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Mysteriöse Vorkommnisse erschüttern die heimische Zivilisation. Es scheint, als wären Zauberkräfte und Magie im Spiel. Mehrere Attentatsversuche auf Sigurd, die er nur aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten überlebt, überzeugen ihn, dass er sich mit der neuen MBF-Organisation zusammentun muss, um die Rätsel zu lösen. Seine oberste Priorität liegt jedoch in der Suche nach dem organischen Schiff PAURUSHEYA, das auf mysteriöse Art und Weise ebenfalls vor 250 Jahren verschwand. In einer vergessenen und undurchdringlichen Gegend der Welt, inmitten des dichten honduranischen Regenwalds in der Region La Mosquitia, stoßen Alethea und Sigurd auf die sagenumwobene Stadt. Durch den „Ring der Srem“ werden er und Alethea, dass ehemals stoffliche Hologramm und Avatar des Raumschiffs Paurusheya, in die energetische Halbwelt der Zetschn’cha befördert. Dort ist die Hemisphäre, das Refugium des Magiers Sol’altoo, dem alleinherrschenden Tyrannen.
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Seitenzahl: 356
Veröffentlichungsjahr: 2023
EXO-TERRESTRIAL-FORCES
Vermächtnis der OUTER-SPACE-Naniten
Band 2
Bannfluch der Unsterblichkeit
© 2023 Jens F. Simon
Illustration: S. Verlag JG
Verlag: S. Verlag JG, 35767 Breitscheid,
Alle Rechte vorbehalten
STAR-DUST Sammelband Bände 5 - 8
ISBN: 978-3-96674-633-5
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig und wird sowohl strafrechtlich als auch zivilrechtlich verfolgt. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Inhalt:
Die Rasse der Xxiin
PAURUSHEYAs Alleingang
Angriff der Mernchen
Im System Epsilon Eridani
Das Geheimnis von Stonehenge
Das Geheimnis der Mernchen
Die lebende Materie
Rückflug zur Erde
Gefangen
Die neue Heimat
Die Suche nach Sir Arthur
Der Paraschildgenerator
Angriff der Mernchen
PAURUSHEYAs Übernahme
Herr der Unsterblichkeit
Der Zeitungsartikel
Die Entdeckung
Jenseits der Zeit
Anno 2268
Geschichte
Zauberei und Magie
Der Überfall
Zuflucht Venus
Das Versteck
Der Mellraner Calgulla
Neue Konflikte
Das magische Raum -Zeit Konstrukt
«Mit überirdischen Fähigkeiten »
Der Rat von Mellrack
Die neue PAURUSHEYA
Die Suche beginnt
Die 5. Rasse
Die wahre Welt beginnt dort, wo sie aufzuhören scheint. Schaue dich wachsam um und sei bereit, hinter die Kulissen des Objektiven zu blicken, und wenn du Glück hast und gut vorbereitet bist, wirst du die wirkliche Welt anschauen. Dann beginnt das neue Leben für dich.
Sei dir nie zu sicher im Leben. Deine Gefühle wer-den bestimmt durch Äußerlichkeiten, die du selbst nur zum Teil beeinflussen kannst und das Delta dabei ist dein Schicksal. Etwas Demut in deinem gesamten Handeln gibt die Gewähr, den richtigen Pfad in deinem Leben zu beschreiten, unabhängig von Erfolg und Misserfolg.
Das Innere des Korbhauses war eher düster, und da ich zuvor noch in die sehr große und extrem helle Sonnenscheibe geschaut hatte, woben immer noch weiße Punkte und ein heller Kreis über meine Iris.
Ich blieb sofort nach dem Eintreten stehen und rieb mir die Augen. Langsam gewöhnten sie sich an die neuen Lichtverhältnisse und offenbarten mir das wahre Aussehen der Xxiin.
Natürlich hatte ich bereits mit etwas Ähnlichem gerechnet, seitdem ich Kontakt mit den Naniten aufgenommen hatte.
Direkt vor meinen Augen schwebte eine dichte Staubwolke, die rötlich leuchtete, so war jedenfalls mein erster Eindruck. Natürlich konnte ich mir denken, dass es sich um keine Staubteilchen handelte, die sich dort zusammengefunden hatten.
Unwillkürlich veränderte sich mein Blickfeld, als ich mich auf die Wolke konzentrierte.
Sie hing etwa einen Meter über dem Boden und rotierte leicht. Zunächst gewahrte ich nur ein Gewimmel von kleinen Körpern.
Je stärker ich mich konzentrierte, umso mehr Einzelheiten konnte ich erkennen. In den verschiedenartigsten rötlichen Farbnuancen sah ich sie, organische Naniten.
„Wir sind der Lenker der großen Rauminsel“, vernahm ich jetzt einen fremden Gedanken in meinem Kopf.
Die Bewegungsabläufe der Einzelwesen, die ich sah, verlangsamten sich spontan. Kam etwa der Gedanke von ihnen? Sah ich die Xxiin etwa in ihrer wahren Gestalt?
„Du bist auf dem richtigen Weg. Wir sind die Xxiin und wir sind der Lenker Xaa! Du befindest dich auf der Rauminsel XAAL auf dem Weg durch das große Nichts zu unserer Heimstätte.“
„Vorsicht, die Xxiin lesen deine Gedanken!“
Der fremde und doch eigene absolute Gedanke meines Unterbewusstseins stand gestochen scharf in meinem Kopf.
Die Wolke der Naniten, die sich vor mir in der Luft bewegte, hatte sich zusammengezogen und rotierte weniger schnell, als zuvor.
„Wenn eine telepathische Verbindung möglich ist, dann wirkt der Paraschildgenerator nicht mehr. Du kannst dementsprechend auch deine Kräfte wieder anwenden!“
Ich erschrak nur kurz, dann hatte ich mich wieder gefangen.
„Mensch, der du dich Sigurd Westall nennst, sei dir gewiss, dass du ein Gast auf meinem Schiff bist und kein Gefangener.“
Die Worte des Xxiin, der sich mir mit Xaa vorgestellt hatte, klangen noch in meinem Gedanken nach, da hatte ich bereits vorsichtig mit der Kraft der Telekinese einen der beiden Stahlköpfe, die an den Seiten des Eingangs standen, um einige Zentimeter vom Boden angehoben.
Es sollte lediglich ein Test sein und nachdem, was mir soeben mitgeteilt worden war, schien momentan auch keine wirkliche Gefahr für mich zu bestehen.
„Natürlich unterliegst du als unser Gast keinerlei Einschränkungen!“
Xaa hatte also bemerkt, dass ich telekinetisch aktiv geworden war. Erschrocken ließ ich den Robotkörper, der den Xxiin als Exoskelett diente, wieder los und es gab einen dumpfen Ton, als dieser mit beiden Füßen wieder den Boden berührte.
Nach dieser merkwürdigen Äußerung, dass ich ein Gast wäre, stellte sich mir natürlich sofort die Frage, wieso ich gewaltsam gezwungen wurde, an Bord dieses Raumschiffs zu gehen.
„Ich spreche im Auftrag der Königin. Nachdem das TRISHARANA, wie du die Station auf dem zweiten Planeten deines Heimatsystems nennst, uns von dir berichtet hat, war die Entscheidung der Königin nur konsequent, dich zu ihr zu bringen. Natürlich konnten wir dir nicht einfach eine Einladung zukommen lassen, sondern es musste aussehen, wie eine Entführung. Die Augen unserer Feinde sind überall, auch hier an Bord meines Schiffes!“
Die telepathische Übermittlung brach abrupt ab. Ich hatte nur wenig von dem verstanden, was Xaa versucht hatte, mir mitzuteilen.
Es kam mir so vor, als würde er bereits mehr Wissen über die Gesamtsituation voraussetzen, als ich wirklich hatte.
Es dauerte nicht lange und ich vernahm wieder seine Gedankenbotschaft.
