Atlantis 11: Atlantis muss sterben! - Olaf Brill - E-Book

Atlantis 11: Atlantis muss sterben! E-Book

Olaf Brill

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Beschreibung

Seit mehr als dreieinhalb Jahrtausenden reisen die Menschen mit Raumschiffen durch das Weltall. Dennoch gibt es auf der Erde genügend Geheimnisse. Eines dieser Mysterien ist der Kontinent Atlantis, der gut 8000 Jahre vor Beginn der christlichen Zeitrechnung versunken ist. Gegen ihren Willen werden Perry Rhodan und seine Frau Sichu Dorksteiger in diese Vergangenheit geschleudert. Sie landen in der Zeit, in der die menschenähnlichen Arkoniden auf Atlantis eine Kolonie errichtet haben, und müssen versuchen, in ihre eigene Zeit zurückzukommen. Die beiden unfreiwilligen Zeitreisenden treffen sogar auf Atlan, den Rhodan eigentlich erst Jahrtausende in der Zukunft kennenlernen wird. Bei alledem dürfen sie keinen Fehler begehen, der ihre eigene Gegenwart verändern würde. Wie sie erkennen, tobt neben dem Krieg gegen die Maahks ein kosmischer Konflikt: Das Raumschiff STRAHLKRAFT mit seiner beeindruckenden Technik operiert in der Milchstraße, es steht unter dem Kommando des Roboters Tolcai. Dann löst Tolcai die Nukleotide Pest aus. Eine Welle von Tod und Vernichtung beginnt auf Atlantis und wird bald weite Teile der Milchstraße verheeren. Tolcais Ziel ist klar: ATLANTIS MUSS STERBEN!

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Nr. 11

Atlantis muss sterben!

Im Zentrum der Nukleotiden Pest – Perry Rhodan fasst einen tollkühnen Plan

Olaf Brill

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

Kommentar: Zeitmaschinen sind gefährlich!

Impressum

Seit mehr als dreieinhalb Jahrtausenden reisen die Menschen mit Raumschiffen durch das Weltall. Dennoch gibt es auf der Erde genügend Geheimnisse. Eines dieser Mysterien ist der Kontinent Atlantis, der gut 8000 Jahre vor Beginn der christlichen Zeitrechnung versunken ist.

Gegen ihren Willen werden Perry Rhodan und seine Frau Sichu Dorksteiger in diese Vergangenheit geschleudert. Sie landen in der Zeit, in der die menschenähnlichen Arkoniden auf Atlantis eine Kolonie errichtet haben, und müssen versuchen, in ihre eigene Zeit zurückzukommen.

Die beiden unfreiwilligen Zeitreisenden treffen sogar auf Atlan, den Rhodan eigentlich erst Jahrtausende in der Zukunft kennenlernen wird. Bei alledem dürfen sie keinen Fehler begehen, der ihre eigene Gegenwart verändern würde.

Wie sie erkennen, tobt neben dem Krieg gegen die Maahks ein kosmischer Konflikt: Das Raumschiff STRAHLKRAFT mit seiner beeindruckenden Technik operiert in der Milchstraße, es steht unter dem Kommando des Roboters Tolcai.

Dann löst Tolcai die Nukleotide Pest aus. Eine Welle von Tod und Vernichtung beginnt auf Atlantis und wird bald weite Teile der Milchstraße verheeren. Tolcais Ziel ist klar: ATLANTIS MUSS STERBEN!

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner ist ein Besucher aus einer Zukunft, die offensichtlich ausgelöscht werden soll.

Sichu Dorksteiger – Die Ator ringt um ihr Leben.

Tolcai – Der Roboter der Kosmokraten triumphiert und verwandelt sich.

QUARTAM – Der ehemalige arkonidische Wissenschaftler will Probleme lösen.

Caysey

1.

Das Neugeborene schrie aus voller Kraft.

Caysey schreckte hoch. Wie viel Zeit war vergangen?

Sie lachte. Ja, lachte! Gleichzeitig kullerten heiße Tränen über ihre Wangen. Tränen des Glücks. Tränen der Erschöpfung. Tränen des Entsetzens.

