Wega 3: Im Garten des Unsterblichen - Olaf Brill - E-Book

Wega 3: Im Garten des Unsterblichen E-Book

Olaf Brill

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Beschreibung

Als die Menschen ins All vorstießen, gelangten sie zuerst ins System der blauen Sonne Wega und ihrer 42 Planeten. Dort trafen sie nicht nur auf Außerirdische, sondern auch auf das Galaktische Rätsel. Nach vielen Abenteuern konnten sie es lösen. Mehr als 3600 Jahre später sind die Bewohner des Wegasystems und die Menschen von der Erde längst gute Freunde. Doch als Perry Rhodan den Planeten Ferrol besucht, entwickeln sich auf einmal Raum-Zeit-Anomalien. Das gesamte System wird in einen undurchdringlichen Schirm gehüllt. In seinem Inneren sind Milliarden von Lebewesen gefangen. Was steckt dahinter? Kann Perry Rhodan das neue Galaktische Rätsel lösen?

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Nr. 3

Im Garten des Unsterblichen

Ein Testgebiet für ES –sie erreichen einen seltsamen Raum

Olaf Brill

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

Impressum

Seit mehr als dreieinhalb Jahrtausenden bereisen die Menschen den Weltraum und erforschen die Wunder des Universums. Sie sind faszinierenden Fremdvölkern begegnet, haben zahlreiche Welten besiedelt und kosmische Geschichte gestaltet.

Als die Raumfahrer einst zu den Såternen aufbrachen, war das Sonnensystem der Wega ihr erstes Ziel. Im Jahr 2059 Neuer Galaktischer Zeitrechnung kehrt Perry Rhodan dahin zurück, wo er das Volk der Ferronen kennengelernt und den Schlüssel zur Unsterblichkeit entdeckt hat.

Er gerät mitten in einen Krisenherd. Eine unbekannte Macht greift die Ferronen und Menschen an. Gleichzeitig erhält Rhodan eine Nachricht des mysteriösen Geisteswesens ES. Um die aggressiven Gegner abzuwehren, muss der Terraner einem neuen Galaktischen Rätsel nachspüren.

Gemeinsam mit einer Raumpilotin, die aus ferner Vergangenheit zu ihm gestoßen ist, durchreist Perry Rhodan eine sonderbare Welt voller Prüfungen. Schließlich finden sich die zwei Terraner wieder IM GARTEN DES UNSTERBLICHEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner ist auf der Spur des zweiten Galaktischen Rätsels.

Gillian Wetherby – Rhodans Begleiterin erinnert sich an eine ferne Vergangenheit.

Kirlea Monmussan-O – Die Hinatin will einen Roboter zum Leben erwecken.

Carl Palmer – Ein Raumpilot und Spieler kommt ins Wegasystem.

Krakatau

1.

Perry Rhodan und Gillian Wetherby stolperten in eine neue Welt.

Die Folienhelme ihrer Raumanzüge falteten sich automatisch auf, stellten jedoch keine hermetische Versiegelung her. Denn wie die Positroniken ihrer hoch technisierten Monturen sofort feststellten, war die Umgebungsatmosphäre für Menschen atembar.

Das Licht einer tief stehenden Sonne strahlte von einem wolkenverhangenen Himmel auf die Neuankömmlinge herab. Rhodan roch kühle, rauchige Luft. Dichter Nebel umhüllte seine Beine.

Der Anblick, der sich ihm bot, überraschte ihn.

Er hatte eine dicht bewohnte Siedlung erwartet, den Innenkanton von Fementa-Oist, der Rollenden Stadt der Oigani – also wie zuvor enge Räume, zahllose Gerüche und ein heilloses Durcheinander. Stattdessen fanden sie sich in einer hügeligen Landschaft wieder, mit einer weißen Nebeldecke, die sich über das Gelände erstreckte. Vereinzelte Zweige bizarr verwinkelter Bäume ragten aus dem Dunstschleier. Trieb ES wieder seine Scherze mit ihnen?

»Krakatau!«, keuchte Wetherby neben ihm. »Er muss direkt hinter uns gewesen sein. Er wird nicht lange brauchen ...«

»... bis er uns in den Transmitterbaum folgt, ich weiß«, ergänzte Rhodan. Er griff nach seinem Kombistrahler und sah sich prüfend um.

