Aus dem Reich der Toten - Peter Dubina - E-Book
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Aus dem Reich der Toten E-Book

Peter Dubina

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Beschreibung

»Es begann mit einem wimmernden Aufschrei. Er klang wie der Schrei einer toten Seele, die sich gegen die Qualen der Hölle aufbäumt. Ein Eishauch, gleich dem Atem des Todes, schien aus dem Halbdunkel der Gruft zu wehen. Mich fror, wie noch nie zuvor in meinem Leben.« Sie war ein hochbegabtes Medium – doch nun ist die schöne Jamaikanerin Abigail tot. Die Polizei spricht von einem tragischen Unfall. Daran will der Privatdetektiv Glenn Riordan nicht glauben: Er beschließt, selbst in den kleinen englischen Ort zu reisen, in dem das Schicksal seiner Schwester besiegelt wurde. Schnell findet er Hinweise auf unheimliche Vorkommnisse in der Gruft von Schloss Morgan. Ist hier wirklich ein mächtiger Hexer am Werk, der gewissenlos mordet – und die Macht hat, die Toten aus ihren Gräbern zu rufen? Teuflische Geheimnisse und ein Mann, der sich dem Schrecken mutig entgegenstellt: Der actionreiche Horror-Thriller über die dunkle Macht des Voodoo. Jetzt im eBook: „Aus dem Reich der Toten“ von Peter Dubina. dotbooks – der eBook-Verlag. JETZT BILLIGER KAUFEN – überall, wo es gute eBooks gibt!

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Über dieses Buch:

Sie war ein hochbegabtes Medium – doch nun ist die schöne Jamaikanerin Abigail tot. Die Polizei spricht von einem tragischen Unfall. Daran will der Privatdetektiv Glenn Riordan nicht glauben: Er beschließt, selbst in den kleinen englischen Ort zu reisen, in dem das Schicksal seiner Schwester besiegelt wurde. Schnell findet er Hinweise auf unheimliche Vorkommnisse in der Gruft von Schloss Morgan. Ist hier wirklich ein mächtiger Hexer am Werk, der gewissenlos mordet – und die Macht hat, die Toten aus ihren Gräbern zu rufen?

Teuflische Geheimnisse und ein Mann, der sich dem Schrecken mutig entgegenstellt: Der actionreiche Horror-Thriller über die dunkle Macht des Voodoo.

Über den Autor:

Peter Dubina (1940 – 1991) begann bereits in seiner Jugend, Geschichten zu schreiben. Später veröffentlichte er sowohl unter seinem eigenen Namen als auch unter zahlreichen Pseudonymen wie R.F. Garner und John Kirby über 100 Romane aus den Genres Horror, Western, Krimi und Science Fiction. Bei dotbooks erscheinen alle fünf von Peter Dubina verfassten Horror-Thriller: Der Dämonenjäger von Rom, Die Satansklaue, Der schwarze Spiegel, Der Fluch der Borgias und Aus dem Reich der Toten.

***

Neuausgabe März 2014

Copyright © der Originalausgabe 1981 BASTEI-VERLAG, Gustav H. Lübbe GmbH.

Copyright © der Neuausgabe 2014 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung eines Motivs von Nomad_Soul/shutterstock.com

ISBN 978-3-95520-549-2

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Peter Dubina

Aus dem Reich der Toten

Horror-Thriller

dotbooks.

Die Hauptpersonen des Romans

Glenn Riordan

Er jagt die Mörder seiner Schwester – Anhänger des Wudu-Kults, die fanatisch Blutopfer bringen.

Elizabeth Morgan

In der Morgan-Gruft soll sie das gleiche Schicksal erleiden wie Abigail Riordan, die zuviel wußte.

Frank Moynihan

Der mißtrauische Polizist glaubt nur, was er sieht, und Zombies hat er noch nie gesehen – bis jetzt.

Mordred Morgan

Durch seine dunklen Machenschaften bringt er sich in den Verdacht, der Wudu-Hexer zu sein,

Samantha Putli

Die Hexe sieht, was um Schloß Morgan geschieht, aber selbst ihre magischen Kräfte können die Katastrophe nicht verhindern.

Damballa, Ashtar, Lazarillo,

o Samedi, Fürst der Hölle

und der Friedhöfe:

Aus dem Reich der Toten

schickt ihr eure seelenlosen Boten.

