Before We Fall - Vollkommen verzaubert - Courtney Cole - E-Book
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Before We Fall - Vollkommen verzaubert E-Book

Courtney Cole

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Beschreibung

Herzen voller Sehnsucht - Bittersüß geht es weiter in Band 3 der New-Adult-Serie "Beautifully Broken" von Courntey Cole Nach außen hin führt Dominic ein beneidenswertes Leben: Dem gefeierten Jungschauspieler liegt die Frauenwelt zu Füßen. Doch innerlich ist er gelähmt, tiefe Gefühle lässt er nicht zu. Bis er eines Tages die toughe Jacey kennenlernt, die von seinem Ruhm völlig unbeeindruckt scheint. Zwischen Ihnen entwickelt sich ein Sturm der Gefühle, der ihrer beiden Leben von Grund auf verändert - wenn er sie denn nicht zerreißt. Werden die beiden einander heilen können? Alle Bände der New-Adult-Serie "Beautifully Broken" von Courntey Cole: Band 1 - "If you stay - Füreinander bestimmt" Band 2 - "If you leave - Niemals getrennt" Band 3 - "Before We Fall - Vollkommen verzaubert" Band 4 - "Until we fly - Ewig vereint"

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Seitenzahl: 534

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Courtney Cole

Before we fall – Vollkommen verzaubert

Roman

Aus dem Amerikanischen von Rebecca Lindholm

Knaur e-books

Über dieses Buch

Nach außen hin führt Dominic ein beneidenswertes Leben: Dem gefeierten Jungschauspieler liegt die Frauenwelt zu Füßen. Doch innerlich ist er gelähmt, tiefe Gefühle lässt er nicht zu. Das ändert sich, als er Jacey kennenlernt, deren Kraft ihn schwer beeindruckt. Aber auch sie hat Narben auf der Seele. Werden die beiden einander heilen können?

Inhaltsübersicht

WidmungPrologKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Kapitel 30Kapitel 31Kapitel 32Kapitel 33Kapitel 34Kapitel 35EpilogDanksagungAnmerkung der VerfasserinMagst du mehr lesen?
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Das Leben ist furchterregend, und Träume zerbrechen.

Dieses Buch ist für all diejenigen, die tapfer genug sind, sie wieder zusammenzufügen.

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Prolog

Jacey
Damals

 

Der Schlag ist am ganzen Strand zu hören.

Dieses unverwechselbare laute, klatschende Geräusch, wenn Fleisch auf Fleisch trifft. Ich schaue hoch und sehe ein mageres Mädchen in einem roten Badeanzug, das vor einer Sechstklässlerin namens Heather steht, der Tyrannin des Strandes.

Die Sommersonne knallt vom Himmel herab, aber meine Wangen erglühen noch mehr, als ich den hässlichen Ausdruck auf Heathers Gesicht sehe, die das kleinere Mädchen überragt. Das Mädchen kann nicht älter als neun oder zehn Jahre sein, und es hält sich die Wange.

Ich schaue mich um, aber es sind keine Erwachsenen in der Nähe, und Heather weiß das. Ihr gehässiges Grinsen wird breiter, als sie sich zu dem jüngeren Mädchen hinabbeugt, offenbar entschlossen, mehr Schaden anzurichten, als einen Handabdruck auf deren Wange zu hinterlassen.

Mehr braucht es nicht, um mich von meinem Handtuch in die Höhe zu katapultieren, und ich sprinte den Strand hinunter. Der Sand spritzt unter meinen Füßen auf, als ich auf die beiden zustürme. Ich komme gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Heather dem Mädchen Geld aus der kleinen Hand reißt.

Dem Mädchen läuft eine Träne über die Wange.

»Geh schon und heul dich bei deiner Mama aus, Kleine«, sagt Heather, hämisch grinsend.

Bei dem Anblick sehe ich rot. Entgegen jeder Logik stürze ich auf die beiden zu. Dabei vergesse ich, dass Heather mich jeden Tag eines jeden Sommers gequält hat, und ich vergesse auch, dass ich selbst kaum älter bin als das magere Mädchen in dem roten Badeanzug.

In diesem Moment spielt das alles keine Rolle.

»Was, zum Geier, soll das, Heather?«, frage ich gebieterisch, als ich vor ihnen zum Stehen komme. Das andere Mädchen holt angesichts meines losen Mundwerks erschrocken Luft. Für so was bekommt man Hausarrest, aber meine Gran sitzt irgendwo weiter den Strand runter im Schatten. »Gib ihr das Geld zurück.«

Heather starrt auf mich herab. Ihr feistes Kinn glänzt vor Schweiß. »Sonst noch was, du Zwerg? Was willst du denn machen, wenn ich’s nicht tu?«

Ich recke mein Kinn in die Höhe und schaue ihr in die Augen.

»Ich werde jedem erzählen, was du vor einer Weile unter der Seebrücke mit Jamie Rawlins gemacht hast. Ich hab dich nämlich gesehen. Ich weiß, was du getan hast. Und wenn du ihr nicht das Geld zurückgibst, dann werde ich es allen erzählen. Auch deinen Freundinnen.«

Heathers Augen werden erst groß und ziehen sich dann zu schmalen Schlitzen zusammen. »Das traust du dich nicht.«

Ich nicke gelassener, als ich eigentlich sein sollte. »Und ob ich mich das traue.«

Heather blickt über den See hinweg und denkt für einen Moment darüber nach, bevor sie mir den zerknitterten Geldschein vor die Füße wirft.

»Ich hoffe, es war die Sache wert«, sagt sie hitzig. »Denn von jetzt an werde ich dir das Leben zur Hölle machen.«

»Meinetwegen«, schnaube ich und gebe mir alle Mühe, unbekümmert zu wirken. »Ist ja nicht so, als hättest du’s nicht schon versucht.«

Heather starrt mich wütend an und macht sich davon. Ich bücke mich, um das Geld aufzuheben, und halte es dem mageren Mädchen lächelnd hin.

»Hier, bitte! Tut mir leid, dass sie so gemein ist. Ich schätze, der pinkelt jemand jeden Tag in die Cornflakes.«

Das Mädchen starrt mich eine Minute lang sprachlos mit seinen großen blauen Augen an, ehe es mir schüchtern eine weiße Muschel reicht.

»Danke, dass du mir mein Eiscrèmegeld zurückgeholt hast«, sagt es so leise, dass ich mich richtig anstrengen muss, um es zu verstehen. »Ich sammele die hier. Die großen, schönen sind schwer im See zu finden.«

Ich lächele wieder. »Stimmt. Die sind wirklich schwer zu finden. Danke schön! Ich schwimme zur Bojenbegrenzung raus. Machst du mit?«

Das Mädchen starrt zu den ramponierten Bojen hinaus, die in einer Entfernung von rund hundert Metern in der Strömung auf und ab hüpfen. Sie wirkt unsicher, ein bisschen ängstlich.

»Geht nicht«, sagt sie schließlich. »Meine Mom würde mich umbringen. Die Strömung ist zu stark.«

Ich nicke, als verstünde ich tatsächlich, wie es ist, eine Mutter zu haben, die sich um einen sorgt. Meine eigene weiß nicht mal, dass ich schwimmen kann.

»Okay«, sage ich zu dem Mädchen, »bis demnächst dann.«

Sie sieht zu, wie ich zurückjogge und die Muschel auf mein Handtuch fallen lasse, bevor ich in die Strömung eintauche und wie ein Seehund auf den kühlen Wellen schwimme oder darunter hindurchtauche. Als ich endlich an den Bojen ankomme, halte ich mich an einer fest, klammere mich daran, während sie auf dem Wasser hüpft, und streiche mir mit kalten Fingern das Haar aus dem Gesicht.

Ich werfe einen Blick zurück zum Strand. Meine Augen suchen nach dem Mädchen im roten Badeanzug, aber ich kann es nirgendwo mehr entdecken. Es ist weg.

Dabei weiß ich nicht mal seinen Namen.

[home]

Kapitel 1

Dominic
Heute

 

Ich schaue gern zu.

Ich weiß, dass ich das nicht tun sollte, aber das kümmert mich einen Dreck. Ich mag das Aufblitzen von Haut, die verschwitzten Gliedmaßen, den Geruch von Sex, das Ficken …

Beim Zuschauen fühle ich etwas. Und das ist so ziemlich das Einzige, wobei ich was fühle.

»Manche Dinge ändern sich nie, Dominic«, murmelt Kira. Die gespreizten Finger ihrer Hand fahren über mein geöffnetes Hemd, ihr langes braunes Haar bewegt sich im leichten Wind, kitzelt meine Brust, während sie mich anschaut. »Einmal Freak, immer Freak, was? Ich finde das toll.«

Ich gebe ihr darauf keine Antwort, denn sie hat recht. Ich bin ein verdammter Freak. Sie weiß es, und ich weiß es, und keinen von uns beiden kümmert’s. Wenn überhaupt, dann gefällt es ihr. Das muss wohl so sein, denn Kira hält schon verdammt lange zu mir. Sie kennt mich besser als jeder andere … und sie weiß definitiv, was ich mag.

