Auf einmal stimmt die Welt nicht mehr - Anna Sonngarten - E-Book

Auf einmal stimmt die Welt nicht mehr E-Book

Anna Sonngarten

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Beschreibung

Die Familie ist ein Hort der Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit. Wir alle sehnen uns nach diesem Flucht- und Orientierungspunkt, der unsere persönliche Welt zusammenhält und schön macht. Das wichtigste Bindeglied der Familie ist Mami. In diesen herzenswarmen Romanen wird davon mit meisterhafter Einfühlung erzählt. Die Romanreihe Mami setzt einen unerschütterlichen Wert der Liebe, begeistert die Menschen und lässt sie in unruhigen Zeiten Mut und Hoffnung schöpfen. Kinderglück und Elternfreuden sind durch nichts auf der Welt zu ersetzen. Genau davon kündet Mami. Karin Marschall blickte konzentriert auf den Bildschirm ihres PCs. Ihre sanften dunklen Augen wirkten ernst, und auf ihrer jugendlich glatten Stirn war eine steile Falte zu sehen. Die Abrechnungen für die Teilnehmer des EDV-Lehrgangs mußten heute noch fertig werden. Aber da ihre Chefin wiederholt mit anderen Dingen an sie herangetreten war, die heute auch noch unbedingt erledigt werden sollten, hatte Karins Konzentrationsfähigkeit mittlerweile stark gelitten. Karin war wie so oft in letzter Zeit der Meinung, daß ihre Arbeit mit einer halben Stelle nicht zu bewältigen war. Sie selbst konnte und wollte jedoch nicht länger arbeiten, da sie ihre Tochter nicht den ganzen Nachmittag allein lassen wollte. Auch wenn Jana zunehmend selbständiger wurde, glaubte Karin, daß eine Mutter Zeit für ihr Kind haben sollte, wenn es aus der Schule kam, zumal Karin nach der Trennung von Andreas sowieso ständig das Gefühl hatte, Jana käme zu kurz. Als es jetzt schon wieder an ihre Bürotür klopfte, verdunkelte sich ihr Blick und der Ton, mit dem sie »Herein« rief, klang gereizt. Die Tür schwang auf, und ein junger gutaussehender Mann mit einem unverschämt breiten Grinsen im Gesicht und einem Strauß roter Rosen in der Hand füllte den Türrahmen. »Hallo, schöne Frau. Ich hatte solche Sehnsucht nach dir und wollte nicht bis heute abend warten«, sagte er überschwenglich. Er ging auf die überraschte Karin zu und beugte sich über ihren Schreibtisch, um ihr einen leidenschaftlichen Kuß auf die Lippen zu drücken. Karin kam erst gar nicht dazu, Protest zu signalisieren, und als sie sich von Toms starken Armen umfaßt fühlte, zerbrach auch ihr leisester Widerstand wie ein Kartenhaus. Sie fühlte ein warmes Gefühl durch ihren Körper strömen. Ihre Wangen röteten sich, und ihre schönen sanften rehbraunen Augen leuchteten. Sie war verliebt in diesen Mann, der so plötzlich und unerwartet in ihr Leben getreten war. Dabei hatte sie schon ganz vergessen, wie es sich anfühlte, verliebt zu sein, so lange lebte sie nach der Trennung von Andreas nun schon allein mit ihrer Tochter. Sanft, fast widerstrebend löste sie sich aus Toms Umarmung.

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Leseprobe: Am Ende siegt die Liebe

