Du hast mich von oben bis unten ganz genau abgecheckt.“

„Yuki, ich werde dir das nun ganz klipp und klar sagen“, verkündete Masachika in einem Besserwissertonfall.

„Huch? Was hast du denn, Bruderherz? Du wirkst gerade ein wenig süffisant.“

„Eine vollständige Entblößung ist ... irgendwie ernüchternd. Nippelblitzer sind Gerechtigkeit.“

„Ach so? Das habe ich wohl verkannt.“

Diese beiden Geschwister bedachten sich nun gegenseitig mit einem wissenden Lächeln. Dabei kommunizierten sie nonverbal. Sie konnten förmlich spüren, wie diese Verbindung zwischen ihnen Funken schlug. Zufrieden machte sich Masachika nun daran, das Badezimmer zu verlassen.

„Hey, jetzt warte doch mal! Mich kannst du nicht täuschen, klar? Du hast es gesehen, nicht wahr? Einfach alles von oben und unten, oder?“, hielt ihn Yuki auf.

„Ich ... habe bloß deinen Busen gesehen“, gab Masachika etwas zögerlich zu.

„Das ist ein Geständnis! Du Tittenfetischist!“, kreischte sie theatralisch.

„Halt die Klappe, du Perverse!“, schnauzte er sie an.

„Nenn mich gefälligst ein versautes Flittchen!“, forderte sie nun empört.

„Das ist dein Problem? Nun zieh dir endlich mal was an!“, schrie Masachika seine Schwester an und knallte die Tür hinter sich zu. Er marschierte ins Wohnzimmer mit der Wohnküche. Dort wusch er sich die Hände und gurgelte, um all den Schmutz von sich zu waschen. Daraufhin verzog er sich schnellstmöglich in sein Zimmer.

„Hach ...“, seufzte Masachika schwer. Er kam sich so dumm vor, dass er sich zuvor noch so einen Kopf gemacht hatte. Seine Tasche ließ er auf den Boden sinken und zog sich zuerst seinen Blazer und danach sein Hemd aus, sodass er obenrum nur noch sein Unterhemd trug. Anschließend ließ er die Hose fallen.

„Erwischt!“

„Wah!“

Die Tür flog auf, nachdem Yuki sie aufgetreten hatte. Da stand sie nun noch immer mit klatschnassen Haaren und nur mit einem Slip und einem T-Shirt bekleidet. Diese Aktion versetzte Masachika einen so großen Schrecken, dass er das Gleichgewicht verlor und aufs Bett fiel. Dabei hing seine Hose noch immer an seinen Knöcheln. Yuki musterte ihn gemächlich und schenkte ihm ein anzügliches Lächeln.

„He he he! Du hast ja einen richtigen Luxuskörper, Bruderherz.“

„Herzinfarkt lässt grüßen! Was stürmst du hier aus heiterem Himmel rein?“, blaffte Masachika sie entsetzt an.

„Na, ich konnte mir doch nicht die Chance entgehen lassen, dich ebenso beim Umziehen zu bespannen. Ich habe damit also den Spieß der Stereotype umgedreht!“, rechtfertigte Yuki ihr Handeln.

„Wieso sollte man seinen eigenen Bruder in Unterwäsche sehen wollen?!“

„Na ja, auf deine Unterwäsche bin ich nicht unbedingt scharf ...“, ließ Yuki genüsslich verlauten und ließ dabei ihre Augen in Richtung seines Schritts wandern. Unzufriedenheit zeichnete sich schließlich in ihrem Gesicht ab.

„Ernsthaft jetzt? Du hast gerade deine kleine Schwester splitterfasernackt gesehen und das törnt dich kein Stück an?“

„Das törnt mich nicht an, weil ich nicht gestört bin. Welche kleine Schwester wünscht sich bitte einen Bruder, der bei ihrem nackten Anblick geil wird?“

„Also ich würde geil werden, wenn ich dich nackt sehen würde.“

„Ähm ja, vergiss einfach, dass ich dir diese Frage überhaupt gestellt habe.“

„Bei deiner Nacktheit geh ich voll steil! Aber so richtig!“

„Das brauchst du nicht zu wiederholen! Und schon gar nicht betonen!“

„Oje, jetzt frage ich mich, was der gut gebaute Schülersprecher wohl alles deinem zarten Körper abverlangen würde ...“, sinnierte Yuki nun verträumt.

