Am Ende bleibt das Lachen Teil II - Michael Fuß - E-Book

Am Ende bleibt das Lachen Teil II E-Book

Michael Fuss

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Beschreibung

Zusammen mit Mario, dem Protagonisten des Romans, erlebt der Leser auf 420 Seiten in zwei Teilen eine Achterbahn der Gefühle. In diesem authentischen Lebensentwurf geht es um den Leichtsinn der Jugend, den Freiheitsdrang, der in uns allen steckt, und um die Liebe zum Leben und zu sich selbst.
Mario entdeckt in den 70ern die linksradikale Szene, aber auch die Drogenkultur. Er gerät auf die „schiefe Bahn“, kommt in den Knast und über weitere „Umwege“ zur „Erleuchtung“. Jahrzehnte später kann er sagen: Das Leben lohnt sich doch und am Ende bleibt das Lachen.

Zielgruppe: Leser, die sich für das Undergroundzeitgeschehen der 70er/80er Jahre in Westdeutschland, Biografien, Spiritualität und Bewusstseinserforschung interessieren.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Michael Fuß

Am Ende bleibt das Lachen Teil II

Jimmy Hendrix, Chuck Berry, Elvis Presley, Mario und das „Erwachen“ Zweiter Teil

Mario entdeckt in den 70ern die linksradikale Szene aber auch die Drogenkultur. Er gerät auf die „schiefe Bahn“, kommt in den Knast und über weitere „Umwege“ zur „Erleuchtung“. Er erkennt: Das Leben lohnt sich doch und am Ende bleibt das Lachen!BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Am Ende bleibt das Lachen

Am Ende bleibt das Lachen

Jimmy Hendrix, Chuck Berry, Elvis Presley, Mario und das „Erwachen“

Zweiter Teil

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum:

Michael Fuß

EnergieCoach - Entspannungstrainer 63454 Hanau, Helmholtzstr. 5

www.michael-fuss.de [email protected] Copyright: © 2015

Irgendwo zwischen der Königin Heroin

Dem Tod seiner großen Liebe Gordana

Und dem Schatten einer Löwin namens Maria

Dem weißen Dämon des Coca

Und dem giftigen Schwanz des Skorpions Mona

Hat er sich selbst verloren.

Ob er sich jemals wiederfinden wird?

Mario glaubt nicht,

Dass er so viel anders ist

Als die anderen

Er hat nur eine Idee

Die sich unterscheidet

Von der, der meisten anderen

Und um diese Idee zu verwirklichen

Muss er an sich arbeiten, mit ihm,

Und in sich arbeiten

Ist das nicht der Sinn seines Lebens?

Was für eine Idee meint er eigentlich?

Die Idee einer utopisch friedlichen Welt

In der das Leben spielerisch

Und doch auch spannend gelebt werden will.

Sein altes Frankfurter Leben hat Mario nach wenigen Wochen am Kragen.

Wieder ist es soweit. Das tiefe schwarze Loch kommt um die Ecke. Samstag früh, Mario ist noch nicht recht wach, erahnt er es das erste Mal. Verschlafen, mit einer Sommergrippe geschlagen und noch nicht mit seinem patentierten Frust-, Angst- und Schreckenüberzieher angetan, zieht es ihm einfach die Beine weg. Etwas schaltet sich in ihm ab oder ein. Das Denken tritt zurück und macht der Destruktivität Platz. Eine Idee setzt sich fest. Erst schaut er sie noch kopfschüttelnd, lächelnd, ungläubig an. Mario steht neben sich und denkt, dass kannst du doch nicht machen! Diese Story hast du doch nun oft genug exerziert.

Aber die Schizophrenie und die Destruktivität, das Selbstzerstörerische in ihm, gewinnt die Oberhand. Es gibt Zeiten, da wird diese Kraft in ihm immer noch übergroß. Vielleicht bringt er in diesen Momenten noch mal jemanden um. Bis jetzt hat er es nur an sich selbst versucht.

Also zieht er sich an, nimmt, um sein anderes Gewissen zu beruhigen, noch ein gesundes Müslifrühstück zu sich, und geht in die Stadt. Der eine Mario kauft Erdbeeren, der andere, - eine Spritze in der Apotheke. Und während der ganzen Zeit wird sein Herz immer schwerer, seine Knochen wiegen einen Zentner und sein geistiger Aktionsradius reicht nur noch bis zur nächsten roten Ampel.

Aber immerhin, er schafft es zu Hause noch, das Klassentreffen am Samstagnachmittag wegen Grippe abzusagen, das Telefon und die Türklingel zum Schweigen zu bringen.

Mario nimmt ein Glas aus dem Küchenschrank, füllt es mit Wasser, nimmt den Löffel, die Watte und einen Gürtel und beginnt das Russisch-Roulette. Nein, es tut ihm nicht weh, als er sich die Nadel in die Vene setzt. Im Gegenteil, eine Art von Ruhe überkommt ihn, als der dünne Strahl Blut aus seiner Vene sich mit der klaren Flüssigkeit in der Spritze mischt. Doch der andere Mario steht immer noch mit Abscheu dabei, wenn auch nur noch schemenhaft.

Und er wusste, er will nur einen Schuss, dann schmeißt er das Besteck weg. Aber es werden eben doch wieder mehr. Und das schlimme am Koks ist, je mehr du drin hast, desto mehr willst du. Erst nach dem vierten Druck innerhalb einer halben Stunde bog er die Nadel um. Aber sie bricht nicht ab, und so schüttet er den Rest des guten halben Gramms in den Löffel und setzt sich den Schuss mit verbogener Nadel.

Jetzt bemerkt er, dass im Wasserglas etwas Öliges schwimmt. Und er bekommt es mit der Angst. Der andere Mario meldete sich zu Wort. Vorwürfe, Fantasien, Geschichten aus alten Zeiten, das jahrelange Leberleiden, alles bricht hervor. Die Paranoia wächst. Und er will sich in die Ritze im Holz des Bilderrahmens verschwinden lassen. Alles beunruhigt ihn nun. Der Rausch erfasste jedes nervöses Neuron seines Hirns. Selbst das Zwitschern der Vögel vor dem Fenster erschreckt ihn und er schliesst es aus.

Mario hat die Kontrolle verloren und seinen Glauben dazu.

Seine Gedanken rennen im Kreis herum und beißen sich gegenseitig in den Schwanz. Wenn er nicht das Gefühl hätte, einen großen Fehler zu begehen, würde er sich jetzt umbringen.

Und er denkt bei sich: Ich muss mir endlich ein Ziel vor Augen halten, vielleicht muss ich mich auch verpflichten etwas zu schaffen. Ich habe mir schon dieses Leben aufgeladen und dessen Schwierigkeiten. Kann ich mich nicht dann auch in die Richtung programmieren, dass ich Verantwortung übernehme?! Doch solange ich nicht weiß, was ich will, wie soll da der große Geist mir unter die Arme greifen können? Wenn es so wäre, dass ich von den Gesetzmäßigkeiten nichts wüsste, hätte ich nicht dieses innerlich nagende Gefühl der Selbstvorwürfe. Aber so stehe ich neben mir und schwäche mich noch mit meinem schlechten Gewissen.

Ich denke ich sollte mir ein Ziel setzen. Die meisten Menschen tun es unbewusst, indem sie Kinder in die Welt setzen und gezwungenermaßen dadurch Verpflichtungen eingehen. Ich muss mir bewusst ein Ziel schaffen. Und dann sollte ich den Weg so gerade wie möglich darauf zu gehen. Denn der Weg ist wichtiger als das Ziel. Ich darf mich nicht mehr schwächen, sonst kann es wirklich passieren, das ich verrückt werde und außer Kontrolle gerade.

