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»Lass mich dich halten.« So gab ich mein Gewicht an ihn ab und ließ einen Teil von mir los. Voller Vertrauen, dass er zu seinem Wort stand und mich aushielt. In Arturs Liebesleben gibt es klare Prinzipien: nie wieder ein Familienvater. Nie wieder Lügen und Heimlichtuereien. Vor allem nicht in der Weihnachtszeit – der scheinheiligsten und unangenehmsten aller Jahreszeiten. Noel kommt da gerade recht: frei, ungebunden und sehr unverbindlich. Jedoch wird der letzte Punkt unerwartet zum Problem für Artur. Denn langsam fühlt sich ihre lockere Bettgeschichte für ihn nicht mehr so unverbindlich an, wie er es gern hätte. Für Noel hingegen bietet die Unverbindlichkeit Schutz. Denn sobald seine Bekanntschaften erfahren, dass er Vater ist und Verpflichtungen hat, löst sich seine Attraktivität in Nichts auf. Warum sollte es mit Artur anders laufen? Doch jedes Versteckspiel nimmt ein Ende. Als Artur zufällig auf Noels Tochter trifft, bringt das die Besinnlichkeit von Noels geliebter Vorweihnachtszeit in Gefahr. Mit der Aussicht auf die große Liebe müssen beide Männer entscheiden, was sie gewillt sind, dafür zu riskieren. Zwischen Nikolausfeier, einer neugierigen Ex, wohlmeinenden Freunden, Familienstress und leidenschaftlichen Momenten finden ein Single Dad und ein Weihnachtsgrinch ihren ganz eigenen Geist der Weihnacht. In dieser weihnachtlichen Wohlfühl-Romance erwarten euch ein Single Dad, cozy Moments, Comfort, eine meddling Ex, Opposites attract, ein Weihnachtsgrinch und ein Weihnachtsengel, Küsse unterm Mistelzweig, ein bi Charakter und ein Happy End unterm Weihnachtsbaum.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Rainbow Romance X-Mas
Kontakt:
Lili B. Wilms
c/o Blutvoll Media Agentur UG (Haftungsbeschränkt)
Wildenrother Str. 26
81245 München
Pakete können nicht angenommen werden.
E-Mail: [email protected]
Deutsche Erstauflage E-Book November 2023
Text: © Lili B. Wilms
Coverillustration (ohne KI): Mo Kast | www.mophasia.de
Korrektorat: Bernd Frielingsdorf
Buchsatz: Lili B. Wilms
Copyright © Lili B. Wilms
Alle Rechte vorbehalten. Dies ist ein Werk der Fiction. Namen, Darsteller, Orte und Handlungen entspringen entweder der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv eingesetzt. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Vorkommnissen, Schauplätzen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig. Dieses Buch darf ohne die ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Autorin weder in seiner Gesamtheit noch in Auszügen auf keinerlei Art mithilfe elektronischer oder mechanischer Mittel vervielfältigt oder weitergegeben werden. Ausgenommen hiervon sind kurze Zitate in Buchrezensionen. Markennamen sowie Warenzeichen, die in diesem Buch verwendet werden, sind Eigentum der rechtmäßigen Eigentümer.
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Der Inhalt des Romans sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus.
Artur
04. November
Noels Augen wurden dunkler. Das Blau tiefer. Die grünen Tupfen darin, die wie Batikflecken in der blauen Iris eintauchten, leuchteten kräftiger. Sie erinnerten mich nicht mehr an helles Moos, sondern eher an die Farbe alter, kräftiger Bäume. Dazwischen blitzte Grau auf.
Doch was meinen Blick wie immer magisch anzog, mich nicht losließ, mich an Noels Augen fesselte, waren die goldenen Spritzer, die scheinbar wahllos in seinen Augen verteilt waren. Sprenkel, die leuchteten wie Sterne.
Er schaute mich unvermindert an. Kein Stoß in mich lenkte seinen Blick von mir ab.
Anfangs hatte mich diese Intensität irritiert. Wer verlor sich derart in einem unverbindlichen Fick? Niemand. Außer Noel. Jeder Kuss war angefüllt von Bestimmtheit. Zu verführen. Zu genießen. Zu verabschieden. Jedes einzelne Mal. Seit Wochen.
Jede Interaktion mit Noel ließ meine Nervenenden kribbeln.
Er griff an meine Seite. Strich an meiner Hüfte entlang und hob meinen Hintern an. Schob mich in einen anderen Winkel und trieb seinen harten Schwanz über meine Prostata.
Unwillkürlich schlossen sich meine Augen und dahinter blitzte ein Funkengestöber auf.
Ich klammerte meine Beine enger um ihn, schob mich ihm entgegen. Hielt ihn noch enger an mir, in der Hoffnung, meine Erektion würde so endlich die nötige Reibung erhalten, nach der ich mich so verzweifelt sehnte.
Noels Lippen trafen meinen Mund und gierig öffnete ich meine Lippen. Sog ihn zu mir. Musste mich mit ihm auf jede erdenkliche Weise verbinden.
Ein Wimmern stahl sich aus meiner Kehle, als er sich von mir löste, sich auf einen Arm hochschob und mit der anderen Hand meinen Ständer zwischen uns ergriff.
Ich öffnete meine Augen und die glitzernden Goldkiesel in Noels Augen leuchteten mich an. Bernsteinfarben. Das war die korrekte Farbbezeichnung. Für mich waren sie der Nordstern, wenn ich mich in Noels Berührung, in seinen Küssen, seiner Leidenschaft verlor.
Hilflos fuhr ich in seinen Nacken, strich über seine Schultern, auf denen die pinken Sakurablüten leuchteten. Fuhr zurück über seinen Hals zu seinem Haaransatz. Ließ meine Fingerspitzen durch die blond, braun, rötlich getränkten Strähnen fahren.
