Belle Morte - Rot wie Liebe - Bella Higgin - E-Book

Belle Morte - Rot wie Liebe E-Book

Bella Higgin

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Beschreibung

Die Wahrheit hat ihren Preis ...

Renie Mayfield hat den tödlichen Angriff auf Belle Morte nur knapp überlebt – doch zu einem hohen Preis. Ihr neues Leben als Vampirin ist ebenso schmerzlich wie die Wahrheit über ihre verschollene Schwester June. Doch neben der Suche nach dieser gilt ihr Fokus jetzt Edmond Dantès, dem Vampir, der ihr zu einem neuen Leben verholfen hat – und der sich jetzt vor einem Tribunal von Vampiren für seine Taten verantworten muss. Renie muss tief in die Geheimnisse von Belle Morte eintauchen, um Edmond und sich selbst zu retten …

Opulent, faszinierend, sexy: Band 2 der unwiderstehlichen Vampir-Romantasy-Reihe und Wattpad-Sensation.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 553

Veröffentlichungsjahr: 2024

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BELLA HIGGIN

ROT WIE LIEBE

Aus dem amerikanischen Englisch

von Doris Attwood

Der Verlag behält sich die Verwertung des urheberrechtlich geschützten Inhalts dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Erstmals als cbt Taschenbuch Juni 2024

Copyright © 2023 by Bella Higgin

The author is represented by Wattpad.

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2024

unter dem Titel »Revelations« bei Wattpad, USA.

© 2024 für die deutschsprachige Ausgabe cbj Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Aus dem amerikanischen Englisch von Doris Attwood

Lektorat: Catherine Beck

Cover design: © Ysabel Enverga

Bildmotive: Shutterstock.com (Valerii_k, klee048), iStockphoto

(PitakAreekul), AdobeStock (larisabozhikova, pit3dd)

Umschlaggestaltung: © Carolin Liepins

skn • Herstellung: AW

Satz: KCFG – Medienagentur, Neuss

ISBN 978-3-641-30162-0V001

www.cbj-verlag.de

Kapitel 1

Renie

Ich schwebte in Dunkelheit, blind und taub für alles, bis auf die nagenden Schmerzen in meinem Magen. Hin und wieder floss eine warme, süße Flüssigkeit meine Kehle hinunter, und die Hungerqualen klangen ab, aber nie für lange. Die schreckliche Gier flammte immer wieder von Neuem auf, brennend wie Feuer.

Nur gelegentlich erhaschte ich einen Moment des Bewusstseins: das Gefühl kühler Hände, die mein Gesicht berührten; das schwache Murmeln einer Männerstimme. In der hintersten Ecke meines fiebrigen Geists wusste ich, ich kannte diese Stimme, liebte diese Stimme. Doch dann kehrte das gewaltige Knurren des Hungers zurück und alles war wieder verloren.

Als ich schließlich die Augen wieder aufschlug, konnten Tage, Monate oder gar Jahre vergangen sein. Eine stuckverzierte Decke nahm über mir Gestalt an, grelle Lichtpunkte formten sich zu einem Kronleuchter.

Erinnerungsfetzen filterten zurück in meinen geschundenen Geist.

Belle Morte.

Ich lag in schwarze Satinlaken verheddert in einem riesigen Himmelbett, die Wände um mich herum indigoblau, viel dunkler als das blassgoldene Zimmer, das ich mir mit Roux teilte. Das Licht des Kronleuchters blitzte auf einem Paar an der Wand hängender Schwerter.

Ich kannte dieses Zimmer – es war Edmonds Zimmer.

Und neben dem Bett stand Edmond Dantès höchstpersönlich, der Vampir, in den ich mich verliebt hatte. Er sah aus wie ein dunkler Engel, mit kohlrabenschwarzem Haar und Elfenbeinhaut, die Augen funkelnd wie Diamanten – und eigentlich hätte mir angesichts seiner unglaublichen Schönheit der Atem gestockt … aber ich musste nicht mehr atmen.

Ich legte eine Hand an meine Kehle und drückte die andere auf meine Brust. Kein Herzschlag.

Erinnerungen rauschten zurück, machten mich schwindelig: Junes Flucht aus dem Westflügel; der Angriff auf Belle Morte; mein letzter Versuch, meiner Schwester zu helfen, der damit geendet hatte, dass sie mir ein Messer in die Brust stieß und …

»Etienne«, keuchte ich. Meine Lunge fühlte sich rostig an, meine Lippen ganz trocken.

