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In "Die Bekenntnisse" (Confessiones) gewährt Aurelius Augustinus einen tiefen Einblick in seine spirituelle und intellektuelle Reise. Der literarische Stil ist autobiografisch und zugleich philosophisch, geprägt von einer bewegenden Rhetorik, die theologische Gedanken und persönliche Reflexionen vereint. Augustinus schildert seine Suche nach Wahrheit und Sinn, begonnen in einer von Sinnlichkeit geprägten Jugend und mündend in eine radikale Bekehrung zum Christentum. Durch den Dialog mit Gott wird der Leser in die komplexe Auseinandersetzung mit moralischen und existenziellen Fragestellungen hineingezogen, die auch heute von zentraler Bedeutung sind. Aurelius Augustinus, ein einflussreicher Kirchenvater und Theologe des 4. und 5. Jahrhunderts, hat mit "Die Bekenntnisse" nicht nur eine persönliche Lebensbeschreibung verfasst, sondern auch grundlegende Fragen der menschlichen Existenz und Gotteserfahrung behandelt. Seine eigene Wandlung, geprägt von intellektuellen Zweifeln und persönlichen Kämpfen, spiegelt sich in jedem Kapitel wider und zeugt von der langen Tradition der Selbstreflexion in der christlichen Literatur. Dieses Buch ist nicht nur ein literarisches Meisterwerk, sondern auch eine Einladung zur Selbstreflexion. Leser, die an theologischen Fragen, philosophischen Ergründungen oder an der Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben interessiert sind, finden in "Die Bekenntnisse" eine zeitlose Quelle der Inspiration und Erkenntnis. Augustinus' ehrliche und eindringliche Erzählung motiviert dazu, sich der eigenen Unsicherheiten und Fragen zu stellen und den eigenen Weg zu Exploration und Erleuchtung zu verfolgen. In dieser bereicherten Ausgabe haben wir mit großer Sorgfalt zusätzlichen Mehrwert für Ihr Leseerlebnis geschaffen: - Eine prägnante Einführung verortet die zeitlose Anziehungskraft und Themen des Werkes. - Die Synopsis skizziert die Haupthandlung und hebt wichtige Entwicklungen hervor, ohne entscheidende Wendungen zu verraten. - Ein ausführlicher historischer Kontext versetzt Sie in die Ereignisse und Einflüsse der Epoche, die das Schreiben geprägt haben. - Eine Autorenbiografie beleuchtet wichtige Stationen im Leben des Autors und vermittelt die persönlichen Einsichten hinter dem Text. - Eine gründliche Analyse seziert Symbole, Motive und Charakterentwicklungen, um tiefere Bedeutungen offenzulegen. - Reflexionsfragen laden Sie dazu ein, sich persönlich mit den Botschaften des Werkes auseinanderzusetzen und sie mit dem modernen Leben in Verbindung zu bringen. - Sorgfältig ausgewählte unvergessliche Zitate heben Momente literarischer Brillanz hervor. - Interaktive Fußnoten erklären ungewöhnliche Referenzen, historische Anspielungen und veraltete Ausdrücke für eine mühelose, besser informierte Lektüre.
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Veröffentlichungsjahr: 2024
Ein Mensch tastet durch die Schichten seines Lebens, um einen Ursprung zu finden, der die Unruhe seiner Wünsche ordnet. Diese Bewegung nach innen trägt Augustinus’ Bekenntnisse: ein Buch, das weder bloß erzählt noch bloß beweist, sondern die eigene Biografie als Bühne der Wahrheitssuche nutzt. Die Confessiones eröffnen einen Raum, in dem Erinnern, Denken und Beten ineinanderfließen. Statt äußerer Abenteuer stehen innere Wendungen im Vordergrund: Wie entsteht ein Selbst, das sich erkennt? Worin gründet Verantwortung? Welche Macht hat Verlangen? Augustinus komponiert daraus eine literarische Form, die zugleich intim und öffentlich ist, persönlich gebunden und auf Allgemeingültigkeit ausgelegt.
Aurelius Augustinus, später Bischof von Hippo Regius in Nordafrika, verfasste die Bekenntnisse auf Latein um 397–400 n. Chr. Das Werk besteht aus dreizehn Büchern und verbindet autobiografische Rückschau mit philosophisch-theologischer Reflexion. Es entstand in einer Phase intensiver Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit, den intellektuellen Prägungen seiner Zeit und der Ausrichtung seines Lebens auf Gott. Der Titel bezeichnet zugleich Lob und Eingeständnis: confessiones meint Bekennen im doppelten Sinn. Augustinus schreibt nicht als distanzierter Chronist, sondern als Betender, der seine Lebensgeschichte im Licht eines Anspruchs deutet, der über ihn hinausweist.
Die Bekenntnisse gelten als Klassiker, weil sie eine neue Form der literarischen Selbstbefragung begründen. Augustinus führt ein zweites Gegenüber ein: Er richtet sein Wort nicht primär an Leserinnen und Leser, sondern an Gott. Dadurch entsteht eine Rhetorik der Unmittelbarkeit, die den inneren Monolog öffentlich macht, ohne ins Private zu zerfallen. Die Spannung von persönlicher Stimme und universaler Adressierung prägt den Ton des Buches. Es ist zugleich geistliche Dichtung, psychologische Analyse und philosophischer Versuch. Die Form verbindet Erinnerungsarbeit und Deutung, sodass aus Episoden Sinnfiguren werden: Prüfungen, Versuchungen, Einsichten, Schritte der Läuterung.
In knapper Zusammenfassung schildert das Werk Kindheit, Ausbildung und berufliche Anfänge des Autors, seine intellektuellen Irrwege und seine Suche nach einer tragfähigen Wahrheit. Augustinus bewegt sich durch unterschiedliche Milieus, Schulen und Lebensstile, gerät in Bindungen, die ihn formen, und lernt Stimmen kennen, die ihn herausfordern. Der erzählte Weg führt von rhetorischen Ambitionen über philosophische Lektüren zu einer religiösen Vertiefung, die schrittweise sein Denken neu ordnet. Spätere Bücher wenden sich grundlegenden Themen zu: der Kraft der Erinnerung, dem Wesen der Zeit und dem Verständnis der Schöpfung. Die Erzählung bleibt konzentriert, ohne in Details zu verlieren.
Literarisch arbeiten die Bekenntnisse mit Motiven von Licht und Dunkel, Ferne und Nähe, Fall und Aufrichtung. Augustinus’ Sprache ist musikalisch, bildstark und dicht; sie verknüpft persönliche Szenen mit biblischen Resonanzen und philosophischen Begriffen. Die wiederkehrende Anrede schafft Dringlichkeit: Selbstgespräch wird verantwortetes Sprechen. Rhythmus und Aufbau erzeugen ein Spannungsfeld zwischen Rückblick und Gegenwart des Schreibens. Der Autor zeigt, wie Worte Erfahrungen formen: Erinnern ist hier kein bloßes Archiv, sondern ein schöpferischer Akt. Dadurch wird die Lektüre performativ: Man begleitet nicht nur einen Lebenslauf, sondern erlebt die Bildung eines Bewusstseins im Vollzug.
