Am Arsch vorbei geht auch ein Weg - Jetzt erst recht - Alexandra Reinwarth - E-Book
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Am Arsch vorbei geht auch ein Weg - Jetzt erst recht E-Book

Alexandra Reinwarth

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Beschreibung

Das Leben ist schier voll von Dingen, die man sich am Arsch vorbei gehen lassen sollte. "Das Leben ist schöner, wenn man den Mist weglässt!" stellte Alexandra Reinwarth irgendwann fest und lässt sich seither jede Menge Dinge, Leute und Umstände am Arsch vorbei gehen. Ihr Alltag ist dadurch deutlich entspannter geworden: weniger schlechtes Gewissen, weniger Idioten und weniger Ärger. Und dennoch stößt sie immer wieder auf Situationen, in denen es gar nicht so einfach ist, entspannt zu bleiben. Doch auch hierfür findet sie eine Lösung: Alexandra Reinwarth nimmt uns wieder mit in ihre Welt und zeigt in gewohnter Leichtigkeit, wie man es schafft, all das, was man nicht tun will, und all jene, die man nicht mag, hinter sich zu lassen und dauerhaft zu entspannen – jetzt erst recht!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 213

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Alexandra Reinwarth

Am Arsch vorbei geht auch ein Weg

– JETZT ERST RECHT –

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Am Arsch vorbei geht auch ein Weg

– JETZT ERST RECHT –

Entspannt bleiben trotz Vollspackos und anderer Widrigkeiten

Alexandra Reinwarth

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Originalausgabe

1. Auflage 2021

© 2021 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Iris Rinser

Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch

Umschlagabbildung: Shutterstock.com/amnat11, Borja Andreu, Donnay Style, Fourleaflover

Layout: inpunkt[w]o, Haiger

Satz: Andreas Linnemann

Druck: CPI books GmbH, Leck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-7474-0218-4

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-574-4

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-575-1

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.mvg-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

INHALT

Einleitung

1. Das Leben genießen

2. Die Schule

Die Büroklammern

Das Kind mag Frau Sträubig nicht

Hausaufgaben

Angebot

3. Das darf man nicht

Das darf man nicht wegen PEINLICH

Das darf man nicht wegen UNCOOL

Das darf man nicht wegen TRADITION!

Das darf man nicht, weil BELDEIDIGT!

Das darf man nicht, weil man sonst ein SCHLECHTER MENSCH IST!

4. Trennungen

Fehler des Partners bleiben …

Keine Groll-Umleitung

Das Urteil anderer Leute …

5. Liebe

Kriterien

Sich-schon-mal-vorab-über-irgendetwas-sorgen-das-noch-nicht-mal-eingetreten-ist-und-eventuell-auch-nie-eintreten-wird:

Die Hochzeit des Ex

Apropos: die Neue

Der Mann

Normen

6. Benny Bärenstark

Die, die sich für alles verantwortlich fühlen

Die, die alles unter Kontrolle haben müssen

Die, die alles wollen

Die starken Helferinnen

7. … und irgendwas ist ja immer!

8. Vollspackos

Vollspackos im echten Leben

Vollspackos im Internet

Vollspackige News

9. Warum das so wichtig ist

Und noch ein paar Bonusfragen, über die es sich lohnt, nachzudenken:

Über die Autorin

EINLEITUNG

Herzlich Willkommen bei Am Arsch vorbei, Teil 2! Oder wie der Titel bei mir zuhause heißt: Am Arsch vorbei reloaded.

Ich hätte das Buch auch gerne offiziell so genannt, aber mir wurde angetragen, das klinge ein bisschen nach einem Filmtitel bei YouPorn – und zwar nach einem von denen, auf die man unter gar keinen Umständen klicken sollte.

Entstanden ist dieses Buch, weil die großartige Erkenntnis aus dem ersten Teil (heruntergebrochen: Das Leben ist schöner, wenn man den Mist weglässt) weite Kreise gezogen hat. Das Leben ist ja schier voll von Dingen, Leuten und Umständen, die man sich eigentlich am Arsch vorbeigehen lassen sollte!

