Atretes - Flucht nach Germanien - Francine Rivers - E-Book

Atretes - Flucht nach Germanien E-Book

Francine Rivers

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Beschreibung

Rom im 1. Jahrhundert nach Christus: Atretes ist Germanier und ein gefeierter Gladiator. Doch er empfindet nichts als Hass gegen die Römer. Schließlich fasst er einen Entschluss und macht sich auf die Suche nach seinem Sohn, der von der jungen Witwe Rizpa wie ein eigenes Kind aufgezogen wird. Als Gefahr im Verzug ist, flieht Atretes mit den beiden nach Germanien. Der Beginn einer dramatischen Mission ... Die sprachlich überarbeitete und erweiterte Neuauflage des Bestsellers von Francine Rivers. Und gleichzeitig der Abschluss der Trilogie rund um die Christen der ersten Stunde. Band 1: Hadassa - Im Schatten Roms (Nr. 5516890) Band 2: Rapha - Die Tore von Ephesus (Nr. 5516891)

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FRANCINE

RIVERS

~ FLUCHT NACH GERMANIEN ~

Roman

Aus dem Englischen von Friedemann Lux

Dieses Buch ist in Liebe und Dankbarkeit

meinem Bruder Everett Melbourne King Jr.

und seiner Frau Evelyn gewidmet.

Siehe, es ging ein Sämann aus zu säen. Und es begab sich, indem er säte, dass einiges auf den Weg fiel; da kamen die Vögel und fraßen es auf. Einiges fiel auf felsigen Boden, wo es nicht viel Erde hatte, und ging alsbald auf, weil es keine tiefe Erde hatte. Als nun die Sonne aufging, verwelkte es, und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es. Und einiges fiel unter die Dornen, und die Dornen wuchsen empor und erstickten es, und es brachte keine Frucht. Und einiges fiel auf gutes Land, ging auf und wuchs und brachte Frucht, und einiges trug dreißigfach und einiges sechzigfach und einiges hundertfach.

(Markus 4, 3–8)

Jesus aber antwortete ihnen und sprach: …Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.

(Johannes 12, 23–24)

Prolog

79 n.Chr.

Der Kerkerwächter schob den Riegel zur Seite. Das Hämmern der Nagelsandalen brachte die Gladiatorenschule in Capua vor Atretes’ inneres Auge zurück. Es roch nach Stein, Moder und Angst. Hinter einer der schweren Türen schrie jemand. Andere stöhnten leise und verzweifelt. Dann kam ein anderes Geräusch, von ganz hinten – süß, harmonisch, magnetisch. Irgendwo in der Dunkelheit sang eine Frau.

Der Wärter verlangsamte seinen Schritt und neigte den Kopf. „Hast du in deinem Leben schon mal so eine Stimme gehört?“ Das Singen hörte auf. „Schade, dass sie morgen mit den anderen stirbt.“ Er hielt vor einer der Türen an und zog den Riegel zurück.

Eine einsame Fackel flackerte an einer der Seitenwände, die Gefangenen ganz hinten waren kaum zu sehen. Die meisten waren Frauen und Kinder, dazu ein Dutzend bärtiger alter Männer. Natürlich, die Jüngeren ließ man kämpfen, gegen geschulte Gladiatoren wie Capito und Secundus – oder Atretes selbst.

Jemand rief seinen Namen, und Atretes sah, wie eine dünne Gestalt sich aus dem verdreckten Menschenhaufen löste. Hadassa.

„Ist sie das?“, fragte der Wärter.

„Ja.“

„Ah, die Sängerin. Du da! Komm raus!“

Sie bahnte sich einen Weg durch den Raum. Hände streckten sich ihr entgegen. Sie ergriff sie, lächelte und flüsterte Trost zu, bevor sie weiterging. Mit merkwürdig leuchtenden Augen schaute sie zu ihm hoch. „Was machst du hier, Atretes?“

Er nahm ihren Arm und zog sie in den Gang. Der Wärter schloss die Tür wieder. Dann öffnete er eine andere Tür auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges und zündete eine Fackel an. Atretes lauschte den Sandalen nach und ballte die Faust. Er hatte sich geschworen, nie wieder einen solchen Ort zu betreten, und jetzt war er doch hier, aus eigenem Entschluss.

Sie bemerkte seinen inneren Kampf. „Du hasst diesen Ort sicher. Was hat dich hierher gebracht?“

„Ein Traum, den ich nicht deuten kann.“

Er klang verzweifelt. Sie betete zu Gott, dass er ihr die richtige Antwort geben möge. „Erzähl ihn mir. Ich weiß die Antworten vielleicht nicht, aber Gott.“

„Ich gehe durch eine schwarze Dunkelheit. Sie lastet auf mir wie eine schwere Decke. Nur meine Hände kann ich sehen. Ich gehe lange so, ohne etwas zu fühlen. Ich suche und suche. Dann sehe ich einen Bildhauer, der das Werk seiner Hände vor sich hat – eine Statue von mir, wie eine von denen, die sie in den Läden um die Arena verkaufen, aber so lebensecht, dass sie zu atmen scheint. Der Mann nimmt einen Hammer. Ich merke, was er vorhat, und schreie ihm zu, einzuhalten, aber da schlägt er schon auf das Bild, und es zerspringt in tausend Stücke.“

Atretes stand zitternd auf. „Ich spüre Schmerzen wie noch nie zuvor in meinem Leben, ich kann mich nicht mehr bewegen. Um mich herum sehe ich die Wälder meiner Heimat. Ich bin im Sumpf und versinke. Alle stehen sie um mich herum: mein Vater, meine Mutter, meine Frau, längst verstorbene Freunde. Ich schreie um Hilfe, aber sie starren mich nur an und schauen zu, wie ich immer tiefer sinke. Der Sumpf ist schwarz um mich herum, wie die Dunkelheit. Und dann ist auf einmal ein Mann da, der mir seine beiden Hände entgegenstreckt. Seine Handflächen bluten.“ Atretes ließ sich gegen die gegenüberliegende Wand sinken.

„Nimmst du seine Hände?“, fragte Hadassa.

„Ich weiß es nicht … ich kann mich nicht erinnern.“

„Und dann wachst du auf?“

„Nein.“ Er atmete langsam ein, versuchte seine Stimme ruhig zu halten. „Noch nicht.“ Er schloss die Augen und schluckte heftig. „Ich höre ein neugeborenes Kind schreien. Es liegt nackt auf den Felsen am Meer. Ich sehe, wie eine riesige Welle heranrollt, und ich weiß, sie wird es mit sich reißen. Ich will zu ihm hin, aber die Welle ist schon da. Und dann werde ich wach.“

Hadassa schloss die Augen. Atretes lehnte seinen Kopf zurück. „Und jetzt sag mir: Was bedeutet dies alles?“

Herr, gib mir Weisheit! Eine ganze Weile saß Hadassa still da. Dann hob sie den Kopf und sagte: „Ich bin keine Seherin, Atretes. Nur Gott kann wirklich Träume deuten. Aber einige Dinge weiß ich sicher.“

„Was für Dinge?“

„Der Mann, der dir seine Hände entgegenstreckt, ist Jesus. Ich habe dir schon erzählt, wie er an ein Kreuz genagelt wurde und starb und dann wieder auferstand. Er streckt dir seine Hände entgegen, damit du sie nehmen und dich an ihnen festhalten kannst. Er bietet dir seine Hilfe an. Und das Kind …“

„Das weiß ich selbst.“ Seine Stimme klang erstickt. „Das ist mein Sohn. Ich habe über das nachgedacht, was du mir damals in den Bergen sagtest. Ich habe Julia ausrichten lassen, dass ich das Kind wollte, wenn es geboren war.“

Hadassa starrte ihn überrascht an. Er stand auf und begann, in der Zelle hin und her zu gehen. „Erst wollte ich nur Julia bestrafen, ihr das Kind wegnehmen. Dann wollte ich es wirklich. Ich wartete, und dann kam die Nachricht, dass das Kind tot geboren war.“ Er lachte gebrochen auf. „Sie hat natürlich gelogen. Es war nicht tot. Sie hat befohlen, es zum Sterben auf den Felsen auszusetzen.“ Er kämpfte mit den Tränen, seine Finger fuhren durch sein Haar. „Dir hatte ich gesagt, dass ich mich umdrehen und weggehen würde, wenn Julia mir das Kind vor die Füße legen würde. Und genau dasselbe hat sie gemacht. Sie hat es ausgesetzt und ist weggegangen. Ich hasse sie dafür. Und mich selbst. Gott erbarme sich über mich, hast du gesagt. Ja, Gott erbarme sich!“

Hadassa erhob sich und trat zu ihm. „Dein Sohn lebt.“

Er erstarrte und sah sie an. Sie legte ihre Hand auf seinen Arm. „Ich wusste nicht, dass du nach ihm geschickt hattest, Atretes, sonst hätte ich ihn zu dir gebracht. Bitte vergib mir für die Not, die ich dir bereitet habe.“ Ihre Hand sank herab.