„Wir befinden uns auf dem Weg in unser Heimatsystem. Es ist dir bekannt unter der menschlichen Bezeichnung Epsilon Eridani und nur etwa 10,5 Lichtjahre von deiner Sonne entfernt. Königin Yiilyix wird dir viele deiner Fragen beantworten können. Sie wird dich umgehend informieren. Ich bitte dich nochmals um Nachsicht, dass wir dir Ungemach bereitet haben, aber die angespannte Situation ließ uns keine andere Wahl. Wir fliegen gerade in unser Heimatsystem ein. In etwas weniger als einer halben Stunde deiner Zeitrechnung werden wir Xelio erreicht haben. Bitte begleite mich!“
Die Wolke der Xxiin stieg etwas höher und bewegte sich dann geradewegs auf das Exoskelett zu, das ich vorhin telekinetisch angehoben hatte.
Am Stahlkopf öffneten sich die beiden Augenhöhlen, als die näherkommende Wolke sich halbierte und die organischen Naniten durch die beiden Öffnungen in den Kopf hineinschwebten.
Es sah aus, als würden zwei dünne Rauschfahnen von den Augen des Stahlkopfes regelrecht aufgesogen.
Im Nu waren sie in dem Kopf verschwunden und die Augenhöhlen wurden von einer rötlich glühenden Scheibe wieder verschlossen.
„Komm, folge mir“, vernahm ich die Aufforderung in meinem Geist.
Dieses Mal ging es nicht wieder durch das riesige Biotop mit der heißen Sonnenscheibe, sondern Xaas Weg führte in einen schmalen Korridor hinein.
Der Gang lag im Halbdunkel und meine Pupillen benötigten wieder ein paar Sekunden, bis sie sich den Lichtverhältnissen angepasst hatten.
Aber genau diese wenigen Sekunden hatte ich nicht mehr. Eine röhrende Energieflut schlug mir entgegen.
Mein Unterbewusstsein reagierte schneller, als ich es tun konnte, um auf meine Gürtelschnalle zu drücken und das Schutzfeld zu aktivieren.
Es wäre auch viel zu spät gewesen, denn die Strahlenflut hatte mich bereits erreicht, bevor ich noch einen Finger krümmen konnte. Das Exoskelett von Xaa leuchtete hell auf und begann sich im Bauchbereich zu verflüssigen.
Er befand sich an meiner rechten Seite, und als das telekinetische Abfangfeld mich schützte, bekam sein Robotkörper umso mehr ab.
Ich stand immer noch aufrecht mitten in dem schmalen Korridor, während Xaa zur Seite geschleudert wurde.
„Alles in Ordnung im Inneren?“
Meine telepathische Frage wurde zunächst nicht beantwortet. Längst lag nun der energetische Schutzschirm wieder um meinen Körper.
Das Dämmerlicht des Ganges wurde durch ein hektisch blinkendes blaues Licht durchflutet, das aus den Wänden zu kommen schien.
Ich stand jetzt vor Xaa, der erst etwas schräg an der Seitenwand lehnte und dann an ihr hinunterrutschte. Ich deckte ihn mit meinem Körper gegen einen erneuten Beschuss.
Aber es kam keiner mehr. Dafür wurde ein Schott in der Wand gegenüber sichtbar, dass ich vorher nicht wahrgenommen hatte.
Zwei Stahlköpfe kamen heraus, und während einer von ihnen sich neben Xaa auf die Knie fallen ließ, stürmte der andere mit einer länglichen Waffe in beiden Händen, an mir vorbei in den Korridor hinein, von wo aus der Angriff erfolgt war.
Ich beobachtete, wie der Stahlkopf neben mir sich mit einem Instrument an den Augenhöhlen des am Boden liegenden Exoskelett von Xaa zu schaffen machte.
Es dauerte nur Sekunden, dann öffneten sich die Zugänge und zwei Rauchfahnen verließen den Kopf und schwebten direkt in den zweiten Stahlkopf hinein, der immer noch das Instrument in Händen hielt.
Anscheinend war der Kopf dieses Roboters von den Xxiin noch unbelegt gewesen.
Die Entität, die sich Xaa nannte, reagierte sofort nachdem sich die Augenhöhlen wieder verschlossen hatten und ich vernahm seine telepathische Nachricht: „Mein Exoskelett hat leider bei dem hinterhältigen Überfall Schaden erlitten, der es mir unmöglich machte, mit dir in Kontakt zu treten. Wir sind auf die positronisch-neutonische Steuerung unserer Trägerroboter angewiesen, um mit organischen Wesen in telepathischen Kontakt zu treten.“
Er schwieg kurz und erhob sich.
„Verzeih diesen hinterhältigen Überfall. Wir konnten ihn nicht vorausahnen, obwohl wir tatsächlich davon ausgehen mussten, dass die abtrünnigen Mernchen jetzt ihr wahres Gesicht zeigen würden.“
Ich verstand wiederum zu wenig, um eine sinnvolle Frage zu stellen.
„Bitte habe noch ein wenig Geduld. Königin Yiilyix wird dir alles erklären. Bitte folge mir jetzt zu ihr. Die Rauminsel XAAL ist mittlerweile gelandet.“
Als wir das riesige Schiff verließen, hatte ich zunächst damit gerechnet, einem Raumhafen oder zumindest eine Basis für Raumschiffe zu betreten. Aber weit gefehlt. Es gab noch nicht einmal einen festen Untergrund.
Die Auflageteller der Landebeine standen tatsächlich auf einer grünen Wiese. Ich ging jedoch davon aus, dass nicht das gesamte Gewicht des Schiffes auf ihnen ruhte, sondern dass die Hauptmasse durch ein Antigrav Aggregat schwerelos gehalten wurde.
Überhaupt sollte solch ein Gerät Standard für Raumschiffe sein. Das hatte ich jedenfalls in meinen Büchern gelesen.
Ich schaute mich interessiert um. Die Landschaft, die ich überblicken konnte, hatte eine sehr große Ähnlichkeit mit dem Biotop an Bord der XAAL. Selbst die Wohnkörbe gab es.
Jedoch sahen sie um das Vielfache größer und massiver aus, als ich sie aus dem Raumschiff in Erinnerung hatte.
In etwa 1000 Metern Entfernung konnte ich einen besonders großen und überaus prächtigen Korbbau erkennen. Er schien in seiner ganzen Ausdehnung noch größer zu sein, als das Schiff hinter mir.
„Der Palast unserer Königin“, stand bereits die telepathisch gegebene Mitteilung in meinem Geist. Ich musste mich wohl oder übel daran gewöhnen, dass jeder Xxiin so einfach meine Gedanken lesen konnte.
Der Palast glänzte in der untergehenden Sonne goldgelb bis hin zu orange und ockergelb.
Die Xxiin waren organische Naniten und ab einer Anzahl von 10.000 Einzelwesen entwickelten sie einen geistigen Intellekt, sie wurden intelligent.
Als ich nun den Raum betrat, dachte ich zuerst, Xaa hätte sich vertan. Ich hatte einen sehr großen, weiträumigen und hellen Thronsaal erwartet, wo mich die Königin Yiilyix begrüßen würde.
Dagegen war jetzt dieser kleine, düstere Raum eine richtige Enttäuschung.
Ich wollte mich zu Xaa umdrehen, doch dieser war bereits, wie vom Erdboden verschluckt. Ich stand wie verloren inmitten des sonst leeren Raums und wartete. Meine innere Spannung stieg.
Ich versuchte, in der alles umgebende Düsternis, etwas Konkretes zu erkennen. Kam es mir nur so vor oder begann die Luft um mich herum irgendwie dichter zu werden.
Im ganzen Raum stiegen dunkle Nebelschwaden vom Boden auf. Dann bemerkte ich, dass der Nebel sich langsam an einem Ort, der sich etwa zwei Meter vor mir befand, zusammenzog.
Es war gespenstig, als sich aus dem grau-weißen Gespinst eine menschliche Gestalt formte. Immer mehr Details wurden erkennbar.
Dann, explosionsartig, beschleunigte sich der Prozess und eine junge Frau stand vor mir und lächelte mir entgegen. Erschrocken wich ich einen Schritt zurück.
Vor mir stand ein Abbild von Alethea.
