Ameisenbüchlein - Christian Gotthilf Salzmann - E-Book
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Christian Gotthilf Salzmann

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  • Herausgeber: DigiCat
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2022
Beschreibung

In seinem Werk 'Ameisenbüchlein' taucht Christian Gotthilf Salzmann tief in die Welt der Ameisen ein. Mit einem wissenschaftlichen Ansatz beschreibt er das Verhalten, die Hierarchie und die Kommunikation dieser faszinierenden Insekten. Salzmanns Schreibstil ist präzise und detailreich, was es dem Leser ermöglicht, eine umfassende Sicht auf die Ameisenkolonien zu gewinnen. Dieses Werk gilt als eine wichtige Studie über die Natur und das Verhalten von Ameisen und wird oft im Zusammenhang mit Salzmanns naturwissenschaftlichem Interesse und seinem pädagogischen Hintergrund betrachtet.

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Christian Gotthilf Salzmann

Ameisenbüchlein

Anweisung zu einer vernünftigen Erziehung der Erzieher
 
EAN 8596547069027
DigiCat, 2022 Contact: [email protected]

Inhaltsverzeichnis

Einleitung.
An Hermann!
Vorbericht.
Symbolum.
Was ist Erziehung?
Was muß ein Erzieher lernen?
Plan zur Erziehung der Erzieher.
1. Sei gesund!
2. Sei immer heiter!
3. Lerne mit Kindern sprechen und umgehen.
4. Lerne mit Kindern dich beschäftigen.
5. Bemühe dich, dir deutliche Kenntnisse der Erzeugnisse der Natur zu erwerben.
6. Lerne die Erzeugnisse des menschlichen Fleißes kennen.
7. Lerne deine Hände brauchen.
8. Gewöhne dich mit deiner Zeit sparsam umzugehen.
9. Suche mit einer Familie oder einer Erziehungsgesellschaft in Verbindung zu kommen, deren Kinder oder Pflegesöhne sich durch einen hohen Grad von Gesundheit auszeichnen.
10. Suche dir eine Fertigkeit zu erwerben, die Kinder zur innigen Überzeugung von ihren Pflichten zu bringen.
11. Handle immer so, wie du wünschest, daß deine Zöglinge handeln sollen!
Schlußermahnung.
Anmerkungen.
Fußnoten

Einleitung.

Inhaltsverzeichnis

Die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts war eine Zeit der Umwälzung auf dem Gebiete der Kunst, Wissenschaft und Poesie. Der Kunst wurden von Winkelmann (1716-1768) und Lessing (1729-1781) neue Richtlinien gegeben, und in der deutschen Litteratur begann, vorbereitet durch die kritischen Kämpfe, mit dem Erscheinen von Klopstocks „Messiade“, von Wielands und Lessings ersten Schriften die Morgenröte der zweiten klassischen Periode, der zuvor aber noch die Sturm- und Drangperiode, die „Periode der Original- und Kraftgenies“ voranging, der selbst unsere größten Dichter Schiller und Goethe mit ihren Erstlingswerken angehören. Auf religiösem Gebiete suchte der in England durch Shaftesbury und seine Anhänger ins Leben tretende Deismus an Stelle der positiven Religion die Vernunft- und Naturreligion zu setzen. Voltaire und Rousseau verbreiteten die deistischen Ideen durch ihre Schriften weiter, und durch die französischen Enzyklopädisten Diderot (†1784), Helvetius (†1771), Holbach und d'Alembert (†1783) ward der Deismus, dem immer noch ein gewisser Ernst eigen war, zum flachen, alles Glaubens baren Materialismus. Die Naturreligion fand auch in Deutschland ihre Anhänger, wo sie in gemildeter Form als Rationalismus auftrat, als dessen Vertreter Ernesti (1707-1781), Semler (1725-1791) und Reimarus (1694-1768) zu nennen sind.