Er nahm ihren Arm. „Er lebt, sagst du? Wo ist er?“

Sie bat Gott erneut um die richtigen Worte. „Ich habe ihn zum Apostel Johannes gebracht, und er hat ihn in die Arme von Rizpa gelegt, einer jungen Witwe, die ihr Kind verloren hatte. Vom ersten Augenblick an, in dem sie ihn sah, hat sie ihn geliebt.“

Er ließ sie los. „Mein Sohn lebt.“ Eine große Last des Schmerzes und der Schuld fiel von ihm ab. Er schloss erleichtert die Augen. „Mein Sohn lebt.“ Seine Knie gaben unter ihm nach und er rutschte an der Wand hinab. „Mein Sohn lebt!“, wiederholte er mit brüchiger Stimme.

„Gott ist gnädig“, flüsterte Hadassa. Ihre Finger strichen über sein Haar. Die Geste erinnerte ihn an seine Mutter. Er nahm ihre Hand, drückte sie an seine Wange und sah sie an. Die Blutergüsse auf ihrem Gesicht, die dünne Gestalt, die schmutzige, zerlumpte Tunika. Sie hatte seinen Sohn gerettet. Wie konnte er jetzt einfach weggehen und sie ihrem Schicksal überlassen?

Er stand mit einem Ruck auf. „Ich gehe zu Sertes.“

„Nein“, sagte sie.

„Doch.“ Er hatte noch nie gegen Löwen gekämpft und wusste, dass er wenig Chancen hatte, aber er musste es versuchen. „Ein Wort in das richtige Ohr, und ich gehe als dein Beschützer in die Arena.“

„Ich habe schon einen Beschützer, Atretes. Der Kampf ist schon gewonnen.“ Sie hielt seine Hände fest. „Siehst du das nicht? Wenn du jetzt zurück in die Arena gehst, stirbst du, ohne den Herrn zu kennen.“

„Aber was wird aus dir?“ Morgen würde man sie unter die Löwen schicken.

„Das liegt in Gottes Hand. Sein Wille geschehe.“

„Du wirst sterben.“

„Ich vertraue ihm.“ Sie lächelte. „Was auch geschieht, es dient alles zu seinem guten Plan und seiner Ehre. Ich habe keine Angst mehr.“

Er blickte lange in ihr Gesicht, dann überwand er sich und nickte. „Gut, es soll so sein, wie du sagst. Ich werde dich nie vergessen.“

„Und ich dich auch nicht.“ Sie beschrieb ihm den Weg zum Haus von Johannes und sah ihn wieder an, Frieden in ihren Augen. „Und jetzt geh fort von diesem Ort des Todes und schau nicht zurück.“ Sie ging in den Gang hinaus und rief den Wärter.

Atretes hielt die Fackel, während der Wärter die Tür zu Hadassas Zelle wieder öffnete. Sie schaute Atretes noch einmal an, ihre Augen strahlten. „Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“

Dann drehte sie sich um und betrat die Zelle. Ein leises Stimmengewirr begrüßte sie, und die schwere Tür fiel hinter ihr ins Schloss.

1

„Wie lange dauert das hier noch?“

Atretes’ Geduld war am Ende. Er hatte Hadassas Anweisungen befolgt und war im Schutz der Dunkelheit zum Haus des Johannes gegangen, damit niemand ihn erkannte. Der Apostel hatte keine Zeit für ihn gehabt; mitten in der Nacht hatte er ein krankes Kind getröstet und dann einem Sterbenden die Beichte abgenommen. Mehrere Stunden hatte Atretes gewartet, nur um zu hören, dass der Apostel jetzt sofort zum Fluss musste, um dort einen Morgengottesdienst zu leiten, was auch immer das war. Inzwischen war der Morgen bald schon wieder vorbei, aber das Singen der begeisterten Gläubigen ging immer noch weiter. Immer neue Geschichten über Heilungen von Krankheiten und Befreiungen von Dämonen musste Atretes sich anhören. Einige der Gläubigen badeten in voller Kleidung im Fluss. Waren die alle verrückt?

Ein Mann vor ihm unterbrach seinen Gesang, um ihm zu antworten: „Solange der Geist uns treibt.“

„Der Geist?“, knurrte Atretes. Was bedeutete das schon wieder? Zu Gladiatoren taugten diese Verrückten jedenfalls nicht, da waren Pünktlichkeit und Disziplin oberstes Gebot. Oder hatte das bisschen Wein, das vor einiger Zeit in großen Kelchen die Runde gemacht hatte, sie betrunken gemacht?

„Bist du das erste Mal …?“

„Und das letzte!“

Der Mann drehte sich zu ihm um. Seine Augen wurden groß. „Bist du Atretes?“

Atretes zuckte zusammen. Verdammt. Hätte er nur die Klappe gehalten und abseits gewartet, bis der Zirkus vorbei war.

Es war jetzt acht Monate her, dass er das letzte Mal in der Arena gekämpft hatte. Seitdem hatte er sich nur einmal in die Stadt begeben, vor ein paar Tagen, als er im Schutz der Dunkelheit Hadassa in ihrer Zelle besucht hatte. Er hatte gedacht, dass die Leute ihn jetzt endlich vergessen hätten. Aber die Epheser schienen ein gutes Gedächtnis zu haben.

Andere Köpfe begannen sich zu ihm umzudrehen. Er murmelte einen Fluch. Eine Frau sperrte den Mund auf und flüsterte ihren Nachbarinnen aufgeregt etwas zu. Die Neuigkeit schien sich wie ein Lauffeuer zu verbreiten, immer mehr Menschen blickten zu ihm hin. Der hünenhafte, exotisch blonde Germane war wahrlich nicht zu übersehen.

„Es ist Atretes“, sagte jemand. Jetzt war er sozusagen enttarnt. Sollte er rasch wieder verschwinden? Nein, bleib hier, du bist kein Sklave Roms mehr, kein Gladiator, der den Mob unterhält. Dein Leben gehört wieder dir … Gehörte es ihm wirklich? Nach den einsamen Monaten in den Bergen trieb ihn eine Frage mehr um als alle anderen: Was war überhaupt der Unterschied zwischen einer Luxusvilla und einer Gladiatorenschule? Gefängnisse waren sie beide …

Nein, Flüchten war nicht seine Sache. Er schob den gaffenden Mann zur Seite und begann sich einen Weg nach vorn zu bahnen. Er hatte lange genug gewartet. Jetzt würde er herausfinden, was er wissen wollte, und dann gehen, und wenn ihn jemand daran hindern wollte, der sollte es nur versuchen.

Ein aufgeregtes Flüstern lief durch das Menschenmeer. „Macht Platz für Atretes! Er will nach vorn!“, rief jemand. Die Gläubigen in den ersten Reihen hörten auf zu singen und fielen in das Gaffen und Murmeln ein.

Atretes kniff die Lippen zusammen. Selbst in zehn Gladiatorenjahren hatte er sich nicht an das Aufsehen gewöhnen können, das sein Auftauchen unweigerlich erregte. Sertes, der Veranstalter der Spiele in Ephesus, der ihn von der großen Gladiatorenschule in Rom gekauft hatte, hatte Atretes’ Popularität weidlich ausgenutzt. Gegen Zahlung saftiger Bestechungsgelder hatte er ihn als Attraktion auf private Feste geschleppt. Die meisten Gladiatoren genossen diese Sauf- und Fressgelage, die sie ein paar Stunden vor dem möglichen Tod in der Arena in ein Paradies entrückten. Atretes nicht. Nie hatte er sich gehen lassen auf diesen Festen vor den Spielen, hatte kaum etwas verzehrt, seine Gönner nicht beachtet und oft ihre Gäste so böse angestarrt, dass sie einen großen Bogen um ihn machten.

„Du benimmst dich wie ein Bär im Käfig“, hatte Sertes sich einmal beschwert. Worauf Atretes geantwortet hatte: „Dazu haben du und die anderen mich gemacht!“

Er arbeitete sich weiter nach vorne vor, zum Fluss hin. Das Stimmengewirr wurde lauter, die Menschen begannen sich zu ihm hinzudrängen, einige streckten die Arme nach ihm aus. Er stieß sie zurück. Dann merkte er, dass sie ihn gar nicht packen wollten wie damals seine Anhänger in Rom. Ihre Hände waren sanft, ermutigend, halfen ihm vorwärts. Er hörte einige Fetzen aus dem Gemurmel: „Preist den Herrn …“ – „Er war ein Gladiator …“ – „Hab’ ihn einmal kämpfen gesehen, bevor ich zum Glauben kam.“

Der kalte Schweiß trat ihm auf die Stirn. Menschenmassen hinter sich – er mochte das überhaupt nicht. „Macht Platz“, rief ein Mann, „lasst ihn durch!“ – „Johannes! Johannes! Atretes ist hier!“

Wussten die etwa schon, warum er hier war? Hatte Hadassa sie benachrichtigt?

Der Gesang begann wieder. Mehrere Männer und Frauen standen im Fluss; einer wurde gerade untergetaucht. Ein anderer, klatschnass, spritzte Wasser in die Luft und weinte und lachte gleichzeitig. Einem dritten half gerade ein Mann in einer Tunika und Streifenschärpe aus dem Wasser, während er sagte: „Du bist reingewaschen durch das Blut des Lammes …“ Das Singen wurde lauter und fröhlicher. Der nasse Mann watete rasch zu seinen Freunden, die ihn am Ufer erwarteten. Jemand umarmte ihn weinend.

Verrückt, alle verrückt … nur schnell wieder weg hier!

