Anders als du denkst - Clara Delissen - E-Book

Anders als du denkst E-Book

Clara Delissen

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Beschreibung

"Ich liebe es, dich in deinem Tennisröckchen zu sehen, das macht mich ganz geil auf dich." Wieder eine dieser Nachrichten auf dem Handy. "Anonym" als Absender auf dem Display. Der Zeitpunkt könnte nicht unpassender sein. Hanna ist begeisterte Tennisspielerin. Sie befindet sich kurz vor dem wichtigsten Spiel der Saison und kann Ablenkung jetzt auf keinen Fall gebrauchen. Doch Hanna ist nicht die Einzige, die durch anonyme Nachrichten belästigt wird.

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Seitenzahl: 63

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2024 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-99146-416-7

ISBN e-book: 978-3-99146-417-4

Lektorat: Leon Haußmann

Umschlagfotos: Fotoschab, Smit Saengchot, Aaron Amat | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

Innenabbildung: Microsoft Office

www.novumverlag.com

Vorbemerkung

Viele Ereignisse in diesem Buch sind in Wirklichkeit passiert. Sie sind zwar nicht in dieser Konstellation geschehen, doch einzeln mir und meinen Freund/innen widerfahren. Lediglich die Kontexte habe ich verändert und die Geschehnisse nun so zu diesem Roman verarbeitet.

Zitat

Das Vorurteil ist das Kind der Unwissenheit.

– William Hazzlit –

Hanna

„Ich gehe!“

Hanna muss zur Tür hinaus sein, bevor ihre Eltern nachfragen können, wohin sie um diese Uhrzeit noch geht. Sie hätte ihnen nie die Wahrheit sagen können. Ihre Eltern mögen es nicht, wenn sie unter der Woche zu später Stunde draußen ist. Noch weniger einverstanden wären sie, wenn sie wüssten, mit wem sie sich gerade trifft. Es ist heute einfacher, als wenn sie sich sonst rausgeschlichen hat. Ihre Eltern sitzen zur Abwechslung draußen im Garten. Nicht wie üblicherweise in ihrem Arbeitszimmer neben dem Eingang. Es ist ein seltener Anblick für Hanna, ihre Eltern mal nicht arbeiten zu sehen, sondern Arm in Arm auf der Hängebank schaukelnd, ganz vertraut miteinander. Sie hört gerade noch, wie ihre Mutter ihr nachruft: „Wohin um diese Zeit?“, doch Hanna ist schon draußen. Sie weiß, es wird Ärger geben, wenn sie nach Hause kommt. Doch das ist ihr egal, er ist es ihr wert.

Obwohl es noch August ist, ist es bereits kälter geworden um diese Uhrzeit. Ab und zu streift eine kühle Brise ihre Backe, ansonsten ist die Nacht ruhig. Würde sie darauf achten, könnte sie die Grillen hören und in weiter Ferne würde sie eine Eule wahrnehmen, doch ihre Gedanken sind ganz wo anders.

Sie mag ihn. Sehr. Das ist das Einzige, worüber sie sich im Moment noch im Klaren ist. Doch wie soll das alles funktionieren? Ihre Eltern würden ihn nicht einmal kennenlernen wollen und sie selbst ist sich auch nicht sicher, was sie davon halten soll. Er ist ein Moslem, mit Fasten, Beten und so und sie eine Christin, zur Kommunion und Firmung gegangen, weil es sich halt so gehört. Ihr Bauchgefühl hat sie innerlich von Anfang an davon abgehalten, doch irgendetwas in ihr sehnt sich nach ihm. Konnte es zwischen ihnen vielleicht doch funktionieren? Sie weiß es nicht, doch wäre es nicht ein Fehler, es nicht wenigstens zu versuchen?

Es ist naiv von ihr, was sie macht, das weiß sie. Ihr ist auch nicht klar, wieso sie sich jetzt mit ihm trifft. Es kann kein gutes Ende nehmen. Doch sie muss ihn sehen.

Das kann nicht sein, was will die hier?,denkt sie sich, denn sie sieht in weiter Ferne Fatime. Ihre langen, dunklen, gelockten Haare bedecken von hinten beinahe ihren ganzen Rücken, wobei das auch nicht schwer ist, bei ihrer kleinen, zerbrechlichen Statur. Fatime sitzt auf ihrem Lieblingsplatz.Ein Wunder, dass sie nicht drüben bei den Kiffern sitzt. Würde zu ihr passen.

Hanna ist nicht in der Stimmung, Fatime ihren üblichen Platz zu überlassen und sich selber einen anderen zu suchen. Fatime hatte heute in der Schule doch den ganzen Tag gefehlt. Wieso ist sie denn jetzt hier draußen anstatt zu Hause? Hanna hat Fatimes regelmäßiges Fehlen in der Schule wegen irgendeinem Krankheitsgrund noch nie ernst nehmen können. Fatime fehlt es an Disziplin, Verantwortungsbewusstsein, sowie an guter Erziehung.