Bei jeder Aufwärtsbewegung seiner Hand rieb er mit dem Daumen über meine Schwanzspitze. Meine Lippen öffneten sich mit dem Stöhnen, das mir entkam, doch Noel verschloss sie sofort wieder mit einem tiefen Kuss. Erneut wurde es dunkel, als sich meine Augen schlossen und ich fiel. Ich fiel in das Rollen von Noels Hüften in mich, in die sich sammelnde Ekstase, in den Kuss, der mir den Atem raubte, und ich ließ los.
Als ich mit einem erstickten Schrei kam, löste sich das Schwarz hinter meinen Augen auf und zerbarst in tausend kleine Goldfunken. So als ob sich Noels Augen in mein Bewusstsein gebohrt hätten.
Er schloss meinen Kopf mit seinen Unterarmen ein, die er daneben abstützte, und trieb sich in immer schnelleren und heftigeren Stößen in mich. Unter meinen Fingern spannten sich seine Rückenmuskeln und mit einem Ächzen verharrte er tief in mir.
Sein Schwanz pulsierte in meinem Arsch. Ich genoss die sachten Impulse, das letzte Aufbegehren, den letzten Akkord unserer Zeit zusammen.
Noels stoßartiger Atem presste sich gegen meine Wange. Sanft strich ich über seinen Rücken. Fuhr die feine Schweißspur nach, die sich entlang seiner Wirbelsäule gebildet hatte, und ließ für einen winzigen Augenblick meine Gedanken treiben. Ließ mich vom Geruch nach Sex, Noels Deo, seiner Bettwäsche, der Berührung unserer Haut, der Hitze zwischen uns verführen.
Noels Küsse auf meine Wange holten mich zurück in die Wirklichkeit. Er knabberte an meiner Haut, leckte darüber und setzte, wie auf einen Pfad, Küsschen über mein gesamtes Gesicht.
Schmunzelnd öffnete ich die Augen.
Er strahlte mich verschmitzt an. »Hi.«
»Hey«, murmelte ich zurück.
Er nahm sein Küssen wieder auf. Über meine Stirn, meine Nase, die Augenbrauen entlang. Meine Augenlider. Bis er bei meinem Mund ankam.
Leicht rollte er seine Hüften und stöhnend machte ich Anstalten auszuweichen. Viel zu sensibel, als dass ich es noch genießen konnte.
Ohne seinen Kuss zu unterbrechen, griff er zwischen uns und zog seinen weicher werdenden Schwanz aus mir.
Gut. Ich fühlte mich nicht leer. Überhaupt nicht.
Was er mit dem Kondom tat, war mir egal. Ich war damit beschäftigt, den Kuss zu erwidern. Ihn zu verlängern.
Noel rutschte immer weiter neben mich. Schließlich strich er über meinen Bauch. Verschmierte die Reste meines Orgasmus und hob den Kopf.
Er wirkte so ruhig und beherrscht. Ob er es wirklich war? Sein Lächeln blieb weiter unverrückt in seinem Gesicht.
So als hätte er alle Zeit der Welt. Vielleicht war es diesmal auch so? Wollte ich das überhaupt? Es war ein Freitagnachmittag. Da musste er doch nicht zu einem seiner zahlreichen Jobs.
Nein. Ich wollte es nicht. Nicht zwingend. Ich würde mich vermutlich nicht mit Händen und Füßen wehren, wenn er jetzt sagen würde, ich sollte bleiben.
Noel öffnete seine Lippen leicht. Er holte Luft, sodass sich sein Brustkorb hob und mit diesem auch die Kirschblüten auf seinen Schultern. So als würden sie von einem Frühlingswind in die Lüfte getragen.
Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und setzte an, etwas zu sagen. Sein Lächeln war verschwunden. Stattdessen hatte er seine Augenbrauen leicht zusammengezogen.
Unwillkürlich hielt ich den Atem an. Würde er endlich Schluss machen?
Nicht, dass es irgendwas zu beenden gab. Wir waren nicht zusammen. Weder im klassischen noch im freien Sinn. Wir trafen uns. Unverbindlich. Wir dateten nicht oder einen ähnlichen Firlefanz. Davon hatte ich die Nase gestrichen voll und Noel hatte meiner Erklärung sofort bereitwillig und erleichtert zugestimmt. Er wollte keine Beziehung. Aber was wollte er eigentlich?
Vielleicht würde ich es erfahren? Nicht, dass es irgendeine Relevanz für mich hätte.
Gegenseitige Orgasmen. Das war es, um was es hier ging. Nicht mehr und nicht weniger.
»Möchtest …«
Doch ich würde nie erfahren, was ich mochte. Hinter ihm vibrierte auf dem Fensterbrett sein Handy.
Es war ein seltsames Gefühl der Genugtuung, zu sehen, wie sein Blick weich und liebevoll wurde. So, wie er mich noch nie angesehen hatte. Ich versuchte, in mich hineinzufühlen.
Belastete mich dieser Umstand? Nun war ich es, der lächelte. Nein. Tat es nicht.
Ich wusste genau, woran ich bei Noel war. Und das war so viel mehr wert als leere Worte und hohle Versprechungen. Noels klare Positionierung von mir weg, hin zu dem mysteriösen Menschen am anderen Ende seines Telefons, gab mir Sicherheit. Das leichte Krampfen in meiner Magengegend lag daran, dass ich noch nicht gegessen hatte. Um mehr Luft in meine Lungen zu bekommen, strich ich über meine Brust. Diese seltsamen Stiche nervten gewaltig. Wenn er nur …
Noel schrieb irgendwas zurück und legte das Telefon wieder hin. »Ich muss dann!«
Fast musste ich erleichtert auflachen. Zum Glück konnte er nicht in meinen Kopf sehen. Noel wäre wahrscheinlich umgefallen, wenn er gesehen hätte, was sich darin vor ein paar Sekunden befunden hatte.
»Musst du noch arbeiten?« Die Frage musste erlaubt sein. Wenn er heute im Fincken arbeitete, könnte ich gegebenenfalls mitgehen.