Aber zuerst Johannes …

„Du da!“, rief Atretes den Mann mit der gestreiften Schärpe an. „Bist du Johannes, den sie den Apostel nennen?“

„Ja, ich bin es.“

Atretes watete in den Fluss. Jubel und Trubel hinter ihm. Was hatten sie nur? Er erinnerte sich, wie Sertes einmal gesagt hatte, dass dieser Apostel eine größere Bedrohung für das Römische Reich sei als sämtliche Grenzaufstände zusammen. Atretes musterte ihn argwöhnisch. Nein, gefährlich sah dieser Mensch nicht aus. Ausgesprochen harmlos sogar.

Aber die harte Lebenserfahrung hatte Atretes gelehrt, dass das Äußere eines Menschen täuschen konnte. Ein Feigling konnte gerissener sein als ein Held, ein scheinbar Hilfloser konnte Wunden schlagen, die niemand zu heilen vermochte. Hatte nicht Julia Valerian ihm mit ihren Lügen das Herz zerrissen? Auch dieser Mann im Fluss hatte eine Waffe. Aber er würde sie ihm wegnehmen.

„Du hast meinen Sohn.“ Atretes sagte es kalt und gebieterisch. „Vor drei Monaten brachte Hadassa ihn zu dir. Ich will ihn zurück.“

„Hadassa?“ Das Gesicht des Apostels wurde weicher. „Wo ist sie? Ich habe mir Sorgen um sie gemacht. Wir haben unsere kleine Schwester seit Wochen nicht mehr gesehen.“

„Du wirst sie nie mehr sehen. Sie ist in den Kerkern unter der Arena.“

Johannes keuchte auf wie jemand, der einen Schlag ins Gesicht bekommen hat. Er schloss die Augen.

Atretes fuhr fort: „Sie sagte mir, dass du meinen Sohn einer Witwe namens Rizpa gegeben hast. Wie komme ich zu ihr?“

Johannes sah ihn matt an. „Rizpa wohnt in der Stadt.“

„Wo genau?“

Johannes hob seine Hand und zeigte auf das Flussufer. „Komm. Wir müssen miteinander reden.“

„Ich will nur wissen, wie ich zu der Frau komme, das ist alles.“

Johannes sah ihn wieder an. „Als Hadassa mir das Kind brachte, sagte sie, dass man ihr befohlen hatte, es auf den Felsen zum Sterben auszusetzen.“

„Ich habe ihr so etwas nicht befohlen!“

„Sie sagte auch, dass der Vater das Kind nicht wollte.“

Atretes spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. „Das Kind ist meines! Alles andere geht dich nichts an.“

Johannes runzelte die Stirn. „Ist Hadassa etwa im Gefängnis, weil sie mir das Kind brachte?“ Eine Sklavin, die ihrer Herrin nicht gehorchte, konnte des Todes sein. Aber wusste Julia überhaupt, dass ihr Kind noch lebte?

„Nein. Einer der Diener hat mir erzählt, dass Hadassa sich weigerte, ein Weihrauchopfer zu Ehren des Kaisers darzubringen, und stattdessen Christus als den einzigen Gott bekannte.“

Die Augen des Apostels leuchteten. „Preis dem Herrn!“

„Du freust dich darüber?“, sagte Atretes ungläubig. „Ein paar törichte Worte haben ihr den Tod gebracht!“

„Nein, Atretes. Wer an Jesus glaubt, bekommt ewiges Leben!“

„Ich bin nicht gekommen, um mit dir über deinen Gott zu diskutieren. Ich will meinen Sohn. Willst du einen Beweis, dass ich sein Vater bin? Bitte, ich kann dir Julia Valerian herbeischaffen und vor dir auf die Knie zwingen, bis sie es zugibt. Wird das genügen? Anschließend kannst du sie gern ersäufen, wenn du willst. Ich helfe dir dabei.“

„Ich glaube dir, Atretes“, sagte Johannes sanft. „Ich denke nur an das Kind. Es geht hier um eine gewichtige Entscheidung. Und hast du schon an Rizpa gedacht?“

„Was braucht ein Säugling, als dass ihn jemand füttert und warm hält? Gib von mir aus der Frau ein anderes Kind. Sie hat kein Recht auf meines.“

„Gott hat dein Kind gerettet. Wenn es nicht …“

„Hadassa hat es gerettet!“

„Weil Gott es so wollte. Es war doch kein Zufall, dass sie damals das Kind zu mir brachte.“

„Hadassa hat selbst gesagt, dass sie das Kind zu mir gebracht hätte, wenn sie gewusst hätte, dass ich es will!“

„Und warum wusste sie es nicht?“

Atretes knirschte mit den Zähnen. Er wollte den Mann packen und so lange schütteln, bis er … Zu dumm, dass so viele seiner Anhänger um ihn standen.

Johannes ließ nicht locker. „Warum dachte Hadassa, dass sie deinen Sohn nur retten konnte, indem sie ihn zu mir brachte?“

Atretes’ Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen, das Blut schoss ihm ins Gesicht, ein Muskel in seiner Wange zuckte. Er begriff: Diesem Mann hier konnte er wohl nichts vormachen. Diesem Mann, der ihn genauso anblickte wie Hadassa: als ob er direkt in sein Herz schauen konnte. Damals, als Hadassa zu ihm in die Berge gekommen war und ihm gesagt hatte, dass das Kind, mit dem Julia schwanger ging, seines war, hatte er sie abgewiesen. Blind vor Wut darüber, dass Julia sich mit einem anderen eingelassen hatte, hatte er ihr gesagt, dass er sich nie und nimmer um das Kind kümmern würde, und wenn Julia selbst es ihm vor die Füße legen würde. Er hatte die Worte gleich wieder bereut, aber er war zu stolz gewesen, Hadassa zurückzurufen.

Dass Julia dann befohlen hatte, ihr Kind auszusetzen – er konnte es heute noch nicht begreifen. Keine Frau in ganz Germanien würde auf so eine Idee kommen; solche Grausamkeit war wohl den ach so zivilisierten Römern vorbehalten.

„Das Kind gehört mir“, sagte er finster. „Was ich früher einmal gesagt oder nicht gesagt habe, zählt nicht mehr. Hadassa hat mich zu dir geschickt, damit ich meinen Sohn zurückbekomme. Ich will meinen Sohn!“

Der Apostel nickte seufzend. „Gut, ich lasse Rizpa holen und rede mit ihr. Sag mir, wo du wohnst, damit ich dir deinen Sohn bringen kann.“

„Ich hole ihn mir selbst.“

Johannes runzelte leicht die Stirn. „Atretes, dies wird sehr schwierig sein. Rizpa liebt das Kind, als wenn es ihr eigenes wäre. Sie wird es nicht einfach so wieder zurückgeben.“

„Dann muss ich erst recht selbst zu ihr, bevor du sie vor mir warnen kannst.“

Johannes schüttelte den Kopf. „Weder ich noch Rizpa werden dir deinen Sohn vorenthalten.“

„Dafür habe ich nur dein Wort, und wer bist du für mich? Ein Fremder! Warum sollte ich dir vertrauen?“ Er lachte höhnisch. „Und noch weniger werde ich einer Frau vertrauen.“

„Du hast Hadassa vertraut.“

Atretes’ Miene verfinsterte sich.

Der Apostel erzählte ihm widerstrebend, wo Rizpa wohnte. „Ich bete darum, dass die Gnade, die Gott gezeigt hat, als er das Leben deines Sohnes verschonte, dein Herz anrührt. Rizpa ist eine Frau, deren Glaube im Feuer bewährt ist.“

„Was heißt das?“

„Sie hat in ihrem jungen Leben schon viel mitgemacht.“

„Das ist aber doch nicht meine Schuld.“

„Gerade deswegen bitte ich dich, ihr nicht die Schuld für diese Sache zu geben.“

„Die Schuld liegt bei der Mutter meines Sohnes. Ich beschuldige weder Hadassa noch dich noch diese Witwe.“ Atretes’ Stimme wurde freundlicher, ein trockenes Lächeln zog über sein Gesicht. „Und außerdem habe ich keine Zweifel, dass die Frau eine großzügige Belohnung für ihre Mühen sehr zu schätzen wissen wird.“

Johannes verzog das Gesicht. Atretes drehte sich um. Die Menge war ruhig geworden. „Worauf warten die?“

„Sie dachten, du wolltest dich taufen lassen.“

Atretes lachte spöttisch auf und eilte mit langen Schritten den Hang hoch, ohne die Versammlung am Fluss eines weiteren Blickes zu würdigen.

Er ging zu seiner Villa zurück. In die Stadt wagen sollte er sich wohl besser erst, wenn es dunkel war, und ein paar Dinge, die er in der Eile vergessen hatte, musste er sowieso noch regeln.

„Lagos!“ Atretes’ Stimme dröhnte durch das Treppenhaus. „Lagos!“

Der Diener kam über den oberen Flur gerannt. „Herr?“

„Geh zum Sklavenmarkt und kauf mir eine Amme.“

Lagos eilte die Treppe herab. „Eine … eine Amme, Herr?“

„Ja! Und zwar unbedingt eine Germanin!“ Atretes ging durch den Innenhof zu den Bädern.

Lagos folgte ihm irritiert. Mehrere Herren hatte er schon hinter sich, aber dieser war unberechenbarer als alle vorherigen zusammen. Als er gehört hatte, dass er ein Diener des Atretes werden sollte, des größten Gladiators des Römischen Reiches, hatte er sich sehr geehrt gefühlt. Dass Atretes nicht nur groß, sondern auch verrückt sein könnte, war ihm nicht in den Sinn gekommen. Gleich in Lagos’ erster Woche in der Villa hatte Atretes in einem rasenden Wutanfall das Mobiliar zertrümmert und sein Zimmer angezündet und war verschwunden.