Aus »Rituale und Beschwörungen des Wudu-Kults«

Kapitel 1

»Es begann mit einem wimmernden Aufschrei. Er klang wie der Schrei einer toten Seele, die sich gegen die Qualen der Hölle aufbäumt. Ein Eishauch, gleich dem Atem des Todes, schien aus dem Halbdunkel der Gruft zu wehen. Mich fror, wie noch nie zuvor in meinem Leben.«

Der alte Mann, der in einer Ecke der Friedhofskapelle saß, hüllte sich fröstelnd enger in seinen abgetragenen Mantel. Der Lichtschein der Laterne fiel auf sein bleiches, hohlwangiges, unrasiertes Gesicht. In seinen Augen leuchtete ein Schimmer grenzenloser Angst.

»Die Gruft von Schloß Morgan war ein Ort, wo nur wenige Menschen tagsüber gern ihren Fuß hingesetzt hätten – und kein einziger bei Nacht«, fuhr er fort. »Ich verfluche die Neugier, die mich dazu getrieben hat, die Gruft in jener Nacht verbotenerweise aufzusuchen. Denn seit der Stunde finde ich nirgendwo mehr Ruhe. Der Geist des Bösen verfolgt mich, wohin ich mich auch wende. Und nirgends bin ich meines Lebens sicher. In jener Nacht hatten vier Menschen die Stille des verfluchten Ortes gebrochen: Lord Richard Morgan, sein Bruder Mordred, dessen Frau Angarath – und Abigail Riordan. Sie, die nach Schloß Morgan gekommen war, um als Mittlerin zwischen unserer Welt und jener der Toten zu dienen. Von dort, wo ich hinter der einen Spaltbreit geöffneten Tür mit den verrosteten Riegeln und Schlössern stand und den Innenraum der Gruft überblicken konnte, sah ich, welch unheilvolle Veränderung mit Abigail Riordans Gesicht geschah. Nie zuvor hatte ich eine so entsetzliche Qual in den Zügen eines Menschen gesehen.

Im Inneren der Gruft – die Menschen immer nur dann betreten hatten, wenn ein Mitglied der Morgan-Sippe gestorben war und in einem der steinernen Sarkophage beigesetzt wurde – brannten wohl hundert schwarze Kerzen in siebenarmigen, silbernen Leuchtern. Und ihr Licht fiel voll auf Abigail Riordans Gesicht.

Sie befand sich in einem Zustand der Entrückung, daran bestand für mich kein Zweifel. Ihre Augen waren weit aufgerissen, der Blick war starr und leblos. Ihre Pupillen waren unnatürlich geweitet – wie unter dem Einfluß von Rauschgift.

Und dann begann sie zu reden. Aber es war eine fremde Stimme, die über ihre bleichen, unbewegten Lippen kam. Es schien, als ob jemand, der hinter ihr stand, durch ihren halb geöffneten Mund spräche: Mit einer tonlosen Stimme voll Angst und Grauen.

›Hilf mir, Richard! Hilf mir!‹ flehte jene Stimme. ›Ich bin an einem kalten, dunklen, einsamen Ort. Solange ich lebte, habe ich mir die Hölle nicht so entsetzlich vorgestellt, wie sie in Wirklichkeit ist. Ich leide furchtbare Qualen. Ich büße jetzt für die Sünden und Verfehlungen, die ich während meines Lebens begangen habe. Wenn du mich noch nicht vergessen hast, Richard, wenn du mich noch liebst, dann hilf mir! Rette mich aus der Verdammnis! Ich selbst kann mir nicht mehr helfen. Wenn du mir nicht hilfst, werde ich ewig an diesem Ort der Verfluchten bleiben. Hilf mir, Richard! Hilf mir!‹

Ich habe in meinem Leben mehr als einen Menschen sterben sehen, habe erlebt, wie sie sich gegen den Tod aufbäumten. Aber das alles war ein Nichts gegen diesen entsetzlichen, flehentlichen Hilferuf. In diesem Augenblick wurde ich nur von einem einzigen Wunsch beherrscht: Ich wollte fliehen. Fort von diesem Ort des Grauens, nur fort!