»Nein.« Noel fuhr durch mein Haar. Er schüttelte leicht den Kopf und zog seine Hand zurück. »Ich hab noch eine Verabredung.«
Ich rollte mich zur Seite und konnte diesmal nicht widerstehen. Ich stemmte mich auf die Arme hoch und schaute auf Noels Handy, dessen Bildschirm natürlich völlig schwarz war.
Innerlich schüttelte ich den Kopf über mich. Was ging es mich bitte an? In der Sekunde leuchtete es auf.
Lou hatte mit einem Herz geantwortet.
Ha! Das Ziehen in meinen Eingeweiden verstärkte sich. Ich musste dringend was essen. Mich mehr bewegen. Mehr trinken. Im Zweifel hatte ich zu wenig Wasser getrunken. Das war es.
Schnell streckte ich die Beine aus dem Bett und stand im Nu auf.
»Willst du noch duschen?«, fragte er.
Mit einem Blick über die Schulter musterte ich ihn. »Ich halte dich nicht auf.«
»So eilig habe ich es nicht«, erwiderte er.
Es brannte mir auf der Zunge, zu fragen, ob er wirklich seinen Partner betrog. Was ihn bewegen konnte, sich mit mir zu treffen, wenn er offensichtlich irgendwie fest liiert war.
Aber was wusste ich schon. Vielleicht hatten sie eine offene Beziehung. Wollte ich es wirklich wissen? Ging es mich irgendwas an? Nein. Denn unsere Beziehung war klar definiert. Wir kamen. Ich ging.
»Nein!« Es kam viel zu heftig aus mir. Die Vehemenz überraschte mich selbst. »Nein«, wiederholte ich ruhiger. »Ich geh kurz ins Bad und dann bist du mich los.«
Noel verzog das Gesicht und setzte an, etwas zu sagen, doch mit einem Lachen winkte ich ab.
Schnell wusch ich mich und zog mich an. Mit der Hand nahm ich ein paar Schlucke Wasser aus dem Hahn. Rieb über meinen Bauch. Das war es nicht gewesen, was mein Magengrummeln hervorgerufen hatte.
Als ich zurück in Noels Wohnzimmer kam, saß er mit Jogginghose und T-Shirt auf der Couch und las etwas auf seinem Handy.
Ich ging nicht mehr zu ihm, sondern steuerte direkt auf die Tür zu, schlüpfte in meine Schuhe und warf meine Jacke über.
Noel stand auf und hatte sein entspanntes Lächeln wieder aufgesetzt. »Ich melde mich, ja? Wir sehen uns.«
Es war teils Frage, teils Vorschlag, teils Feststellung.
Ich nickte. Mit einem Lächeln auf den Lippen.
Wieso auch nicht? Wir waren uns einig. Oder?
Artur
06. November
»Hey. Was machst du denn hier? Ich dachte, du hast ein Date?«
Ich schaute Paul aus zusammengekniffenen Augen an. »Red keinen Blödsinn! Du weißt, dass das nichts Festes ist.«
Mein Mitbewohner sah mich durch die Reflexion des Badspiegels an, als ich im Flur meine Klamotten an die Garderobe hängte.
»Ah? Ist es das?« Paul war so lästig.
»Ja. Siehst du doch. Wir treffen uns, wir vögeln, wir gehen getrennte Wege.«
Paul ließ seine Wimperntusche sinken und drehte sich um. »Du weißt, ich bin der Letzte, der irgendwas gegen unverbindliches Gevögel sagen wird. Aber …« Er musterte mich kritisch. »Du hast gesagt, ihr geht heute vielleicht aus.«
Unwirsch winkte ich ab. »So habe ich das nicht gesagt. Gegebenenfalls wäre ich mit Noel mitgegangen, hätte er arbeiten müssen. Nun bin ich hier.«
Mit seinen Fingerspitzen strich er meine Haare hinter mein Ohr. »Artur, wie lange geht das jetzt schon?«
Ich zuckte mit den Schultern und drehte mich aus seiner Berührung. »Das ist doch völlig egal. Es war unverbindlich, ist unverbindlich und bleibt unverbindlich.«
»Pfff. Das geht doch schon seit Wochen. Das werden doch bald zwei Monate.«
Hm, wir gehen eher direkt auf die drei zu. Anscheinend konnte ich meine Mimik nicht hinreichend kontrollieren.
»Was?«, drängte Paul. »Länger?«
»Mh.« Unwirsch winkte ich ab. »War Ende August, Anfang September, als ich ihn kennengelernt habe.«
Paul setzte sich auf die Badewanneneinfassung. »Noel. Fast drei Monate. Das ist ein langer Zeitraum. Und ich weiß, du behauptest immer, du willst keine feste Beziehung …«
»Ich will auch keine!« Ich wollte keine! Beziehungen waren – scheiße. Gegenseitige Abhängigkeit, Verlogenheit, Intrigen. Nein danke. Und für was? Ich konnte die ganzen positiven Aspekte einer Beziehung ebenfalls erleben. Ohne das Drama.
»Noel kann machen, was er will. Und ich, was ich will.«
»Ja, aber macht ihr das auch? Dauernd hängst du an deinem Telefon und wartest darauf, dass er sich endlich meldet.«
»Das ist überhaupt nicht wahr«, protestierte ich. »Es ist mir völlig egal, was er tut. Ich weiß nun auch mit Sicherheit, dass er mindestens noch mit einem anderen Typ zusammen ist. Mit einem Lou. Der ihm Herzchen schickt.«
»Au!« Paul verzog das Gesicht. »So weit bist du schon gesunken? Du stalkst sein Handy?«
»Ach, Unfug.« Ich boxte ihn gegen seine Schulter und Paul ruderte überdramatisch mit seinen Armen. »Das lag da einfach. Und ist vor mir aufgeleuchtet.« Oder so.
»Also gut.« Paul hob abwehrend seine Hände und stand auf. »Noel tut also, was er will. Und du? Du sitzt immer noch da und wartest auf ihn.«
»Argh.« Manchmal trieb mich mein Mitbewohner in den Wahnsinn. »Das tu ich nicht.«
»Dann gehst du heute noch weg?« Paul zog eine fein gezupfte Augenbraue hoch.
