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Der Anfang des Jahres 3820 bringt eine einschneidende Veränderung der Machtkonstellation der Galaxis Manam-Turu. Atlans Hauptgegner, der Erleuchtete, der vor Jahresfrist Alkordoom verließ, um hier, an seinem Ursprungsort, sein Kunstgeschöpf EVOLO zu vollenden, ist nicht mehr. Auch wenn Atlans größter Gegner nicht mehr existiert, die Lage in Manam-Turu ist sogar prekärer geworden. EVOLO ist im Frühjahr 3820 bereits stärker, als der Erleuchtete es jemals war. Welche Gefahr das Psi-Geschöpf darstellt, hat sein Wirken auf der Welt der Kaytaber, die zu EVOLOS Stützpunkt geworden ist, deutlich bewiesen. Auch die Rawanorer haben inzwischen mit EVOLOS Machtmitteln unliebsame Erfahrungen gemacht. Und selbst das zweite Konzil, bestehend aus Hyptons und Ligriden, deren Partnerschaft inzwischen durch Misstrauen getrübt ist, bleibt durch EVOLOS Aktivitäten nicht ungeschoren. Da aber der neue Mächtige eine unverkennbare Schwachstelle besitzt, ist ein eindeutiger Trend im Ausgang des Machtkampfes um Manam-Turu noch nicht erkennbar. Eines steht jedoch fest: Die freiheitlichen Kräfte stehen keineswegs auf verlorenem Posten. Das zeigt auch das PROJEKT TRAUMSTADT ...
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Veröffentlichungsjahr: 2012
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Nr. 765
Projekt Traumstadt
Streiflichter aus Manam-Turu
von Hubert Haensel
Der Anfang des Jahres 3820 bringt eine einschneidende Veränderung der Machtkonstellation der Galaxis Manam-Turu. Atlans Hauptgegner, der Erleuchtete, der vor Jahresfrist Alkordoom verließ, um hier, an seinem Ursprungsort, sein Kunstgeschöpf EVOLO zu vollenden, ist nicht mehr.
Auch wenn Atlans größter Gegner nicht mehr existiert, die Lage in Manam-Turu ist sogar prekärer geworden. EVOLO ist im Frühjahr 3820 bereits stärker, als der Erleuchtete es jemals war. Welche Gefahr das Psi-Geschöpf darstellt, hat sein Wirken auf der Welt der Kaytaber, die zu EVOLOS Stützpunkt geworden ist, deutlich bewiesen. Auch die Rawanorer haben inzwischen mit EVOLOS Machtmitteln unliebsame Erfahrungen gemacht. Und selbst das zweite Konzil, bestehend aus Hyptons und Ligriden, deren Partnerschaft inzwischen durch Misstrauen getrübt ist, bleibt durch EVOLOS Aktivitäten nicht ungeschoren.
Da aber der neue Mächtige eine unverkennbare Schwachstelle besitzt, ist ein eindeutiger Trend im Ausgang des Machtkampfes um Manam-Turu noch nicht erkennbar.
EVOLO – Der Mächtige will seine Macht erweitern.
Dharys – EVOLOS Diener als Spion auf Cairon.
Jokpert – Ein Abgesandter der Daila.
Thykonon, Chirtoquan und Allevzer – Priester der Bathrer.
Turman
Die Harmonie von Bakholom war verweht wie die Morgennebel in den Flussniederungen – und wie die Strahlen der blutrot über den Horizont heraufsteigenden Sonne den neuen Tag ankündeten, so war gleichwohl für den Planeten Cairon eine neue Zeit angebrochen. Vieles hatte sich verändert, und nicht nur die Geschehnisse um die Hyptons waren der Auslöser für den Prozess des Umdenkens geworden. Wenig mehr als ein Jahr lag es nun zurück, dass die Nomaden aus allen Himmelsrichtungen im Tal der Götter zusammenströmten, um dort von den »Göttern« neue Waffen für den Kampf gegen die Bathrer in Empfang zu nehmen und sich im Gebrauch der »Donnereier« und »Feuerlanzen« und was der Dinge mehr gewesen waren, ausbilden zu lassen.
