Perry Rhodan 2942: Geschwisterkampf - Hubert Haensel - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 2942: Geschwisterkampf E-Book und Hörbuch

Hubert Haensel

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Beschreibung

Gut dreitausend Jahre in der Zukunft: Perry Rhodans Vision, die Milchstraße in eine Sterneninsel ohne Kriege zu verwandeln, lebt nach wie vor. Der Mann von der Erde, der einst die Menschen zu den Sternen führte, möchte endlich Frieden in der Galaxis haben. Unterschwellig herrschen immer noch Konflikte zwischen den großen Sternenreichen, aber man arbeitet zusammen. Das gilt nicht nur für die von Menschen bewohnten Planeten und Monde. Tausende von Welten haben sich zur Liga Freier Galaktiker zusammengeschlossen, in der auch Wesen mitwirken, die man in früheren Jahren als "nichtmenschlich" bezeichnet hätte. Besucher aus anderen Galaxien suchen Kontakt zu den Menschen und ihren Verbündeten; dazu zählen auch die Thoogondu aus der Galaxis Sevcooris. Einst waren sie in der Milchstraße beheimatet und haben nun den Wunsch geäußert, erneut Kontakt aufzunehmen. Gegenwärtig hält sich Rhodan in ihrem Goldenen Reich auf, wo er auch auf ein Splittervolk der Menschheit gestoßen ist: das Zweite Solare Imperium der Gäonen. Dieses ZSI agiert auch in der Milchstraße, angetrieben von der Überlegung, der dortigen Menschheit wieder ihren politischen "Platz an der Sonne" zurückgeben zu müssen. Dabei versuchen die Gäonen zunächst, die USO zu neutralisieren – ein Plan, der zum Scheitern verurteilt ist. Nun kommt es bei den Gäonen[…]

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Zeit:3 Std. 34 min

Sprecher:Tom Jacobs

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Nr. 2942

Geschwisterkampf

Zwei Gäonen ringen um ihre Zukunft – Entscheidung in Quinto-Center

Hubert Haensel

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

Leseprobe PR Olymp 01 – Susan Schwartz – Mysterium

Vorwort

Prolog: Shoraz: Das Unglück

1. Terra

2. 3. Mai 1550 NGZ

Gespannt darauf, wie es weitergeht?

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

Gut dreitausend Jahre in der Zukunft: Perry Rhodans Vision, die Milchstraße in eine Sterneninsel ohne Kriege zu verwandeln, lebt nach wie vor. Der Mann von der Erde, der einst die Menschen zu den Sternen führte, möchte endlich Frieden in der Galaxis haben.

Unterschwellig herrschen immer noch Konflikte zwischen den großen Sternenreichen, aber man arbeitet zusammen. Das gilt nicht nur für die von Menschen bewohnten Planeten und Monde. Tausende von Welten haben sich zur Liga Freier Galaktiker zusammengeschlossen, in der auch Wesen mitwirken, die man in früheren Jahren als »nichtmenschlich« bezeichnet hätte.

Besucher aus anderen Galaxien suchen Kontakt zu den Menschen und ihren Verbündeten; dazu zählen auch die Thoogondu aus der Galaxis Sevcooris. Einst waren sie in der Milchstraße beheimatet und haben nun den Wunsch geäußert, erneut Kontakt aufzunehmen. Gegenwärtig hält sich Rhodan in ihrem Goldenen Reich auf, wo er auch auf ein Splittervolk der Menschheit gestoßen ist: das Zweite Solare Imperium der Gäonen.

Dieses ZSI agiert auch in der Milchstraße, angetrieben von der Überlegung, der dortigen Menschheit wieder ihren politischen »Platz an der Sonne« zurückgeben zu müssen. Dabei versuchen die Gäonen zunächst, die USO zu neutralisieren – ein Plan, der zum Scheitern verurteilt ist. Nun kommt es bei den Gäonen zum GESCHWISTERKAMPF ...

Die Hauptpersonen des Romans

Faolain Settember – Der Gäone will seine Schwester retten.