„Das macht dich also so wuschig?! Seit wann bist du zur Fujoshi mutiert?“, beendete Masachika schreiend diese Comedy-Einlage, während er sich hastig seine Hose hochzog. Yuki lächelte dabei traurig und ließ ihren Blick sehnsüchtig in die Ferne schweifen.

„Zunächst hielt ich das Boys-Love-Genre für ein Sakrileg. Doch mir wurde bewusst, dass ich nichts ablehnen sollte, ohne mich zuvor damit beschäftigt zu haben. Als ich mich dem schließlich öffnete, erkannte ich, wie bereichernd es doch ist.“

„Bei dir ist doch echt Hopfen und Malz verloren! Ich wusste gar nicht, dass du BL-Zeug in deinem Zimmer hast.“

Bei der Familie Kuze hatte Yuki ein eigenes Zimmer. Mal abgesehen vom Bett bestand das gesamte Zimmer ausschließlich aus Otaku-Fanartikeln. Aus ihrer Sammlung lieh sich Masachika immer mal wieder Mangas und Light Novels aus, sodass er mit ihrem Bücherregal bestens vertraut war. Doch Bücher aus diesem speziellen Genre hatte er dort bisher nie entdeckt. Aus diesem Grund fixierte er sie misstrauisch, woraufhin Yuki nickte.

„Das ist korrekt. Diese Sachen stehen in Papas Arbeitszimmer“, erklärte sie schließlich.

„Ich glaub, mein Schwein pfeift! Ist das dein verdammter Ernst?!“, rastete Masachika fast aus.

„Hör mal, ich hab Papas Erlaubnis dafür! Er meinte selbst, dass ich meine Bücher in sein Bücherregal stellen darf, wenn meines voll ist.“

„Dabei ging er ganz sicher nicht davon aus, dass du ausgerechnet so was da reinstellen würdest!“

„Na ja, er meinte halt, dass jeder so seinen eigenen Geschmack hat und hat es einfach dabei belassen.“

„Mehr nicht, Papa?! Deine Tochter verkommt mehr und mehr!“, wandte sich Masachika nun verzweifelt an ihren abwesenden Vater.

„Als ich sein erschöpftes Lächeln und seinen schütteren Haaransatz dabei sah, fühlte ich mich sogar ein klein wenig schlecht, weil ich ihm möglicherweise damit Kummer bereiten könnte.“

„Also ist dir bewusst, dass du verdorben bist. Sprich ihn ja nicht auf seine Geheimratsecken an. Die bereiten ihm ernsthaft Sorgen.“

Doch bei Masachikas Worten brach Yuki bloß in schallendes Gelächter aus. Sie verließ sein Zimmer und kehrte schließlich mit einem Föhn und einer Haarbürste zurück. Während sie sich das Haar trocknete, sprach sie über den Lärm des Föhns hinweg mit lauter Stimme weiter:

„Apropos, Bruderherz~“

„Was willst du?“

„Hast du dich nach dem Gespräch mit dem Schülersprecher und Mascha endlich dazu entschlossen, der Schülervertretung beizutreten?“

„Nun, diesbezüglich ...“

„Ja~?“, flötete sie süßlich und schaltete den Föhn aus, um sich voll auf Masachika konzentrieren zu können, der vor Verlegenheit ganz leise geworden war. Doch als er merkte, wie sie ihn beobachtete, ergriff er doch das Wort:

„Ich ... habe mich dazu entschieden, Alya zu helfen, Schülersprecherin zu werden.“

Auf seine Worte hin sperrte Yuki entsetzt ihre Augen weit auf und schwieg. Es war, als hätte sie der Schlag getroffen. Ihre Reaktion war jedoch nur allzu verständlich. Seine Unterstützung für Alisa bedeutete somit, dass er ihrem Plan, selbst Schülersprecherin zu werden, nun im Weg stand. Man konnte das quasi als Verrat auffassen.