Aber obwohl sie wunderschön und mir so vertraut ist, ignoriere ich ihre Finger, die über meine Haut gleiten, über die Spitzen meiner Nippel streichen und zu meinem Schritt hinunterwandern. Mein Schwanz scheint allerdings nicht interessiert zu sein und macht keine Anstalten, in meiner Hose hart zu werden. Nicht etwa, weil Kira nicht heiß oder sexy ist, denn das ist sie.

Aber das, was vertraut und normal ist, bringt mein Blut nicht in Wallung. Ich habe schon so ziemlich alles gesehen und es mindestens zweimal selbst getan. »Normal« törnt mich nicht mehr an.

Doch wenn es um verbotene, dunkle, böse Sachen geht, dann kriege ich einen Ständer.

Ich starre vom Balkon hinab, vorbei an dem schimmernden Swimmingpool unten, vorbei am plätschernden Wasser, das ein blaues Licht auf alles ringsherum wirft, auf das, was ich im flackernden Blau dort sehe: einen Mann und eine Frau, die es miteinander treiben.

Ich weiß, dass ich eigentlich nicht zusehen sollte, und genau das erregt mich daran, also wende ich meine Augen nicht von dem Paar ab, das gerade Sex am Pool meines Bruders hat.

Ich nehme einen weiteren Schluck von meinem Whiskey, behalte die feurige Flüssigkeit noch einen Moment in meinem Mund, bevor ich sie schlucke und spüre, wie sich die Wärme langsam in meinem Bauch ausbreitet.

Während ich das Paar beobachte, lehne ich am Geländer, halb verdeckt im Schatten, von der Nacht verhüllt. So wie ich es mag.

Am Pool geht es heftiger zur Sache.

Und mein Schwanz wird hart.

Die Kleine beißt den Kerl in den Hals, flüstert ihm dann etwas ins Ohr, das ich nicht verstehen kann, Worte, die wie ein Fauchen klingen, als sie ihre Zähne über seine Haut zieht. Fest, aggressiv, brutal. Selbst von hier oben kann ich die rote Spuren des Schmerzes sehen, die sie hinterlässt.

»Hat sie ihn etwa gerade gebissen?«, fragt Kira amüsiert, und ihre Hand an meinem Hosenbund erstarrt.

Ich nicke. Das hat sie. Und mein Schwanz ist steinhart. Ich schaue mir gern den Schmerz anderer Leute an. Das lenkt mich von meinem eigenen ab.

Der Kerl lächelt, er mag es auch. Er legt sich ihre Beine über die Schultern, während er heftig in sie hineinstößt. Dann packt er sie brutal am Hals, seine Finger bohren sich in die empfindliche Haut, pressen sich in ihr Fleisch, hinterlassen rote Flecken, die sich bis zum Morgen in blaue verwandeln könnten.

Aber es gefällt ihr.

Das sagt mir die Art und Weise, wie sie ihm den Rücken zerkratzt und nach mehr stöhnt. Ihn weiter in sich hineinzieht, die Hüften hebt, damit er tiefer in sie eindringen kann. Nicht versucht, seine Hand von ihrer Kehle wegzuziehen.

Es fasziniert mich immer wieder, Frauen zu sehen, die es mögen, erniedrigt zu werden, Frauen, die rauhen Sex mögen, die dominiert oder gedemütigt werden wollen.

Es ergibt keinen Sinn, aber ich sehe es andauernd, immer öfter, besonders hier bei meinem Bruder Sin und seinen endlosen Partys. Am Swimmingpool, im Whirlpool, auf dem Rasen. Die Leute scheinen ihre Hemmungen zu verlieren, wenn sie durch dieses Tor treten, was genauso wenig Sinn ergibt. Die meisten von ihnen kennen Sin gar nicht richtig. Aber das hält sie nicht davon ab, sich bei ihm so richtig zu Hause zu fühlen.

Ich fühle mich jedenfalls bei meinen Besuchen hier immer sehr gut unterhalten.

»Meinst du, die wissen, dass wir sie beobachten?« Kira stellt sich auf die Zehenspitzen und murmelt mit heißem Atem in mein Ohr, während sie mir die Eier streichelt.

Ich blicke wieder zu dem Paar hinunter, sehe zu, wie sich das Gesicht des Kerls verzerrt, die Kleine stöhnt und sich unter ihm krümmt. Die haben keine Ahnung, dass wir hier sind, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es ihnen egal wäre, wenn sie es wüssten.

»Ich glaube, dieses Mädchen da hat mir vorhin Champagner serviert!«, sagt Kira und beugt sich nach vorn, um genauer hinzusehen.

»Da hast du vermutlich recht«, erwidere ich und starre auf die knappe Kellnerinnenuniform. Was ihr Boss wohl davon halten würde. Der hat bestimmt keine Ahnung, dass sie gerade am Pool mit einem Partygast vögelt.

Aber das ist nicht mein Problem.

Sondern die Schwellung zwischen meinen Beinen. Sie wird immer stärker und mächtiger, und ich verlagere das Gewicht auf mein anderes Bein und lindere dadurch den Druck der Jeans auf meinem Schwanz. Dabei streiche ich mit der Hand über den Stoff, der meinen Schritt bedeckt. Ein bisschen nur. Schnell und effizient.

Ich habe nicht vor, hier draußen abzuspritzen. Die Art und Weise, wie ich meinen Lebensunterhalt verdiene, hat mich gelehrt, nichts im Freien zu tun. Die Presse hätte ihren großen Tag, wenn irgendwelche Fotos von mir an die Öffentlichkeit dringen würden, die zeigen, wie ich onaniere.

Kira kümmert sich darum, so wie sie es immer tut, wenn ich in der Stadt bin. Sie stößt mich in die Dunkelheit zurück und tritt vor mir aus ihren Shorts heraus. Sie trägt keine Unterwäsche.

Sie hat recht. Manche Dinge ändern sich nie.

»Mach’s mir mit der Hand, während du ihnen zusiehst«, fordert sie mich leise auf, und ihre grünen Augen leuchten. »Komm schon, Dom. Dann darfst du auch auf meinem Gesicht kommen, so wie du’s magst.«

Ich strecke die Hand nach ihr aus. Sie steht vor mir, den Kopf an meine Schulter gelehnt, während ich zwei Finger in sie hinein- und wieder herausgleiten lasse. Ich weiß genau, wo ich sie berühren muss.

Sie atmet tief ein, und ich lächele. Ich kenne jeden Zentimeter ihres Körpers. Manchmal hat Vertrautheit doch etwas für sich.

Sie ist bereits feucht, als hätte sie auf das hier gewartet, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Aber so ist es natürlich nicht. Kira und ich haben ein Zweckarrangement, das uns beiden gut gefällt. Wir kennen einander, wir vertrauen einander, aber es sind keine Gefühle im Spiel. In der Hinsicht gleichen wir uns.

Ich höre, wie das Mädchen am Pool lauter stöhnt, und meine Finger bewegen sich schneller, fester, im Rhythmus mit den Stößen des verschwitzten Kerls. Kira stöhnt mit dem Mädchen am Pool, und ich schließe die Augen und lausche den Fickgeräuschen. Mit meinen Fingern in Kiras Muschi brauche ich nicht mehr als das.

Wenn ich ein anständiger Mensch wäre, würde ich vom Geländer zurückweichen, dem Paar etwas mehr Privatsphäre geben und Kira mehr Schutz in der Dunkelheit … nur für den Fall, dass uns zufällig jemand sieht.

Aber darauf scheiß ich. Ich bin kein anständiger Mensch. Nicht mehr.

Nach ein paar weiteren Minuten heftigen Vögelns zieht der Kerl seinen Schwanz aus der Kellnerin, packt sie, zerrt sie von der Chaiselongue und zwingt sie vor sich auf die Knie. Ich kann sehen, wie ihre Haut über die Ziegelplatten schrammt, kann von seinen Lippen lesen.

Blas mir einen.

Die Kleine schüttelt den Kopf, versucht wegzukriechen, doch er hält sie an ihrem Haar fest und bringt sie dazu, seinen Schwanz in den Mund zu nehmen. Ihren eigenen Geschmack abzulutschen.

Darauf steht sie ganz eindeutig nicht. Sie versucht, nach ihm zu schlagen, aber er wickelt sich ihr Haar um die Hände und weigert sich, sie loszulassen.

Ein angstvoller Ausdruck erscheint auf ihrem Gesicht. Ich spüre, wie sich etwas in mir zusammenzieht.

Scheiße.

Kira hebt den Kopf, als meine Hand innehält. »Was ist?«

Sie starrt mich mit glasigem Blick an. Ich nicke zum Pool hinüber, zu dem Kampf, der dort unten vonstatten geht, zu dem Mädchen, das verzweifelt dem Griff dieses Arschlochs zu entkommen versucht.

»Verdammt, Dom« – Kira seufzt –, »ignoriere es einfach. Ist nicht unser Problem. Wir sind hier noch nicht fertig.«

Ich seufze ebenfalls, denn ich weiß, dass ich es nicht ignorieren kann.