Was ist das aber auch für ein Leben?

Immer wartend, darauf hoffend,

Dass Mario endlich da ist,

Koksparanoia -

Du willst nicht, dass dich die Leute anstarren und sie starren dich an. Du spürst ihre Blicke im Nacken und auf deinen Händen. Sie brennen in deinen Augen. Deine Haare stellen sich zu Berge. Du reißt die Arme vors Gesicht, siehst die stierigen Augenpaare auf dich eindringen - da klopft dir jemand auf die Schultern, du drehst dich, aufs Mark erschrocken herum - und erblickst ein nettes Mädel, das dich bloß zum Eis einladen will.

Mario, keiner will dir was - EIN ICH zu ANDEREM ICH

Doch, - trete ihnen in den Arsch, bevor sie dich treten - EIN ICH zu ANDEREM ICH

Mario, sei lieb und denke positiv. Du weißt doch, dass dann alles positiver wird - EIN ICH zu ANDEREM ICH

Ach lasse mich in Ruhe - EIN ICH zu ANDEREM ICH

Und so macht sich EIN ICH mit dem ANDEREM ICH immer kleiner, unsicherer und aggressiver, statt ruhiger, sicherer und liebender. Und dieses Bild ist die geschönte Form seiner zeitweiligen inneren Zerrissenheit. Alle inneren Schatten wollen ihren Senf dazu tun und so wird die Suppe meist ungenießbar.

Mario muss sie auslöffeln.

Gibt es doch nur diese eine.

Blende - Da steht ein Mann einsam in der Ecke.

Jeden Tag steht er da und keiner weiß was er da macht.

Manchmal weiß Mario auch nicht, was er macht. Er steht dann einsam in einer Ecke seines Kopfes herum und kann aus ihr nicht mehr raus. Da gibt es einen in ihm, der weiß genau, wie er es machen sollte. Eigentlich würde dazu nur etwas Energie und Durchsetzungsvermögen gehören. Aber irgendwie ist ihm das dann zu viel, dort in der Ecke.

Mario denkt: Wenn sie nicht von selbst drauf kommen..., bitte schön, und geht noch tiefer in die Ecke. Und so wird es immer einsamer um ihn herum und die Depressionen haben Zutritt. Es wird düster und die Ecke wird zum Tunnel und der Tunnel dreht sich mit einer Spiralbewegung um ihn herum. Eigentlich müsste er nur einen einzigen Schritt machen. Aber die masochistischen Tendenzen in ihm lassen ihn mit erhobenem unsicheren Fuß stehen.

Und schließlich nach Tagen der Dunkelheit und des in der Ecke Stehens, kommt der Moment oder der Morgen, da steht er wieder mitten drin, - er lächelt und die Welt lächelt.

Wo willst du denn hingehen?

Weißt du nicht, dass es draußen dunkel ist?

Wo denkst du, kommst du hin wenn du diesen Weg gehst?

Weißt du nicht dass er voller Gefahren ist?!

Du kannst bestohlen, betrogen, vergewaltigt und getötet werden,

Ja, selbst von deinem besten Freund.

Du kannst verlieren -,

Du kannst auch gewinnen und das allein ist Grund genug.

Also gut,

Gehe den Weg,

Auch wenn es

Draußen

Dunkel ist!

Blende - Eine Nacht in Frankfurts Straßen

Spaxel ist mit seinem Bruder zu Besuch. Mario will ihnen die große Kleinstadt zu zeigen. Doch die neoklassizistischen Hausfassaden der neuen Architektur bekam nicht gerade Beifall von Spaxel. Die Lichter der Leuchtreklamen erhellten den nasskalten Dezemberabend. Das Geschäft mit den Hologrammen war in der Berliner. Mario bekommt einen Parkplatz auf der anderen Straßenseite. Eine Musikalienhandlung erregt gleich Spaxels Aufmerksamkeit. Marios Aufmerksamkeit wird von ganz anderen Dingen in Anspruch genommen.

Die ganze Zeit schon haben verdächtig viele Bullenwagen ihren Weg gekreuzt. Sie sind jedoch so gehäuft, dass sie wichtigeren Zwecken dienen müssen, als die Drei zu überwachen.

In schneller Fahrt kommt ein roter Opel Ascona näher. Aus einer Seitenstraße schießt ein weiterer Bullenwagen mit zuckendem Blaulicht. Doch der Polizist am Steuer kommt nicht aus Hollywood. Er spielt nicht den draufgängerischen Helden. Er bremst den Wagen ab und gibt die Fahrt für den verfolgten Ascona frei. Der heizt in rasender Fahrt an den Drei vorbei, verfolgt von dem verhinderten Helden und einem weiteren Sirenen- und Blaulichtbestückten Polizeiwagen.

Mario guckt Ulli an, der guckt zurück.

"In welchem Film sind wir hier schon wieder gelandet?"

Spaxel hat von all dem nichts mitbekommen. Verträumt wendet er sich von seiner Gitarre im Schaufenster ab und fragte:

"Was ist denn los, ist was passiert?"

Sie überqueren die Berliner und erklären ihm, dass er cool bleiben soll und dass alles nur ein Film ist.

Das ist Futter für seine grauen Zellen. Plötzlich stehen sie vor einem brüllenden Löwen. Eigentlich ist es nur der Kopf eines dieser großmäuligen Savannenbewohner. Immerhin springt er fast einen Meter aus seinem Rahmen.

Dieses Hologramm ist wirklich beeindruckend. Aber der Schwarze in dessen weit aufgerissenem Mund ein Bauarbeiter, Presslufthammer-bewährt am dritten Backenzahn links unten Reparaturarbeiten ausführt, kommt auch nicht schlecht. Du kannst dem Schwarzen sogar in die Nasenlöscher schauen. Wie kleine Buben staunend stehen die Drei vor all diesen Merkwürdigkeiten hinterm Schaufenster.

Der Nachtwind zieht empfindlich kühl durch die Straßenschluchten. Sie machen sich auf, Richtung Eckstein. Das ist der Name des derzeitigen Szenetreffs. Und wieder ist Mario die Parkplatzgöttin hold. Direkt vor dem Laden wird gerade einer frei.

Dann befinden sie sich mitten im Zeitgeist. Die meisten hier schwarz gekleidet. In dieser Begräbnisgesellschaft kommt Mario sich mit seinem karierten Hemd und der weiten, weißen Hose fehl am Platz vor. Ist dieser allgegenwärtige schwarze Touch nicht ein Ausdruck von Depressivität?

Die Wände, von Jim Avignon gestaltet, haben einiges gekostet. Mario sagt´s ja immer wieder, wäre er nur etwas mutiger, und lies sich noch die richtigen Verkaufssprüche einfallen, er könnte auch einen dieser "Untergrundkünstlern" abgeben.

Die Wände in seiner Wohnung hat er in ähnlicher Weise mit Farben marmoriert. Er ist von der Geschichte nur nicht so eingenommen, dass er auch noch Goldfarbe verwenden würde.

Ansonsten findet Mario das Eckstein ganz inspirierend. Denn, wie gesagt, hier findest du den Zeitgeist greifbar nahe.

Dann erzählt er Spaxel vom Romantica, ein ehemaliger Nachtclub im Bahnhofviertel. Die Kaiserstraße liegt gerade um die Ecke. Ein Undergroundtyp konnte den stillgelegten Club mitsamt dem plüschigen Inventar übernehmen. Jetzt ist es der Geheimtipp für Nightrider die auf Bizarres, Ausgefallenes hungrig sind.

Die Musik ist schräg aber oft gut, gespielt von Indepentengruppen, deren Namen so ausgefallen wie ihre Rhythmen sind.