Wilde Strähnen ihrer dicken schwarzen Haare klebten auf der schweißnassen Stirn. Es machte ihr nichts aus. Das Fieber hatte nachgelassen.

Glücklich blickte sie hinunter auf das kleine Ding in ihren Armen.

Sanft wiegte sie ihr Kind, bis es müde wurde und an ihrer Brust einschlief. Ein neues Leben hatte begonnen. Was konnte es Schöneres geben?

Ihr Sohn war so klein, so unschuldig und hilflos, und doch so voller Leben und voller Kraft. Ein ganzes Menschenleben stand ihm bevor, wie lang es auch immer währen mochte.

All die Wunder, die Schönheit und das Grauen! Hoffnung, Liebe, Leidenschaft, Glück, Angst, Enttäuschung. Die erhabenen Augenblicke und die finsteren Nächte. Die Niederlagen, die er erleiden, und die Eroberungen, die er machen würde. Caysey wusste, dass sie alles für ihn tun würde. Sogar sterben, wenn es sein musste.

Beklommen blickte sie auf. Über ihr spannte sich der Himmel von Atlantis. Er war fahl geworden, als würde sogar der Himmel sterben. Die wenigen Wolken waren löchrig und schwarz, als wären sie bereits tot. Ein trübes Gelb erfüllte den Weltenschoß.

Weltenschoß – so nannte ihr Volk die gebirgige Gegend zwischen der Ostküste des Kontinents und dem Fluss Ondulon im Westen. Im Weltenschoß lag Cayseys Dorf, umgeben von einem Palisadenzaun und einem Meer aus rotem Schilf. Nach den uralten Legenden ihres Stammes war dies der Ort, an dem die Göttin Gia die Erde und all ihre Lebewesen geboren hatte.

Erneut blickte Caysey hinab zu dem kleinen Wunder in ihren Armen und streichelte seine Wangen. Das Kind reagierte mit einem schläfrigen Lächeln.

Ja, es war ein Wunder, dass sie und das Kind lebten. Caysey hatte geglaubt, der Totgebärer-Fluch würde sie beide treffen. Sie war nach Atlantis zurückgekehrt, um zu sterben. Nur ein letztes Mal hatte sie in ihrer Heimat sein wollen, nur einen einzigen Blick auf ihr Kind erhaschen. Aber die Götter hatten ihre Gebete erhört und den Fluch von ihr genommen.

Zitternd richtete sich Caysey auf, drückte dabei das Kind fest an sich.

Sie stand auf dem grasbewachsenen Dorfplatz, um sie herum die einfachen Pfahlbauten und am Rand einige hölzerne Tonnen, in denen die Dorfbewohner Getreide aufbewahrten. Die Dorfbewohner – sie kannte sie alle. Ferek, Shinnara, Tusunti, Heya ... Sie lagen auf dem Gras, in verkrümmter Haltung und kaum als Menschen zu erkennen. Ihre Körper waren von schwarzen Wucherungen übersät.

Einige von ihnen waren geradezu zerflossen. Mit zaghaftem Schritt ging Caysey um sie herum. Sie sahen so aus, als habe ihr eigenes Fleisch sich nach außen gestülpt und sie aufgefressen. Dabei war es schwarz geworden und vertrocknet, wie verbranntes Holz.

Caysey konnte nicht einmal erahnen, um wen es sich bei den Toten gehandelt hatte. Nur einmal erkannte sie einen Wickelrock, den die junge Vayliri immer getragen hatte. Er hing in Fetzen an einer dieser verkohlten Gestalten. Der Körper war so verdreht, dass die nackten Rippen wie tote Äste in die Höhe ragten. Das Fleisch spannte sich als zähe, schwarze Masse um den Brustkorb, das geöffnete Gebiss war das eines Totenschädels. Die Augenhöhlen waren leer und starrten dennoch anklagend hinauf zum Himmel.

Mit Schaudern wandte sich Caysey ab. Nur um als Nächstes die beiden unförmigen Körper vor Caychlas Hütte zu sehen. Sie waren von schwarzen Beulen bedeckt und lagen zusammengesunken an den Pfählen, auf denen die Hütte stand, genau dort, wo die alte Rockknüpferin bei trockenem Wetter immer mit ihrem Mann gesessen hatte. Was einmal der Kopf des einen Körpers gewesen sein mochte, lehnte an der Schulter des anderen.