Als Wirkungsgeschichte reicht das Buch weit. Es durchdringt mittelalterliche Spiritualität und monastische Praxis, prägt Modelle der Gewissenserforschung und inspiriert Formen geistlicher Autobiografie. In der Neuzeit wird es zum Resonanzraum für Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Philosophinnen und Philosophen: Die Frage, wie ein Ich sich erzählt und verantwortet, bleibt leitend – von Montaigne bis Rousseau, von Pascal bis in die Moderne. Die Bekenntnisse zeigen, dass Selbsterkenntnis ohne einen Maßstab jenseits der eigenen Launen zerfällt. Zugleich eröffnen sie Möglichkeiten literarischer Selbstrepräsentation, die auf Authentizität zielen, ohne Anspruch auf bloße Spontaneität zu erheben.
Philosophisch sind vor allem die Analysen der Erinnerung und der Zeit hervorzuheben. Augustinus erkundet die innere Weite des Gedächtnisses, seine Bilder, Triebe und Gewohnheiten, und fragt, wie Vergangenheit im Gegenwärtigen präsent ist. Seine Überlegungen zur Zeit – Erwartung, Aufmerksamkeit, Erinnerung – wurden bis heute diskutiert, weil sie Erfahrungen beschreiben, die jeder Mensch kennt: das Dehnen des Moments, das Verfliegen der Stunden, das Warten, das alles bestimmt. Dazu treten Einsichten in Wille und Gewohnheit, Begierde und Bindung. Nicht abstrakt, sondern konkret verknüpft er Lebenspraxis und begriffliche Klärung.
Theologisch entfaltet das Werk zentrale Themen der christlichen Tradition: Schöpfung, Schuld, Gnade, Auslegung der Schrift. Augustinus zeigt, wie Auslegung nicht neben dem Leben steht, sondern es beleuchtet und ordnet. Seine Lesart der Welt ist performativ: Durch das Sprechen vor Gott wird der Erzähler verwandelt. Die Darstellung vermeidet Triumphalismus; der Weg verläuft tastend, im Wechsel von Scheitern und Einsicht. Damit entsteht eine Ethik der Aufmerksamkeit: Wer sich bekennt, entzieht sich der Selbstverblendung. Das Buch ist so weniger ein fertiges System als ein Labor der Wahrheitssuche, in dem Denken und Beten sich durchdringen.
Historisch gehören die Bekenntnisse in die Spätantike: das Römische Reich ist im Wandel, Bildungswege führen über Rhetorik, Philosophie und Recht, und religiöse Debatten prägen den öffentlichen Diskurs. Augustinus ist in Thagaste geboren, in Karthago ausgebildet und wirkt später in Hippo Regius; sein Lebensweg verbindet afrikanische Provinz und imperiale Zentren. Diese Konstellation spiegelt sich im Werk: Es trägt die Eleganz der klassischen Bildung und die Dringlichkeit einer Epoche, die ihre geistigen Fundamente neu bestimmt. Die Bekenntnisse zeigen, wie eine Kultur ihr Selbstverständnis an den Bruchlinien von Tradition und Umbruch verhandelt.
Als Lektüreerfahrung fordert das Buch, sich auf eine doppelte Perspektive einzulassen: Der Erzähler erinnert, während er deutet; er berichtet, während er betet. Nicht jede Episode dient dem äußeren Verlauf, vieles dient der inneren Logik der Prüfung. Wer das Buch liest, betritt eine Werkstatt: Begriffe werden erprobt, Gefühle gesichtet, Motive gereinigt. Wichtiger als biografische Vollständigkeit ist die Frage nach Wahrheit und Heil. Der Realismus dieser Prosa liegt in der Genauigkeit innerer Vorgänge. Darin liegt eine moderne Qualität: Das Ich tritt nicht als Held auf, sondern als Lernender, der sich verantwortet.
Der Rang als Klassiker beruht auf der Einheit von Form und Anliegen. Augustinus erfindet kein geschlossenes Genre, sondern schafft einen Bewegungsmodus des Sprechens, der Zeiten und Register mischt. Er verbindet literarische Schönheit mit geistiger Strenge, persönliche Stimme mit öffentlichem Anspruch, religiöse Tiefe mit philosophischer Schärfe. Das Werk hat Modelle der Autobiografie, der Beichte, der Meditation und des Essays vorgeprägt. Es zeigt, wie Sprache Räume öffnet, in denen Selbsterkenntnis wächst. Dabei bleibt es lesbar, weil es nicht voraussetzt, dass man schon glaubt, was es verhandelt, sondern einlädt, mitzudenken.
Warum das Buch heute noch relevant ist? Weil es die großen Fragen stellt, die Menschen in jeder Epoche bewegen: Wer bin ich, wenn ich mich erinnere? Woran messe ich mein Leben? Was trägt, wenn Gewohnheiten brüchig werden? In einer Gegenwart, die Selbstdarstellung favorisiert, aber oft am Maßstab der Wahrheit spart, bietet Augustinus eine andere Grammatik des Ichs: Rechenschaft statt Selbstdoktrin, Aufmerksamkeit statt Ablenkung, Geduld statt Hast. Die Bekenntnisse lehren, dass innere Freiheit mit geordnetem Begehren beginnt. Ihre zeitlosen Qualitäten sind Mut zur Wahrheit, Genauigkeit der Sprache und die Hoffnung, dass Sinn gefunden werden kann.
Aurelius Augustinus verfasste die Bekenntnisse um die Jahre 397 bis 400. Das Werk besteht aus dreizehn Büchern und ist in Form eines an Gott gerichteten Gebets gehalten. Es verbindet autobiografische Rückschau, philosophische Analyse und theologische Deutung. Augustinus schildert, wie er seine Vergangenheit betrachtet, um Sinn und Wahrheit zu erkennen, und wie er die menschliche Suche nach Glück und Erkenntnis beurteilt. Die Erzählung führt von seiner Kindheit in Nordafrika bis zu einer grundlegenden geistigen Neuorientierung in Italien; die späteren Bücher wenden sich allgemeinen Themen zu. So entsteht kein bloßes Lebensprotokoll, sondern ein durchgängiges Ringen um Wahrheit, Freiheit und Verantwortung vor Gott.
In den frühen Büchern beschreibt Augustinus Kindheit und Schulzeit in Thagaste und Madaura. Er beobachtet, wie Sprache gelernt wird, welche Rolle Ehrgeiz, Scham und Zwang im Unterricht spielen, und wie sich schon in harmlosen Spielen ungeordnete Begehrlichkeiten zeigen. Berühmt ist sein Bericht eines Diebstahls von Birnen, nicht wegen des Wertes der Früchte, sondern als Beispiel für Lust an der Übertretung und die Macht der Gruppe. Diese Episode dient ihm als Ausgangspunkt, das Wesen der Sünde als Fehlordnung der Liebe zu untersuchen. Die Frage, warum Menschen das Schlechte wollen, begleitet fortan seine Selbsterkundung und moralische Diagnose.