Also machen sie sich auf den Weg. Nahe der Konstablerwache Wache landen sie plötzlich mit ihrem BMW in einer dunklen Sackgasse. Das ist eine Art Hinterhof mit Laderampen für die Kaufhäuser. Schwarze Gestalten entfernen sich bei ihrem plötzlichen Kommen.

Da haben sie Dealer mit ihren Kunden aufgeschreckt. Langsam aber stetig fährt Mario um den Wendehammer und sieht zu, dass sie dort raus kommen, ohne dass ihnen ein Pflasterstein in die Windschutzscheibe kracht.

So landen sie in der Kaiserstraße, die bald Sperrgebiet werden soll. Schade drum! Die Drei machen einen Spaziergang durchs Kitz. Spaxel verschwindet schnurstracks in einer der zahlreichen Pornokabinen. Hier kannst du dir für fünf Mark einen runter holen. Papiertücher sind im Preis inbegriffen.

An einer Straßenecke ist ein Hütchenspieler zu Gange. Eine Anzahl aufgeregter Männer steht dicht gedrängt. Der Spielmacher ist ausnahmsweise am Verlieren. Das Publikum ist schadenfroh. Mario muss sich die Sache mal genauer anschauen und drängt sich vor.

Sie eröffnen gerade ein neues Spiel. Es geht um zweihundert Mark. Der Hütchenspieler schiebt die drei kleinen Pappschachteln blitzschnell von einer Position an die andere. Es geht darum, die Schachtel mit der Papierkugel darunter zu benennen.

Und Mario sieht, dass es bestimmt die linke Schachtel war. Der Zocker wirbt um neue Kundschaft. Er wendet sich um und in diesem kurzen Moment hebt einer der Gaffer das Hütchen auf. Da ist die kleine Kugel.

Erst denkt Mario, jetzt fängt die Randale an. Aber da gibt es wohl keinen Aufpasser. Der Zocker spielt alleine. Fast hätte Mario seinen Stiefel auf die Schachtel gesetzt, die zweihundert gehalten und auf fünfhundert erhöht. Aber er ist zu zögerlich, hat eh nicht so viel Geld einstecken. Ein anderer macht das Spiel. Er hat eigentlich so gut wie gewonnen. Blieb aber bei den zweihundert, zu seinem Glück.

Denn als er sich zur Schachtel bückt, beging er den Fehler einen Moment den Fuß zu heben. In diesem Augenblick gelingt es dem Spielmacher die Schachtel noch mal zu verschieben.

Das ganze passiert blitzschnell in der hektischen Atmosphäre der nächtlichen Straße, der unterdrückten erregten Ausrufen des Publikums, der schnellen Bewegungen im Augenwinkel und dem ständigen auf der Hut sein vor den allgegenwärtigen Bullen. Und wiedermal ist der Passant nicht der Gewinner.

Plötzlich kommt Bewegung in die dichtgedrängten Leiber. Sie spritzen nach allen Seiten auseinander. Scheinbar sind Bullen im Anmarsch. Mario ruft Spaxel zu, dass er ihm folgen soll. Er steht nämlich schon wieder mit weit aufgerissenen Augen auf der Straße und wartet darauf, dass endlich eine Ampelanlage gebaut wird und er Grün bekommt.

Aber im Bahnhofsviertel brauchst du Reflexe, du musst wissen, wann es Zeit ist wegzuschauen und weiterzugehen. Die Schlepper preisen die sensationelle Livesexschau an. Abgerissene Junkies hängen in den Hauseingängen. Abgetakelte zwanzigjährige Huren bieten ihnen ihre Stecknadelpupillen an. Ein Penner sitzt auf einer Treppenstufe und zählte die Passanten mit ausgestrecktem Arm: "Ein Geizkragen, noch ein Geizkragen und wieder einer."

Mario bemerkt im Vorbeigehen: "Noch ein Alkoholiker!" Da hält der Penner die Klappe und sie stehen vorm Romantica.

Mario geht vor. Schlägt die Samtvorhänge zur Seite und schon sind sie wieder in einer anderen Welt. An der Bar holen sie sich erst mal die Drinks. Die Drei sitzen im puffigen Ambiente, auf Sesseln der Nierentischära. Schummriges Rotlicht mildert die Konturen der Exzentriker um sie herum. Die erheben die Nacht zum Tage und bei Tage schließen sie ihre Augen. An der Wand ein Gemälde zweier nackter Männer in eindeutiger Position. Dem einen kommt es gerade, während der andere dessen Arsch bediente.

Und die Reflexe der sich drehenden Spiegelkugel treiben durch die rötliche Gebärmutteratmosphäre.

Blende - Sie hatten ein schönes Wochenende.

Maria hatte den Freitag blau gemacht. Samstag auf dem Markt haben sie, liebestrunken wie sie waren, vergessen einzukaufen. Mittags schraubte Mario am Motorrad. Danach sind sie damit für eine schöne Tour in den Spessart. Am Abend, der Wald bei Mömbris. Nahe Zuneigung, schönes Gemeinsam Sein. Eine Schlemmerei in der Bauernkneipe. Sie hatten mal wieder ein Leben!

Ihre Nähe in der Nacht, Vertrautheit und Geborgenheit. Sie können zusammen sein, sie können zusammen reden und zusammen schweigen. Sie können lieben und sie werden lernen, auch miteinander zu streiten -

Doch Mario ist sich nicht sicher, ob er es jemals schaffen wird, seine „Anfälle“ von alles zerstörender Destruktivität und Vergesslichkeit zu meistern. Wenn er mental erschöpft ist, fühlt er sich unsicher. Und wenn er unsicher ist, versucht er sich zu schützen. Doch sein Schutzwall hat unter anderem die negative Eigenschaft, dass er die anderen damit provoziert. Erste "Angriffe" sind die Folge und schon hat er sich bestätigt in seinem Glauben, dass er nicht sicher ist.

Blende - Zwischenzeitlich hatte er sich von einem „Freund“ beraten lassen.

Der war als Broker auch an der amerikanischen Börse tätig. Und handelte mit Optionen auf Termin. Mario legte bei ihm 18 000 Mark an. Es machte Spaß. Er musste immer am Ball bleiben. Verregnete es irgendwo in der Welt die Sojaernte, dann konnte er auf steigende Preise gehen. War irgendwo eine politische Krise abzusehen, gab es bestimmt etwas daran zu verdienen. Es war etwas wie ein Monopolyspiel. Sie mussten nur schnell genug sein. Und sie waren schnell. Auf dem Papier hatte er nach wenigen Wochen 25 000 Mark gemacht.

Blende - Manchmal ist es besser zu reisen als anzukommen.

Mario packt zwei Freundinnen in seinen VW Passat Kombi und fährt mit ihnen nach Figueras, Dalis spanische Heimat. - Als er die Landschaft dort sieht, kann Mario einige Bilder von Dali gut verstehen. Manche Felsformationen der Bucht meinte er darauf erkannt zu haben. Das Dali-Museum ist den Abstecher jedenfalls wert. Später gehts über Barcelona nach Mallorca. Am Hafen von Barcelona lässt er seinen Kombi stehen. Auf der Insel fährt er lieber mit dem Roller. Sie verbringen schöne Wochen. Die Mädchen machen einen Sprachkurs am Pool und Mario die Insel unsicher.

In Sollér steht das Haus von Jürgen, einem Freund, bei dem er unterkommt. Jürgen und Mario sitzen mit Erdbeeren und Sahne vor dem Fernseher. Boris Becker gewinnt das erste Mal in Wimbledon. Draußen knallt der Planet und es hat 35 Grad im Schatten.