Wetherby hatte ihre Waffe längst gezogen. Sie fixierte damit imaginäre Gegner, die sich jederzeit aus dem Nebel auf sie stürzen konnten. Rücken an Rücken stießen sie in einer Kreisbewegung weiter in die Landschaft vor, die Strahler im Anschlag.

Der uralte Baum, durch den sie in Fementa-Oist gegangen waren, war verschwunden, ebenso die Schmetterlinge, die ihn umflattert hatten – Sinnbilder der Superintelligenz ES. Der Baum war von einer Art harzigen Glasschicht überzogen gewesen, als sei er eine Mischung aus künstlichem und organischem Leben. In seinem Innern hatte sich offenbar ein Materietransmitter verborgen, der sie in diese seltsame Landschaft befördert hatte. Eine Gegenstation war nicht zu entdecken. Sie waren einfach ins Freie gefallen. Es hatte sich also um einen echten Fiktivtransmitter gehandelt, der seine Passagiere überallhin befördern konnte – sogar auf einen anderen Planeten.

ES könnte uns Zehntausende Lichtjahre weit geschleudert haben.

»Wir müssen weg hier«, drängte Wetherby. Seine Begleiterin betrachtete sich als seine persönliche Leibwächterin, deren Aufgabe es war, ihren Schützling so schnell wie möglich aus der Gefahrenzone zu bringen.

Jede Sekunde konnte auch ihr Verfolger durch das Fiktivfeld stürzen. Der Maccani Krakatau, der sich selbst Bastardprinz nannte, hatte in einem Handstreich das Wegasystem erobert. In Fementa-Oist war er ihnen zielstrebig auf den Fersen geblieben und hatte sich als vollkommen skrupellos erwiesen. Ein Leben bedeutete Krakatau nichts. Der Maccani hatte offenbart, dass er hinter dem Zellaktivator her war, der unter Rhodans Schlüsselbein saß. Ihm verdankte der Terraner sein mittlerweile mehr als dreieinhalb Jahrtausende währendes Leben. Krakatau wollte Rhodan das kleine Gerät aus der Schulter reißen.

Aber wohin mochte der Fiktivtransmitter ihren Verfolger schleudern, wenn er ebenfalls die Route durch den glasüberzogenen Baum nahm? Würde er wahrhaftig an derselben Stelle rematerialisieren wie Rhodan und Wetherby?

Höchstwahrscheinlich ja. Weil es eine Prüfung von ES ist, gab sich Rhodan selbst die Antwort. Jeder Prüfling bekommt dieselbe Chance. Sofern er nicht von vornherein aussortiert wird.

Auf Fementa-Oist hatten sie erfahren, dass bereits früher Angehörige verschiedener Völker an diesen Ort vorgedrungen waren. Aber wo waren diese nun? Hatten sie die Prüfung bestanden oder nicht? ES hatte sogar von einem zweiten Galaktischen Rätsel gesprochen, einer neuen Version der großen Prüfung, mit der Rhodan einst auf die kosmische Bühne getreten war.

Während sie sich weiter durch die Nebellandschaft drehten, kniff Rhodan die Augen zusammen. »Kannst du die Stelle sehen, an der wir rausgekommen sind?«

»Ich bin mir nicht sicher«, sagte die dunkelhäutige Terranerin. »Da drüben?«

Rhodan schüttelte den Kopf. »Aber ein Baum war vorher doch nicht in unserer Nähe!« Er deutete auf ein paar dürre Zweige, die sich wie ein düsteres Gespenst in die Höhe reckten.

»Die Landschaft scheint sich zu verändern«, stellte Wetherby fest. »Oder ist es nur der Nebel, der Irrbilder erzeugt?«

Ein bläuliches Leuchten verriet Rhodan, dass Wetherby das Innendisplay ihres Raumhelms nutzte. »Ich versuche, die Gegend zu kartografieren«, sagte sie. »Verdammt! Schutzschirm und Ortung funktionieren noch immer nicht. Können Sie mich hören, Sir?«

Rhodan verstand sofort. Die Raumjägerpilotin prüfte die Funktionen des SERUNS, die bei ihrem Aufenthalt in Fementa-Oist ausgefallen waren. Das »Sir« war ein Überbleibsel des soldatischen Drills der Dritten Macht.