Silus und Appelles, zwei Gladiatoren, die Atretes als Leibwächter von Sertes gekauft hatte, waren ihn schließlich suchen gegangen. „Er haust in den Höhlen“, hatte Silus berichtet, als sie wiederkamen. „Ernähren tut er sich von den Tieren, die er mit diesem komischen germanischen Wurfspieß erlegt.“

Silus und Appelles hatten das Beste aus der Lage gemacht und sich die Zeit mit Trinken und alten Kampfgeschichten aus der Arena vertrieben. Lagos hatte sich um das Haus gekümmert, die schlimmsten Spuren von Atretes’ Ausbruch beseitigt und alles sauber und in Ordnung gehalten, falls er eines Tages wiederkam.

Und er kam wieder. Ganz plötzlich. Eines Tages stürmte er in die Villa, warf die Felle ab, badete und rasierte sich und zog eine Tunika an. Er schickte einen seiner Diener zu Sertes, und als Sertes kam, hielt er eine kurze Besprechung mit ihm. Bereits am folgenden Nachmittag kam ein Bote an, der Atretes meldete, dass die Frau, die er suchte, im Kerker war; noch am gleichen Abend ging Atretes in die Stadt.

Und jetzt war der Barbar wieder da und verlangte eine Amme! Und eine germanische noch dazu, als ob germanische Ammen an den Pfirsichbäumen wuchsen. Eine Amme! Und wo war das dazugehörige Kind? Nun gut, was gingen Lagos die Gründe für den Befehl seines exzentrischen Herrn an? Aber das andere, das musste er ihm doch wohl sagen. Er nahm all seinen Mut zusammen. „Ich weiß nicht, ob das möglich ist, Herr.“

„Zahle, was sie verlangen. Geld spielt keine Rolle!“ Atretes warf seinen Gürtel auf den Boden.

„Es geht nicht um den Preis, Herr. Germanen sind sehr gefragt, vor allem die blonden, und das Angebot ist schmal …“

„Ihr Griechen wisst euch doch immer zu helfen. Besorg mir eine. Blond muss sie nicht sein, aber gesund!“ Er zog seine Tunika aus. „Spätestens morgen früh will ich sie hier sehen.“

„Sehr wohl, Herr“, sagte Lagos grimmig. Er ging wohl am besten gleich an die Arbeit; mit diesem verrückten Barbaren konnte man nicht vernünftig reden. Der Mann würde ihm den Kopf abreißen, wenn er ihm nicht das Gewünschte brachte.

Atretes tauchte in das kalte Wasser, das seinen fiebernden Kopf kühlte. Dann stieg er aus dem Becken und schüttelte das Wasser aus seinen Haaren. Wenn er Silus und Appelles mitnahm, würde das nur unnötig Aufsehen erregen, und zwei ausgebildete Leibwächter waren zu wenig gegen einen ganzen Mob. Nein, es war besser, er ging allein in die Stadt. In neutraler Kleidung und mit einer Kapuze für sein blondes Haar.

Aber bis dahin waren es noch ein paar Stunden. Er streifte durch das Haus, um sich die Zeit zu vertreiben, und ging auch in den großen Raum im Obergeschoss. Seit er ihn vor sechs Monaten angezündet hatte, hatte er ihn nicht mehr betreten. Er schaute sich um. Die Diener hatten die halb verkohlten Möbel und Wandbehänge und die zerschmetterten korinthischen Vasen weggeräumt und den Marmor so gut es ging geschrubbt. Ganz hatten sie die Spuren seiner Wut nicht beseitigen können.

Für Julia hatte er diese Villa gekauft. Er hatte sie als seine Frau hierherbringen wollen. Voller Stolz hatte er sie einrichten lassen, keine Ausgabe hatte er gescheut. Julia liebte den Luxus, und jeden erdenklichen Luxus sollte sie bekommen. Dieser Raum hatte ihr Eheschlafzimmer werden sollen. Und dann hatte sie einen anderen Mann geheiratet.

Ihre jämmerlichen Lügen und Ausreden hallten immer noch in seinen Ohren wider: Der andere sei doch gar kein richtiger Mann, hatte sie gesagt. Ein Homosexueller, der sich einen Liebesknaben hielt. Und sie heiratete ihn doch nur, um ihre Freiheit zu bewahren …

Er hätte sofort merken müssen, was für eine sie war. Hatte sie sich nicht als Hure verkleidet, um ihn im Artemis-Tempel zu verführen? Hatte sie nicht Sertes mit Geld bestochen, damit sie ihren Gladiator jederzeit rufen lassen konnte, wenn es sie nach ihm gelüstete? Und er war jedes Mal gekommen, wie ein Hund zu seinem Herrn, verführt und verdummt von ihrer schwülen Schönheit.

Wenn er Julia Valerian in den Armen hielt, hatte er Stolz und Selbstachtung fahren lassen, und wenn er danach zurück in die Gladiatorenschule kam, war er jedes Mal in ein schwarzes Loch gefallen. Er hatte die Wahrheit nicht sehen wollen. Doch er hatte genau gewusst, wie Julia war – und doch hatte er sich von ihr benutzen lassen. Wie die anderen ihn benutzt hatten, seit er in römische Gefangenschaft gekommen war. Ihre seidenweichen Arme waren die stärksten Ketten gewesen, die ihn je gefesselt hatten.

Beim letzten Mal hatte sie geweint und beteuert, wie sehr sie ihn liebte. Liebte! Seine Lippen zuckten zynisch. Sie wusste so wenig über die Liebe – und über ihn –, dass sie sich eingebildet hatte, es würde ihm nichts ausmachen, wenn sie einen anderen Mann heiratete. Sie hatte geglaubt, er würde weiter ihr Bett wärmen, wenn ihr danach zumute war.

Bei den Göttern! Selbst jahrelanges Baden konnte diesen Schmutz nicht von seiner Seele waschen. Sein Blick glitt wieder durch den kahlen Raum, seine Fäuste ballten sich entschlossen. Nie wieder würde er sich von einer Frau beherrschen lassen.

Als die Sonne unterging, zog Atretes einen wollenen Umhang über, steckte einen Dolch in seinen Gürtel und machte sich auf den Weg nach Ephesus. Der Weg führte ihn an vielen kleinen über die Landschaft verstreuten Häusern und Anwesen vorbei. Eine Zeit lang ging er im schwarzen Schatten eines mit Waren beladenen Fuhrwerks, das der Stadt zustrebte. Dann bemerkte ihn der Kutscher. „He, du da! Geh weg da!“

Atretes antwortete mit einer verächtlichen Geste. Der Mann erhob sich von seiner Bank. „Willst du Prügel?“

Atretes lachte. Eine passende Antwort lag ihm auf der Zunge, aber er beherrschte sich. Sein Akzent konnte auffallen, Germanen waren nicht sehr häufig in dieser Ecke des Reiches. Er ging weiter. Da war schon das Stadttor. Einer der Wächter sah ihn an und für einen kurzen Augenblick trafen sich ihre Augen. Die des Römers blitzten interessiert auf. Atretes drehte den Kopf rasch in den Schatten, mischte sich unter eine Gruppe Reisender und tauchte in eine dunkle Seitenstraße ab. Der Wächter, der auf seine Ablösung wartete, ließ ihn ziehen.

Johannes hatte Atretes gesagt, dass Rizpa im ersten Stock eines baufälligen Hauses in dem ärmeren Viertel beim Artemis-Tempel wohnte. Je näher er dem Tempel kam, umso voller wurden die Straßen. Er wich in eine Seitengasse aus und stolperte prompt über einen Mann, der an einer Hauswand lag und schlief.

Atretes spürte, wie die Dunkelheit hinter ihm lebendig wurde. Er drehte sich um. Vier Gestalten schlichen auf ihn zu. Nein, fünf. Sechs. Jetzt sahen sie, dass er sie bemerkt hatte. Sie lösten sich aus den Schatten und kamen offen näher. Der eine, der die Handzeichen gab, musste der Anführer sein. Die Übrigen postierten sich so, dass jeder Fluchtweg versperrt war. Eine Messerklinge blitzte auf.

„Deinen Geldbeutel!“, sagte der Anführer. Er klang sehr jung.

„Geh nach Hause zu deiner Mutter.“

Der Jugendliche lachte höhnisch auf und trat näher.

„Pass auf, Palus“, sagte einer der anderen. „Der ist ’nen ganzen Kopf …“

„Ruhe, Thomas! Wir sind zu sechst, klar?“

„Und wenn er kein Geld hat?“

„Der hat, ich hab’s gehört.“ Er trat noch näher, die anderen hinterher. „Deinen Beutel“, sagte er wieder und machte eine auffordernde Handbewegung.

„Hol ihn dir“, sagte Atretes leise.

Schweigen. Dann schnellte der Anführer nach vorn. Es war Monate her, dass Atretes das letzte Mal gekämpft hatte, aber seine Reaktionen waren sofort wieder da. Er wich dem Dolch blitzartig aus, packte das Handgelenk des Jungen und riss es nach unten und zur Seite, sodass der Arm aus dem Schultergelenk schnappte. Der Junge ging schreiend zu Boden.