Als Jugendlicher geht Augustinus nach Karthago, um Rhetorik zu studieren. Er schildert die Anziehungskraft von Theater, Liebe und Ruhm, zugleich die Wirkung einer philosophischen Schrift, die ihn zur ernsthaften Wahrheitssuche anregt. In dieser Phase schließt er sich den Manichäern an, die eine dualistische Welterklärung bieten und das Problem des Bösen mit einer zweiten Prinzipienmacht lösen wollen. Zugleich bleibt die christliche Prägung seiner Familie, insbesondere durch die Mutter, präsent. Augustinus ringt mit konkurrierenden Antworten auf Fragen nach Glück, Erkenntnis und moralischer Verantwortung. Sein inneres Panorama ist von Begierde, intellektuellem Ehrgeiz und religiöser Neugier bestimmt, ohne stabile Einheit zu finden.
Beruflich etabliert sich Augustinus als Rhetoriklehrer und Redner. Der frühe Tod eines engen Freundes erschüttert ihn und macht die Endlichkeit und Brüchigkeit affektiver Bindungen zum Thema. Er sucht Trost in Philosophie und im Kreis von Gleichgesinnten, bleibt aber rastlos. Astrologie und divinatorische Praktiken üben zeitweise Reiz aus, werden später kritisch geprüft und verworfen. Aus den Spannungen zwischen Erfolg, Trauer und Skepsis entsteht die Frage nach einem festen Maß der Wahrheit jenseits wechselnder Meinungen. Augustinus beginnt zu ahnen, dass reine Bildung und soziale Anerkennung weder die Sehnsucht nach Sinn stillen noch den Zwiespalt seines Wollens heilen.
Unzufrieden mit den Studiengewohnheiten seiner Schüler zieht Augustinus nach Rom und schließlich nach Mailand. Die Begegnung mit Manichäerführern enttäuscht ihn durch mangelnde Tiefe, während die Predigten des Bischofs Ambrosius seine Sicht auf die Bibel verändern. Er entdeckt, dass eine nicht wörtlich verengte, geistige Auslegung philosophische Fragen ernst nimmt. Zugleich lockt ihn eine prestigeträchtige Karriere im Staatsdienst. Zwischen intellektueller Neubewertung des Christentums und praktischen Bindungen an Beruf, Beziehungen und Status hält ihn eine innere Spaltung. Er sieht sich gezwungen, Motive zu prüfen: Wahrheitssuche, Ehrgeiz, Lust, Pflicht. Die Entscheidung, welchem Gut Vorrang gebührt, wird dringlicher.
Philosophische Lektüren aus der platonischen Tradition vertiefen Augustins Gottesverständnis als immaterielles, unveränderliches Sein. Das Böse erscheint ihm nicht mehr als eigenständige Substanz, sondern als Mangel an Gutheit, als Entbehrung ordnender Liebe. Diese Einsicht klärt Denkprobleme, löst jedoch die moralische Ohnmacht nicht. Er erlebt in sich den Zwiespalt zweier Willen: Einsicht bejaht das Gute, Gewohnheit drängt zum Gewohnten. So wird die ethische Frage personal: Wie wird der Wille heil und frei. Augustinus beginnt, Gnade nicht als Zusatzwissen, sondern als innere Erneuerung zu denken, ohne die intellektuelle Zustimmung nicht zur gelebten Umkehr wird.
In Mailand wächst ein Kreis von Freunden, darunter Alypius; auch die Mutter Monica ist nahe. Gespräche über das gute Leben, freiwillige Enthaltsamkeit und die Vorzüge eines gemeinsamen, zurückgezogenen Daseins prägen den Alltag. Gleichzeitig binden Verträge, Karrierepläne und persönliche Beziehungen. Augustinus reduziert seine öffentlichen Verpflichtungen, sucht Stille und ordnet seine Lebensführung, doch die gewohnte Trägheit bleibt stark. Das Gebet gewinnt an Gewicht, nicht als Flucht, sondern als Form der Selbstprüfung. In dieser Konstellation verdichtet sich die Frage, ob er bereit ist, den Vorrang geistiger Güter praktisch zu bejahen, auch wenn das Verzicht, Unsicherheit und Verlust bedeutet.
Die Spannungen kulminieren in einer eindringlichen inneren Krise, die Augustinus als Durchbruch deutet. In einem Moment radikaler Selbstgegenwart bricht der Widerstand seiner Gewohnheit, und er erkennt eine neue Freiheit, die er als Antwort auf seine lange Suche versteht. Diese Wende führt zu konkreten Schritten der Neuorientierung, zu Distanz vom bisherigen Berufsweg und zur Vorbereitung auf kirchliche Initiation. Der Bericht vermeidet äußere Sensation und betont vielmehr die Bewegung des Herzens: Von Zögern und Zerrissenheit hin zu entschiedener Zustimmung. Die biografische Linie wird damit zur exemplarischen Darstellung, wie Erkenntnis, Wille und Gnade zusammenwirken.
Die letzten Bücher lösen sich von der Chronik und entfalten Reflexionen über Gedächtnis, Zeit und Schöpfung. Augustinus analysiert Erinnerung als Weite der Seele und beschreibt Zeit als Ausdehnung von Erwartung, Gewahrsein und Erinnerung. In der Auslegung des Anfangs der Genesis zeigt er, wie verschiedene Lesarten rechtens sein können, sofern sie der Wahrheit dienen. Der Grundton bleibt danksagendes Bekenntnis: Der Mensch erkennt seine Abhängigkeit und findet Ruhe nicht in sich selbst, sondern in der Wahrheit, die ihn trägt. So verbindet das Werk persönliche Erfahrungen mit dauerhaften Fragen und wirkt als prägende Stimme für Spiritualität und Denken.
Die Confessiones des Aurelius Augustinus entstehen gegen Ende des 4. Jahrhunderts, vermutlich zwischen 397 und um 401, an der Schwelle vom spätantiken Rom zum christlich geprägten Imperium. Der Autor lebt als Bischof in Hippo Regius in Nordafrika, wirkt jedoch biografisch zwischen Provinzstädten wie Thagaste und Zentren wie Karthago, Rom und Mailand. Dominante Institutionen sind das römische Kaisertum, die städtischen Eliten und zunehmend die katholische Kirche, deren Bischöfe soziale, rechtliche und religiöse Autorität bündeln. In dieser Konstellation verfasst Augustinus ein Werk, das frommes Gebet, autobiografische Erinnerung und philosophische Reflexion verbindet und so seine Gegenwart kommentiert.
Politisch-religiös markiert das 4. Jahrhundert eine tiefgreifende Wende. Seit dem Toleranzedikt von 313 ist das Christentum geduldet; unter Theodosius I. wird die nicänische Glaubensrichtung 380 zur Reichsreligion. Heidnische Kulte bestehen fort, verlieren aber an staatlicher Unterstützung. Kirchliche Hierarchien verdichten sich, Synoden gewinnen Gewicht, und Bischöfe agieren als Vermittler zwischen Gemeinden und kaiserlicher Verwaltung. Diese Umbrüche prägen die Confessiones: Der Text bezeugt eine Kultur, in der christliche Deutungshoheit wächst und öffentliche wie private Lebensführung an neuen Normen gemessen wird, ohne dass ältere Bildungswerte und literarische Formen verschwinden.