„Oh sieh an, wohl doch nicht so krank, wie du immer tust?“, stichelt sie Fatime an. Als Fatime jedoch nicht auf Hanna reagiert, fährt sie lauter fort: „Du könntest genauso gut nicht ins Gymnasium gehen, so oft wie du fehlst und du eh bei jedem Test schummelst!“ Fatime zuckt unmerklich zusammen, aber Hanna herrscht sie weiter an: „Dein muslimischer Mann wird dich später eh nie arbeiten lassen, wieso machst du dir überhaupt die Mühe? … Es wundert mich, dass du nicht längst durchgefallen bist.“

Kraftlos hebt Fatime ihren Kopf. Nun sieht Hanna, wieso Fatime nicht geantwortet hat. Ihre sonst so gebräunte Haut ist blass, die Ringe unter ihren Augen außergewöhnlich groß und ihr Gesicht vom Heulen verquollen und mit Tränen übersät. Ihre braunen Kulleraugen sahen fast gruselig aus.

Fatime

Hannas Anschuldigungen prasseln wie faustgroße Hagelkörner auf sie ein. Hanna war der letzte Mensch, dem sie heute noch hatte begegnen wollen. Sie und Hanna hatten nie viel miteinander zu tun gehabt. Obwohl sie seit fast 5 Jahren zusammen in die Schule gehen, hatten sie nie mehr als 2 Sätze miteinander ausgetauscht. So war es auch klar, dass Hanna gar nicht wissen kann, wieso sie so viel fehlt. Abgesehen davon, dass ihre Mutter seit dem frühen Tod ihres Vaters total überfordert ist, Tag und Nacht arbeitet, sie mit ihren zwei kleinen Brüdern eher von ihren Großeltern aufgezogen werden als von ihrer Mutter, weiß sie auch nichts über ihre Migräne. Jeden Morgen wacht sie auf, mit stechenden Kopfschmerzen. Mittags hat sie Kopfschmerzen. Abends hat sie Kopfschmerzen. Manchmal so stark, dass sie nicht einschlafen kann. Manchmal so stark, dass sie sich übergeben muss. Jeden Tag findet eine Diskussion in ihrem Kopf statt,soll ich heute in die Schule? … Bleibe ich zu Hause? … Vielleicht werden die Schmerzen ja weniger? …Da sie niemandem außer ihrer besten Freundin Edona von ihren Kopfschmerzen erzählt, ist auch klar, wieso niemand ihre Absenzen in der Schule nachvollziehen kann und sie alle dafür verurteilen.

„Was verstehst du schon von meinem Leben, Hanna?“, ertönt Fatimes belegte Stimme. „Du hast doch alles. Gute Noten, ein großes Haus, Freunde, Eltern, die sich um dich kümmern, was interessiert es dich, ob ich in der Schule bin oder nicht? – Normalerweise interessierst du dich auch für niemanden anderen außer für dich selbst.“ Fatime lässt sich nicht bremsen. „Hast du dich jemals dafür interessiert, wieso ich fehle? Ach nein, du weißt doch alles. Du Hanna, die perfekte Schülerin. Immer ruhig, fehlt nie, macht im Unterricht mit. Was weißt DU schon nicht?“ Fatimes Stimme bricht fast ab. Sie muss sich zusammenreißen. Das Letzte, was ihr noch fehlt, ist vor Hanna zu loszuheulen. Sie hat noch nie vor jemandem geheult und wollte heute auch nicht damit anfangen.

Fatime merkt nicht, dass nun Hanna Tränen in den Augen hat. Fatime giftet sie weiter an: „Hätte ich so ein zu Hause wie du, hätte ich locker bessere Noten als du.“

Hanna schlägt zu. Fatime fällt rückwärts von der Schaukel. Die Ohrfeige hat gesessen. Während Fatime mit ihrer linken Hand noch ihre Wange hält, rappelt sie sich bereits wieder auf und stürzt sich auf Hanna. So etwas hat sie sich noch nie gefallen lassen. Mit je einer Hand packt sie ein Handgelenk von Hanna und obwohl sie kleiner und definitiv nicht so sportlich ist, gelingt es ihr, Hanna auf den Boden zu drücken und auf ihr zu sitzen. Fatime hatte in ihrem ganzen Leben noch nie jemanden geschlagen. Das hatte sie sich bereits als Kind geschworen, bei jedem traumatischen Erlebnis, das sie erlebt hatte, wenn jemand geschlagen wurde, hatte sie sich ein weiteres Mal mit roter Schrift ins Gedächtnis geschrieben,ich werde nie jemanden schlagen.

In diesem Moment, als sie auf Hanna sitzt, kommen all die Erinnerungen zurück, von denen Fatime geglaubt hatte, sie hätte sie schon lange vergessen. Ihr ganzer Körper beginnt heftig zu zittern. Beinahe verliert sie ihr Gleichgewicht.

Beruhige dich, Fatime, sie ist nicht dein Feind!