Die anderen standen einen Augenblick unschlüssig da, dann griffen sie Atretes an. Einer schlug ihm die Faust ins Gesicht, ein anderer sprang ihm auf den Rücken. Atretes rammte ihn gegen die nächste Hauswand und trat den vorderen Angreifer in die Leisten. Von rechts schlug ihm jemand zweimal gegen den Kopf; mit einem Ellbogenstoß in die Brust setzte Atretes ihn außer Gefecht.

Seine Kapuze war verrutscht, das Mondlicht fiel auf sein blondes Haar. „Beim Zeus!“, keuchte einer der Straßenräuber. „Das ist Atretes!“ Hektisches Fußgetrappel. Sie waren weg.

Der Anführer versuchte vor Schmerz wimmernd und den ausgekugelten Arm an die Brust gepresst, zur Wand zurückzurutschen. „Nicht töten“, schluchzte er, „bitte!“

„Der Schwächste in der Arena hatte mehr Mut als du, Muttersöhnchen!“ Atretes zog die Kapuze wieder auf, spuckte auf den verhinderten Räuber und ging weiter.

Von vorn kamen aufgeregte Stimmen. „Ich schwör’s! Riesengroß und das Haar fast weiß im Mondlicht! Das war Atretes!“ – „Vielleicht ist er da drüben!“

Atretes murmelte einen Fluch und rannte in eine Gasse, die in die entgegengesetzte Richtung führte. Ein kurzer Sprint zwischen einigen Mietshäusern, dann eine Straßenecke und er war wieder auf Kurs. Vor ihm lag eine der Hauptstraßen beim Tempel. Er zwang sich, langsam zu gehen, um nur nicht aufzufallen, und betrat den Abendbasar. Straßenverkäufer und Buden rechts und links. Tempelmodelle und Artemis-Statuen, Amulette, Weihrauchbeutel. An dem Stand eines Götzenmachers hielt er kurz an, ein normaler Passant durfte hier nicht zu schnell gehen. Marmorstatuen, das Übliche. Aber was war das?

Der Händler sah, wie er auf seinen Tisch starrte. „Sieh dir ruhig alles an, Herr! Nachbildungen der neuen Statue des Mars, das Feinste vom Feinen!“

Atretes nahm eine der kleinen Statuen in die Hand. Tatsächlich. Das war er! „Mars?“, knurrte er. Er hatte große Lust, das Machwerk zu zertrümmern.

„Da ist er!“, rief eine Stimme. Ein Dutzend junge Männer bahnten sich einen Weg durch die Menge. „Es ist Atretes, ich hab’s doch gesagt!“– „Atretes? Wo?“

Links und rechts blieben die Leute stehen und starrten ihn an. Der Mund des Händlers stand offen. „Herr!“, flüsterte er ehrfürchtig.

Atretes wirbelte so heftig herum, dass der Tisch umstürzte, schubste die Umstehenden zur Seite und rannte los. Ein Mann packte seine Tunika. Mit einem Wutschrei schlug Atretes ihm ins Gesicht. Der Mann ging zu Boden, drei andere mit ihm.

Die Straße explodierte. „Atretes! Atretes ist hier!“ Immer neue Hände wollten ihn packen, die Stimmen vervielfachten sich. Atretes hatte selten Angst, aber er begriff: Noch ein Augenblick, und der Tumult wäre in vollem Gang. Er schleuderte ein halbes Dutzend Menschen beiseite.

„Atretes!“ Eine kreischende Frau warf sich auf ihn. Er schüttelte sie ab, ihre Fingernägel kratzten über seinen Hals. Jemand riss ihm ein Haarbüschel aus. Er machte sich frei, stieß einen Gemüsestand um, dann einen mit Töpfen und Pfannen. Die Verfolger stolperten, einige stürzten. Er sprang über einen kleinen Karren, schlug einen Haken und lief in eine Gasse zwischen zwei Wohnhäusern.

Eine Sackgasse. Zum ersten Mal in seinem Leben ahnte er, was panische Angst war. Bilder blitzten durch seinen Kopf: Rudel wilder Hunde, die in der Arena auf Menschen losgelassen wurden. Wenn sie ein Opfer erwischten, hatten sie es buchstäblich zerrissen. So würden die aufgeputschten Fans ihn zerreißen, wenn sie ihn kriegten.

Seine Augen suchten hektisch einen Ausweg. Da, eine Tür. Sie war verschlossen. Er rammte sie mit der Schulter auf, lief hinein, trat sie hinter sich zu. Eine dunkle Treppe. Auf einem Absatz weiter oben wartete er und horchte.

Gedämpftes Stimmengewirr von draußen. „Er muss in einem der Häuser sein.“ – „Da drüben!“ – „Nein, hier! Die Tür ist aufgebrochen!“

Unten flog die Tür auf. Fußgetrappel auf der Treppe. „Ich glaube, er ist hier!“

Atretes eilte so leise wie möglich den Gang entlang. Selbst durch die geschlossenen Türen roch das Haus nach Essen, Schweiß und Urin. Hinter ihm öffnete sich eine Tür, jemand schaute in den Gang. Er huschte in einen modrig riechenden Seitenflur, stieg zum zweiten Stock hoch, dann zum dritten. Schließlich erreichte er das flache Dach. Nirgends ein Versteck. Aus dem Treppenhaus kamen die Stimmen näher.

Es gab keine andere Wahl. Er nahm Anlauf, sprang über die unten gähnende Gasse und landete hart auf dem Dach des Nachbargebäudes. Dort machte er eine Rolle nach vorn, kam auf die Füße, lief zu der Tür des Treppenhauses und schlüpfte hinein. Sein Herz hämmerte, er rang nach Luft.

Auf dem Dach gegenüber strömten ein paar Dutzend Menschen aus der Treppenöffnung. Er drückte sich tiefer in den Schatten. Niemand sah ihn. Die Stimmen wurden wieder leiser. Sie rannten die Treppe wieder hinunter und begannen, das Innere des Hauses zu durchsuchen.

Atretes ließ sich gegen die Wand sinken und schloss die Augen. Wie um alles in der Welt sollte er die Innenstadt durchqueren, die Witwe finden und seinen Sohn und sich selbst heil wieder aus der Stadt herausbringen? Er verwünschte die geschäftstüchtigen Statuenmacher, die den Kult des Volkes um ihn fütterten.

Eine volle Stunde wartete er, bevor er sich die Treppe hinunter in das Innere des Hauses wagte. Jeder kleine Laut ließ ihn zusammenzucken. Als er die Straße erreichte, begann er in die Schatten der Mauern geduckt den langsamen, mühseligen Heimweg. Mehrere Male verlief er sich. Die Sonne ging schon auf, als er endlich die Tore der Stadt hinter sich gelassen hatte.

2

Lagos hörte, wie die Haustür zuschlug. Sein Herr war zurück. Erst vor wenigen Stunden war er selbst zurückgekommen. Den ganzen Nachmittag und halben Abend hatte er die Sklavenmärkte durchkämmt, und dann hatte er tatsächlich eine germanische Amme gefunden. Bestimmt würde sie Atretes gefallen.

Er trat in den Eingangsflur. Atretes riss sich gerade den Umhang vom Leib und warf ihn voll Wut auf den Fußboden. Sein eines Auge war blau verschwollen, an seinem Hals waren Kratzspuren. Die Tunika hing in Fetzen herab. Aber das Schlimmste war der finstere Blick in seinen Augen. Er schien drauf und dran, jemanden umzubringen.

Seine Augen hefteten sich auf Lagos. „Hast du eine Amme bekommen?“

Lagos dankte still sämtlichen Göttern. „Ja, Herr. Möchtest du sie sehen?“

„Nein!“ Atretes lief in den Innenhof, beugte sich über den Brunnen und steckte den ganzen Kopf hinein. Lange. Wollte er sich ersäufen? Dann richtete er sich wieder auf und schüttelte das Wasser aus seinem Haar. Was für ein Barbar!

„Kannst du schreiben?“, zischte Atretes.

„Nur griechisch, Herr.“

Atretes fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und schüttelte wieder das Wasser ab. „Dann schreib dies“, befahl er bitter. „‚Ich nehme deinen Vorschlag an. Bring mir meinen Sohn so bald wie möglich!‘ Setz meinen Namen darunter und bring den Brief dem Apostel Johannes. Sag ihm, wie er zu mir findet!“ Er beschrieb Lagos den Weg zu dem kleinen Haus des Apostels, das an einem Bach am Stadtrand lag. „Wenn er gerade nicht da ist, ist er am Fluss und taucht Leute unter.“ Damit ging er hinaus.

Lagos atmete tief aus und dankte den Göttern, dass er noch am Leben war.

Der schwere Stock in Silus’ Händen zersplitterte krachend unter Atretes’ Schlag. Der Sklave duckte sich zurück, stolperte, fing sich mühsam und warf mit verbissenem Mund die Trümmer seiner Waffe beiseite.

Atretes machte fluchend einen Schritt zurück und gestikulierte ungeduldig. „Noch mal!“

Gallus zog einen neuen Stock aus dem Fass an der Wand und warf ihn herüber. Silus fing ihn auf und ging wieder in Stellung. Wurde Atretes denn nie müde?