Nordafrika, Augustins Heimat, ist wirtschaftlich bedeutsam, agrarisch produktiv und stark urbanisiert. Karthago fungiert als Metropole mit Handelsverbindungen über das Mittelmeer. Große Landgüter, Pachtverhältnisse und städtische Kurialen strukturieren Gesellschaft und Finanzen; Steuerlasten und Patronage prägen den Alltag. Kulturell wirken römische, lateinische und weiterhin punische Traditionen zusammen. Diese Gemengelage spiegelt sich in Augustins sozialer Mobilität: ein Provinzsohn, der über Bildung und Netzwerke in imperiale Zentren aufsteigt. Die Confessiones reflektieren so die Spannungen zwischen Provinzialität und Metropole, familiären Bindungen und Karriereansprüchen, lokaler Frömmigkeit und reichsweiter Kirchenpolitik.
Die spätantike Bildungsordnung bildet den Nährboden des Werkes. Grammatik- und Rhetorikschulen eröffnen Zugänge zu Verwaltung, Recht und Hof. Literarische Kanones, memorierende Übungen und Wettbewerbe prägen das Habitusideal der eloquentia. Augustinus ist ein Kind dieser Paideia: Er lehrt Rhetorik in Karthago, Rom und Mailand und verschränkt im Schreiben klassisches Formbewusstsein mit christlicher Theologie. Die Confessiones kritisieren zugleich den Ehrgeiz der Schulszene und nutzen ihre Mittel. Der Weg von der Kunst des Überzeugens zur Kunst der Bekehrung wird im Text sichtbar und verknüpft Bildungskarrieren mit religiöser Sinnsuche.
Religiös ist die Epoche plural: neben der katholischen Kirche existieren Donatisten, Manichäer, arianische Gruppen, neuplatonische Philosophenschulen und traditionalistische Kulte. Öffentliche Debatten, Predigten und Schriften tragen Konflikte um Autorität, Bibelauslegung und Moral in die Städte. Diese Konkurrenzmilieus erklären die argumentative Dichte der Confessiones. Augustinus begründet darin, warum er christliche Schrift, kirchliche Gemeinschaft und bischöfliche Lehre über alternative Sinnangebote stellt. Der Text illustriert, wie spätantike Identität im Ringen um Wahrheit, Heilswege und Lebensführung entsteht, und warum intellektuelle Umkehr als öffentlich bedeutsamer Akt gilt.
Eine zentrale Folie ist der Manichäismus, im 3. Jahrhundert von Mani begründet und im 4. Jahrhundert in Afrika präsent. Sein strenger Dualismus von Licht und Finsternis, asketische Regeln und ein Netz von Hörerinnen und Hörern neben ausgewählten Eingeweihten übten auf gebildete Städter Anziehung aus. Augustinus gehörte ungefähr neun Jahre zur manichäischen Hörerschaft, ehe intellektuelle Enttäuschungen und christliche Predigt ihn lösen. In den Confessiones markiert er den Abstand zu dualistischen Kosmologien und materialistischen Gottesvorstellungen. Historisch liest sich das als Stellungnahme in einer konkret erfahrbaren Konkurrenz religiöser Deutungen in Nordafrika.
Ebenso prägend ist der Neuplatonismus, vermittelt über lateinische Übersetzungen von Plotin und Porphyrios und lateinische Interpreten. Er bietet Kategorien, um Gottes Transzendenz, die Immaterialität der Seele und die Hinwendung nach innen zu denken. Augustinus rezipiert diese Denktradition in Mailand, ohne ihr zu verfallen. Die Confessiones nutzen neuplatonische Sprache, wenden sie jedoch auf biblische Schöpfung, Gnade und Inkarnation an. Historisch sichtbar wird ein Transfer: Philosophische Elitekultur unterstützt die christliche Intellektualisierung, zugleich geraten deren Grenzen im Blick auf Offenbarung, Kirche und Sakramente in den Fokus.
Mailand bildet den politischen und religiösen Kontext der entscheidenden Jahre. Als Residenz des Westkaisers im späten 4. Jahrhundert ziehen dort Hofbeamte, Juristen und Rhetoren zusammen. Bischof Ambrosius steht als bedeutender Prediger und Kirchenpolitiker im Zentrum. Seine allegorische Exegese, Hymnendichtung und Auseinandersetzungen mit kaiserlicher Politik prägen das Klima, in dem Augustinus lehrt, sucht und sich taufen lässt. Die Confessiones dokumentieren diesen Übergang: höfische Kommunikationskultur, rhetorische Brillanz und kirchliche Autorität verschränken sich, und die Taufe erhält die Gestalt eines öffentlichen Akts mit gesellschaftlicher Signalwirkung.
Parallel gewinnt die asketische Bewegung an Einfluss. Lebensentwürfe von Jungfräulichkeit, Enthaltsamkeit und gemeinschaftlichem Besitz verbreiten sich im Westen, auch unter gebildeten Laien. Reiseberichte über ägyptische Mönche, bischöfliche Regelungen und Hausklöster bieten Modelle. Augustinus entscheidet sich nach seiner Taufe für ein zurückgezogenes, gemeinschaftliches Leben und gründet später in Thagaste und Hippo Asketengemeinschaften. Die Confessiones sind in dieser Atmosphäre verfasst: Sie plausibilisieren den Wert der inneren Sammlung, binden Askese in kirchliche Ordnung ein und deuten sie nicht als elitär-philosophische, sondern als biblisch verankerte Lebensform.
Nordafrika ist zugleich von der Donatistenfrage geprägt, einer seit dem frühen 4. Jahrhundert anhaltenden Kirchenspaltung. Streitpunkt war die Gültigkeit von Sakramenten, die von als verräterisch geltenden Klerikern gespendet wurden, sowie Fragen kirchlicher Reinheit und Autorität. Der Konflikt durchzieht Städte und Landbevölkerung, führt zu Gewalt und wiederholten staatlichen Eingriffen. Augustinus ringt als Priester und Bischof um kirchliche Einheit und entwickelt Argumente für die Universalität der Kirche und die Wirksamkeit der Sakramente ex opere operato. Die Confessiones atmen dieses Ringen, indem sie Sünde, Heil und Gemeinschaft neu justieren.
Biblische Auslegung bildet eine zweite Grundlage. Afrikanische Synoden des späten 4. Jahrhunderts, darunter Versammlungen in Hippo (393) und Karthago (397), fixieren kirchliche Disziplin und diskutieren den biblischen Kanon; 397 wird eine für Afrika maßgebliche Liste bestätigt. In diesem Kontext entfalten die Confessiones am Ende ausführliche Meditationen zu Genesis, Schöpfung und Zeit. Der Text steht damit exemplarisch für eine Kultur, die Schrift nicht nur zitiert, sondern liturgisch, philosophisch und pastoral auslegt. Exegese wird zum öffentlichen Gut, das persönliche Frömmigkeit und kirchliche Lehre verbindet.
Die materielle Buchkultur erfährt zugleich Wandel. Der Codex setzt sich gegenüber der Rolle durch, Papyrus und Pergament koexistieren, und christliche Gemeinden betreiben rege Abschriftentätigkeit. Öffentliche Vorlesungen, private Lektüre und Zirkulation von Briefen prägen Kommunikation. Augustinus verfasst und verschickt Predigten, Traktate und Briefe; er berichtet von der stillen Lektüre des Ambrosius, ein damals bemerkenswerter Vorgang. Die Confessiones sind für laut gelesenes Gebet geeignet und zugleich für stille Innerlichkeit komponiert. Das Werk steht so an der Schnittstelle zwischen performativer Öffentlichkeit und kontemplativer Privatlektüre.