Manchmal reift diese Überzeugung langsam, aber oft taucht auch ganz plötzlich etwas oder jemand auf, und man weiß sofort: »Ach schau, schon wieder einer!« Also wie Liebe auf den ersten Blick, nur anders.

Seit ich das Arsch-vorbei-Prinzip in mein Leben integriert habe, ist es deutlich schöner geworden – weniger Idioten, weniger Ärger, weniger schlechtes Gewissen und weniger Momente, in denen ich mich permanent frage: Was mache ich hier eigentlich?

In wilden Zeiten (während einer Pandemie zum Beispiel), in denen man noch viel mehr aufpassen muss, sich nicht von einem Nervenzusammenbruch zum nächsten zu katapultieren, ist das noch wichtiger geworden. Und um diesen ganzen Mist wegzulassen, der da so auf uns einströmt … mit ein bisschen Achtsamkeits-Kladderadatsch kommen Sie da nicht weit. Da braucht es schon die Mistgabel.

Gehen wir’s an.

1. DAS LEBEN GENIESSEN

Das ist ja eines der Dinge, die man echt hinkriegen muss. Wenn Sie Ihr Leben nicht genießen, haben Sie auf ganzer Linie versagt. Zusammen mit der Aufforderung, das Leben zu genießen, heißt es auch noch obendrein, man solle dies »einfach« tun. Einfach das Leben genießen! – das klingt so wunderbar und so kinderleicht, nur ein total verkrampfter Depp kann das nicht. Der Depp bin ich.

Während die ganze Welt anscheinend permanent strahlend am öffentlichen Leben teilnimmt und dort unfassbar schöne Erfahrungen macht, erhole ich mich immer noch vom Grillabend von letzter Woche und mache schon wieder »nichts« dieses Wochenende.

»Was macht ihr am Wochenende?«

»Nichts.«

Das ist ein häufiger Dialog. Ich mache gerne nichts, habe aber im Angesicht der vielen ungenutzten Möglichkeiten, »etwas« zu machen, schon ein schlechtes Gewissen, wenn ich das Stadtmagazin aufschlage und dort sehe, was ich wieder alles nicht machen werde. Dazu brauche ich aber nicht mal das Stadtmagazin, es gibt ja Leute, die sind so eine Art wandelnder Veranstaltungskalender. Jana ist so eine. Egal, wann ich mit ihr spreche, erzählt sie von anstehenden Vernissagen, Konzerten, Kabarettveranstaltungen und Lesungen, oder sie erzählt vom letzten Straßenfest, dem prämierten Kinofilm, den sie letzte Woche gesehen hat oder dem Mittelaltermarkt. Der war auch klasse. Jana kennt das neue schicke Restaurant, von dem man schon so viel gehört hat, die wieder eröffnete Dachterrassen-Bar, sie war auf dem Event von Dings und auf der Messe Bums, und jetzt ist ja bald das Festival Doppelbums, ich käme doch mit?

Seit das Kind da ist, hat sich das schlechte Gewissen nochmal potenziert, denn jetzt versaue ich dem auch noch das Leben. So fühlt es sich zumindest an, wenn ich nach einem langen Wochenende nur mit dem Kopf schüttle, während die befreundete Mutter fragt, ob wir am Wochenende auch auf dem li-la-lustigen Flohmarkt oder bei der Aufführung des Marionettentheaters Wilde Maus waren. Nicht? Und was ist mit dem Workshop für Kinder, den das naturwissenschaftliche Museum angeboten hat? Wo Kinder mit kleinen Holzwerkzeugen »mit allen Sinnen« erfahren dürfen, wie man nach Silbererz schürft? Auch da waren wir nicht. Wir waren im Park.

Das erste Mal, dass ich seit langem völlig unbeschwert »nichts« getan habe, ohne diese diffuse Idee im Hinterkopf, eigentlich müsste ich gerade irgendwas genießen, war, als wir wegen Corona alle eingesperrt waren und sämtliche Veranstaltungen, Konzerte und Mittelalter- sowie Flohmärkte abgesagt waren: Da machten nämlich alle nichts. Das war ein bisschen befreiend – aber das kann man ja niemandem sagen, so etwas. Während es um mich herum ächzte und stöhnte, wie elend es sei, dass X abgesagt ist, Y nicht stattfindet und wer weiß, wann man je wieder Z-en könnte, nickte ich verständnisvoll. Dann machte ich mir noch einen Kaffee und genoss weiter klammheimlich diese eigenartige Ruhe.