Das ist einfach schon zu oft passiert. Die Leute kommen hierher, geben sich die Kante und verlieren die Kontrolle. Es ist eigentlich nicht der Mühe wert, aber Sin veranstaltet diese Partys trotzdem. Er behauptet, damit bliebe er für die Leute interessant – was auch immer das bedeuten soll. Ich scheine nicht Gefahr zu laufen, für die Leute uninteressant zu werden, und ich veranstalte keine Partys.

Ich schüttele Kiras Hand ab, die mein Handgelenk umfasst hält, nehme den letzten Schluck von meinem Drink und mache mich trotz ihrer Proteste auf den Weg die Treppe hinunter.

Es dauert ein bisschen, mich zwischen den Gästen im Haus hindurchzuschlängeln und über den Rasen zu den Steinen zu gelangen, die zum Pool führen, doch ich erreiche das Paar innerhalb von zwei Minuten und packe den Kerl, ohne zu zögern, von hinten und reiße ihn zurück. Er stößt ein Zischen aus, als die Zähne des Mädchens an seinem Schwanz entlangschrammen.

Geschieht ihm recht. Der Scheißkerl hat mich schließlich unterbrochen.

Er schreit auf, und ich werfe ihn zu Boden, stelle zufrieden fest, dass er sich das Gesicht auf den Steinen aufschlägt, ehe er auf den Rasen rollt.

»Hau ab!«, fahre ich ihn an. »Hier wird niemand gegen seinen Willen zu etwas gezwungen.«

»Die Schlampe wollte es doch!«, ruft er protestierend.

Ich schüttele den Kopf. »Soweit ich weiß, heißt nein immer noch nein. Es ist keine neue Art zu sagen, ich will es doch. Also raus hier!«

Der Kerl sieht mich genauer an, erkennt mich offenbar und stakst davon, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Ich schnappe mir ein Badehandtuch und lege es der Kleinen um die Schultern.

Ihre knappe Uniform, die schon vorher nur ein Fähnchen gewesen ist, wurde während der Rauferei offenbar zerrissen und hängt nun um ihre Taille. Sie scheint verlegen zu sein, aber das registriere ich, ehrlich gesagt, nur am Rande. Sie ist jung und hat nette Titten, aber das haben Tausende anderer Frauen auch. Sie macht mich nicht besonders an. Was hauptsächlich damit zu tun hat, dass sie sich mir auf einem Silbertablett präsentieren würde, wenn ich es nur wollte. Ich ziehe kurz in Erwägung, sie zu Kira und mir einzuladen, verwerfe die Idee aber gleich wieder. Auch wenn sie vermutlich zu betrunken ist, um sich daran zu erinnern, so wurde sie dennoch gerade zu einer sexuellen Handlung gezwungen.

»Alles in Ordnung?«, frage ich barsch. Sie nickt und fängt an zu schluchzen, als ein anderes Mädchen, eine hinreißende Blondine in der gleichen Kellnerinnenuniform, herbeigeeilt kommt.

»Ach du Schande, Kaylie. Was, zum Teufel, ist denn mit dir passiert?«

Die Blondine ist offenbar erschrocken und besorgt, und während Kaylie die Sache mit dem Scheißkerl erklärt, wende ich mich ab, um wieder zu verschwinden. Trotz meines Berufs versuche ich, mich aus dem Rampenlicht herauszuhalten, wenn ich gerade keinen Film drehe. Bedauerlicherweise bleibt es bei dem guten Vorsatz, denn Kaylies Hand hält mich zurück, und dann schlingt sie ihre dünnen Arme um meine Taille.

»Danke«, sagt sie mit zitteriger Stimme. Sie hält mich so eng umschlungen, dass ich mich nicht so einfach aus der Umklammerung zu lösen vermag. Ich starre auf sie hinab, vorbei an ihrem von Tränen verschmierten Eyeliner in ihre panisch blickenden Augen.

»Schon gut. Aber du solltest dich aus solchen Situationen raushalten. Es wird nicht immer jemand da sein, der einschreitet und dich rettet.«

Ihr schockierter Gesichtsausdruck sagt mir, dass ich vielleicht ein bisschen zu hart mit ihr umgegangen bin. Aber scheiße noch mal, Frauen müssen vorsichtiger sein. Sie kann nicht einfach in ihrer knappen Uniform herumstolzieren, eine Nummer mit einem Fremden schieben, bei der es richtig zur Sache geht, und dann erwarten, dass er sich wie ein Gentleman benimmt. Männer tendieren eher dazu, Arschlöcher zu sein.

Kaylie starrt mich an, ist zu betrunken oder high, um etwas zu erwidern. Aber ihre Freundin ist nicht so schweigsam.

Große braune Augen funkeln mich wütend an. »Die Strafpredigt kannst du dir sparen. Der Typ eben hat ihr Gewalt angetan, falls dir das entgangen sein sollte!«

Ich verdrehe die Augen.

»So nennst du das also? Sie hatte mit diesem Scheißkerl harten Sex unter freiem Himmel, während sie eigentlich arbeiten sollte, wenn ich das hinzufügen darf. Also für mich sah das so aus, als wäre die Sache einfach außer Kontrolle geraten, und ich habe sie beendet. Gern geschehen.«

Die umwerfende Blondine starrt mich entgeistert an. »Willst du damit etwa sagen, dass sie kein Opfer ist, sondern dass es ihre Schuld war?«

Ich seufze. »Natürlich nicht. Aber sie hätte einen betrunkenen Fremden überhaupt nicht erst dazu ermutigen sollen, so grob mit ihr umzuspringen. Gute Nacht.«

Ich mache Anstalten, davonzugehen, aber sie ist offenbar noch nicht fertig.

»Für wen hältst du dich eigentlich, verdammt noch mal?«, fährt sie mich an. »Vielleicht hast du’s noch nicht gehört, aber man sollte nicht das Opfer verantwortlich machen.«

»Tue ich doch gar nicht, aber …«, hebe ich an, werde jedoch unterbrochen, weil sie so vernehmlich nach Luft schnappt, als ich ins Licht trete und sie mein Gesicht erblickt.

»Ach, Scheiße«, entfährt es ihr. »Der verfluchte Dominic Kinkaide.«

Ich kann mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen, gerade genug, um die Mundwinkel zu heben. »Dominic reicht völlig. Das ›verfluchte‹ habe ich schon vor einer ganzen Weile abgelegt.«

Ihr Lächeln ist atemberaubend und sollte mich eigentlich berühren. Die Kleine hat ordentlich was in der Bluse, endlos lange Beine und kaum was an. Ihr Anblick sollte mich berühren. Tut er aber nicht. Weil mich nichts mehr berührt. Ich bin total abgestumpft.

»Dir eilt der Ruf voraus, dass du Ärger bedeutest«, erklärt sie nüchtern und mustert mich langsam von oben bis unten. »Du kannst von Glück reden, denn ich mag Herausforderungen.«

»Klar tust du das«, entgegne ich und versuche zu ignorieren, dass sie sich nun benimmt, als würde sie mich kennen. Sie benehmen sich alle so. Jede Einzelne von ihnen. Das wird auf die Dauer langweilig. Kann mich nicht ausnahmsweise mal jemand überraschen? »Hat mich gefreut, dich kennenzulernen.«

Ich drehe mich um und gehe auf das Haus zu, aber sie hat mich mit zwei Schritten eingeholt und packt mich am Arm. Ich bleibe stehen.

»Aber das hast du ja nicht«, sagt sie zögernd, offenbar ein wenig verunsichert. »Du hast mich gar nicht kennengelernt. Mein Name ist Jacey.«

Ich seufze. »Ist mir egal.«

Ich gehe weiter, ignoriere die Art und Weise, wie sie vernehmlich die Luft einzieht, mir erregt hinterherruft, dann aufgibt und ihre Niederlage einsieht.

Ich bin vielleicht ein Arschloch, aber ich lüge nicht.

Ihr Name ist mir egal.

Ehrlich.

Ich lasse die Situation hinter mir – aus den Augen, aus dem Sinn. Und innerhalb weniger Minuten stehe ich wieder vor Kira.

»Alles erledigt?«, säuselt sie und greift nach mir. Ich nicke, vergrabe mein Gesicht zwischen ihren schweren nackten Titten, während sie meinen Gürtel öffnet. »Fessel mir damit die Hände und komm auf meinem Gesicht.«

Das lasse ich mir nicht zweimal sagen.

»Du bist so ein böses Mädchen«, flüstere ich ihr ins Ohr, als ich sie auf das Sofa stoße und ihr die Hände über dem Kopf festbinde. Gerade fest genug, dass das Leder in ihr Fleisch schneidet. Genau so, wie sie es mag.

Und dann nehme ich meinen Schwanz in die Hand und hol mir einen runter, genau so, wie ich es mag.

Für eine Sekunde sehe ich komischerweise das Gesicht der blonden Tussi vor mir, sehe ihre weit aufgerissenen, braunen Augen. Keine Ahnung, warum, aber ich schüttele den Kopf, um ihn wieder freizubekommen. Und konzentriere mich stattdessen auf das, was ich gerade tue.

Ich komme innerhalb von zwei Minuten auf Kiras Gesicht, spritze in einem cremefarbenen Bogen ab, der auf ihrer gebräunten Haut landet. Sie leckt sich einen Tropfen von den Lippen und grinst mich an.