Ökonomisch und sozial bleibt das Reich komplex. Annona-Systeme sichern die Versorgung großer Städte, insbesondere durch nordafrikanisches Getreide. Reisen per Schiff und über römische Straßen verbinden Provinzen und Höfe; Augustins Wechsel zwischen Karthago, Rom und Mailand spiegelt vorhandene Mobilität. Gleichzeitig belasten Abgaben städtische Eliten, und Klientelverhältnisse steuern Karrieren. In den Confessiones tritt diese Welt als Versuchung und Chance hervor: die Aussicht auf Anstellung, Ansehen und materielle Sicherheit, aber auch Abhängigkeiten. Augustins Abkehr von bestimmten Karrierezielen kommentiert damit reale Mechanismen spätantiker Sozialordnung.
Sprachlich knüpfen die Confessiones an die lateinische Tradition an, transformieren sie aber durch Gebetston und Psalmrezitation. Christliche Predigt, Ambrosianischer Gesang und biblische Phraseologie prägen Stil und Argumentation. Die doppelte Bedeutung von confessio als Lob Gottes und als Schuldbekenntnis bildet die strukturelle Idee des Buches. Damit antwortet das Werk auf zeitgenössische Bußpraxis und liturgische Formen, ohne eine spätere, institutionalisierte Beichte vorauszusetzen. Augustinus nutzt eine öffentliche Gebetssprache, um persönliches Erinnern zu ordnen. Diese Verbindung von Rhetorik, Liturgie und Innerlichkeit ist ein Signum der Epoche.
Theologisch reagieren die Confessiones auf Debatten über Freiheit, Gnade und Sünde. Zwar entfalten sich die Auseinandersetzungen mit Pelagius erst im frühen 5. Jahrhundert, doch Augustins Betonung der vorausgehenden Gnade, der Verwundung des Willens und der heilenden Rolle der Kirche ist bereits erkennbar. Zugleich grenzt er sich von manichäischer Naturverachtung ab, bekräftigt die Güte der Schöpfung und die Leiblichkeit der Inkarnation. Historisch wird so sichtbar, wie das Werk Positionen markiert, die bald darauf kirchenweit diskutiert werden und die westliche Theologie über Jahrhunderte prägen werden.
Die politische Großwetterlage bleibt instabil. Verschiebungen von Militärmacht und Völkerbewegungen setzen das Westreich unter Druck; 410 wird Rom geplündert. Die Confessiones entstehen davor, doch lesen spätere Generationen sie vor dem Hintergrund dieser Krisen. Augustinus selbst reagiert später mit De civitate Dei auf die Erschütterungen. Bereits in den Confessiones bietet er jedoch eine innere Topographie der Hoffnung: die Hinwendung zu Gott als beständiger Orientierung in einer brüchigen Welt. Das Werk liefert damit geistige Ressourcen für Gemeinden, die zwischen imperialer Tradition und ungewisser Zukunft leben.
Schließlich ordnen die Confessiones die klassische Paideia neu. Rhetorische Exzellenz, philosophische Untersuchung und literarische Kunst werden nicht verworfen, sondern unter das Telos der Wahrheit Gottes gestellt. Gleichzeitig kritisiert das Buch verbreitete Lebensideale: Karrierefixierung, Theatersucht, Ruhmstreben und erotische Selbstverfehlung erscheinen als Fehlordnung der Liebe. Im historischen Kontext einer sich christianisierenden Elite artikuliert Augustinus so eine Alternative: die Konversion des Begehrens, die soziale Bindung an Kirche und die intellektuelle Demut. Das Werk kommentiert seine Zeit, indem es ihr Vermögen bewahrt und ihre Maßstäbe radikal neu gewichtet.
Aurelius Augustinus (354–430), Bischof von Hippo Regius im römischen Nordafrika, zählt zu den einflussreichsten Denkern der Spätantike. Als christlicher Theologe, Philosoph und stilbildender lateinischer Autor prägte er zentrale Debatten über Erkenntnis, Zeit, Gnade, Freiheit, Kirche und Geschichte. Seine Schriften verbunden mit pastoraler Verantwortung und intellektueller Breite wirkten tief in die mittelalterliche Scholastik, die patristische Tradition des Westens und spätere Reform‑ und Erneuerungsbewegungen. Augustinus verband Rhetorikschulung mit intensiver Bibelauslegung und philosophischer Argumentation. Sein Werk wurde in Klöstern, Schulen und Universitäten über Jahrhunderte rezipiert und bildet bis heute einen Bezugspunkt der Geistes‑ und Theologiegeschichte.
Geboren in Thagaste im Jahr 354, erhielt Augustinus eine klassische Ausbildung in Grammatik und Rhetorik in Thagaste, Madaura und Karthago. In Karthago entfachte die Lektüre von Ciceros Hortensius seinen philosophischen Ehrgeiz. Früh schloss er sich dem Manichäismus an und wandte sich zeitweise skeptischen Positionen zu. Später prägten ihn neuplatonische Autoren, vermittelt über lateinische Übersetzungen, sowie die Predigten des Mailänder Bischofs Ambrosius, deren allegorische Schriftauslegung ihn beeindruckte. Augustinus beherrschte Latein meisterhaft, verfügte jedoch nur über begrenzte Griechischkenntnisse, was seine Quellenwahl lenkte. Diese Mischung aus Rhetorik, Philosophie und Bibelstudium bestimmte sein Denken dauerhaft.
Beruflich begann Augustinus als Rhetoriklehrer in Thagaste und Karthago. Auf der Suche nach anspruchsvolleren Schülern wechselte er nach Rom und 384 an den kaiserlichen Hof nach Mailand als Rhetorikprofessor. Dort hörte er Ambrosius, setzte sich intensiv mit der Bibel und der platonischen Tradition auseinander und erlebte 386 eine Bekehrung, gefolgt von der Taufe 387. 388 kehrte er nach Nordafrika zurück, gründete eine gemeinschaftliche Lebensform mit klösterlicher Prägung und wurde 391 in Hippo zum Priester geweiht. 395/396 folgte die Ernennung zum Bischof von Hippo Regius, mit umfangreichen pastoralen, administrativen und lehrhaften Aufgaben.
Seine frühen und grundlegenden Werke verbinden autobiografische Reflexion, Hermeneutik und Philosophie. Die Confessiones, um 397–400 entstanden, sind Gebet und Selbstdeutung zugleich und erkunden Erinnerung, Zeit und Gottesnähe. De doctrina christiana, ab 397 konzipiert und 426 vollendet, systematisiert Auslegung und Predigt, unterscheidet Zeichen und Dinge und begründet christliche Bildung. In De libero arbitrio untersucht er Verantwortung und Willensfreiheit angesichts des Bösen. Frühschriften wie Contra Academicos und De musica zeigen seine Auseinandersetzung mit Skeptizismus, Erkenntnistheorie und Zahl‑Harmonie. Diese Werke begründeten seinen Ruf als origineller Denker, der klassische Kultur mit biblischer Theologie vermittelt.
