AYURVEDA HEILRITUALE - Alexander Pollozek - E-Book

AYURVEDA HEILRITUALE E-Book

Alexander Pollozek

0,0

Beschreibung

Was erwartet Sie in diesem Buch? - Wie Ihr genetischer Code lautet und wie Sie diesen für dauerhafte Gesundheit nutzen! - Wie eigentlich Krankheit entsteht und wie Sie deren Hauptursachen vermeiden! - Woher Ihre schädlichen Gewohnheitsmuster rühren! - Wie Sie neue, gesunde Gewohnheiten kultivieren und für sich arbeiten lassen! - Wie Sie dauerhaft Ihre psychische und körperliche Balance halten! - Haben Sie alle '4 biologischen Lebensziele' verwirklicht? Die meisten kennen nur drei! - Was Sie schon lange über Essen, Sex und Schlaf wissen sollten! - Wie Sie uraltes vedisches Wissen für die richtige Körper- und mentale Fitness nutzen! - Wie wäre es mit den besten In- und Outdoor-Sportarten, genau für Ihren Typ? - Wie wäre es mit der passenden Meditation - genau für Sie? - Oder dem finalen Gesundheitscheck: Wie viele der 15 zeitlosen Anzeichen guter Gesundheit (ca. 3000 Jahre alt) treffen noch auf Sie zu? Die erfahrenen Ayurveda-Spezialisten Sandra Grünes (Vinyasa Yoga nach der Tradition von Krishnamacharya) und Alexander Pollozek (Kundalini Yoga nach Yogi Bhajan) waren viele Jahre lang Yogalehrer, bis sie sich entschlossen, die Nachbarwissenschaft Ayurveda zu studieren, danach zu leben und zu arbeiten.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 502

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Alexander Pollozek/Sandra Grünes

AYURVEDA HEILRITUALE

Wie man die Magie des Alltags entdeckt

Copyright: © 2019: Alexander Pollozek/Sandra Grünes

Umschlag & Satz: Sabine Abels – www.e-book-erstellung.de

2. überarbeitete Auflage

Verlag und Druck:

tredition GmbH

Halenreie 40-44

22359 Hamburg

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und der Autoren unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

Inhaltsverzeichnis

Danksagungen

Vorwort von Dr. Vasant Lad

Ayurveda - Megatrend der Zukunft?

Die ganzheitliche, spirituelle Wissenschaft vom Leben

Einführung

1. Alles Leben ist Rhythmus

2. Tridosha – Der Schlüssel zum eigenen genetischen Code

3. Einführung in die Ayurvedische Konstitutionslehre

4. Die biogenetischen Vorläufer

I. Der Ursprung von Schöpfung und Krankheit

1. Ätiologische Faktoren (Rogya Karana)