»Wartet doch mal«, schrie Vicky und sprang von ihrem Fahrrad. Aufgeregt schwenkte sie den rechten Arm durch die Luft. »Immer diese Mädchen«, maulte Nick, der große dunkelhaarige Junge, der die kleine Kolonne anführte. »Ständig wollen sie Rast machen. Da kommt man doch überhaupt nicht voran. Was ist denn jetzt schon wieder? Wenn das so weitergeht, erreichen wir heute die Burg nicht mehr.« Der hübsche Junge mit den ausdrucksvollen dunklen Augen wendete sein Rad, rollte langsam den Weg zurück. Fabian, Henrik, Irmela und Angelika, die hinter ihm fuhren, hielten ebenfalls an, drehten sich um. »Was gibt’s?« fragte Nick, der sich verantwortungsbewußt stets um die Jüngeren kümmerte. Er selbst besuchte bereits die Oberstufe des Gymnasiums, war groß und schlank. »Schau mal, da ist etwas. Vielleicht ein Tier.« Vicky Langenbach, das jüngste Mädchen der Gruppe, deutete aufgeregt zu einem Apfelbaum, der abseits der Straße stand. Die Äste des Baumes bogen sich unter der Last der Früchte, die allerdings noch nicht reif waren. »Warum schaust du denn nicht nach?« kritisierte Fabian Schöller, der nun ebenfalls näher kam.

Mami – 1967 –

Auf einmal stimmt die Welt nicht mehr

Jana bangt um die Liebe ihrer Eltern

Anna Sonngarten

Karin Marschall blickte konzentriert auf den Bildschirm ihres PCs. Ihre sanften dunklen Augen wirkten ernst, und auf ihrer jugendlich glatten Stirn war eine steile Falte zu sehen. Die Abrechnungen für die Teilnehmer des EDV-Lehrgangs mußten heute noch fertig werden. Aber da ihre Chefin wiederholt mit anderen Dingen an sie herangetreten war, die heute auch noch unbedingt erledigt werden sollten, hatte Karins Konzentrationsfähigkeit mittlerweile stark gelitten. Karin war wie so oft in letzter Zeit der Meinung, daß ihre Arbeit mit einer halben Stelle nicht zu bewältigen war. Sie selbst konnte und wollte jedoch nicht länger arbeiten, da sie ihre Tochter nicht den ganzen Nachmittag allein lassen wollte. Auch wenn Jana zunehmend selbständiger wurde, glaubte Karin, daß eine Mutter Zeit für ihr Kind haben sollte, wenn es aus der Schule kam, zumal Karin nach der Trennung von Andreas sowieso ständig das Gefühl hatte, Jana käme zu kurz. Als es jetzt schon wieder an ihre Bürotür klopfte, verdunkelte sich ihr Blick und der Ton, mit dem sie »Herein« rief, klang gereizt. Die Tür schwang auf, und ein junger gutaussehender Mann mit einem unverschämt breiten Grinsen im Gesicht und einem Strauß roter Rosen in der Hand füllte den Türrahmen.

»Hallo, schöne Frau. Ich hatte solche Sehnsucht nach dir und wollte nicht bis heute abend warten«, sagte er überschwenglich. Er ging auf die überraschte Karin zu und beugte sich über ihren Schreibtisch, um ihr einen leidenschaftlichen Kuß auf die Lippen zu drücken. Karin kam erst gar nicht dazu, Protest zu signalisieren, und als sie sich von Toms starken Armen umfaßt fühlte, zerbrach auch ihr leisester Widerstand wie ein Kartenhaus. Sie fühlte ein warmes Gefühl durch ihren Körper strömen. Ihre Wangen röteten sich, und ihre schönen sanften rehbraunen Augen leuchteten. Sie war verliebt in diesen Mann, der so plötzlich und unerwartet in ihr Leben getreten war. Dabei hatte sie schon ganz vergessen, wie es sich anfühlte, verliebt zu sein, so lange lebte sie nach der Trennung von Andreas nun schon allein mit ihrer Tochter. Sanft, fast widerstrebend löste sie sich aus Toms Umarmung.

»Du wirst dich leider doch bis heute abend gedulden müssen, denn hier kann jederzeit jemand herein kommen«, gurrte sie in sein Ohr, was Tom dazu veranlaßte, ihren Hals mit zärtlichen Küssen zu bedecken. Doch dann löste er sich von ihr und sah ihr tief in die dunklen Augen.