»Nein. Ich muss eh waschen.«
»Himmel. Du hast wirklich keine Ahnung, wie man eine Fickbeziehung führt.«
Ich musste lachen. »Aber du, ja?«
»Natürlich.« Herausfordernd sah er mich an. »Ich würde ja sagen, bleib und schau dir an, wie man das macht, aber weil ich so ein guter Freund bin, sage ich, geh aus. Lenk dich ab. Such dir einen Menschen, mit dem du deinen Typ vergisst. Oder zumindest verdrängst. Theoretisch hättest du doch die Auswahl.«
Ich winkte ab. Und gähnte. »Ich bleibe lieber hier. Erzähl mir lieber, wo du dich mit deinem Aufriss triffst, bevor ihr die Nacht unsicher macht.«
Paul ging zurück zum Spiegel und deutete um sich. »Na, hier. Ich hatte ihn letzte Woche schon mal. Er weiß, wo ich wohne.«
»Ts ts ts. Du bist zu leichtsinnig«, tadelte ich meinen Freund.
»Nonsens!« Paul legte sich eine Strähne zurecht. »Ich weiß, was ich mache.« Er warf mir erneut einen Blick durch den Spiegel zu. »Im Gegensatz zu anderen.«
Während Paul begann, sich fertig zu schminken, ging ich zurück in mein Zimmer und tat genau das, was ich angekündigt hatte. Ich sortierte meine Wäsche und stopfte alles in die Waschmaschine zu Pauls Füßen.
Mein Mitbewohner parfümierte sich gerade ein, als es klingelte.
»Ich mach auf«, bot ich an. Paul nickte und betrachtete sich weiter im Spiegel.
Als ich die Wohnungstür öffnete, erwartete mich ein Testosteronriese dahinter. Der Kerl schien direkt aus einem Steroidlabor gefallen zu sein. Sein Bizeps reichte ihm nahezu bis an die Ohren. Breitbeinig watschelte er in die Wohnung und nickte mir zu.
»Hey«, grunzte er mich an.
»Hallo«, antwortete ich und überlegte, ob ich mich vorstellen sollte. Zielsicher schritt Pauls Gast in das Badezimmer.
Natürlich hätte ich warten können, bis die beiden weg waren, um die Waschmaschine anzustellen. Aber mir war danach, zu sehen, wie jemand eine wirklich unverbindliche Fickbeziehung führte.
Ich schob mich an dem Riesen vorbei, der mich von oben her ansah. Idiot.
Paul bearbeitete seinen Lidstrich erneut und betrachtete sich kritisch im Spiegel. Griff zu einem großen Pinsel und strich sich über die Wangen.
»Sag mal, musst du dich mit so viel Make-up vollschmieren?« Unser Bad war viel zu klein, als dass Worte darin hätten hallen können. Doch die Beleidigung waberte um uns herum.
Mein Blick schnellte zu Paul. Seine Augen waren exzessiv, aber perfekt geschminkt. Seine Haut wirkte elfengleich dank der Foundation, die Paul sicher nutzte. Und seine Lippen glänzten rosa. Vermutlich von seinem Lipgloss.
Das Zucken um seine Mundwinkel verriet die Emotion, die in ihm wütete. Steroid-Boy wusste nicht, was er getan hatte.
In aller Ruhe packte Paul seine Schminksachen weg und drehte sich dann langsam um. Entspannt lehnte er sich gegen das Waschbecken.
Der Kerl schaute ihn unbeeindruckt stumpf an.
»Muss ich nicht«, sagte Paul ganz leise.
Oh! No!
Steroidi grunzte zustimmend.
»Aber ich will echt nicht erkannt werden, wenn ich mit dir unterwegs bin.«
Erneut gab der Kerl einen undefinierbaren Laut von sich und nickte.
Ich riss die Augen auf und starrte Paul an. Bist du lebensmüde? Mein Herz flatterte wie verrückt und presste meine Rippen auseinander.
Doch Paul ignorierte mich und starrte den Kerl unvermindert an.
Bei dem sickerten die Worte langsam durch die Hirnrinde. Sein Nicken stoppte. Und der Moment der Erkenntnis zeigte sich auf seinem Gesicht. Wut grub sich über seine Stirnfalte, er kräuselte seine Lippe zu einer Grimasse und richtete sich abrupt auf. Mein Waschpulver war vergessen.
»Was hast du gesagt?« Der Typ schob sich vom Türrahmen weg auf Paul zu.
Hastig stellte ich mich zwischen die beiden. Doch Paul wollte mich offensichtlich nicht als Bollwerk – zu dem ich ohnehin nicht taugte. Auch er kam auf mich und damit Steroido zu.
»Ich habe gesagt …«
»Nichts, gar nichts hat er gesagt«, unterbrach ich die beiden.
»Hör mal, du Tunte, du kannst froh sein, dass ich mich mit dir abgebe …« Der Riesenkerl hob drohend die Hand und trat einen weiteren Schritt auf mich zu.
Ich hob beide Arme, als ob ich damit irgendwas erreichen oder jemanden abwehren könnte.
»Ich Tunte? Soll ich deinen Kumpels mal erzählen, wie sehr du darauf stehst, auf Knien meinen Schwanz zu lutschen, während ich in Strapsen vor dir stehe?«, schrie Paul über mich hinweg und vor mir lief der Kerl krebsrot an.
»Ich mach dich platt, wenn du dich jemals wieder in meiner Nähe blicken lässt.«
»Alles ist gut. Er hat’s verstanden.« Beruhigend wedelte ich mit meinen Armen und redete auf Pauls gekapptes Date ein. »Ich befürchte, der Abend ist jetzt im Eimer. Ich bring dich zur Tür.«
»Du blödes Arschloch glaubst, sonst wer zu sein, weil …« Langsam ging ich auf den Kerl mit dem losen Mundwerk zu und bugsierte ihn vorsichtig Richtung Ausgang.