»Willkommen daheim, Geliebter.«

»Nenn mich nicht so.« Ich schüttele den Kopf, während ich mir die Jeans wieder hochziehe und mich neben sie fallen lasse. Sie verdreht die Augen.

»Wieso denn nicht? Das bist du doch. Du kommst immer zu mir zurück, Dom. Das weißt du doch.«

Ich löse schweigend den Gürtel, werfe ihn auf den Boden. Ich komme vielleicht immer wieder zu ihr, wenn ich mal wieder in der alten Heimat bin, aber ich vögele sie nicht. Nicht richtig. Ich habe schon seit Jahren keine Frau mehr richtig gevögelt.

»Wäre ich dein Geliebter, würde ich meinen Schwanz in deine Möse stecken.« Ich werfe ihr einen Blick zu, strecke dann den Arm aus und streiche mit dem Finger über eine ihrer Titten und lasse ihn zu ihrer Muschi hinunterwandern. Sie wölbt sich meiner Berührung entgegen. »Und du weißt, dass ich das nicht tun werde.«

Ich ziehe meine Hand unvermittelt wieder zurück, und Kira blickt finster drein. »Ja, das weiß ich. Aber was ich nicht weiß, ist der Grund dafür. Du hast doch auch deine Bedürfnisse, Dominic. Anderen Leuten dabei zuzusehen, wie sie es miteinander treiben, sich einen abwichsen oder auf meinem Gesicht zu kommen, das kann doch nicht genug sein. Sex ist nicht gleich Sex, Dom. Du brauchst auch all das Gute, das damit einhergeht.«

»Ach, wirklich?«, frage ich amüsiert. »Was denn, zum Beispiel? Frauen, die sich an mich klammern und hoffen, dass ich sie heirate? Oder die Angst, dass ich mir eine ansteckende Krankheit einfangen könnte …«

»Hör auf«, unterbricht mich Kira wütend. »Ich kenne dich, Dom. Ich weiß, warum du dich so benimmst. Du willst niemanden mehr wirklich an dich heranlassen. Willst niemandem mehr diese Art von Macht über dich geben. Aber es ist Zeit, Dom, es ist Zeit, dass du endlich über sie hinwegkommst und wieder anfängst zu leben.«

»Erstens, sprich nie wieder über sie«, sage ich mit eisiger Stimme und durchbohre Kira mit meinem Blick. »Du solltest es eigentlich besser wissen. Und zweitens, willst du damit etwa sagen, dass das Leben, das ich führe, nichts wert ist?«

Kira, die ihre Bluse überzieht und dabei auf den Büstenhalter verzichtet und ihn in ihre Handtasche stopft, seufzt und blickt zu mir auf.

»Du weißt verdammt gut, was ich damit sagen will. Seit sechs Jahren bist du eine leere Hülle, Dom. Sechs Jahre! Das ist eine verdammt lange Zeit. Ich bin geduldig gewesen. Habe all deine Bedürfnisse befriedigt. Aber es kommt die Zeit, dass ein Mädchen richtig gevögelt werden will. Ich habe auch meine Bedürfnisse, Dominic.«

Ich muss angesichts der Vorstellung, dass ich der Einzige bin, auf den Kira angewiesen ist, um ihre »Bedürfnisse« zu befriedigen, schmunzeln.

»Ja, klar. Du hast ja auch niemanden, der sich um dich kümmert, wenn ich nicht hier bin, stimmt’s?«

Sie wirft mir einen zornigen Blick zu. »Du kannst manchmal ein richtiges Arschloch sein. Ich verschwinde jetzt. Muss morgen früh raus. Ruf mich doch im Laufe des Tages an, ja?«

Ich nicke, obwohl ich weiß, dass ich das nicht tun werde. Dann vergrabe ich mein Gesicht in den Sofakissen, denn ich fühle mich mit einem Mal erschöpft und will nur noch schlafen. Ich höre nicht einmal mehr, dass Kira das Zimmer verlässt. Aber ich höre es sehr wohl, als ein paar Minuten später jemand hereinkommt, als ich gerade dabei bin, ins Reich der Träume zu entschwinden.

»Dom, was zur Hölle machst du hier? Du solltest mich doch rechtzeitig vom Tisch wegholen, damit ich nicht mein letztes Hemd verliere.«

Ich öffne widerwillig ein Auge, um meinen Bruder anzusehen, und stelle fest, dass er tatsächlich sein Hemd verloren hat. Er steht mit nacktem Oberkörper vor mir. Mein Blick wandert an ihm herab, und ich zucke zurück.

Offenbar hat er auch seine Hose verloren.

»Was soll das, Sin? Zieh dir was über, Mann!«

Mein Bruder setzt dieses rotzfreche, verwegene Grinsen auf, das seine Fans so an ihm lieben, lässt sich splitterfasernackt neben mir aufs Sofa fallen und legt seine Beine auf dem Couchtisch übereinander.

»Darüber müsstest du dir keine Gedanken machen, wenn du mich früh genug vom Pokertisch weggeholt hättest, wie wir es vereinbart hatten«, erwidert er schulterzuckend, greift nach meinem Whiskeyglas und stürzt den Inhalt hinunter. »Diese besoffenen Tussis wissen, wie man Poker spielt. Vielleicht hatte ich auch einfach nur Bock, meine Klamotten auszuziehen. Such dir was aus.«

Ich starre ihn wütend an. »Ich konnte dich da nicht wegholen, weil ich eben eine Scheißsituation für dich geregelt habe. Hör endlich auf, diese Partys zu geben, verdammt noch mal! Eines Tages wird noch jemand vergewaltigt oder umgebracht, und dann hast du jede Menge Klagen am Hals.«

Sin grinst nur unbekümmert. »Tote können nicht klagen.«

Über eine solche Logik kann man nicht streiten. Also erzähle ich ihm lieber, was er verpasst hat. Nicht, dass es ihn irgendwie tangieren würde. Schließlich sieht er so etwas ja andauernd.

»Danke, dass du dich darum gekümmert hast«, sagt er beiläufig, so als wäre es ganz normal, wenn Leuten Gewalt angetan wird. Ich verdrehe die Augen.

»Gern geschehen. Könntest du dir jetzt bitte was überziehen?«

Er wackelt mit seinen dunklen Augenbrauen. »Klar. Wenn du beim Anblick meines Prachtstücks Minderwertigkeitskomplexe kriegst. Du magst zwar älter sein, aber ich bin besser gebaut. Und das ist es, was zählt!«

Und er macht sich auch gern zum Affen. Sein Schwanz ist nicht einen Zentimeter länger als meiner, aber das wäre reine Energieverschwendung.

Er zerrt ein T-Shirt aus meinem Koffer und zieht es sich über den Kopf. Dann greift er sich auch noch eine Jeans. Da er keine Unterhose trägt, bedeutet das, dass ich die Hose demnächst verbrennen werde.

»Ich hab dich noch gar nicht gefragt, wie lange du eigentlich bleibst«, sagt er, als er sich wieder hinsetzt, ohne auch nur den geringsten Gedanken daran zu verschwenden, dass er gerade meine Lieblingsjeans ruiniert hat. »Lange genug, um dir ein Konzert von uns reinzuziehen, hoffe ich. Duncan liegt mir seit Monaten damit in den Ohren, dass du es noch kein einziges Mal geschafft hast, dir deine armen kleinen Brüder auf der Bühne anzusehen.«

Ich verdrehe die Augen. »Arme kleine Brüder? Ich glaube, ihr beide kommt ganz gut klar.«

Sin gibt ein Schnauben von sich. »Genauso gut wie du, großer Bruder. Aber egal. Nächsten Monat haben wir einen Gig in Chicago. Wenn du noch mal herfliegen willst, können wir dir Backstage-Pässe besorgen.«

Ich schüttele den Kopf. »Ich glaube nicht, dass ich’s schaffe. In zwei Wochen geht’s mit den Dreharbeiten los. Aber ich werde sehen, was ich tun kann. Ich will ja nicht, dass der kleine Duncan traurig ist.«

»Was ist mit mir?«

Mein jüngster Bruder kommt wie aufs Stichwort ins Zimmer geschlendert und lässt sich neben Sin auf das Sofa fallen. Privatsphäre ist für die beiden offenbar ein Fremdwort und Berührungsängste scheinen sie auch keine zu haben, denn wir sitzen nun alle drei aneinandergequetscht auf einem Sofa. Und für so einen Scheiß sind wir definitiv zu alt.