„Das finde ich überhaupt nicht witzig!“ Meine Gedanken mussten wohl mehr als wütend gewesen sein, denn sofort änderten sich die Gesichtsform und die Haare.
„Es war von uns keine Absicht, dich zu verletzen. Wir dachten, es gefiele dir besonders, einem Lebewesen gegenüberzustehen, das du besonders schätzt. Wir dachten, es würde die Kontaktaufnahme und unsere Beziehung auf ein freundschaftliches Niveau heben!“
Die Gedankenbotschaft erschien in meinem Geist und synchron dazu bewegte die Frau vor mir ihre Lippen.
Vor mir stand jetzt ein fremdes Wesen in der Gestalt einer menschlichen Frau, die sehr hübsch war aber keine Ähnlichkeit mehr mit Alethea hatte.
„Wir sind Königin Yiilyix. Wir sind die Quintessenz der Xxiin. Wir bestehen aus etwa einer Million Einzelwesen. Sei willkommen Mensch, der du dich Sigurd Westall nennst.“
„Was wollt ihr von mir? Weshalb habt Ihr mich entführt und überhaupt, woher wusstet Ihr von der Existenz des TRISHARANAs? Wieso hat es euch geholfen und was habt Ihr überhaupt zusammen mit den Mernchen in unserem Sonnensystem verloren?“
Einmal angefangen kamen mir immer mehr Fragen über die Lippen. Hier und jetzt war die Möglichkeit, alle Antworten zu bekommen.
„Setz dich nieder, Mensch, der du Paurusa genannt wirst, Hüter der unbegreiflichen Kraft.“
Auch darüber wusste sie Bescheid. Langsam wurde es mir wirklich unheimlich, obwohl die ganze Situation bereits mehr als unwirklich war. Ich musste schon wieder an meine Bücher denken.
Dabei blickte ich der Königin direkt in die Augen und bemerkte einen etwas verträumten Blick. Sollten die Xxiin schon wieder in meinen Gedanken schnüffeln. Ich hatte den Gedanken noch nicht ganz zu Ende gedacht, da hatte sich ihr Blick wieder geklärt.
Wir saßen uns auf dem kahlen Boden gegenüber, als sie weitersprach: „Um einige deiner Fragen vorwegzunehmen, wir sind in euer Sonnensystem gekommen, weil wir ständig auf der Suche nach sogenannten „Seltenen Erden“ sind, die wir oder besser gesagt, unsere Verbündete, die Mernchen, benötigen, um komplexe positronische Baugruppen zu erstellen. Die Mernchen sind nicht in der Lage, diese Rohstoffe selbst zu synthetisieren.
Seit wenigen Zeitperioden hat sich etwas ereignet, das wir uns nicht erklären können. Die Mernchen werden uns gegenüber immer aggressiver. Unsere Beziehung war niemals wirklich harmonisch, sondern vielmehr eine Art Symbiose, eine Zweckgemeinschaft, bei der jede Partei in gewisser Weise von der anderen profitiert. Wir wissen, dass die Mernchen uns Xxiin wegen der fehlenden Intelligenz des Einzelwesens im Grunde verachten. Nichtsdestotrotz sind wir im Verbund viel intelligenter als sie und konnten ihre Technologie weiterentwickeln. Im Gegenzug erhielten wir die Technik, die wir selbst aufgrund der fehlenden Infrastruktur nicht bauen konnten, von ihnen geliefert.“
Einerseits hörte ich den Ausführungen der Königin zu, auf der anderen Seite versuchte ich nachzudenken, wie ich dem ständigen Schnüffeln in meinen Gedanken entgegenwirken konnte.
Es war für mich mehr als unangenehm, meinen ureigensten Gedanken einer absolut fremden Intelligenz zu offenbaren.
„Eine Option wären die Naniten, die du immer noch in deiner Tasche mit dir herumträgst. Versuche sie als Schutzschild einzusetzen!“
Der absolute Gedanke meines Unterbewusstseins ließ mich aufhorchen. Was meinte er damit und überhaupt wie sollte das geschehen?
„Die Mernchen versuchen mehr und mehr uns für ihre Zwecke einzusetzen, ohne weiter auch eine adäquate Gegenleistung zu liefern.“
Die Gedankenübertragung der Königin vermischte sich mit meinen eigenen Überlegungen und mein Geist wurde zusätzlich noch mit den Bemerkungen meines Unterbewusstseins belastet.
„Die Nanobots könnten in der Lage sein, das neuronale Korrelat deines Bewusstseins gegen äußere Einflüsse abzuschirmen. Du kannst die Nanobots steuern. Mit ihrer Hilfe könnte es möglich sein, die Neuronen Netze in deinem Gehirn, die eine telepathische Gedankenübermittlung beziehungsweise einen Gedankenempfang zulassen, so zu kontrollieren, dass dies ohne deine willentliche Zustimmung nicht mehr möglich ist!“
Jetzt war ich zunächst baff. Woher wusste ich oder besser gesagt mein Unterbewusstsein von diesen Dingen?
„An diesem Punkt angekommen, mussten wir handeln. Zufällig hielten wir uns in deinem Heimatsystem auf und ebenfalls zufällig erhielten wir Kenntnis von einer sehr alten Raumstation.“
Die Gedankenbotschaft der Königin Yiilyix trommelte weiter auf mich ein, vermischte sich mit den Gedankengängen des Unterbewusstseins und meinen eigenen Überlegungen.
Ich fürchtete bereits vollständig durchzudrehen oder zumindest verrückt zu werden.
In der einsetzenden Panik tat ich das, was mir von meinem Unterbewusstsein vorgeschlagen worden war.
Ich aktivierte die Nanobots in meiner Hosentasche. Was dann genau geschah, konnte ich nicht direkt wahrnehmen, sondern mir eigentlich nur denken.
„Hier kam es zum ersten Kontakt mit dir, Sigurd Westall. Leider wurden wir durch die Mernchen an einer friedlichen Kontaktaufnahme gehindert und musste vorzeitig das Sonnensystem verlassen. Unsere Schiffsensoren nahmen zuvor aber noch einen Raum-Zeit Aufriss wahr, der eine Energiesignatur hinterließ, die uns aus alten Aufzeichnungen bekannt war.“
Die letzten Worte waren irgendwie leiser geworden. Die fremden Gedanken in meinem Kopf verblassten und eine unnatürliche Ruhe setzte ein.
Im Hintergrund meines Geistes verspürte ich einen leichten Druck, der sich nicht mehr veränderte.
„Das Broca-Areal, das Sprechzentrum wird durch die Aktion der Nanobots gereizt. Ein in Kauf zu nehmender Nebeneffekt dafür, dass du nun selbst bestimmen kannst, ob und wann du es zulassen willst, dass man deine Gedanken lesen kann.“
„… die Mernchen sind eine aggressive und machtbesessene Rasse. Um einen Angriffspunkt zu finden, ihnen zu begegnen, nahmen wir jede erdenkliche Möglichkeit wahr.“
Die Königin stellte abrupt die Gedankenübertragung ein.
„Was ist geschehen, ich spüre deine Anwesenheit nicht mehr?“
Das war eine gute Frage. Ich selbst hoffte, dass meine spontane Entscheidung die Naniten in meinen Kopf zu lassen, sich nicht als Damoklesschwert herausstellte. Wie es aussah, taten sie aber genau das, wozu ich sie angewiesen hatte.
„Eine zusätzliche Hilfestellung meinerseits war schon von Nöten! Oder glaubst du, diese kleinen Dinger hätten sofort gewusst, was Neuronen Netze sind und wo sie sich befinden!“
Hatte mich eben mein Unterbewusstsein etwa direkt angesprochen.
Meine Nackenhaare stellten sich auf und es lief mir kalt den Rücken herunter. Gab es etwa einen zweiten Intellekt in meinem Kopf?
Ich wurde abgelenkt. Die Königin versank vor meinen Augen im Boden. Mit großen Augen blickte ich auf die Stelle, wo sie eben noch gesessen hatte.
Hoffentlich hatte ich sie nicht beleidigt. Schließlich hatte ich ihre Rede abgeblockt.