Aber bevor ich nur eine Bewegung machen konnte, kam ein anderer mir zuvor. Ein dumpfes Poltern, das wie ein zorniger Fluch vom Deckengewölbe der Gruft widerhallte, ertönte. Lord Richard Morgan war so heftig aufgesprungen, daß er seinen Stuhl dabei umgestoßen hatte. Er war leichenblaß im Gesicht, und ich konnte sehen, daß seine Hände blindlings nach einem Halt suchten.

›Eleanor!‹ hörte ich ihn flüstern. Seine Stimme weckte einen unheimlichen Widerhall in den Tiefen der Gruft. ›Eleanor!‹

Er hatte die Stimme, die über Abigail Riordans blutleere, starre Lippen kam, ebenso erkannt, wie ich. Es war die Stimme seiner Frau, Lady Eleanor Morgan. Aber das war ja unmöglich, denn Lady Eleanor war seit über einem Jahr tot.«

Der alte Mann verstummte und zog eine Ginflasche aus seiner Manteltasche. Er trank einen Schluck und musterte aufmerksam sein Gegenüber, während er die Flasche sorgfältig wieder verkorkte.

»Das war der Augenblick, wo ich den Ort verließ, an dem ich bisher wie gebannt ausgeharrt hatte«, murmelte er. »Von blinder Panik erfaßt, rannte ich davon. Aber es war schon zu spät, viel zu spät, Mister Riordan.«

Glenn Riordan, der dem alten, verängstigten Mann gegenübersaß, war schlank und hochgewachsen. Er trug einen grauen Flanellanzug, einen Staubmantel und einen weichen Filzhut. Seine Aufmachung unterschied ihn nicht von ein paar hunderttausend anderen Männern. Das einzige Bemerkenswerte an ihm war sein Gesicht. Es hatte die Farbe von sehr hellem Milchkaffee; eine Hautfarbe, die man häufig bei den Bewohnern von den Karibischen Inseln antrifft. Indes glich sein scharfgeschnittenes Gesicht mehr dem eines Weißen, als den Zügen eines Farbigen.

»War das alles, was Sie in jener Nacht in der Gruft mitangesehen und gehört. haben, Mister Simpson?« fragte Glenn Riordan. Er bemühte sich, seine Stimme ruhig klingen zu lassen. »Vielleicht ist da noch etwas, was Sie mir bisher verschwiegen haben?«

»Da waren noch ein paar Wortfetzen, die jene Stimme – die Stimme von Lady Eleanor Morgan – sprach. Aber bisher haben alle, denen ich davon erzählte, nur darüber gelacht. Nachdem die Stimme davon gesprochen hatte, daß sie für ihre eigene Schuld in der Hölle büßen müsse, fügte sie hinzu: ›Schwarze Magie Dämonen – Satan – das Böse.‹ Ich weiß, das klingt wie das Gestammel eines Wahnsinnigen, Mister Riordan. Aber ich schwöre, es ist die Wahrheit.«

»Ich glaube Ihnen, Simpson«, antwortete Glenn Riordan dumpf. Und nun erzählen Sie mir vom Tod meiner Schwester. Sie waren doch dabei, als sie starb? Jedenfalls steht es so im Protokoll, in dem die Mordkommission Ihre Aussage aufgenommen hat.«

»Was Sie sagen, ist wahr.« Der alte Mann namens Simpson nickte. »Ich habe den Tod Ihrer Schwester mitangesehen. Und ich werde nie vergessen, was sich dabei meinen Blicken bot.

Etwa eine halbe Stunde nach den Vorgängen, die ich Ihnen eben geschildert habe, Mister Riordan, kam Ihre Schwester eiligen Schrittes aus der Gruft. Fast hatte es den Anschein, als ob sie vor etwas flüchtete. Ohne zu zögern, schritt sie durch das Tor von Schloß Morgan. Und in dem Augenblick, als sie daraus hervortrat, stürzte diese Steinfigur – ein Drache, eine jener mythischen Gestalten – aus der Mauernische, in der sie jahrhundertelang gestanden hatte, herab und zerschmetterte Ihre Schwester. Sie sah furchtbar aus vergeben Sie mir, wenn ich das so offen ausspreche – gänzlich unkenntlich, denn die Figur war mehrere Tonnen schwer. Es war ein entsetzlicher Anblick.«

Wieder brach der alte Mann ab und trank einen Schluck aus der Ginflasche. Während er sie absetzte, nahmen seine Augen plötzlich einen mißtrauischen Blick an.