»Gar nichts«, versichere ich Duncan. »Alles in Ordnung. Ich will nur nicht, dass unser Nesthäkchen heult, weil ich nicht zu eurem nächsten Konzert komme. Ich werde versuchen, vorbeizuschauen.«

»Also, das juckt mich im Moment überhaupt nicht«, erklärt Duncan und öffnet die Bierdose, die er in der Hand hält. »Du kannst dir doch jederzeit ansehen, wie ich auf den Drums rumhämmere. Ich frage mich gerade, wie ich all die halbnackten Frauen heute Nacht vögeln soll, die hinter dieser Tür warten. Mann, ich liebe dein Haus!«, sagt er, an Sin gewandt. »Oh, und da ist eine Tussi, die nach dir fragt. Sagt, sie will sichergehen, dass du erfährst, dass dein Bruder sie gerettet hat oder irgend so ein Scheiß.«

Sin verdreht die Augen, aber ich stoße ihm den Ellenbogen in die Rippen. »Das ist bestimmt die Kleine vom Pool. Du solltest besser mit ihr reden und ihr ein Autogramm auf die Titten geben oder sonst was. Halte sie bei Laune, damit sie nicht auf die Idee kommt, die Polizei anzurufen. Die Art von Presse kannst du gerade nicht gebrauchen, Alter. Nicht nach dem, was in Amsterdam passiert ist.«

Die bloße Erwähnung dessen, wie vor einem Monat die Boulevardpresse Sins Band wegen einer wilden Party in Amsterdam in Stücke gerissen hatte, reicht aus, um die beiden nüchtern werden zu lassen. Zwei minderjährige Mädchen waren dabei gewesen, Groupies, die ein falsches Alter angegeben hatten, und wenn die Gesetze dort nicht lascher gewesen wären als hier in den USA, dann wären meine Brüder am Arsch gewesen.

Sin nickt. »Also schön. Bring mich zu ihr«, sagt er zu Duncan. Und mir reicht er die Whiskeyflasche mit den Worten: »Wirst du es eigentlich nie leid, immer recht zu haben? Herrgott noch mal!«

»Bis jetzt noch nicht«, erwidere ich, nehme ein paar Schlucke, strecke mich wieder auf dem Sofa aus und schließe die Augen. »Aber es ist schon eine verdammte Last.«

Meine Brüder lachen auf dem Weg nach draußen, und ich entspanne mich, genieße es, wie der Whiskey meine Muskeln gelockert hat und sich die Wärme in jeden Winkel meines Körpers ausbreitet. Ich fühle mich wie betäubt und das ist mir sehr willkommen.

Denn dann fühle ich mich sicher genug, die Hand in meine Tasche gleiten zu lassen. Nicht, um an meinem Schwanz herumzuspielen, auch wenn das ganz normal für mich ist. Nein, ich schlinge meine Finger um den Anhänger mit dem kühlen Stein auf der weißen, in Silber gefassten Muschel, der sich immer dort befindet.

Das Letzte, was ich vor mir sehe, bevor ich einschlafe, ist Farbe.

Mein Kopf ist erfüllt von Aquamarinblau.

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Kapitel 2

Als ich die Augen wieder öffne, sind zwei Stunden vergangen. Das sehe ich im verschwommenen grünen Licht der Uhr. Ich bin ein wenig desorientiert, als ich mich aufsetze und mich umschaue, Möbel erblicke, die mir nicht gehören. Es dauert einen Moment, bis mir wieder einfällt, dass dies gar nicht mein Zuhause ist. Ich verbringe dieses Wochenende ja bei meinem Bruder.

»Guten Morgen, Sonnenschein.«

Die weiche Stimme lässt mich zusammenfahren. Ich schaue auf, und mein Blick fällt auf die hinreißende Blondine mit dem seltsamen Namen, die mir am Pool begegnet ist.

Jacey.

Sie sitzt in der Dunkelheit und scrollt durch ihr Handy. Hat sie mich etwa im Schlaf beobachtet? Oder war sie einfach zu höflich, um mich aufzuwecken?

Ganz egal, ich muss jedenfalls ein Knurren unterdrücken, weil meine Privatsphäre erneut gestört wurde.

»Was hast du hier verloren?«

Sie sitzt auf dem Bettrand und beobachtet mich. Sie ist sogar noch heißer, als ich sie in Erinnerung habe, lange Beine, volle Titten, schmale Taille. Für gewöhnlich bevorzuge ich größere Frauen, aber die Kleine ist wirklich perfekt proportioniert … und wahnsinnig sexy. Sie hat etwas an sich, das schreit: vögele mich.

Sie zuckt nur mit den Schultern. Meine Reaktion scheint sie nicht zu kümmern. Ihr langes blondes Haar fällt ihr an einer Seite über die Schulter.

»Dein Bruder hat mich raufgeschickt. Meine Freundin Kaylie übernachtet offenbar heute hier. Bei ihm.«

»Na und?« Ich ziehe eine Augenbraue hoch.

Sollte ich jetzt etwa schockiert sein? Sin macht andauernd so einen Scheiß. Es kümmert ihn einen Dreck, ob die Frau, mit der er vögelt, vor ihm gerade einen anderen gevögelt hat. »Dafür wurden doch die Gummis erfunden« ist sein Lieblingsspruch. Verdammte Rockstars. Die vögeln doch alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.

Jacey starrt mich unverfroren an. Sie ist definitiv nicht eingeschüchtert. Ihre wunderschönen braunen Augen funkeln im Dunkeln.

»Und sie wollte mich in ihrem Auto mitnehmen. Dein Bruder sagt, es würde dir nichts ausmachen, mich nach Hause zu fahren.«

»Ach, hat er das gesagt?«, erwidere ich ungehalten. Um zwei Uhr nachts. Dieser Blödmann.

Sie nickt. »Ja, hat er. Da du mit deinem Wagen einen Platz in seiner Garage blockierst, könntest du ihn zumindest hin und wieder mal fahren. Das hat er auch noch gesagt.«

»Er hat dich bestimmt dazu angestiftet, es Wort für Wort zu wiederholen, stimmt’s?«

Sie nickt wieder. »Ja. Er meinte, es sei besser, wenn du mich fährst, als wenn er mir ein Taxi ruft. Er will nicht, dass irgendein Taxifahrer etwas über die Party twittert.«

Ich gebe es nur ungern zu, aber das ist ziemlich clever. Jeder hier hört nur zu gern Neuigkeiten über Sin Kinkaide, und er gibt sich große Mühe, seine Partys geheim zu halten. Oder zumindest das, was dort geschieht. Ich stoße einen Seufzer aus. Shit.

»Also gut«, sage ich mit müder Stimme. »Ich fahre dich. Gib mir eine Minute, okay?«

»Lass dir Zeit«, erwidert sie gnädigerweise und lehnt sich gegen die seidenen Kopfkissen zurück. Ich kann nicht umhin, ihre knappe Uniform zu würdigen. Sie ist im Grunde kaum mehr als ein Badeanzug, und ihre Titten schauen aus dem Oberteil hervor. Ich wende meinen Blick ab, will sie nicht merken lassen, dass ich durchaus zur Kenntnis nehme, was sie für einen umwerfenden Körper hat.

Frauen wie sie … die können spüren, wenn man auch nur das kleinste bisschen Interesse an ihnen hat, und dann hängen sie wie Piranhas an einem. Ich hab’s schon hundert Mal erlebt. Auch wenn sie jetzt so desinteressiert tut, als lasse es sie völlig kalt, wer ich bin. Sie ist bloß sauer, dass ich ihr vorhin eine Abfuhr erteilt habe.

Ich gehe ins Badezimmer und spritze mir kaltes Wasser ins Gesicht. Als ich wieder herauskomme, schnappe ich mir meine Schlüssel vom Nachttisch.

»Okay. Auf geht’s!«

Sie folgt mir zu der wummernden Musik und zu den Leuten – die tanzen oder es in dunklen Ecken miteinander treiben. Jetzt mal im Ernst: Sins Partys geraten außer Kontrolle. Ich bin unendlich dankbar, dass ich nicht so ein Leben führen muss, nicht Tag und Nacht irgendwelche Leute in meinem Haus herumhängen.

Vielleicht kennt die ganze Welt meinen Namen, aber ich bin eigentlich ein verschlossener Mensch und werde nicht gern gestört. Jedes Mal, wenn ich hierherkomme, freue ich mich nach kurzer Zeit wieder auf zu Hause. Es mag unterhaltsam sein, aber es ist verdammt anstrengend, all den Leuten aus dem Weg zu gehen, die irgendwas von mir wollen.

Ich führe Jacey an den sieben Stellplätzen in Sins Garage vorbei zu meinem dunkelgrauen 911er. Das ist mein Chicagoer Wagen. Ich habe ihn hier stehen, damit ich einen fahrbaren Untersatz habe, wann immer ich nach Hause komme, und etwas, womit ich eine Runde auf der Rennpiste drehen kann, wenn mir langweilig ist. Ich habe genau so einen auch zu Hause bei mir in Kalifornien stehen, denn was ist besser als ein Porsche? Zwei Porsche.

Jacey betrachtet den Wagen, und ihre dunklen Augen weiten sich anerkennend, aber sie sagt kein Wort. Sie schlüpft einfach hinein, und während sie dies tut, stelle ich fest, dass sie definitiv einen Slip trägt, denn das Höschen ihrer Uniform ist so knapp, dass ich einen Blick auf roten Satin darunter erhasche, als sie die Beine übereinanderschlägt. Ich grinse, denn sie weiß nicht, dass ich es toll finde, wenn eine Frau roten Satin trägt.

Ohne sich meines stillen Beifalls für die Wahl ihrer Unterwäsche bewusst zu sein, schnallt sie sich an und schmiegt sich in den Sitz, als wäre er für sie gemacht worden.

»Wo wohnst du?«, frage ich, als der Boxermotor dröhnend zum Leben erwacht, wie es nur ein Porsche tun kann.