Rhodan aktivierte seinen Helmfunk und machte Wetherby zuliebe eine exakte Meldung. »Negativ, Captain Wetherby.« Er lächelte und fügte hinzu: »Wir werden uns mit den simplen Dingen des Lebens begnügen müssen, Gillian.«

»Schon klar ... Perry.«

Die kämpferische, aber pragmatische Pilotin gefiel ihm. Gillian Wetherby passte sich schnell an neue Situationen an und tat dann, was getan werden musste. Das war erstaunlich angesichts der Tatsache, dass sie vor gerade mal einem Tag aus ihrer Zeit gerissen und mehr als 3600 Jahre in die Zukunft geschleudert worden war. Manch hartgesottener Raumsoldat wäre an diesem Schicksal verzweifelt. Andererseits war es genau diese Haltung, die Rhodan damals von den Männern und Frauen verlangt hatte, die unter seinem Oberkommando gedient hatten. Ohne Frauen wie Wetherby wäre es den Terranern niemals gelungen, mit den vielen Herausforderungen fertigzuwerden, die auf sie zugestürzt waren, als die Erde plötzlich Kontakt zu anderen galaktischen Völkern bekommen hatte.

»Das ist nicht die Wega!«, rief Wetherby plötzlich.

Die Wolken rissen auf und offenbarten eine im Morgendunst rot wabernde Sonne. Dadurch veränderte sich die Nebellandschaft erneut. Lange Schatten von Baumkronen legten sich auf die Oberfläche des Nebels wie ein Netz, aus dem es kein Entrinnen gab.

Rhodan fluchte. Die Ortungssysteme der Einsatzmonturen waren nach wie vor ausgefallen. Zu gern hätte er in Erfahrung gebracht, auf welchen Planeten es sie verschlagen hatte. Er konnte zwar auf die umfangreichen Wissensdateien der Anzugpositronik zugreifen, aber die nützten ihm herzlich wenig, wenn der Himmelskörper ihnen nur den Anblick einer anscheinend ganz gewöhnlichen Feld-Wald-und-Wiesen-Sonne bieten konnte. Vielleicht hatte er mehr Erfolg, wenn in der Nacht Sternbilder sichtbar wurden.

»Es ist nicht die Wega«, wiederholte seine Begleiterin in Gedanken versunken. »Also hat uns der Transmitter auf einen anderen Planeten versetzt. Infolgedessen ist dies nicht der Innenkanton von Fementa-Oist. Wir haben unser Ziel verfehlt.«

An die Existenz von Materietransmittern, eine Technologie, die sie erst seit wenigen Monaten kannte, hatte sich Wetherby genauso schnell gewöhnt wie an den Gedanken, womöglich für immer auf einem unbekannten Planeten gestrandet zu sein. Nur den Jargon der Dritten Macht wurde sie nicht so schnell los. Und sie beging einen Denkfehler.

»Ich glaube dennoch, dass wir auf der richtigen Spur sind, Gillian«, widersprach Rhodan. »Warum sollte ES uns auf irgendeinen Hinterwäldlerplaneten verbannen?« Mit einem flauen Gefühl dachte er allerdings daran, dass ES sich im Laufe der Jahrtausende keineswegs immer als Herr seiner Sinne erwiesen hatte. »Ich bin bereits in Städten gewesen, deren Teile auf mehrere Galaxien verteilt waren. Vielleicht handelt es sich hier um ein ähnliches Phänomen. Wir müssen nur dahinterkommen. Beim ersten Galaktischen Rätsel mussten wir beweisen, dass wir fünfdimensional denken können.«

»Und denkst du noch fünfdimensional?«, fragte Wetherby keck.

Rhodan seufzte ein wenig übertrieben. »Die Hauptpositronik der STARDUST II und die Mutanten haben mir damals dabei geholfen. Ich hoffe, ES hat diesmal ein einfacheres Spiel im Sinn. Aber mit dir an meiner Seite mache ich mir da gar keine Sorgen.« Er zwinkerte seiner Begleiterin zu.