In Hippo führte Augustinus theologische Auseinandersetzungen mit Manichäern, Donatisten und später Pelagianern. Gegen den Manichäismus richteten sich u. a. Contra epistulam Manichaei und Contra Faustum. Die Donatisten bekämpfte er in Schriften wie Contra epistulam Parmeniani und De baptismo contra Donatistas, wobei er die Einheit der Kirche und die Wirksamkeit der Sakramente verteidigte. Im pelagianischen Streit entfaltete er eine Lehre von Gnade und Erbsünde in De spiritu et littera, De natura et gratia und verwandten Traktaten. Seine zahlreichen Sermones und Epistulae zeigen seelsorgliche Nähe, juristische Versiertheit und logische Strenge im Dienst der Gemeinden.
Seine reifsten Synthesen entstanden über Jahrzehnte. De Trinitate (etwa 399–419) entwirft eine Psychologie der Gotteserkenntnis und reflektiert Bilder der Trinität im menschlichen Geist. De civitate Dei, begonnen nach dem Schock der Plünderung Roms 410 und bis in die 420er-Jahre fortgeführt, ordnet Geschichte und Politik unter dem Leitmotiv zweier „Städte“. Das Enchiridion ad Laurentium bietet eine kompakte Darstellung von Glauben, Hoffnung und Liebe. In den Retractationes überprüfte Augustinus um die Mitte der 420er seine eigenen Schriften kritisch. Briefe und Predigten ergänzen diese monumentalen Werke um praktische Auslegung, Apologie und pastorale Unterweisung.
Augustinus starb 430 in Hippo Regius während der Belagerung der Stadt durch Vandalen. Bis zuletzt war er als Prediger, Briefschreiber und Kontroversist tätig. Sein Vermächtnis prägt westliche Theologie, Frömmigkeit und Philosophie: Fragen nach Gnade und Freiheit, nach Zeit, Erinnerung und innerer Erfahrung, nach Kirche, Sakramenten und der Deutung der Geschichte. Mittelalterliche Theologen, Humanisten und spätere Reformatoren setzten sich intensiv mit ihm auseinander; auch moderne Philosophie und Literatur greifen Motive seines Denkens auf. Seine Werke werden weiterhin ediert, kommentiert und in Forschung und Lehre breit rezipiert, was seine anhaltende Aktualität unterstreicht.
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Groß bist du, o Herr, und deines Lobes ist kein Ende;[1q] groß ist die Fülle deiner Kraft, und deine Weisheit ist unermeßlich. Und loben will dich der Mensch, ein so geringer Teil deiner Schöpfung; der Mensch, der sich unter der Last der Sterblichkeit beugt, dem Zeugnis seiner Sünde, einem Zeugnis, daß du den Hoffärtigen widerstehest; und doch will dich loben der Mensch, ein so geringer Teil deiner Schöpfung. Du schaffest, daß er mit Freuden dich preise, denn zu deinem Eigentum erschufst du uns, und ruhelos ist unser Herz, bis es ruhet in dir. Kläre mich auf, o Herr, und laß mich erkennen, ob wir dich zuerst anrufen oder dich preisen; ob wir dich eher erfassen als anrufen sollen? Doch wer ruft dich an, solange du ihm unbekannt bist? Könnte dich, der dich nicht erkennt, statt des einen ein anderes Wesen anrufen? Oder wirst du zuvor angerufen, auf daß du erkannt werdest? Wie sollen sie aber anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber glauben an den, der ihnen nicht geprediget worden? Loben werden den Herrn, die ihn suchen. So ihn aber suchen, werden ihn finden, und die ihn finden, werden ihn loben. Ich will dich suchen, o Herr, im Gebet, und ich werde dich anrufen im Glauben: denn du bist uns verkündigen worden. Mein Glaube, den du mir gegeben, o Herr, ruft dich an, mein Glaube, den du mir einhauchtest durch die Menschwerdung deines Sohnes durch die Vermittlung deines Predigers.
Wie aber soll ich anrufen ihn, meinen Gott und Herrn? Denn zu mir hinein rufe ich ihn ja, wenn ich ihn anrufe. Wie heißt die Stätte, dahin mein Gott komme zu mir, wohin der Gott komme zu mir, der Himmel und Erde gemacht hat? So ist also, Herr mein Gott, etwas in mir, das dich zu fassen vermag? Fassen dich denn Himmel und Erde, die du gemacht hast und in deren Bereich du mich geschaffen? Oder faßt dich deshalb alles, weil ohne dich nicht wäre, was ist? Da nun auch ich bin, was bitte ich dich denn, in mich zu kommen, der ich nicht wäre, wenn du nicht wärst in mir? Denn noch bin ich nicht im Reiche des Todes, und doch bist du dort. Denn bettete ich mich auch in die Hölle, siehe, so bist du auch da. Ein Nichts wäre ich, mein Gott, wäre überhaupt nicht vorhanden, wenn du nicht wärest in mir. Oder ich wäre vielmehr nicht, wenn ich nicht wäre in dir, von dem alles, durch den alles, in dem alles ist. Ja, so ist es, so ist es, o Herr. Wenn ich dich anrufe, wohin rufe ich dich, da ich ja bin in dir? Von wannen sollst du kommen zu mir? Wohin sollte ich wohl gehen über Erde und Himmel hinaus, daß von da käme zu mir mein Gott, der da gesprochen: Bin ich es nicht, der Himmel und Erde füllet?
Fassen dich also Himmel und Erde, weil du sie erfüllst? Oder erfüllst du sie doch nur teilweise, da sie dich nicht völlig fassen? Und wohin ergießest du den Überfluß, wenn Himmel und Erde von dir erfüllt sind? Oder bedarfst du keines Gefäßes, das dich als Ganzes enthält, der du alles fassest? Denn alle Gefäße, die du erfüllst, erfüllst du, indem du sie zusammenhältst. Denn nicht die Gefäße, die dich beschließen, geben dir feste Selbständigkeit; denn wenn sie auch zerbrochen würden, wirst du doch nicht ausgeschüttet. Und wenn du (im heiligen Geiste) über uns ausgegossen wirst, so liegst du nicht darnieder, sondern richtest uns auf; du wirst nicht zerstreut, sondern sammelst uns. Aber der du alles erfüllst, erfüllst du alles in deiner Gesamtheit? Oder, weil nicht jegliches dich in deiner Gesamtheit zu fassen vermag, umfaßt es nur einen Teil deines Wesens und umfaßt alles zugleich denselben Teil deines Seins? Oder umfassen die einzelnen Kreaturen einzelne Teile, die größeren größere und die kleineren kleinere? Ist demnach ein Teil von dir größer oder kleiner als der anderes Oder bist du überall eine Ganzheit und faßt dich nichts in deiner Gesamtheit?