»Wie ist es Ihnen überhaupt gelungen, mich ausfindig zu machen, Mister Riordan?« wollte er wissen. »Seit ich Schloß Morgan verließ, habe ich versucht, meine Spur unkenntlich zu machen. Bisher glaubte ich, es sei mir gelungen.«

»Es ist Ihnen auch weitgehend gelungen, Simpson«, entgegnete Glenn Riordan. »Ich habe eine volle Woche gebraucht, um Sie ausfindig zu machen. Ein anderer hätte es wahrscheinlich nicht vermocht. Aber ich bin Privatdetektiv und habe meine besondere Methode, die Spuren verschwundener Personen aufzunehmen und zu verfolgen. Erzählen Sie weiter, Mister Simpson: Sie waren seit über zwanzig Jahren Gärtner auf Schloß Morgan. Ihnen oblag auch die Pflege der Gruft. Haben Sie früher schon einmal seltsame Vorgänge in oder um die Grabstätte bemerkt?«

»Nein«, sagte der alte Mann kopfschüttelnd. »Aber seit Lady Eleanors Tod hat sich auf Schloß Morgan vieles verändert. Seit der Nacht, als ich die Geschehnisse in der Gruft mit ansah, bin ich auf der Flucht. Ich fliehe von einem Versteck zum anderen, und doch kann ich mich des Gefühls nicht erwehren, unaufhörlich von düsteren Schatten verfolgt zu werden. Ich fühle mich nur solange sicher, wie die Sonne scheint. Dann kann ich auch schlafen. Wenn aber die Dunkelheit hereinbricht, bin ich nirgendwo mehr meines Lebens sicher. Deshalb flüchte ich nach Anbruch der Nacht von einem Versteck zum anderen. Und wenn die Angst mich einzuholen droht, verkrieche ich mich auf finsteren Friedhöfen. Ich habe Furcht, Mister Riordan, schreckliche Furcht.«

Wieviel Angst muß ein Mensch haben, um an einem so grauenvollen Ort Schutz zu suchen? dachte Glenn Riordan. Er blickte sich in der leeren Friedhofskapelle um. Er konnte die Furcht des alten Mannes beinahe körperlich spüren. Oder war es nur der Alkoholdunst aus der Ginflasche, den er roch?

»Schwarze Magie – Dämonen – Satan – das Böse: Das waren doch die Worte, die die Stimme der Toten sprach«, murmelte er. »Ich glaube, Sie wissen noch mehr, Simpson. Dinge, die Sie mir bis jetzt verschwiegen haben. Ich möchte, daß Sie mir alles erzählen. Alles. Ich verlange es nicht umsonst. Ich bezahle Ihnen fünfzig, hundert, zweihundert Pfund dafür. Hier!«

Glenn Riordan zog eine Handvoll englischer Pfundnoten aus der Manteltasche und hielt sie dem alten Mann hin. »Das ist eine Menge Gin, Simpson.«

Der andere fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.

»Niemand wollte mir glauben, was ich in der Gruft von Schloß Morgan gesehen habe und warum ich von dort geflohen bin«, flüsterte er heiser. »Törichterweise habe ich mich dazu verleiten lassen, eine Aussage darüber bei der Polizei zu machen. Man hat mich wie einen Verrückten behandelt. Sie scheinen kein solcher Narr zu sein, wie die anderen, Mister Riordan. Aber bevor ich Ihnen noch mehr erzähle, brauche ich etwas zu trinken. Leider ist gerade jetzt meine Flasche leer.«

Glenn Riordan wußte, daß er dem alten Mann seinen Wunsch nicht abschlagen durfte, wenn er noch mehr von ihm hören wollte. In seinem Beruf als Privatdetektiv hatte er einige Erfahrung mit Alkoholikern gesammelt. Trinker waren immer bereit, alles für eine Flasche Whisky oder Gin zu tun. Andererseits konnte man weder durch Schläge noch durch Drohungen etwas aus ihnen herausbringen, wenn man ihnen den Schnaps verweigerte.