In den darauf folgenden Nachrichten erklärt man der uninteressierten Weltbevölkerung, dass Präsidenten Reagan einen Pickel auf der Nase hat. Man vermutet es sei Krebs. Der Dollar stürzt ab. Mario hat ihn teuer eingekauft. Er ruft seinen Broker an. „Verkaufe!“ Er antwortet: "Nein warte - der Dollar erholt sich wieder." Mario vertraut.

Er tritt auf die Terrasse und bewundert mal wieder den Blick auf die hohen Berge, die Sollér umgeben und das Meer, das sich blau an die Küste wälzt. Das Städtchen unter ihnen hat Atmosphäre. Die Sonne scheint wie jeden Tag von einem Königsblauen Himmel. In der Nacht tanzt über ihnen die ganze Sternenpracht.

Und Mario bekommt ein Gefühl von kommendem Unheil. Einige Wochen nach Marios Besuch, stürzt Jürgen mit seiner Enduro in eine tiefe Schlucht und verabschiedet sich so von diesem Planeten.

Blende - Schreib dein Leben auf ein Stück Papier

und warte bis die Zeit vergeht.

Aber Mario hat keinen Bock zu warten

und zuzuschauen wie die Zeit vergeht.

Stattdessen macht er eine Wanderung die Küste lang. Eine Dreiermövenkombination segelt durch das Postkartenidyll. Das Meer, heute am Horizont etwas dunstverhangen, liegt blau, mit glitzernden Schmetterlingen bevölkert und leicht gekrümmt vor seinen Füssen, die wiederum auf der schroffen gelblichen, steil abfallenden Klippe stehen.

Der Planet knallt wiedermal, it's Siestatime.

Und zu all dem hängt der Rote Hugo tot im Seil,

Die Leiche stinkt nach Shit.

Nein, er wartet nicht bis die Zeit vergeht.

Mario der Einsilbige geht am Abend vor sich hin pfeifend die Straße zum Hafen von Soller´ hinunter. Die Sonne versinkt mit lautem Orange im Blau des Mittelmeers. In seinen Augen spiegelt sich die Silhouette des kalkweisen, im spanischen Baustil gehaltenen Fischerdorfes im Vordergrund. Hohe zerklüftete Felszacken, steil ins Meer stürzend, reflektieren im Hintergrund das Abendlicht und machen so das Bild perfekt.

In der Hafenkneipe Da Sancho leiht sich Mario von einem Bekannten einen schicken Benz mit Ledersitzen und ner geilen Musikanlage und macht mit Jürgen die Insel für Tage unsicher. Bezahlt wird mit antörnenden Naturalien.

Auf der Fahrt finden sie immer wieder idyllische Buchten zum Verweilen. Am Abend haben sie ein leckeres Gambasgrillen mit allem Drum und Dran am Strand. Was meint Wein, Salat, Joints, Sommer und Frauen. Uli, das schlanke Mädchen mit dem interessanten Gesicht und dem lustigen Lächeln und Andrea aus Hamburg sind dabei. Die haben sie vorgestern beim Trampen aufgegabelt. Später gesellen sich noch die Friedberger Punks dazu.

Der fette Mond steht hell und klar und zieht seine Spur über das ruhige Meer. Aus den Boxen des Benz tönen die „Simple Minds“ Und Mario findet den Schlüssel zu Ulis Herz und Bauch. Also nimmt er sie bei der Hand und baut in seinem Zelt einen Schlafplatz für zwei.

Sie wollen sich´s gerade richtig gemütlich machen, Haut an Haut, da hört Mario lautes Geschrei. Er ist stoned und anderweitig interessiert. Doch das Geschrei wird immer hysterischer. „Feuer, Feuer, es brennt“, ruft es. Jetzt sieht er den grauen VW-Bus der drei blonden Mädels, die mit einem langhaarigen Typ unterwegs sind. Einige Augenblicke vorher ist der Bus noch an seinem Zelt vorbeigerollt. Jetzt steht er nicht weit entfernt, mit geöffneter Motorklappe am Heck und herausschlagenden Flammen.

Endlich hat Mario die Lage geschnallt. Am besten wäre eine Decke zum Löschen, doch die braucht er für den Zweierschlafplatz. Es ist dunkel und er ist stoned und so behilft er sich mit Sand. Die hysterische Tussi schreit noch immer wie am Spieß nach Feuer. Dabei ist doch wirklich genug davon da. Mario wirft jedenfalls wie wild mit Sand nach den Flammen. Hinter ihm werfen sie auch aber mehr nach ihm. Derweil hofft Mario, dass der Tank nicht gleich hochgeht. Sie sollten sich wirklich beeilen. Und schließlich haben sie das Feuer aus. Mario sieht, das die Zündung immer noch an ist. Also drehte er den Schlüssel herum. Dann dreht er sich kommentarlos ab, springt ins Meer, um den Sand zu entsorgen, der ihm die Ohren und Augen verklebt. Endlich liegen dann die beiden jungen Körper in der Waagrechten.

Mario braucht Zucker für den Kaffee.

Er versucht es bei den Gestrandeten. So steht er also am VW-Bus und redet mit den Leutchen. Die bedanken sich bei ihm für seine Hilfe. Da bemerkt er, dass es heftig nach Benzin stinkt. Und der eine Jo schmeißt auch noch seine Zigarettenkippe ins trockene Gras, ohne sie auszutreten.

Und Mario sagt: Hm, hier riecht´s aber ganz schön nach Benzin.“

Meint der Jo: „Ja, da tropft´s ja auch noch raus. Die Dichtungen sind hin.“

Und Mario denkt bei sich: Das kann doch alles gar nicht wahr sein. Lassen die die halbe Nacht das Benzin in die Pampa tropfen. Diese ach so umweltbewussten Freaks. Und so steckte Mario seine Nase noch mal in die Heckklappe und macht sich an den verschmorten Kabeln und Schläuchen die Finger schmutzig. Er reißt den Benzinschlauch vom Vergaser und schneidet das verschmorte löchrige Stück Schlauch mit seinem Taschenmesser ab und verstöpselt ihn mit einem Holzstöckchen. Dann nimmt er den geschnorrten Zucker und geht zurück zum Zelt.

In der Nacht gibt es endlich Regen.

Mario kann sich kaum erinnern, dass er sich über Regen so freuen konnte. Doch nach der anhaltenden brütenden Hitze auf der Insel, der mittäglichen Flucht vor der unbarmherzigen Naturgewalt Sonne, dem dauernden Schwitzen, selbst in der Nacht, ist der Regen und die Kühle der Pyrenäen eine Wohltat.

Hoch oben in den Bergen schlagen sie ihr Nachtlager auf. Sie haben einen Bauern gefragt. Der brachte gerade seine Kühe in den Stall und war gut drauf. Er erlaubte ihnen eine Übernachtung neben seiner Scheune. In der Nacht fallen die ersten Regentropfen. Mario liegt ausgestreckt und wohlbehütet im Kombi. Die Regentropfen trommeln auf das Blech. Sonja schläft vor dem Zelt und merkt erst mal gar nix. Birgit muss sie wecken und ihr klar machen, dass sie draußen auf Dauer nass wird.

Am Morgen ist die Aussicht grauverhangen und regennass. Am Abend hatten sie noch einen weiten Blick in die wunderbare Landschaft. Eine Wohltat, die Autofahrt, gestern noch durch sonnenverbranntes und strohtrockenes Land. Heute grüne Wiesen und richtiger Wald, fast wie im Allgäu. Es ist eine tolle Strecke über Foix nach Toulouse und von da nach Bordeaux runter an den Atlantik bei Hourtine Plage.

Dort ist der Sommer wieder im vollen Gange. Sonja macht mit Mario noch zwei weitere Wochen Camping-Urlaub an Marios Lieblingsmeer. Birgit hat sich mit ihrem Freund Chris abgesetzt. Dessen Familie hat in der Nähe ein Ferienhaus.