Paul war natürlich überhaupt keine Hilfe. Hinter mir zischte er irgendwas vor sich hin.
Als ich endlich die Tür hinter dem Typ schloss, sperrte ich sofort mit dem Schlüssel zu und hängte die Kette ein. Erschöpft ließ ich meinen Kopf dagegen sinken.
Mit lauten Schritten kam Paul hinterher gestapft. »Ich glaube, der hat nicht mehr alle Latten am Zaun. Das kann doch nicht wahr sein! Das ist unerhört. Was bildet sich der eigentlich ein?«
Er stob an mir vorbei in das Wohnzimmer. »Ich sollte sofort losgehen und mir jemanden anderen aufreißen.«
Ich verzog das Gesicht. »Ah. Komm, willst du nicht lieber bleiben? Mir ist echt unwohl bei dem Gedanken, dass du dem Arsch noch irgendwo begegnest.«
»Argh!« Paul brüllte laut auf. »Ich kann es nicht fassen.«
Ich grinste ihn an. »So funktioniert das also mit einer unverbindlichen Beziehung? Ich bin schwer beeindruckt.«
Paul wirbelte herum, schnappte sich ein Kissen und schmiss es nach mir. »Du Arsch!«
Auf sein bezauberndes Gesicht hatte sich aber bereits wieder ein Grinsen gestohlen. »Verdammt. Jetzt bin ich voll aufgebrezelt und kann den Abend auf dem Sofa verbringen.«
Ich ließ mich auf besagtes Möbelstück fallen und winkte Paul zu mir. »Aber du hast deinen geliebten Mitbewohner bei dir! Ist das nicht eine hervorragende Wendung?«
Schnaubend ließ sich Paul neben mich plumpsen. »Hervorragende Wendung.« Er musterte mich. »Aber wer fickt mich dann heute noch in die Matratze? Der Job ist frei! Kannst du den auch übernehmen?«
Ich lachte laut auf. »Tut mir leid. Da muss ich dich enttäuschen.« Ich konnte ein Glucksen kaum unterdrücken.
»Ah. Na ja. Film?«
Ich nickte begeistert. »Ich such aus!«
»Wer auch sonst«, brummelte Paul. »Dafür darf ich dich schminken«, rief er noch, als er zurück ins Bad lief.
»Von mir aus. Und stellst du meine Maschine an? Daaanke!« Ich machte es mir bereits bequem und rief Wie werde ich ihn los in 10 Tagen auf.
Paul ignorierte den Film völlig und war ganz mit mir, meiner Haut und den neuesten Kosmetikprodukten beschäftigt.
Ich war völlig in Gedanken vertieft, als Paul seine Stimme hob. »Lou könnte auch ein Frauenname sein, weißt du?«
»Hm«, grummelte ich unverbindlich. »Ich weiß.« Als ob ich an etwas anderes gedacht hätte, seit ich den Namen gelesen hatte.
Geschichte wiederholte sich schließlich immer wieder. Doch diesmal war ich vorbereitet.
Artur
12. November
Ungeduldig drehte ich mein Handy auf dem Küchentisch.
»Ach komm! Zieh dich an und komm mit uns mit!« Paul schnappte sich mein Telefon und hielt es mir vor die Nase. »Du wartest seit einer Stunde auf eine Antwort von diesem Typ. So toll kann sein Schwanz gar nicht sein.«
Ich schnaubte amüsiert. »Was weißt du schon. Vielleicht hat er einen magischen Schwanz und hat mich damit verzaubert.«
Er lachte sein hämisches, sarkastisches Lachen. »Ja, das glaub ich sofort. Dein Gehirn scheint mir etwas vernebelt. Woran das liegt, ist noch offen.«
Ungeduldig hielt ich Paul meine Hand hin. Er schüttelte den Kopf. »Magst du es dir wirklich nicht überlegen?«
»Okay. Wenn er sich nicht innerhalb einer halben Stunde meldet, komm ich mit euch mit.«
»Fünf Minuten!«, konterte Paul sofort.
Ich schnaubte. »Fünfzehn.«
Mein Mitbewohner sah mich aus zusammengekniffenen Augen an. »Okay … ich bewahre das Telefon auf.«
»Was? Nein! Gib mir mein Handy.«
»Nichts da!«
Im selben Moment leuchtete das Display meines Telefons in Pauls Hand auf. Ich streckte mich ihm entgegen, doch er hielt die Hand hoch.
»Sorry, dass es so lange gedauert hat. Ich hoffe, ich bin nicht zu spät. Wenn es was hilft, hole ich dich ab«, las Paul vor. Er würgte gespielt und hielt sich eine Hand vor den Mund. »Bäh! Ekelhaft. Ihr habt beide keine Ahnung, wie unverbindlicher Sex funktioniert. Ficken? Kreuze an. Ja. Nein. Melde dich nie wieder.«
Ein lautes Lachen presste sich aus mir. Ich schnappte mir mein Telefon und steckte es ein.
»Ich seh dich später! Pass auf dich auf.«
Paul winkte ab. »Ihr seid beide hoffnungslose Fälle. Und die anderen sind gleich da und holen mich ab. Um mich musst du dir keine Sorgen machen.«
Ich küsste ihn flüchtig auf die Wange. »Das ist dann ja wunderbar. Niemand muss sich um irgendjemanden sorgen.«
Seufzend legte mir Paul die Hand auf meine Schulter. »Ich will doch nur nicht, dass du ein Desaster à la Josef zwei durchmachen musst.«
Bei dessen Namen zog es mir den Hals zusammen. Sofort hatte ich mich wieder im Griff. Es war schon ewig her.
»Das hier ist was ganz anderes. Wir versprechen uns absolut überhaupt nichts. Wir wissen beide, woran wir sind.«
Paul umarmte mich stürmisch. »Ich bin so oder so hier. Für die dreckigen Details oder für die Tränen.«
»Es wird keine Tränen geben!« Mit den Worten verließ ich unsere Wohnung.