Daß diese Reformbestrebungen auch auf die Pädagogik ihren Einfluß ausüben mußten, ist selbstverständlich, wenn man bedenkt, wie innig diese Wissenschaft mit Religion, Naturanschauung und anderen Wissensgebieten zusammenhängt. Und diese Reform auf dem Gebiete der Erziehung und des Unterrichts blieb dann auch nicht aus. Die Hauptanregung zu derselben ging von Frankreich aus, namentlich als Rousseau in seinen socialpädagogischen Schriften, besonders aber in seinem „Emil“ 1762), dem „Naturevangelium“, wie Goethe es nennt, das Ideal einer naturgemäßen Erziehung aufgestellt hatte. Zwar waren schon im 17. Jahrhundert Männer aufgetreten, die ihre Lebensaufgabe darin suchten, das Erziehungswesen aus den alten, ausgetretenen Geleisen, aus dem Mechanismus, herauszureißen. Es sei nur erinnert an die Bestrebungen eines Ratich, Comenius, Herzog Ernst des Frommen, August Hermann Francke u.a. Aber ihre Bestrebungen hatten es nicht vermocht, den alten Schlendrian im Schulwesen zu beseitigen. So sagt Raumer in seiner Geschichte der Pädagogik (II. S. 297): „Die Jugend war damals für die meisten eine sehr geplagte Zeit, der Unterricht hart und herzlos streng. Die Grammatik wurde dem Gedächtnis eingebläut, ebenso die Sprüche der Schrift und die Liederverse. Eine gewöhnliche Schulstrafe war das Auswendiglernen des 119. Psalmes. Die Schulstuben waren melancholisch-dunkel. Daß die Jugend auch mit Liebe etwas arbeiten könne, das fiel niemandem ein, so wenig, als daß sie die Augen zu irgend etwas anderem als zum Lesen und Schreiben haben könne.“ Da traten John Locke und namentlich Jean-Jacques Rousseau mit ihren pädagogischen Reformbestrebungen auf den Schauplatz. Während letzterer in Frankreich verfolgt ward, und seine Schriften verbrannt wurden, begrüßte man in Deutschland seine pädagogischen Ideen mit Freuden. Hier waren es die Philanthropen, die die durch sie geläuterten Ideen Rousseaus zur praktischen Ausführung brachten. Philanthropen wurden diese Männer genannt, weil sie „als das Ziel der Erziehung überhaupt und ihrer Arbeit insbesondere die menschliche Glückseligkeit betrachteten“ (Dittes). Sie suchten beim Unterrichte dem Nützlichkeitsprinzipe Geltung zu verschaffen und an Stelle eines traditionellen Mechanismus eine bessere, der Natur des Kindesentsprechende Methode einzuführen. Die bislang trotz Comenius und Francke fast völlig unbeachtet gelassenen Realien wurden von ihnen mehr berücksichtigt, und die leibliche Erziehung des Kindes gemäß dem Worte Lockes: „Mens sana in corpore sano!“ mehr in den Vordergrund gestellt. Dr. Karl Schmidt stellt als Vorzüge der philanthropischen Erziehung hin: Der Philanthropinismus hat: a) die Erziehung dem verderblichen Zwange des äußeren Lebens enthoben und sie mit freierem Geiste belebt; b) der körperlichen Ausbildung Geltung verschafft; c) den toten Gedächtniskram aus der Schule verbannt; d) der Offenbarung Gottes in der Natur und dem Kirchentum gegenüber das Christentum betont; e) die Schulstuben zu Sitzen der Gesundheit, des Frohsinns und der Liebe gemacht; f) vor allem aber eine neue Periode für Unterrichtsbücher und Unterhaltungsschriften geschaffen.

Zwar gerieten die Philanthropen in ihren Bestrebungen auf falsche Bahnen, da sie entgegen der christlichen Lehre statt der Erlangung der ewigen Seligkeit die menschliche Glückseligkeit, den Eudämonismus als das Ziel der Erziehung hinstellten; doch haben sie auf die Entwickelung der deutschen Pädagogik einen nicht zu unterschätzenden segensreichen Einfluß ausgeübt. Mag ihren Ideen und Bestrebungen auch manches Irrige und Unpraktische anhaften, so muß man doch mit Dankbarkeit das durch sie bewirkte Gute und Nützliche anerkennen. Viele ihrer pädagogischen Grundsätze und Ideen haben auch jetzt noch ihre volle Berechtigung; ja manche von ihnen harren trotz des Fortschrittes, den die Pädagogik seitdem gemacht, noch der Erfüllung.