1.1. Die Unterscheidung verschiedener Ursachen (Karana)

1.1.1. Inhärente, untrennbar materielle Ursache (Samavayi-Karana)

1.1.2. Nicht-inhärente, trennbare, nicht-materielle Ursache (Asamavayi-Karana)

1.1.3. Instrumentelle Ursache (Nimitta-Karana)

1.2. Die drei Faktoren für die Entstehung körperlicher Erkrankungen

1.2.1. Schädlicher Umgang mit denSinnesorganen (Asatmendriartha Samyoga)

1.2.2. Unerwartete klimatische und Zeit bedingteEinflüsse (Parinama/Kala)

1.2.3. Versagen der Intelligenz (Prajnyaparadha)

2.0. Mentale Voraussetzungen für die Entstehung von Krankheiten

2.1. Die vier geistigen Ebenen und ihre Funktionen

2.1.1. Die Ebene der Erinnerung oder die„karmische Lagerstelle“ (Citta)

2.1.2. Die Ebene des Ich-Bewusstseins (Ahamkara)

2.1.3. Die Ebene des Geistes oder Denkorgans (Manas)

2.1.4. Die Ebene der Intelligenz (Buddhi)

2.2. Die geistigen Ursachen aller Leiden

3.0. Der Krankheitsprozess (Samprapti)

3.1. Die sechs Krankheitsstadien

3.2. Die drei grundsätzlichen Therapieebenen

II. Grundregeln zur Erhaltung der Gesundheit

1.0. Die vier biologischen Lebensziele (Purushartha)

1.1. Besitzerwerb (Artha)

1.2. Genussfreude (Kama)

1.3. Gesellschaftliche Verpflichtungen (Dharma)

1.4. Befreiung (Moksha)

2.0. Die drei Stützpfeiler des Lebens (Upasthambha)

2.1. Nahrung (Ahara)

2.2. Schlaf (Nidra)

2.3. Sexualität/Enthaltsamkeit (Brahmacharya)

III. Selbstheilungsrituale für eine gesunde Lebensführung

1.0. Die Medizinethik nach vedischem Vorbild (Sadvritta)

1.2. Die „Zehn Sünden“ im Ayurveda

1.3. Die Befolgung der körperlichen Dränge (Vegasamdharana)

1.4. Die Kontrolle geistiger Schwächen (Manasika Vegas)

1.5. Soziale Umgangsformen für körperlich-seelische Gesundheit

2.1. Grundzüge ayurvedischer Ernährung (Ahara Chikitsa)

2.2. Grundzüge gesunder Lebensführung (Vihara Chikitsa)

2.2.1. Kapha-gemäßer Lebensstil

2.2.2. Pitta-gemäßer Lebensstil

2.2.3. Vata-gemäßer Lebensstil

2.3. Vikruti-Test – mein Krankheitsgrad

2.3.1. Wie provoziere ich durch mein Verhalten Vata-Störungen? 196

2.3.2. Wie provoziere ich durch mein Verhalten Pitta-Störungen? 197

2.3.3. Wie provoziere ich durch mein Verhalten Kapha-Störungen? 198

2.4. Die großen Ziele des Ayurveda

2.5. Was hält uns von einem gesunden Lebensstil ab?

3.0. Die Zeit als Qualitäts- und pathologischer Faktor (Kala)

4.0. Rituale & Techniken zur Selbstheilung (Svasthavritta)

4.1. Das morgendliche Selbstheilungsritual (Dinacharya)

4.2. Das allabendliche Einschlafritual (Ratricharya)

5.0. Jahreszeitliche Einflüsse und Rituale (Rtucharya)

5.1. Spätwinter/Frühlingszeit – das saisonale Kapha-Ritual

5.2. Sommerzeit – das saisonale Pitta-Ritual

5.3. Herbst/Frühwinter – das saisonale Vata-Ritual

6.0. Die ayurvedische Bewegungstherapie (Vyayama)

6.1. Beitrag von Sandra Grünes:Yogarituale nach ayurvedischen Prinzipien (Ayuryoga)

6.2. Yogapraxis/-Unterricht nach ayurvedischen Kriterien

6.3. Die Atemkontrolle (Pranayama) aus ayurvedischer Sicht

6.4. Die typgemäße Meditation aus ayurvedischer Sicht

6.5. Yoga-Techniken nach typenspezifischen Gesichtspunkten

6.5.1 Yogatechniken für den Vata-Ausgleich

6.5.2 Yogatechniken für den Pitta-Ausgleich

6.5.3 Yogatechniken für den Kapha-Ausgleich

6.6 Allgemeine Tipps für eine erfolgreiche Übungspraxis

IV. Gesundheitstests

1. Der Swasthya-Test

2. Der Triguna-Test

3. Der Gewohnheits- und Suchttest

4. Die 15 Parameter für gute Gesundheit nach Nagarjuna

V. Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gesundheit

1.0. Die Basis zum Verständnis von Prakruti und Vikruti

1.1. Die Behebung der Ursache (Nidana parivarjana)

1.2. Das Shamana-Ritual

1.3. Das Rasayana-Ritual – Elixiere mit dem „Anti-Aging-Effekt“

1.4. Universelle Heilrituale

1.5. Die letztendliche Befreiung (Moksha)

2.0. Der fünffache Pfad (Satya Dharma)

2.1. Das selbstlose Opfer für einen guten Zweck (Yagna)

2.2. Das rechte Schenken (Daan)

2.3. Die Selbstdisziplin (Tapa)

2.4. Rechtes Handeln (Karma)

2.5. Das Selbststudium (Swadhyaya)

VI. Gesunde Bezugsquellen für die Selbstheilung

1.0. Wasseraufbereitung & Energetisierung

2.0. Gesunde Nahrungsquellen

3.0. Dinacharya-Starterset

Nachwort

Bibliografie

Internetrecherchen

Sanskrit-Glossar

Abbildungsverzeichnis

Die Autoren und ihre Vita

 

Danksagungen

Besonderer Dank gilt von fachlicher Seite her zunächst unserem verehrten Lehrer Dr. Vasant Lad, dem wir auch das besondere Vorwort verdanken. Desweiteren Dr. Ramkumar Kutty und Dr. Ramadas aus Coimbatore, deren Geduld, Hingabe und Liebe für den Ayurveda beispielhaft sind. Meine kompetentesten und sehr geschätzten deutschen Kollegen, Dr. Hedwig Gupta und Ralph Steuernagel, unterstützten uns, in die letzten kniffligen und teils widersprüchlichen Themen, Klarheit zu bringen.

Von Herzen danke ich meiner Familie für ihre Geduld und Nachsicht, denn sie haben mich im letzten Jahr nur vor dem PC erlebt.

Was die Unterstützung im Bereich Yoga und Yoga-Philosophie angeht, gilt mein besonderer Dank Simone Gerisch-Zachmann, Dr. Hedwig Gupta, Marina Schlesinger, Robert Grislis, Madhuha Brünjes, Astrid Fischer und, last but not least, meiner geschätzten Kollegin und Co-Autorin Sandra Grünes, für die intensiven Fachgespräche, die professionelle Begleitung und die anregenden Diskussionen. Meinem Triguna-Team sowie Helmut Schelchshorn danken wir für ihre Bereitschaft, vor der Kamera zu stehen bzw. für jegliche Art der Unterstützung dafür.

Vorwort von Dr. Vasant Lad

„Ayurveda ist ein uraltes vedisches Heilsystem. Es umfasst den Menschen als Ganzes. Es repräsentiert nicht nur ein Medizinsystem, sondern darüber hinaus die Heilung von Körper, Geist und Bewusstsein.

Das vorliegende Buch von Dr. Alexander Pollozek mit dem Titel „Ayurveda-Rituale“ ist ein Meisterwerk praktischer Anwendung ayurvedischer Prinzipien des alltäglichen Lebens. Es ist ein einfacher Führer für Ayurveda-Studenten und interessierte Anwender gleichermaßen, um die alten Heilungsrituale praktisch zu nutzen. Der Autor spricht über die vier grundlegenden Krankheitsursachen einschließlich der mentalen Faktoren (Asatmendriartha Samyoga/Prajnyaparadha), die klimabedingten Einflüsse (Parinama) und den Faktor Zeit (Kala) als Krankheitsauslöser. All diese Faktoren werden im vorliegenden Buch wunderbar erklärt. Die mentalen Störungen des Intellekts (Dhi-bhramsha), der Willenskraft (Dhrti-bhramsha)und des Erinnerungsvermögens (Smrti-bhramsha) sind sehr anschaulich dargestellt in der Physiopathologie des Geistes. Dr. Alexander folgt der indisch-vedischen Denktradition und dem streng disziplinierten Lehrer-Schüler-Unterricht nach der Traditionslinie (Parampara). Seine Erläuterungen und die Anwendbarkeit der Heilrituale sind äußerst treffsicher.

Die ayurvedischen Krankheitsursachen (Nidan) und -vorzeichen (Purvarupa), die Symptome (Rupa) sowie die medizinischen Heilmaßnahmen (Upashaya) werden dem Leser wertfrei und sehr praxisnah dargelegt. Er stellt die typgemäße Lebensführung, das Morgen- und Abendritual sowie die Jahreszeitenroutine und -diät besonders heraus, um eine mögliche Krankheitsentstehung im Keim zu ersticken und so eine Balance zwischen den Regulationskräften (Doshas) und den Körpergeweben (Dhatus) herzustellen. Sein außergewöhnlicher Ansatz einer Eigendiagnose in Form eines körperlichen und psychischen Selbsttests ist sehr praxistauglich, seine klinische Sichtweise gut umsetzbar. Stück für Stück wird der Leser in weitere Rituale für perfekte Gesundheit eingeführt mit dem Ziel, möglichen Gesundheitsstörungen vorzubeugen. Das Ritual zur Stärkung der Konstitution (Samshamana) ist im Vergleich zur inneren Reinigung (Samshodana) sanft, Rasayana ein Ritual zur Verjüngung, die Feuerzeremonie (Puja) ein sehr spiritueller Weg zur Heilung.

Ich denke, Ayurveda-Studenten wie Anwender können getrost den Richtlinien dieses Buches folgen und werden dadurch den Horizont ihrer klinischen Fertigkeiten und der ayurvedischen Praxis erweitern.

Dr. Alexander reist häufig nach Indien und in andere Länder und integriert damit unterschiedliche praktische Aspekte ayurvedischer Medizin aus verschiedenen Denkschulen. Ich bewundere zutiefst seine Arbeit und sein aufrichtiges Bestreben, den Ayurveda in der westlichen Welt zu verbreiten.