»Unten in der Nähe der 87th Street«, antwortet sie und starrt aus dem Fenster, während wir an gepflegten Rasenflächen vorbei die Auffahrt meines Bruders hinunterrollen.

»Calumet Heights?«, frage ich und sehe sogleich das ältere Chicagoer Viertel vor mir. Sie nickt.

»Wow, du erinnerst dich also noch an deine alte Heimatstadt. Sehr beeindruckend.«

Ich verdrehe die Augen, bin mir nicht sicher, ob sie es sarkastisch gemeint hat oder nicht. »Ich werde niemals vergessen, wo ich herkomme.«

Der Motor des Wagens schnurrt, als wir auf das Tor zufahren, und ich werfe einen kurzen Blick aus dem Fenster, in der Erwartung, weitere Rasenflächen, Bäume und die Schatten des Anwesens meines Bruders zu sehen. Doch stattdessen erblicke ich etwas anderes und erstarre. Meine Hände packen das Lenkrad fester, als ich die Bremse durchtrete.

»Was, zum Teufel, soll das?«, stößt Jacey verwirrt hervor, als sie nach vorn geschleudert wird. Aber ich bin schon aus dem Wagen heraus und marschiere mit großen Schritten auf die beiden Leute zu, die auf einer Bank zu unserer Linken sitzen.

Meine Schwester Fiona und mein einst bester Freund, Cris Kotzbrocken Evans, schauen aus der Dunkelheit überrascht zu mir auf. Sie hat ihre Arme um seinen Hals geschlungen, und noch vor dreißig Sekunden steckte seine Zunge in ihrem Rachen.

»Was zum …«, bringt Cris gerade noch hervor, bevor ich ihn von der Bank zerre und zu Boden stoße. »Was soll der Scheiß, Dominic?«, schnauzt er mich an, rappelt sich auf und stellt sich breitbeinig hin, bereit, sich auf mich zu stürzen.

Ich lächele grimmig und sehe Fiona an. »Was ist hier los, Fi? Sag mir, dass es nicht das ist, wonach es aussieht.«

Meine Schwester seufzt, steht auf und kommt langsam auf mich zu.

»Es ist sehr wohl das, wonach es aussieht, Dom. Cris und ich sind zusammen. Ich wollte es dir ja sagen, aber so wie die Dinge zwischen euch stehen … na ja, ich hatte Angst davor, wie du reagieren würdest.«

Ich ignoriere das Eiswasser, das durch mein Herz zu pumpen scheint.

»Und das mit Recht«, erwidere ich ruhig. »Denn offenbar hast du dir den größten Mistkerl auf diesem Planeten ausgesucht. Ganz große Klasse, Fi!«

»Dom.« Fiona seufzt erneut. »Ich habe keine Ahnung, was er dir getan hat, aber sechs Jahre ist eine verdammt lange Zeit, um so nachtragend zu sein, wie du es bist. Du solltest langsam mal darüber wegkommen und es hinter dir lassen. Ich liebe ihn, und damit wirst du dich abfinden müssen.«

»Du tust was?« Die Worte fühlen sich an wie Holz auf meiner Zunge, trocken und schwer. Ich kann einfach nicht glauben, was ich da gerade gehört habe.

Fiona mustert mich mit ihren grünen Augen. »Ich liebe ihn.«

Ich höre, wie Cris vor mir atmet, sehe Jacey am Rande meines Sichtfeldes stehen, aber alles verschwindet – nur das nicht: Cris und Fiona sind ein Paar.

Die Vorstellung, dass meine kleine Schwester mir einen solchen Stich ins Herz versetzen würde, ist einfach unfassbar für mich.

»Wie konntest du das tun?«, herrsche ich sie an. »Du weißt doch, was ich von ihm halte, Fiona. Bedeutet dir das Sprichwort ›Blut ist dicker als Wasser‹ denn gar nichts? Du bist viel besser als er, er hat dich nicht verdient. Und außerdem ist er sowieso zu alt für dich!«

Für einen kurzen Moment herrscht Schweigen, in dem Fiona ihre Hände zu ihren Hüften hinabgleiten lässt, dann explodiert sie.

»Herrgott noch mal!«, schnauzt sie mich an. »Reiß dich am Riemen, Dom. Er war mal dein bester Freund. Jemand, mit dem ich auch aufgewachsen bin. Und in all den Jahren hast du von uns allen erwartet, dir zu glauben, dass er eine Art Ungeheuer ist, ohne dass du uns erklärt hättest, warum. Wenn du möchtest, dass wir dir den Rücken stärken, dann musst du uns schon einen guten Grund dafür nennen. Wenn das, was er dir angetan hat, so verflucht schlimm gewesen ist, dann musst du mir, verdammt noch mal, sagen, was er gemacht hat.«

Ich schlucke schwer, denn die einzige Möglichkeit, um sie wirklich vor Cris zu warnen und von ihm wegzubekommen, besteht darin, ihr die Wahrheit zu sagen. Und das will ich nicht. Die Wunde ist zu tief. Und sie schmerzt wie am ersten Tag, hat sich immer noch nicht geschlossen, obwohl sie schon alt ist. Ich kann kaum daran denken, geschweige denn darüber reden.

Ich atme tief durch, dann ein weiteres Mal. Während ich dies tue, bemerke ich, dass Jacey näher gekommen ist und sich im Halbdunkel herumdrückt und uns verunsichert beobachtet. Ich wende meinen Blick von ihr ab und richte ihn wieder auf meine Schwester.

»Kannst du mir nicht einfach vertrauen?«, frage ich schließlich gedehnt. »Ich bin dein großer Bruder, kannst du mir da nicht, verdammt noch mal, einfach vertrauen?«

Cris setzt an, um etwas zu sagen, doch ich fauche ihn an. Meine Schwester streckt warnend eine Hand in seine Richtung, ehe sie wieder zu mir herübersieht. Sie kennt mich gut genug, um zu wissen, dass ich bei dem Versuch, mit Cris zu reden, in die Luft gehen würde.

»Dominic, ich liebe dich, auch wenn du ein schrecklicher Sturkopf bist. Und ich vertraue dir. Aber wir sind mit Cris aufgewachsen, und ich vertraue ihm genauso. Ich weiß, dass das Ganze irgendwie mit Emma zu tun hat. Aber sie ist fort, Dom. Was auch immer geschehen sein mag, hat keine Bedeutung mehr.«

Shit. Die bloße Erwähnung von Emmas Namen ist wie ein Schlag in die Magengrube für mich, und ich habe das Gefühl, mich vornüberbeugen zu müssen, damit ich atmen kann. Gleichzeitig würde ich mir am liebsten meine Schwester über die Schulter werfen und sie wegtragen … weit, weit weg von Cris.

Keine Bedeutung mehr? Das stimmt nicht. Für mich wird es bis zu meinem Tod eine Bedeutung haben.

Fiona starrt mich an, wartet darauf, dass ich etwas sage. Aber ich vermag die Worte nicht auszusprechen.

Ich kann ihr nicht all das erzählen, was sie wissen sollte. Kann die hässlichen Worte nicht hervorbringen, da ich sie schon so lange in meiner Brust versteckt halte. Es ist besser, sie dort verborgen zu lassen. Das ist etwas, was ich im Leben gelernt habe.

»Warum fragst du nicht Cris, was er getan hat?«, erkundige ich mich barsch und starre dabei ein Loch in die Stirn meines ehemaligen Freundes. »Frag ihn doch. Mal sehen, ob er dir die Wahrheit sagen wird.«

Cris öffnet den Mund, aber Fiona schüttelt den Kopf.

»Das werden wir nicht hier tun, Dominic. Lass uns das besprechen, wenn wir alle ruhiger sind. Glaubst du etwa, ich hätte ihn nicht schon danach gefragt? Er hat mir geantwortet: Wenn Dom irgendwann darüber reden will, wird er es tun.«

Was für ein Arschloch.

Cris räuspert sich, und ich sehe ihn mir genauer an. Er ist ein paar Jahre weg gewesen, hat erst studiert und sich dann ein Geschäft aufgebaut. Aber er sieht immer noch so aus wie früher. Ziemlich lange blonde Haare, blaue Augen, schlaksige Figur. Die Jahre haben ihn nicht härter gemacht so wie mich, was auch zu den Dingen gehört, die mir bei ihm auf den Sack gehen. Er beginnt, zögerlich zu sprechen.

»Dom, lass uns damit aufhören. Du gibst mir seit so vielen Jahren die Schuld an etwas, wofür ich nicht verantwortlich gewesen bin. Es ist an der Zeit, die Sache auf sich beruhen zu lassen.« Er lässt seine Hände sinken und sieht mich an, wartet auf eine Reaktion, aber ich vermag ihn nur ungläubig anzustarren.

Eine Minute lang sehe ich nicht mehr den Mann vor mir, auch nicht den Jungen, mit dem ich aufgewachsen bin, mit dem ich Baseball gespielt, Forts gebaut und Frösche gefangen habe. Ich höre nur einen Namen.

Seinen Namen.