Der Vampir, der vorgegeben hatte, mein Freund zu sein – der mir geholfen hatte, die Wahrheit über June herauszufinden, nur um mir dann zu enthüllen, dass er derjenige gewesen war, der sie getötet und in ein Ungeheuer verwandelt hatte.

Edmond ließ sich neben mir auf das Bett sinken, so anmutig und geschmeidig wie eine Katze. »Ruhig, mon ange. Mach dir darüber keine Gedanken.«

Ich wich instinktiv vor ihm zurück und Edmond versteifte sich.

Emotionen tobten durch meinen Kopf, machten es mir schwer, klar zu denken.

Ich war tot.

Ich war dort draußen im Schnee gestorben.

Ich war nur nach Belle Morte gekommen, um mich zu vergewissern, dass es June gut ging, aber nun konnte ich noch nicht einmal begreifen, wie meine Zukunft aussehen würde. Ich würde nie älter als achtzehn sein. Ich würde nie einen Beruf ausüben. Es würde Jahre dauern, bis ich eine ausreichende UV-Toleranz entwickelte, um längere Zeit in der Sonne verbringen zu können. All die Dinge, die ich als Mensch für selbstverständlich erachtet hatte, waren nun für mich verloren.

Der Schmerz über die unzähligen verlorenen Möglichkeiten blieb in meiner Kehle stecken und brannte mir in den Augen, aber es strömten keine Tränen.

Ich presste die Hand weiter auf meine Brust, wo sie vergeblich darauf wartete, den Schlag eines Herzens zu spüren, das nie wieder schlagen würde. Ich fuhr mir mit der Zunge über die Zähne und zuckte zusammen, als ich die scharfen Spitzen von Reißzähnen spürte. Als ich zum ersten Mal die Augen als Vampirin geöffnet hatte – während Edmond mich im schneebedeckten Garten von Belle Morte in seinen Armen wiegte –, war ich mir über diese Veränderungen zwar bewusst gewesen, aber eher auf abstrakte Weise.

Nun traf mich die Realität wie ein Hammerschlag im Gehirn.

Ich war eine Vampirin.

Für den Rest meines Lebens war ich auf Menschenblut angewiesen, um zu überleben.

Ich hatte mich in genau das verwandelt, was ich einst gefürchtet hatte.

»Was hast du mir angetan?«, flüsterte ich.

Ein Schatten des Schmerzes huschte über Edmonds perfektes Gesicht.

Übelkeit rumorte in mir, krampfte mir den Magen zusammen. Diese süße Flüssigkeit, die ich getrunken hatte, als ich mich in Dunkelheit verloren hatte – das Einzige, was die Hungerqualen im Zaum gehalten hatte –, war Blut gewesen.

Ich hatte Menschenblut getrunken.

»Ich bin ein Monster«, krächzte ich heiser.

Edmond rührte sich nicht, sagte nichts, doch aus seinen Augen sprach pure Verzweiflung, so als würde etwas in ihm zerbrechen.

Ich hatte ihm die Erlaubnis gegeben, mich zu verwandeln, das wusste ich, aber ich hatte trotzdem keine Ahnung, wie ich mit der gewaltigen Veränderung fertigwerden sollte, die dies für meinen Körper und mein Leben bedeutete. Ich war verängstigt und hungrig und wusste nicht, was ich mit mir anfangen sollte.

Eine quälende Woge des Hungers rauschte durch mich hindurch und ich stieß ein lautes Stöhnen aus. Meine Reißzähne bohrten sich in meine Unterlippe und mein Zahnfleisch pulsierte.

Edmond ignorierte meine harschen Worte und zog mich sanft an seine Brust. »Der Hunger wird vorübergehen. Du hast es fast geschafft«, flüsterte er.

Seine Stimme war wie Samt, hüllte mich in Wärme und Sicherheit, während der Raum um mich verblasste und erneut Schwärze über mich hinwegschwappte. Mein letzter Gedanke war, wie froh ich trotz meiner Worte war, dass Edmond bei mir war und mich festhielt.

Edmond

Auf der Bettkante sitzend, sah Edmond zu, wie Renie sich in unruhigem Schlaf hin und her warf. Er wünschte, es hätte eine andere Möglichkeit gegeben, sie zu retten.

Er hatte ihr einmal gesagt, wenn er in der Zeit zurückreisen könnte – selbst wenn er über all die schrecklichen Dinge Bescheid wüsste, die ihn in seinem Leben als Vampir erwarteten –, würde er dieses Leben wieder wählen. Aber er hätte es niemals für sie gewählt.

