Autismus bei Kindern - Das Handbuch für Eltern: Verständnis entwickeln, Halt geben, Selbstbewusstsein stärken, Sozialkompetenz fördern und Alltagssituationen gekonnt meistern - inkl. 50 Praxistipps - Lorena Schönfeld - E-Book

Autismus bei Kindern - Das Handbuch für Eltern: Verständnis entwickeln, Halt geben, Selbstbewusstsein stärken, Sozialkompetenz fördern und Alltagssituationen gekonnt meistern - inkl. 50 Praxistipps E-Book

Lorena Schönfeld

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Beschreibung

  Autismus bei Kindern: Die Spektrum-Störung verstehen, Stärken erkennen und zu einem stabilen, entspannten und individuell angepassten Familienalltag gelangen   Ihr Kind hat die Diagnose "Autismus" erhalten und nun sind in Ihrem Kopf zunächst einmal tausend Fragezeichen? Sie sind froh, Klarheit zu haben, und fragen sich gleichzeitig, wie sich das Leben Ihres Kindes gestalten wird? Und vor allem wollen Sie ihm vom ersten Moment an bestmögliche Unterstützung gewähren? Dann ist dieser Ratgeber ein kompetent-einfühlsamer Begleiter auf diesem Weg! Der Alltag mit einem autistischen Kind ist von vielfältigen Herausforderungen geprägt: Ob Schulleben, soziale Interaktionen, Lernen oder die gewöhnlichen Familienroutinen – Missverständnisse und Konflikte stehen leider oft auf der Tagesordnung. Umso wichtiger ist es, mit optimaler Umfeldanpassung, Alltagsgestaltung und Förderung dafür zu sorgen, dass die Bedürfnisse Ihres Kindes erfüllt werden und sein Umfeld mit Verständnis unterstützt. Genau dabei hilft Ihnen dieses Buch. Mit zahlreichen expertenerprobten Strategien, Maßnahmen und Praxistipps gestalten Sie mit 7 Tools Schlüsselbereiche wie Schule, Hobbys, Sozialkontakte, Lernerfolge, Tagesablauf, Familienleben oder Zusammenarbeit mit Therapeuten perfekt auf die individuellen Anforderungen Ihres Kindes zugeschnitten und etablieren ein entspanntes Setting für eine gesunde, kindgerechte Entwicklung. Sie haben keinerlei Psychologie-Ausbildung? Keine Sorge! Dieser Ratgeber ist gezielt als praktische Elternhilfe konzipiert, sodass Sie dank klarer und leicht verständlicher Erläuterungen auch als Laie das Leben Ihres Kindes bestmöglich gestalten können. Verständnis & Perspektivenwechsel: Machen Sie sich in Kürze mit den wichtigsten fachlichen Grundlagen der Autismus-Spektrum-Störung vertraut und erlernen Sie das Einnehmen einer neuen, stärken- und kompetenzenzentrierten Perspektive. Starke Kinder: Entdecken Sie praxiserprobte Methoden, um Halt, Stabilität und Routinen zu etablieren und darüber hinaus Selbstbewusstsein zu stärken und Erfolgserlebnisse zu ermöglichen. Sozial- und Familienleben: Üben Sie soziale Interaktionen spielerisch ein, fördern Sie die Freundschaftsbildung und entwickeln Sie tragfähige Routinen, die den Bedürfnissen aller Familienmitglieder gerecht werden. Besondere Herausforderungen: Kooperation mit Lehrern und Therapeuten, Inklusion und Ausnahmesituationen wie Meltdowns und Shutdowns – finden Sie heraus, wie Sie auch die Stolpersteine des Alltags souverän und gelassen meistern. Dieses Buch bringt Struktur, Orientierung und Gelassenheit in den Familienalltag und ermöglicht Ihnen, Ihr Kind genau nach seinen Möglichkeiten zu fördern. Die zusätzlichen 50 Top-Tipps im Bonusteil machen Ihnen den Umgang mit Ihrem Kind noch einfacher und entschärfen so manche kritische Situation im Handumdrehen. Also worauf warten Sie noch? Klicken Sie nun auf "Jetzt kaufen mit 1-Click" und legen Sie den Grundstein für ein Leben, indem Ihr Kind all seine besonderen Potenziale uneingeschränkt entfalten kann!

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

Auflage 2025

Inhalt

Was ist Autismus?