Gallus, der bei dem Türbogen zu den Bädern stand, schaute halb interessiert, halb mitleidig zu. Silus floss der Schweiß in Strömen herunter, sein Gesicht war feuerrot. Atretes atmete immer noch so gleichmäßig wie zu Beginn des Übungskampfes.

Atretes’ Stock kam wieder herab. Krach! „Los, greif an!“ Krach! Silus blockte den Schlag ab, aber er schien langsamer zu werden. Krach! „Können …“ Krach! „… vor Lachen“, keuchte er. Er holte weit aus – ins Leere. Dann explodierte hinter seinem Knie der Schmerz. Einen Augenblick lang war nichts unter seinem Rücken, dann der harte Marmorboden. Er rang nach Luft und sah die Spitze von Atretes’ Stock herunterschießen. Er würde also krepieren wie ein Hund … eine halbe Fingerbreite vor seiner Kehle hielt der Stock an.

Atretes grunzte verächtlich. „Wie du die Arena überlebt hast, ist mir schleierhaft!“ Er warf seinen Stock weg, der gegen die Wand knallte.

Silus verzog verlegen den Mund und beäugte Atretes argwöhnisch. Hoffentlich kam jetzt nicht gleich die nächste Runde!

Atretes stieß das Fass mit den Stöcken um und fluchte hemmungslos auf Germanisch. Silus rappelte sich hoch, seine Kniekehlen zuckten. Er betete zur Artemis, dass Atretes seine Frustration an den Übungsstöcken auslassen würde und nicht an ihm. Aber wer schaute da gerade so nervös um die Ecke? Lagos. Gut. Schnell das Thema wechseln! „Ach, das Warzenschwein ist wieder da.“

Atretes drehte sich heftig zu Lagos um. „Warum hast du so lange gebraucht?“

Lagos trat so vorsichtig ein, als sei der Raum eine Löwengrube. „Es war …“

„Spar dir deine Ausreden! Hast du ihn gefunden?“

„Ja, Herr. Spät gestern Abend.“

„Und was hat er gesagt?“

„Dass es erledigt wird, Herr.“

„Gib mir Bescheid, wenn er kommt.“ Atretes entließ ihn mit einem Kopfrucken. Er zog ein Handtuch von dem Brett neben der Tür und wischte sich damit über Gesicht und Nacken. Dann warf er es auf den Boden und funkelte Silus und Gallus an. „Genug für heute“, sagte er tonlos. „Geht!“

Er setzte sich auf eine Bank und fuhr sich frustriert mit den Händen durch das Haar. Ein paar Tage würde er diesem Johannes geben. Und wenn der Kerl sein Wort nicht hielt, würde er ihn jagen und ihn kriegen und ihm das Genick brechen.

Er ging hinaus zu einer offenen Tür in der Gartenmauer. Ein Wächter nickte ihm zu. „Niemand da, Herr!“ Er meinte die Anhänger des ehemaligen Gladiators, die oft die Mauern seiner Villa belagerten, in der Hoffnung, einen Blick auf ihr Idol erhaschen zu können.

Atretes ging hinaus und lief über die Hügel, bis sein ganzer Körper schweißnass war. Gehend erklomm er eine Kuppe, die den Blick nach Westen freigab. Dort in der Ferne schimmerte sie – Ephesus, die große Stadt, die sich wie ein Krebsgeschwür über die Hänge im Norden, Süden und Osten ausbreitete. Der Artemistempel mit seinen riesigen Bibliotheken war deutlich zu sehen. Und dort drüben lag die Arena.

Er runzelte die Stirn. Dass es ihn immer wieder auf diesen Aussichtshügel zog … Sein Leben als Gladiator hatte einen Sinn gehabt: überleben. Jetzt war alles sinnlos. Er trainierte zwar jeden Tag – aber wofür?

Er erinnerte sich an das, was Pugnax, ein anderer ehemaliger Gladiator, der in Rom eine Herberge besaß, ihm gesagt hatte: „Du wirst nie mehr so lebendig sein wie jetzt, wo du täglich dem Tod gegenüberstehst.“ Damals waren die Worte ihm dumm vorgekommen, aber jetzt … Manchmal erwischte er sich dabei, wie er sich nach einem richtigen Kampf auf Leben und Tod sehnte. Überleben. Um sein Leben kämpfen. Was sonst konnte einen Sinn haben? Kämpfen, Überleben … Jetzt existierte er nur noch. Essen, trinken, trainieren, schlafen, hin und wieder eine Frau … Die Tage waren ein leeres Einerlei.

Und irgendwo in dieser elenden Stadt war sein Sohn – der einzige Grund, warum er noch hier in Ionien war. Denn irgendwo hinter dem blauen Meereshorizont lag Italien, und noch weiter, oben im Norden, seine Heimat Germanien. Heimat … Ein Kloß wollte in seine Kehle kommen. Jetzt hatte er seine Freiheit. Und Geld. Sobald er seinen Sohn hätte, würde ihn nichts mehr hier halten. Er würde die Villa verkaufen und das nächste Schiff besteigen, das nach Westen segelte. Er würde nach Hause zurückkehren und dort seinem Stamm beibringen, wie man die römische Kriegsmaschinerie richtig bekämpfte.

Er ging zu seiner Villa zurück und ins Triclinium, um denRest des Abends mit Weintrinken zu verbringen. Pilia brachte ihm eine Schale mit Obst. Er schaute ihr zu, wie sie sie auf den Marmortisch vor ihn stellte. Sie trug ihr Haar offen. Ihre Augen waren hoffnungsvoll. „Möchtest du einen Pfirsich, Herr?“

Julia hatte großen Wert darauf gelegt, dass alles um sie herum schön war, auch die Sklaven und Sklavinnen. Wie Pilia. Atretes’ Augen glitten langsam an ihrem Körper entlang. Sein Blut erhitzte sich. Er hatte sie für Julia gekauft. Jetzt diente sie ihm.

Wie war das noch gewesen, wenn man ihm eine Frau in seine Zelle in der Gladiatorenschule geschickt hatte? „Schau mich an, Pilia.“ Sie tat es. Er lächelte leicht. „Ich will keinen Pfirsich.“

Sie legte die Frucht zurück in die Schale. Ihre Hand zitterte leicht, aber ihre Augen verrieten alles. Er streckte seine Hand aus. Sie kam willig zu ihm.

Er war angenehm überrascht über ihre beinahe gierige Geschicklichkeit. „Hast du deinem letzten Herrn auch so gut gedient?“, fragte er, als alles vorbei war.

Sie lächelte. „Darum hat seine Frau mich ja verkauft.“

Atretes’ Blick wurde hart. Pilia sah ihn verwirrt an. „Hat es dir nicht gefallen, Herr?“

Er sah sie kühl an. „Du hast mir sehr gut gedient.“

Sie erhob sich unsicher. „Soll ich dich in deine Zimmer begleiten?“

„Nein.“

Sie blinzelte verdutzt. „Nein, Herr?“

„Du kannst gehen.“

Wortlos gehorchte sie. Atretes fuhr sich über den Mund, als wolle er die Erinnerung an ihre Lippen wegwischen. Er nahm einen tiefen Schluck aus dem Weinschlauch. Dann stand er auf und ging ebenfalls. Seine Schritte hallten stumpf über die Marmorfliesen. Diese Einsamkeit. Diese Sehnsucht. Sehnsucht nach was? Nach einer Hure wie Julia?

Er ging in sein Zimmer hinauf, setzte sich auf sein Bett und hob wieder den Weinschlauch. Trinken, trinken, bis zur Besinnungslosigkeit, wo der schwarze, traumlose Schlaf ihn auffing …

Er ließ sich zurücksinken. Sein Kopf war schwindlig leicht. Ein schönes, wohlbekanntes Gefühl. Morgen früh würde es nicht mehr so schön sein, aber jetzt war es gerade richtig. Er schloss die Augen, ließ seine Gedanken fliegen. Die schwarzen Wälder seiner Heimat. Der kühle Fluss. Dann nichts mehr.

Als er wach wurde, war es dunkel und stickig warm. Er setzte sich stöhnend auf. Zum Teufel mit diesen weichen Matratzen. Er zog eines der Felle auf den Boden und legte sich darauf. Der kalte Marmor erinnerte ihn an die Granitpritsche in der Gladiatorenschule.

Er lag noch so da, als Lagos am Morgen hereinkam. Lagos ging über das Bodenmosaik und beugte sich zu dem Schläfer hinab. „Herr!“ Atretes schnarchte weiter. Lagos nahm seinen ganzen Mut zusammen. „Herr!“

Atretes öffnete langsam ein Auge und starrte auf Lagos’ Sandale neben seinem Kopf. Er murmelte einen Fluch und zog das Fell über seinen Kopf. „Hau ab.“

„Du hast mich geheißen, dir Bescheid zu geben, sobald der Apostel kommt.“

Atretes knurrte einen germanischen Fluch und schob das Fell beiseite. „Ist er da?“

„Nein, Herr, aber Silus lässt ausrichten, dass eine Frau am Tor ist. Sie heißt Rizpa und sagt, dass du sie erwartest.“

Atretes blinzelte in das Sonnenlicht, das über den Balkon hereinströmte, und stand auf.

„Sie hat einen Säugling dabei, Herr.“

Atretes machte eine ungeduldige Handbewegung. „Sag Silus, er soll ihr das Kind abnehmen.“

„Herr?“

„Du hast mich gehört!“ Atretes’ Kopf dröhnte schmerzlich. „Das Kind gehört mir, nicht ihr! Gib ihr hundert Denare, schick sie fort und bring das Kind der Amme.“

Lagos starrte ihn immer noch an.