Es ist ja nicht so, dass ich es nicht versucht hätte.

Ich war in meinem Leben auf mehreren Festivals, komplett mit Übernachtung im Zelt, Vollrausch und wildem Rumgeknutsche mit völlig Unbekannten. Ich weiß aber auch noch, wie das Festivalgelände roch, der eigene Atem am nächsten Morgen, von den sanitären Einrichtungen in Form von DIXI-Klos und deren unmittelbarer Umgebung ganz zu schweigen. Ich weiß auch, dass an Schlafen nicht zu denken war, wegen des harten Untergrunds, des dünnen Schlafsacks und des Unbekannten, und dass ich am nächsten Morgen meine Seele für eine Dusche und einen Kaffee verkauft hätte – und dann mussten wir noch eine Nacht bleiben! Auf Konzerten habe ich bedingt Spaß, weil man sich immer entscheiden muss zwischen Bier trinken und sich permanent durch eine Menschenmenge zum Klo wühlen, sich zurück wühlen mit dreitausend Mal »Entschuldigung …« sagen – oder kein Bier trinken und sich in der angeheiterten Menge herumschieben lassen, und alle drei Minuten drängt einen jemand mit »Entschuldigung …« zur Seite. Das ist alles so anstrengend. Ich verstehe inzwischen den Reiz von bestuhlten Konzerten! Auch das kann man nicht laut sagen – kein richtig geiles Selfie von wilden, verschwitzten, glücklichen Menschen, die sich umarmen und gemeinsam euphorisch in die Kamera grölen, ist auf einem bestuhlten Konzert entstanden.

Ich merke sogar, dass das Schönste an vielen Veranstaltungen, zu denen ich gehe, die Zufriedenheit ist, wenn ich wieder nach Hause komme: als hätte ich etwas absolviert, und nun kann ich endlich die Schuhe in die Ecke schmeißen und mich auf den Balkon setzen – ganz ohne schlechtes Gewissen. Auch Partys haben an Genuss deutlich eingebüßt: Ich weiß noch genau, dass Partys mal ganz toll waren, das ging beim ersten Schwofen in irgendeinem Reihenhaus-Hobbykeller los und war ein Riesenspaß! Auch wenn man irgendwann auf einer malvenfarbenen Kloumpüschelung eines elterlichen Badezimmers kniete und geräuschreich den Cointreau von sich gab.

Und als dann die ersten eine eigene Wohnung hatten! Das Wegrutschen der Möbel, die Badewannen voller Nudelsalat und die unzähligen Flaschen Wein, die alle mitbrachten – um immer zuerst alle Biervorräte wegzutrinken. Wen kümmerte schon diese oder jene Fensterscheibe, Edding-Kritzeleien an der Klowand oder eine Alkoholvergiftung? Bevor nicht die Polizei da war, war es keine Party.

Nicht, dass ich genau das wiederhaben will, aber ich erinnere mich klar und deutlich, dass ich das damals toll fand. Dann ist das Leben passiert, und plötzlich saß man auf einer Geburtstagsfeier bei Leuten, die man ewig nicht gesehen hatte, auf deren viel zu geraden Esszimmerstühlen bei einem »schönen Glas Rotwein«, und es wurden einem Zettel mit dem Namen einer berühmten Persönlichkeit auf die Stirn geklebt, die man durch Fragen erraten sollte. Und wenn es ganz wild wurde, kramte jemand aus seiner Playlist einen Hit von früher aus, und es wurde im Wohnzimmer etwas getanzt. In Socken und bei moderater Lautstärke, damit die Kinder oben nicht wach werden. Da war es fast eine Erleichterung, wenn man zum Rauchen auf den Balkon musste.