Agostina Settember – Die Gäonin kann nicht umschalten.

Monkey

1.

Faolain Settember schreckte aus seinem vermeintlich leichten Dahindämmern auf. Der Major fühlte sich erschöpft und ausgelaugt, mit seiner Kraft bald am Ende. Irritiert erkannte er, dass er kurz davor gewesen sein musste, sich im Tiefschlaf zu verlieren. Länger ausruhen durfte er jedoch erst, sobald er einen einigermaßen sicheren Platz gefunden hatte. Die Nische, in der er gerade Pause machte, war keinesfalls für eine längere Verweildauer geeignet.

Nur ein paar Minuten Ruhe ...

Settember hatte sich in den Wartungsspalt neben der Straße gequetscht, kaum dass er mehrere Gleiter aus dem großen Antigravschacht am Ende der Fahrbahn kommen sah. In seiner Zuflucht fühlte er sich eingeschlossen wie in einem Sarg. Mit dem Rücken lehnte er an der schmalen und zerklüfteten Funktionswand, die Beine hatte er anziehen müssen, um überhaupt Platz zu finden.

Er blinzelte in die fahle Helligkeit des beklemmend engen Raums. Der ebenso schmale, rechtwinklig abknickende Zugang schluckte einen Großteil des von der Straße hereinfallenden Lichts.

Schweiß perlte auf seiner Stirn und brannte ihm in den Augen. Den Helm mit dem Visier hatte er zurückgeschoben, sämtliche Funktionen der Rüstung vorübergehend abgeschaltet. Keinesfalls wollte er Gefahr laufen, dass er von den USO-Leuten geortet wurde.

Settember atmete tief ein und unterdrückte ein zwanghaftes Räuspern. Ein stärker werdender Hustenreiz quälte ihn. Seit Stunden spürte er dieses Kratzen im Hals. Die Luft in Quinto-Center schmeckte für ihn metallisch schwer. Als trüge sie das Blut der Gefallenen mit sich.

Zu viele Tote. Auf beiden Seiten.

Settember schüttelte die Benommenheit ab. Er hätte das Helmvisier vor sich haben müssen, um die verstrichene Zeit zu erkennen. Mittlerweile argwöhnte er, dass er schon tiefer geschlafen hatte als angenommen. Zwanzig Minuten, aber bestimmt keine dreißig, die Müdigkeit machte ihm weiterhin zu schaffen.

Dumpfes Grollen erschütterte die Luft. Ein ähnlich dröhnendes Geräusch hatte ihn aufgeschreckt.

Der nächste Donner rollte heran, während Settember sich in die Höhe stemmte. Diesmal gewann er den Eindruck, dass eine Bebenwelle den Boden durchlief.

Gleich darauf näherte sich schrilles Heulen. Er griff nach dem Quintstrahler. Mit der Waffe in der Hand, auch wenn er sie nicht sofort aktivierte, fühlte er sich ein wenig sicherer.

Draußen wurde gekämpft. Strahlschüsse fauchten. Explosionen peitschten auf, gefolgt von einem grellen Kreischen, wie Metall auf Metall.

Settember lauschte angespannt. Er fragte sich, welches seiner Einsatzkommandos in diesem Bereich von Quinto-Center überhaupt noch kämpfte. Vor einem halben Tag hatte die Situation sich gedreht – und er selbst war womöglich nicht ganz unschuldig daran.

Die dicht aufeinanderfolgenden Explosionen verrieten ihm den Einsatz gäonischer Perforatoren. Die USO verfügten seines Wissens nicht über ähnliche Systeme. Perforatoren waren sperrige, teils selbstlenkende Sprengsätze. Ihre Kontaktexplosionen neutralisierten einen eng begrenzten Bereich der angegriffenen Schirmstruktur über Oszillationen. Finale Sprengkapseln vollendeten den Schlag binnen Mikrosekunden, bevor sich der Schutzschirm neu stabilisierte.

Das nachfolgende Kreischen ließ Settember vermuten, dass zumindest ein Roboter schwer angeschlagen über den Boden schrammte.