Sonja ist gleich bei ihrem ersten Bad fast abgesoffen. Sie muss von Rettungsschwimmern aus der tückischen Strömung gezogen werden. Jetzt liegt sie geschockt neben Mario am Strand. Der hatte neulich auch einen Schreck beim Baden bekommen. Eine giftige Medusa Qualle vergällte ihm das Schwimmen im warmen Mittelmeer. Die Kniekehle tat ihm tagelang weh, jede Bewegung brannte.

Am Abend entspannen Sonja und Mario bei einem leckeren französischen Menü und einer Flasche Bordeaux. Danach gibt’s einen langen Strandspaziergang in der untergehenden Sonne. Die Ebbe zieht den Atlantik Richtung Westen. Jetzt sitzt Mario reichlich müde in den Dünen und schaut aufs Meer hinaus. Er kann sich noch immer nicht von der Vollmondbeschienen Landschaft trennen. Also holt er sich seinen Schlafsack runter an den Strand und schläft dort. Die Brandung begleitete seine Träume. Am Morgen weckt ihn ein früher Sonnenstrahl. Es wird gleich wieder warm. Also schält er sich aus dem Schlafsack und springt nackt in die Fluten. Das ist ein Leben!

In der dritten Nacht am Strand passiert es dann. Das Meer holt ihn. Vielmehr versucht es ihn zu holen. Hat aber nur seine Unterhosen bekommen. Mario hört die starke Brandung in der Nacht. Denkt sich aber nichts weiter dabei. Plötzlich wird er von einem ungewöhnlichen Geräusch geweckt. Zum Glück hat er einen leichten Schlaf. Und er sieht die Mondbeschienen Wellen auf sich zu rauschen. Seine Reaktionszeit ist optimal. Noch bevor die Wellen ganz bei ihm sind, ist er aus dem Schlafsack geschlüpft und steht nun bis zum Hintern im Wasser.

Sein Krempel macht sich gerade davon. Der Rucksack schwimmt auf der linken Seite, seine Hosen mit dem Autoschlüssel drin auf der rechten, der Schlafsack in der Mitte. Es gelingt Mario alles aus dem fortströmenden Wasser zu fischen. Nur die Unterhose ist verschwunden. Jetzt ist er nass und wach. So trottet er zurück zum Campingplatz und legt sich zum Schlafen in den engen Kombi. Als Sonja am Morgen von seinem Abenteuer hört, kann sie nicht mehr aufhören zu lachen. Mario findet die Geschichte schließlich auch ganz witzig.

Blende - Am Wendehammer,

auf dem Weg zum Strand steht eine Telefonzelle.

Von dort ruft Mario einige Tage später seinen Bruder in Deutschland an. Und er bekommt den Schreck seines Lebens. Denn sein Brüderchen teilt ihm mit: "In deiner Wohnung haben die Bullen eine Hausdurchsuchung gemacht. Sie haben Drogen gefunden. Manfred hat gegen dich ausgesagt. Bleibe im Ausland. Du wirst per internationalen Haftbefehl gesucht."

 

Mario ist wie betäubt. Die Telefonzelle steht so, dass er aufs Meer hinaus schauen kann, die Sonne versinkt gerade im Westen. Seine Knie werden weich und mit dem Rücken an die Scheibe gelehnt, rutscht er auf den Betonboden. In dieser Nacht kann er nicht schlafen. Und so kuschelt er sich das erst Mal bei einer der Freundinnen an.

Er spürt, dass etwas Schreckliches über ihn herein bricht. Sein Bruder sagte, er solle im Ausland bleiben. Gegen Mario bestünde ein Haftbefehl. Doch der kann es nicht glauben. Das ist doch nur ein Trick der Bullen. Die spielen ein Spiel mit uns. Manfred hat nicht gegen mich ausgesagt! Zumal Mario 100% sicher weiß, dass er keine Drogen in seiner Wohnung deponiert hat - tausend pro. Die haben mir was unter geschoben! Ich brauche einen guten Anwalt. Das wird sich bestimmt aufklären. Das wäre doch gelacht. Und all das kommt ihm vor, wie in einem dieser seltsamen Albträume.

So fährt er am nächsten Tag mit bis zum Zerreißen gespannten Nerven über die französische deutsche Grenze nach Frankfurt zurück. Die Ladys hat er vor der Grenze in den Zug gesetzt. Sie sollen nicht in die Sache verwickelt werden.

Nach drei Monaten, an der Luft, in schönsten Landschaften mit weitem Horizont, versteckt er sich in einer Frankfurter Wohnung. In seiner aufkommenden Paranoia sieht und hört er überall Bullen. Mario nimmt Kontakt zu einer Anwältin auf, die ihm sein Börsenfreund empfohlen hat. Als erstes übergibt er ihr 20 000 Mark, die sie für ihn aufbewahren soll. Er will nicht, dass die Polizei die beschlagnahmt. Dann legen sie ihre Vorgehensweise fest. Ein Sparbuch mit 40 000 Mark ist per Post auf dem Weg zu seinen Eltern. Die sollen es für ihn aufbewahren. Noch wissen sie von nix.

 

Die Anwältin trifft sich mit dem Staatsanwalt und dem Haftrichter. Danach verspricht sie Mario, dass er gute Chancen hätte, bis zur Verhandlung frei zu bleiben, wenn er sich selber stellen würde. Hört sich verhältnismäßig gut an, wie er findet. Am anderen Morgen fährt er mit der Tussi von Anwältin zum Haftrichter. Eine Stunde später sitzt er in der Zelle. Mario wird direkt in das Hochsicherheitsgefängnis in Preungesheim gebracht. Das hat die gleich Bauweise wie Stammheim, in der damals Bader, Meinhof und die ganze Blase gestorben sind.

Sein Zellengenosse ist ein Gauloises Ketterauchender Doppelmörder, der ihm stolz von den tödlichen Fußtritten berichtet, die er seinen Opfern beigebracht hat. Hochsommerliche Temperatur, die Luft in der engen Zelle ist zum Schneiden. Mario liegt bald auf dem Boden der Zelle, dicht bei der Stahltür, weil von dort etwas „frischere“ Luft einströmt.

Die Staatsanwaltschaft wirft Mario die Gründung einer internationalen Vereinigung zum Zwecke der Drogenkriminalität vor und den Umsatz einer riesigen Menge Haschisch. Darüber hinaus besteht der dringende Verdacht auf Handel mit Kokain. Fluchtgefahr besteht ihrer Meinung nach sowieso, obwohl er sich aus dem Ausland heraus selbst gestellt hat. Und einen festen Wohnsitz hat er auch vorzuweisen. Also schlug die schwere Eisentür hinter ihm zu.

Marios Welt bricht zusammen

Das ist jedoch nicht das Ende. Seine Anwältin lässt sich kaum sehen. Und Mario muss aus der U-Haft heraus seine Unschuld beweisen. Obwohl die Abhörprotokolle und einige belastende Zeugenaussagen von einem ganz anderen Mario sprechen, kann er das natürlich nicht aus seiner Zelle heraus widerlegen. Er ist angeklagt, aufgrund der glaubwürdigen Aussage seines Freundes Manfred. Und Mario kann es immer noch nicht glauben. Noch immer vermutet er einen Trick der Polizei. Er macht keine Aussagen. Doch für die Kripo und den Staatsanwalt ist er so was wie ein Mafiaboss. Mario könnte sich die Haare ausraufen. Er kann nichts tun außer warten. Doch das ist hart. Er kann sich nicht konzentrieren. Das Lesen fällt ihm schwer. Die Augen schmerzen schnell. Sie sind nicht an das ständige Neonlicht gewöhnt. Seine Gedanken drehen sich im Kreis. Die Zeit tropft wie heißes Blei in seine Stirnhöhle, verursacht dumpfen Kopfschmerz, der nicht mehr aufhört.