Das ist natürlich nicht immer so – es gibt auch Partys, die ganz großartig verlaufen. Wenige. Es gibt auch Mittelaltermärkte, die großartig verlaufen – mit Nutella-Crêpes und all den tollen Sachen, die es im Mittelalter so gab (WTF?). Und Lesungen. Und Vernissagen. Es gibt natürlich auch viele private Unternehmungen, die ich zum Teil sogar selbst anleiere. Ich freue mich, meiner alten Freundin Dagmar die Stadt zu zeigen, wenn sie zu Besuch kommt, ich verabrede mich zum Abendessen mit den Freundinnen, ich will zur Eröffnung des neuen Biergartens und mit dem Kind ins Wellenbad. Selbstverständlich auch endlich zu Suse und Klaus, die sich ein Bauernhaus eine Stunde außerhalb gekauft haben, zum Mittagessen mit der Ex-Kollegin, und die Idee von meinem Lieblingsnachbarn, ein Nachbarschaftsfest zu veranstalten, finde ich natürlich: toll! Finde ich wirklich! Und wann schlendere ich eigentlich mal wieder mit Jana durch die Geschäfte? Lauter Dinge, die ich gerne tue – wenn ich also das Leben genießen will, muss ich mehr von diesen Dingen tun. Und wenn ich an »das Leben genießen« dann noch den Vorsatz »aus vollen Zügen« dranhänge, dann muss ich aber richtig ranklotzen: dann sollte ich Trekkingtouren machen, versonnen auf Berggipfeln sitzen, vormittags raften, mittags mit Freunden grillen und abends romantisch mit dem Mann meiner Träume bei einem Kerzenschein-Dinner sitzen. Vielleicht noch zwischendurch mit einem Buch in der Hängematte liegen. Das ist ja kaum zu schaffen. Und das ist das Problem.

Wenn ich nach einem vollen Arbeitstag mit seinen blöden Mails, dem kaputten Drucker, dem Brief vom Finanzamt und all seinen Herrlichkeiten nach Hause komme, Essen für das Kind zubereite (»Iiiieeehh, was ist DAS denn?«), mich mit ihm in die Haare kriege (»Warum sind die Hausaufgaben nicht gemacht?«) und mir schon vor dem nächsten Tag graut, dann kann ich mich noch so lange bei Kerzenschein in eine Badewanne legen, das wird nichts mit dem Leben genießen. Das muss ich irgendwie am Wochenende hinkriegen! Also werden jede Menge Sachen geplant, auf die man schon am Samstag in der Früh nach dem Aufwachen keinen Bock hat. Das Leben zu genießen ist ganz schön anstrengend.

Es gibt eine sehr schöne alte Tierdokumentation (die beste), sie heißt Animals Are Beautiful People, zu deutsch auch Die lustige Welt der Tiere. Abgesehen davon, dass sich die Affen, Elefanten, Warzenschweine und Giraffen an vergorenen Früchten einen gehörigen Rausch anfressen und dann sehr menschlich herumtorkeln, und vielen anderen wunderbaren Aufnahmen, gibt es eine Szene, wegen der ich Ihnen diesen ganzen Tier-Schmonz erzähle: Hinter irgendeiner Düne in der Wüste entdecken ein Erdmännchen und eine Zebramanguste ein Ei. Zebramangusten, wenn Sie die nicht parat haben, sind so etwas wie Erdmännchen in größer, plumper und nicht ganz so niedlich. Beide wissen, dass in dem Ei eine Delikatesse versteckt ist und versuchen nun, da irgendwie ranzukommen. Die Zebramanguste hat dafür einen tollen Trick parat: Sie stellt sich mit dem Rücken vor einen Stein, packt das Ei mit den Vorderpfoten, stellt sich auf die Hinterbeine und wirft das Ei dann mit Schwung durch die Hinterbeine hindurch gegen den Stein – voilá! Das Erdmännchen hingegen bekommt fast einen Nervenzusammenbruch. Weil es gewohnt ist, seine Nahrung, die überwiegend aus Insekten besteht, durch eifriges Graben zu finden, tut es instinktiv genau das: es gräbt. Und gräbt und gräbt und gräbt. Neben dem Ei, unter dem Ei und um das Ei herum. Mit überschaubarem Erfolg.