»Also gut«, stimmte er widerwillig zu. »Ich hole Ihnen eine volle Flasche, Simpson. Aber es ist schon fast Mitternacht, und die meisten Spirituosenläden sind geschlossen.«

»Sie brauchen nur ein Stück die Straße hinunterzugehen«, entgegnete der weißhaarige Alte. »Dort gibt es einen Laden, der die ganze Nacht hindurch geöffnet hat. Da bekommt man guten Gin, zwei Pfund und Sixpence die Flasche.«

Er reichte Glenn Riordan die leere Ginflasche. Dabei fiel dessen Blick auf das Handgelenk des anderen. Dort war eine schmutzige, kaum vernarbte Wunde, wie von einem Messerschnitt, zu sehen.

»Haben Sie sich verletzt?« fragte Riordan. Aber der alte Mann machte nur eine ungeduldige, wegwerfende Handbewegung.

»Kurz bevor ich Schloß Morgan verließ«, antwortete er, »zerbrach ich ein Glas, weil meine Hände zitterten. An einem der Scherben habe ich mich geschnitten. Aber die Wunde ist schon verheilt. Und nun: Bringen Sie mir eine volle Flasche, dann werde ich alle Ihre Fragen beantworten.«

Glenn Riordan erhob sich von dem Sägebock, auf dem er bisher gesessen hatte. Es gab ein halbes Dutzend davon in der Friedhofskapelle. Sie waren mit schwarzem Samttuch verhängt und dienten gewöhnlich dazu, Särge zu tragen.

»Ich würde Ihnen raten, hier auf mich zu warten, Simpson«, sagte er, schon auf dem Weg zur Tür. »Ich finde Sie überall wieder, auch wenn Sie sich in der Hölle vor mir verstecken.«

Ohne auf eine Antwort des alten Mannes zu warten, verließ er die Kapelle und schritt quer über den Friedhof, zwischen mondbeglänzten Grabsteinen hindurch, zum Tor aus schwarzem Schmiedeeisen.

Er fragte sich, ob etwas Wahres an Simpsons Geschwätz sein mochte. Ohne Zweifel litt der Mann unter schrecklicher Angst, sonst würde er sich nicht so sorgfältig verborgen halten. Glenn Riordan befand sich bereits eine Woche in England, und ebenso lange hatte er gebraucht, um Simpson ausfindig zu machen – den einzigen Mann, der Licht in das unheimliche Dunkel bringen konnte, das den Tod von Riordans Schwester umgab.

Kapitel 2

Die Polizei der kleinen englischen Stadt Worrick, zwanzig Meilen nördlich von Wolverhampton, hielt Abigails Tod für einen Unfall. Damit war die Angelegenheit für sie erledigt. Doch Glenn Riordan hatte diese Darstellung des Sachverhalts von Anfang an bezweifelt. Deshalb hatte er, als er eine Mitteilung der Polizeibehörde von Worrick erhielt, sofort einen Platz im nächsten Flugzeug gebucht, das von Kingston auf Jamaica nach London ging. Er wußte um die Gefährlichkeit und scheinbare Zwielichtigkeit der »Arbeit«, die seine Schwester verrichtet hatte. Darum glaubte er auch nicht daran, daß sie das Opfer eines Unglücksfalls geworden war. Und was er von Simpson – nachdem es ihm endlich gelungen war, den alten Mann aufzuspüren – gehört hatte, ließ seinen Verdacht fast zur Gewißheit werden. Zu einer schrecklichen Gewißheit. Wenn – ja, wenn Simpson die Wahrheit sprach. Ebensogut konnte es sein, daß alles, was er Glenn Riordan erzählt hatte, die Ausgeburt eines von den Fieberschauern billigen Gins zerrütteten Gemüts war. Einem Trinker durfte man niemals unbesehen glauben.

Glenn Riordan verließ den Friedhof, schritt die nächtliche Straße entlang bis zu dem Schnapsladen, den Simpson ihm beschrieben hatte, kaufte eine Flasche Gin und kehrte auf demselben Weg zurück, auf dem er gekommen war.

Er hatte gerade wieder das Eingangstor zum Friedhof erreicht, als plötzlich ein Schrei, wie ihn nur ein Mensch in höchster Todesangst auszustoßen vermag, die Stille der Nacht durchschnitt. Hoch, gellend, unerträglich.

Er kam aus der Kapelle. Dem Schrei folgte ein dumpfes Geräusch, wie der Aufprall eines schweren Körpers – und die Stimme verstummte jählings.

