Angstgegner - Dominik Steiner - E-Book

Angstgegner E-Book

Dominik Steiner

4,4

Beschreibung

Eigentlich hat Nora alles. Sie ist schlau, sieht gut aus und ist auf dem besten Weg nach oben. Bis sie auf etwas stößt, womit sie nicht gerechnet hat: Panik. Vom Rechnen hält der erfolglose Schriftsteller Jona sowieso nicht sonderlich viel. Als die Studentin den Tagträumer kennenlernt, entsteht eine Anziehung die die beiden immer näher an einen Ort führt den sie sonst lieber meiden: zu sich selbst.

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Impressum

1. Auflage September 2013

©opyright 2013 by Autor

Coverbild: Rona Keller

Umschlaggestaltung: [d] Ligo design + development

Lektorat: Miriam Spies

Satz und Konvertierung: Fred Uhde (www.buch-satz-illustration.de)

ISBN: 978-3-942920-76-6

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist

nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags gestattet.

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[email protected]

Mehr Infos jederzeit im Web unter www.unsichtbar-verlag.de

Unsichtbar Verlag | Wellenburger Str. 1 | 86420 Diedorf

»Aber indem ich mich vor dem Schlimmsten bewahrte, hatte ich mich auch des Besten beraubt.«

Philippe Djian

»… and everything depends upon, how near you sleep to me.«

Leonard Cohen

1

Nora stupste mich an. Wir saßen ganz hinten, und die Dame mit der Kamera, die mich fragend gemustert hatte, als ich im Arm dieser zarten rothaarigen Studentin in den Konzertsaal gewankt war, filmte jetzt unbeirrt das Violinen­solo.

»Was ist das?«

»Vom Markt«, lächelte Nora und hielt mir eine Pflaume hin.

Ich nahm sie, bedankte mich und stopfte sie mir in den Mund. Schmatzend sah ich auf’s Programm. Noch zwei Stunden erste Bühnenerfahrung jugendlicher Musikgenies. Das ganze vor ihren ergriffenen Eltern, und vor uns. Nora saß still neben mir. Sie bewegte sich nicht und doch sah ich, wie ihre Mundwinkel leicht bebten und sie ganz sanft das Kinn hob, als hätte ein Argument eine neue Erkenntnis in ihr geweckt. Nora war kein Fremdkörper hier drin – im Gegensatz zu mir. Klassische Musik hörte ich nur, wenn ich allein und mein Gesichtsausdruck kein Teil eines Wettbewerbs war. Wenn ich mich nicht schämen musste zu heulen. Hier würde ich sicher nicht damit anfangen. So weit würden sie mich nicht bekommen. Das Stück schon eher. Es war einfach zu gut, und hier drin war ich dem nicht gewachsen. Ich musste dringend raus.

»Ich brauch ’n bisschen Luft«, flüsterte ich.

Nora nickte mir sanft zu. Leise standen wir auf, und als wir das schwere Tor des Saals hinter uns geschlossen und die ersten Schritte in den Hof gesetzt hatten, haute mich die frische Luft beinahe um. Ich fühlte mich wie ein angeknockter Boxer, der nach einem Seil zum Festhalten sucht. Unsicher stakste ich neben meiner Begleiterin über die gedämpft beleuchtete Terrasse.

Es war warm da draußen. Ich lehnte mich ans Geländer und hörte nichts. Das klang viel größer als die Musik vorhin. Nora stellte sich neben mich und sah auf die dunklen Hügel, die vor uns in der Nacht lagen. Ein oft gemaltes Postkartenmotiv, wie lose Blätter aus den Reiseführern unserer Phantasie.

»Langweilst du dich hier?«, fragte sie.

»Nein, ich hab Angst.«

»Angst … wovor?«

»Davor, dass ich ab jetzt, immer wenn ich Klassik höre, an diese gekünstelten Gesichter denken muss.«

»Kannst du nicht abschalten und einfach nur auf die Musik hören?«

»Nein.«

Ich überlegte kurz und schüttelte nach einer Weile sicherheitshalber nochmal den Kopf.

Eine Freundin von Nora hatte sie hierher eingeladen. Ich war so was wie ein Fremdkörper, oder der Typ an ihrer Seite, je nach dem. Die Freundin hieß Siri. Sie schrieb für die kleine Zeitung im Ort und hatte uns Freikarten besorgt. Nora und ich kannten uns noch nicht sehr lange. Wir hatten uns vor ein paar Wochen in einer Bar kennengelernt und sie war mit zu mir nach Hause gekommen. Als ihr dann am nächsten Morgen das Gedicht über meinem Bett aufgefallen war, und sie so seltsam zu lächeln angefangen hatte während sie es las, freute ich mich so sehr drüber, dass ich sie nicht mehr gehen lassen wollte. Als sie am Abend weggefahren war und ich mir das Gedicht nochmal durchlas, schämte ich mich. Ich schämte mich, dass das was ich schrieb keine Poesie war und ich schämte mich für Nora, weil sie es für Poesie hielt, und ich schämte mich für mich selbst, weil ich mich für Nora schämte. Aber da war mehr als Verschämtheit zwischen uns. Als ich ein paar Wochen später in ihrer Stadt war und sie fragte, ob sie schon etwas vorhätte, war sie grade auf dem Weg zum Bahnhof, um eine Freundin für ein paar Tage in einem Dorf in Apulien zu besuchen. Ein paar Tage hatte ich Zeit, also stieg ich mit ihr in den Zug und wir fuhren in diese Bergsiedlung, mit den vielen Weinschänken und Konzertsälen, mit der Postkartenszenerie und der dekadenten Küche. Dass es uns gleich am ersten Abend mit der Hochkultur erwischen würde, hatte ich nicht ahnen können. Verschwitzt und schläfrig saß ich jetzt neben ihr auf dem Terrassenpflaster. Das Konzert klang so viel vertrauter von hier draußen.