Häufige Herausforderungen für Kinder und Eltern

Ziele des Ratgebers

Tool 1: Verständnis entwickeln – Autismus wirklich begreifen

Grundlagen: Autismus-Spektrum-Störungen (ASS)

Wie sich Autismus auf Denken und Verhalten auswirkt

Häufige Missverständnisse und Mythen

Die Perspektive Ihres Kindes verstehen

Mit Vorurteilen aufräumen

Tool 2: Eine andere Perspektive einnehmen: Stärken erkennen und fördern

Wie Sie die individuellen Talente Ihres Kindes entdecken

Praktische Strategien zur Förderung

Tool 3: Halt geben – Strukturen und Routinen im Alltag

Warum Routinen so wichtig sind

Einen stabilen Tagesablauf gestalten

Tipps für den Umgang mit Veränderungen

Tool 4: Selbstbewusstsein stärken – Ihr Kind ermutigen

Stärkung des Selbstwertgefühls

Erfolg durch kleine Schritte

Lob und Anerkennung richtig einsetzen

Tool 5: Sozialkompetenzen fördern – Den Umgang mit anderen lernen

Soziale Interaktion spielerisch üben

Strategien für Konfliktsituationen

Freundschaften fördern

Tool 6: Schwierige Situationen in Alltag und Schule

Overload, Meltdowns & Shutdowns

schwierige Situationen Meistern

Zusammenarbeit mit Lehrern und Therapeuten

Inklusion und Barrierefreiheit

Tool 7: Entspanntes Familienleben gestalten

Selbstfürsorge für Eltern

Die Balance zwischen den Bedürfnissen aller Familienmitglieder

Gemeinsame Rituale und Erholung

Bonus: 50 Tipps für den Umgang mit Ihrem autistischen Kind

Perspektivwechsel - Wünsche eines autistischen Kindes an seine Mutter

Raum und Zeit für Notizen

Quellenverzeichnis

Was ist Autismus?

Autismus oder auch Autismus-Spektrum-Störung (kurz: ASS) ist eine neurologische Entwicklungsstörung. Die Störung bewirkt Blockaden oder Veränderungen in der Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitung des Betroffenen, sodass sich daraus Entwicklungsauffälligkeiten in der Kommunikation, der sozialen Interaktion sowie in Selbststeuerungsprozessen ergeben.

Die individuelle Wahrnehmung kann von Außenstehenden oft nur schwer nachvollzogen werden. Oft steht das Erscheinungsbild den „normalen“ Ansprüchen an Verhalten, Lernen oder dem sozialen Miteinander entgegen, was die Integration in das soziale Umfeld meist zur Herausforderung werden lässt. Autisten ecken offenbar ständig an, sei es in der Kommunikation, dem sozialen Miteinander oder in anderen Bereichen, die durch ihre veränderte Wahrnehmung in Mitleidenschaft gezogen sind. Durch die unterschiedlich ausgeprägte Entwicklung der Einzelkompetenzen sind einige ihrer Fähigkeiten überdurchschnittlich ausgeprägt, andere dagegen nur unterdurchschnittlich vorhanden.

Neurologische Entwicklungsstörungen haben ihre Ursache in der Genetik und können nicht erworben werden. In den letzten Jahren wurden Behauptungen aufgestellt, dass durch Impfungen die Zahl der Menschen mit autistischen Störungen gestiegen sei. Das Robert Koch-Institut (RKI) hält mit folgender Aussage dagegen: „Die Ergebnisse zahlreicher großer Studien weisen darauf hin, dass Impfungen als mögliche Ursache von Autismus ausgeschlossen werden können.“ Diese Behauptung eines Zusammenhangs von Impfungen und Autismus ist jedoch eindeutig widerlegt.

Die Besonderheit des Autismus als neurologische Störung ist, dass sich die Gehirnareale bei ASS unterschiedlich schnell und meist vollkommen anders entwickeln als bei Menschen ohne autistische Ausprägung. Die Ursachen dafür sind bereits in der vorgeburtlichen Entwicklung zu suchen.

Ein Mensch mit Autismus wird sein ganzes Leben mit seinen individuellen Besonderheiten umgehen müssen und seine Umwelt mit ihm. Daher ist das Wissen um die Besonderheit von Autisten sowie Möglichkeiten zur Förderung und Hilfe von klein auf vonnöten, um den betroffenen Kindern den optimalen Start in ihr außergewöhnliches Leben zu ermöglichen.