God bless you, love & light

Bell, 30. Juli 2016

Ayurveda - Megatrend der Zukunft?

1996 schrieb der Zukunftsforscher Leo A. Nefiodow erstmals über die ganzheitliche Gesundheit als Auslöser und Träger des sogenannten 6. Kondratieffs. Woher, so fragt er sich, kommen die dringend gesuchten technologischen Durchbrüche und nachhaltigen ökonomischen Wachstumsimpulse? Eine Antwort liefert die so genannte „Theorie der langen Wellen“. Nach ihr entwickeln sich Wirtschaft und Gesellschaft in langen Innovationsschüben, die von bahnbrechenden Erfindungen ausgelöst werden. Diese haben eine Dauer von ca. 40-60 Jahren und werden Kondratieffzyklen1 genannt. Mit den späten 1990er Jahren ist die Weltwirtschaft in eine neue lange Welle eingetreten – in den 6. Kondratieffzyklus. (s. Abb.1 unten) Antriebsmotor des 6. Kondratieffs ist das Gesundheitswesen. Seine Basisinnovationen sind die psychosoziale Gesundheit und die Biotechnologie, die Komplementärmedizin und somit auch der Ayurveda. Die Länder, Regionen, Unternehmen und Personen, die sich rechtzeitig auf den sechsten Kondratieff ausrichten – so der Autor – werden im 21. Jahrhundert zu den Gewinnern gehören.2

Abb.1 Kondratieffwellen

So hoffen auch die Autoren dieses Buches, dass mit der praktischen Umsetzung dieses zeitlosen Wissens der/die geneigte LeserIn zu den persönlichen Gewinnern jenes Gesundheitstrends gehören.

Warum sind Rituale in der heutigen Zeit so wichtig?

Abb. 2 Traditionelle Feuerzeremonie (Puja)

Der bekannte Berliner Anthropologe Christoph Wulf definiert sie wie folgt: „Rituale erzeugen das Soziale; sie schaffen Ordnungen und ermöglichen Identifikation. Rituale schaffen Übergänge und erzeugen Erinnerungen; sie haben eine magische Komponente und eignen sich zur Differenzbearbeitung;3 sie fördern mimetische Lernprozesse und mit ihrer Hilfe die Entwicklung praktischen Wissens und tragen wesentlich zur Entwicklung sozial kompetenter Individuen bei.“4 Heilrituale sind, sich zu festgelegten Zeiten wiederholende, zeremonielle Handlungen nach einer bestimmten Abfolge und klaren Regeln welche für Außenstehende oft absurd oder irrational anmuten. Bei den hier aufgeführten Ritualen handelt es sich allerdings um zeitlos wirkende Selbstheilungsrituale, die für den Ausübenden alles andere als absurd sind. Jeder von uns wird sich eingestehen müssen, dass sich mehr oder weniger ungesunde Gewohnheiten und Denkmuster in seinen Tagesablauf eingeschlichen haben. Um auf immer mehr Ebenen Zugang zur inneren Kraft und Balance zu bekommen, gilt es, schrittweise jene schädlichen durch gesundheitsfördernde Gewohnheiten und heilsame Rituale zu ersetzen. In diesen turbulenten Zeiten setzen wir damit im Körper und im Unterbewusstsein so genannte „Ankerpunkte“. Je öfter wir diese Rituale zu festen Zeiten wiederholen, desto mehr verankern wir uns im Gewebe von Raum und Zeit. Das wiederum verleiht unserer Psyche und unserem Geist gleichsam Erdung und innere Stabilität. Sicherheit, Geborgenheit und ein Gefühl von Sinnhaftigkeit werden durch regelmäßige Praxis von Heilritualen verstärkt. Sie stellen daher die beste Vorbeugung gegen psychische Labilität, Depressionen und viele überflüssige Krankheiten dar.

Ayurveda als Lebenskunst erlernen und sinnlich erfahren

Das eingehende Studium der hier zitierten, zutiefst menschlichen, Erkenntnisse der ayurvedischen Klassiker, lässt schnell erkennen, dass es sich bei dieser Philosophie um eine Lebenskunst handelt:

• Die Kunst, sich in allen Lebensphasen ausgewogen und typgerecht zu ernähren

• die Kunst, den Schlaf als Quelle körperlicher Regeneration und spiritueller Kraft zu nutzen

• die Sexualkraft (Kundalini Shakti) als Essenz des Lebens zu bewahren und andererseits sich leidenschaftlich, aber maßvoll, den Sinnesfreuden hinzugeben

Täglich in die eigene Gesundheit zu investieren lohnt sich

Die Verantwortung für den Erhalt der eigenen Gesundheit stellt heute jeden von uns vor wachsende Herausforderungen. Immer mehr Menschen fühlen sich den Anforderungen am Arbeitsplatz und der Doppelbelastung in ihrer Rolle als Eltern und Berufstätige immer weniger gewachsen. Burnout, Erschöpfungsdepression, Belastungssyndrome, Scheidung, Familientrennungen oder beruflicher Abstieg sind die vorprogrammierten Fallstricke unserer ach so modernen Gesellschaft. Gleichzeitig wachsen aber die Lebensansprüche und Freizeitausgaben. Um einen bestimmten Lebensstandard zu halten, werden die Menschen der westlichen Industrienationen förmlich dazu gezwungen, einen achtsameren Lebensstil zu pflegen. In der Zukunft geht es folglich darum, mit dem geringsten täglichen Aufwand mehr Energien, Motivationskräfte und Selbstheilungsimpulse zu generieren. Dieses Buch zeigt, dass wir für diesen Zweck aus dem unendlichen Fundus der alten vedischen Medizinschriften schöpfen können. Der Ayurveda hält erstaunlich zeitgemäße Antworten bereit. Nach 5000 Jahren Erfahrungstradition rückt die Forderung, die Gesundheit endlich wieder in die eigenen Hände zu nehmen, näher an jedes Individuum heran. Der Ayurveda liegt also voll im Trend zur „Präventivgesellschaft“ und „Do-It-Yourself-Medizin“.

1 s. Abb.

2 Quelle: www.kondratieff.net

3 Umgang mit Veränderungen, Konflikten, Krisen innerhalb einer Gemeinschaft

4 Zitat: www.christophwulf.de, Die Berliner Ritual- und Gestenstudie

I. DER URSPRUNG VON SCHÖPFUNG UND KRANKHEIT

In der indischen Antike gab es zwischen zwei Philosophenschulen immer wieder lebhafte Diskussionen unter den Gelehrten über den Ursprung unseres Universums – der Schöpfung. So auch über die Faktoren, die Krankheiten verursachen.