Wetherby lachte. »McClears hatte da einen Spruch drauf. Den wiederholte er gern, wenn du gerade verschwunden warst, auf der Jagd nach dem geheimnisvollen zehnten Wegaplaneten oder so. Ich glaube, er hätte nichts mehr dagegen, wenn ich ihn dir nach all diesen Jahren verrate.«

Wenn sich Rhodan nicht irrte, hatte Captain John McClears das Kommando über die im Wegasystem ausgeschleusten Beiboote der GOOD-HOPE-Klasse innegehabt, als Rhodan damals mit der STARDUST II der Spur von ES gefolgt war.

»Was war das für ein Spruch?«, fragte er.

»Der Chef wird's schon richten«, verkündete Wetherby in heiligem Ernst.

Rhodan lachte trocken auf. Ja, das passte zu dem kleinen Mann mit den fuchsroten Haaren, an den er sich dunkel erinnerte. McClears war leicht mal aus der Fassung zu bringen gewesen, dennoch ein hervorragender Offizier. Ein Absolvent der Pilotenakademie der US Space Force, der später zur Dritten Macht gewechselt war, genau wie Wetherby.

»Während wir durchs Nebellabyrinth stochern«, sagte Perry Rhodan gedehnt, »wie wär's, wenn du weitererzählst, wie es dir damals ergangen ist, als ihr den Ruf zur Wega bekamt.«

2.

»Wir sind dem S-3-Jagdgeschwader von McClears zugeteilt«, erzählte Carl Palmer.

Es war Oktober 1975, eine kalte, windige Nacht in der Wüste Gobi. Gillian Wetherby und ihr befreundeter Kollege saßen in einem wuchtigen, doch flachen Personentransporter, der sie auf das Raumstart- und Landefeld von Galakto City hinausbringen sollte. Nach und nach bestiegen die anderen Raumjägerpiloten, meist in Zweiergruppen, das Bodenfahrzeug. Manche grüßten militärisch zackig, andere mit einem verwegenen Grinsen, besonders wenn sie die einzige Frau im Fahrzeug bemerkten. Wetherby verstand, dass die meisten nervös waren, es jedoch in diesem Moment nicht zeigen wollten, in dem es endlich hinausging zur STARDUST II und danach zur Wega.

Sie grüßte zurück und hoffte, dass man ihr die eigene Unruhe nicht ansah. Wetherby blickte durch das staubige Fenster zum Sternenhimmel hinauf. »Dann sitzen wir also direkt beim Alten in der Oberkaulquappe. Hast du schon von unseren großartigen Unterkünften gehört?«

Palmer nickte bekümmert. »Sie pferchen uns in den Mannschaftsquartieren der Kaulquappen zusammen. Dabei ist die STARDUST II der größte Pott, den du dir vorstellen kannst. Da drin könnten sie die ganze Erste Kavalleriedivision unterbringen – mitsamt Pferden! Das Ding hat mehrere Messen, Freizeitbereiche, selbst ein Casino. Aber Rhodan hat jeden verfügbaren Kubikzentimeter vollgepackt mit Fracht für die Wega, sogar die Beiboothangars.«

Wetherby lachte humorlos auf. »Als Raumjägerpilot hast du doch Erfahrung mit dem Eingepferchtsein!«

Der Engländer verzichtete auf eine Entgegnung und starrte seinerseits aus dem Fenster.

Wetherby suchte und fand den hellsten Punkt im Sternbild der Leier: die Wega.

Das Licht, das sie derzeit sah, war vor 27 Jahren abgestrahlt worden, als die kleine Gillian gerade mal sechs Jahre alt gewesen war. Für Raumschiffe der Erde hatten 27 Lichtjahre noch vor kurzer Zeit eine unüberwindbare Distanz dargestellt. Für die STARDUST II indes war es nur ein Katzensprung. Perry Rhodan hatte das im Wegasystem erbeutete arkonidische Schlachtschiff für die Menschheit vereinnahmt und ihm selbstbewusst den Namen seiner ersten Mondrakete gegeben. Mit der alten STARDUST I wäre er nicht mal bis zum Mars gekommen.

Wetherby und Palmer dagegen waren seit mehr als einem Jahr daran gewöhnt, in torpedoförmigen Raumjägern arkonidischer Bauart durchs Sonnensystem bis jenseits der Mars- und sogar der Saturnbahn zu flitzen. Sie fühlten sich in den kleinen Maschinen allerdings stets wie eine Sardine in der Büchse.