Ich überlegte noch, wie ich mich weiter verhalten sollte, als ich ein lautes Tosen von außerhalb des Raumes vernahm.
Der Raum verfügte über keine Fenster. Ich schaute nachdenklich an eine Stelle an der Wand, die direkt mir gegenüber lag und fixierte dabei einen bestimmten Punkt, als mein Blickfeld anfing, sich zu verengen. Das kannte ich bereits.
Aber das, was ich nunmehr zu sehen in der Lage war, erstaunte mich nicht nur, sondern machte mich regelrecht sprachlos.
Die Wand des Wohnkorbes bestand aus Millionen von Naniten. Bis auf wenige bewegten sie sich nicht, sondern hielten die einmal eingenommene Position bei.
An ihren dunkelrot leuchtenden Knopfaugen erkannte ich jedoch, dass sie jederzeit aktiv werden konnten.
Ich ließ mein Blick an der Wand entlang zur Decke hinauf gleiten. Überall das Gleiche, Naniten über Naniten. Selbst der Boden, durch den die Königin versunken war, bestand aus ihnen.
Als ich wieder auf dieselbe Stelle wie am Anfang blickte, überkam mich ein gewisser Schalk.
Ohne zu überlegen wandte ich meine telekinetische Kraft an und schickte zielgerichtet genau auf die Stelle der Wand, auf der immer noch mein Blick ruhte und die ich jetzt telekinetisch berührte, den Befehl: „Öffnen!“
Ich stellte mir dabei gleichzeitig eine runde Öffnung von etwa einem Meter vor.
Da der Raum ansonsten über kein Fenster verfügte, konnte es zumindest nicht schaden, dass etwas Sonnenlicht hereinfiel.
Ich hatte den Befehl noch nicht ganz zu Ende gedacht, da begannen die Naniten bereits aktiv zu werden. Es schien, als wären sie eben erst richtig zum Leben erwacht.
Sie flitzten und grabbelten, sie flogen und hüpften über- und untereinander quer durch und über die Wandfläche.
Erschrocken über die Auswirkungen meiner dreisten Aktion zog ich mich aus dem Makroblick zurück. Sofort verschwanden die verschwommenen Ränder meines Blickfeldes und ich schaute verdutzt auf das schnell größer werdende Loch, das wie von Zauberhand vor mir in der Wand entstand.
Ich konnte ungeniert hinausblicken. Unter den langsam verblassenden Strahlen einer jetzt untergehenden Sonne lag ein Feld von Blumen in einem Meer von Gras.
Etwas weiter im Hintergrund sah ich den Auflageteller eines Landebeins des Raumschiffs XAAL.
Das silberfarbene Material wurde von den letzten Strahlen der Sonne getroffen und schickte helle Blitze zu mir herein.
Ich kniff erschrocken die Augen zusammen und schaute zurück in den Raum.
Vor mir stand Königin Yiilyix und wirkte etwas irritiert, wenn ich ihren Gesichtsausdruck richtig deutete.
Natürlich handelte es sich um eine künstlich geformte Gestalt, aber ich konnte mir schon vorstellen, dass die Xxiin auch die Mimik eines Menschen bei ihrer Kopie richtig übernommen hatten. Schließlich galt es, von ihrer Seite aus mit einer völlig fremden Spezies zu kommunizieren.
Mimik und Gestik waren hier ein ebenso wichtiges Mittel der Kommunikation wie die natürlichen Zeichen und die Wortsprache.
Ich ließ es zu, dass mich die Gedanken der Königin erreichten, dass sie aber umgekehrt meine eigenen nicht direkt empfangen konnte, sondern nur, wenn ich sie direkt ansprach.
„Ich habe gerade die Information erhalten, dass die Mernchen das Bündnis mit uns aufgekündigt haben. Dies geschah in einer etwas extremen Art und Weise.“
Königin Yiilyix schaute immer noch durch das entstandene Loch hinaus ins Freie. Die XAAL hatte ihre Schutzschirme hochgefahren.
Ich konnte es an dem leicht milchigen Schein erkennen, der sich jetzt um den Schiffsrumpf gelegt hatte.
„Wir verstehen immer weniger, warum man das Volk der Xxiin dermaßen feindlich behandelt. Die fünf an Bord der XAAL befindlichen Mernchen haben ohne Vorwarnung mit ihren Handwaffen auf Lenker Xaa und zwei andere Xxiin geschossen. Wir mussten Sie unter Arrest stellen!“
Die Königin machte einen sichtbar hilflosen Eindruck.
„Mensch Sigurd Westall, das Volk der Xxiin bittet dich nochmals um deine Hilfe.“
Mit einer einfachen Kopfbewegung in Richtung des entstandenen Lochs in der Korbwand ergänzte sie: „Wir wissen von deiner besonderen Begabung und deinem Weg zur Vollendung, zu Paurusa. Wir wären Stolz dir zu folgen!“
Ich verstand wiederum nur die Hälfte von dem, was sie sagte, und diesmal schwieg auch mein Unterbewusstsein.
„Die XAAL hat sich in ein Schutzfeld gehüllt. Wieso?“
„Unser Systemaußenposten hat soeben gemeldet, dass eine große Flotte von Raumschiffen in unser Sonnensystem eingedrungen ist. Sie hat den äußeren Planeten Xccal bereits erreicht und hält weiter Kurs auf Xelio. Es handelt sich eindeutig um Mernchen Schiffe. Normalerweise kündigen sie sich an, wenn sie in unser System einfliegen. Trotz mehrfachen Versuchens Kontakt aufzunehmen, schweigen die Schiffe. Etwa zur gleichen Zeit, als wir sie bemerkten, fingen die Mernchen an Bord der Rauminsel XAAL an, die Besatzung anzugreifen.“
„Gibt es noch weitere Mernchen auf eurem Planeten?“
„Nein! Es gab noch eine Technikergruppe, die uns betreute. Diese ist aber bereits wenige Zeiteinheiten, bevor du eingetroffen bist, von einem Mernchen Schiff abgeholt worden.“
„Ich werde an Bord der XAAL gehen und der Flotte der Mernchen entgegenfliegen. Bitte informiere Lenker Xaa entsprechend, dass er den Schutzschild kurz deaktiviert.“
Ich hatte mich bereits umgedreht und wollte zum Ausgang gehen, als die Königin sagte: „Ish’all, wir vertrauen dir!“
Ich nickte ihr nochmals kurz zu, obwohl ich mir nicht sicher war, ob sie diese Gestik überhaupt verstanden hatte, und verließ den Wohnkorb. Erst jetzt auf dem Weg zum Mutterschiff der Xxiin wurde mir so richtig klar, was sie soeben gesagt hatte.
Sie hatte mich Ish’all genannt. Genauso nannten mich auch PAURUSHEYA und die Japetus Station. Ich erinnerte mich, dass die Bezeichnung eine Ehrerbietung bedeutete und mit ‚Herr‘ zu übersetzen war, was in alten Zeiten den Höhergestellten gegenüber dem Geringeren oder den Befehlenden gegenüber dem Knecht bezeichnete.
Ich überlegte noch, was mir die Königin damit sagen wollte, als ich bereits die untere Polschleuse der XAAL erreicht hatte. Sie stand offen und ich konnte davor das Exoskelett eines Xxiin erkennen, das mich erwartete.
Das Schiff war organisch gewachsen. Als Transportmedium konnte es von sich ein schiefes Sechseck Prisma erzeugen, mit einer Grundfläche von 50 Quadratmeter, dem sogenannten Prismaraum.
Dieser Transporter war ebenfalls von organischer Struktur und bewegt sich durch Parallelverschiebung der Raumzeit. Es erzeugt quasi eine eigene sogenannte Subraumblase, die in den normalen Einsteinraum hineinfloss.
Sir Arthur hatte sich entschlossen, PAURUSHEYA einen Besuch abzustatten.
Alethea, dass quasi stoffliche Hologramm des Schiffes hatte ihn in der Japetus Station abgeholt. Natürlich wusste Sir Arthur, dass es sich bei Alethea und PAURUSHEYA um quasi ein und denselben Intellekt handelte.