Noel begrüßte mich an seiner Wohnungstür mit einem Kuss, der mir das Gespräch mit Paul von der Festplatte löschte. Er öffnete meine Jacke, schob sie mir von den Schultern, während ich meine Turnschuhe von den Füßen trat.
»Wie schön, dass du es noch geschafft hast«, murmelte er in mein Ohr und sog mein Ohrläppchen ein.
Ein Schauer rann über meinen Körper und ich klammerte mich an ihm und seinem weichen T-Shirt fest.
»Ich dachte, du musst heute in der Bar arbeiten.«
Noel schüttelte den Kopf, ohne seine Küsse an meinem Hals zu unterbrechen. »Konnte heute nicht. Hatte noch was zu tun.«
Ah. Richtig. Das sollte Paul mal sehen. Wir konnten beide völlig unbedarft darüber reden, was uns in unserem Leben wichtig war. Und das war nun mal nicht der jeweils andere. Nicht, dass wir über uns redeten. Aber wir gaben dem anderen zu verstehen, dass es andere gab. Wieso auch nicht? Zumindest gab Noel es mir zu verstehen. Und ich war dankbar dafür. Nie wieder wollte ich angelogen werden. Von mir aus konnte er zehn Beziehungen und zwanzig Geliebte haben. Ich legte keinen Wert auf falsche Versprechen. Wir hatten das, was wir in dem Moment teilten. Nicht mehr und nicht weniger.
Ich schnappte mir seinen Mund und sog an seiner Zunge. Noels Lächeln spürte ich auf meinen Lippen.
Mit seinen Händen strich er über meinen Rücken, packte meinen Hintern und hob mich leicht hoch. Dabei rieb er unsere Erektionen durch unsere Jeans aneinander. Ein Stöhnen entwich mir, das Noel aufsaugte.
Als er mich wieder runterließ, erzeugte er denselben Effekt. Ich biss ihn sacht in seinen Hals.
Ein leises Brummen war seine Antwort. Dieses motivierte mich nur mehr und so machte ich weiter. Schob meine Hände unter sein Shirt und zog es über seinen Kopf. Endlich öffnete ich mir den Zugang zu mehr Haut. Gierig tastete ich mich vor. Über die Kirschblüten, die über seinen ganzen Schultergürtel liefen. An die Stelle, wo sein Hals auf die Schulter traf. Hinab zu einer Brustwarze. Ich leckte darüber. Biss hinein, was ein Zischen aus Noel lockte. Dann wanderte ich hinüber zur anderen. Reizte sie. Sah zu, wie sie sich zu einem kleinen, harten Kiesel zusammenzog.
Noel strich mir durch die Haare. Zog leicht daran, so als lenkte er mich. Doch ließ er mich gewähren. In langsamen Schritten führte er uns in Richtung seines Schlafzimmers.
Dort schob er mich mit dem Rücken voran auf sein Bett nieder. Meine Beine baumelten über den Rand auf den Boden.
Er selbst stand über mir und schaute mich aus seinen mit Goldflecken funkelnden Augen an. »So schön!«, murmelte er vor sich hin.
Ohne Aufhebens zog er sich die Jeans aus und betrachtete mich weiter. »Wir müssen dich schleunigst ausziehen.«
Ich lachte, doch schon beugte er sich über mich und fuhr unter meinen Pulli und unter mein T-Shirt. Es blieb mir nichts anderes übrig, als die Arme zu strecken und mich wie eine Katze zu rekeln. Achtlos warf er meine Klamotten neben das Bett.
Mit seinen Knien drückte er meine Beine auseinander und stellte sich dazwischen. Sein Oberkörper kam mir entgegen und erneut küsste er mich, als er meine Hose öffnete.
Während er daran zog und ich vor mich hin strampelte, um das Ding loszuwerden, nippte er an mir, leckte über meine Lippen, küsste meinen Mundwinkel.
Als die kühle Luft des Schlafzimmers um mich strich, tat mein Magen einen Satz. Es gab mir immer noch, nach Wochen, Monaten, einen Kick, so völlig offen und verletzlich vor Noel zu liegen. Doch ich wusste, er würde sich um mich kümmern.
Zentimeter um Zentimeter arbeitete er sich über meinen Oberkörper vor, bis zu meinen Leisten. Es war mehr ein Flüstern als ein Kuss, den er auf meine Schwanzspitze setzte. Ich zuckte darunter und Noel packte mich an meinen Hüften.
»Ich will dich vorbereiten.« Mit den Worten drehte er mich auf den Bauch.
Eine Hand hatte er die ganze Zeit auf meinem Rücken, während er mit der anderen herumhantierte. Er strich über meinen Hintern, zurück bis zu meinen Schulterblättern und wieder hinab. Erneut griff er meine Hüften und zog mich etwas hoch.
Als er mit einem Finger zwischen meinen Arschbacken entlangfuhr, atmete er tief ein. Seiner Atmung folgend hob ich mein Becken weiter. Ihm entgegen. Auf der Suche nach mehr.
Ich schloss die Augen und presste mein Gesicht in die Laken. Sorgsam öffnete mich Noel. Erst mit einem Finger, dann mit zwei. Bei jeder Bewegung kam ich ihm entgegen. Gierig, ihm nahe zu sein. Beim dritten Finger wusste ich nicht mehr, wohin ich wollte. Auf seine Finger? Oder meinen Ständer gegen die Matratze pressen. Es war alles zu wenig.
»Mehr«, ächzte ich.
Noel antwortete nicht. Doch er zog seine Finger aus mir und strich mit seinem Handrücken über mich.
Rastlos ließ ich mein Becken auf die Matratze sinken.
Hinter mir hörte ich das Knistern von Plastik und wusste, dass Noel uns schützen würde.
Er strich über meinen unteren Rücken und ich war versucht, zu schnurren, wenn ich es gekonnt hätte. Erneut stellte sich Noel zwischen meine Beine und für einen kurzen Moment bedauerte ich, dass ich seine Augen nicht sehen würde, wenn er mich so nahm. Doch ich wusste, dass die Intensität es wert sein würde.