 

Nichts zu tun –

Stimmung sauer –

Praktisch Trauer –

 

Wie zum Spott scheint draußen seit Wochen eine warme Sonne vom strahlend blauen Himmel. Und es ist schon Ende Oktober. Die Blätter der Bäume, die er von seiner, von Gittern zerschnittenen Welt sehen kann, nehmen täglich schönere Farben an.

Sein Börsenfreund hat sich in der Zwischenzeit sein angelegtes Geld unter den Nagel gerissen und ihm vorgetäuscht, es sei verloren. - Harald landet übrigens einige Monate später in einer Irrenanstalt, hat sich das Geld als Kokain transformiert, Grammweise durch die Nase gejagt.

Und er kann nichts tun. Er kann nicht mal das Licht anschalten, wenn es abends plötzlich in der Zelle erlischt.

Mario ist für dieses Leben nicht geschaffen. Er tigert in seiner Zelle hin und her. Sechs Schritte hin, sechs zurück. Manchmal wechselt er die Drehrichtung, damit die Beine gleichmäßig abgelaufen werden. Sein Leben war Natur und Freiheit. Es gibt keine Möglichkeit aus den Gedankenkreisen auszubrechen. Der Tod erscheint mal wieder verlockender als das Leben. Er nimmt Gestalt an. Langsam hat Mario das Gefühl es vor sich verantworten zu können, ihn zu seinem Freund zu machen. Und irgendwie tut es gut zumindest diese Wahl zu haben. Und diese Möglichkeit gibt ihm die Kraft einen Tag nach dem anderen dazubleiben.

Doch manchmal nehmen die Aggressionen in Mario heftige Formen an. Er will kein Mitleid. Doch die Tatsache bleibt bestehen, dass er der Angeschissene ist. Und das will er nicht zulassen. Das hat er noch nie zugelassen! Depression, Kopfschmerz, Leibschmerz, Müdigkeit, Atemnot, Erniedrigung.

`Mario, die Klinge liegt bereit. Du lässt einfach los, ganz einfach geht das. Er hat nicht mehr viel zu verlieren. In der Hoffnung, dass er im nächsten Leben einen besseren Weg einschlägt, kehrt er einfach dorthin zurück, woher er gekommen war. ‘

Sein Abschiedsbrief ist schon geschrieben. Doch bis nächsten Dienstag (ein weiterer Haftprüfungstermin) muss er noch durchhalten. Und so hangelt sich Mario von einem Termin zum nächsten.

Und ganz langsam sieht er, dass auch diese schwere Zeit für ihn sein muss. Etwas will das Leben ihm mit dieser Geschichte sagen. Er muss wieder auf den Boden des Lebens geholt werden. Und er wählt die harte Tour. Zu sehr ist er dem „normalen“ Leben abgerückt. Er hatte schon eine Segeljacht und die Villa in Mallorca in seinen Plänen. Seine "Guten Freunde" sind nur das Werkzeug für diese Erfahrung. Schritt für Schritt realisierte er diese Erkenntnis bis in die Knochen. Und doch fühlt er sich manchmal wie zerrissen. Denn er ist auch Mensch mit all seinen Emotionen. So hat Mario hin und wieder heftige Fantasien was diesen "guten Freund" betraf. Manfred zumindest saß ganz in der Nähe, in Butzbach im Knast. Er hat zwar, dafür dass er seine Hauptabnehmer ins Gefängnis gebracht hat, Straferleichterung erhalten, doch zwei Jahre soll auch er absitzen.

Mario tut eine Möglichkeit auf, um ihn dort von der Treppe fallen zu lassen. Die Gefängniswelt ist eine Welt für sich – dort bekommst du alles – mit den nötigen Hebeln, Beziehungen und Geldern.

Dann wieder sagt Mario sich, dass er sich nur „die Finger“ schmutzig machen würde. Und so geht das eine ganze Weile. Der Hass verebbt langsam. Manfred muss schließlich damit leben, sich morgens im Spiegel in sein feiges, verlogenes Gesicht schauen zu müssen. Marios Ehre ist noch intakt!

Gefangenschaft

Die Schreie der gemarterten Seelen! Das Knochenmarkerschütternde Dröhnen der Stahltüren, wenn wiedermal ein Gefangener in seiner Zelle randaliert. Das Klirren der schweren Schlüssel am Bund der Schließer, deren Schritte durch die langen schallverstärkenden Gänge des Betonbunkers Preungesheim hallen. Betonsichtblenden vor vergitterten Zellenfenstern, die einem den Eindruck vermitteln in einem Sarg zu vegetieren. Vorschriften, Anordnungen, Befehlston geben Mario das Gefühl von Fremdbestimmung. Isolation, eine subtile aber effiziente Form der Folter.

Die Welt draußen ist klein geworden. Auto, Flugzeug, Telefon, Fernsehen lassen die Entfernungen schrumpfen. Doch hier wird das Augenblinzeln zu einer Willensanstrengung, die hilft, eine Ewigkeit mit der anderen zu verbinden.

Das leise Summen der Neonröhren, die den Sarg auch tagsüber mit einem perversen, augenschädigenden Licht ausleuchtet, verstärkt den Eindruck, dass Zeit tropfenweise in Marios strapazierte Hirnwindungen dringt und den Gedankenspiralen tief hinabfolgt, um dort schließlich in ein großes schwarzes Loch zu fallen.

Mario beobachte wie sich in seinem Kopf Bilder, angefüllt mit Aggression, Wut und Gewalt bilden. Er schlägt! Er schlägt auf Menschen ein. Er erschrickt! Er erschrickt über sich selbst und die Möglichkeiten, die in einem menschlichen Gehirn schlummern. Gedanken von Mord und Todschlag. Aber Mario weigert sich sie zu denken. Sind sie doch der Anfang vom verblödeten, stumpfen Dasein, das so viele hier im Knast führen.

Doch die letzten Tage sind wieder Tage, in denen nichts funktioniert.

Nicht einmal das Duschen. Heute früh steht ihr versammelter Zellenblock mal wieder unter den verzagt tröpfelnden Gemeinschaftssprinklern. Fünf Minuten haben sie dafür. Zeitweise kommt gar kein Wasser und sie frieren sich den Arsch ab. So wird seine Erkältung, die er nun schon drei Wochen mit sich rumschleppte, nicht wirklich besser. In den letzten zwei Wochen hat Mario eh mit seinem alten Sargnagel zu tun gehabt. Asthma, das ihn von Kindesbeinen an begleitet hat. Dagegen anzukämpfen macht wenig Sinn. Auch das war eine Kopfgeschichte. Er hat in den letzten Monaten ganz schön gekämpft und gekrampft. Wer kann es ihm auch verdenken. Die letzte Zeit war für ihn die Hölle. Und er durfte feststellen, dass er mehr ertragen kann, als er geglaubt hat.

Und doch – die Dinge sind wie sie sind. Und innere Beweglichkeit und Flexibilität sind jetzt hilfreich. Seltsam genug, Mario fühlt sich zurzeit in seinem Bewusstsein, im Geistigen viel beweglicher als vor einigen Monaten. Das Rad des Lebens dreht sich immer weiter – von der Dunkelheit ins Licht und zurück. Und seine Gedanken drehen sich nicht mehr in der Depressionsspirale, hin zum schwarzen Loch.

 

Blende - Die Verhandlung war kurz und bündig.