Die Ursachen (Karana) werden grundsätzlich in folgende Kategorien unterteilt:

a) Materielle Ursache (Samavayi Karana)

b) Nicht-materielle Ursache (Asamavayi Karana)

c) Hauptursache (Pradhana Nimitta Karana)

d) Instrumentelle Ursache (Sahakari Nimitta Karana)

Veranschaulichende Beispiele:

1. Das Gleichnis des Töpfers

Die Position der Nyaya-Vaisesika-Schule:

Man braucht einen Klumpen Lehm als Ausgangsmaterial, um ein Tongefäß zu formen. Lehm ist somit die materielle Ursache (Samavayi Karana), der Töpfer ist die Hauptursache (Pradhana Nimitta Karana). Aber wie wird aus beiden Faktoren ein Tongefäß? Geschieht es aus sich selbst heraus? Nein, es muss vom Töpfer geformt werden. Ohne Töpfer ist das Tongefäß folglich nicht-existent. Wenn er also das Gefäß aus Lehm formt, ist er die Hauptursache und das Gefäß die Wirkung. Die geschaffene Form des Gefäßes ist die nicht-materielle Ursache (Asamavayi Karana). Die instrumentelle Ursache (Sahakari Nimitta Karana) sind die Hilfsmittel wie Drehscheibe, Wasser, Blasebalg, Feuer etc.

Im bloßen Lehm existiert keine Form. Das nicht-existente Gefäß wird also aus dem Lehmklumpen heraus vom Töpfer geformt.

Die Position der Sankhya-Schule:

Sie vertritt hingegen die Auffassung, dass das Gefäß von Anfang an bereits im Lehm vorhanden war. Das Gefäß ist aus dem Arbeitsprozess des Töpfers heraus entstanden. So, wie der Ölhändler aus den Sesamsamen das dort bereits vorhandene Sesammöl herauspresst, ist die Form des Gefäßes durch den Arbeitsprozess entstanden.

2. Das Schöpfungsgleichnis

Die Position der Nyaya-Vaisesika-Schule:

In Bezug auf die Erschaffung des Universums vermutet die Nyaya-Vaisesika-Schule als Hauptursache Gott (Ishvara) und als materielle Ursache Materiepartikel. So erschuf Gott das Universum aus den Materiepartikeln. Was er erschuf, existierte nicht in den Partikeln. Das ist die Nyaya-Doktrin.

Die Position der Sankhya-Schule:

Im Hinblick auf die Kosmogenese glaubt die Sankhya-Schule hingegen nicht an einen Schöpfer (Töpfer/Weber etc.) als Hauptursache. Nach ihrer Meinung entwickelte sich die Natur (Prakruti) aus sich selbst heraus ins Universum hinein. Das hat nichts mit der gegenwärtigen atheistischen Vorstellung von der Welt zu tun! Andererseits postulierte die Sankhya-Schule einen Weltengeist (Purusha) mit göttlichem Bewusstsein ausgestattet. Seine passive Präsenz sowie seine Bewusstseinskraft verhalfen nach ihren Aussagen Prakruti zur Erschaffung der Natur. Ähnlich wie Getreide aus sich selbst heraus mit Hilfe von Wasser, Erde und Sonnenschein gedeiht. Somit ist Gott nicht die Ursache für den Ursprung der Schöpfung, sondern Prakruti transformierte sich selbst und erschuf die Welt. Diese Theorie hat sich letztendlich im Laufe der Jahrhunderte durchgesetzt und wurde in Form der Sankhya-Philosopie zum gemeinsamen Gedankengebäude von Yoga und Ayurveda.13

Abb.7

 

1. ÄTIOLOGISCHE FAKTOREN(ROGYA KARANA)

1.1. Die Unterscheidung verschiedener Ursachen (Karana)

Diese beiden Philosophie-Schulen stritten im Grunde um das richtige Erklärungsmodell von Ursache & Wirkung. Dieses hatte besonders große Auswirkungen in der Erkennung und Behandlung von Krankheiten bzw. dem korrekten Einsatz von spezifischen pharmakologischen Pflanzenwirkstoffen. Die theoretische Erklärung von Karya (= Wirkung) und Karana (= Grund oder Ursache) stellt eine der bedeutendsten Theorien im ayurvedischen Medizinsystem dar. Aus diesem Ringen um die letztendliche Wahrheit entstand ein Denkmodell, welches sich bis heute erhalten hat und immer noch an den indischen Universitäten gelehrt wird.

Bei der Beschreibung von Substanzen unterscheidet man sechs Begrifflichkeiten (Padarthas):

Substanz

Eigenschaft/Qualität

Handlung/Wirkung

Gemeinsamkeit

Andersartigkeit/Individualität

Inhärenz

Dieses Konzept von Samavaya wird zur Unterscheidung von verschiedenen Formen von Ursachen eingesetzt:

Antiker Philosophenstreit um Ursachen in Gleichnissen

GleichnisEntsprechung

Samavayi-Karana (materiell)innewohnende, untrennbare Ursache

Asamavayi-Karana (nicht materiell)nicht innewohnende, trennbare Ursache

Weber

Fäden im Stoffgewebe

Muster im Stoffgewebe

Töpfer

Ton-/Porzellangefäß (aus Lehm gebrannt)

Form des Gefäßes

Mensch/ Organismus

Dhatus (Körpergewebe)

Krankheitssymptom/(-muster):erregte Doshas greifen die Dhatus an

 

1.1.1. Inhärente, untrennbar materielle Ursache(Samavayi-Karana)

Sie ist die Ursache, welche untrennbar mit der Wirkung zusammenhängt. Zerstörung des Samavayi-Karana führt zur Zerstörung der Wirkung, weil der Wirkung dann die materielle Ursache entzogen ist.

Beispiele: Die Wirkung einer Substanz (eine aufgeschnittene Zwiebel brennt in den Augen) oder der Faden im Stoff, Holz in Möbelstücken, Porzellan in der Tasse. Entfernt man das Porzellan, kann die Tasse nicht weiter existieren. Ohne Porzellan kann somit auch eine Porzellantasse nicht entstehen. Daher wird das Porzellan als Ursache der Tasse genannt. Das Porzellan ist das Substratum der Tasse, die materielle Voraussetzung dafür, dass eine Tasse entstehen kann. Dies ist das Samavayi-Karana. Im Gegensatz dazu steht die

1.1.2. Nicht-inhärente, trennbare, nicht-materielle Ursache (Asamavayi-Karana)

Das ist die Form der Verursachung (Form des Gefäßes/Farbe des Stoffes, ein Buch etc.), die zwar auch in der Wirkung existiert, aber nicht die materielle

Pradhana Nimitta-Karana instrumentelle Hauptursache

Sahakari Nimitta-Karana instrumentelle Nebenursache

der Weber selbst

Webstuhl

der Töpfer selbst

Wasser/Drehscheibe/Blasebalg

Doshas/Prakruti (Konstitution)

Ernährungsweise/Lebensführung

Voraussetzung von ihr ist. Die Zerstörung des Asamavayi-Karana führt nicht notwendig zur Zerstörung der Wirkung, sondern verändert sie.