Ich zog meine Beine an und schob meine Knie unter mich. Dabei hob sich mein Hintern Noel entgegen, der sich an mich drängte.
In einer Bewegung, ohne innezuhalten, trieb er sich komplett in mich. Stöhnend legte ich meine Stirn ab und schob mich so nah wie möglich an ihn. Näher an Noel, ihn tiefer in mich, uns enger aneinander.
Sofort nahm er ein schnelles Tempo auf und stieß in kurzen und heftigen Bewegungen in mich. Die Hände in die Bettdecke gekrallt, kam ich ihm jedes Mal entgegen. Noels Berührungen waren heiß auf mir, in mir, und ich wimmerte in ekstatischer Glückseligkeit.
Er beugte sich weiter über mich, sodass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Er trieb mich immer weiter an und wie von selbst wanderte eine meiner Hände zwischen meine Beine. Mir fehlte bereits jede Finesse und ich rieb mich schnell und rücksichtslos meinem Orgasmus entgegen.
Rapide brach er über mich herein und quetschte mir den Atem aus den Lungen. In heißen Schüben kam ich über meine Hand. Mit Mühe hielt ich mich so weit aufrecht, um Noels Stößen standzuhalten. Schließlich wurden seine Bewegungen unkontrollierter, hektischer, bis er sich ein letztes Mal tief in mich schob und mit einem lauten Stöhnen kam.
Das sachte Pulsieren vibrierte durch mich hindurch. Wie ein Echo davon, was gerade zwischen uns passiert war.
Viel zu schnell zog sich Noel aus mir und legte sich neben mich aufs Bett. Er drehte mich zur Seite und schob einen Arm um meinen Oberkörper.
In robbenartigen Bewegungen schlängelte er uns weiter auf das Bett. Unwillkürlich musste ich lachen. Seine Bemühungen waren eher gequält und schließlich schob ich ihn von mir und krabbelte hoch zu seinen Kissen. Grinsend kam er mir hinterher.
Erneut legte er seinen Arm um mich und zog mich an sich.
Ich drückte mich enger an seine Brust und steckte meinen Kopf in seine Halsbeuge. Tief sog ich seinen Geruch ein. Etwas Schweiß, etwas Aftershave, etwas Sex, etwas Parfüm. Das Parfüm war extrem süß im Verhältnis zu den anderen Düften, die an ihm klebten.
Vehement presste ich die Augen zu und stellte mir sein Tattoo auf den Schultern und seinem Rücken vor. Die Süße war der Duft von Kirschblüten und sonst nichts. Zumindest nichts, was mich etwas anging.
»Entschuldige bitte noch mal für heute. Es ist wirklich nicht meine Art, dich so hinzuhalten. Aber ich war mega im Stress.«
»Ach ja?« Kurz überlegte ich, ob ich diesem Nagen in mir nachgeben sollte und fragen, was denn den Stress verursacht hatte. Doch eine Prise des süßen Aromas, das ihn umgab, zog mir erneut in die Nase und ich quetschte den Drang zurück in die letzte Ecke meines Magens, wo er hingehörte. »Kein Problem. Fünf Minuten später und ich wäre mit Paul losgezogen. Also hat alles gepasst.«
»Paul?«, fragte Noel. Die Spannung in seiner Stimme, die sofort wieder verflog, bildete ich mir sicher nur ein.
»Mein Mitbewohner.«
»Ach, richtig. Den kenn ich, oder?«
»Ja.« Ich leckte über Noels Hals. »Den hast du im Fincken gesehen. Bisschen größer als ich. Lange, blonde Haare.«
»Ja, ja.« Noel nickte gegen meinen Kopf. »Ich kenn ihn.«
Klar. Wer kannte Paul nicht? Welchen Raum er auch betrat, nahm er für sich ein.
Langsam strich Noel mit einer Fingerspitze über meine Seiten.
»Das kitzelt.« Ich krümmte mich leicht und wendete meinen Kopf, dass ich ihm direkt ins Gesicht sah.
Er grinste mich an. Diese verdammten Augen. Begierig suchte ich sie wieder ab. Nach Schattierungen, Sprenkeln, die mir bisher entgangen waren. Die Lachfältchen, die sich in seinen Augenwinkeln entlangzogen, entspannten sich und er beugte sich vor und küsste mich auf den Mund.
Gemütlich legte er seinen Kopf zurück aufs Kissen. »Ich hatte eine Abgabefrist für einen kleinen Artikel in der Lokalzeitung.«
»Ach ja? Barkeeper und Journalist?«
Verneinend schüttelte er den Kopf. »Nein. Barkeeper und Hausmeister.«
»Hausmeister?«
Er grinste. »In der Kirche hier die Straße lang.«
»In der Kirche?« Ungläubig sah ich ihn an, was ein weiteres Lachen aus ihm lockte.
»Ja. Oder vielmehr um die Kirche rum. Rasenmähen, Heckenpflege, beim St.-Martins-Umzug den Pferdemist wegschaufeln.«
»Ach komm!« Ich schob ihn von mir, doch er hielt mich einfach fester an sich gedrückt. »Dein Traumjob?«
Nun hob er nur leicht einen Mundwinkel. »Er ist praktisch. Ich kann ihn gut mit der Bar kombinieren. Ich bin flexibel. Ein Rasen muss nicht in der Sekunde gemäht werden, sondern ich kann für mich planen. Als wir im Sommer nach München gezogen sind, war das das Erstbeste, was ich gefunden habe, und ich bin sehr zufrieden damit. Den Artikel habe ich für einen alten Kumpel geschrieben. Das mache ich schon seit Jahren. Auch in Hamburg, wo wir bis dahin gewohnt haben. Kleine Sportereignisse aus dem Kreis. Das Spiel der Volleyballmädchen Kreisliga C München Süd zum Beispiel. Das habe ich mir heute angesehen und der Artikel musste heute Abend noch in die Redaktion. Und das funktioniert normalerweise ganz hervorragend. Aber heute wollte die Technik nicht. Na ja. Aber ich hatte ja Glück und du warst noch frei.« Er sah gedankenverloren an mir vorbei. »Eine gute Kombi aus passenden Gelegenheitsjobs ist perfekt für mich.«
Als er seinen Blick wieder auf mich richtete, wurden seine Züge wieder weicher.