Manfred will zwar seine Aussage gegen Mario zurücknehmen. Doch der Richter, ein scharfer Hund, setzt Manfred unter Druck. Wedelt mit seiner Aussage durch die Gegend und droht damit, dass sein Fall noch mal neu aufgerollt wird. Manfred bleibt also bei seiner Aussage.

Nach vier Monaten Untersuchungshaft, unter erbärmlichen Verhältnissen (in dieser Zeiten lernt er die Bananenrepublik Deutschland kennen), wird Mario schuldig gesprochen und zu 33 Monaten Gefängnis verurteilt. Die U-Haft wird angerechnet. Der Richter braucht für sein Urteil keine Beweise, die es ja auch nicht gab, ihm reicht die belastende Aussage.

Doch es ist noch lange nicht vorüber. Seine Anwältin behält die 20 000 Mark für ihre sogenannten Dienste ein. Mario hat sie in der U-Haft vielleicht fünfmal gesehen. Eigentlich hat sie nichts anderes gemacht, als bei der Verhandlung da zu sein und den Deal mit dem Staatsanwalt abzunicken, der ja wieder eine weitere linke Kiste war. Und so sitzt Mario im Knast. Von allen guten Geistern verlassen, betrogen und ausgenutzt. Sicherlich hat er Haschisch verkauft. Doch guten Stoff, seiner Meinung nach weniger schädlich als Alkohol. Das hat er nicht verdient!

Und noch immer kann er die Sache nicht glauben. Er hofft jeden Moment aus dem Albtraum zu erwachen. Aber es gelingt ihm nicht die Ecken des fehlgeträumten Traumes auszubügeln. Und das Leben geht einfach weiter. Doch für ihn tropft die Zeit zäh und klebrig aus einem großen umgefallenen Honigglas.

 

Blende - Welten in der Welt

Mario sitzt noch immer in U-Haftanstalt, in der Strafhaftanstalt ist kein Zimmer frei. Das Fenster seiner Zelle doppelt vergittert, eine Betonsichtblende davor, der Raum um ihn herum klein und beschränkt, schmutzig und grau. Von draußen dringt diffuses Licht des sonnigen Tages und die üblichen Gefängnisgeräusche herein.

Was heißt:

Schrilles metallenes Schlüsselgeklapper

Dumpfes Stahltürenschlagen

Hallenden Betongängen

Hin und wieder ein Schrei der

Verzweiflung und Einsamkeit

Mario sitzt in einer kleinen grausamen Welt, auf dem weiß-blau karierten Bettzeug, nahe bei das Waschbecken und die versiffte Kloschüssel und starrt auf die graue Zellenwand. Dort gibt es diesen bunt schillernden Schimmelfleck. Und er verliert sich in dessen Landschaft, wandert in den Weiten seiner inneren Welt.

Draußen, vorm Gefängnis,

der Film des alltäglichen Irrsinnes, Realität genannt.

Ja das Leben läuft weiter, dreht sich wie ein riesengroßes Rad, ob langsam oder schnell, wer weiß das schon? Dieses Leben, das so skurrile Geschichten schreibt. Geschichten, wie sie sich kein Erzähler skurriler ausdenken kann. Geschichten, die in letzter Zeit immer heftigere Formen annehmen. Formen, geprägt von Hektik, Aggression, Angst, Orientierungslosigkeit, Verzweiflung, Zerstörung; aber auch von Neubeginn, Wandlung der Werte, der Lebensinhalte. Das Alte wird zerstört, um dem Neuen Platz zu machen. Im Empfinden des Menschen ist die Natur oft grausam, doch das Spiel funktioniert.

Das Spiel nennt sich Evolution.

Und alles strebt zum Licht.

Wandlung innen wie außen.

Außen wie innen.

Die Dinosaurier waren nicht wandlungsfähig genug. Auch der Mensch hat damit gewisse Schwierigkeiten. Und so wird eine Filmrolle nach der anderen eingelegt. Manchmal laufen drei Filme gleichzeitig. Und Mario sitzt auf dem kleinweiß-blau karierten Bettzeug in seiner Zelle.- Seine Welt ist im Moment der Schimmelfleck an der grauen Wand - und die ist so ausgedehnt wie keine andere.

Schönes wie hässliches

Dicht beieinander

Im Hier und Jetzt

Drinnen ist draußen

Draußen ist drinnen

Und letzten Endes versäumt er nichts.

Der Mensch soll sein wie ein Stern

Und seine Bahn ziehen!

Bahnen aber gibt es viele. Was wenn deine Bahn in den Abgrund führt? Was ist dann mit dem Stern? Doch Selbstmord ist nicht wirklich eine Alternative. Ja, Mario lebt noch. Hundert Tage Gefangenschaft. Ja, es gab Tage darunter, da war der Tod verlockender als das Leben im Knast. Aber er hat diese Tage überwunden, er hat sich überwunden. Das Leben war für Mario schon immer ein Kampf gegen die Sehnsüchte und Bedürfnisse des eigenen Ichs. Doch interessanter Weise, das Sein, dass Selbst gewann dabei. Es gibt ihm eine Art Befriedigung zu erkennen, dass die äußeren Umstände dem Sein nichts anhaben können. Sie können ihm alles nehmen. Sein Zuhause, seine Freiheit, sein Geld, sein Kontakte. Doch solange Mario es nicht zulässt, können sie ihm seine seelische und geistige Freiheit nicht nehmen. Und wenn er hier rauskommt, wenn er seine körperliche Freiheit wiedererlangt, wird er doppelt frei sein.

Er hat sich überwunden, er hatte sein Selbst erkannt. Und er wird sich umschauen, die Hände zum Gruß erhoben und Om summend zu seinem geliebten Meer zurückkehren. Doch er wird nie all die Verletzungen und Ungerechtigkeiten vergessen, die der Mensch dem Menschen und seiner Welt antut. Und Mario wird einen Weg finden, wie er dazu beitragen kann die Ungerechtigkeiten in der Welt zu verringern. Es wird nicht der Weg der Politik oder der Aggression sein. Es wird eher ein Weg der Liebe, des Mitgefühls und der Heilung sein. Er möchte ein ruhender Pol im Chaos des menschlichen Lebens sein. Ja, die Welt muss nicht so bleiben wie sie ist, denn wir Menschen sind fähig uns zu ändern. Wir haben Bewusstsein und damit die Fähigkeit zu entscheiden:

zwischen Liebe und Hass -

zwischen Gier und Mitgefühl -

zwischen Krieg und Frieden -

Ja, - alles hat seinen Sinn. Der Stern wird wieder emportauchen. In welcher Form auch immer. Wie der Phönix aus der Asche. Wir sollten uns Menschen nicht so wichtig nehmen. Wir sind nicht der Mittelpunkt des Universums! Maximal ist der Mensch eine Vorstufe zur Erkenntnis, aber lange nicht die Erkenntnis selbst. Wir sind wie die Kinder und spielen mit dem Feuer. Wir balgen uns erst ganz harmlos, übermütig. Doch meist wird aus Spaß Ernst und jetzt ist er fünf Jahre alt. Und plötzlich haben wir blutige Köpfe. Erschwerend kommt die Dummheit hinzu, die aus allen Ecken schaut. Der Mensch ist korrupt. Dummheit und Korruptheit bedingen sich gegenseitig. Ohne das eine ist das andere nicht möglich. Interessanterweise aber auch keine Erkenntnis.