»Der Große Geist der Harmonie ...« murmelte Thykonon leise vor sich hin. Seine Gedanken wanderten zurück. Selbst einem Mann wie ihm fiel es nicht leicht, sozusagen von heute auf morgen ein neues Weltbild zu akzeptieren. Vor einem Jahreslauf war er noch davon überzeugt gewesen, dass nur die Harmonie, die Götter und die Dämonen von den Sternen kamen. Jener weißhaarige Fremde namens Atlan und sein jugendlicher Begleiter Chipol hatten ihm aber die Augen geöffnet ... Inzwischen gab es mehr als »Donnereier« und »Tausendster« auf Cairon. Dailanischer Technik kam ein großes Verdienst beim Wiederaufbau der teilweise zerstörten Städte zu – sie war auf dem besten Weg, sich ins tägliche Leben der Bathrer zu integrieren wie die vierrädrigen, von Xarrhis gezogenen Karren und die Verkaufsstände der wieder überall anzutreffenden Händler.
Thykonon spürte die erwartungsvollen Blicke der Umstehenden auf sich ruhen. Aber noch war Zeit; er hegte nicht die Absicht, irgend etwas zu überstürzen.
Der Priester straffte seine hager gewordene Gestalt. Um seine Mundwinkel zuckte es verhalten; kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn. Aber wenn er ehrlich sein sollte, musste er sich eingestehen, dass der Schmerz in seinem Innern eher psychischer Natur war. Unstet wanderte sein Blick über die Mauern von Bakholom. Vom Tal aus wirkte die Steilwand des sandsteinroten Berges doppelt imposant. Von hohen Wällen aus weißem Stein umgeben, wie ein Vogelnest an den Fels geklebt und weit in den Berg hineinführend, haftete der Stadt noch immer die einstige Pracht an. Für einen kurzen Augenblick gab Thykonon sich ganz der Ausstrahlung hin, öffnete sein Wahakú, seinen Spürsinn. Aber die Ruhe und Vollkommenheit über dem Tal waren gestört. Die Ursache dafür lag weniger in dem kleinen, provisorisch befestigten Raumhafen auf der anderen Seite begründet, als vielmehr in den technischen Gerätschaften inmitten der bis vor wenigen Wochen noch unberührten Natur.
Thykonons Blick streifte die stählernen Gerüste, doppelt so hoch wie die Stadtmauer und in ihrer Hässlichkeit kaum zu überbieten, die in gleichmäßigen Abständen aufragten. Wie das Skelett eines urweltlichen Monstrums wölbte sich am Eingang des Tales eine schwenkbare Schüssel in den strahlend blauen Himmel. Ihr Durchmesser war so groß, dass gut und gerne ein Xarrhi-Gespann darin Platz gefunden hätte. Und etliche Fuhrwerke waren nötig gewesen, die eigens für diesen Bau gefällten Bäume fortzuschaffen, die noch samt den ausgerissenen Wurzelstöcken im Talgrund lagerten. Schon schickte die Natur sich an, das zurückzuerobern, was schwere Maschinen ihr genommen hatten: Pilze und schmarotzende Pflanzen gruben ihre Wurzeln durch die ausgedörrte Rinde der Bäume und begannen das Holz zu zersetzen.
In einem plötzlichen Aufwallen der Gefühle ballte Thykonon die Fäuste. So viele Werte, die früher in seinem Leben Gültigkeit besaßen, waren für immer verloren. Er hatte einmal gegen die uralten Gesetze verstoßen, damals, nach dem Überfall der Nomaden auf Ophanalom, nach der Plünderung der Stadt und seiner Gefangennahme, als er versucht hatte, Streit und Zwietracht zu säen. Zur Sühne war er zu jener Zeit sogar bereit gewesen, sich ein zweites Mal an der Harmonie zu vergehen und den Tod zweier vermeintlicher Nomaden billig in Kauf zu nehmen. Aber Atlan und Chipol hatten seinen Anschlag überstanden und ihm von anderen Völkern berichtet, die zwischen den Sternen lebten, vor allem aber von den Hyptons und deren heimtückischem Vorgehen.
Thykonon spürte eine Hand auf seinem Arm und schreckte aus den Gedanken auf. Turman, einer seiner Schüler, blickte ihn fragend an.
Der Priester machte einen fahrigen Eindruck.