Beispiele: Das Muster von Fäden im Stoff. Diese Ursache ist nicht materiell. Sie steckt aber im Resultat, ist also noch in der Wirkung vorhanden. Ein Muster im Stoff ist im Resultat, dem Stoff, erkennbar und zeigt an, welche Kombination von Fäden eingesetzt wurde, um genau diesen Stoff mit diesem Muster zu erschaffen. Eine andere Kombination von Fäden würde ein anderes Muster hervorbringen, aber immer auch einen Stoff.

Ein Autor, der sein Buch umschreibt, verändert damit nur den nicht-materiellen Inhalt, das Buch (die Form der Verursachung) bleibt weiter bestehen.

Im Gegensatz dazu steht die folgende Art von Ursachen, unabhängig von der Wirkung, nachdem diese eingetreten ist:

1.1.3. Instrumentelle Ursache (Nimitta-Karana)

Dies ist die Form von Verursachung, die unabhängig von der Wirkung existiert. Sie war nur zur Herstellung der Wirkung notwendig. Im Anschluss an den Herstellungsprozess ist keine Verbindung mehr vorhanden, so dass die Zerstörung des Nimitta-Karana die Wirkung unberührt lässt.

Beispiele: Der Schreiner für den Stuhl, der Autor für das Buch, der Weber für den Stoff oder auch der Webstuhl für den Stoff.

„Bezieht man diese verschiedenen Formen von Ursachen auf den Krankheitsprozess, so kommt man zu folgender Zuordnung:

• Die Dhatus (die 7 Körpergewebe) sind das Samavayi-Karana. Ohne Dhatus fehlt der Erkrankung die materielle Ursache. Nur in den Dhatus können sich Krankheiten ausdrücken. Die Zerstörung der Dhatus führt zur Zerstörung nicht nur der Erkrankung, sondern auch des Körpers bzw. des Patienten.

• Das Dosha-Dushya-Samurcchana (4. Kranheitsstadium der Festsetzung, A.d.V.) ist das Asamavayi-Karana. Durch das Mischen von erregten Doshas mit den Dhatus entsteht das für die Erkrankung typische Symptommuster. Verändern sich die Doshas in ihrem Zusammenspiel mit den Geweben, wird das Muster der Erkrankung verändert, die Erkrankung geht in ein anderes Stadium oder eine andere Gewebeschicht über oder verschwindet. Der Vata Dosha produziert dementsprechend ein ganz anderes Symptommuster, je nachdem, ob es in mamsa-dhatu sitzt (Muskelatrophie oder -dystrophie) oder in majja-dhatu (Zittern, Schlafstörungen, Tinnitus).“14

Je nach den genetischen Schwachpunkten (Kha vaigunya) reagiert jeder Konstitutionstyp anders auf exogene Störfaktoren:

• Vata-Störungen gehen immer mit Schmerz als Kardinalsymptom einher

• Pitta-Störungen sind stets begleitet von Entzündung/Reizung/Hitze als Kardinalsymptome

• Kapha-Störungen manifestieren sich durch Schleim-, Eiterbildung, Flüssigkeitsansammlungen

Entsprechungen

Eine Krankheit, welche durch gestörte Doshas (Vata, Pitta oder Kapha) entsteht. Sie verlassen ihren Stammsitz, attackieren die genetischen Schwachpunkte, verunreinigen die Gefäße (Srotas), Gewebe (Dhatus), die Ausscheidungen (Malas) und schwächen die Stoffwechselprozesse (Agni). Sie werden damit zu Vorboten/ Symptomen von Krankheiten.15

• Die Doshas selbst sind das Nimitta-Karana. Ohne Doshas funktionieren die Dhatus nicht. Solange die Doshas im Gleichgewicht sind, bleiben die Dhatus gesund. Das Ungleichgewicht der Doshas verursacht das der Dhatus. Eine Ausleitung der Doshas, also die Zerstörung des Nimitta-Karana, zerstört die Dhatus nicht. Das ist auch wichtig, denn sonst würden wir mit Pancha Karma (5 klass. Ausleitungsverfahren, A.d.V.) zwar gezielt die gestörten Doshas ausleiten, aber dabei den Patienten umbringen!

• Der Mityaharavihara, die fehlerhafte Weise, sich zu ernähren oder sich zu verhalten, sind das Sahakari-Nimitta-Karana. Durch fehlerhaftes Verhalten und ungeeignetes Essen und Trinken werden die Doshas aus ihrem Gleichgewicht geworfen. Daher sind diese Faktoren die instrumentelle Nebenursache für Erkrankungen.

Kommentar

Damit sind alle Faktoren, die zu einer Erkrankung führen, genannt:

Die Dhatus, das Vermischen der gestörten Doshas mit den Dhatus, die Doshas selbst und das Verhalten und die Ernährung, die die Doshas wiederum beeinflussen.

Im Ayurveda gibt man den Sahakari-Nimitta-Karana die größte Bedeutung. Sie sind die Ursachen, die die Doshas beeinflussen, wodurch die Dhatus erkranken können. Die Lebensweise und Ernährung stehen damit am Anfang der Ursachenkette.“16

Dosha-spezifische Krankheiten entstehen durch folgende fehlerhafte Ernährung/ Lebensführung:

1. Falsche, nicht typgemäße Ernährung:

• Vata-Typen, die häufig bittere (Salate/Kaffee), scharfe, trockene/leichte/ raue (Weißbrot/Backwaren/Süßigkeiten), kalte (Rohkost), blähende (Hefebrot/Aufgewärmtes/Spinat/Zwiebeln) Nahrungsmittel/Getränke und Fastfood verzehren.

• Pitta-Typen, die häufig erhitzende/scharfe (Chili/Pfeffer/Senf/Alkohol), sauere/salzige (Essiggurken/Salzgebäck), übersäuernde (Nachtschattengemüse/rotes Fleisch), ölig-fettige (Frittiertes) Nahrungsmittel zu sich nehmen.