»Bis heute abend, mein Engel. Ich freu’ mich auf dich«, raunte er. Dann verschwand er durch die Tür. Karin atmete tief durch. Sie konnte für den Augenblick keinen klaren Gedanken mehr fassen. Tom Henschel, sprach sie im Geiste seinen Namen. Was für ein Mann. Und was für ein Zufall, daß sie ihn kennengelernt hatte. Bei einem Einkaufsbummel vor einiger Zeit war sie von einem heftigen Regen überrascht worden und hatte sich im Autohaus Henschel am Uferring unterstellen wollen. Ausgerechnet an jenem Tag hatte das Autohaus einen Aktionstag. Sie ging hinein, um nicht so dumm herumstehen zu müssen, und schaute sich Autos in einer für sie unerreichbaren Preisklasse an. Damit zog sie die Aufmerksamkeit des Juniorchefs auf sich, der sich auch gleich anbot, eine Probefahrt mit ihr zu unternehmen. Normalerweise wäre Karin nicht einfach zu einem Unbekannten ins Auto gestiegen, aber unter diesen Umständen erschien es ihr gefahrlos. Das war es auch. Allerdings nur in einer Hinsicht. In einer anderen Hinsicht war diese Probefahrt keineswegs ungefährlich gewesen. Als sie wieder auf dem Vorplatz des Autohauses angelangt waren, war es um Karin geschehen. Sie hatte sich Hals über Kopf verliebt. Karin lächelte verträumt vor sich hin. Erst das Klingeln des Telefons brachte sie wieder auf den Boden der Realität zurück.

»Fortbildungsinstitut Godring. Guten Tag. Sie sprechen mit Karin Marschall«, sprach sie routiniert in den Hörer.

»Hallo, Karin. Ich bin es, Andreas.«

»Ach du, hallo.«

»Karin, ich wollte Jana heute von der Schule abholen. Ich kann nämlich heute meinen freien Nachmittag nehmen. Jana kann dann wie immer bei mir schlafen. Ich bringe sie morgen auch wieder zur Schule. Geht das in Ordnung?«

»Ja, das geht in Ordnung. Es ist mir sogar sehr lieb, weil ich heute abend Besuch erwarte«, sagte Karin.

»So, wen denn?« fragte Andreas. Das Wort Besuch hatte ihn neugierig gemacht, denn normalerweise sagte Karin immer sofort den Namen ihrer Bekannten.

»Kennst du nicht«, antwortete sie knapp. Andreas schwieg eine Sekunde lang, entschied dann aber, daß er Karin ihr Geheimnis lassen wolle. Sie waren getrennt, wenn auch nicht geschieden. Irgendwie hatte keiner von ihnen diesen letzten Schritt bisher machen wollen, obwohl es eigentlich nur eine reine Formsache war. Denn es sah zur Zeit nicht danach aus, als wollte Karin die Trennung wieder rückgängig machen. Eine Tatsache, die Andreas immer noch schmerzte, aber man mußte mit den Gegebenheiten leben, die man nicht ändern konnte.

»Gut. Ja, dann wünsch ich einen schönen Abend. Vielleicht bis demnächst einmal«, sagte er zum Abschied und legte den Hörer auf. Das war eine Floskel, die er immer benutzte, obwohl er Karin seit langem nicht mehr gesehen hatte. Sie sprachen ausschließlich am Telefon miteinander. Es hatte sich seit der Trennung kein wirklicher Anlaß mehr geboten, sich zu sehen. Andreas bedauerte das, aber er war sich nicht sicher, ob Karin auch so dachte.

*

»Herr Dr. Marschall!« Schwester Maren rief lautstark nach ihrem Stationsarzt. Dann platzte sie ins Arztzimmer. »Ach, hier stecken Sie. Der Verband ist durchgeblutet.«

Andreas Marschall sprang sofort auf und lief den Flur hinunter Richtung Zimmer 126. Er hatte Herrn Kretschmer erst heute morgen operiert. Ein schwerer Motorradunfall hatte dem jungen Mann das linke Bein zerquetscht. Dr. Andreas Marschall hatte das Bein des jungen Mannes unbedingt retten wollen, obwohl zwei seiner Kollegen der Meinung waren, daß hier nur noch eine Amputation des Patienten in Frage käme. Als Andreas jetzt an das Krankenbett des Patienten trat, sah er seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Der junge Mann war sediert worden. Ein starkes Beruhigungsmittel kombiniert mit einem Schmerzmittel sollten ihm die Schmerzen in den ersten Stunden nach der Operation nehmen und ihn in einen tiefen Schlaf versetzen. Es erübrigte sich also, den Patienten über seinen jetzigen Zustand zu informierten, und darüber war Dr. Marschall nicht unfroh.