Als Vertreter des Philanthropinismus sind zu nennen: Wolke, der durch seine litterarischen Arbeiten eine gründliche Reform der deutschen Sprache anstrebte, Trapp, der eine wissenschaftliche Begründung und systematische Ordnung der Erziehungslehre herbeizuführen sich bemühte, Olivier, der durch seine Lesemethode, die zwar sinnreich und bildend, aber unpraktisch war, den ersten Leseunterricht zu bessern versuchte. Die Hauptvertreter des Philanthropinismus waren aber Basedow, der Gründer des Dessauer Philanthropin, der durch seine Schriften und Reklamemacherei viel zur Verbreitung der neuen pädagogischen Ideen beitrug, Campe, der Verfasser des Robinsons und vieler anderer Jugendschriften, der sich um die Reinigung der deutschen Sprache verdient machte, und Salzmann. Letzterer ist aber die verehrungswürdigste Gestalt von den Philanthropen und hat von diesen auch am nachhaltigsten gewirkt.

Christian Gotthilf Salzmann ward am 1. Juni 1744 als der Sohn eines Predigers zu Sömmerda, im Kreise Weißensee, Regierungsbezirk Erfurt geboren. Sömmerda ist in unserer kriegerischen Zeit durch Nikolaus von Dreyses Zündnadelgewehr bekannt. Bis zu seinem fünften Jahre erhielt Salzmann Unterricht von seinen Eltern, von der Mutter im Lesen, vom Vater im Lateinischen. Die Erziehung des Elternhauses war wie das Leben desselben einfach und fromm. Später besuchte der Knabe die Schule, die aber keinen günstigen Eindruck auf ihn machte. In seinen späteren Jahren sagte er darüber: „In der Schule wurde der Religionsunterricht eigentlich gar nicht erteilt; denn das Auswendiglernen des Katechismus und des Spruchbuches kann doch wohl nicht Religionsunterricht heißen.“ Das Einkommen des Vaters war nur gering, so daß er, um seine Familie in Ehren durchzubringen, neben seinem Amte in Feld und Garten tüchtig Hand anlegen, ja seiner thätigen Hausfrau oft das Gespinst haspeln mußte. So lernte auch der junge Salzmann im elterlichen Hause die Arbeit früh lieb gewinnen. Wenn an langen Winterabenden der Vater am Haspel und die Mutter am Spinnrocken saß, so mußte der Sohn in der Bibel vorlesen. So gewann er früh trotz des mangelhaften Religionsunterrichtes in der Schule das Wort Gottes lieb, und noch in seinem letzten Lebensjahre bekannte er: „Wenn ich oft, von Unmut niedergedrückt, am Rande der Verzweiflung wandelte, gab mir ein Spruch aus den Psalmen neues Leben, neuen Mut. Noch jetzt dienen mir diese Sprüche zur Erquickung.“

Von 1756 an besuchte Salzmann das Gymnasium zu Langensalza, und als sein Vater 1758 nach Erfurt versetzt ward, empfing er von diesem Privatunterricht. Er besuchte kein Gymnasium mehr, sondern besuchte später noch einige Kollegia an der damals noch bestehenden Erfurter Universität. Seiner Eltern Wunsch war, daß der Sohn, wie es der Vater war, Prediger werden solle. Diesem Wunsche kam Salzmann auch nach, als er mit seinem 17. Jahre (1761) die Universität Jena behufs Studium der Theologie bezog.

An dem wüsten Studentenleben, das dort herrschte, nahm er keinen Anteil. Viel lieber erging er sich in dem romantischen Rauhthale bei Jena in der Betrachtung des Stilllebens in der Natur. Er schrieb später darüber:„Die innige Freude, welche ich bei meinen einsamen Spaziergängen durch das Rauhthal an dem Aufmerken auf die mich umgebenden Naturgegenstände, an der genaueren Betrachtung und Beobachtung derselben finden lernte, war mir bis dahin noch unbekannt gewesen. Ich sah die Schöpfung und ihren Urheber in einem neuen Lichte.“ Hier ruht der Keim zu der späteren Schnepfenthaler Lebensregel, daß die sittliche und auch geistige Entwickelung zu führen sei: „Vom Sichtbaren zum Unsichtbaren.“

Ende 1764 kehrte Salzmann ins Elternhaus zurück, wo er bis 1768 blieb und den Unterricht seiner jüngeren Geschwister übernahm. Im Jahre 1768 ward er Pfarrer in dem Dorfe Rohrborn bei Erfurt, wo er sich der vierzehnjährigen Tochter des Pfarrers Schnell zu Schloß-Vippach vermählte. Von seinem Gehalte, 80 Thaler, konnte er nicht mit Familie leben, umsomehr nicht, als er nach dem Tode seiner Schwiegereltern seine beiden Schwägerinnen zu sich ins Haus nahm. Er war deshalb gezwungen, nebenbei Ackerbau zu treiben, und er that dieses mit solcher Umsicht und solchem Erfolge, daß er den Dorfbewohnern auch in dieser Hinsicht ein Vorbild war.