Das Erdmännchen, falls sich schon jemand gefragt hat, wohin die Geschichte führen soll, sind wir, und das Innere des Eis, das wir so gerne hätten, ist diese selige Zufriedenheit, die einen das Leben genießen lässt.

Statt eines tollen Tricks wie die Zebramanguste haben auch wir nur die gleichen Methoden wie immer parat, wenn wir etwas erreichen wollen. Wir fragen uns, was wir tun können:

Wie können wir mehr »Genussmomente in den Alltag einbauen«, wie können wir uns besser um uns »kümmern«, was können wir uns »gönnen«, was »zelebrieren«, was »lernen«, »genießen« oder »feiern«, was »müssen wir loslassen« und wie schaffen wir es, das Leben so richtig »auszukosten«. Wie können wir »noch achtsamer sein«, noch mehr Sinneseindrücke »bewusst erfahren« und »in uns hineinspüren« und den ganzen Mist. Nicht zu vergessen, »dankbar zu sein« – das ist ja auch ganz wichtig! Bauen Sie das noch irgendwie mit ein! Wenn Sie sich dieser Logik ergeben, auf schlauen Seiten im Internet recherchieren, sich ein Buch zu der Thematik kaufen, vielleicht sogar einen Newsletter von einem Lebens-Lifestyle-Achtsamkeits-Coach abonnieren, dann stehen Sie eventuell irgendwann in einem Wald und versuchen abzuschalten, während Sie diese Punkte abarbeiten:

Augen zu,

Sonne auf der Haut spüren,

Geruch wahrnehmen,

auf Vogelgezwitscher hören.

Oder, das kommt allen mit einem natürlichen Hang zu Süßkram entgegen: Sie »erkunden« ein Stück Schokolade »mit allen Sinnen« und stellen sich dafür solche Fragen:

Wie fühlt es sich an?

Wie riecht es?

Schmilzt es schon etwas in deinen Fingern, und wie fühlt sich das an?

Wie fühlt es sich im Mund an?

Wie verteilt sich der Geschmack im Mund?

Wie verändert sich die Konsistenz im Mund?

Ich hab‘ das nicht erfunden, das sind beides tatsächlich Übungen zum inneren OMM. Sein wir ehrlich – die einzig vernünftige Frage, die sich in dieser Situation stellt, ist doch: Wo ist der Rest der Tafel?

Diese ganzen Anleitungen sind Anleitungen für Erdmännchen. Sie sagen Ihnen nur, wo oder wie Sie noch graben könnten und was Sie noch tun könnten. Das kommt uns auch überhaupt nicht komisch vor, denn wir sind das so gewohnt: Wenn man A will, muss man B dafür tun. Das heißt, ich muss erst mal B und C, D, E, F und so weiter erledigen, um zu A zu kommen. Das ist in diesem Fall allerdings Käse, denn es ist genau andersherum. Die Gleichung heißt nicht:

Wenn ich alles richtig mache, finde ich Frieden und Glückseligkeit.

Sondern sie geht so:

Wenn ich Frieden und Glückseligkeit gefunden habe, ist alles richtig.

Die erste Variante liegt uns aber viel mehr, schließlich funktioniert unser ganzes Leben so: Wenn ich Geld verdienen möchte, muss ich arbeiten, wenn ich einen guten Beruf ergreifen möchte, muss ich gute Noten schreiben, wenn ich Karriere machen möchte, muss ich mich reinhängen, egal was ich erreichen möchte, ich muss etwas dafür tun.

Das ist der eine Teil der Krux. Der andere besteht aus der Erfahrung, dass es für jedes Anliegen ein entsprechendes Angebot gibt: Wir lösen Probleme und Anliegen mit Konsum.