„Geh!“

„Sehr wohl, mein Herr.“

Atretes’ Kopf pochte, sein Mund war trocken. Wo war etwas zu trinken? Er schob den schlaffen Weinschlauch mit dem Fuß zur Seite, trat an einen kunstvoll geschnitzten Tisch, nahm den Krug, der darauf stand, und trank ihn halb leer. Dann ging er zurück zu seinem Bett und ließ sich darauf fallen.

„Herr?“

„Ist es erledigt?“, murmelte Atretes, schon wieder halb schläfrig.

Lagos räusperte sich nervös. „Die Frau sagt, das Kind gehört ihr.“

„Ich habe dir doch gesagt, dass er mir gehört!“

„Ja, Herr, sehr wohl, Herr. Aber sie will es nicht herausgeben, und Silus hat Bedenken, Gewalt anzuwenden. Sie sagt, sie will dich persönlich wegen ihres Sohnes sprechen.“

Atretes rollte auf die Seite und setzte sich heftig auf. „So? IhrSohn? Hat sie noch was gesagt?“

Lagos schluckte. „Ja, Herr. Sie hat gesagt, du sollst die Denare aufessen.“ Er hielt ihm den Beutel hin.

Atretes’ Gesicht wurde weiß vor Wut. Er trat zu Lagos und riss ihm den Beutel aus der Hand. „Bring sie her“, presste er durch seine Zähne. Wenn diese Frau sich mit ihm anlegen wollte – bitte sehr.

Silus sah Lagos an. Das verbissene Lächeln des Griechen sprach Bände.

„Der Herr möchte dich sprechen. Bitte folge mir.“ Lagos winkte mit der Hand.

Rizpa schickte ein stummes, erleichtertes Dankgebet zum Himmel. Sie hatte ihre unverschämten Worte über das Geld bereut, kaum dass sie sie ausgesprochen hatte, aber sie hatte sie nicht mehr zurücknehmen können. Vielleicht – hoffentlich – war dieser Diener diskreter als sie und hatte ihre Beleidigung für sich behalten.

Sie schaute sich unsicher um. Das großartige Anwesen hatte keinen Garten, ringsherum war alles kahl. Es wirkte eher wie eine Festung als wie ein Privathaus.

Sie ging hinter dem Diener die Treppe hoch und gebot ihrem nervösen Magen Ruhe. Alles, was sie über Atretes wusste, hatte sie von Johannes gehört, und er hatte ihr nur sagen können, dass der Mann ein ehemaliger germanischer Kriegsgefangener und Gladiator war, der während der Spiele in der Arena in Ephesus als Einziger eine Serie von Ausscheidungskämpfen überlebt und sich so seine Freiheit erkauft hatte. Eine ganze Welt an Elend und Gewalt hatte in diesen paar Worten gelegen. Ein Barbar von der Grenze, ein Mann, dessen Beruf das Töten war …

„Ist er ein Christ?“, hatte sie Johannes gefragt. Es war ihr einziger Hoffnungsstrohhalm gewesen. Christus konnte jedes Menschenherz verändern. Ein gläubiger Atretes hätte vielleicht Erbarmen mit ihr.

„Nein“, hatte der Apostel geantwortet. „Aber er ist Calebs Vater.“

„Was für ein Vater lässt seinen Sohn auf den Klippen aussetzen?“

„Aussetzen lassen hat ihn seine Mutter“, hatte Johannes gesagt. „Er hat nichts davon gewusst, sagt er.“

„Und das glaubst du ihm?“

„Hadassa hat ihn zu mir geschickt.“

Rizpa hatte geweint. „Ich kann ihn nicht zurückgeben, ich kann es nicht. Habe ich nicht schon genug verloren? Johannes, er ist doch alles, was ich noch habe …“

Bis spät in die Nacht hatte Johannes mit ihr gesprochen, sie getröstet, mit ihr gebetet. Als endlich der Morgen kam, hatte er gesagt: „Ich werde das Kind zu seinem Vater bringen.“

„Nein“, hatte sie geantwortet. „Ich gehe selbst.“ Vielleicht würde dieser Germane ein Einsehen haben und ihr das Kind lassen.

Johannes hatte sie besorgt angeschaut. „Soll ich dich begleiten?“

„Nein. Ich gehe allein.“

Sie hatte den Apostel nach draußen begleitet und war dann zurück in ihre kleine Wohnung gegangen. Ein neuer Gedanke war ihr durch den Kopf geschossen: Was, wenn sie einfach das Kind nahm und weglief, irgendwohin, wo niemand sie finden würde?

Willst du auch vor mir weglaufen, Kind?

Sie hatte die Frage so deutlich gespürt, dass kein Zweifel möglich war. Doch, sie wusste, was Gott von ihr wollte. Und sie hatte ihre Stirn gegen die Tür gepresst und die Tränen strömen lassen.

Geh jetzt, sofort, sonst schaffst du es nie!

Sie hatte Caleb, der wie immer hungrig aufgewacht war, aus seinem Bettchen genommen und gestillt, bevor sie sich auf den Weg zu seinem Vater gemacht hatte. Und den ganzen Weg lang hatte sie gebetet: Gott, erweiche du das Herz dieses Atretes. Gib, dass ich Caleb behalten kann!

Und jetzt ging sie über den kahlen Hof in das schweigende Haus. Ob das Herz dieses freigelassenen Gladiators genauso kalt und stumm war? Herr, hilf!

Sie folgte dem Diener durch die Eingangstür in ein großes Atrium. Das von oben hereinfallende Sonnenlicht ließ tausend Funken in dem leise plätschernden Springbrunnen tanzen. Ein sanfter Nebel schwebte in der Luft – eine angenehme Erfrischung nach den Stunden auf der staubigen Landstraße.

„Warte hier“, sagte der Diener. Er ging durch einen Torbogen und verschwand um die Ecke.

Sie ging rastlos hin und her und streichelte Calebs Nacken. Bald würde er wieder trinken wollen; ihre vollen Brüste waren bereit.

Schritte erklangen. Ihr Herz machte einen Satz. Sie schloss die Augen und betete wieder. Gott, lass Atretes bedenken, was das Beste für seinen Sohn ist! Vater im Himmel, hilf mir! Ich kann doch mein Kind nicht weggeben, das kannst du nicht von mir verlangen! Reicht es nicht, dass ich Shimei und Rahel verloren habe? Du hast mir doch Caleb nicht gegeben, nur um ihn mir wieder wegzunehmen …

Die Stimme des Dieners war wieder da. „Dies ist Rizpa, Herr.“ Sie öffnete ihre Augen und schrak zusammen. Riesengroß war der Mann, der jetzt neben dem Diener stand, ungeheuer muskulös, mit wirrem langem blondem Haar und zornig-kalten blauen Augen. Noch nie im Leben hatte sie ein so extremes Gesicht gesehen. Seine Wut schoss wie ein Lichtstrahl quer durch den ganzen Raum.

„Lass uns allein“, befahl Atretes. Der Diener stürzte davon, als sei der Teufel hinter ihm her.

Rizpa spürte, wie sie zu zittern begann. Es war nichts zu hören außer dem Plätschern des Brunnens. Ihr Herz hämmerte. Der Riese kam langsam auf sie zu, Schritt für Schritt. Seine Augen verengten sich und musterten sie von Kopf bis Fuß, blieben kurz an dem Kind hängen und kehrten wieder zu ihrem Gesicht zurück. Sie spürte die dunkle Aura der Gewalt, die diesen Mann umgab. Dies also war Calebs Vater? Sie drückte das Kind fester an sich.

Mit jedem Schritt, den er auf sie zumachte, spürte Atretes, wie sein Zorn wuchs. Diese Frau, die seinen Sohn wie einen kostbaren Schatz in den Armen hielt – sie erinnerte ihn an Julia. Das grobe Wolltuch um ihren Kopf konnte ihre Schönheit kaum verbergen. Ein weiches, ovales, olivbraunes Gesicht, eingerahmt von schwarzen, leicht verschwitzten Locken. Ihr Mund war voll und weich, wie der von Julia, die Augen braun, wie Julias Augen, ihr ganzer Körper sinnlich, wie Julias.

Wäre das Kind nicht in ihr Tuch gewickelt gewesen, er hätte es ihr aus den Armen gerissen. Er warf den Geldbeutel vor ihre Füße. „Gut, dann eben zweihundert Denare!“

Rizpas Lippen teilten sich schockiert. Sie wich zurück. Dieses unerbittliche Gesicht …

„Reicht das nicht?“

„Willst du das Kind kaufen?“

„Nein! Ich bezahle dich für deine Dienste.“

Die kalten Worte ließen sie plötzlich zornig werden. „Willst du es mit Geld aufwiegen, dass du mir das Kind nehmen willst, das ich liebe? Verstehst du denn nicht? Ich liebe Caleb!“

„Caleb?“ Der Name erinnerte ihn an jemanden. Natürlich, der jüdische Gladiator, damals in Rom. Er hatte ihn geachtet … und getötet.