Ebenso wie die These, dass Autismus erworben werden kann, hält sich in der Bevölkerung hartnäckig die Meinung, dass Autisten generell geistig beeinträchtigt und mit einem niedrigen IQ ausgestattet seien. Autisten lassen sich jedoch in allen Intelligenzklassen der Menschheit finden, von ganz geringem Potenzial bis hin zur Hochintelligenz. Leider verursacht die besondere Funktionalität ihres Gehirns meist eine Einschränkung der Nutzung des zur Verfügung stehenden kognitiven Potenzials. Oftmals sind Autisten jedoch phänomenale „Um-die-Ecke-Denker“ und nutzen Denkprozesse, die bemerkenswert sind, leider aber von der Umwelt nicht in diesem Maße nachvollzogen werden können. Daher ist es schlicht einfacher für Außenstehende, Autisten als behindert oder dumm einzustufen. Dabei haben Autisten enorme Kompetenzen, die es nur selten auf dieser Welt gibt. Alle Formen des Autismus zusammengenommen, leiden ca. 6 - 7 Menschen von 1.000 an einer Autismus-Spektrum-Störung. Autisten sind bewusst wegen ihrer besonderen, oft außergewöhnlichen Fähigkeiten auf einigen Spezialgebieten des Arbeitsmarktes besonders stark gefragt. Das Unternehmen „auticon Deutschland GmbH“ beschäftigt z.B. ausschließlich Menschen mit einer AS-Störung.

Die Diagnose Autismus wurde medizinisch im ICD-10 (Internationale Klassifikation der Krankheiten) bis 2021 in drei Spezifikationen unterteilt: Frühkindlicher Autismus, Asperger-Autismus (auch bekannt als Asperger-Syndrom) und andere tiefgreifende, autistische Entwicklungsstörungen. Das Krankheitsbild des Asperger-Autismus ist dabei mit 1 - 3 von 1.000 Personen am seltensten.

Frühkindlicher Autismus (ICD 10)

Diese Form des Autismus (auch bekannt als Kanner-Syndrom) wird meist im Alter von 2 bis 5 Jahren diagnostiziert. Die Gründe dafür liegen in der Beobachtung von Entwicklungsauffälligkeiten oder -verzögerungen der betreffenden Kinder. Es handelt sich bei der Diagnose in den meisten Fällen um eine erste, grobe Diagnose, welche im Laufe der weiteren Entwicklung des Kindes spezialisiert wird. Einige spezifische Formen wie das Kanner-Syndrom sind unter der Rubrik „Andere autistische Entwicklungsstörungen“ näher erläutert. Meist weisen diese Kinder Symptome wie Schwierigkeiten beim Spracherwerb, unerwartete oder unerwünschte Reaktionen im sozialen Miteinander, sensible Reaktionen auf bestimmte Umwelteinflüsse wie Lärm, Licht oder monotone, wiederkehrende Ausgleichsbewegungen (z. B. Schaukeln) oder andere Ticks (wie Zuck- oder Zappelbewegungen) auf. Auch haben Kinder mit der Diagnose frühkindlicher Autismus vermehrt Schwierigkeiten, emotionale Beziehungen aufzubauen. Dieser Art des Autismus kann mit individuellen, kompetenzorientierten Therapien für das betreffende Kind gut entgegengewirkt werden. Eine Schulung der Bezugspersonen des Kindes, um das Verständnis für die Besonderheiten des Kindes zu wecken sowie den Umgang mit der Erkrankung zu verbessern, rundet eine optimale Betreuung des betroffenen Kindes ab, damit es für sein außergewöhnliches Leben die besten Entwicklungschancen erhält.