Die arkonidischen Konstrukteure hatten großen Wert darauf gelegt, möglichst viel Platz für das gewaltige Impulstriebwerk und die zahlreichen Hilfsaggregate zur Verfügung zu stellen: alles für die Technik! Dennoch liebten es die terranischen Piloten, in ihren Sardinenbüchsen über die Grenzen der Planetenbahnen hinauszuschießen und die Beschleunigung im freien Raum auf sechshundert Kilometer pro Sekundenquadrat hochzujagen. Binnen zehn Minuten vermochten sie dadurch fast Lichtgeschwindigkeit zu erreichen. Dann hatten sie das Gefühl, an jeden Punkt des Universums vorstoßen zu können.

Sie hatten nur wenige Monate Zeit gehabt, die neuen Raumfahrzeuge zu testen, die auf der Erde nach Plänen der Arkoniden gebaut worden waren. Doch nach Hunderten Raumflugstunden beherrschten sie die Jäger mittlerweile perfekt. Pilot und Raumschiff waren eins, und Wetherby und Palmer waren ein eingespieltes Team, so wie es viele kongeniale Duos in der gerade entstehenden terranischen Raumflotte gab: Deringhouse und Klein, Perkins und Hoffmann, Wayne und Parker. Das waren genau die Leute, die Rhodan für die Wega brauchte.

Der Personentransporter füllte sich langsam mit diesen tollkühnen Männern. Palmer war einer der wenigen, der niemals blöde Witze über die einzige Frau ihrer Truppe machte. Noch dazu eine mit merklich dunkler Hautfarbe. Das rechnete Wetherby ihm hoch an. Für ihn war sie einfach eine verdammt gute Kameradin. Diese Haltung war keine Selbstverständlichkeit.

Dennoch hatte sich Palmer verändert, seit sie in Galakto City auf eigene Faust jenem Saboteur nachgespürt hatten, der für die bösartige Manipulation der Steuerpositronik eines Raumjägers verantwortlich gewesen war. Palmer hatte in Notwehr auf ihn geschossen, der Saboteur war in einen Energieschirm gestürzt und in seine atomaren Bestandteile aufgelöst worden. Für wen hatte er gearbeitet? Hatte er weitere Triebwerke manipuliert? Der Tote konnte die Fragen nicht mehr beantworten.

Wetherby wurde aus ihrer Grübelei gerissen, als das Transportfahrzeug kaum merklich anruckelte und aufs Start- und Landefeld hinaussteuerte, zu der riesigen Kugel namens STARDUST II, die in der Ferne einen Teil des Sternenhimmels verdunkelte. Während sie dem Arkonidenschiff näher kamen, musste Wetherby den Kopf immer weiter in den Nacken legen, um das Raumschiff in seiner gesamten Größe zu erfassen. Sie blickte hoch zu dem berghohen Schiffsrumpf aus bläulich schimmerndem Arkonstahl.

Das Fahrzeug stoppte unmittelbar unter der Bodenschleuse am unteren Pol. Gillian Wetherby, Carl Palmer und die anderen Piloten packten ihre Raumhelme und die Rucksäcke mit ihren wenigen Habseligkeiten: Büchern, Backgammon-Brettern und Bildern von der Familie. Dann sprangen sie beherzt auf den rauen Boden. Ein Antigravfeld erfasste sie und beförderte sie hinauf in die STARDUST II, die ab sofort ihr Schiff war.

Bald würden sie den hellen Punkt im Sternbild der Leier aus allernächster Nähe in ihren Raumjägern umkreisen.

Die Raumsoldaten johlten aufgeregt. Der Planet Erde war ihnen in diesem Moment vollkommen egal.

Auf zur Wega!

*

Der eigentliche Sprung zur Wega dauerte weniger als eine Sekunde, streng genommen nicht mal eine Nanosekunde. Das Raumschiff wurde außerhalb von Raum und Zeit durch die fünfte Dimension geschleudert, über den unvorstellbaren Abgrund von 27 Lichtjahren.

Einige weitere Sekunden dauerte es, bis die Raumfahrer die schmerzhaften körperlichen Nebenwirkungen nach der Hypertransition überwunden hatten. Arkonidische Roboter standen bereit und verabreichten, wo nötig, kreislaufstabilisierende Injektionen.