»Rufen Sie sofort im OP an, Schwester Maren. Wir müssen nachoperieren. Anders werden wir die Blutung nicht in den Griff bekommen. Außerdem müssen sechs Konserven gekreuzt werden. Zwei Konserven liegen noch bereit. Die Blutbank muß sie sofort freigeben.« Schwester Maren nickte.

»Soll ich eine Infusion anhängen, bis wir die Konserven haben?«

»Ja, einen Plasmaexpander… aber das mach ich selbst, und schicken Sie mir bitte noch Schwester Barbara mit dem Verbandswagen. Geht das?«

»Ja«, antwortete die Krankenschwester und eilte davon. Sie bewunderte Dr. Marschall. Egal was war, nie reagierte er überreizt, sondern gab seine Anweisungen immer mit der nötigen Ruhe. Mit ihm zu arbeiten war eine Freude für sie, auch wenn viel zu tun war. Außerdem sah der dunkelhaarige Arzt gut aus.

Innerhalb von zehn Minuten waren die wichtigsten Schritte eingeleitet und der Patient in den Operationssaal gebracht worden. Schwester Maren hoffte sehr, daß es Dr. Marschall glücken würde, das Bein des Patienten zu retten. Dabei dachte sie gleichermaßen an den armen Kerl mit dem Motorrad und an ihren Stationsarzt, dem sie den Erfolg wünschte, der ihm zustand.

Dr. Marschall war zufrieden, als er nach drei Stunden den Operationssaal verlassen konnte. Der Patient mußte allerdings jetzt auf der Intensivstation weiter betreut werden. Alles hing nun davon ab, ob keine weiteren Komplikationen hinzukamen. Glücklicherweise war der junge Mann in einem ansonsten guten Gesundheitszustand. Dieser Umstand konnte sich als entscheidend in den nächsten Stunden erweisen. Versagten jetzt zum Beispiel die Nieren des Patienten oder ein anderes lebenswichtiges Organ, würde Dr. Marschall den Patienten verlieren. Andreas Marschall besprach mit dem diensthabenden Kollegen die Situation und hinterließ bei den Schwestern seine Handynummer, unter der er auch nachts zu erreichen war. Er wollte gerade los, als Oberarzt Dr. Kunert auf ihn zueilte und ihn beiseite nahm.

»Dr. Marschall, ich wollte Ihnen noch etwas mitteilen. Ich habe soeben mit einem Kollegen aus der Ruhrlandklinik telefoniert.« Dr. Kunert machte eine Kunstpause und sah seinen Assistenten bedeutungsvoll an.

»Es sieht so aus, als ob die Ruhrlandklinik demnächst einen neuen Oberarzt einstellen wird. Es ist noch nicht offiziell, aber es könnte nicht schaden, dort einmal vorstellig zu werden. Ich glaube, die Stelle ist wie für Sie geschaffen. Die Ruhrlandklinik hat eine sehr große unfallchirurgische Abteilung unter der Leitung von Professor Tannert, Professor Tannert ist Ihnen ja sicher ein Begriff. Da muß man nicht mehr viel zu sagen.« Dr. Marschall nickte.