1772 ward Salzmann Prediger in Erfurt. Wegen seiner freieren religiösen Ansichten ward er von seinen Amtsgenossen vielfach angefeindet, so daß er 1781 in das von Basedow 1774 gegründete Philanthropin zu Dessau als Religionslehrer und Liturg eintrat. Mit Eifer und Liebe widmete er sich dem Erziehungswesen, in dem er sich bald eingearbeitet hatte. Von Dessau aus machte er auch die Bekanntschaft des Volksmannes und Pädagogen Eberhard von Rochow, dessen Schule zu Rekahn ihn sehr befriedigte. Obgleich er in Dessau Mitleiter des Philanthropins war und mit gleichgesinnten Pädagogen nach philanthropischen Grundsätzen arbeitete, so fand er sich doch nicht ganz befriedigt. Er beschloß, selbst eine Erziehungsanstalt zu gründen, an die er folgende Anforderungen stellte: Dieselbe solle 1) auf dem Lande liegen, 2) von einem Oberhaupte einheitlich geleitet, und 3) die Zöglinge soviel als möglich als Familienglieder behandelt werden.

Salzmann kaufte deshalb in der Nähe von Waltershausen im Gothaischen ein Landgut, wozu ihm der Herzog ErnstII. von Gotha, ein Urenkel Ernst des Frommen, des Pädagogen unter den Fürsten, 4000 Thaler schenkte. Hier gründete er im März 1784 seine Erziehungsanstalt Schnepfenthal.

Schwere Sorgen suchten ihn oft, namentlich anfangs, heim; doch im Vertrauen auf Gottes Beistand begann er sein Werk. Die Anstalt war zwar da, aber keine Zöglinge. Salzmann entschloß sich nun, einen begabten Knaben unentgeltlich aufzunehmen. Die Wahl fiel auf Karl Ritter, den Sohn eines verstorbenen Arztes in Quedlinburg, der 1788 mit seinem ältesten Bruder und seinem bisherigen Erzieher Guts-Muths in die Anstalt eintrat. Karl Ritter war also der erste Schüler Schnepfenthals und ist auch ihr berühmtester geworden. Seine geographischen Werke sind weltbekannt; er ist der Vater der vergleichenden Erdbeschreibung. Später fanden sich noch mehrere Schüler ein, ja die Schnepfenthaler Anstalt ward bald eine der gesuchtesten Deutschlands. Zehn Jahre nach der Gründung, im Jahre 1794, zählte sie außer des Gründers zahlreicher Familie und einer ganzen Anzahl Lehrer gegen 60 Schüler, die sämtlich mit der größten Liebe zu ihrem Vater Salzmann aufblickten. Im Jahre 1803 zählte Salzmanns Anstalt 61 Zöglinge, welche Anzahl erst seit den napoleonischen Kriegen (1809) sank, weil von jetzt an der Geist Pestalozzis die allgemeine Aufmerksamkeit an sich fesselte, und die durch den Krieg bedingte Verarmung vieler Eltern das hohe Kostgeld nicht erschwingen konnte; in diesem Jahre hatte die Anstalt bloß 36 Zöglinge. Sie ist das einzige philanthropische Institut, das noch blüht, und das im Jahre 1884 die hundertjährige Jubelfeier seines Bestehens begehen konnte.