Zwei Finger auf dem Aktivierungssensor seines Quintstrahlers, wand Settember sich aus der Nische. Im Zugangsbereich drückte er sich an die Wand. Die Chamäleonfunktion der Rüstung schützte ihn vor zufälliger Entdeckung, außerdem war sie so gut wie nicht anzumessen. Alle anderen Funktionen ließ er abgeschaltet.

Auf keinen Fall auffallen!, hatte er sich vorgenommen. Keine vermeidbaren Emissionen.

Hätte nur sein Leben auf dem Spiel gestanden, wäre ihm das egal gewesen. Aber seine Zwillingsschwester brauchte ihn mehr denn je.

Für Settember eine ungewohnte Situation. Er, der schon immer als Draufgänger gegolten hatte, hielt sich plötzlich zurück. Das war verrückt. Noch vor einem Tag hätte er aus der Nische heraus die Gegner unter Feuer genommen und die Soldaten unterstützt, die Monkeys Leuten Widerstand leisteten.

Er schloss die Hand fester um den Strahler.

Die ersten Explosionen hatten zwei kleine Gleiter auseinandergerissen. Die Wracks lagen etwa fünfzig Meter von der Wartungsnische entfernt. In ihrer Nähe hatte die Perforatorzündung einen kegelförmigen Kampfroboter des TARA-Typs erwischt. Soweit Settember es erkennen konnte, schien der Roboter von innen heraus aufgebrochen und über die Straße gerutscht zu sein. Trümmerteile lagen jedenfalls meterweit verstreut.

Weitere – intakte – TARAS schwebten über dem Boden. Sie hatten einen Trupp Gäonen eingekreist und hielten die Soldaten in Schach.

Vom Antigravschacht näherten sich drei Gleiter. Und aus der anderen Richtung eilten mehrere Terraner im Laufschritt heran. Ein hagerer Blue folgte ihnen in eher gemäßigtem Tempo. Diese Personen trugen keine Kampfanzüge, waren allerdings mit langläufigen Strahlern bewaffnet. Settember schätzte sie als QuinTechs oder Mitarbeiter aus der Verwaltung ein. USO-Spezialisten waren sie gewiss nicht.

Unnötig, dass sich solche Leute einmischen, zumal die Roboter das Terrain längst gesichert haben.

Demnach war in Quinto-Center die Normalität noch nicht zurückgekehrt. Settember verglich das Hauptquartier der USO mit einem großen Insektenbau. Ein Wildhüter, darauf bedacht, Fehlentwicklungen aufzuspüren, hatte den Bau an einigen Stellen perforiert und Aufruhr und Chaos verursacht.

Settember reagierte mit einem Achselzucken auf seine eigenwillige Vision. So einfach verhielt es sich bestimmt nicht. Andererseits: Die USO verstand es, zurückzuschlagen, das hatte sie nachdrücklich bewiesen.

Er wich ein Stück zurück. Abwarten! Das war er Agostina schuldig.

Augenblicke später liefen die Bewaffneten draußen vorbei. Settember hörte sie reden: Männer und Frauen aus der Verwaltung. Wie treffend er sie eingeschätzt hatte. Die Kämpfe um den kosmischen Stützpunkt Quinto-Center waren praktisch beendet und der Rückzug der Angreifer überall im Gang. Nun wollten also die Theoretiker, Datenauswerter und Techniker ihren Anteil am Geschehen und sich selbst wenigstens für kurze Zeit als Helden fühlen. Eilfertig kamen sie aus ihren Büros, um versprengte Gäonen zu suchen – zurückbleibende Angreifer, die darauf warteten, die Situation erneut drehen zu können.

Hatte die Admiralin wirklich kapituliert oder war ihre Aufforderung zum Rückzug aller Soldaten nur als Ablenkungsmanöver gedacht gewesen? Sah Amber Dessalin eine Möglichkeit, ihren Angriff noch zu einem guten Ende zu bringen? In dem Fall, argwöhnte Settember, schätzte sie den USO-Chef Monkey falsch ein. Genau das war auch sein eigener Fehler gewesen.