Er hoffte jedoch durch seine körperliche Anwesenheit und persönliche Präsenz im Schiff einen größeren Einfluss auf PAURUSHEYA nehmen zu können.
Das organische Raumschiff hatte nämlich angekündigt, das Sonnensystem zu verlassen und sich auf die Suche nach Sigurd zu machen. Für Sir Arthur war dieses Verlangen aus mehreren Gründen eine absolute Fehlentscheidung.
Zum Ersten wusste das Schiff nicht, wohin Sigurd entführt worden war.
Es stand nur fest, dass die Xxiin dahintersteckten. Zweitens würden sie damit des einzigen Raumschiffs beraubt, das es ihnen ermöglichte, mit der Erde in Kontakt zu bleiben. Schließlich mussten sie davon ausgehen, dass sich dort immer noch Außerirdische aufhielten.
Mittlerweile ging Sir Arthur auch davon aus, dass die Life-Int-Ltd. von ihnen infiltriert worden war.
Er hatte sich überlegt, dem zentralen Headquarter der Life-Int-Ltd. in Salisbury, England einen Besuch abzustatten und einen alten Bekannten zu treffen, der eventuell mehr über den Mernchen Rafael Dijkstra und seine Verstrickungen wusste.
Dazu bedurfte es natürlich der Hilfe von PAURUSHEYA. Aber gerade jetzt hatte sie bekundet, das Sonnensystem verlassen zu wollen.
Mit gemischten Gefühlen betrat Sir Arthur die Brücke und blickte sich kurz um. Am auffälligsten war der wandumspannende Panoramaschirm. Er unterteilte sich in drei Segmenten.
„Wir hätten uns auch in der Station unterhalten können!“
Alethea, das stoffliche Hologramm von PAURUSHEYA hatte hinter ihm den Prismaraum verlassen und stand jetzt neben ihm.
„Du weißt, ich habe es eilig. Ich werde noch heute das Sonnensystem verlassen. Sobald ich die notwendigen Koordinaten von der Venus Station TRISHARANA erhalten habe, werde ich mich auf die Suche nach Sigurd Westall machen!“
Das klang sehr energisch und endgültig.
„Du glaubst wirklich, die Venus Station könnte dir verraten, wohin die Fremden Sigurd entführt haben?“
Sir Arthur stand noch immer in der Mitte der Zentrale und stützte sich auf seinen Krückstock. Er drehte sich dabei einmal um sich selbst und tat, als würde er etwas mit Blicken suchen.
„Es waren keine Fremden, sondern die Xxiin, das steht eindeutig fest. Außerdem bin ich dabei, einen Altspeicher in mir, den ich gefunden habe, zu reaktivieren. Diese „Speichereinheit der Vergangenheit mit mystischer Präsenz“ widersetzt sich jedoch bisher meinen Bemühungen mit Erfolg. Ich werde jedoch nicht nachlassen, um an das Geheimnis des Speichers zu gelangen. Irgendetwas sagt mir, dass es einen Zusammenhang geben muss, zwischen dem TRISHARANA, MAITRI, mir und der Entführung von Sigurd!“
Sir Arthur hatte ruhig zugehört und ging langsam auf die einzige Sitzgelegenheit im Raum zu, den Pilotensessel.
„Entschuldige, aber meine alten Knochen machen das lange Stehen nicht mehr mit.“ Er lehnte seinen Krückstock an das Steuerpult und setzte sich in den Sessel.
Alethea beobachtete ihn schweigend. Sir Arthur begann nochmals seinen Standpunkt klar und logisch darzulegen.
„PAURUSHEYA, glaube mir, auch ich bange um Sigurds Leben und mache mir Gedanken. Aber es ist ebenso wichtig, dass wir den Machenschaften der außerirdischen Mernchen auf der Erde Halt gebieten. Ich weiß noch nicht einmal, wie weit ihre Tätigkeiten schon fortgeschritten sind. Schließlich befinden sie sich wohl schon fast zwei Jahre in unserem Sonnensystem, so wie ich MAITRI verstanden habe. Während solch einer Zeitspanne kann bereits viel geschehen sein.“
„Du willst also, dass ich weiterhin hier im System deines Heimatplaneten bleibe und dir helfe die Mernchen auf der Erde zu jagen!“
Alethea war ein Stück näher an den Pilotensessel herangetreten.
„Würdest du auch so handeln, wenn es sich nicht um deine Life-Int-Ltd. handeln würde, die infiltriert worden ist?“
Sir Arthur war zunächst etwas verblüfft ob dieser Frage. Bevor ihm eine Antwort eingefallen war, sprach Alethea bereits weiter.
„Ist dir das Leben eines deiner ehemaligen Mitarbeiter nicht mehr wert, als diese Organisation? Eine Organisation, die dich zuletzt verfolgt hat und du deshalb überhaupt erst hierher auf den Japetus Mond geflohen bist!“
„Also so geht das nicht! PAURUSHEYA du verdrehst hier Fakten. Nicht die Life-Int-Ltd. hat mich hinausgeschmissen, sondern es war Rafael Dijkstra, der Leiter der europäischen Life-Int-Ltd. und ein Mernchen. Ich habe meine jahrzehntelange Verbindung zu dieser Organisation aufgekündigt, gerade weil sie von Außerirdischen unterwandert wurde und natürlich auch wegen Sigurds Geheimnis welches wohl ‚PAURUSHEYA‘ heißt! Du bist es uns schuldig, dass wir zunächst auf der Erde für Ordnung sorgen. Danach sollte es dann kein Problem mehr sein, dass du dich auf die Suche nach Sigurd machst.“
„Ich bekomme gerade eine Meldung der Venus Station. Einen Moment bitte!“
Das stoffliche Hologramm Alethea, das menschliche Auftreten des organischen Schiffes, löste sich in Luft auf, bevor Sir Arthur etwas erwidern konnte.
„Dieses Luder! Nutzt jede Gelegenheit, um mir aus dem Weg zu gehen. Sie hat schon sehr viel von den Menschen gelernt.“
Sir Arthur blickte nachdenklich auf den schwarzen Wandbildschirm.
Amanda Lerch hielt es in ihrer Unterkunft auf der Japetus Station nicht mehr aus. Mark hatte ihr mitgeteilt, dass Sir Arthur PAURUSHEYA einen Besuch abstatten wollte, um sie zu bewegen hier im Sonnensystem zu bleiben.
PAURUSHEYA wollte schnellstmöglich das Sonnensystem verlassen und nach Sigurd suchen.
Auch Amanda wollte dies, aber sie hatte leider nicht die Möglichkeiten dazu. Sie fand es selbst unerträglich, dass Sigurd verschwunden war und man nicht wusste, ob er überhaupt noch lebte.
Sigurd und sie hatten zusammen Ihre Ausbildung bei der Life-Int-Ltd. absolviert. Seit damals hatte sich so etwas wie eine tiefe Zuneigung zu ihm entwickelte.
Noch nicht einmal seine spätere Zuwendung zu dem organischen Raumschiff hatte daran etwas geändert.
Sie vermisste ihn und musste unbedingt etwas gegen diesen Gefühlsstress unternehmen. Die Information, dass PAURUSHEYA selbst sich auf die Suche nach Sigurd begeben wollte, kam ihr dabei nicht ungelegen. Sie hatte bereits begonnen, an einem Plan zu arbeiten, wie sie sich an Bord schmuggeln konnte.
Ihr war schon klar, dass Sir Arthur niemals zustimmen würde, ganz zu schweigen von PAURUSHEYA selbst.
Aber das kümmerte sie zunächst nur wenig. Einzig und allein die Frage, wie sie unbemerkt das Schiff betreten konnte, hielt ihr Denken nun schon seit Stunden in Aufruhr.
Am Ende musste sie sich eingestehen, dass sie ohne fremde Hilfe so nicht weiterkam. Sollte sie vielleicht Mark oder Selin um Hilfe bitten?
Aber was konnten die beiden schon viel ausrichten. Sir Arthur konnten sie womöglich täuschen aber nicht das Schiff. Dort gab es genug Hightech an Bord, um ihr Vorhaben bereits im Keim zu ersticken.