Caysey atmete schwer, als sie begriff, was all das zu bedeuten hatte: Perry und Sichu waren zu spät gekommen. Dieser Tolcai hatte das Talagon geöffnet und die Sternenpest über Atlantis gebracht. Als Folge davon wurde alles Leben auf dem Kontinent ausgelöscht, ganz Atlantis musste sterben. Schlimmer noch: Dies galt nicht nur für Atlantis und die Erde, sondern auch für einen Großteil des Lebens in dem Sternenbogen, den Perry und Sichu einen Spiralarm der Galaxis genannt hatten. Der Tod würde noch Wesen erfassen, die in einer Entfernung von der Erde lebten, die Caysey in vielen Leben nicht durchwandern konnte.

Caysey hatte keine Tränen mehr. Sie atmete schwer.

Das bedeutete, Perry und Sichu waren ebenfalls gestorben. Sie mussten sich im Zentrum des Ausbruchs befunden haben. Wahrscheinlich waren sie die ersten Opfer gewesen. Ebenso Rowena, die arkonidische Schönheit, die so anders war als die naturverbundene Atlanterin Caysey. Zuerst war Rowena ihre erbitterte Feindin gewesen und dann doch zur Kameradin geworden. Caysey hatte von Anfang an gewusst, dass Rowena nicht böse war. Am Ende hatte sie ein besonderes Band verbunden. Und jetzt waren Perry, Sichu und Rowena tot. Ebenso alle anderen Menschen, die Caysey jemals gekannt hatte. Einige davon hatte sie geliebt.

Ja, Atlantis und die halbe Galaxis mussten sterben. Aber Caysey und ihr Kind durften leben. Warum? Was war geschehen? War es wirklich eine Gnade der Götter gewesen? Oder war es eher ihr Fluch?

Was sollte das denn für ein Leben werden: als einzige Überlebende auf dem großen Kontinent Atlantis? Sollten sie und ihr Sohn als letzte Menschen auf der Erde durch die Wälder, Wüsten und Steppen von Atlantis streifen? Würden sie die Überreste der silbernen Stadt der Arkoniden erkunden oder den großen Kuppelbau, den diese angeblich vor der Küste unter Wasser errichten ließen – dort, wo Caysey erst vor wenigen Wochen Perry und Sichu getroffen hatte?

Sie dachte über das Geständnis nach, das Perry Rhodan ihr gemacht hatte: In der ganzen Zeit, in der sie gemeinsam unterwegs gewesen waren, hatte er Wissen aus der Zukunft besessen, aus der er nach Atlantis gekommen war. Wissen über das Schicksal des Kontinents. Dieser stand am Rand einer großen Katastrophe – Atlantis würde untergehen.

Damit konnte Perry nicht die Sternenpest gemeint haben, denn deren Ausbruch zu verhindern war er ja gerade angetreten. Nein, Perry hatte von einer noch größeren Katastrophe gesprochen, die den Kontinent innerhalb kurzer Zeit vollständig vernichten würde. Atlantis würde wahrhaftig im Meer versinken, und daher hatten Caysey und ihr Sohn ohnehin nicht mehr lange zu leben, auch wenn sie beide die Niederkunft überstanden hatten. Wie konnte sie unter diesen Umständen den Göttern dafür danken, dass sie den Totgebärer-Fluch abgewehrt hatten?

»Vrouhtou-Tam!«, fluchte Caysey.

Die Götter hatten ihr die Gnade erwiesen, den Fluch von ihr zu nehmen?

Einen Scheiß hatten die Götter!

Caysey sah um sich die zerfetzten und zerflossenen, kohlig schwarzen Körper der Dorfbewohner, die wie erstarrt dalagen. Eine unheilvolle Ruhe hatte sich um das Dorf gelegt. Nur ein seichter Wind bewegte ganz leicht die Haare, die einigen der Leichen noch am Kopf hingen. An diesem Ort lebte nichts mehr.