Er hörte mittlerweile viele Stimmen, verstand jedoch kaum, was gesagt wurde.

Unvermittelt sah er eine schlanke, große Gestalt fast zum Greifen nahe vor sich. Er zuckte sofort zurück. Der Blue schritt an ihm vorbei.

Sekundenlang fürchtete Settember, dass die beiden nach hinten gerichteten Augen des Galaktikers ihn bemerkt haben könnten. Aber das Wesen mit dem zarten blauen Pelzflaum und dem schlauchförmigen Hals hatte den Tellerkopf mit den oben liegenden Augen eher zur anderen Seite geneigt gehabt.

Settember ärgerte sich über die eigene ungewohnte Vorsicht. Die USO-Leute machten ihm keine Angst, ihre Roboter ebenso wenig. In der Hinsicht reagierte er für gewöhnlich sehr fatalistisch. Wenn es ihn erwischen sollte, dann war es das eben. Schicksal. Irgendwann kam das Ende ohnehin. Er zögerte nur, weil ihn zu viel mit seiner Schwester verband. Er hatte sich geschworen, sie aus Monkeys Gewalt zu befreien.

Der oxtornische Teufel hat Agostina für seine Zwecke missbraucht, ging es Settember durch den Sinn. Die Rechnung dafür werde ich ihm präsentieren.

Rachegefühle?

Von Rache durfte er sich keinesfalls beherrschen lassen. Das wusste er nur zu gut. Andererseits gab es kaum eine größere Antriebskraft als Zorn, Wut und Rache.

Settember schob sich ein Stück weiter in den Zugang. Das Deflektorfeld wollte er nicht einschalten. Er argwöhnte, dass zumindest in neuralgischen Bereichen Quinto-Centers Sensoren nach den schwachen Emissionen aktiver Deflektoren suchten. Für ihn wäre das jedenfalls eine der ersten Vorgaben gewesen, damit im Verborgenen agierende Angreifer aufgespürt werden konnten. Womöglich waren die Soldaten auf der Straße genau deshalb von den Robotern aufgespürt worden.

Die drei Gleiter hatten mittlerweile aufgesetzt. Wachen postierten sich mit schussbereiten Strahlern neben ihren Fahrzeugen. Terraner und ein Arkonide, den Settember an seinen schlohweißen Haaren identifizierte, entwaffneten die Gäonen und legten ihnen Energiefesseln an. Die Kampfroboter hielten sich dabei dicht neben den USO-Leuten.

Das war ein ziemlicher Aufwand wegen sechs Soldaten. Settember registrierte es mit einiger Genugtuung. Für ihn stand damit fest, dass der überraschende Angriff die USO tief ins Mark getroffen hatte. Trotzdem war die Mission nicht wie erwartet verlaufen. Allein, weil der USO-Befehlshaber Monkey unberechenbar agierte ...

Settember brachte den Gedanken nicht zu Ende. Er zählte nur fünf Gäonen, die von den USO-Leuten zu den Gleitern geführt wurden. Vor wenigen Minuten waren sie zu sechst gewesen. Sollte einem der Soldaten die Flucht gelungen sein? Gewiss nicht unter den Augen der Kampfroboter.

Nacheinander hoben die beiden Gleiter mit den Gefangenen ab und schwebten in Richtung des Lastenantigravs zurück. Die TARAS entfernten sich ebenfalls schnell.

Faolain Settember kaute auf seiner Unterlippe. Er brauchte möglichst bald ein mittelfristig geeignetes Versteck und eine ausgiebige Ruhepause.

Aber noch stand der dritte Gleiter auf der Straße. Zwei Zivilisten waren mittlerweile dort zu sehen. Offenbar war das Fahrzeug positronikgesteuert, denn Settember hatte bislang keinen Piloten bemerkt.