• Kapha-Typen mit Vorliebe für schwere/ölige (Sahnesaucen/Eier/Käse/ Fleisch), salzige, sauere, süße/schleimende (Weizenprodukte/Schokolade/ Kuchen), kalte Getränke und Speisen.17

2. Häufiger Verzehr von Tabukombinationen (Viruddhahara) wie Fisch+Sahne oder Jogurt+Früchten etc.18

3. Unterdrücken der 13 Körperreflexe (Vegasamdharana)19

4. Gesundheitsgefährdende, ungesunde Verhaltensweisen, wider besseres Wissen (Viruddhacesta): Sport/Sex/Baden nach dem Essen, regelmäßiger Kaffee-/Alkoholkonsum, Rauchen etc.

5. Die Nichtbeachtung ethischer Grundregeln (Satvritta).20

6. Die Nichtbeachtung der Goldenen Essensregeln.21

7. Ein Leben gegen die zirkadianen Rhythmen wie Nachtarbeit, spät aufstehen, Mahlzeiten auslassen, Tagesschlaf etc.

„Bei vielen alten Völkern war der Ausbruch einer Krankheit immer ein Zeichen dafür, dass der Betroffene zu wenig um das Göttliche, die Liebe, gerungen hatte beziehungsweise zu viel vom Unguten, der Negativität, aufgenommen hatte.“

M. Walbert/T. Lang

1.2. Die drei Faktoren für die Entstehung körperlicher Erkrankungen

Es handelt sich hier in erster Linie um endogene, also durch mentale Fehlleistungen verursachte Störungen, welche sich über einen längeren Zeitraum physisch manifestieren können. Der letzte Faktor ist exogener Natur und durch klimatische Turbulenzen verursacht

1.2.1. Schädlicher Umgang mit den Sinnesorganen (Asatmendriartha Samyoga)

Darunter ist ein unangemessener Kontakt der Sinnesorgane mit deren Sinnesobjekten zu verstehen. Dies resultiert aus einem übermäßigen, falschen oder mangelnden Gebrauch der Sinne. Unsere Sinne entsprechen unserer Verbindung zur Außenwelt. Unsere Beziehung zu ihr kann daran gemessen werden wie wir unsere Sinne gebrauchen. Gemeint ist hier der Kontakt mit:

• Geräuschen (= Hörsinn)

• Berührung/Körperkontakt (= Tastsinn)

• Licht/Farben/Kontrasten (= Sehsinn)

• Geschmacksrichtungen/Aromen (= Geschmackssinn) und

• Gerüchen (= Geruchssinn)

sowie deren Wechselwirkung auf den Geist:

a) Unzureichender Kontakt (hinayoga)

b) Unnatürlicher Kontakt (mithyayoga)

c) Exzessiver Kontakt (atiyoga)

d) Korrekter/angemessener Kontakt (samyakyoga)

1.2.2. Unerwartete klimatische und Zeit bedingte Einflüsse (Parinama/Kala)

Körperliche Störungen treten ebenfalls auf bei einer übermäßigen, falschen oder mangelnden Ausprägung der Qualitäten der Jahreszeiten. Gemeint sind hier das gänzliche Ausbleiben, das übermäßige Eintreten von Jahreszeiten sowie ein unerwarteter (= gesundheitsschädlicher/exzessiver Kontakt) wie ein Wettereinbruch oder -sturz. Aber nicht nur die saisonalen Einflüsse wirken sich auf Körper und Geist aus. Es sind auch die Tageszeiten bzw. zirkadianen Rhythmen. So prägt ein jahrelanger Schichtdienst Menschen genauso wie das ständige Jetten durch die Zeitzonen eines Flugpersonals. In Bezug auf die Lebensalter zeigt sich, dass Kinder beispielsweise ein Grundvertrauen besitzen und recht unbekümmert und fröhlich sind. Das hängt damit zusammen, dass die Kapha beeinflusste Lebensphase – der Kindheit entsprechend – den Geist einfärbt. Ältere Menschen hingegen sind in ihrem Vata-Lebensabschnitt und folglich eher skeptisch, misstrauisch, ängstlich und machen sich mehr Sorgen. In der mittleren Lebensphase (Pubertät bis Meno-/Andropause) sind Menschen – unabhängig von ihrer Konstitution – tendenziell eher ehrgeizig, leichter gereizt, kämpferisch, streitsüchtig und furchtlos.

1.2.3. Versagen der Intelligenz (Prajnyaparadha)

Ignoranz und Gleichgültigkeit werden im Ayurveda als der größte negative Drang (Vega) angesehen, weil der Betreffende nicht weiß, dass er etwas Schlechtes tut. Noch schlimmer ist es, wenn er sich dieser Tatsache bewusst ist und es dennoch tut. Physische Erkrankungen entstehen letztlich durch einen übermäßigen falschen oder mangelnden Gebrauch des Geistes, der Sprache und des Körpers in Verbindung mit der Willenskraft. Prajnya bedeutet Intelligenz, aparadha heisst so viel wie fehlerhaft. In der ayurvedischen Pathogenese besteht ein Hauptgrund für Erkrankungen in Verhaltensweisen, die dem gesunden Menschenverstand widersprechen. Die Hauptursache für ein 'Versagen der Intelligenz' sieht der Ayurveda in einem Vorherrschen von Rajas- und Tamas-Qualitäten im Denken und Fühlen eines Menschen. Es fehlt hier die geistige Harmonie, die Verbindung mit der eigenen, inneren Weisheit – Sattwa. Prajnaparadha bedeutet soviel wie „Beleidigung der bzw. Verstoß gegen die Weisheit“ oder „Versagen der Intelligenz“. Die folgenden Verhaltensweisen schwächen den Körper dergestalt, dass auf lange Sicht seine Widerstandskraft versagt und schließlich Krankheiten den Körper heimsuchen:

1. Missbrauch des Körpers

Es geht hier um den Missbrauch der Körperfunktionen, indem wir unsere natürlichen Triebe unterdrücken oder in erzwungener Weise reizen. Dazu gehört das gewaltsame Kasteien des Körpers durch Hungern/Fasten genauso wie das ständige Naschen oder die permanente sexuelle Stimulation z.B. durch pornografische Darstellungen. Der Ayurveda rät, die natürlichen Triebe nicht zu unterdrücken, sondern ihnen nachzugeben, sobald sie auf natürliche Weise, also, aus sich selbst heraus, entstehen. Andernfalls behindern, stören und schwächen diese Triebe unsere Lebenskraft (Prana).

2. Missbrauch des Geistes

Wenn wir unseren Geist schädlichen Einflüssen aussetzen, so führen Rajas-Qualitäten zu aufgewühlten Geisteszuständen und tamasische Qualitäten zu einer Abstumpfung des Geistes. Radikale Weltbilder, fanatische Überzeugungen, Computerspiele, tägliches Fernsehschauen sowie mangelnde Aufmerksamkeit gehören hier hinein. Dadurch entstehen Furcht, Trauer, Ärger, Depression, Habgier, Verblendung, Neid u.a. Diese negativen Gefühle bringen langfristig Körper und Geist aus dem Gleichgewicht.