Ein Großteil aller Produkte und Leistungen, die uns so angeboten werden, prahlen damit, irgendein Problem zu lösen. Und wenn es nur sprödes Haar ist. Dieses Nahrungsmittel macht Sie schlanker, jenes hilft gegen brüchige Fingernägel, und wenn Sie Dingsbums essen, kurieren Sie ihren Darm. Gegen Fältchen hilft die Creme XY, gegen Verdauungsbeschwerden diese Pille, und wenn Sie nicht schlafen können, brauchen Sie nur das da nehmen. Wir haben ein Produkt gegen gelbliche Flecken auf weißer Wäsche zuhause, eine Anleitung auf YouTube hilft, den muffigen Geruch der Waschmaschine zu eliminieren, und wenn man eine Grippe hat, konsultiert man den Arzt. Can we fix it? Yes we can! Bei Dings hilft Bums, und wenn gar nichts mehr hilft, hilft die Versicherung.

Eine Armee von Problemlösern ist permanent damit beschäftigt, jedes Unbill in unserem Leben in Ordnung zu bringen – von der kaputten Windschutzscheibe über Schädlingsbefall und die Steuererklärung bis hin zum Loch im Zahn. Wer Stress in der Beziehung hat, kann zur Paartherapie, wer eine verstopfte Halsschlagader hat, kann zum Chirurgen, und wenn Sie nicht wissen, wer Sie in einem früheren Leben waren: Auch dafür gibt es Spezialisten, die Ihnen gerne dabei helfen, das herauszufinden. Sie können online und mittels Meditation Ihre innere Mitte finden und sich auch gleich mit Ihrem inneren Kind anfreunden, wenn Sie eh schon da sind. Alles das wird einem angeboten – selbst schuld, wenn Sie es nicht machen.

All diese Dinge, zumindest fast alle, sind natürlich großartig (besonders das mit der Schädlingsbekämpfung). Unser Leben wäre überhaupt nicht denkbar, wenn es all diese Problemlöser nicht gäbe, und wir könnten ruhig alle mal aus Dankbarkeit auf den Knien nach Altötting rutschen.

Diese tolle Sache hat aber unser Hirn zu dem Umkehrschluss verleitet, dass es auch für jedes Problem tatsächlich eine Lösung gibt, man muss nur herausfinden, welche das ist. Ganze Branchen leben von unserem unaufhörlichen Suchen nach dem Erleben und liefern stetig ein riesiges Angebot – und wir meinen, wenn wir es nutzen, kommt der Genuss.

Blöderweise funktioniert aber genau diese Herangehensweise bei den essentiellen Dingen überhaupt nicht. Es gibt nicht diese Liste mit Dingen, die wir abarbeiten können, und wenn wir die erst alle erledigt haben, dann werden wir endlich zu diesen gelassenen, selig lächelnden Wesen, denen der kaputte Drucker egal ist, die zufrieden sind mit ihrem Leben und rundherum glücklich.

Das Absurde ist: Wenn man sich darauf besinnt, dass weniger mehr ist, kann man das auch gleich konsumieren: im Schweigekloster, im Wellnesshotel, mit einem Weniger-ist-mehr-Ratgeber oder beim Achtsamkeitstraining.

Also wenn Sie jetzt noch schnell einen Waldspaziergang machen wollen, weil sich für morgen die Familie angekündigt hat und Sie für die noch einen Kuchen machen wollen, und wenn Sie deswegen noch einkaufen gehen müssen, die Eier vergessen und dann nochmal losmüssen, wenn Sie außerdem mit dem Backen fertig werden wollen, bevor Anne kommt, die Lieblingssendung anfängt, der Drucker abgeholt wird, die Wäsche fertig ist, Mama anruft, es acht ist und Sie sich verabredet haben, oder wenn Sie einfach in Eile sind, weil Sie heute noch Ihren Achtsamkeitsratgeber lesen wollen, oder wenn Sie bis morgen früh, wenn der Mittelaltermarkt losgeht, noch Dings und Bums erledigen wollen – wenn Sie sich dann ein bisschen beeilen, dann können Sie die kleine Runde durch den Wald durchaus schaffen. Sie können sogar zwischendurch stehenbleiben und die Punkte:

Augen zu,

Sonne auf der Haut spüren,

Geruch wahrnehmen,

auf Vogelgezwitscher hören.

abhaken. Aber, Überraschung: Der Brüller in Sachen innerer Frieden wird das nicht. Ich möchte sogar wetten, dass Ihnen, während des »auf Vogelgezwitscher Hörens« kurz der Gedanke durch den Kopf schießt, wie lange man das denn nun machen soll.