Eine Schwebebahre geriet seitlich in sein eingeschränktes Blickfeld. Eine Terranerin und der Blue dirigierten die Bahre zum Gleiter. Sie transportierten den sechsten Soldaten ab. Dessen weiße Rüstung wies Brandspuren auf, die nur von einem schweren Impulsstrahler stammen konnten. Möglich, dass der Gäone keinen anderen Ausweg gesehen hatte als einen verzweifelten Angriff.

Ein Toter mehr.

Der Gäone war völlig sinnlos gestorben, erkannte Settember betroffen. Dieser Schusswechsel hatte niemanden weitergebracht.

Ein neuerlicher Hustenreiz trieb ihm Tränen in die Augen. Mit Daumen und Zeigefinger massierte er sich die Augenwinkel und die Nasenwurzel. Als er wieder auf die Straße schaute, schwebte der Gleiter mit dem Toten davon.

Die USO-Leute hatten ihn nicht bemerkt. Settember wartete nicht einmal eine Minute, dann verließ er sein enges Versteck. Er musste verschwunden sein, bevor Räumroboter anfingen, die Wrackteile wegzuräumen.

Er verzichtete weiterhin auf den Deflektor und verließ sich allein auf den Chamäleon-Tarnmodus der Rüstung und ihre hoch entwickelte Stealth-Technik.

Im Laufschritt eilte er die menschenleere Straße entlang in die Richtung, die er schon vor dem Zwischenfall eingeschlagen hatte. Jedoch bog er nach nicht einmal hundert Metern in eine schmale Seitengasse ab. Keine halbe Minute später vernahm er von weit hinter sich für wenige Sekunden die Geräusche schwerer Fahrzeuge. Sie verwehten schnell.

Niemand folgte ihm.

Settember war wieder allein. Er hoffte, dass das geraume Zeit so bleiben würde. Sicher sein konnte er sich dessen nicht.

*

»Irgendwo hier ...«

Faolain Settember hörte nur diese beiden Worte, doch sie ließen ihn jäh innehalten. Wie ein Ruf aus weiter Ferne hatten sie die ihn wieder umgebende Stille durchbrochen – so überraschend und zugleich so kurz, dass er sich fragen musste, ob er die Stimme wirklich vernommen hatte.

Vielleicht war sie nur in seinen Gedanken entstanden.

Agostina?

Bebend lauschte er in sich hinein. Eine gefühlte Ewigkeit wartete er darauf, dass seine Zwillingsschwester sich bei ihm meldete. Irgendwie musste Agostina es schaffen, erneut Kontakt zu ihm aufzunehmen.

Der Kampf um Quinto-Center war keineswegs vorbei, das hatte ihm der Zwischenfall vor zwei Stunden bewiesen. Seitdem war er nicht mehr auf Gäonen getroffen. USO-Leute hatten seinen Weg ebenfalls nicht gekreuzt. Mittlerweile befand er sich in einer einsamen Region des ausgehöhlten Himmelskörpers. Dort würde er nicht das Geringste erreichen, das war ihm klar. Aber er brauchte Ruhe und musste vor allem herausfinden, wohin Monkey seine Schwester verschleppt hatte. Die Rüstung hatte ihm bereits ein Aufputschmittel injiziert, mehr des Medikaments stand nicht zur Verfügung.

Quinto-Center durchmaß rund 62 Kilometer – weswegen ihn einige als kleinen Mond, andere als großen Asteroiden bezeichneten. Als Mond hätte Quinto-Center der Begriffsdefinition gemäß freilich einen Planeten umkreisen müssen, aber das war nicht der Fall: Der Asteroid war dank seiner Antriebe frei beweglich und nahezu beliebig positionierbar – auch als Mond, wenn Monkey das so entschied.

Bis auf eine sechs Kilometer mächtige Oberflächenkruste war der Planetoid nicht nur ausgehöhlt, sondern komplett ausgebaut – eine Mischung aus Raumschiff und gewaltiger Metropole. Raumschiffhangars, Werften und die Anlagen für Energieerzeugung und -speicherung beanspruchten einen Großteil des Volumens. Außerdem die riesigen Triebwerkskomplexe, die in der Lage waren, das Hauptquartier der USO quer durch die Galaxis zu versetzen. Ausgedehnte Rechnersysteme hielten den Giganten funktionsfähig.