3. Missbrauch der Sprache

Wer die Unwahrheit spricht, Dinge zur falschen Zeit oder in beleidigender, streitsüchtiger Weise sagt, schadet nicht nur seinen Mitmenschen. Es werden dadurch negative, energetische Schwingungsmuster erzeugt, die auf unseren Körper und Geist zurückwirken wie ein Bumerang. Ursache und Wirkung der eigenen Handlungen werden folglich nicht mehr richtig erkannt. Der Grund hierfür kann auf mentaler, aber auch auf psychischer Ebene liegen, insbesondere dann, wenn Tamas oder Rajas erhöht werden.

Kommentar

Es handelt sich hier um die Schwäche, mit Substanzen umzugehen, von denen wir wissen, dass sie schädlich für uns sind.

Beispiel: Der Alkoholiker, der trotz Delirium und schädlichen Nebenwirkungen wie Kater, Übelkeit, Schwindel etc. am nächsten Tag wieder zur Flasche greift, obwohl er sich geschworen hat, nie mehr zu trinken. Er vergisst oder ignoriert immer wieder die negativen Erfahrungen auf Grund der abstumpfenden (= tamasischen) Wirkungen des Alkohols auf seinen Geist.

Die Intelligenz ist ein kontinuierlicher Fluss von Bewusstsein durch unseren Körper. Sie teilt uns mit, was wir tun sollen und was nicht. Auch wenn eine Handlung falsch ist, machen wir oft weiter und führen sie zu Ende aus. Durch diesen Akt beleidigen wir die uns innewohnende Körperintelligenz. Der Medizinphilosoph Charaka nennt dies auch„intellektuelle Blasphemie“. Das ist der Moment, indem eine Krankheit geboren wird – ob es nun auf psychischer oder auf körperlicher Ebene passiert. Prajnyaparadha bezieht sich schlussendlich auf die Missetaten eines Menschen als Abweichung von der Norm(alität) der Intelligenz (Dhi), der Rechtschaffenheit (dhruti) und des Erinnerungsvermögens (smrti).

Schädlicher Kontakt der Sinnes- und Tatorgane mit ihren Sinnesobjekten (Asatmya indriya artha samyoga)

Exzessiver Kontakt (ativoga)

Unnatürlicher Kontakt(mithyayoga)

zu viel TV/PC-Arbeit/grelles Licht in die Sonne starren

Pornos/Gewaltszenen/Widerwärtiges sehen zu nah/weit in die Ferne schauen/Voyeurismus

Seh-/Schlafstörung/Blindheit/Müdigkeit

chron. Schlafstörung/psych./(Seh-)Störung

zu viel laute Musik(Kopfhörer/Disco) Handybenutzung/Bau-/Maschinenlärm

Opfer von Demütigung/Erniedrigung/Flüchen Beleidigung/Todesmeldung/phonetische Folter

Tinnitus/Hörsturz/Schwerhörigk./Hirntumor

Tinnitus/Taubheit/seelische Störungen

zu starker/scharfer Geruch/Rauch/Abgas

üble Gerüche/Kokain/Schnupftabak/Rauchen

Geruchsverlust/Allergien/Schnupfen

Geruchsverlust/Sucht/Zelluntergang

Überwürzung: zu scharf/salzig etc. Geschmacksverstärker etc.

Rauchen/harte Getränke/zu starke Reize Überessen/Fressorgien/emotionales Essen

Abstumpfung von Geist/Sinnesorganen

Stoffwechselstörungen/Süchte/Intoxikation

Sonnenbrand, Schönheitsoperation Piercing/Tatoos, OP-Narben

S&M-Praktiken/Prügel/Schläge/"Ritzen"/Piercing Folter/Masochismus/Botoxen

Pigmentstörungen/MeridianblockadeEntstellung/Ödeme/Hautkrankheiten

posttraumatisches Belastungssyndrom psychische/(Schlaf-)Störungen/Depression

Überarbeitung/Stress/Nervosität

Gewalt/Stehlen/Töten/Quälen/Nötigen o.Ä.

Ticks/Waschzwang/Nägelbeißen/Karpaltsyndr.

psych. Störungen/Selbstschädigung/Karma Ü

zu viel joggen/Gewaltmärsche/Marathonläufe stehende, knieende Tätigkeit

Barfuß im Winter/jmd. mit Füßen treten/zu enge Schuhe/etwas mutwillig zertrampeln

Schwellungen/Ödeme/Schmerzen

Halux/Nekrosen/Karma Ü

Durchfall/bakterielle Enteritis

Analsex/Fistfuck u.dgl.

Colitis/Schädigung der Darmschleimhaut

Karma Ü/psychische Störungen(auch ursächlich)

zu viel Sex/Onanie/Promiskuität sexuelle Überstimulation

Sex mit Schwangeren/während der Mensis Vergewaltigung/Päderasmus/Sodomie/S&M

Verlust von Prana/Ojas/Immunkraft

Geschlechts-/Immunkrankheiten/Abstumpfung

zu viel reden(zur falschen Zeit)/ Logorrhö/Schwatzen/Klagen/Kritik

Üble Nachrede/Lügen/Heuchelei/Verspotten Streit/Fluchen/Beleidigen/Beschimpfen

innere Unruhe/Schlaf-/Vata-Störungen

Negative Energiemuster/Zwänge/Manie/Karma⇧

zu viel Schlaf/zu spät aufstehen

Tagschlaf/Schichtarbeit(nachts)

Gewichtszunahme/Depression/Lethargie

Immunschwäche/Gewichtszunahme

Überessen/zu schwer/spät essen

emotionales Essen/Schlemmerei/TV & Essen

Übergewicht/Malabsorption/Diabetes

Völlerei/Bulimie/Magersucht

siehe unter "Sexualorgane"

siehe unter "Sexualorgane"

geistige Überstimulation/Denkarbeit in der Dauerstress/Bereitschaftsdienste/Workoholic

PC-Spiele/Fanatismus/Rachsucht/Betrug schwarze Magie/Machtmissbrauch

Burnout/Rajas➚/Schlafstörung/Immunschw.