Die Stimmung, in der so ein Spaziergang ein Brüller wird, (wobei es völlig egal ist, ob es ein Spaziergang ist oder ob Sie Wäsche zusammenfalten) ist die Stimmung, die viele nur noch aus der Erinnerung kennen:

Können Sie sich daran erinnern, wie es war, als Sie ein Kind waren und Sommerferien hatten? Diese langgezogenen Tage, man wusste nicht genau, welcher Wochentag war, und die Zeit war so ereignisarm, dass Vorhaben dadurch entstanden, dass man dachte: »Ich könnte ja mal …«, und dann tat man irgendwas. Teilweise verlor man sich so in diesem irgendwas, dass man erst merkte, dass der Tag vorbei war, weil es dunkel wurde. Wenn Sie in dieser Stimmung in den Wald gehen, tun Sie diese ganzen Achtsamkeitsdinge ganz automatisch.

Das Problem ist, niemand macht dafür Werbung, weil damit einfach keine müde Mark zu verdienen ist. Vielleicht kommt das Wort »einfach« in dem Spruch »einfach das Leben genießen« eher von den schlichten Dingen, dem Nichtkonsumieren. Nicht von »es geht leicht«.

NOTIZ AN MICH SELBST

Es gibt ein Überangebot, das einem den Eindruck vermitteln kann, man sollte viel mehr unternehmen.

Man kann sogar so etwas wie ein schlechtes Gewissen bekommen, weil man so viel verpasst.

Es ist ein Trugschluss, man müsste etwas »tun«, um mehr Genuss ins Leben zu bringen.

Es ist außerdem ein Trugschluss, dieses »Tun« wäre etwas, das wir konsumieren können.

2. DIE SCHULE

Hach, die Schule. Ein ideales Thema für Am Arsch vorbei! Zugegeben, wegen allzu genauer Berücksichtigung dieses Mottos bin ich meinerzeit von selbiger geflogen – es ist aber auch vertrackt, dass die Schule ausgerechnet dann so anspruchsvoll wird, wenn sich herausstellt, dass die Jungs gar nicht so unnütz sind wie immer angenommen. Diese Herausfindung kollidierte damals direkt mit Latein und Mathe und, was soll ich sagen, Latein und Mathe haben überraschenderweise nicht das Rennen um meine Aufmerksamkeit gewonnen. Nun ja. Im Nachhinein betrachtet ist das kein großes Drama. Wenige Dinge, die mir in Latein und Mathe durch die Lappen gegangen sind, hätte ich später irgendwann mal gebraucht. Was für eine Überraschung bei einer toten Sprache. Ich glaube, der Einzige, dem eine tote Sprache jemals was gebracht hat, ist mein Onkel. Der hatte nämlich Altgriechisch in der Schule, und das half ihm genau einmal: Als er in Griechenland Inselhopping machte und einen Einheimischen fragen wollte, wann die nächste Fähre geht. Gut, es war eben auf Altgriechisch, also fragte er übersetzt in etwa: »Sag an, Gevatter! Wann legt die nächste Galeere an?«

Was ihm, zumindest nachdem sich die anwesenden Griechen vor lauter Lachen, Schenkelklopfen und Tränen-aus-den-Augenwischen wieder beruhigt hatten, tatsächlich eine Antwort einbrachte.

Und apropos Mathe: Das war ja immer das Fach, wo es hieß »Lernt das, später habt ihr auch nicht immer einen Taschenrechner dabei!«

Hihi, kichert da mein Handy und fragt, ob ich noch mehr solche lahmen Witze auf Lager habe.