»Das ...«, murmelte er mehr zu sich selbst als für fremde Ohren bestimmt, »das ist die Strafe für unseren Frevel. Wir hätten den Hyptons widerstehen sollen ... jetzt müssen wir mit den Zerstörungen leben.«
Turman nickte kaum merklich. Wie Norphan, sein Mitschüler, hatte er in dem einen Jahr seine jugendliche Unbefangenheit verloren und war reifer geworden. Sein Gesicht wirkte kantiger, zeitweilig sogar verschlossen, und in seinen Augen standen Wissen und Sehnen so dicht beieinander, dass es mitunter schwer war, seine Regungen zu deuten.
»Worauf warten wir, Thykonon?«, erklang es ungeduldig. »Wir sollten mit dem Test beginnen.«
»Ungeduldig, Jokpert?« Der Priester wandte sich dem Daila zu, dessen Alter trotz seiner grauen, schütteren Haare kaum zu schätzen war. »Ungeduld ist der größte Feind jedes zu erringenden Sieges.«
Jokpert vollführte eine ablehnende Bewegung.
»Hier geht es nicht um ein auf Cairon oder das Tsybaruul-System beschränktes Ereignis«, erwiderte er gereizt. »Jedes Zögern kann für Manam-Turu und viele Völker das Ende ihres Daseins bedeuten.«
»Willst du uns Bathrer in eine Schlüsselposition drängen, die uns nicht liegt? Wir sind keine Kämpfer.«
Gerade die besondere Betonung des letzten Satzes ließ den Daila stutzen. »Die Bathrer-Priester verfügen über Fähigkeiten, mit deren Hilfe sie sich EVOLO besser widersetzen können als andere«, sagte Jokpert. Gut einen Kopf kleiner als der Priester, erweckte er dennoch nicht den Eindruck, als müsse er zu diesem aufsehen. Immerhin besaß er ebenfalls schwach ausgeprägte Mutantenfähigkeiten.
Bis vor kurzem hatte Jokpert zu den Verbannten gehört, die von allen »normalen« Daila wie Aussätzige gemieden wurden. Inzwischen war auch das Vergangenheit; an vielen Orten in Manam-Turu vollzog sich ein Sinneswandel. Jokpert galt nicht nur als Verbindungsmann zwischen Aklard und Cairon, der den noch losen Kontakt beider Völker zueinander intensiv pflegte, er zeichnete auch maßgeblich verantwortlich für die technischen Neuerungen und Umwälzungen auf der Nomadenwelt. In unregelmäßigen Abständen besuchte er Cairon und »beglückte« die Bathrer mit den jeweils neuesten Nachrichten. Es war nicht gerade wenig, was sich in diesen Tagen und Wochen tat, angefangen vom Entstehen EVOLOS und dem Ende der Existenz seines Schöpfers, des Erleuchteten. Cirgro und die Glückssteine spielten eine bedeutende Rolle bei der Heimkehr der verbannten Daila, und die Hyptons und ihre Stahlmänner hatten sich von vielen bislang besetzten Welten zurückgezogen. Auch Cairon hatten sie mehr oder weniger Hals über Kopf verlassen.
»Cairon darf keiner zweiten Okkupation anheimfallen«, sagte Jokpert nach einer bedeutungsvollen Pause. »Die Fakten sprechen auf jeden Fall für einen Angriff EVOLOS oder weitere Aktivitäten der Hyptons und ihres Neuen Konzils.«
»Das sind Vermutungen«, erwiderte Norphan schroff und bewies damit, dass er ähnliche Überlegungen wälzte wie sein Lehrer Thykonon.
»... ziemlich zutreffende allerdings«, fügte der Daila hinzu. »Die Zeit, die uns für die Vorbereitungen zur Verfügung steht, kann morgen schon ablaufen. Die Ungewissheit ist, dass niemand zu sagen vermag, wann und wo EVOLO als nächstes zuschlagen wird.« Er musterte den Priester durchdringend. »Ich denke sogar, dass die Bathrer viel zu wenig für ihre Freiheit tun.« Er hatte mehr hinzufügen wollen, unterbrach sich aber, als Thykonon abrupt kehrtmachte und die aus Kunststoffteilen errichtete Beobachtungszelle betrat. Noch war der Himmel über Bakholom ungetrübt, und selbst hochempfindliche Messgeräte vermochten die energetische Gitterstruktur über dem Tal und der Stadt kaum anzumessen.
Thykonon überflog die Anzeigen der Instrumente, deren Bedeutung er mittlerweile zu verstehen gelernt hatte. Auch ohne sich umzuwenden, wusste er, dass Jokpert hinter ihm eintrat. Die beiden Priesterschüler folgten.