Die Götter, wenn es sie gab, hatten über Atlantis gerichtet.

Wieder dachte Caysey an Perry Rhodan, Sichu Dorksteiger und sogar den Roboter RCO, mit denen sie in Gefilde vorgestoßen war, die sie sich in ihren wildesten Träumen nicht hätte ausmalen können.

Sie hatte gelernt, dass die Götterfäuste, die vom Himmel gekommen waren, in Wahrheit Raumschiffe waren – Fahrzeuge, von arkonidischen Siedlern gebaut und zur Erde geschickt. Die Magier in eisernen Rüstungen, denen sie auf Atlantis begegnet war, waren künstliche Wesen – Roboter, ebenfalls von Arkoniden geschaffen und eben nicht von Göttern. Die funkelnden Lichter am Himmel, die Caysey in der Nacht sehen konnte, waren Sterne und Planeten wie die Erde. Menschen konnten diese Sterne und Planeten durch die Abgründe des Weltenraums mit Raumschiffen erreichen. Dort fanden sie dann eine große Anzahl anderer intelligenter Wesen vor, die anders aussahen als Menschen und andere Luft atmeten.

Caysey wusste es, denn sie hatte es selbst erlebt. Sie war dort gewesen. Sie hatte Wunder gesehen und Abgründe, die allesamt nichts mit Göttern zu tun gehabt hatten.

Das Kind in ihrem Arm rührte sich schlaftrunken. Mit geschlossenen Augen fand es eine von Cayseys Brustwarzen und nuckelte zufrieden daran.

Der Beginn des Lebens – und der Tod allen Lebens. An diesem Ort, im Weltenschoß, lagen sie nah beieinander, als gehörten sie hierher und schon immer zusammen.

Caysey wusste nicht, ob all ihre wirren Gedanken einen Sinn ergaben. Sie hatte keine Ahnung, ob Menschen überhaupt einen Sinn in den Wirrnissen des Lebens erkennen konnten. Sie hatte einfach immer nur gelebt und machte sich über so etwas keine Gedanken.

Aber sie hatte erkannt, dass all dies nicht das Werk von Göttern war.

2.

So endete es also.

Perry Rhodan und Sichu Dorksteiger lebten. Aber wie lange noch?

Noch schützte Rhodan sein kosmokratisch geprägter Zellaktivator. Wäre er nur Besitzer eines normalen Unsterblichkeitsgeräts gewesen, wäre der Chip vermutlich schon lange ausgebrannt durch die tödliche Wirkung der Nukleotiden Pest. Selbst herkömmliche Unsterblichkeit, wie sie Superintelligenzen verliehen, schützte nicht vor einer tödlichen Waffe der Chaotarchen. Zwar war Rhodan der Chip in seiner Schulter einst von der Superintelligenz ES übergeben worden. Jedoch handelte es sich um ein speziell auf ihn abgestimmtes Exemplar aus den Werkstätten der Kosmokraten, das ES nur weitergereicht hatte.

Rhodans Frau empfing ebenfalls die belebenden Impulse des kosmokratischen Geräts, solange sie in seiner Nähe blieb. Nur deshalb lebte sie überhaupt noch. Und wohl auch, weil sie sich innerhalb QUARTAMS aufhielt, jenes wunderbaren Raumschiffs, das aus einer kosmokratischen Wunderpille erzeugt worden war.

Sichu lebte, doch sie lag im Sterben. Ihre Haut wirkte wie zerknittertes Kohlepapier, aus dem immer neue Blasen hervortraten und aufplatzten. Sichus Augen waren verquollen, alle paar Sekunden wuchsen in ihrem Gesicht neue Tumoren, die einander überlagerten. Die einst wunderschöne smaragdgrüne Haut mit den goldenen Fraktalmustern war eine stumpfgraue Kraterlandschaft geworden. Sichu war kaum noch bei Bewusstsein.