Wie aber kann man Weisheit und Erkenntnis in einer Welt der Ignoranz aufrechterhalten? Wohl nur durch viel Energie und Bewusstheit. Auch das unterscheidet die Dummheit von der Erkenntnis. Dummheit gibt es und hat es schon immer gegeben. Weisheit müssen wir uns „erarbeiten“ und Energie investieren. Das ist der Punkt. All die göttlichen Erkenntnisse und Einsichten, die Mario schon hatte? Kann es sein, dass sie gegen die „Alltäglichkeit“ nicht ankommen? Ist das der Trick den die Dummheit benutzt, damit sie allgegenwärtig sein kann?

Mario denkt bei sich:

Ich werde geatmet. Und wenn ich mich gegen das Leben stelle, verkrampfe ich mich und es kommt zum Asthmaanfall. Angst sollte dem Vertrauen weichen. Hier werde ich nicht sterben, hier werde ich nicht zugrunde gehen – wenn es nicht sein soll. Und wenn doch, dann soll das so sein, auf meinem Weg zur Erkenntnis. In diesem Sinne Mario, lass dich nicht anstecken von dem Getue und der Aggression deiner Mitgefangenen. Wenn du´s mit diesen einfachen Geistern zu tun hast, weißt du wie du damit umgehen kannst. Geduldig, Mitfühlend und wenn es nicht anders geht – schweigsam.

Ein weiterer seiner Sargnägel ist die Maria, seine Freundin. Sie fährt mit Peter nach La Gomera. Lässt sich’s gut gehen. Und Mario knappert an seiner Eifersucht. Maria ist ein junges Mädel. Sie beide hatten viel Spaß gehabt. Immerhin hat er ihr die etwas größere Welt gezeigt, jenseits ihres Oberbayrischen Idylls. Doch jetzt scheint sie gerade ganz schön auf LSD abzufahren. Zum Glück muss er sich nicht vorwerfen, dass er sie drauf gebracht hat. Das haben andere getan. Sie wirkt recht flippig, fahrig, vergesslich und pickelig. Zumindest kam´s ihm bei ihrem letzten Besuch so vor.

Vorwürfe machte sie Ihm. Er solle doch die Besuchsscheine zeitiger abschicken. Als wenn das an ihm hängen würde! Wenn Mario weiß, wer kommen will, schreibt er den Antrag. Am anderen Tag wird der dann mit der Post geschickt. Doch da liegen zurzeit etliche Feiertage im Weg.

Ach ja, Mario hängt sehr an ihr, ist sie doch nicht nur seine Geliebte – oder sollte er jetzt sagen EX-Geliebte. Nein sie ist auch einer der letzten Bezugspunkte nach draußen. Doch er sollte nicht so sehr an ihr hängen. Irgendwie hat sie nicht das Zeug dazu, ihm hier drin zu helfen. Und sie wird gewiss nicht lange auf Mario warten.

Maria hilft ihm indirekt, indem sie ihm Tiefschläge verabreicht. So kommt er schneller zur Erkenntnis, nur noch für sich zu denken. `Ich bin mein eigenes Schicksal´, denkt Mario. `Deine Kraft kann nur aus dir selbst heraus entstehen. Und sie kommt bestimmt nicht, wenn du dich von einem jungen, launenhaften Mädchen abhängig machst. Wir sind immer alleine. Und gerade hier muss ich mich auf mich selbst konzentrieren. Ich darf nicht hoffen, dass die Hilfe von draußen kommt. Sonst sind die Enttäuschungen zu groß, wenn der Besuch wieder nicht zur erwartend Stunde auftaucht. Oder das lang ersehnte Radio erst nach einer Woche.

Blende - Liebe und Freundschaft - nicht nur ein Wort

Alles was uns antreibt, ist Liebe und der Wunsch geliebt zu werden. Das kostbarste, das der Mensch im Leben bekommen kann, ist Liebe und Freundschaft. Selbst mit noch so vielen Moneten kannst du dir nicht mehr kaufen, als eine Karikatur davon.

Ohne Liebe ist das Leben eine dornige Wüste.

Liebe macht stark und geduldig.

Liebe macht ruhig und wissend.

Liebe hat so viel Eigenschaften,- destruktive und heilende!

Liebe ist wie das Glück.

Beides kann man nicht erzwingen.

Liebe ist da oder sie ist es nicht.

Ist die Liebe erst einmal anwesend,

darf man die Hände nicht in den Schoss legen.

Liebe ist ein ewiger Kampf und immerwährendes Lernen.

Liebe kennt keinen Stillstand.

Liebe ist kein Göttergeschenk,

herabgekommen aus dem leeren Raum.

Bei einem Menschen,

Zu egoistisch

Zu ichbezogen

Zu Konkurrenzbedacht

Ohne Vertrauen

Voll Angst sich fallen zu lassen

Bleibt die Liebe nicht lange.

Liebe kann man nicht kaufen

Ich habe einen großen, dicken Farbfernseher

Ich habe einen riesengroßen, ovalen Swimmingpool

Ich habe dick samtene Vorhänge vor den Fenstern

Ich habe weiche, teurere Perserteppiche unter meinen Füssen

Ich habe einen silberfarbenen Mercedes Benz vor der Haustür

Ich habe einen Butler für das Frühstück im Bett

Ich habe ein rotes Telefon

aber jedes Mal, wenn ich deine Nummer wähle,

hebst du nicht ab!

Weshalb hebst du nicht ab-?

Wo ich doch so viele Moneten hab!?

Ich habe Angst

Ich habe Angst davor

Mein verloren gegangenes Vertrauen

In die Menschen

Nie mehr wiederzufinden.

Ich habe Angst davor,

Eine lästige Pflicht dazustellen

Deren man sich in einer kurzen Atempause

Der so hektischen Bürostunden

Nebenbei entledigt.

Ich habe Angst davor,

Tatsächlich nur noch eine Nummer

Verwaltet und fremdbestimmt

Auf dem Aktendeckel zu sein

Abgelegt in der Schublade 1039.

Ich habe Angst davor

Blende – Strafhaft!

Nach achtzehn Wochen im Bunker ist Mario endlich in einem anderen Gefängnis. Da draußen wird es ihm keiner glauben. Doch es macht einen großen Unterschied hier zu sein. Er ist zwar immer noch gefangen. Doch die Zelle ist öfters aufgeschlossen. Man kann sich draußen im Gang mit Kollegen treffen. Man kann öfters, länger und wärmer duschen. Die Männer sind anders drauf – nicht mehr ganz so Rattenmäßig gehetzt. Sie wissen was sie zu erwarten haben und haben sich zum Großteil darauf eingerichtet. Jetzt können sie wieder in die Zukunft planen. Die Zeit ist überschaubarer. Die Tage gehen schneller herum.

Doch Atemnot macht Mario seit fünf Tagen zu schaffen.Scheinbar erlaubt sich sein Körper erst jetzt zusammenzubrechen. Draußen werden die meisten auch erst im Urlaub oder am Wochenende krank. Mario hält den Sani auf Trapp. Der musste ihm gestern zwei Spritzen in den Hintern jagen. Denn die Erstickungsanfälle wurden immer heftiger.

Heute ist Mario zum Sport mitgeschlichen. Den gibt’s nur zweimal die Woche. Und da unten gibt’s eine Dusche, deren Luxus er sich nicht entgehen lassen will. Danach hat er neidvoll den Kraftsportlern und Tischtennisspielern zugeschaut. Er möchte auch mal wieder die Muskeln spielen lassen. Doch im Moment kann er froh sein, wenn er sich überhaupt bewegen kann. Die Rückenmuskeln hatten sich in der letzten Zeit total verkrampft. Er kam einfach nicht mehr von seinem Bett hoch. Beim Thorwald Dethlefsen im Buch „Krankheit als Weg“ findet er zum Thema spannende Inspiration. Unter anderem fünf Fragen:

Was verschlägt mir den Atem?

Was will ich nicht hinnehmen?

Womit will ich nicht in Kontakt kommen?