Thykonon fing Turmans Emotionen auf. Die überaus starken Zweifel des Jungen ließen sich selbst durch den bevorstehenden Test nicht vertreiben. Im Grunde tat er nichts anderes, als die Fakten richtig zu interpretieren, und sein klarer Verstand sagte ihm, dass ein ausschließlich aus psionischen Komponenten bestehendes körperloses Geschöpf wie EVOLO auf die vorgesehene Weise kaum zu beeindrucken sein würde. Und das, obwohl die Mehrheit der Bathrer zumindest im Augenblick noch in der dailanischen Technik ein unübertreffliches Wunderwerk zu erkennen glaubte.
Vielleicht würde er Turman in die wahren Gegebenheiten einweihen, vielleicht auch Norphan ... Thykonon aktivierte mehrere Bildschirme. Sie zeigten das Tal aus verschiedenen Perspektiven.
»Da sind sie!« Jokpert deutete auf einen kaum zu erkennenden dunklen Punkt am nur leicht bewölkten Firmament. »Gib den Befehl zum Angriff!«
Langsam wurde der Punkt auf dem Schirm größer, entpuppte sich als silbern glitzernde Scheibe ähnlich denen, die von den Stahlmännern der Hyptons benutzt worden waren. Der Gleiter zog eine weite Schleife über dem Tal und verharrte, höchstens zwei Kilometer hoch, über der Stadt.
Jeden Moment würden die an Bord befindlichen Priester ihre Psi-Kräfte einsetzen.
Thykonon hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gebracht, als ein flirrendes Gittermuster die Bildschirme überzog. Die Sensoren registrierten das Auftreffen der psionischen Energien und leiteten die Abwehrmaßnahmen ein.
»Seht doch!«, rief Norphan in höchster Erregung aus.
Von den stählernen Gerüsten, die Bakholom im Halbkreis umstanden, zuckten grelle Entladungen auf. Die Spitzen der Türme schienen zu glühen, und dieses Glühen breitete sich aus.
Die Messskalen spielten verrückt. Irritiert und hilflos stand Thykonon dem Geschehen gegenüber.
Der nächste Turm, immerhin gut 1500 Meter entfernt, leuchtete jetzt schon in grellem Weiß. Er neigte sich. Tropfen geschmolzenen Stahls klatschten auf den Boden und verspritzten nach allen Seiten. Einige Bathrer, die sich in der Nähe der Gerüste aufgehalten hatten, stoben in blinder Panik auseinander.
Aufflammend, von einer Serie heftiger Detonationen begleitet, brach der Turm in sich zusammen. Die Erschütterungen des Aufpralls waren deutlich zu spüren.
»Abbrechen!«, schrie Jokpert. »Sofort!«
Es war bereits zu spät.
Die Sonne verdunkelte sich, verschwand hinter düster drohenden Wolkenbänken, die sich im Zeitraffertempo zusammenballten und immer höher aufwuchsen. Innerhalb von Sekunden brach die Nacht herein, nur erhellt von den grellen, vielfach verästelten Blitzen.
Der Himmel öffnete seine Schleusen. Dicke Tropfen trommelten auf den provisorischen Unterstand und übertönten vorübergehend jedes andere Geräusch.
Thykonons Hände verkrampften sich um die Schalter irgendeines Aggregats. Er bemerkte es erst, als die Knöpfe unter seinem Griff splitterten. Ein verhaltenes Stöhnen drang über seine Lippen. Wenn er nur geahnt hätte, welche Folgen der vergleichsweise harmlose Test zeigte, er hätte nie seine Zustimmung gegeben. Um EVOLO abzuwehren, durfte man nicht auch die Reste der schwindenden Harmonie zerstören.
Offenbar erkannte die Besatzung des Gleiters noch immer nicht, was am Boden geschah. Thykonon hätte nicht zu sagen vermocht, wie viel Zeit inzwischen vergangen war, er wusste nur, dass alles unheimlich schnell ablief. Jokperts Forderung nach einem blitzschnellen Gegenschlag zeigte unvorhergesehene Folgen.
Jemand schrie auf, als die Energiestrahlen des Defensivgitters sich vereinten und gebündelt in den Himmel rasten. Erst als der grelle Glutball einer Explosion auf den Schirmen entstand, erkannte Thykonon, dass er selbst geschrien hatte.