Rhodan hielt seine Frau eng im Arm, sein Gesicht nah an ihrem. Sie fühlte sich unendlich schwach und federleicht an, zerbrechlich wie ein vertrocknetes Eichenblatt, weit entfernt von der tapferen Kämpferin, als die er sie kennengelernt hatte. Ein leises Stöhnen löste sich aus ihrem Hals. Rhodan spürte ihren rasselnden Atem und fürchtete, er würde jeden Moment verstummen.

Wenigstens waren die verdammten Masken geschmolzen, die sie fast während ihres gesamten Abenteuers in der Vergangenheit getragen hatten. Damit hatten sie verhindern wollen, dass die Kenntnis ihrer Gesichter ein Zeitparadoxon auslöste – etwa weil der unsterbliche Arkonide Atlan sich später an sie erinnern würde.

Rhodan lachte trocken und humorlos auf. Er hustete. Ihm ging es kaum besser als seiner Frau. Es war nur eine Frage der Zeit, bis selbst sein kosmokratischer Zellaktivator schlappmachte.

Zeitparadoxon! Was spielte das in diesem Moment noch für eine Rolle? Soeben wurden sie Zeugen, wie unter ihnen alles Leben auf dem Kontinent Atlantis in der Nukleotiden Pest verging. Ebenso würde alles Leben auf der Erde ausgelöscht werden, und somit auch die Vorfahren der Menschheit, aus der er, Perry Rhodan, hervorgegangen war. Mehr noch, die Hälfte der Völker der Galaxis, wie er sie aus der Zukunft kannte, würde aufhören zu existieren, 10.000 Jahre, bevor er überhaupt geboren worden war.

Das war ein Zeitparadoxon, das sich gewaschen hatte. Und sie hatten Arkonidenmasken angelegt, damit Atlan sich später nicht an sie erinnerte – welch lächerlich untauglicher Versuch, ein Zeitparadoxon zu verhindern!

Durch die zum Teil transparent geschaltete Außenhaut des Raumschiffs QUARTAM sah Rhodan unter ihnen die Attava-Wüste des Kontinents Atlantis vorbeigleiten.

Sie überflogen Atlantis im Bauch eines unglaublichen Wesens: Das blau schimmernde Kosmokratenraumschiff QUARTAM war aus der unfassbaren Transformation des arkonidischen Wissenschaftlers Quartam da Quertamagin hervorgegangen. Quartam war buchstäblich selbst zum Raumschiff QUARTAM geworden. Seine Haut, Fleisch und Knochen waren in ihre Atome zerlegt und neu angeordnet worden. Quartams Herz war in einen hoch entwickelten Hyperantrieb verwandelt worden, sein Gehirn zu einer Positronik umfunktioniert, die alles wusste und alles sah.

QUARTAM hatte eine ovale, in zwei Hälften geteilte Form, die entfernt an ein menschliches Gehirn erinnerte. Es war etwa so groß wie ein normaler Raumgleiter mit Platz für zwei Piloten. Aber er war ein kosmokratisches Wunderprodukt, das der Technik der Raumschiffe aller Völker der bekannten Galaxis weit überlegen war.

Und dennoch: Auch QUARTAM litt unter der Nukleotiden Pest. Der Schiffskörper flackerte, war mal silberfarben, mal blau – mal transparent, mal undurchsichtig. Betrafen die Störungen nur das äußere Erscheinungsbild, oder war die Stabilität des Kosmokratenschiffs bereits fundamental gefährdet?

Sie hatten die Arkonspitze, wo Tolcai das Talagon geöffnet und damit das Unheil über die Galaxis gebracht hatte, weit hinter sich gelassen und überflogen die atlantische Wüste in niedriger Höhe. Es war eine wilde, sinnlose Flucht.

»Wir werden nicht verfolgt«, verkündete die Stimme des arkonidischen Wissenschaftlers.

Zuvor hatte QUARTAM sich ihnen als Holo oder Semimanifestation in seiner alten Gestalt gezeigt. Rhodan hätte nicht zu sagen vermocht, von wo genau aus dem Leib QUARTAMS Stimme ertönte. Sie waren buchstäblich im Innern des Wissenschaftlers. Rhodan versuchte herauszuhören, ob QUARTAM das Versagen der Schiffssysteme fürchtete.