Gut 360.000 Personen lebten in dieser durch und durch autarken Welt.

Wenn er es darauf anlegte, dessen war Settember mittlerweile sicher, würden die USO-Leute ihn über Jahre hinaus nicht aufspüren. Dann war er ... wie die Nadel im Heuhaufen. Er hatte für einen Moment nachdenken müssen, bis ihm das uralte terranische Sprichwort wieder einfiel.

Settember wollte sich nicht jahrelang verbergen. Vielleicht nur für diese eine Nacht. Und wenn es hoch kam, für einen oder zwei Tage – bis er in der Lage war, Agostinas Aufenthaltsort einzugrenzen.

Angespannt schaute er die schmale Straße entlang. Etwa zwanzig Meter vor ihm mündete sie in eine Halle.

Vor einer halben Stunde war die Helligkeit abgefallen. Nachtbeleuchtung herrschte. Settember kannte das Phänomen bereits und wusste, dass er einen wenig bis kaum frequentierten Sektor erreicht hatte. In belebteren Abschnitten gab es keinen Unterschied zwischen Tag und Nacht.

Die Passivortung der Rüstung erfasste schwache Energieemissionen. In der Halle arbeiteten einfache Maschinen, dort gab es nichts, was auch nur entfernt für die Sicherheitsarchitektur des Stützpunkts von Bedeutung gewesen wäre.

Settember atmete tief ein und konzentrierte sich.

Agostina!

Es war ein unsinniger Versuch, telepathisch nach seiner Schwester zu rufen. Er tat es dennoch, weil er den winzigen Funken Hoffnung nicht ignorieren wollte. Agostina würde aus eigener Kraft kaum fliehen können. Beim letzten Kontakt hatte sie ihm die Aufforderung zum mentalen Umschalten verweigert; nach wie vor war sie der telepathische Sender. Jedenfalls sobald sie dazu in der Lage war. Er musste darauf warten, dass sie sich bei ihm meldete.

Bald!, redete er sich ein. Agostina weiß, dass ich ihre Nähe suchen werde.

Wäre der Überfall auf Quinto-Center wie geplant verlaufen, hätte es das Problem Monkey nicht mehr gegeben. Der USO-Chef trug einen Zellaktivator und gehörte folglich zu den Knechten des Wanderers.

Der Wanderer ... Die Terraner nannten ihn ES, sie hatten die Machenschaften dieses Überwesens allerdings nie durchschaut.

Alles wird gut!

Settember belog sich selbst, das war ihm bewusst. Agostina in der Gewalt des Oxtorners zu wissen, war für ihn unerträglich.

*

Ein zweiter scharfer Ausruf erklang. Es war die weibliche Stimme von eben. Eine männliche Person antwortete nicht weniger knapp und prägnant.

Faolain Settember wurde nun erst bewusst, dass er die Stimmen über den Trommelfellaktuator aus dem Helmempfang hörte. Sie waren nur ein Flüstern, nicht mehr als ein schwacher akustischer Hauch.

Die Frau warnte vor einer Annäherung. Settember fragte sich, ob sie ihn bemerkt hatte.

»Ich habe keine eigene Feststellung«, gab der Mann zurück.

Handelte es sich um USO-Leute? Eher nicht. Sie hätten es jedenfalls kaum nötig, sich mit derart schwacher Sendeleistung zu verständigen.

Settember aktivierte die Blickschaltung. Er hatte den Helm seiner Rüstung nach wie vor nicht geschlossen, deshalb entstand das Datenholo nicht im Visier, sondern etwa zehn Zentimeter vor seinem Gesicht. Settember rief die Eingangsanzeige ab.

Den Messwerten zufolge empfing er die Stimmen auf einer Spezialfrequenz des eigenen Einsatzkommandos. Die Sendeleistung war auf minimale Reichweite begrenzt. Deshalb und wegen des Aktuators im Ohr war für ihn spontan der Eindruck entstanden, einen telepathischen Ruf wahrzunehmen.