Da war sie auf den Außenbeobachtungshologrammen der STARDUST II: die Wega. Ein blauweißer Riesenstern, groß und hell, ein brodelndes Flammenmeer und – wunderschön. Heimatsonne für 42 Planeten.

Die Raumfahrer der Erde waren dem Licht der Wega entgegengeflogen. Nun sahen sie es so, wie der Stern es erst vor wenigen Minuten ausgestrahlt hatte.

Während der Kommandant der STARDUST II – niemand Geringerer als Perry Rhodan selbst – das Raumschiff mit Impulskraft auf den achten Wegaplaneten Ferrol zusteuern ließ, gellte die Stimme von Captain John McClears durch die Schiffslautsprecher der Beiboote: »Alle Jagdgeschwaderpiloten besetzen ihre Jäger zur Inspektion!«

Sofort donnerten die Stiefel der Soldaten durch die metallenen Korridore der S-3. Dann kletterten die Männer und die eine Frau in die engen Cockpits ihrer torpedoförmigen Kleinraumschiffe.

McClears wollte wohl sichergehen, dass die Raumjäger den Hypersprung unbeschadet überstanden hatten. Terraner mochten sich rasch an neue Gegebenheiten gewöhnen, aber Hopser zu anderen Sternsystemen gehörten noch nicht zu den Routineunternehmen der Menschen.

Eins war klar: Im Weltraum konnte es nicht schaden, die Einsatzbereitschaft der Technik lieber einmal mehr zu prüfen, als sich einer Gefahr durch Nachlässigkeit auszusetzen – oder Sabotage. Sogar arkonidische Supertechnik konnte versagen, wenn sie nicht gepflegt wurde. Genau das hatte schließlich dazu geführt, dass die Arkoniden seinerzeit mit ihrem Forschungsschiff auf dem irdischen Mond notgelandet waren. Schon eine schlecht angezogene Schraube oder ein Fehler im Steuerungsprogramm konnten dazu führen, dass das betreffende Raumfahrzeug in der nächstgelegenen Sonne verglühte.

Wetherby hätte nichts lieber getan, als den Raumhelm aufzusetzen, den Stufenschalter ihres Jägers hochzuschieben und mit röhrendem Impulstriebwerk hinauszuschießen ins Wegasystem. Allerdings hätte sie dazu das gesicherte Hangarschott der S-3 durchstoßen müssen, des STARDUST-II-Beiboots unter McClears Kommando, in dem Wetherbys und Palmers Raumjagdgeschwader stationiert war. Danach wäre noch das Außenschott der STARDUST II selbst zu überwinden gewesen, das sich nur auf Perry Rhodans Befehl hin öffnete.

Zwölf jeweils 60 Meter durchmessende, kugelförmige Beiboote hatte Rhodan mitsamt der STARDUST II erobert und ihnen die formelle Nummerierung S-1 bis S-12 gegeben. Jemand aus der Mannschaft hatte sie einmal flapsig »Kaulquappen« genannt. Der Begriff hatte so rasend schnell Anklang gefunden, dass er sich rasch im Flottenjargon durchgesetzt hatte, sogar beim Oberkommando.

Vier Kaulquappen hatte Rhodan zur Verteidigung der Erde daheim zurückgelassen und damit noch mehr Raum in den Hangars der STARDUST II geschaffen, den er mit Ware für das Wegasystem gefüllt hatte. Somit waren acht Kaulquappen auf dem Trägerschiff verblieben und mit ihm zur Wega zurückgekehrt. Sie waren ihrerseits die Trägerboote der Raumjagdgeschwader.

Schon bald, hoffte Wetherby, würden sie in ihren kleinen, äußerlich irdischen Kampfjets ähnelnden Raumjägern aus dem Maul der Kaulquappe schießen und um die Planeten und Monde der Wega jagen.

*

Aber die Raumjagdgeschwader schwärmten keineswegs sofort alle aus, um das Wegasystem zu sichern. Denn Rhodan hatte den Kampf gegen die echsenähnlichen Topsider bereits gewonnen und die Invasoren aus dem System gejagt. Er legte zwar Wert auf die Militärhoheit im System. Aber er hatte kein Interesse an einer allzu großen Machtdemonstration gegenüber den Ferronen, wie sich die Einwohner des Wegasystems nannten.