Blieb nur noch MAITRI übrig.
„MAITRI, hörst du mich? Bitte antworte mir, ich benötige deine Hilfe!“
Amanda hatte ihre Unterkunft verlassen und stand im Gang. Es war nicht einfach gewesen, die Japetus Station davon zu überzeugen, dass die Menschen Anspruch auf Privatsphäre erhoben und es gegen ihre Persönlichkeitsrechte verstieß, wenn man sie immer und überall beobachtete.
Sir Arthur hatte eine gewisse Überzeugungskraft benötigt, um MAITRI dazu zu bringen, dass sie die zugewiesenen Privaträume der neuen Besatzung nicht überwachte.
In den öffentlichen Räumen jedoch und dazu zählten auch die Korridore und Gänge, war sie jederzeit präsent.
„Ich höre dich, Spezialistin Amanda Lerch! Was willst du?“
Amanda musste kurz grinsen, als sie die Dienstbezeichnung vernahm, mit der sie die Station ansprach und die natürlich von Sir Arthur eingeführt worden war.
Sie hatte sich genau überlegt, was sie zu MAITRI sagen wollte.
„Sir Arthur weilt zurzeit auf der PAURUSHEYA. Du weißt, er will sie überreden, zunächst nicht nach Sigurd zu suchen und hier im Sonnensystem zu bleiben. Sollte er keinen Erfolg haben, und davon gehe ich aus, besteht die Möglichkeit, dass er vielleicht selbst mitfliegen wird!“
MAITRI reagierte genauso, wie Amanda es sich vorgestellt hatte.
„Sir Arthur ist hier unabkömmlich. Er darf das Sonnensystem nicht verlassen!“
„Genau! Das denke ich auch. Deshalb ist es notwendig, dass jemand anderes sich zur Verfügung stellt.“
Sie ließ die letzten Worte durch eine eingelegte Kunstpause etwas stärker wirken.
„Ich werde mit PAURUSHEYA fliegen!“
Jetzt war es heraus.
„Dazu benötige ich aber deine Hilfe. Sir Arthur wird mich nicht so ohne Weiteres gehen lassen. Ich müsste mich zunächst erst einmal unbemerkt an Bord schleichen, um danach klare Fakten schaffen zu können!“
Die Luft neben Amanda begann zu flimmern und das stoffliche Hologramm von MAITRI entstand direkt neben ihr.
„Was kann ich für dich tun?“
Diesmal klang die Frage neugierig bis zu überaus hilfsbereit.
„Ganz einfach, du hast Zugriff zu einer Technologie, die uns Menschen weit überlegen ist. Gibt es da nicht auch ein Gerät, das mich sozusagen unsichtbar machen kann? Ich meine unsichtbar hauptsächlich für die sensiblen Scanner von PAURUSHEYA.“
„Ja, es gibt eine Tarnvorrichtung. Ich kann sie dir übergeben. Es ist ein Handgerät, das du um deinen Arm legen kannst und es ist sehr einfach zu bedienen!“
Amanda hatte ihren Mund immer noch sprachlos offenstehen, als MAITRI bereits nach wenigen Sekunden wieder verstofflichte und ihr ein kleines Armband entgegenhielt.
Es bestand aus einer harten Legierung, die silbern glänzte. Das einzig Auffällige daran waren die beiden doch relativ großen Ringe, die dicht nebeneinander angebracht waren.
„Mit diesem hier kannst du die Scanner Impulse so manipulieren, dass sie deine Anwesenheit nicht bemerken. Der zweite Sensorring ermöglicht eine Ablenkung der Lichtwellen von deinem Körper. Das funktioniert aber nicht hundertprozentig. Lichtwellen, die deutlich eine gewisse Wellenlänge unterschreiten, können nicht vollständig abgelenkt werden, sodass ein weiches Flimmern in der Luft verbleibt.“
Amanda nahm MAITRI das Gerät aus der Hand und legte es sofort um ihr rechtes Handgelenk.
Es sah hübsch aus, man hätte das Armband auch als Schmuckstück tragen können.
Sie wurde sofort wieder aus ihren Gedanken gerissen, als MAITRI sagte: „Sir Arthur bleibt bei mir. Er wird das Sonnensystem nicht verlassen!“
Es klang sehr endgültig. Dann löste sich das stoffliche Hologramm auf. Amanda blickte nachdenklich auf das Armband.
Hatte sie MAITRI richtig verstanden? Einfach die beiden Ringe nach rechts drehen, das genügte, um sich zu tarnen?
Es blieb leider keine Zeit mehr, es zu testen. Mark und Selin befanden sich in einem narkoseähnlichen Zustand, sie lagen unter der Lehrmaschine, um sich Basisinformationen zu der hier gebräuchlichen Technologie anzueignen, und an Sir Arthur wagte sie sich nicht heran.
Als der Prismaraum erschien, um Sir Arthur abzuholen, schlich sich Amanda Lerch hinter ihm mit hinein und verbarg sich sofort, indem sie sich hinter dem freistehenden Küchenblock duckte.
Alethea, die ebenfalls kurz mit im Raum war, hatte sie jedenfalls nicht wahrgenommen.
Das Armband funktionierte. Sie atmete erleichtert auf.
„Ich bekomme gerade eine Meldung der Venus Station.“ Alethea war auf einmal verschwunden und Sir Arthur blieb allein in der Zentrale zurück.
Natürlich nicht ganz allein, aber das wusste er nicht. Amanda verbarg sich hinter einem Maschinenpult und verhielt sich mucksmäuschenstill. Es dauerte nicht lange, und das stoffliche Hologramm erschien wieder an der gleichen Stelle.
„Das TRISHARANA konnte mir tatsächlich die genauen Koordinaten des Systems mitteilen, wohin Sigurd nach seiner Verwandlung angeblich gebracht worden ist.“
Amanda horchte auf. Auch Sir Arthur schaute jetzt Alethea fragend an.
„Was bedeutet das?“
„Die Station hat wortwörtlich gesagt: Die Verwandlung hat begonnen und wurde vollzogen in Paurusa, der da sein wird tausendköpfig, tausendäugig, tausendfüßig.“
Sir Arthur wirkte jetzt noch hilfloser.
„Kannst du mir wenigstens verraten, wie weit das ominöse Planetensystem von hier aus entfernt ist?“
„Auf deinem Heimatplaneten ist es als das Epsilon Eridani System bekannt und ist, wie würdet ihr Menschen sagen, nur einen Katzensprung weit entfernt, gerade mal 10,5 Lichtjahre.“
Sir Arthur hatte sich aus dem Pilotensessel erhoben und griff nach seinem Krückstock.
„Ich benötige lediglich einen halben Tag deiner Zeitrechnung, um dorthin zu gelangen. Der Flug an sich ist noch viel kürzer, die wohl meiste Zeit wird für die Beschleunigung und die spätere Abbremsung benötigt und natürlich für die Orientierung. Die siehst, ich werde nicht in den Weiten des Weltalls verschwinden, sondern lediglich ein Nachbarsystem besuchen. Ich könnte theoretisch bereits nach einem Tag wieder zurück sein. Es besteht damit absolut keine Notwendigkeit, dass du mich begleitest.“
Dem gab es nichts mehr hinzuzufügen noch entgegenzusetzen.
PAURUSHEYA verließ das Erdsystem, sofort, nachdem sie selbst als Alethea Sir Arthur im Prismaraum auf die Japetus Station zurückgebracht hatte.
Die Hologramme der Schiffsteuerung fielen für eine Sekunde zusammen, ehe sie sich wiederaufbauten. Die Bordbeleuchtung ging aus und machte dem rötlichen Dämmerlicht der Notbeleuchtung Platz.
Die Abdeckung einer Konsole barst mit einem lauten Krachen. Feine Rauchwölkchen schwebten zur Decke und verbreiteten einen Gestank nach verbrannter Isolierung.
Die Rauminsel XAAL, das größte und einzigartigste Raumschiff der Xxiin erzitterte unter dem Beschuss der Angreifer.