Aber die Stimme blieb sachlich. »Die STRAHLKRAFT befindet sich noch immer an der Arkonspitze.«

»Tolcai hat es nicht nötig, uns nachzusetzen«, krächzte Rhodan. Sein Mund fühlte sich trocken an. Seine Hände, die sanft Sichus Schultern umfassten, wurden grau und rissig. Trotzig wandte er den Kopf, als säße Quartam irgendwo neben ihm in der Kabine. »Er hat ja bereits gewonnen. Und wir können nichts dagegen tun.«

Beinahe bedauerte es Rhodan, dass er durch das Gespräch mit QUARTAM wertvolle Sekunden vergeudete. Es kam doch nur noch darauf an, dass er die letzten Atemzüge mit seiner Frau teilen konnte.

»Ich habe es Ihnen schon gesagt«, behauptete QUARTAM im Tonfall eines Lehrers, der mit einem begriffsstutzigen Schüler spricht. »Es gibt eine Lösung, die Sie die ganze Zeit vor der Nase gehabt haben. Ich arbeite bereits daran.«

Rhodan hatte keine Lust und keine Zeit mehr für ätzende Bemerkungen. »Quartam!«, brachte er hervor. »Können Sie etwas für Sichu tun? Meine Frau stirbt!«

Das Raumschiff schwieg für einen Moment, offenbar verblüfft, dass Rhodan sich um ein einzelnes menschliches Schicksal sorgte. »Wir alle sterben gerade«, erklärte QUARTAM dann geradezu fröhlich. »Die Nukleotide Pest ist kein Sommerschnupfen. Ich arbeite auch daran.«

Wie zum Hohn flackerte das Raumschiff wieder. Für einen Moment wurde sein gesamtes Innenleben vollständig transparent. QUARTAM sackte ein Stück ab, fing sich dann wieder und folgte weiter seinem ursprünglichen Kurs über die Wüste.

»Verzeihen Sie«, sagte die Stimme des Wissenschaftlers. »Ich benötige im Moment sämtliche Energie zu meiner eigenen Stabilisierung. Sobald wir die Ausläufer des Zentralmassivs erreichen, suchen wir nach einem Versteck zur Landung. Dann kümmere ich mich um Ihre Frau.«

Rhodan hielt den Atem an. Seine Augen brannten.

Hatte der in ein kosmokratisches Raumschiff verwandelte arkonidische Wissenschaftler, der 10.000 Jahre vor Rhodans Geburt lebte, ihm gerade so etwas angeboten wie ein winziges Stückchen Hoffnung?

*

Der Himmel flimmerte und wirkte fahl gelblich. Unter ihnen glitt noch immer die Attava-Wüste dahin.

Rhodan hatte keine Ahnung, ob die Farbe des Himmels Aufwirbelungen des Wüstensands zu verdanken oder bereits ein Anzeichen des Weltuntergangs war, der in diesem Moment die Galaxis erfasste.

Er hatte das Gefühl, sie schossen schon seit Stunden über die Wüste – und das mit Höchstgeschwindigkeit. Die ganze Zeit lag unter ihnen nichts anderes als ein Meer aus ewigem Sand. Rhodan machte sich wieder einmal klar, wie groß der Kontinent Atlantis war, der in der Zukunft fast vollständig im Atlantik versunken sein würde.

In der Zeit, in der er sich in diesem Moment befand, erstreckte Atlantis sich zwischen dem späteren Nordamerika und der iberischen Halbinsel über fast 4000 Kilometer – das entsprach etwa der Entfernung zwischen Los Angeles und New York, oder zwischen dem alten Portugal und der Ukraine. Der Kontinent umfasste Wüsten, Steppen, Wälder, Grasland, Sumpfland und Gebirge. Das atlantische Zentralmassiv, dem sie sich in rasender Fahrt näherten, war die Haupt-Klimascheide des Kontinents und trennte die Attava-Wüste von den feuchteren Gegenden im Osten.

Schon kamen die Ausläufer des Gebirges in Sicht.

Rhodan atmete auf. QUARTAM hatte ihm die Aussicht geboten, Sichu zu behandeln, sobald sie in den Bergen Schutz gefunden hatten.