Asperger-Autismus (ICD 10)

Die Spezifikation Asperger-Autismus, oft als der mildere Autismus bezeichnet, kann ebenfalls bereits im Kindesalter diagnostiziert werden. Oft wird dieser Typus jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt festgestellt, da bei diesem die Symptome meist nicht so offensichtlich sind wie beim frühkindlichen Autismus. Der Spracherwerb verläuft bei dieser Form meist völlig normal. Besonderheiten werden ggf. nur in Form von Außergewöhnlichkeiten im Verhalten des Kindes bemerkt. Hierzu ein Beispiel aus dem Leben eines 3-Jährigen, der enttäuscht von seinem ersten Kita-Tag nach Hause kam und meinte, es wäre dort so langweilig. Auf die Frage, warum es denn langweilig war, kam die Antwort: „Weil sich keiner mit mir über den Popocatépetl in Mexiko unterhalten wollte.“ Oft zeigen Menschen mit dem Asperger-Syndrom besondere Vorlieben, Verhaltensweisen oder haben Hobbys, die sie mit einer fast als besessen zu bezeichnenden Intensität ausüben. Der erwähnte Junge beschäftigte sich übrigens bereits zu diesem Zeitpunkt fast ein Jahr mit Vulkanen auf der ganzen Welt. Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion oder emotionale Zurückgezogenheit führen früher oder später aber auch bei Asperger-Betroffenen zur Diagnose des Autismus. Asperger-Kinder verfügen im Allgemeinen über ein durchschnittliches bis überdurchschnittliches Intelligenzpotenzial. Deshalb wird diese Form neuerdings auch als „Hochfunktionaler Autismus“ (high-functioning autism) bezeichnet.

Andere autistische Entwicklungsstörungen (ICD 10)

Autismus lässt sich in seinen Symptomen generell nicht klar abgrenzen. Wenn jedoch die bereits erwähnten Formen des Autismus nicht oder nur teilweise zutreffen, wird Autismus von ärztlicher Seite unspezifisch diagnostiziert. Dieses Störungsbild umfasst u. a. das Heller-Syndrom, das Rett-Syndrom, das Kanner-Syndrom, den atypischen Autismus sowie weitere, nicht klar definierte Symptome oder Mischformen des Krankheitsbildes Autismus.

Das Heller-Syndrom, auch bekannt als „Hellersche Demenz“ oder „infantile Demenz“, manifestiert sich circa im 3. Lebensjahr. Bereits zu diesem Zeitpunkt erlernte und sicher angewandte Kompetenzen gehen bei diesem Krankheitsbild Stück für Stück wieder verloren. Plötzlich treten Defizite im Sprachgebrauch auf, obwohl die Sprachentwicklung bisher normal verlief. Die bislang als altersgerecht eingestufte Spielfähigkeit geht verloren oder es kommt vermehrt zu Schwierigkeiten im sozialen Miteinander. Auch motorische Fähigkeiten, die sich das Kind bereits in den vergangenen Lebensjahren sicher aneignen konnte, sowie das plötzliche Auftreten des Verlustes der Körperkontrolle, z. B. Einnässen, obwohl das Kind bereits lange trocken war, sind beim Heller-Syndrom zu beobachten. Der Zeitraum des Kompetenzverlustes ist individuell verschieden und kann linear oder in Schüben vonstattengehen.

Alle Symptome ähneln einer Demenz und enden unter Umständen in einem Verlust sämtlicher Kommunikationsfähigkeiten des betroffenen Kindes. Aus diesem Grund wird diese Form des Autismus auch als „Hellersche Demenz“ bezeichnet. Der Kompetenzverlust kann dabei nicht verhindert werden. Durch entsprechende Therapien, Medikationen sowie kontinuierliches Training kann die degenerative Entwicklung jedoch verlangsamt werden.

Das Rett-Syndrom geht ebenfalls mit dem Verlust von bereits erworbenen Kompetenzen einher, wobei die Erkrankung zu einem früheren Zeitpunkt als beim Heller-Syndrom offensichtlich wird. Bezeichnend für diese Form des Autismus ist das Vorkommen vermehrt bei Mädchen. Typische Anzeichen sind das wiederholte und stereotype Kneten und Wringen der Hände. Die Sprachentwicklung bleibt meist im Stadium der Bildung von Ein-Wort-Sätzen stecken. Im Vordergrund steht die Verlangsamung der motorischen Entwicklung bis hin zum Stillstand. Kinder mit Rett-Syndrom können nicht selbstständig laufen oder es erlernen. Körperliche Entwicklungen wie Schlucken oder die gesteuerte Blasen- und Darmentleerung werden nicht erlernt bzw. gehen wieder verloren, wenn die Fähigkeiten bereits erlernt wurden. Dazu kommen die typischen autistischen Symptome wie der Verlust zahlreicher Kommunikationsmöglichkeiten mit der Umwelt. Die Lebenserwartung bei Kindern mit Rett-Syndrom ist stark herabgesetzt und liegt bei etwa zwanzig Lebensjahren.