„Mein ...“

„Dein?“, hakte Masachika nach. Er war bereits darauf gefasst, dass ihr Zorn gleich auf ihn einprasseln würde, doch sie warf sich entrüstet auf sein Bett und presste ihr Gesicht tief in sein Kissen.

„Mein Bruder ist Alyas Cuckold!“, schrie sie.

„Nein! Ganz sicher nicht!“, verweigerte Masachika die lächerliche Anschuldigung. Er packte sie mit beiden Händen und zog sie hoch.

„Sei verdammt, du Tittennotgeiler! Mein C-Körbchen reicht dir wohl nicht aus, was? Du hast dich von Alyas wippenden – vermutlichen – E-Körbchen hypnotisieren lassen!“

„Könntest du bitte nicht so frei über Körbchengrößen reden?!“

„Komm zu Sinnen, mein Büstenhalter! Nein, mein Bruderherz! Ein C-Körbchen, das du nach Herzenslust befummeln kannst, ist doch allemal besser als ein auf ewig unerreichbares E-Körbchen!“

„Ich werde weder noch befummeln!“

„Ach, so läuft der Hase? Soll ich etwa noch Ayanos D-Körbchen drauflegen? Sehnst du dich so sehr nach einem Harem, du verkappter Lüstling?!“

„Wenn du nicht sofort damit aufhörst, knete ich dir deine gleich durch!“, drohte Masachika ihr verzweifelt.

„Na los, komm schon! Aber sei dabei nicht zu grob!“, bot sich Yuki ihm bereitwillig an.

„Hast du eigentlich noch alle Tassen im Schrank?!“

Daraufhin kniete sich Yuki auf Masachikas Bett, schlang ihre Arme fest um sich und wand sich hin und her.

„Oje? Was mache ich denn jetzt? Wirst du etwa deine Schwester als erster Junge überhaupt unsittlich an die Brüste fassen?“

„Sag nicht so etwas! Wieso redest du heute die ganze Zeit wie so ein nerviger pubertierender Junge?“

„Ach, ist doch nur Spaß! Außerdem hast du meine Brüste schon das erste Mal in der Grundschule befummelt.“

„Daran kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern!“

Plötzlich wich Yukis provokantes Lächeln einer verdutzten Miene.

„Hä?“, gab sie überrascht von sich.

„Hä? Dein Ernst?“, fragte Masachika bei ihrem Anblick und wurde innerlich ganz aufgewühlt.

„Hast du es denn etwa vergessen, Bruderherzi? Damals waren wir noch in der zweiten Klasse ...“

„H... Hä?“, wiederholte sich Masachika wie eine hängen gebliebene Schallplatte.

„Beim Fangen liefen wir frontal ineinander. Dabei bist du mit deinem Gesicht in meinem Schritt gelandet und hast meine rechte Brust geknetet.“

„Ich kann mich nicht im Geringsten daran erinnern, ein solches Wunder vollbracht zu haben. Denk dir nicht irgendeinen perversen Scheiß aus! Jetzt mal ernsthaft! In der zweiten Klasse war dein Asthma so schlimm, dass du kaum vor die Tür gegangen bist“, holte der Bruder seine Schwester in die Realität zurück.

„Doch ich bin zu einer gesunden, jungen Frau herangewachsen! Seit der Mittelstufe war ich nicht einmal mehr erkältet!“, erklärte Yuki kniend mit stolz geschwollener Brust. Masachika blickte daraufhin eher deprimiert drein.

„Hättest du dabei nicht ein wenig manierlicher geraten können?“

„Das bin ich doch! Zumindest bei mir daheim und in der Schule!“

„Das ... tut mir jetzt leid.“

„Ich will deine Entschuldigung nicht! Du sollst mich bloß verwöhnen!“, verlangte Yuki schnaubend. Sie hielt ihm Föhn und Bürste entgegen. Masachika erwiderte diese Geste mit einem müden Lächeln. Da er genau wusste, was nun von ihm verlangt wurde, nahm er ihr die Utensilien ab.