Die beiden Gäonen konnten nicht weiter als fünfzig Meter von ihm entfernt sein. Vermutlich hielten sie sich in der Halle auf. Sie waren entweder auf ihn aufmerksam geworden ...

Ziemlich unwahrscheinlich, schob er diese Überlegung sofort beiseite.

... oder USO-Leute waren in der Nähe zugange.

»Dort, wo die Rohrleitungen zusammenführen!« Das war erneut die Frauenstimme. »Scheint ein einzelner Terraner zu sein.«

Settember hätte am liebsten eine Warnung gerufen. Die beiden Gäonen hätten besser daran getan, sich durch Gesten zu verständigen. Der Kampf um Quinto-Center und die Jagd auf Monkey hatten bereits etliche Opfer gefordert. Gut ausgebildete, zu allem entschlossene Soldaten waren gestorben. Die Gegner mussten ebenfalls viele Tote und Verwundete beklagen. Letztlich hatte die USO ihren Stützpunkt zurückerobert – die Freigabe der blockierten Positroniken war zu früh erfolgt. Schon das war ein fataler Fehler in der Planung, fand Settember. Die Möglichkeiten der USO waren unterschätzt worden. Umso wichtiger war es nun, keine weiteren Toten und Verletzten zu riskieren.

Er selbst hatte rechtzeitig auf den Gegenschlag der USO reagiert und sich der drohenden Gefangennahme entzogen. Nun ging es ihm darum, aus dem Verborgenen zu arbeiten. Vordringlich war, dass er seine Schwester befreite. Wenn Monkey Agostina mit harten Methoden bearbeitete und umdrehte ...

»Pass auf, Drakko!« Da war die Frauenstimme wieder. »Eine Falle!«

Das Gesagte kam kaum verständlich. Die Gäonen hatten sich offenbar ein Stück weiter entfernt.

Settember lief auf die Halle zu. Zweien seiner Soldaten drohte Gefahr, das durfte er nicht ignorieren. Womöglich fand er in ihnen Helfer für seine Suche nach Agostina.

Viele Gäonen würde er ohnehin nicht um sich scharen können. Admiralin Dessalins Aufruf zur Kapitulation war eindeutig gewesen. Zumindest vordergründig war ihr keine andere Wahl geblieben, als sich den Gegnern zu beugen.

Im Helmfunk erklang eine Verwünschung. »Deflektorfehler!«, rief Drakko. »Der Gegner kann mich irgendwie erkennen.«

»Bei allen Geistern ...« Ein Prasseln und Kreischen überlagerte die Stimme der Frau, dann war nichts mehr zu hören.

Settember hatte das offene Schott erreicht und ließ den Blick durch die Halle schweifen. Entsorgung oder Wiederaufbereitung, vermutete er.

Mannsdicke Rohrleitungen bestimmten das Bild. Sie mündeten in Tankanlagen, die wie Perlen aufgereiht standen. Die Halle verlor sich im Halbdunkel der künstlichen Nacht.

Mit der Linken griff sich Faolain in den Nacken und zog den Helm nach vorne. Das Visier reagierte sofort mit Restlichtverstärkung und Wärmebilderfassung.

Gleich darauf entdeckte er die Soldaten in ihren weißen Pedgonditrüstungen. Sie standen in einem Abschnitt, in dem etliche Leitungsstränge zusammenliefen. Das Restlicht zeigte sie einigermaßen deutlich: Beide hatten die Arme erhoben und die Hände im Nacken verschränkt.

Warum die Soldaten den Hochenergie-Überladungsschirm ihrer Rüstungen nicht aufgebaut hatten, lag auf der Hand. Sie hatten wie Settember versucht, die Ortungsgefahr niedrig zu halten, aber dann waren sie überrascht worden.

Mit vorgehaltener Waffe führten zwei USO-Leute ihre Gefangenen ab.