Trauer/Verwirrung/Furcht/Neid/Habgier/Karma Ü

Workoholic/zu harter Sport/Bau-/Landarbeit keine Ruhepausen & Urlaub/Nachtdienste

Exzessive Befriedigg./Unterdrückung natürlicher Triebe: Essen/Sex/Schlaf/zu langes Fasten/S&M

Immunschwäche/Burnout/Panikattacken

Stoffwechselentgleisung/psychische Störungen

zu strenge Winter/zu heiße Sommer

winterliche Temperaturen im Sommer

Vata-/Pitta-Störungen

Immunschwäche/psycho-vegetat. Störungen

Nachtarbeit/Überarbeiten/Stress

Schichtarbeit/Wechselschichtpläne/Jetlag

Erklärung

Ursachen von Krankheiten können vierfach unterteilt werden in:

• exzessiver/übermäßiger (atiyoga)

• zu geringer (hinayoga)

• falscher/pervertierter (mithyayoga) sowie

• angemessener Einsatz/Gebrauch von Sinnesobjekten (samyakyoga)

Die ersten drei Ursachen werden als unheilvolle oder ungesunde Verbindung der Sinne mit den Sinnesobjekten bezeichnet, während der richtige, angemessene Gebrauch heilvoll oder gesund genannt wird. Als samyakyoga bezeichnet man den maßvollen, korrekten Gebrauch/Einsatz von Sinnesobjekten, Zeit und Aktion, welcher zu Gesundheit führt. „Aktion“ bezieht sich auf die Anwendung von Körper, Geist und Sprache. Zu viel Aktion ist exzessiver Gebrauch und zu wenig Aktion ist negativer Gebrauch. Die Körperdränge zurückzuhalten, zu stürzen, abnormale Körperhaltungen einzunehmen, die Atmung zu behindern, sich zu foltern, geißeln, quälen (…) ist pervertierter Gebrauch des Geistes. (…) Man nennt diese Aktionen mit ihren Unterteilungen prajnaparadha (= intellektueller Fehler), da die Intelligenz diejenige Instanz ist, durch welche die Aktionen von Körper, Geist und Sprache gelenkt werden.“22

Abb.8 Sanskrittext aus der Astanga Hridaya

Aus ayurvedischer Sicht sind auch Krankheitserreger und der Kontakt mit ihnen nicht die wahre Ursache für die Entstehung von Krankheiten. Es ist vielmehr die menschliche Schwäche, Sinne und Geist nicht im Zaum halten zu können bzw. nicht korrekt zu benutzen. So ist es eher der mental verursachten Zügel- und Maßlosigkeit vieler Menschen geschuldet, dass sie in ihrem Körper durch ihre geistigen Verfehlungen den Nährboden für zahllose Parasiten und Viren bereiten, damit sich Infektionskrankheiten einnisten können.

Kommentar

Diese Ursachen führen über kurz oder lang zu einem Anstieg der Doshas und initiieren damit pathologische Prozesse (Doshavriddhi) unterschiedlichster Ausprägung.

„Weder Körper noch Gemüt darf Herr über uns sein. Wir dürfen nicht vergessen, daß der Körper uns gehört, und nicht wir dem Körper.“

Swami Vivekananda

2.0. Mentale Voraussetzungen für die Entstehung von Krankheiten

Im Sankhya – der altindischen Philosophielehre – werden die verschiedenen geistigen Funktionen genau beschrieben. Hier eine kurze Einführung, um die geistigen Ursachen von Krankheiten besser zu verstehen. Sie sind auch heute noch das Grundübel vieler vermeidbarer Leiden und Hauptgrund für das Entstehen des vorliegenden Buches.

2.1. Die vier geistigen Ebenen und ihre Funktionen

Abb.9 Die subtilen Kommunikationskanäle des Gehirns (Manovahasrotas)

2.1.1. Die Ebene der Erinnerung oder die „karmische Lagerstelle“ (Citta)

Diese umfasst das gesamte Bewusstsein und Unterbewusstsein. Dazu gehören Gewohnheiten, Neigungen und zwanghafte Verhaltensmuster (Samskara). Es sind tief verwurzelte Erinnerungen und Prägungen – Relikte karmischer Handlungen aus früheren Inkarnationen. Wir können diese alten Speicherungen im Bewusstsein nur „löschen“, indem wir uns selbst bewusst verändern – so zusagen täglich über uns selbst hinaus wachsen. Ein Weg dahin ist das Kultivieren positiver, gesundheitsfördernder, Glück verheißender Rituale.

2.1.2. Die Ebene des Ich-Bewusstseins(Ahamkara)

Ahamkara bedeutet wörtlich der „Ich-Former“ oder das „Ego“. Diese Instanz in uns ist eine biologische Notwendigkeit. Ahamkara schützt uns durch unsere Überlebenstriebe und unser Immunsystem und ist damit aus ayurvedischer Sicht nicht grundsätzlich negativ. Ein Individuum ist gekennzeichnet durch ein unverwechselbares, einmaliges Ich-Bewusstsein. Es kann sich selbst als Einzelwesen wahrnehmen und mit seinem Körper identifizieren. Es hat eine unteilbare Identität (Individualität), die es von anderen abgrenzt und unterscheidet. Auf dem Boden von Ahamkara können sowohl körperliche wie psychische Krankheiten heranwachsen. Da unser Ich-Bewusstsein eine begrenzte, einseitige Wahrnehmung hat, schätzt es möglicherweise Dinge falsch ein oder nimmt sich selbst als alleiniger Maßstab.

2.1.3. Die Ebene des Geistes oder Denkorgans(Manas)

Der Geist (Manas) ist immateriell. Er reflektiert geistige Stärke, Sensitivität, Intellekt und die emotionale Verfassung eines Menschen. Die Sanskritwurzel „man“ bedeutet „formen“. Es ist das formende Prinzip. Nehmen wir beispielsweise das Empire State Building. Auch das damals höchste Gebäude der Welt entstand Ende der 20er Jahre zunächst in den Köpfen seiner Architekten und zwar zunächst mittels ihres formenden Geistes. In einem 2. Schritt wurde das „Gedankengebäude“ auf einen Bauplan bzw. ein maßstabsgetreues Modell übertragen. Erst in einem 3. Schritt wurde aus diesem abstrakten Konstrukt ein sinnlich erfahrbares, dreidimensionales Gebäude.

„'Manas wird definiert als Organ, das dadurch, dass es den Kontakt von Atman (Seele, Anm.d.V.), Sinnesorganen und Sinnesobjekten herstellt oder nicht, für die Bildung von Wissen oder deren Fehlen verantwortlich ist. Anutva (Winzigkeit) und Ekatva (Eins-Sein) sind als zwei Gunas (Eigenschaften, Anm.d.V.) von Manas bekannt.'23

Manas agiert wie ein ewiger Sinn für die Wahrnehmung des Atman. Es ist damit das Organ, durch das die Seele Objekte gewahr wird und das Wissen vermittelt. Daneben wirkt Manas als Vermittler zwischen Sinnes- und den Tatorganen.

'Die Funktionen von Manas