»Fühlst du dich an fremden Orten auch erst zu Hause, wenn du dich irgendwo auf den Boden setzen kannst?«, fragte ich.

»Nein, ich fühl mich zu Hause, wenn ich Menschen um mich habe, die ich mag.«

»Woran merkst du, dass du einen Menschen magst?«

Ihr Blick strich mir über die Wangen und erforschte schief und schüchtern meine Mimik.

»Ich werde ihm nicht mehr fremd, auch wenn wir nicht reden.«

»Wenn du wüsstest, wie ungern ich rede«, zwinkerte ich.

»Dann solltest du dein Potenzial nutzen.« Sie lächelte herausfordernd.

Schweigen.

Ich hielt es kaum aus. Sie saß direkt neben mir. Erwartungsfroh und offen schien sie nur der hinter uns tröpfelnden Musik zu lauschen und nahm dabei die Augen nicht von mir. Wie konnte ein Lächeln so weich sein, obwohl es sich um keinen Millimeter bewegte? Ihre Hände schlichen in meine Richtung. Ich fühlte fast schon ihre sanfte Berührung, als mich das Knacken der Kieselsteine aus allen Träumen riss.

»Boah, was ein blasierter Haufen!«

Grinsend und kopfschüttelnd trottete ein Typ in abgewetzter Lederjacke und mit wackeliger Brille auf uns zu. Er steckte sich eine Kippe in den Mund und baute sich vor uns auf.

»Habt ihr Feuer?«, fragte er so dialektlos deutsch, dass ich wusste: es würde ein längeres Gespräch werden.

Gelangweilt kramte ich eins aus meinen Taschen und hielt es ihm hin. Er nahm es, bedankte sich, zündete sich die Kippe an und lehnte sich lässig an die Wand, vor der wir saßen.

Nora reckte ihm den Kopf entgegen. Er gab ihr das Feuerzeug.

»War’s dir auch zu viel da drin?«, fragte sie ihn, als sie es an mich weitergab.

»Die kleine Russin eben war ganz gut, aber ich musste raus«, gab er zu.

»Wieso?«, fragte ich.

»Ach, Stress mit meiner Freundin. Wollt ihr nicht im Weg rumstehen.«

»Arbeitet sie hier?«, fragte Nora.

»Sie schreibt für die Zeitung im Ort.«

»Siri?«

»Ich dacht’s mir doch, dass ihr die zwei seid, mit denen wir essen gehen. Ja, Siri.«

»Wir gehen essen?« Beide sahen mich verwundert an. Ich musste dringend an diesen Untertönen arbeiten.

»Na ja, ich bin pleite«, klärte ich sie auf.

»Macht nix, Siri hat von den Veranstaltern hier nen Tisch reserviert bekommen. Die zahlen alles«, stellte er uns grinsend in Aussicht.

Schweigen. Offenbar erwarteten alle eine Antwort von mir, doch ich fand, dass für den Moment alles gesagt war und blieb still.

2

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen an diesem Abend nichts mehr zu sagen. Das klappte meistens so lange, bis mich irgendwer danach fragte, weshalb ich so abwesend wirke. Also circa zehn Minuten. Wir hockten jetzt im Cascasino, einem engen, dunklen Eckrestaurant, in dem der süße Lamm- und Weingeruch tief in den wuchtigen Ledersesseln hing. Siri, unsere Gastgeberin, und der Typ von vorhin, ein Philosophiestudent, saßen mir gegenüber. Ich kauerte neben Nora und hörte mit einem Ohr auf meinen inneren Fluchtreflex, mit dem anderen auf die Geschichte der Freundin, die gerade erzählte, wie lange sie und Nora sich schon kannten und wie froh sie war, dass sie sich jetzt endlich wiedersahen. Wach wurde ich erst wieder, als ich bemerkte, dass das Gespräch sehr einseitig verlief. Ich schielte zu Nora. Sie sah blass aus. Ihr Teller war unberührt. Es schien, als wäre ihr das alles hier noch viel unangenehmer als mir.

»Schmeckt’s dir nicht?«, fragte Siri, als sie Noras starre Haltung bemerkte.

»Sorry, mir ist noch ’n bisschen schlecht von der Fahrt.«

»Dann musst du unbedingt den Wein probieren. Dann geht’s gleich wieder«, grinste sie und griff sich die Flasche Montepulciano, die neben ein paar anderen auf dem Tisch herumstand.

Nora senkte den Kopf. Ich sah, dass nur noch ein Schlückchen in der Flasche war und hielt Siri mein Glas hin, um es auf mich zu nehmen. Sie schenkte mir zähneknirschend ein. Der Philosoph stützte das Kinn auf die Handfläche und sah zu, wie Nora sich aufrichtete.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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