Das Kanner-Syndrom wurde 1943 vom Jugendpsychiater Leo Kanner (* 1896; † 1981) das erste Mal beschrieben. Der Spracherwerb findet bei diesen Kindern nicht oder nur sehr verzögert und unvollständig statt. Betroffene Kinder haben kaum Kontakt zu ihrer Umwelt und leben in ihrer eigenen Welt, die auch als Desinteresse an Umwelteinflüssen wahrgenommen wird. Ganz eigene, stereotype Beschäftigungen mit bestimmten Dingen sind dagegen typisch. Häufig haben diese Beschäftigungen für Außenstehende einen als sinnlos erscheinenden Charakter. Das Kanner-Syndrom betrifft in der Regel Kinder mit einem geringen Intelligenzpotenzial, jedoch gibt es auch bei diesem, genau wie beim Asperger-Syndrom, Betroffene mit normal ausgeprägter oder überdurchschnittlicher Intelligenz. Diese Kanner-Variante wird auch als hochfunktionaler Autismus (high-functioning autism) bezeichnet.

Als atypischer Autismus wird das Erscheinungsbild bezeichnet, wenn es Abweichungen zum frühkindlichen Autismus gibt. Außerdem ist das Alter der diagnostizierten Kinder höher und liegt bei über drei Lebensjahren. Die Intelligenz wird, im Gegensatz zum frühkindlichen Autismus, ausnahmslos im unteren Bereich eingestuft. Ansonsten sind die Symptome jedoch eindeutig dem Autismus zuzuordnen und äußern sich typisch mit Schwierigkeiten im Sozialverhalten sowie der Kommunikation.

Alle Erscheinungsweisen des Autismus bringen Schwierigkeiten (siehe Tool 1) für den Betroffenen, sei es Kind, Jugendlicher oder Erwachsener, mit sich und bedürfen geeigneter Therapien und Schulungen des Umfeldes des betroffenen Menschen, um diesem das ohnehin nicht einfache Leben zu erleichtern. Aus diesem Grund ist eine frühzeitige Diagnose von großer Bedeutung.

Die Vielzahl der Erscheinungsformen des Autismus bei Kindern und Erwachsenen sowie die Tatsache, dass sich kaum ein Autist durch seine Individualität klassisch einem ganz bestimmten Typus zuordnen lässt, machte eine neue, offizielle Zuordnung des Erscheinungsbildes nötig. Seit 2021 ist diese neue Diagnose unter ICD-11 als Klassifikation amtlich. Außerdem sind die detaillierten Beschreibungen der einzelnen Formen des Autismus ursprünglich aus Sichtweise einer Erkrankung entstanden. Da es sich bei autistischen Störungen jedoch um keine Erkrankung im eigentlichen Sinne handelt, sondern um das Vorkommen einer besonderen, außergewöhnlichen, genetischen Veränderung des Gehirns, wurde in der neuen Klassifikation der Krankheiten (ICD) auf die Bezeichnung als Krankheit bewusst verzichtet und sämtliche Erscheinungsformen als Autismus-Spektrum-Störung diagnostiziert. Lediglich die Schwere der Symptome wird zusätzlich einer Einordnung unterzogen und in leicht, mittel oder schwer kategorisiert. In den meisten Diagnosefällen wird jedoch beim hochfunktionalen Autismus durch entsprechende Feindiagnostik geprüft, ob es sich bei dieser Form um das Asperger-Syndrom handeln könnte.

Häufige Herausforderungen für Kinder und Eltern

Kinder mit autistischer Ausprägung erfordern in höchstem Maße die Anpassung des Umfeldes an ihre speziellen Gegebenheiten. Therapien dieser Kinder beschäftigen sich selbstverständlich auch mit Trainingseinheiten des Verhaltens bei den Kindern selbst, in allererster Instanz wird jedoch das Umfeld der Kinder geschult, die Kinder als „so gegeben“ hinzunehmen. Dies ist wohl die schwierigste Herausforderung, die es im Umgang mit Autisten zu bewältigen gibt. Bei einer autistischen Erkrankung ist Inklusion zwingend erforderlich.