„He he! Danke auch!“, zwitscherte Yuki fröhlich und drehte sich auf dem Bett um, sodass sie nun mit dem Rücken zu ihm saß.

„Glaub aber ja nicht, dass ich gut darin bin“, kündigte Masachika missmutig an. Dennoch schaltete er den Föhn ein und bürstete behutsam Yukis langes, dunkles Haar durch. Eine ganze Weile herrschte Stille zwischen den beiden, bis Masachika schließlich den Föhn auf Kaltluft umschaltete.

„Du wirst dich also mit Alya für das Amt des Schülersprechers bewerben ...“, sagte Yuki.

„Ja, tut mir leid“, erwiderte Masachika auf ihre Aussage.

„Hmm? Dafür brauchst du dich doch nicht zu entschuldigen. So eine epische Rivalität zwischen Geschwistern ist doch was ganz Feines, nicht wahr?“

Zur Antwort auf ihren Otaku-Scherz lachte er müde.

„Nur fürs Protokoll: Ich habe nichts gegen dich, klar?“, legte er ernst nach.

„Na klar, weiß ich doch. Mein Bruder kann eben nicht genug von mir bekommen, nicht wahr?“

„Wenn du meinst ...“

„Mein Bruderherz wird ja ganz rot!“

„Sei schon still ...“

Yuki lachte sich scheckig und konnte nicht stillhalten, so als würde man sie gerade durchkitzeln. Nachdem ihr Lachkrampf abgeklungen war, schüttelte sie den Kopf und stand auf.

„Öhm? Alles in Ordnung?“, erkundigte sich ihr Bruder bei ihr.

„Ja, danke der Nachfrage.“

Sie nahm Masachika den Föhn und die Bürste ab und ging zur Tür.

„Dann sind wir wohl ab sofort Rivalen, was? Ja, das sind wir“, sagte Yuki.

„Hmm?“

„Ich habe ein Herz aus Gold. Deine kleine Affäre stört mich also nicht. Solltest du Alya mal satthaben, steht dir meine Tür offen, klar?“

„Nein? Das würde ich nicht als Affäre bezeichnen. Außerdem wird es nicht so weit kommen.“

„Püh! Eines Tages wirst du schon wieder angekrochen kommen!“

„Du hältst dich wohl für den Hauptgewinn, oder?“

„Gni hi hi! Na, bis dann!“, verabschiedete sich Yuki lachend und winkte. Doch dann ... als sie die Tür bereits hinter sich geschlossen hatte, flüsterte sie so leise, damit es ihr Bruder ja nicht hören konnte:

„So ist das also ... Endlich hast du jemanden gefunden, der dich motiviert.“

Sie drehte sich um und sprach kaum hörbar zu ihrem Bruder jenseits der Tür:

„Ich freue mich für dich, Bruderherz.“

Ihre Augen waren von Freundlichkeit und Mitgefühl erfüllt. In ihrer Stimme schwang ihre schier grenzenlose Liebe mit. Eine ganze Weile betrachtete sie so Masachikas Zimmertür, machte dann aber auf dem Absatz kehrt und zog sich in ihr eigenes Zimmer zurück.

„Hach, da war ich ihm wohl nicht gut genug, was?“, flüsterte sie sich selbst zu, nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte und mit dem Rücken gegen die Tür lehnte.

Ihr Blick war nach unten gerichtet, während sie da so stand. Eine ganze Weile war sie in ihre Gedanken versunken, da schaute sie plötzlich wieder hoch.

„Nun ja, aber ...“

In diesem Moment lag auf ihrem Gesicht weder Mitgefühl noch Selbstironie, sondern eine erschreckende Ernsthaftigkeit.

„Aber ich werde nicht verlieren.“

Als sie dies sich selbst verkündete, war sie von einem überwältigenden Elan erfüllt. Es erinnerte an Masachika, wenn er ernsthaft zur Tat schritt.