Lenker Xaa stand mitten in der Schiffzentrale und rührte sich nicht. Natürlich sah es nur so aus, als würde er untätig bleiben.
In Wirklichkeit kommunizierten die Xxiin nicht nur mit dem Bordrechner, sondern waren ebenfalls telepathisch mit ihrer Königin verbunden. Sigurd stand etwas hilflos neben dem Exoskelett von Xaa und blickte mit zunehmender Unruhe auf den Zentralbildschirm.
Eine ganze Armada von Raumschiffen war eben erst aus Überlicht gefallen, da begannen sie bereits zu schießen.
Die Impulskanonen im Bug und an den Polkuppen der Schiffe spien das fast lichtschnelle Fusionsplasma in rasendem Stakkato aus. Außer der XAAL befanden sich noch fünf weitere Xxiin Schiffe über ihrem Heimatplaneten Xelio.
Die Schiffe, die noch nicht unter Beschuss lagen, wichen zur Seite aus und eröffneten nun ihrerseits das Feuer.
Auch die XAAL erbebte im Salventakt der Geschütze. Wo die lichtschnellen Strahlen der Nanosegment-Materievernichter auftrafen, loderten über die Schutzschirme Überschlagsblitze, die sich weiter verästelten und kurz darauf die gesamte Oberfläche der Schirme einnahmen.
Lautlos platzten die schützenden Blasen um die Schiffe, deren ungeschützte Hüllen nun zum Ziel für die Strahlen wurden.
„Es sind Mernchen, die uns ohne Vorwarnung einfach angreifen.“ Xaas telepathische Mitteilung entstand ohne Zeitverlust in Sigurds Geist.
Immer wieder erbebte die XAAL unter dem ständigen Beschuss, und er musste sich an einer Konsole festhalten. Das Schiffsgehirn zählte genau 41 Kampfschiffe der Mernchen, die sich jetzt auf den Planeten stürzten.
Die wenige Xxiin Schiffe hatten trotz überlegener Waffensysteme keine wirkliche Chance. Zu viele Hunde sind des Hasen Tod, dachte Sigurd gerade, als das Exoskelett von Xaa zu ihm herumruckte.
„Wir verstehen nicht, was du meinst! Unsere gesamte Streitmacht besteht aus 15 Raumschiffen, die XAAL mit einberechnet. Sie stammen allesamt von den Mernchen, da wir selbst nicht die dazu notwendigen Fertigungsanlagen besitzen. Die Beziehung zu ihnen war nie sehr gut, eher eine Zweckgemeinschaft. Aber wieso sie uns jetzt feindlich gesinnt sind, ist selbst unserer Königin ein Rätsel.“
Sigurd beobachtete, wie zwei Angreiferschiffe explodierten und gleichzeitig ein Xxiin Schiff anscheinend steuerlos in die Atmosphäre von Xelio hinabstürzte.
Die Außenwandung glühte bereits hellrot auf, da es über keine Schutzschirme mehr verfügte.
Sigurd wusste, dass die Schiffe der Xxiin hochgradig automatisiert waren und jede Schiffsstation lediglich mit einem Stahlkopf, also 10.000 Xxiin, besetzt war.
Trotz ihrer unterlegenen Anzahl von Schiffen hielten die Xxiin sich tapfer. Der von ihnen eingesetzte Nanosegment-Materievernichter gab ihnen einen gewissen Vorteil, der die fast dreifache Überlegenheit der Mernchen an Raumschiffen zu kompensieren versuchte.
Die Waffe hatte bereits 15 Schiffe des Gegners vernichtet, während der Eigenverlust bei vier Schiffen lag.
Das einzige Problem bestand vielmehr darin, dass die Xxiin mit nunmehr 11 Schiffen nicht mehr in der Lage waren, ihren Heimatplaneten vollständig zu schützen.
Die Mernchen hatten dies natürlich ebenfalls bemerkt und änderten ihre Angriffstaktik.
Während die Hauptstreitmacht die restlichen 11 Schiffe der Xxiin massiv angriff, ohne Rücksicht auf ihre eigene Sicherheit, umrundeten zwei Mernchen Kampfraumer den Planeten und flogen über die unbewohnte Seite von Xelio auf den einzigen bewohnbaren Kontinent zu.
Erste lichtschnelle Strahlen schossen aus den beiden Schiffen, noch lange bevor sie den Kontinent der Xxiin erreicht hatten. Wo die Strahlwaffen auf den Planetenboden trafen, spritzte das Gestein wie blutrot gleißende Wasserkaskaden zur Seite.
Die XAAL drehte fast zeitgleich bei, als 5 Schiffe der Xxiin sich aus dem Kampfgeschehen zurückzogen und in einem halsbrecherischen Manöver in die Atmosphäre des Planeten hinabtauchten.
„Königin Yiilyix hat die 5 Schiffe zu ihrem Schutz abgefordert. Wir müssen für sie einspringen!“
Xaas Gedankenbotschaft ließ mich zweifeln, ob wir die nächsten Minuten überhaupt noch erleben würden. Nunmehr standen 6 Xxiinschiffe einschließlich der XAAL gegen 24 Feindschiffe.
Das konnte nicht gut gehen.
„Gibt es denn überhaupt keine Möglichkeit, mit den Mernchen zu sprechen? Habt Ihr versucht, sie über Funk anzurufen?“
Xaa stand immer noch wie ein Fels in der Brandung vor dem Steuerpult, als er, ohne dass eine Bewegung an ihm zu bemerken war, antwortete: „Ja. Die Versuche eine Kommunikation herzustellen, laufen stetig weiter. Jedoch bisher ohne Erfolg!“
Mir kam spontan ein Einfall.
„Was ist mit den Mernchen an Bord dieses Schiffes? Sind sie noch hier? Eingesperrt?“
„Sie befinden sich in der Arrestzelle. Warum fragst du?“
„Ich werde ihnen einen Besuch abstatten. Wir müssen mehr über ihre Beweggründe herausfinden!“
Xaa führte mich durch die langen Korridore der XAAL. Diesmal kamen wir nicht an dem riesigen Biotop vorbei, in dem die Xxiin wie in ihrer natürlichen Umwelt lebten. Langsam kam mir der Verdacht, dass es sich dabei tatsächlich auch um die Mannschaftsquartiere der Xxiin handelte.
„Lass mich bitte allein in den Raum. Ich möchte zunächst vermeiden, dass die Mernchen eine direkte Verbindung zwischen mir und den Xxiin herstellen.“
„Es ist viel zu gefährlich!“
„Du vergisst meine spezielle Gabe, Xaa!“
Er trat ohne weiteren Kommentar zur Seite und das Schott öffnete sich.
Der Raum war größer, als ich es angenommen hatte. Er besaß fast schon die Größe eine Halle. Die fünf Mernchen saßen an der linken Wand, etwa fünf Meter von dem Eingang entfernt, in einem Halbkreis zusammen und blickten jetzt zu mir hin.
Als sie mich erkannten, sprangen sie wie von einer Tarantel gestochen auf die Beine. Das Schott hinter mir schloss sich wieder. Wir sahen uns gegenseitig mit prüfenden Blicken an.
„Ich hoffe, es geht ihnen gut! Ich möchte mit Ihnen sprechen!“
Zunächst konnte ich keine Veränderungen in ihren Gesichtern erkennen. Sie taten, als hätten sie mich nicht gehört.
Dann geschah etwas, das ich wiederum nicht erwartet hätte, deshalb war ich auch absolut nicht darauf vorbereitet gewesen. Alle fünf Mernchen stürzten ansatzlos auf mich zu.
Den immerhin noch fünf Meter großen Abstand zwischen uns überwanden sie dermaßen schnell, dass ich nur einen verwaschenen Schatten bemerkte, dann waren sie bereits über mir.
Ich steckte mehrere Schläge gegen den Kopf ein und fiel zu Boden. Als sich mein Sichtfeld wieder klärte, erkannte ich gerade noch, wie sich das Schott hinter ihnen wieder schloss.
Die Gefangenen waren auf der Flucht.
Xaa war es ebenso wie mir ergangen. Die Mernchen hatten ihn einfach überrannt.