Inklusion ist die Veränderung des Umfelds eines Kindes, bei Integration muss sich das Kind entsprechend den Gegebenheiten des Umfeldes anpassen und wird dann ein Teil dieser. Da Integration erst durch lange Verhaltenstherapien der Kinder in einem bestimmten Maß ermöglicht werden kann, ist die Inklusion der wichtigste Baustein und Grundlage im Umgang mit autistischen Kindern. Autistische Kinder sind anders und können nichts dafür. Deshalb benötigen diese Kinder ein Umfeld, das sie versteht und ihnen die Welt auf ihre individuelle Art und Weise näherbringt.

Eine der wichtigsten Herausforderungen, der sich Autisten stellen müssen, ist die soziale Interaktion. Ungeachtet sämtlicher Spezifikationen tritt diese in den häufigsten Fällen problematisch hervor. Autisten leben in ihrer eigenen Welt und können sich in die Welt ihrer Mitmenschen nur mit Hilfe hineindenken. Auch verstehen sie nicht, dass oft etwas anderes erwartet wird, als sie es geben können. Meist ist auch die Unfähigkeit einer Anpassung an Regeln und Normen der Grund, warum eine ärztliche Diagnostik angestrebt wird. Sei es in Familie, Kindertageseinrichtung, Schule oder Beruf, überall muss sich der Mensch in das soziale Gefüge einbringen. Kann er dies, aufgrund seiner individuellen Gegebenheiten nicht, wird es sowohl für den Menschen als auch sein Umfeld problematisch.

Autistische Kinder, besonders solche, die gewisse Berührungen nicht ertragen können, gehen diesen beständig aus dem Weg. Wenn von ihnen jedoch erwartet wird, z. B. bei einer Begrüßung einem Fremden die Hand zu reichen, kann dies in einem Ausbruch eines heftigen Anfalls an Unwillen gipfeln. Da die Kommunikationsmöglichkeiten von autistischen Kindern eingeschränkt sind, wird vieles über Aggressionen gegenüber anderen oder auch sich selbst ausgetragen. Ein autistisches Kind nutzt unter Umständen das gesamte Repertoire an Ausfälligkeiten wie Treten, Schlagen, Beißen, anderen an Haaren oder Kleidung ziehen, Spucken etc., ohne dass es einen für Außenstehende ersichtlichen Grund dafür gibt. Für das Kind selbst kann aber bereits ein zu grelles Licht, ein unbekannter Geruch oder eine andere Veränderung seiner Umwelt dazu führen, dass es sich so verhält. Gerade Aggressionen gegen ihre persönliche Umgebung werden im Kindesalter so gut wie gar nicht verstanden oder toleriert, was aus Sicherheitsgründen natürlich völlig nachvollziehbar ist. Auch Aggressionen gegen sächliche Dinge wie Möbelstücke, Einrichtungsgegenstände oder Ähnliches sind für das Umfeld von autistischen Kindern oft absolut nicht nachvollziehbar. Warum wirft das Kind z. B. plötzlich den vor ihm stehenden Stuhl durch die Schulklasse? Das Kind wird dem Außenstehenden in diesem Moment definitiv nicht mitteilen können, dass der Stuhl gerade am falschen, ihm ungewohnten Platz stand.

Auch die Toleranz gegenüber bestimmten Eigenarten, Ticks oder Handlungen, die Autisten nur bedingt oder gar nicht steuern können, stellt gewisse Herausforderungen für ihr Umfeld dar. Ein Kind, das scheinbar grundlos völlig irrational agiert und plötzlich randaliert, weil es z. B. heute einen Teller mit grünem Rand nutzen soll, wo es doch sonst immer einen mit rotem Rand nutzt, ist schwer zu verstehen. Oder ein Mensch, der ständig wiederkehrende Bewegungen ausführen muss, kann auf seine Mitmenschen zunächst befremdlich wirken. Dazu kommt noch der zeitlich nicht vorhersehbare Aspekt, da Ausbrüche für ungeübte Beobachter oft aus heiterem Himmel und ohne Vorwarnung vonstattengehen.

