Auch ich war in Arkadien! - Josef Freiherr von Eichendorff - E-Book

Auch ich war in Arkadien! E-Book

Josef Freiherr von Eichendorff

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Beschreibung

Auch ich war in Arkadien! - Josef Freiherr von Eichendorff - 1788 auf Schloss Lubowitz bei Ratibor als Sohn eines preußischen Offiziers geboren, genießt Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff eine aristokratisch-katholische Erziehung und schließt 1812 - gemeinsam mit seinem Bruder - das Studium der Rechtwissenschaft ab und nimmt als Leutnant im Lützowschen Freikorps am Befreiungskrieg teil. 1815 erscheint mit »Ahnung und Gegenwart« sein erstes Prosawerk. Er tritt in den Dienst der preußischen Regierung und macht als Beamter Karriere, die mit seiner Ernennung zum Geheimen Regierungsrat 1841 ihren Höhepunkt findet. 1826 erscheint mit seiner Novelle »Aus dem Leben eines Taugenichts« einer der bekanntesten Texte der Romantik. 1837 erscheint die erste Sammlung von Eichendorffs »Gedichten«, die zum Teil aus den erzählenden Werken stammen und häufig - u.a. von Robert Schumann - vertont werden. Nach seiner krankheitsbedingten Pensionierung 1844 widmet er sich überwiegend publizistischer Tätigkeit bis Joseph von Eichendorff am 26. November 1857 in Neiße stirbt.

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Josef Freiherr von Eichendorff
Auch ich war in Arkadien!

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Eine Phantasie (1834 oder 1838)

Auch ich war in Arkadien!

Da säß ich denn glücklich wieder hinter meinem Pulte, um dir meinen Reisebericht abzustatten. Es ist mir aber auf dieser Reise so viel Wunderliches begegnet, daß ich in der Tat nicht recht weiß, wo ich anfangen soll. Am besten, ich hebe, wie die Rosine aus dem Kuchen, ohne weiteres sogleich das Hauptabenteuer für dich aus.

Du weißt, ich lebte seit langer Zeit fast wie ein Einsiedler und habe von der Welt und ihrer Julirevolution leider wenig Notiz genommen. Als ich meinen letzten Ausflug machte, war eben die Deutschheit aufgekommen und stand in ihrer dicksten Blüte. Ich kehrte daher auch diesmal nach Möglichkeit das Deutsche heraus, ja ich hatte mein gescheiteltes Haar, wie Albrecht Dürer, schlicht herabwachsen lassen und mir bei meinem Schneider, nicht ohne gründliche historische Vorstudien, einen gewissen germanischen Reiseschnitt besonders bestellt. Aber da kam ich gut an! Schon auf dem Postwagen – dieser fliegenden Universität – in den nächsten Kaffeehäusern, Konditoreien und Tabagien konnte ich mit ebensoviel Erstaunen als Beschämung gewahr werden, wie weit ich in der Kultur zurück war.

Die Deutschen, fand ich, waren unterdes französisch, die Franzosen deutsch, beide aber wiederum ein wenig polnisch geworden; jeder wenigstens verlangt das liberum veto für sich und möchte in Europa einen großen polnischen Reichstag stiften. Ich gestehe, daß mir weder das Polnische noch das Französische so gar geläufig ist, und ich stand daher ziemlich verblüfft da in meinem altdeutschen Rocke. Doch zur Sache:

Eines Tages kehrte ich in dem, dir wohl noch bekannten, großen Gasthofe «Zum goldenen Zeitgeist» ein. Das war, wie du dich erinnern wirst, zu unserer Zeit die ästhetische Börse der Schöngeister, wo wir bei einem Schoppen saueren Landweines gemütlich die Valuta und den täglichen Kurs der Poeten notierten. Da ging es damals ziemlich still her, denn wir hatten alle mehr Witz als Geld. Höchstens einige Gitarrenklänge, ein paar Toasts oder ein leidlicher Lärm, wenn wir um Schlegels Luzinde zankten, oder einen zufällig verlaufenen Kotzebuaner hinausschmissen. Ich frug sogleich eifrig nach den alten Gesellen. Aber sie waren wie verschollen, man wollte sich nicht einmal ihrer Namen mehr zu entsinnen wissen. Einen nur wies mir der Kellner mit ironischem Lächeln nach: vom «Goldenen Zeitgeiste» links ab, die erste Quergasse rechts, dann ins nächste Sackgäßchen wieder halb links ab bis ans Ende – ich glaube, der ironische Kellner wollte mich zur Welt hinausweisen. Nun ist es allerdings richtig: einige hat seitdem der Pegasus abgeworfen, andere haben ihn selbst abgeschafft, weil er Futter braucht und keines gibt. Genug, auch hier war alles verwandelt.

Dagegen verspürte ich jetzt im Hause eine wunderliche Unruhe; ein scharfer Zugwind pfiff durch alle Gänge, die Türen klappten heftig auf und zu, fremde Leute mit sehr erhitzten Gesichtern rannten hin und her, besprachen sich heimlich miteinander und rannten wieder, kurz: ein Rumoren, Gehen und Kommen treppauf, treppab, als wollte der ganze Zeitgeist plötzlich mit der Schnellpost aufbrechen.

Noch mehr aber stieg meine Verwunderung, als ich des Abends mich zu der Fremdentafel begab. Schon beim Eintritt in den langen, gewölbten Eßsaal fiel mir eine Reihe hoher Betpulte auf, die an den Wänden aufgestellt waren. Vor den Pulten knieten viele elegant gekleidete Herren jedes Alters und beteten mit großer Devotion aus aufgeschlagenen Folianten, in denen sie von Zeit zu Zeit geräuschvoll blätterten. Andere schritten eifrig im Saale auf und nieder und schienen das eben Gelesene mit vieler Anstrengung zu memorieren. Ich hielt jene Folianten für Evangelienbücher oder Missalien, mußte aber, da ich an den Pulten einmal näher vorüberzustreifen wagte, zu meinem Erstaunen bemerken, daß es kolossale Zeitungen waren, englische und französische.