Aber ich muss zugeben, jetzt, wo ich die Fronten gewechselt und selbst ein schulpflichtiges Kind habe, verstehe ich den vehementen Einsatz meiner Mutter von damals etwas besser. Und das, obwohl gerade mal die erste Klasse rum ist! Tatsächlich haben sich in dieser eher kurzen Zeit schon jede Menge schöne Momente ergeben, die ich gerne zur allgemeinen Verwendung teilen möchte – und ich bin wahnsinnig gespannt, was uns noch erwartet …

DIE BÜROKLAMMERN

Es war DAS gesellschaftliche Event des Herbstes, heiß ersehnt von den einen (von L., dem zuständigen Vater, und mir) und skeptisch erwartet von dem anderen (dem Kind):

Das Kind kommt in die Schule!

»Hurra! Schule!«, versuchte ich es immer wieder, aber das Kind blieb aus mir unbekannten Gründen skeptisch. Irgendwann ging mir aber doch noch ein Licht auf, warum das Kind dem Ereignis nicht ganz vorbehaltlos entgegensah …

Sobald in geselliger Runde zur Sprache kam, dass der Schulbeginn vor der Tür steht, passierten die immer gleichen zwei Dinge in der immer gleichen Reihenfolge:

Die Leute beugten sich zum Kind und sagten so etwas wie: »Oh wie toll! Freust du dich schon?«

Die gesellige Runde gab unter dem nun aufgeploppten Gesprächsthema Zoten aus dem eigenen Schülerleben zum Besten.

Und da klönten wir und hatten Spaß, und das Kind hörte mit gespitzten Ohren alles mit: Wie sich Anne vor lauter Schiss vor dem Ausfragen immer auf dem Klo versteckt hatte, wie gnadenlos Stefan vom Mathelehrer in die Mangel genommen worden war, dass man nach so-und-so-vielen Verweisen von der Schule fliegt, alles, was es über Prüfungs- und Versagensängste zu wissen gibt, wie sich Karsten auf dem Schulhof geprügelt hatte – und dass der Spülkasten auf dem Schülerklo kein perfektes Versteck für Hasch ist.

Kein Wunder, dass in dem Kopf des Kindes ein ambivalentes Bild zu dieser Schulsache entstand. Ich versuchte zu retten, was zu retten ist (»Früher war Schule doof, aber jetzt! Jetzt ist es die reinste Freude!«), und zwar Gott sei Dank bevor Omi ihre Klosterschwestern-Rohrstock-Geschichten zum Besten geben konnte.

Der große Tag ist also gekommen, wir stehen mit dem Kind und seinen künftigen Kollegen auf dem Schulhof, die Sonne scheint, alle sind gut gelaunt, und nachdem weit und breit keine Prügelei in Sicht ist, entspannt sich das Kind etwas, und es wird noch ein schöner Tag. Von jetzt an ist das Kind ein Schulkind und muss jede Menge Dinge tun, die es vorher nicht tun musste. Es muss zum Beispiel nicht nur daran denken, den Schulranzen mitzunehmen, es muss auch daran denken, die Hefte und das Federmäppchen dort reinzutun, und in das Federmäppchen die Schere, den Kleber, das Lineal und die Buntstifte, UND ZWAR GESPITZT. Am Dienstag muss es außerdem daran denken, den Sportbeutel mitzunehmen, wir beide müssen daran denken, Brotdose und Wasserflasche einzupacken, den linksdrehenden Zirbenzweig für Sachkunde und natürlich leere Klopapierrollen. Leere Klopapierrollen braucht es immer.

Überraschung: Das ging nicht vom ersten Moment an gut. Es ging sogar ziemlich beschissen, wir brauchten nämlich schon mal eine Woche, um auszutarieren, wann wir aufstehen müssen, um dann rechtzeitig mit dem ganzen Krempel in der Schule anzukommen. Nach dieser Woche kam der erste Brief nach Hause.

»Das Kind kam drei Mal zu spät«, fasse ich selbigen beim Abendessen zusammen, »und es vergisst Sachen.«

»Klar«, nickt L., »wir fangen ja auch gerade erst an«, und so sehe ich das auch. In der zweiten Woche läuft es schon etwas besser, und in der dritten Woche kommen wir pünktlich, und es fehlt auch nur hin und wieder ein Spitzer, ein Heft oder sonst irgendeins der drei Millionen Dinge, die Kinder für einen geregelten Schulalltag anscheinend so benötigen.