Tüchtige Lehrkräfte wirkten an der Salzmannschen Anstalt. Es seien genannt Guts-Muths, der Erzvater der Turnerei und Verfasser nachstehender Schriften: „Gymnastik für die Jugend“, „Spiele zur Übung und Erholung des Körpers“, „Turnbuch“, „Handbuch der Geographie“, „Methodik der Geographie“; Blasche, Verfasser der „Anleitung zu Papparbeiten“ und anderer Schriften für den Handfertigkeitsunterricht; Glaz, später Konsistorialrat in Wien; Lenz, der später Vater des durch seine naturhistorischen Schriften bekannten Harald Otmar Lenz und Rektor des Weimarer Gymnasiums ward; André, Bechstein, die drei Brüder Ausfeld, Märker, Weißenborn. Märker, Lenz und Weißenborn wurden sogar Salzmanns Schwiegersöhne, was viel dazu beitrug, daß die Anstalt zu Schnepfenthal trotz ihrer Vergrößerung den Familiencharakter behielt.

Im Unterrichte wurden in Schnepfenthal im allgemeinen die bekannten philanthropischen Grundsätze durchführt. Die geistige Entwickelung des Kindes galt als oberster Grundsatz; in zweite Linie trat erst die materielle Aneignung gewisser Stoffgebiete. Das Ziel, das sich Salzmann bei der Erziehung der Jugend setzte, war nach seinen eigenen Worten: „Gesunde, verständige, gute und frohe Menschen zu bilden, sie dadurch in sich selbst glücklich zu machen und zu befähigen, zur Förderung des Wohles ihrer Mitmenschen kräftig mitzuwirken.“ Deshalb ward vor allen Dingen auf Weckung und Schärfung der eigenen Beobachtung in der umgebenden Natur, auf Bildung und Übung des Verstandes und somit auf die Selbständigkeit des Urteils abgesehen.

Fast dreißig Jahre wirkte Salzmann selbst an seiner Anstalt, die er als ein Vater leitete. Im Jahre 1809 nach langem Genusse ungestörter Gesundheit ward er von der Gicht befallen, welche die Kraft seines Lebens allmählich erschöpfte. Er starb am 31. Oktober 1811, nachdem ihm seine Gattin, mit der er vierzig Jahre in glücklicher und kinderreicher Ehe gelebt hatte, und die ihm eine treue Gehilfin seines Lebenswerkes gewesen, bereits 1810 vorangegangen war. Einer seiner Zeitgenossen widmete ihm bei seinem Hinscheiden folgende Worte: „Die Anstalt zu Schnepfenthal hat einen großen Verlust zu beklagen. Den sie verloren, halten wir für der Besten Einen, denn gleich sehr war er ausgezeichnet durch Eigenschaften des Geistes und des Herzens. Eindringend und scharf war sein Blick, ruhig und besonnen sein unermüdliches Wirken, schnell sein Entschluß und groß seine Selbstbeherrschung. Wohlthätigkeit und Milde hat er stets geübt, dabei aber nie der Eitelkeit und der Ruhmsucht Raum gegeben. Sein Auftreten war einfach, aber würdig; es kennzeichnete den Vater und Regierer eines großen Hauswesens. Die ihm Untergebenen leitete er durch Blicke und Worte; Strafen, um seine Autorität zu stützen, bedurfte er nie.“ Nach dem Willen des bescheidenen Mannes schmückt nur ein Fliederbusch sein Grab. Der Dichter Welker rief ihm nach:

„Nicht eingeengt in dumpfumschlossnen Räumen, Nein frei, wie einst dich die Natur erzog, Schläfst du hier, Deutschlands edler Pädagog, Im grünen Hain bei deinen Lieblingsbäumen.

Und was du früh gesehn in holden Träumen, Es war kein Wahn der schmeichelnd dich betrog; Denn als dein Geist dem Irdischen entflog, Stand's herrlich da mit Frucht und Blütenkeimen.

Hier liegt dein Staub.—Doch lebt unsterblich fort, Was deine Kraft erschuf durch That und Wort. Wenn Marmormonumente längst zerfallen,

Dein Denkmal blüht auf jenem Hügel dort, Wo Kinder wie zum Vaterhause wallen, Und segnend ruht dein Geist auf jenen Hallen!“