Aus dem Mund meiner sterbenden Freundin. Etwas zieht sich in mir zusammen, als ich mich daran erinnere, wie bleich sie war, wie sie zitterte und fror, kaum noch zu sprechen vermochte, es aber dennoch schaffte, seinen Namen zu sagen.

Ich starre ihn zornig an, muss mich furchtbar zusammenreißen, um ihm nicht die Hände um seinen erbärmlichen Hals zu legen und zuzudrücken.

»Nicht dafür verantwortlich? Wirklich? Denn das Letzte, was sie gesagt hat, war dein Name. Dein. Name. Nicht meiner. Nicht Mom oder Dad. Dein Name. Und wir wissen beide, warum dies das letzte Wort gewesen ist, das über ihre Lippen gekommen ist, nicht wahr? Und du hast tatsächlich den Nerv, dich hier hinzustellen und mir zu erzählen, dass ich kein Recht habe, auf dich sauer zu sein?«

Cris sieht mich mit einem gequälten Gesichtsausdruck an. Ich höre, wie Fiona ein Keuchen ausstößt, doch sie presst die Hand auf ihren Mund und gibt keinen weiteren Laut von sich. Ich bin mir sicher, dass sie das zum ersten Mal hört, zum ersten Mal erfährt, was Emmas letzte Worte gewesen waren.

Cris tritt auf mich zu.

»Das habe ich nicht gesagt. Ich sagte, es war nicht meine Schuld. Ich habe nicht behauptet, du hättest kein Recht, sauer zu sein. Das hast du. Du hast jedes Recht, auf die verdammten Umstände stinksauer zu sein. Aber das Ganze ist lange her. Und du weißt nicht alles, was damals passiert ist. Du wolltest ja nicht mit mir reden, bevor ich wegging, und du bist nie ans Telefon gegangen, damit ich es dir erklären …«

»Und damit werde ich auch jetzt nicht anfangen«, unterbreche ich ihn. »Es kümmert mich einen Scheißdreck, was du zu sagen hast. Und es ist mir auch scheißegal, ob es lange her ist. Es ist nun mal geschehen, und ich werde es niemals vergessen.«

»Fiona und ich sind zusammen«, erwidert Cris. »Also wirst du es wohl oder übel versuchen müssen.«

Ich schüttele den Kopf. »Fick dich. Das ist Fionas Wahl, nicht meine. Wenn du eines über mich wissen solltest, dann, dass ich nur das tue, was ich will.«

Ich wende mich zum Gehen, und er sagt: »Und du wunderst dich, warum Emma das getan hat, was sie getan hat?«

Da sehe ich rot, und ich stürze mich mit Gebrüll auf ihn. Ich kann nichts hören, kann nicht klar denken. Kann mich nur bewegen. Fäuste, Flüche, Ächzen verschwimmen ineinander.

Ich fühle sein Haar in meiner Faust, und dann treffen meine Knöchel sein Gesicht, immer und immer wieder. Kiefer, Wangenknochen, Auge. Als Nächstes wird mir bewusst, dass sich Jacey zwischen uns drängt und einen Schlag von mir abbekommt. Ich streife ihre Wange mit meiner Faust, und sie reißt die Hand zum Gesicht hoch und umschließt sie damit. Aber sie versucht immer noch, uns auseinanderzubekommen.

Fiona eilt auf Cris zu, betupft mit den Fingern seine blutende Lippe, umarmt ihn und drückt ihn an sich.

»Was soll der Scheiß, Dom?«, kreischt sie, die Arme um Cris’ Schulter geschlungen, als wolle sie ihn vor mir beschützen. »Du bist doch völlig irre! Verzieh dich, verdammt noch mal!«

Ich versuche, den Schmerz zu ignorieren, dass meine Schwester nicht nur mit meinem schlimmsten Feind zusammen ist, sondern dass sie auch noch den Nerv hat, ihn mitzubringen, obwohl sie wusste, dass ich hier bin.

Das ist definitiv ein Verrat und etwas, das ich ihr niemals antun würde. Ich atme stoßweise und starre sie an, will nichts sagen, was ich später bedauern könnte.

»Ich wohne hier, während ich in der Stadt bin, Fiona. Also verzieh du dich und nimm dieses Stück Scheiße mit.«

Fiona sieht mich mit einer Mischung aus Enttäuschung, Wut und Ungläubigkeit an, als sie Cris wegführt.

Bevor Jacey und ich wieder in den Wagen steigen können, tauchen plötzlich rot-blaue Lichter um uns herum auf. Sie scheinen uns in die Gesichter, machen uns im Dunkel sichtbar.

»O Scheiße, da hat jemand die Cops gerufen!«

Jacey atmet vernehmlich ein und sieht mich an. Sie hat eine Hand locker auf meinen Arm gelegt, während sie sich mit der anderen die Wange hält. Sie ist jetzt mit Blut bedeckt, und ich bin mir nicht sicher, ob es meines ist oder Cris’. Oder vielleicht sogar ihr eigenes. Aber mir bleibt nicht genug Zeit, um es herauszufinden.

Zwei Cops kommen auf uns zu, und was als Nächstes geschieht, ist alles etwas undeutlich wegen all des Whiskeys, den ich getrunken habe, und der Tatsache, dass mir Cris einen kräftigen Schlag gegen die Schläfe versetzt hat.

Wie viel haben Sie getrunken?

Wer hat die Schlägerei begonnen?

Haben Sie etwas dagegen, wenn ich einen Blick in Ihren Wagen werfe?

Gehören diese Drogen Ihnen, mein Junge?

Ich blicke mit trüben Augen auf und sehe, wie einer der Cops einen Beutel mit Gras in die Höhe hält. Er verschwimmt zu drei Cops, wird dann wieder zu einem.

»Ich bin nicht Ihr Junge«, knurre ich. Jacey zieht vernehmlich die Luft ein, und ich höre sie schwören, dass die Drogen nicht ihr gehören und ich gerade nicht klar denken könne, nicht ich selbst sei. Ich versuche, sie wütend anzustarren, aber meine Gesichtsmuskeln weigern sich, mir zu gehorchen. Ich sehe, wie sie nach dem Polizisten schlägt, der nach ihren Handgelenken greift, aber das ist das Letzte, was ich sehe. Mein Kinn sinkt auf meine Brust, und mein Blick ist auf den Boden gerichtet.

Tau bildet sich im Gras. Das ist etwas, was ich bemerke, als sie mir die Handschellen anlegen und mich auf den Rücksitz eines Polizeiautos verfrachten. Ich höre die Stimme meiner Schwester, die außer sich und wütend zu sein scheint, aber ich verstehe die Worte nicht. Es fällt mir im Augenblick zu schwer, wach zu bleiben, daher lasse ich meinen Kopf gegen die Rückenlehne des Polizeiautos sinken.

Blitze und Bruchstücke des Geschehenen schießen mir durch den Kopf. Jaceys erschrockener Blick, die Art und Weise, wie sie sich ins Getümmel gestürzt und versucht hat, zu helfen, wie ich ihr einen Schlag ins Gesicht versetzt habe und sie trotzdem nicht zurückgewichen ist.

Er ist nicht er selbst, hat sie dem Cop gesagt. Ich muss beinahe lächeln. Glaubt sie das wirklich?

Ich spüre, wie das Blut von meinen Handgelenken auf die Handschellen tropft und mir den Rücken hinunterrinnt, und ich denke an Cris’ Worte.

Und du wunderst dich, warum Emma das getan hat, was sie getan hat?

O mein Gott. Mein Magen zieht sich zusammen, und es kostet mich all meine Kraft, dass es mir mit meiner Kehle nicht genauso ergeht und meine verdammten Lungen nicht den Geist aufgeben.

Emma.

Bei dem bloßen Gedanken an sie überkommen mich eine Vielzahl von Gefühlen, die ich nicht zu benennen vermag, und sie kriechen über meine Haut hinweg und schlagen ihre Krallen in mein Herz, stechen immer wieder hinein, bis ich gar nichts mehr fühle.

Das ist mir passiert. Das ist der Grund, warum ich diese Leere in mir verspüre.

Rein gar nichts empfinde.

Emma.

Ich schließe meine Augen ganz fest, versuche, sie mir nicht vorzustellen, nicht vor mir zu sehen, wie ihre Lippen mich damals angelächelt haben oder wie sie heute aussieht … tief im Boden vergraben und verwesend, bis nichts mehr von ihr übrig ist.

Shit. Ich spüre, wie meine Luftröhre immer enger und enger wird, und ich lehne meinen Kopf ganz weit zurück und versuche, langsam zu atmen.

Ich muss mich nicht fragen, warum Emma das getan hat, was sie getan hat. Ich weiß, warum. Es hat mit jeder Menge abgefuckter hässlicher Sachen zu tun, über die ich nicht nachzudenken vermag, ohne dass mir dabei der kalte Schweiß ausbricht. Es ist beschissen, aber so bin ich nun mal.

Ob es mir nun gefällt oder nicht, sie ist der Grund, warum ich so bin, wie ich bin. Weil ich sie geliebt habe und weil sie das getan hat, was sie getan hat.

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Kapitel 3

Jacey

 

Oh. Mein. Gott.