Ein Kind, das auf große Lautstärke empfindlich reagiert, hat es z. B. im allgemeinen Bildungssystem unheimlich schwer. Sowohl in Kitas als auch in der Schule sind, aufgrund der Anwesenheit zahlreicher Kinder, gewisse Lärmpegel vorhanden, deren Abstellung nur teilweise zu realisieren ist. Es ist notwendig, die Betreuerinnen über die besondere Eigenart des Kindes zu informieren, damit über deren Verständnis der Situationen eine Änderung ermöglicht werden kann. Eine typische Situation aus dem Kita-Alltag eines autistischen Kindes sei an dieser Stelle ebenfalls noch mit einem Beispiel belegt:

Ein autistisches Kind saß von Kita-Beginn bis zur Abholung mit Vorliebe im Flur der Kita und beschäftigte sich mit „nichts“, während es zur verordneten Mittagsschlafzeit der Kinder stets die Spielzeuge des Raumes nutzen wollte. Selbstverständlich wehrte sich das Kind massiv gegen die Regeln der Tagesstätte. Dieses Kind passte einfach nicht in den üblichen Tagesablauf und der Spruch der Erzieher war stets: „Es hätte doch ausreichend Zeit, um in der Spielzeit zu spielen und nicht ausgerechnet beim Mittagsschlaf!“ Erst als das Verständnis bei den Erziehern geweckt wurde, dass das Kind aufgrund des Lärmpegels eben nicht während der Spielzeit für sich aktiv werden kann, änderte sich die Situation. Ihm wurden folglich Möglichkeiten des Rückzugs geschaffen und es durfte die ruhige Mittagszeit nutzen, um seine Spielideen auszuleben. Dadurch gestaltete sich die Betreuungszeit für alle Beteiligten wesentlich entspannter. Allerdings war dies nur möglich, weil diese Einrichtung auf die speziellen Bedürfnisse des Kindes eingehen wollte, was jedoch leider generell nicht oft der Fall ist.

Der Druck des persönlichen, familiären Umfeldes eines autistischen Kindes kann für dessen Eltern als besonders herausfordernd empfunden werden. Durch spezielle Schulungen werden sie befähigt, ihr autistisches Kind besser zu verstehen und erlernen den Umgang mit diesem, sodass sich das familiäre Miteinander deutlich verbessern lässt. Zu Hause gibt es daher wesentlich weniger Ausbrüche des Kindes als außerhalb. Sobald Ihr Kind jedoch das häusliche Umfeld verlässt, sind Schwierigkeiten eindeutig vorprogrammiert. Meist werden Sie als Eltern dann in den Augen der Gesellschaft zu „unfähigen Rabeneltern“, die ihr Kind angeblich nicht ordentlich erziehen können. Ein Verständnis oder gar Unterstützung für die Erziehung des betroffenen Kindes ist leider zu keinem Zeitpunkt zu erwarten. Die ständige Verteidigung des Kleinen vor den, von ihm nicht erfüllbaren, Ansprüchen der Umwelt bringt Eltern oft an ihre physischen und psychischen Grenzen und sie fühlen sich hilflos, deprimiert und geschwächt. Es lohnt sich dennoch, nicht aufzugeben!

Der bereits im Vorfeld erwähnte 3-Jährige konnte z. B. durch das Engagement seiner Eltern und deren Verständnis für seine besondere Welt einen Zugang zu den Andersdenkenden finden und seinerseits lernen, damit zurechtzukommen. Er lernte, seine Bedürfnisse und Sichtweisen auf die Dinge so zu kommunizieren, dass sie von Außenstehenden verstanden werden, und wurde dadurch befähigt, sein außergewöhnliches Leben in „fast“ normalem Rahmen in Angriff zu nehmen. Seine Mutter kann stolz auf ihr mittlerweile erwachsenes Kind blicken, das mit Sicherheit seinen Lebensweg erfolgreich meistern wird und das sich seiner nutzbaren Kompetenzen als auch seinen Schwierigkeiten bewusst ist.

Ziele des Ratgebers

Dieses Buch hat sich zum Ziel gesetzt, betroffenen Familien, Betreuungspersonen von autistischen Kindern in Kindereinrichtungen oder Schulen, Interessierten und nicht zuletzt diagnostizierten Autisten selber einen tieferen Einblick in die Autismus-Spektrum-Störung zu geben, die oft herausragenden Kompetenzen dieser Kinder aufzuzeigen sowie Möglichkeiten und Notwendigkeiten im Umgang mit ASS-Kindern zu verdeutlichen, um dem betreffenden Kind die besten Chancen für seinen besonderen Lebensweg zu ermöglichen.