Mein Gott, was bist du also? Was frag' ich erst? Was anders denn als der Herr mein Gott? Denn wer ist Herr neben dem wahrhaftigen Herrn und wer Gott außer dir, unserem Gott? Höchster, Bester, Mächtigster Allmächtigster, Barmherzigster und doch Gerechtester, Verborgenster und doch Allgegenwärtiger, Schönster und Stärkster, feststehend und doch nicht zu fassen, unwandelbar und doch alles wandelnd, nie neu, nie alt, der du alles erneuerst, die Stolzen aber gibst du anheim der Vergänglichkeit, ohne daß sie es fassen; immer wirkend, immer ruhig, sammelnd und doch nie bedürfend, tragend, erfüllend und schützend, schaffend, ernährend und vollendend, suchend, da doch nichts dir ermangelt. Du liebst, doch ohne Leidenschaft, du eiferst, doch mit ruhiger Milde, deine Rede ist schmerzlos, du zürnst und bist doch ruhig, wandelbar sind deine Werke, unwandelbar dein Ratschluß, du nimmst auf, was du findest, und hast es doch niemals verloren, nie arm, freust du dich des Gewinns, nie habsüchtig, forderst du Zinsen. Es wird dir geliehen, auf daß du zum Schuldner werdest und doch, wer hat etwas, das nicht wäre dein Eigentum? Schulden zahlst du, die du nie schuldig bist; du erlässest uns unsere Schuld und verlierst trotzdem nichts. Was aber habe ich mit all dem vorgebracht, mein Gott, mein Leben, meine heilige Wonne? Oder wie redet einer, wenn er redet von dir? Wehe denen, die von dir schweigen, denn auch die Stummen werden dich bekennen.
Wer wird mir verleihen, zu ruhen in dir? Wer mir beistehen, daß du kommst in mein Herz und es ganz erfüllst, daß ich vergesse all mein Elend und dich nur, mein einziges Gut, umfasse? Was bist du mir? Habe Erbarmen mit mir, daß ich mich unterfange, von dir zu reden. Was bin ich dir, daß du Liebe von mir forderst und dein Zorn mir droht und unermeßliches Elend, wenn ich es nicht täte? Ist es denn ein geringes Elend, wenn ich dich nicht liebe? Wehe mir! Sage mir, o mein Herr und mein Gott, um deiner erbarmenden Liebe willen, was du mir bist. Sprich zu meiner Seele: Ich bin deine Hilfe. So sprich, auf daß ich dich hören kann. Siehe meines Herzens Ohr lauschend vor dir; erschließe es, o Herr, und sprich zu meiner Seele: Ich bin deine Hilfe. Betend will ich folgen dieser Stimme und dich ergreifen. Verbirg dein Angesicht nicht vor mir, ich will sterben, damit ich (ewig) lebe und dich schaue von Angesicht zu Angesicht. Eng ist das Haus meiner Seele, erweitere es, daß es werde deine Wohnung. Hinfällig ist es, darum erneuere es. Flecken sind darin enthalten, welche dein Auge beleidigen, gern bekenne ich es, aber wer wird es reinigen? Oder wem anders als dir kann ich zurufen: Mache mich rein von verborgenen Fehlern und bewahre deinen Knecht vor fremder Missetat. Ich glaube, darum rede ich, Herr, du weißt es ja. Habe ich dir nicht, mein Gott, mein Vergehen bekannt, und hast du mir nicht vergeben meines Herzens Ruchlosigkeit? Nicht rechten will ich mit dir, der du bist die lautere Wahrheit, und ich will mich nicht selbst täuschen, daß nicht meine Sünde sich selbst belüge. Nicht rechten will ich mit dir, denn so du willst Sünde zurechnen, o Herr, Herr, wer will bestehen?
Aber laß mich dennoch reden zu dir, dem barmherzigen Gott, mich, der ich Staub und Asche bin. Laß mich dennoch reden, denn siehe, deine Barmherzigkeit ist es, zu der ich rede, nicht ein Mensch, der meiner spottet. Auch du spottest vielleicht meiner, aber du wirst dich mir zuwenden und dich meiner erbarmen. Was ist es denn aber, das ich reden will, mein Herr und mein Gott, als daß ich nicht weiß, von wannen ich hierhergekommen? Soll ich sagen in dieses sterbliche Leben oder in dieses lebendige Sterben? Es empfingen mich die Tröstungen deiner Barmherzigkeit, wie ich es erfahren habe von meinem irdischen Vater, aus welchem du mich, und von meiner irdischen Mutter, in welche du mich in der Zeit gebildet hast, denn ich kann mich ja dessen nicht selbst erinnern. Dann empfingen mich die Tröstungen der Muttermilch. Doch nicht meine Mutter oder meine Ammen füllten sich aus eigener Kraft die Brüste, sondern du spendetest mir durch ihre Vermittlung die Nahrung meiner frühesten Kindheit, gemäß deiner Einrichtung und deines Reichtums dem tiefen Sein der Dinge angeschaffen. Du verliehst mir auch die Eigenschaft, nicht mehr zu verlangen, als was du mir gabst, und denen, die mich nährten, den Willen, mir zu geben, was du ihnen gabst. Denn gemäß dem von dir angeordneten Liebestriebe gaben sie mir gern von dem Überflusse, den du ihnen verliehen. Denn das Gute, das sie mir erwiesen, tat ihnen selbst wohl; aber nicht aus ihnen stammte es, sondern nur durch sie kam es mir zu. Denn von dir allein kommt ja, mein Gott, alles Gute, und alles Heil strömt mir zu von meinem Gott. Später freilich erkannte ich dies erst als du mich mahnend riefst zu dir, durch alles das, was du innerlich und äußerlich mitteilst, denn damals verstand ich nur die Muttermilch zu saugen und in behaglichem Genusse der Ruhe zu pflegen und bei leiblichem Schmerze zu weinen; weiter aber nichts. Dann begann ich zu lächeln, zuerst im Schlafe, dann aber auch im Wachen. So ist es mir wenigstens erzählt worden, und ich habe es geglaubt, weil wir dasselbe auch bei anderen Kindern wahrnehmen, denn meine Erinnerung reicht nicht daran. Doch siehe, allmählich empfand ich, wo ich war, und wollte meine Wünsche denen kundtun, die sie erfüllen sollten; doch nicht vermochte ich es, weil jene in meinem Innern wohnten, diese aber außer mir, und mit keinem ihrer Sinne vermochten sie es, in die Tiefe meiner Seele zu dringen. Daher strampelte und schrie ich in einer meinen Wünschen, deren nur wenige waren und nur solche, die meiner Fähigkeit entsprachen, nicht ganz gleichenden Weise. Denn ganz entsprechend waren sie nicht. Und ward mir nicht gewillfahrt, weil man entweder meine Wünsche nicht verstehen konnte oder ihre Erfüllung spärlich war, so ward ich zornig auf die Großen, die mir nicht untertan, und die Freien, die mir nicht zu Diensten waren, und suchte mich an ihnen durch Geschrei zu rächen. Daß solches der Kinder Art ist, habe ich kennengelernt an denen, deren Bekanntschaft ich machte, und daß ich nicht ebenso war, haben sie mich in ihrer Unwissenheit besser als meine Ernährer, die es doch wußten, gelehrt. Aber siehe, meine Kindheit ist längst geschieden, und ich lebe noch. Du aber, o Herr, der du lebst von Ewigkeit zu Ewigkeit und in dem nichts stirbt, denn vor dem Anfang der Zeiten und vor allem, was Vorzeit genannt werden kann, bist du, Gott und Herr, bist du deiner gesamten Schöpfung, und auf festem