Schwer atmend stand er da – betroffen und unfähig, seine Gefühle auszudrücken. Die Hände hatte er zu Fäusten geballt, die Nägel schnitten schmerzhaft in seine Handflächen ein.
Der Gleiter war aus der Ortung verschwunden. Nur einige glühende Trümmerstücke gingen über den Bergen nieder.
Fünf Tote!, schoss es Thykonon durch den Kopf. Und wofür das alles?
»Es tut mir leid«, sagte Jokpert. »Allein mein Bedauern auszudrücken, genügt wohl nicht ...«
Stumm ging der Priester an ihm vorbei und verließ die Unterkunft, ohne den Daila noch eines Blickes zu würdigen.
»Es war ein technisches Versagen«, wandte Jokpert sich an die beiden Schüler. »Beim nächsten Versuch wird so etwas nicht mehr vorkommen.«
»Das glaube ich allerdings«, erwiderte Norphan tonlos.
Und Turman fügte hinzu: »Es gibt nämlich keinen zweiten Test. Etliche Bathrer glauben nicht an EVOLO oder daran, dass er ausgerechnet Cairon heimsuchen wird. Was ist auf unserer Welt schon zu holen? Ihre Zweifel werden nun weit größer sein als zuvor.«
Die beiden Schüler folgten Thykonon. Sie ließen einen ratlosen Daila zurück, der vergeblich versuchte, sich in die Mentalität der Bathrer hineinzudenken.
Er konnte nicht glauben, dass Männer wie Thykonon bereit waren, kampflos aufzugeben.
*
Yatsundor zügelte sein Vleeh abrupt, fuhr mit der Rechten durch das grobe Fell und tätschelte das Reittier beruhigend. Das Licht der Morgensonne offenbarte tatsächlich die Überraschung, von der die Händler gesprochen hatten. Zwei Tagesritte lagen hinter Yatsundor, dem Stammesführer der Beryulder-Nomaden, und seinen beiden Begleitern.
»Seht euch das an«, schnaubte er verwirrt. »Diese Gerüste sind in der Tat höher als die Stadtmauer. Wollen die Bathrer daran das Fleisch geschlachteter Tiere zum Trocknen aufhängen?« So recht glaubte er selbst nicht an diese Möglichkeit. Die funkelnden Gestelle, deren Äußeres an den Tausendtöter erinnerte, den Roderick bei der Eroberung von Ophanalom besessen hatte, waren viel zu groß.
Helligkeit überflutete für einen kurzen Moment das Tal und die angrenzenden Berghänge.
Yatsundor hatte Mühe, sein aufgeschrecktes Vleeh im Zaum zu halten. »Was war das?«, wollte er wissen.
Seine Begleiter blieben ihm die Antwort schuldig.
Augenblicke später zuckten erneut Blitze auf. Yatsundor konnte erkennen, dass sie von den seltsamen Türmen ausgingen. In Gedankenschnelle verhüllte die Sonne ihr Antlitz. Düstere Wolken zogen auf.
Der Stammesführer machte Zeichen gegen den Bösen Blick. Sie halfen jedoch herzlich wenig.
Erschreckte, dumpfe Laute ausstoßend, bäumten die Vleehs sich auf und versuchten, ihre Reiter abzuwerfen. Yatsundor hatte plötzlich mit sich selbst zu tun, sein Tier drängte an die nächste Felswand. Ein stechender Schmerz durchzuckte sein Bein, als er es sich vom Knie an abwärts aufschürfte. Mit beiden Händen fasste Yatsundor nach den Hörnern des Vleehs, das jäh losraste. Er hing halb am Hals des Tieres und hatte Mühe, den Halt nicht vollends zu verlieren. Es goss in Strömen und die Nässe ließ die Hörner glitschig werden.
Schmerzhaft peitschten die Äste eines dichten Gestrüpps gegen Yatsundors Hüften. Ehe er es sich versah, fand er sich inmitten des Buschwerks wieder. So hatte er sich die Annäherung an Bakholom gewiss nicht vorgestellt. Fluchend rappelte er sich hoch.
Ein letzter, weithin hallender Donnerschlag beendete das kurze Gewitter.
Yatsundor wischte sich das Wasser aus dem Gesicht. Er hielt nach den Gefährten Ausschau. Offenbar hatten auch sie größere Schwierigkeiten bekommen.