Settember hob den Quintstrahler. Das Helmvisier blendete die Zielvorrichtung ein. Wegen der Rohrleitungen bot sich ihm kein sonderlich gutes Schussfeld. Er hätte nicht einmal sicher sein können, dass er einen der Gegner auf Anhieb erwischte.

Schon verschwanden die Terraner mit ihren Gefangenen hinter dem nächsten Tank.

Settember vermutete, dass die beiden USO-Männer ihre Gegner wenigstens einige Minuten lang beobachtet hatten. Sie konnten demnach sicher sein, nicht mit weiteren Gäonen konfrontiert zu werden. Das wiederum verschaffte ihm die Möglichkeit, sich unbemerkt anzunähern. Sein eigenes Risiko blieb dabei gering.

Er zögerte trotzdem. Etwas an den Terranern gefiel ihm nicht.

Settember starrte auf das Holo, bis ihm klar wurde, was er sah. Die Männer glichen einander wie ein Ei dem anderen. Sie waren gleich groß, hatten jeder volles, dunkles Haar, und ihre Mienen wirkten geradezu identisch starr.

Zwillinge?

Er verwarf die Frage sofort wieder. Die Überlegung, wie wahrscheinlich ein solcher Zufall sein mochte, konnte er sich sparen.

Klone?

Die Wahrscheinlichkeit, dass Monkey sich ein Heer von Klonen züchtete, erschien ihm deutlich größer. Ohnehin durfte er die Abhängigkeit des Aktivatorträgers von dem Wanderer nicht vergessen. Eigentlich wusste er nicht viel darüber ...

»Wir sind uns noch einig, Gilda?«

Die Frage war plötzlich in seinem Ohr. Der Funkempfang reagierte wieder, die Stimme gehörte Drakko.

»Klar!«, kam Gildas Antwort. »Nie in Gefangenschaft gehen.«

»Dafür Zerstör...«

Hinter dem Tank, wo die USO-Leute mit den Soldaten verschwunden waren, zuckte ein greller Explosionsblitz auf. Lediglich verhaltener Donner rollte durch die Halle. Von der Druckwelle bekam Settember trotz der geringen Entfernung wenig zu spüren. Was immer dort explodiert war, die Tanks schienen der freigesetzten Energie standgehalten zu haben.

Drakko hatte einen Sprengsatz gezündet. Womöglich sogar er und die Frau gemeinsam. Zur Ausrüstung vieler Gäonen in Quinto-Center gehörten Haftladungen, die helfen sollten, Hindernisse wie verriegelte Schotte schnell und effektiv aus dem Weg zu räumen.

Settember rannte los. Nur für einen Moment dachte er daran, dass er die Halle sofort verlassen musste. Viel Zeit blieb ihm jedenfalls nicht, bis Roboter und USO-Leute erscheinen würden. Trotzdem war er sicher, dass er es rechtzeitig schaffen konnte, sich abzusetzen.

Vielleicht hatte die Explosion nicht alle getötet.

Die Hoffnung war umsonst. Das erkannte Settember, kaum dass er unter einem Strang von Rohren hindurchtauchte und sich dem ersten Tank näherte.

Zwei Leitungen waren aufgerissen. Eine dunkle, zähflüssige Brühe quoll daraus hervor, und ein fürchterlicher Gestank breitete sich aus.

Beide Gäonen waren tot. Die Haftladungen, vor allem die kurzzeitig freigesetzte Hitze, hatten wenig von ihnen übrig gelassen.

Auch die Terraner hatte es erwischt. Verkohlte, wie Asche zerfallende Ausrüstungsgegenstände lagen herum. Die Temperatur war in dem Bereich noch ziemlich hoch. Settember spürte, dass sich sein Gesicht rötete, trotzdem verzichtete er darauf, den Helm zu schließen, sah sich lediglich hastig um. Mehrere Meter entfernt entdeckte er einen nahezu bis auf die Knochen verbrannten Arm.

Er schaute genauer hin, hob den Arm spontan auf. Was er auf den ersten Blick als Knochen angesehen hatte, war Stahl. Bester, nur oberflächlich angegriffener Hochleistungsstahl.