»Allerdings, ich habe schon viel von ihm gehört. Ich danke Ihnen für diese Information, Dr. Kunert.«

»Gern geschehen, obwohl ich es persönlich sehr bedauern würde, Sie zu verlieren… aber das wissen Sie ja.«

Andreas Marschall lächelte. »Danke«, sagte er kurz, da er wußte, daß sein Oberarzt kein Mann war, der lange Reden liebte. Außerdem war es jetzt höchste Zeit, wenn er Jana pünktlich abholen wollte. Auf dem Weg zu Janas Schule dachte er über die Ruhrlandklinik nach. Keine Frage, diese Klinik hatte ihn immer schon gereizt. Professor Tannert war der beste Unfallchirurg in Deutschland. An seiner Seite zu arbeiten, war der Wunsch vieler Assistenzärzte, die es auf dem Gebiet der Unfallchirurgie zu etwas bringen wollten. Aber es gab da natürlich auch den berühmten Haken an der Sache. Die Ruhrlandklinik lag nicht gerade direkt um die Ecke. Im Gegenteil. Er würde in eine andere Stadt ziehen müssen. Kilometerweit von Jana und ihrer Mutter entfernt. Er würde Jana viel seltener sehen können, vielleicht nur noch jedes zweites Wochenende und in den Ferien. Diese Vorstellung behagte Andreas überhaupt nicht. Als er nur noch wenige Meter von Janas Schule entfernt war, sah er seine dunkelhaarige Tochter bereits am Schultor stehen. Sie war im Gespräch mit ihrer Freundin Saskia. Wie groß sie schon ist, durchfuhr es ihn. Als hätte Jana seine Gedanken gehört, durchfuhr es ihn. Als hätte Jana seine Gedanken gehört, blickte sie plötzlich in seine Richtung, erkannte seinen Wagen und winkte lebhaft. Mit einem kurzen Gruß verabschiedete sie sich von Saskia und kam lachend auf ihn zu gelaufen. Schwungvoll riß sie die Beifahrertür auf und ließ sich auf den Sitz fallen.

»Hey, Papa. Ich wußte gar nicht, daß du heute kommst«, sagte sie und strahlte ihren Vater an.

»Doch, mein Schatz. Ich habe heute meinen freien Nachmittag genommen«, sagte Andreas und lächelte glücklich. Es wurde wirklich ein sehr schöner Nachmittag für Vater und Tochter, und Andreas vergaß die Ruhrlandklinik und beinahe sogar den jungen Mann mit dem Motorradunfall. Erst am Abend rief er nochmals in der Klinik an und hörte zu seiner Erleichterung, daß der Zustand des Patienten stabil sei.

*

Tom hatte Karin einen aufregenden Abend versprochen, und da Karin momentan alles großartig fand, was Tom ihr vorschlug, war sie ihm voller Vorfreude ins ›Underground‹ gefolgt. Doch die ihr fremde Atmosphäre, der ohrenbetäubende Lärm und die stickige Luft im ›Unterground‹ gefielen Karin überhaupt nicht.

»Was ist denn das für ein Laden?« fragte Karin Tom Henschel. Doch sie merkte rasch, daß er sie bei dem ohrenbetäubenden Lärm nicht verstehen konnte, und deshalb wiederholte sie ihre Frage, indem sie die Worte in sein Ohr schrie. Trotzdem war sie nicht sicher, ob er sie verstanden hatte.

»Der Laden ist total hip«, antwortete Tom gutgelaunt, was Karin veranlaßte, ihr Gesicht zweifelnd zu verziehen, was ungefähr besagte: »Na dann.« Karin betrachtete die Leute, die sich wie toll gebärdeten. Sie kam sich auf einmal fürchterlich alt vor, obwohl sie erst knapp über dreißig war. Sie verstand nicht, wie man zu einer Musik, die nur aus stampfenden Bässen zu bestehen schien, derart ausgelassen tanzen konnte. Alle schienen unglaublich gute Laune zu haben. Karin wollte fort von hier. Unter einem romantischen Abend hatte sie sich etwas anderes vorgestellt. Tom schien ihre Gedanken zu erraten. »Dir fehlt die richtige Stimmung, Baby. Aber da kann ich nachhelfen.« Er nahm ihre Hand und legte eine kleine weiße Tablette auf ihre Handfläche.

»Nur zu«, ermunterte er sie und grinste.