Ich schließe die Augen, um die schrillen Pfiffe und die anzüglichen Bemerkungen auszublenden. Aber was, zum Teufel, habe ich denn erwartet? Ich sitze in einer verdammten Gefängniszelle und habe nichts an außer einer Fliege, einem Bustier und Boyshorts. Meine Arschbacken hängen heraus, Herrgott noch mal. Und ich sitze inmitten einer Gruppe von Prostituierten.

Bemerkung am Rande: Sie tragen alle mehr Klamotten als ich.

Ergänzung dazu: Ich bin die Einzige hier, deren Gesicht geschwollen ist und deren Klamotten voller Blut sind. In ihren Augen sieht es wahrscheinlich so aus, als hätte mich mein Dealer – oder mein Zuhälter! – windelweich geprügelt.

Ich lehne meinen Kopf an die kühle Wand hinter mir und tue so, als sei ich irgendwo anders, aber nicht hier. Ich bin am Strand, shoppe auf der Michigan Avenue, lasse mir die Nägel maniküren.

Aber so ist es nicht. Die kalte Betonbank drückt sich in meine Oberschenkel, und der muffige Geruch der Zelle erinnert mich genau daran, wo ich bin.

»Jacey Vincent! Zeit für Ihren Anruf!«

Gott sei Dank.

Ein Cop schließt die Tür auf, und ich eile darauf zu, dankbar, die Zelle verlassen zu können.

Er führt mich zu dem Schalter zurück, an dem man mir zuvor meine Fingerabdrücke abgenommen hat. Zu der Zeit hatte gerade ein anderer das Telefon benutzen dürfen.

»Sie haben zwei Minuten«, teilt er mir barsch mit. Sein Blick wandert über mich hinweg, und ich vermag seine Gedanken zu lesen. Für ihn bin ich nichts weiter als eine verbrauchte Hure wie die anderen Frauen in der Zelle.

Ich bemerke, wie Übelkeit in mir aufsteigt. Doch es gelingt mir, sie zu unterdrücken. Ich wähle mit zittrigen Fingern die einzige Nummer, die mir einfällt. Den ersten Namen, der mir in den Sinn kommt, wenn ich Hilfe benötige.

Brand.

Mein Freund aus Kindertagen. Der beste Freund und Geschäftspartner meines Bruders.

Seit mein Bruder Gabe meine beste Freundin Maddy geheiratet hat und sie vor ein paar Monaten nach Connecticut gezogen sind, habe ich sonst niemanden mehr, den ich anrufen könnte. Aber das ist auch gut so, denn Gabe und Maddy würden mir für das hier sowieso einen Tritt in den Hintern geben, wobei ich mir nicht hundertprozentig sicher bin, ob es Brand nicht auch tun wird.

Trotzdem ist er der Einzige, auf den ich mich verlassen kann und der bereit wäre, mich aus diesem Drecksloch herauszuholen. So wie er bereit gewesen ist, mich vor zwei Wochen an der Fernstraße abzuholen, als ich die Reifenpanne hatte.

Er nimmt nach dem dritten Klingeln ab. Seine Stimme klingt ziemlich groggy. »Ja?«

»Brand?«, erwidere ich mit zittriger Stimme. Ich stähle mich und schlucke schwer. »Ich brauche deine Hilfe.«

»Jace?« Mit einem Mal scheint er hellwach, seine Stimme klingt schrill. »Alles okay bei dir?«

Ich schaue mich auf dem Polizeirevier um. Mein Blick wandert über die vergilbten Wände, die unnachgiebig wirkenden Cops, die Kriminellen, die darauf warten, erkennungsdienstlich behandelt zu werden, und ich schließe die Augen.

»Na ja … nicht wirklich. Ich wurde verhaftet. Kannst du bitte herkommen und mich abholen?«

Für einen Moment herrscht ein bedeutungsvolles Schweigen in der Leitung.

»Bist du auf dem Polizeirevier?«, fragt Brand schließlich, und ich muss ihm zugutehalten, dass seine Stimme ruhig und gelassen klingt. »Weshalb wurdest du denn verhaftet?«

»Besitz von Marihuana und Widerstand gegen die Staatsgewalt.«

Nun ist Brand nicht mehr ruhig und gelassen. Er lässt einige Kraftausdrücke vom Stapel.

»Was, zum Teufel, hast du dir dabei gedacht?«, sagt er schließlich. Doch bevor ich ihm eine Antwort geben kann, tippt mir der Cop, der neben mir wartet, auf die Schulter.

»Sie haben noch zwanzig Sekunden.«

Mein Herz beginnt zu rasen. Was ist, wenn Brand nicht kommt?

»Brand, ich habe noch zwanzig Sekunden. Könntest du bitte vorbeikommen, um mich abzuholen? Ich habe niemanden, den ich sonst anrufen könnte. Das waren nicht meine Drogen. Ich werde dir alles erklären, wenn du hier bist.«

»Die Zeit ist um«, sagt der Cop entschieden, nimmt mir den Hörer ab und legt ihn wieder auf die Gabel. Ich sehe ihn fassungslos an.

»Aber ich weiß doch nicht, ob er kommt«, sage ich verzweifelt.

»Klingt nach einem persönlichen Problem«, erwidert er, packt mich am Ellenbogen und führt mich zurück zu der Zelle. Jede Faser meines Körpers wehrt sich dagegen, wieder dort hineinzugehen, aber mir bleibt keine andere Wahl.

Der Cop schubst mich rein und schließt die Tür hinter mir ab.

Ich stehe allein und entmutigt da, und die Frauen beginnen mit einem Mal, zu johlen und zu pfeifen, und im ersten Moment glaube ich, das sei wegen mir, weil ich wieder hier gelandet bin und sie das lustig finden.

Doch dann sehe ich, dass sie alle auf die Gitterstäbe zulaufen und ihre Gesichter gegen das Metall pressen, um sich etwas anzusehen.

Ich nutze die Gelegenheit, um mir einen Platz auf den nun leeren Bänken zu sichern, aber ich recke auch meinen Hals, um zu sehen, was, zum Teufel, sie dazu bringt, wie von Sinnen zu schreien.

Ich erkenne rasch, dass es ein Wer ist und kein Was.

Es ist der verfluchte Dominic Kinkaide.

»Dominic reicht völlig. Das ›verfluchte‹ habe ich schon vor einer ganzen Weile abgelegt.«

Die Erinnerung an seine rauchige Stimme lässt mich schneller atmen, während ich zusehe, wie er den Flur an den Zellen entlang vorbeigeführt wird.

Selbst mit seinem verschrammten Gesicht ist er noch sexy. Seine Hände baumeln an den Seiten, er trägt keine Handschellen, was wohl bedeutet, dass er gehen darf. Vermutlich hat ihn sein Anwalt rausgehauen.

Er bleibt vor meiner Zelle stehen und ignoriert die sich wie rasend aufführenden Frauen, die nach ihm greifen.

Dominic, gib mir ein Autogramm auf den Arm.

Dominic, darf ich dich küssen?

Dominic, bitte, bitte fass mich an.

»Einen Augenblick«, sagt Dominic, an die Cops gewandt. Einer nickt, und der andere blafft die Frauen an: »Weg von den Gitterstäben!«

Dominic tritt vor und starrt mich an. Ich stehe unaufgefordert auf, und mein Körper macht wie von selbst einen Schritt auf ihn zu.

Er schaut mir mit diesem herausfordernden Blick, für den er berühmt ist, tief in die Augen.

Er wird mir helfen. Er wird ihnen erklären, dass das Ganze nur ein Missverständnis gewesen ist, dass die Drogen ihm gehören. Er wird mich hier rausholen.

Ich lächele erleichtert und gehe auf ihn zu.

Aber er sagt nichts. Starrt nur auf mein Gesicht, auf den Bluterguss, der sich auf meiner Wange bildet. Er greift durch die Gitterstäbe und berührt vorsichtig die Stelle, wobei ich seinen Daumen nur ganz leicht auf meiner Haut spüre.

»Anfassen verboten«, sagt einer der Cops.

Dominic zieht seine Hand zurück und lässt sie sinken.

Als ich den Ausdruck auf seinem Gesicht sehe, verkrampft sich mein Magen. Er sieht so verletzlich aus. So müde und erschöpft. Des ganzen Lebens überdrüssig.

Aber alles an ihm ist bemerkenswert. Diese unglaublichen Wangenknochen … O Gott, am liebsten würde ich trotz allem meine Finger danach ausstrecken und darüberstreichen. Sein kantiges, wie gemeißeltes Kinn ist mit sexy Bartstoppeln bedeckt, und sein dunkles Haar ist auf diese Ist-mir-scheißegal-Weise zerzaust. Im Gegensatz zu den vielen Schaumschlägern scheint es so, als sei es Dominic wirklich scheißegal. Und als ginge ihm alles irgendwie am Arsch vorbei.

Aber am bemerkenswertesten sind diese wahnsinnig grünen Augen, die so dunkel sind, aber mit einem Rand aus einem goldfarbenen Nussbraun versehen und interessanten goldenen Sprenkeln darin. Während er mich so ansieht, sich unsere Blicke ineinander verfangen, kommt es mir so vor, als würde er mich verbrennen, als stünde ich in Flammen. Und nur er könne sie auch wieder löschen.