Neben seiner praktischen Thätigkeit als Erzieher war Salzmann auch als Schriftsteller für die Hebung der Volks- und Jugendbildung thätig. Seine schriftstellerische Thätigkeit war eine sehr umfassende. Er begann dieselbe schon kurz nach seiner Versetzung nach Erfurt. Hier lernte er als Seelsorger manches Elend in den Familien kennen, das er durch zwei Mittel zu steuern glaubte. Er sagt darüber: 1) müssen die Eltern über die Quelle ihres Elends belehrt werden; 2) müssen die Kinder eine bessere Erziehung erhalten. Er suchte dieses nun durch seine Schriften zu erreichen. Seine erste pädagogische Schrift war: „Unterhaltungen für Kinder und Kinderfreunde“, in der er das wiedergab, was er in den Abendstunden mit seinen Kindern getrieben hatte. Ihr folgte 1780 das „Krebsbüchlein oder Anweisung zu unvernünftiger Erziehung der Kinder“, eine ironische Anweisung, die Kinder schlecht zu erziehen, in der die vorhandenen Übelstände der Erziehung lächerlich gemacht werden. Grund zu den Anfeindungen von orthodoxer Seite gab das Buch: „Über die wirksamsten Mittel, den Kindern Religion beizubringen.“

Während Salzmanns Aufenthalt am Dessauer Philanthropin entstanden: „Vorträge bei den Gottesverehrungen“ 4 Bände, „Moralisches Elementarbuch“ I. Teil, der pädagogische Roman: „Karl von Karlsberg oder über das menschliche Elend“. Der sechste und letzte Band erschien erst 1788. Ferner: das erste Bändchen der „Reisen der Salzmannschen Zöglinge“.

In Schnepfenthal schrieb Salzmann: „Konrad Kiefer oder Anweisung zu einer vernünftigen Erziehung der Kinder“, in der uns die Erziehung eines Bauernsohnes durch seinen Vater unter Mitwirkung des Pfarrers geschildert wird. Die Schrift bildet ein Gegenstück zu Rousseaus „Emil“, deshalb auch wohl „der deutsche Emil“ genannt. Das bedeutendste pädagogische Werk Salzmanns ist aber unstreitig sein „Ameisenbüchlein“, das zugleich die schönste Darstellung seiner Pädagogik enthält und die rechte Frucht seiner pädagogischen Arbeit und Erfahrung ist. Da dasselbe im Nachfolgenden selbst gebracht wird, so wird noch ausführlicher davon demnächst zu reden sein. Ferner schrieb Salzmann: „Noch etwas über Erziehung“. In dieser Schrift führt er fünf Hauptmängel an, an welchen die Erziehung noch leide, und welche einer raschen Abstellung bedürften. Diese fünf Hauptmängel sind: a) Vernachlässigung der körperlichen Erziehung, b) daß man die Jugend zu wenig mit der Natur bekannt mache, c) daß der ganze Unterricht dahin abziele, die Aufmerksamkeit der Kinder von dem Gegenwärtigen abzuziehen und auf das Abwesende zu lenken, d) daß die Kinder beim Lernen mehr fremde als eigene Kräfte gebrauchen, e) daß die jugendliche Arbeit nicht unmittelbar belohnt werde. In Schnepfenthal entstanden ferner: „Über die heimlichen Sünden der Jugend“, „Der Himmel auf Erden“, „Reisen der Salzmannschen Zöglinge, neue Folge“, „Die Familie Ehrenfried oder erster Unterricht in der Sittenlehre für Kinder von 8 bis 10 Jahren“. Als Fortsetzung dazu erschien: „Heinrich Gottschalk in seiner Familie oder erster Religionsunterricht für Kinder von 10-12 Jahren“, als weitere Fortsetzung: „Unterricht in der christlichen Religion“. Weiter seien noch genannt: „Nachrichten für Kinder aus Schnepfenthal“, „Über die Erlösung des Menschen vom Elend durch Jesum“ und „Christliche Hauspostille“ (67 Predigten). Als Volksschrift erschien 1791: „Auserlesene Gespräche des Boten aus Thüringen“ (1886 neu herausgegeben vom städtischen Schulinspektor Dr. Fritz Jonas in Berlin, Verlag von L. Oehmigke ebenda). Von Salzmanns Volks- und Jugendschriften seien genannt: „Sebastian Kluge“, „Konstants kuriose Lebensgeschichte“, „Ernst Haberfeld“, „Josef Schwarzmantel“, „Heinrich Glaskopf“. Von Salzmanns Jugendschriften heißt es in Schmids „Encyklopädie der Pädagogik“: „Im Triumvirate der ersten Kinderbuchperiode (Weiße, Campe, Salzmann) ist Salzmann vielleicht der Schwächste, aber gewiß nicht der Schlechteste. Neben dem realistischen Campe, dem civilisierenden Weiße steht er am bescheidensten, aber am reinsten da.“