Glenn Riordan ließ die Ginflasche fallen; sie ging auf dem Asphalt in Scherben. Er stieß das Friedhofstor auf. Gleichzeitig fuhr seine rechte Hand unter die Jacke. Als sie wieder zum Vorschein kam, umspannte sie den Griff eines kurzläufigen 38er Smith & Wesson-Revolvers. Glenn Riordan rannte auf die Kapelle zu, so schnell er konnte. Für einen Augenblick glaubte er, in dem fahlen Laternenschein, der durch die geöffnete Tür in die Nacht herausfiel, eine Gestalt auf der Schwelle sehen zu können: eine menschliche Gestalt, von Entsetzen und Grauen umwittert. In der nächsten Sekunde war sie in der Dunkelheit untergetaucht.

Glenn Riordan erreichte die Kapelle. Die Tür stand sperrangelweit offen. Das Schloß und der schwere eiserne Riegel, mit denen sie von innen gesichert werden konnte, waren aus dem Holz gerissen und lagen zerschmettert am Boden. Welche unmenschliche Kraft mußte aufgeboten worden sein, um die Tür zu sprengen, die Simpson in seiner Angst verschlossen und verriegelt hatte?

Simpson …

Er lag mit verrenkten Armen und Beinen, das Gesicht nach unten, auf dem Boden. Blut an der Wand verriet die Stelle, gegen die er mit ungeheurer Gewalt geschleudert worden war.

Im gelben Lichtschein der Laterne beugte sich Glenn Riordan über den alten Mann und wälzte ihn auf den Rücken. Simpson war tot, daran konnte kein Zweifel bestehen. Seine Augen waren schon gebrochen. Blut rann ihm aus Mund, Nase und Ohren.

Glenn Riordan verlor keine Zeit. Er nahm die Laterne in die linke Hand, verließ die Kapelle und leuchtete überall dort den Boden ab, wo zwischen den Gräberreihen schmale Wege von der kiesbestreuten Straße abzweigten, die geradewegs vom Friedhofstor zur Kapelle führten. Die Seitenwege bestanden nur aus nacktem, feuchtem Erdreich.

Nach wenigen Minuten hatte Glenn Riordan gefunden, was er suchte: Abdrücke nackter Füße, die beim Gehen nachgezogen worden waren und Schleifspuren hinterlassen hatten. Sie führten in das vom bleichen Mondlicht zwielichtig erhellte Dunkel hinein.

Glenn Riordan folgte ihnen, den Revolver schußbereit in der Hand. Aber nach einer Weile hatte er die Fährte verloren. Er kehrte dorthin zurück, wo er den letzten Fußabdruck im modrigen Boden gesehen hatte. Die Spur endete vor einem Grab. Er hob die Laterne und beleuchtete die Grabinschrift, Der Name auf dem Stein lautete Samuel Tyler, darunter standen die Geburts- und Sterbedaten. Der Mann war noch keine vier Wochen tot.

Die Erde des Grabhügels war dunkel und frisch, als sei sie eben erst umgepflügt worden. Nun hatte Glenn Riordan Gewißheit. Er brauchte Simpsons Aussage nicht mehr; er wußte auch so, was geschehen war. Seine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bewahrheitet.

Er schob den Revolver in die Schulterhalfter unter seiner linken Achsel, dann kehrte er in die Kapelle zurück. Dort hingen mehrere Kreuze an den Wänden. Glenn Riordan wählte das kleinste unter ihnen aus. Er war sicher, daß es von einem Priester geweiht worden war. Ungeweihte Kreuze hingen nicht an solchen Orten.

Er mußte über Simpson hinwegsteigen, um die Kapelle wieder verlassen zu können. Dabei fragte er sich unwillkürlich, ob der alte Mann wohl gewußt hatte, welch schrecklichen Feind er sich durch seine unüberlegte Aussage bei der Polizei zum tödlichen Gegner gemacht hatte. War er sich darüber im klaren gewesen, was ihm drohte, oder hatte er nur dunkel geahnt, daß eine furchtbare Macht, der er nicht gewachsen war, seinen Tod beschlossen hatte? Nein, er konnte nicht wirklich etwas gewußt haben, sonst hätte er sich keinen Friedhof als Versteck ausgewählt, denn damit war er dem Tod geradewegs in den zähnebleckenden Rachen gesprungen.