„Mhh ...“, stöhnte Masachika, als ihn am nächsten Morgen der Alarmton seines Weckers aus dem Schlaf riss. Er drehte sich im Bett um, um den Unruhestifter abzuschalten. Müde zog er noch im Bett liegend die Vorhänge zur Seite. Die strahlende Morgensonne blendete ihn. Da wurde ihm erst bewusst, dass seine kleine Schwester ihn nicht wie sonst immer lärmend geweckt hatte.

Masachika verfiel in nachdenkliches Schweigen. Ihr Verhalten am vorherigen Abend hatte bereits so einige Fragen aufgeworfen. Gestern war Yukis Lieblingsanime im Spätprogramm gelaufen. Für gewöhnlich hockten die beiden dabei zusammen und diskutierten anschließend ihre Eindrücke der Episode. Doch Yuki schaute gestern nur die Episode und legte sich daraufhin unverzüglich schlafen.

„Puh ...“

Der Schock über den Verrat ihres Bruders musste noch tief bei ihr sitzen. Sie meinte zwar, dass es ihr nichts ausmache, aber womöglich hatte er sie doch damit verletzt. Bedrückt fuhr sich Masachika durch die ungekämmten Haare. Dabei gab es keine Anzeichen darauf, dass Yuki jeden Moment hereinplatzen könnte. Im Rest der Wohnung war es mucksmäuschenstill. Möglicherweise hatte sie bereits die Wohnung verlassen, weil sie ihrem Bruder nicht unter die Augen treten wollte. Andererseits hatte sie vielleicht die halbe Nacht wach gelegen und war einfach selbst noch nicht aufgewacht. Letzteres hielt Masachika aber eher für unwahrscheinlich.

Er seufzte schwer. In Gedanken sah er, wie Yuki bitterlich weinend im Bett lag. Er sagte sich, dass das ihr nicht ähnlich sähe. Dennoch konnte er einen stechenden Schmerz in seiner Brust nicht leugnen. Ihn überkam das Verlangen, das alles richtigzustellen. Voller Tatendrang stand er auf. Da packte ihn plötzlich etwas am Knöchel. Vor Schreck fiel er schreiend mit dem Rücken auf den Boden. Er befreite sich und nahm blitzschnell Abstand. Seine eine Hand ruhte auf der Wand, die andere auf seiner Brust, in der sein Herz wie wild hämmerte. Als er sich umdrehte, erblickte er Yuki. Auf ihren Lippen lag ein breites Grinsen, während ihr Arm unter dem Bett hervorlugte.

„Ha ha ha! Glaubst du ernsthaft, ich lasse dieses Kapitel mit einer ernsten Szene enden?! Da hast du dich aber geschnitten! Ich bin eine Frau, die zu ihrem Wort steht!“, verkündete sie lachend.

„Du Miststück ... Verflucht ...“

Bei ihrem triumphalen Lachen erinnerte sich Masachika an Yukis Worte von neulich:

„Okay, soll ich mich stattdessen beim nächsten Mal unter deinem Bett verstecken, du versauter Schlingel?“

Da wurde ihm schließlich bewusst, dass sie sich letzte Nacht nur so früh zurückgezogen hatte, um diese Schandtat vorzubereiten. Bei dieser Erkenntnis wurde sein Gesicht puterrot vor Zorn und Scham. Gerade hatte er sich noch gesorgt, ob er sie verletzt haben könnte, und dann das. Sie war eben doch so, wie er sie kannte. Seine kleine Schwester würde sich von so etwas niemals runterziehen lassen.

Sie lachte laut schallend weiter. Doch mit der Zeit wurde das Lachen immer leiser, bis es schließlich erstarb. Ihr rechter Arm, der unter dem Bett hervorstand, fiel dumpf zu Boden. Ein Hauch von Demut lag in ihren Augen, als sie die Hand schwach rührte.

„Zieh mich raus“, forderte sie kleinlaut.

„Hä?“, entfuhr es ihm.

„Bitte lass es mich nicht aussprechen. Das wäre mir total peinlich.“