Xaa war gerade dabei wieder aufzustehen, als ich durch das Schott trat. „Die Rauminsel XAAL ist bis auf wenige Stationen noch unbesetzt. Sie wurde erst durch die Techniker vor Kurzem übergeben. Die Flüchtenden könnten sich vielerorts verstecken, wir werden sie wohl so schnell nicht wiederfinden!“
Die telepathische Stimme von Xaa gab mir zunächst wenig Hoffnung.
„Ich glaube kaum, dass sie auf dem Schiff bleiben wollen“, gab ich gedanklich zurück.
„Sie kennen sich auf dem Schiff besser aus, als wir Xxiin es tun, schließlich haben sie es nicht nur gebaut, sondern auch entworfen!“
Wir waren auf dem Weg zurück zur Zentrale.
„Sie werden wohl versuchen, das Schiff zu verlassen!“
„Die Beiboot Hangar sind mit einem Codeverschluss versehen. Dort kommen sie nicht weiter.“
Die letzte Aussage Xaas war ein Fehlschluss. Das zentrale Steuergehirn bemerkte zwar nicht, dass sich eines der Hangartore geöffnet hatte, jedoch wurde das Fehlen eines Beibootes festgestellt.
„Sie müssen das Antiortungsfeld aktiviert haben.“
Xaa hantierte mit flinken Händen am Steuerpult und es dauerte nur wenige Sekunden, dann leuchtete der Zentralbildschirm auf und zeigte einen roten Punkt, der mit zunehmender Geschwindigkeit versuchte, auf einen der beiden Asteroidengürtel zuzusteuern.
„Strahlenschutzfeld wurde synchronisiert. Ihre Tarnung ist nun für uns aufgehoben. Ich folge ihnen! Sie dürfen unter keinen Umständen die feindliche Flotte erreichen. Sie besitzen durch das Beiboot sämtliche Codes, um mit einem starken Funkrichtspruch unsere elektronischen Anlagen zu manipulieren. Das wäre unser sofortiges Ende“
Xaa aktivierte den Antrieb des riesigen Schiffs und funkte gleichzeitig die anderen Xxiin Schiffe im Raum an, ihnen bei der Verfolgung zu Hilfe zu eilen.
„Die beiden Asteroidengürtel und die Staubscheibe werden zunächst verhindern, dass sie eine Geschwindigkeit erreichen, die es ihnen erlaubt in Überlicht zu gehen.“
Ich nahm an, dass Xaa nun mit der Rauminsel XAAL dem flüchtenden Beiboot folgen würde. Aber weit gefehlt. Verblüfft erkannte ich nach wenigen Minuten, dass das Raumschiff zwar beschleunigte, aber dies fast schon in die entgegengesetzte Richtung tat.
„Was soll das. Wir werden sie verlieren!“
Xaa ignorierte zunächst meine Bemerkung.
„Dummkopf. Das riesige Schiff hätte absolut keine Möglichkeit auch nur im Entferntesten mit der notwendigen Geschwindigkeit durch die beiden Asteroidengürtel hindurchzukommen, um die Mernchen noch rechtzeitig vor dem Eintritt in Überlicht zu erreichen! Die einzige Möglichkeit besteht darin, in den freien Raum zu kommen, wo die Maschinen der XAAL optimal eingesetzt werden können.“
Natürlich hatte mein Unterbewusstsein recht, aber trotzdem musste es mich nicht beleidigen. Die XAAL wechselte tatsächlich kurz in Überlicht und hatte dadurch eine Strecke von 800.000 Kilometer in Sekundenschnelle zurückgelegt.
Jetzt schoss das riesige Schiff immer noch mit einem Viertel Lichtgeschwindigkeit in einer Schleife zurück auf den Asteroidengürtel zu. Xaa, der Lenker, stand hoch aufgerichtet und bewegungslos hinter dem Steuerpult.
Er schien durch den Zentralbildschirm hindurch in die Unendlichkeit des Raums zu blicken. Ich fragte mich bereits zum wiederholten Mal, wie das Zusammenspiel der etwa 10.000 Xxiin in dem Exoskelett funktionierte.
Sie hielten sich in einem sehr engen Verbund im Kopfteil auf. Ich ging davon aus, dass dadurch eine Art geistige Entität entstand, die sich Xaa nannte.
„Wir haben sie in der Ortung!“
Der Bildausschnitt wechselte und ein heller Punkt leuchtete auf.
„Wir fliegen genau auf sie zu und werden sie in zwei Zeiteinheiten erreicht haben. Ihre Geschwindigkeit ist immer noch sehr niedrig. Wir werden sie direkt am Ende des zweiten Asteroidenrings abfangen.“
Sie hatten demzufolge überhaupt keine Chance zu entkommen. Anscheinend war ihnen das selbst bereits aufgefallen. Jedenfalls änderten sie die Flugrichtung, sobald sie uns erkannt hatten, und suchten wieder Schutz innerhalb des Asteroidengürtels.
Die XAAL feuerte eine ganze Breitseite auf das abdrehende Boot, konnte ihm jedoch schon nicht mehr gefährlich werden.
Dafür zerplatzten etwa ein Dutzend kleine und größere Asteroiden.
Das Beiboot mit den fünf Mernchen an Bord hatte sich zwar vor den Waffensystemen der XAAL in Sicherheit bringen können, aber nicht vor seiner Ortung. Auf dem Zentralbildschirm konnte ich ihre Flugrichtung genau mitverfolgen, der kleine, rote Punkt, der ihr Boot markierte, würde der Ortung nicht mehr entgehen.
Xaa verhielt sich merkwürdigerweise sehr ruhig und beschleunigte das Schiff wieder in Richtung Xelio.
Das Beiboot der Mernchen kam nicht mehr weit. Vier weitere, auf dem Zentralschirm gelb markierte Punkte, wurden eingeblendet. Sie begannen, das kleine Boot zu umkreisen. Wir hatten natürlich keinen Sichtkontakt und so konnte ich den weiteren Ablauf des Geschehens nicht wirklich mitverfolgen.
Als dann aber der rote Punkt anfing zu verblassen und nach wenigen Sekunden ganz verschwunden war, konnte ich mir schon denken, was geschehen war. Xaa bestätigte mir dies auch sofort: „Das Boot mit den geflüchteten Mernchen wurde zerstört.“
Die XAAL stand wieder unter Feuer und eine Erschütterung nach der anderen durchlief die Schiffszelle.
Ich hatte mich dermaßen auf die Verfolgung des Beibootes konzentriert, dass ich die Invasion der Mernchen fast vergessen hatte.
Astronomische Daten:
Epsilon Eridani ist ein sonnenähnlicher Stern mit etwa 0,85 Sonnenmassen und befindet sich etwa 10,5 Lichtjahren von der Erde entfernt.
Er ist von der Entfernung her der nächste Stern im Sternbild Eridanus und nach Alpha Centauri und Sirius der drittnächste Stern, der sogar mit dem bloßen Auge von der Erde aus erkennbar ist. Epsilon Eridani verfügt über zwei Asteroidengürtel.
Die Position des einen Gürtels ist vergleichbar mit der Lage des Asteroidengürtels im Sonnensystem zwischen Mars und Jupiter.
Der zweite, dichtere Gürtel befindet sich zwischen dem ersten Gürtel und dem äußeren Kometenring. Inmitten dieses Gewimmels von Gesteinsklumpen existiert eine dichte Staubscheibe, die angereichert ist mit Billionen von feinen Staubpartikeln.
Innerhalb dieser Partikeln existiert der Heimatplanet der Xxiin, Xelio. Auf merkwürdige Art und Weise bedeckt die Staubscheibe gerade den Kontinent, auf dem die Xxiin leben, nicht, sodass hier die Sonne Epsilon Eridani die Atmosphäre erreicht und somit eine blühende Natur erschaffen konnte.
Der Rest des Planeten war in immerwährende Düsternis gehüllt und kein Leben war dort möglich. Xelio umkreiste die Sonne mit einer Exzentrizität von 0,3 und einer großen Halbachse von 40 AE Abstand, einmal in genau 280 Jahren.