In mir hallte nur ein Wort nach. Wir, wir, wir.
Es verstreute seinen ungemütlichen Beigeschmack um uns und ich versuchte, mich aus Noels Umarmung zu lösen. Es war Zeit zu gehen. Was taten wir hier überhaupt? Es war schon spät. Sollte er nicht zu seinem wir? Oder sein wir zu ihm?
»Ich sollte …« Mit einer, wie ich hoffte, gleichgültigen Handbewegung deutete ich vage hinter mich.
Noel sog seine Lippe ein und musterte mich eingehend. »Hm … ich hatte gedacht, wenn du sonst nichts vorhast, könntest du heute hierbleiben?«
Ich riss die Augen auf. Das war neu. In fast drei Monaten schlug Noel dies das erste Mal vor und ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Außer einen Ausdruck völligen Unglaubens aus mir hervorblitzen zu lassen. What?
Sofort ließ mich Noel los und pflanzte ein schiefes Grinsen auf sein Gesicht. Mit seiner nun freien Hand fuhr er sich durch das Haar. »Du musst nicht! Du bist frei zu gehen.«
»Das ist es nicht«, protestierte ich lauter, als mir lieb war. »Hast du denn keine anderen Termine heute oder morgen?«
Noels Gesichtsausdruck entspannte sich und er nahm mein Bein und legte es sich über seine Oberschenkel. Dieser ganze Hautkontakt machte mich noch völlig kirre. Wie sollte ich so denken?
»Nein. Nach einem gemütlichen Frühstück werde ich dich nach Hause schicken müssen, aber bis dahin habe ich nichts vor. Und nächste Woche wird es vielleicht etwas eng. Wer weiß, ob wir uns da sehen.«
»Da hast du andere Verpflichtungen?« Ich fischte. Auf die billigste und übelste Art. Statt frei raus zu fragen, was ich wissen wollte, eierte ich hier rum und verfluchte mich. Wieso interessierte es mich überhaupt? Was zum Henker bezweckte ich damit?
Etwas verhalten stimmte Noel zu. »Richtig.«
»In diese Verpflichtungen möchte ich wirklich nicht verwickelt werden.« Ich belobigte mich, wie ruhig und gleichgültig ich diesen Satz hervorbrachte.
Etwas wie Bitterkeit blitzte kurz in Noels Augen auf und seine Lippen zuckten. Er wirkte fast aggressiv. »Das würde ich nie verlangen.«
Was zum Geier sollte das bedeuten?
Er atmete tief durch und schloss die Augen. Sein Brustkorb drückte sich gegen meinen und engte mich ein. Nahm mich ein. Obwohl er mich wegschob, brachte mich dies enger an ihn.
Ich musste wirklich einen klaren Kopf bewahren.
Als er mich wieder ansah, waren alle Zweifel und Unmut in seinem Blick verschwunden. »Dann lass uns die Zeit, die wir haben, nutzen.«
»Richtig.« Wieso trug dieser Satz so einen bitteren Beigeschmack mit sich? »You and me-time. Den Rest vergessen wir einfach.« Keine Ahnung, wen ich überzeugen wollte, dass dies gelingen würde. Sein verdammtes wir lag in diesem Bett zwischen uns, aber ich würde verdammt noch mal alles tun, um es zumindest in dieser Nacht zu vertreiben. Für mich. Denn das hatte ich verdient.
»Ich nehme, was ich kriege«, säuselte Noel und mir fehlten die Worte. Das war definitiv eine Lebensphilosophie. Was ich davon hielt, wollte ich nicht wissen.
Statt einer Antwort konzentrierte ich mich auf das, weswegen wir hier waren. Ich rutschte etwas weg von ihm und begann seinen Körper entlang zu küssen. Über mir atmete Noel hörbar. Als ich bei seinem Schwanz ankam, war dieser bereits hart und aus dem Schlitz trat ein winziges Tröpfchen Vorsaft. Zielstrebig leckte ich es auf und genoss die salzige Bitterkeit. Ich stülpte meine Lippen über Noels Schwanz und dieser stöhnte laut auf.
Mission erfüllt.
Als ich am nächsten Tag aufwachte, sah ich mich aus zusammengekniffenen Augen um. Das Bett neben mir war leer. Draußen in der Wohnzimmerküche hörte ich jemanden herumgehen. Kaffeeduft zog mir in die Nase.
Das war eine gute Erklärung, wieso mich Noel hier in seinem Schlafzimmer allein ließ. Ich sah mich nach meiner Boxershorts um, wurde fündig, kletterte aus dem Bett und zog sie mir an.
Als ich in den größten Raum der Wohnung trat, kam Noel gerade aus dem weiteren Zimmer, das neben dem Bad davon abging. Bisher hatte ich nicht mal einen winzigen Blick hinein erhaschen können. Nicht, dass es mich sonderlich interessierte. Da Noel aber die Tür hastig hinter sich schloss, lockte mich die Heimlichtuerei.
Jedoch lenkte mich sein Blick sofort wieder ab. Er musterte mich von Kopf bis zu den Füßen. Es hatte fast etwas Ungebändigtes an sich, wie er mich ansah. Manchmal fragte ich mich, was es war, das ihn so an mir faszinierte. Vielleicht war es nur das Ungewohnte. Diese extreme Schlaksigkeit gepaart mit Stöckchengliedmaßen sah man nicht alle Tage.
»Komm her!« Er zog mich zu sich und uns auf das Sofa. Er setzte mich rittlings auf sich und verschloss meinen Mund mit einem Kuss, der nach Minze roch.
Shit. Ich löste mich und küsste seine Wange. »Ich hab noch nicht Zähne geputzt.«