Grunde ruhen in dir der Urgrund aller an sich unbeständigen Dinge und alles Wandelbaren unwandelbarer Ursprung; in dir leben die ewigen Ideen alles Vernunftlosen und Zeitlichen; so sage mir, o Gott, mir, der dich anfleht in heißem Gebet, sage es in göttlichem Erbarmen, ob meine Kindheit einem schon vergangenen Leben gefolgt sei oder ob jenes dasselbe ist, welches ich im Mutterleibe zubrachte? Denn auch darüber ist mir einiges erzählt worden; auch habe ich mit eigenen Augen schwangere Frauen gesehen. Doch was war ich noch vor jener Zeit, meine Wonne, mein Gott; war ich überhaupt irgendwo oder irgendwer? Denn ich habe niemanden, der mir es sagen könnte, weder Vater noch Mutter vermochten es, weder anderer Erfahrung noch meine eigene Erinnerung (klärten mich darüber auf). Verlachst du etwa solche Frage und befiehlst, daß ich dich nach meinem besten Wissen lobe und dir mein Bekenntnis ablege? So will ich dir denn bekennen, du Herr des Himmels und der Erden, und will dich preisen im Danke für meinen Ursprung und meine Kindheit, deren ich mich nicht mehr erinnere. Du hast dem Menschen die Fähigkeit verliehen, von anderen auf sich zu schließen und in betreff der eigenen Person auch dem Zeugnis der Frauen fest zu vertrauen. Denn schon damals war und lebte ich, und schon an der Grenze meiner Kindheit suchte ich Zeichen, um anderen meine Empfindungen deutlich zu machen. Woher aber kommt ein solch beseeltes Wesen, wenn nicht von dir, o Herr? Gibt es irgend jemand, der die Kunst besäße, sich selbst zu erschaffen? Oder quillt anderswo irgendeine Quelle, aus welcher Sein und Leben in uns fließt, denn bei dir, Herr, der du uns geschaffen hast, bei dem es keinen Gegensatz zwischen ewigem und zeitlichem Leben gibt, denn beider Herr bist du selbst. Denn der Höchste bist du und unveränderlich; in dir vergeht nicht der heutige Tag, und dennoch vergeht er in dir, weil du alles (auch die Zeiten) umfaßtest. Denn nicht würden sie auf geordneten Bahnen dahinziehen, wenn du sie nicht zusammenhieltest. Denn da deine Jahre kein Ende nehmen, sind deine Jahre wie der heutige Tag, und wie viele unserer und unserer Väter Tage sind schon vorübergezogen durch dein ewiges Heute und erhielten von ihm das Gepräge und waren, wie sie waren, und werden noch vorüberziehen und ihr Gepräge empfangen und sein, wie sie waren. Du aber bleibst, wie du bist, und alles Morgende und was darüber hinausgellt und alles Gestrige und noch weiter Zurückgehende wirst du machen zum Heute und hast das schon in der Ewigkeit deiner Gegenwart gewirkt Was kümmert es mich, wenn es jemand nicht begreifen sollte? Möge auch er sich freuen, der spricht: »Was ist das?« Auch er freue sich, und möge er dich lieber finden, indem er dich nicht findet, als daß er dich nicht finde, indem er (hochmütig) dich gefunden zu haben wähnt.
Erhöre mich, o Gott! Wehe über uns sündige Menschen! So spricht der Mensch, und du erbarmst dich seiner, weil du ihn, aber nicht die Sünde in ihm geschaffen hast. Wer erinnert mich wieder an die Sünden meiner Kindheit? Denn vor dir ist niemand sündenrein, auch das Kind nicht, das nur einen Tag auf der Welt gelebt hat. Wer erinnert mich (an meine Sünden, die ich damals begangen)? Jedes beliebige Kindlein, an dem ich das sehe, was meinem Gedächtnis entflohen? Wie sündigte ich also damals? Etwa, weil ich schreiend nach der Mutterbrust verlangte? Denn täte ich jetzt dasselbe, wenn auch nicht nach der Mutterbrust, so doch nach einer meinem Alter entsprechenden Speise gierig verlangend, würde mich da nicht mit vollem Rechte spottender Tadel treffen? Damals tat ich also Tadelnswertes; aber da ich den Tadel nicht verstehen konnte, war es gegen Herkommen und Vernunft, mich zu tadeln. Zwar legen wir derartiges, wenn wir älter werden, ab und entfernen es. Denn nie sah ich einen Verständigen, der beim Sondern des Guten vom Schlechten auch das Gute mit preisgibt. Oder galt es seinerzeit auch für gut, mit Tränen das zu begehren, was mir, wäre es mir gewährt worden, zum Schaden gereicht hätte? Oder denen zu zürnen, die mir nicht untergeben waren, freien und älteren Leuten, oder den Eltern und vielen, die bei größerer Einsicht unserem Eigenwillen nicht willig Folge leisteten, ihnen mit Schlagen und Stoßen möglichst zu schaden, weil sie dem kindlichen Eigensinn ohne Schaden für uns nicht gehorchen konnten? So ist nur die Schwäche der kindlichen Glied maßen unschuldig, nicht die Kindesseele. Mit eigenen Augen beobachtete ich ein zorniges Kind; noch konnte es nicht sprechen und doch sah es bleich mit feindseligbitterem Blick auf seinen Milchbruder. Doch das weiß jeder. Mutter und Ammen sagen, daß sich das gäbe und durch irgendwelche Mittel verlöre. Ist es aber etwa auch Unschuld an der Quelle, die reichlich, ja überreichlich eine Fülle von Milch hervorströmen läßt, den der Hilfe so bedürftigen Bruder nicht zu dulden, der doch nur durch dies eine Nahrungsmittel sein Leben fristen kann? Doch man erträgt es in blinder Zärtlichkeit, nicht als ob es geringfügig oder von gar keiner Bedeutung wäre, sondern weil es sich mit den Jahren verlieren wird. Fände man dasselbe freilich bei einem älteren Menschen, so würde man es nicht mit dem Gleichmute ertragen wie in diesem Falle. Du, mein Gott und Herr, der du dem Kinde Leben und Leib gabst, den du, wie wir sehen, ausstattetest mit den Sinnen, den du aus Gliedern zusammenfügtest und mit Schönheit schmücktest und dem du alle Triebe eines lebenden Wesens zur Erhaltung seines unversehrten Daseins eingepflanzt hast, dein Wille gebeut mir, dich dafür zu preisen und dir zu danken und deinem Namen, du Höchster, zu lobsingen, weil du bist der allmächtige und gütige Gott, auch wenn du nur das geschaffen, was niemand anders schaffen kann denn du allein, dem alles Dasein sein Sein verdankt, du Schönster, der du alles schön geschaffen rund alles ordnest nach deinem Gesetz. Dieses Alter also, o Herr, von dessen Durchleben ich keine Ahnung habe, das ich nur nach anderer Glaubwürdigkeit und andern Kindern gefolgert habe, mag ich, obgleich diese Schlüsse vollen Glauben verdienen, kaum zu dem Leben rechnen, das ich in dieser Zeitlichkeit lebe. Denn der dunkle Schleier der Vergessenheit ruht darüber, gerade wie über jenem Leben, das ich verbracht in meiner Mutter Leibe. Doch wenn ich aus sündlichem Samen gezeuget und meine Mutter mich in Sünden empfangen hat, wo, mein Herr und Gott, o sage es mir, ich flehe dich an, wo oder wann war dein Knecht sündlos? Doch lassen wir jene Zeit, ist mir ja von ihr in meiner Erinnerung keine Spur zurückgeblieben.