„Ja. So heißt er.“

„Von mir hat er den Namen nicht!“

„Du warst ja auch nicht da!“

„Man sagte mir, er sei tot.“ Verdammt noch mal, was redete er da überhaupt mit dieser Frau? Was ging sie das an? „Dies ist mein Sohn, Frau. Binde ihn los und gib ihn mir.“

Rizpa versuchte vergeblich, ihre Tränen zurückzuhalten. „Nein.“

„Nein?“

„Bitte, wir müssen reden.“

Ihre Tränen rührten ihn nicht; damit hatte es Julia zu oft versucht. „Sag, was du willst, aber es wird dir nichts nützen.“

„Vielleicht ist das alles ein Irrtum. Caleb hat doch dunkle Haare und Augen …“

Sein Blick verfinsterte sich so heftig, dass sie den Satz nicht beendete. „Die hat er von seiner Mutter“, schnappte er. Er machte einen Schritt nach vorne, sie einen zurück. Seine Stimme wurde gefährlich leise. „Seiner Mutter hätte ich vielleicht nicht geglaubt, aber ihre Magd, Hadassa, hat es mir gesagt. Das Kind ist mein!“

„Du sprichst, als ob er eine Ware wäre! Es ist kein Pferd oder Haus, das man verkaufen kann.“ Sie blickte um sich. „Dies ist kein Heim, es ist eine Festung. Was für ein Leben kannst du ihm bieten?“

„Das geht dich nichts an.“

„Es geht mich viel an. Er ist mein Sohn.“

„Er war nie dein Sohn, Frau! Dass ihn dir jemand gegeben hat, macht ihn nicht zu deinem Kind.“

„Als Johannes ihn in meine Arme legte, ist er mir ans Herz gewachsen.“

„Herz? Ihr Frauen habt doch Hurenherzen! Ich gebe meinen Sohn keiner Hure!“

Ihre Tränen kamen wieder. „Du kannst doch nicht alle Frauen verachten, nur weil eine dir Böses getan hat.“

„Spar dir deine Worte! Ich habe ein Recht auf dieses Kind.“ Er nickte zu dem Jungen hin.

Rizpa erstarrte. „Recht? Und soll Liebe gar nichts gelten? Wo warst du, als seine Mutter befahl, ihn auszusetzen? Warum hat sie ihn nicht zu dir geschickt? Du hast ihn doch auch nicht gewollt, oder? Frauenherzen – ja! Was wäre aus Caleb geworden, wenn Hadassa ihn nicht gerettet hätte? Die ganze Zeit war er dir egal. Warum willst du ihn jetzt auf einmal?“

Er hatte große Lust, sie zu erwürgen. Ihre Worte rissen ihm das Gewissen auf. Und sie verdoppelten seine Entschlossenheit. „Er ist Fleisch von meinem Fleisch.“

„Dass du ein paar Stunden mit einer Frau zusammen warst und ihn gezeugt hast, macht dich noch lange nicht zu seinem Vater.“

Sein Kinn wurde noch verkniffener.

„Du hast ihn noch kaum angesehen“, presste sie hervor. „Warum willst du ihn, Atretes? Was hast du mit ihm vor?“

„Ich werde ihn mit zurück nach Germanien nehmen.“

Sie keuchte leise auf. „Germanien! Wie willst du allein, als Mann, einen Säugling versorgen auf solch einer langen Reise? Das überlebt er nicht!“

„Doch, er wird es überleben! Und jetzt gib ihn mir!“

„Er ist zu jung …“

„Gib ihn mir, oder bei den Göttern, ich nehme ihn mir mit Gewalt!“

Caleb wurde wach und begann zu wimmern. Rizpa spürte den Druck seiner kleinen Fäuste auf ihrer Brust. Sie schaute durch ihre Tränen zu Atretes hoch. Nein, er würde nicht nachgeben, er würde seine Drohung wahrmachen. Sie durfte nicht riskieren, dass Caleb etwas zustieß. Mit zitternden Fingern löste sie ihr Tuch und hielt Atretes das Kind entgegen.

Es wimmerte lauter, die kleinen Arme schlugen in die Luft. Sie spürte, wie ihre Milch einschoss. „Er hat Hunger.“

Atretes zögerte. Wie klein und zerbrechlich sein Sohn aussah. Und diese Qual in Rizpas Gesicht. Sie schwieg, aber die Tränen liefen über ihre Wangen. Er streckte die Hände aus und nahm das Kind. Es weinte lauter.

Rizpa verschränkte die Arme vor ihrer Brust und sah zu Atretes hoch. „Bitte, Atretes, tu es nicht.“ Noch nie hatte er solch eine Verzweiflung auf dem Gesicht einer Frau gesehen.

„Geh!“, sagte er rau.

„Bitte …“

„Raus!“ Das Kind begann zu schreien. Rizpa schluchzte auf und drehte sich um. „Vergiss das hier nicht!“ Er trat den Beutel mit dem Geld wie einen Ball hinter ihr her.

Sie drehte sich in der Tür um, hob den Beutel auf und schleuderte ihn in den Brunnen. „Möge Gott dir vergeben, ich kann es nicht!“ Sie schaute ein letztes Mal das Kind an, schluchzte wieder auf und lief fort.

Atretes ging zur Tür und sah ihr hinterher, wie sie die Treppe hinunter und über den Hof lief. Dann trat er die Tür zu.

Er sah unschlüssig in das Gesichtchen seines Sohnes, das vom Schreien immer röter wurde. Er betastete das schwarze Haar und die glatte Wange. Das Kind versteifte sich und schrie noch lauter.

„Schrei, so viel du willst, du gehörst mir“, brummte er, „und nicht dieser Frau.“ Er nahm es fester und schaukelte es hin und her. Das Schreien hörte nicht auf.

„Lagos!“

Lagos war fast sofort da. Ob er in der Nähe gestanden und gelauscht hatte?

„Hol die Amme.“

„Ja, Herr.“ Noch nie hatte Lagos seinen Herrn so hilflos erlebt wie jetzt, als er das schreiende Kind in den Armen hielt. Er sah fast komisch aus.

Er holte die Frau in das Atrium. Atretes schob ihr das Kind in die Arme. „Hier, nimm du ihn! Die Frau hat gesagt, er hat Hunger.“ Die Amme ging mit dem Kind hinaus. Das Schreien entfernte sich. Atretes atmete erleichtert aus.

Lagos wollte in das Wasser greifen, um den Beutel herauszuholen. „Lass das!“, befahl Atretes.

Die Hand zuckte zurück. Atretes drehte sich um und ging. Lagos kannte diesen Blick. Er würde den Tag mit seinen Übungen verbringen.

3

Es war schon nach Mitternacht, als eine der Dienerinnen Lagos weckte. „Es ist etwas mit Atretes’ Sohn. Die Amme macht sich Sorgen.“

Lagos stand schlaftrunken auf und folgte dem Mädchen in den Flur. Als sie sich der Küche näherten, hörte er bereits das Schreien des Kindes. Er trat ein. Die Amme ging aufgeregt hin und her, das schreiende Bündel in ihren Armen. „Er will nicht trinken“, jammerte sie.

„Und was soll ich daran ändern?“

„Du musst es dem Herrn sagen, Lagos.“

„Nichts da.“ Er schüttelte den Kopf. „Es reicht gerade, dass du mich mitten in der Nacht aufgescheucht hast. Ich werde nicht meinen Kopf in den Rachen des Löwen stecken.“ Er gähnte und kratzte sich den Kopf. „Wenn das Kind genug Hunger hat, wird es schon trinken.“ Er drehte sich um.

„Du verstehst nicht, Lagos. Es schreit ununterbrochen, seit der Herr es mir gegeben hat.“

Lagos hielt in der Tür an und drehte sich um. „So lange schon?“

„Ja. Und ich sage dir, es wird zusehends schwächer. Wenn das so weitergeht, stirbt es noch.“

„Ja, ist deine Milch vielleicht sauer geworden, Frau?“ Wie sollte er Atretes das beibringen?

„Meine Milch ist gut!“, protestierte sie. „Das Kind braucht seine Mutter. Pilia sagt, sie sitzt noch draußen vor dem Tor und wartet.“

Er erinnerte sich an das Gespräch im Atrium, das er mitgehört hatte. „Die Frau, die den Jungen hierhergebracht hat, ist nicht seine Mutter, und der Herr will nicht, dass sie etwas mit ihm zu tun hat.“

„Oh.“ Die Amme seufzte und legte das Kind in ein Bettchen neben der Feuerstelle. „Dann wollen die Götter vielleicht, dass es stirbt. Schade. Es ist ein schönes Kind.“

Lagos lief es kalt den Rücken hinunter. „Und jetzt? Willst du ihn einfach da liegen lassen?“

„Ich habe getan, was ich konnte …“

Lagos dachte nach. Atretes hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt, um seinen Sohn zurückzubekommen. Er würde sich wohl kaum damit abfinden, wenn das Kind jetzt einfach starb. „Gut, ich gebe dem Herrn Bescheid, sobald er aufwacht. Und du, Frau, wenn dir dein Leben lieb ist, dann sieh zu, dass das Kind endlich trinkt.“

Atretes konnte nicht schlafen. Er stand auf seinem Balkon und betrachtete die im Mondlicht daliegenden Hügel. Zehn Jahre war es jetzt her, dass sein Stamm, die Chatten, mit ihm an der Spitze gegen Rom aufgestanden war. Die Römer hatten ihn gefangen genommen und an eine Gladiatorenschule in Capua verkauft, dann an die Große Schule in Rom. Zehn Jahre!