Basedow, der „Herold unter den Philanthropen“, erkannte wohl die Schäden des Erziehungswesens, war auch durch Wort und That bemüht, sie zu bessern. Da aber seine Grundsätze viel Irriges und Unpraktisches enthielten, so vermochten sie einen dauernden Erfolg nicht auszuüben; dazu kam noch sein prahlerisches, aller Gewissenhaftigkeit, Umsicht und Besonnenheit bares Wesen, sodaß Herder über ihn äußerte: „Ihm möchte ich keine Kälber zu erziehen geben, geschweige Menschen.“ Campe dagegen wirkte hauptsächlich nur durch seine litterarische Thätigkeit auf die Erziehung ein. Fassen wir nun kurz Salzmanns Stellung unter den Philanthropen zusammen, so ist er der Praktiker unter ihnen, der die lebensfähigen Grundgedanken des Philanthropinismus festhielt, der die neuen Ideen am sichersten und am besonnensten durchführte in ruhiger und unverdrossener Arbeit. Dittes sagt von ihm: „Salzmann ist ohne Zweifel der bedeutendste Praktiker unter den Philanthropen, ausgezeichnet durch Besonnenheit, Mäßigung, Ausdauer, stille Heiterkeit und hausväterlichen Sinn.“ Von all den vielen Philanthropinen, die entstanden, ist die Anstalt zu Schnepfenthal das einzigste, das noch besteht. Schuldirektor Moritz Kleinert in Dresden widmete der Anstalt zu ihrer Jubelfeier 1884 folgendes Sonett:

„Viel Ritter edlen Geistes seh' ich schreiten Durch ein Idyll, mit Namen Schnepfenthal, Den Geist voll Feuer, Körper wie von Stahl, Zu bessern die beschränkten, zopf'gen Zeiten,

Die Unnatur hin zur Natur zu leiten In Freud' und Arbeit, Kleidung und im Mahl; Zu heben trocknen Lernens bittre Qual, Den ‚Himmel hier auf Erden‘ zu bereiten.

So seh' ich Salzmann in dem Kreis der Seinen Ein Patriarch, geliebt und hochbewundert; Ich sehe Guts-Muths sich mit ihm vereinen;

Es steht vor mir ein herrliches Jahrhundert, Das groß im Schaffen, nicht bloß im Verneinen, Und das auch uns zu gleichem Thun ermuntert.“

Wie schon gesagt, ist das bedeutendste pädagogische Werk Salzmanns sein „Ameisenbüchlein“, das deshalb auch in einer Sammlung von Schriften aus allen Zweigen der Litteratur und Wissenschaften, wie es „Reclams Universal-Bibliothek“ ist, nicht gut fehlen konnte, weshalb sich der Verleger, dieses erkennend, auch entschloß, dasselbe in seine Sammlung aufzunehmen und den Unterzeichneten mit der Herausgabe betraute.

Ihren Titel hat die Schrift von dem Titelblatte der Originalausgabe, auf dem sich nämlich das Bild eines Ameisenhaufens befand. Eine Anzahl Ameisen bemüht sich um Ameisenlarven, während eine andere Anzahl unbesorgt in der Luft umherfliegt. Die Ersteren sollen die Lehrer vorstellen, die sich der Erziehung und des Unterrichts der Kinder angenommen haben, die letzteren dagegen die Eltern, die, nachdem sie ihr Geschlecht fortgepflanzt, sich in die Luft schwingen und nach menschlicher Art und Weise sich nicht um ihre Brut bekümmern. Unter dem Bilde befindet sich das Wort: Spr. Sal. 6, 6: „Gehe hin zur Ameise, du Fauler, siehe ihre Weise an und lerne.“

Möge jetzt eine kurze, übersichtliche Darstellung des Inhalts folgen.

A.

Anrede an Hermann.

Aufforderung an denselben, sich der Erziehung zu widmen und zwar aus folgenden Gründen:

a

)

Die Erziehung schafft die Gelegenheit,

für Menschenwohl recht thätig sein

zu können;