Etiennes Verrat hatte Edmond gegeben, was er sich so verzweifelt gewünscht hatte: dass Renie bei ihm blieb. Nun würde sie niemals alt werden und sterben, während er hilflos dabei zusah. Sie hatten eine Chance, wirklich zusammen zu sein.

Aber all das bedeutete nichts, wenn Renie mit der Wahl, die sie getroffen hatte, nicht glücklich war.

Die Zimmertür öffnete sich, und Ysanne Moreau rauschte herein, zögernd gefolgt von Ludovic. Die Lady von Belle Morte ließ den Blick über Renies schlafende Gestalt schweifen, doch ihr kühler Ausdruck veränderte sich nicht.

»Wie geht es ihr?«, erkundigte sie sich.

»Besser«, antwortete Edmond und streichelte über Renies verworrenes rotbraunes Haar, leuchtender denn je auf ihrer vampirblassen Haut.

Ysanne wusste nun von seinen Gefühlen für Renie, nachdem Edmond sie anfangs diesbezüglich angelogen hatte – und er wusste, sie würde diese Lüge nicht vergessen. Ihre Freundschaft war im Lauf vieler Jahrzehnte gewachsen. Er und Ysanne waren durch Liebe und Verlust miteinander verbunden, und Edmond hatte es gehasst, die Person anzulügen, die ihn länger kannte als irgendjemand sonst. Doch Beziehungen zwischen Vampiren und Spendenden waren streng verboten, und als Edmond erkannt hatte, dass er nicht gegen seine Gefühle für Renie ankämpfen konnte, hatte er seine älteste Freundin anlügen müssen.

»Glaubst du, sie hat das Schlimmste überstanden?«, fragte Ysanne. »Der Vampirrat wird bald in Belle Morte erscheinen, und du kannst nicht hier sein, wenn sie eintreffen.«

Edmond schloss die Augen. Einen Menschen zu verwandeln, noch dazu ohne Erlaubnis des Vampirrats – des Gremiums, das sich aus den über die britischen und irischen Vampirhäuser Regierenden zusammensetzte, – gehörte zu den schlimmsten Verbrechen, die ein Vampir begehen konnte. Ysanne hätte Edmond sofort dafür bestrafen müssen, hatte sich jedoch zurückgehalten, damit er Renie durch ihre Verwandlung helfen konnte. Niemand sonst hätte ihm diese Galgenfrist gewährt. Doch noch nicht einmal Ysanne konnte seine Bestrafung für immer aussetzen, vor allem, weil sie selbst auf gravierende Weise gegen die Regeln des Vampirrats verstoßen hatte.

Unter ihrer Obhut war June Mayfield getötet und verwandelt worden, doch anstatt als Vampirin wieder aufzuwachen, war sie als Rasende zurückgekehrt. Die Vampirgesetze stuften Rasende als zu gefährlich ein, um sie am Leben zu lassen, deshalb hätte Ysanne June sofort töten sollen, als sie sie gefunden hatte. Aber das hatte sie nicht.

Stattdessen hatte sie June im Westflügel der weitläufigen Villa versteckt und Renie nach Belle Morte geholt – offiziell als ganz normale Spenderin, – in der Hoffnung, sie könnte Ysanne dabei helfen, Junes geistige Gesundheit wiederherzustellen.

Aber Renie hatte keinen Erfolg gehabt – Rasende konnten nicht gerettet werden. Doch als auch Ysanne dies endlich eingesehen hatte, war es zu spät gewesen – Etienne hatte June im selben Moment auf das Haus losgelassen, als Belle Morte von feindlichen Mächten angegriffen worden war.

Die Leichen der bei diesem Kampf Gestorbenen waren längst fortgeschafft worden, aber es roch noch immer im ganzen Haus nach Blut.

Edmonds gesetzwidrige Verwandlung Renies war nur einer der vielen düsteren Schatten, die über Belle Morte hingen.

»Edmond?«, drängte Ysanne, und ihm wurde bewusst, dass er ihre Frage nicht beantwortet hatte.

Er blickte erneut auf Renie hinunter, zusammengekrümmt auf seinem Bett, in dem sie seit drei Tagen lag, ihr Haar über das Kopfkissen ergossen wie ein Schauer aus Herbstlaub. Er hätte Ysanne erklären können, dass er noch mehr Zeit mit ihr brauchte, aber es wäre eine Lüge gewesen. Renie hatte den schlimmsten Teil der Verwandlung hinter sich – wenn sie das nächste Mal erwachte, dann als wahre Vampirin. Edmond hatte ihr geholfen, so gut er konnte, und er würde die Zeit, die Ysanne ihm gegeben hatte, nicht mit der respektlosen Bitte um mehr herabwürdigen. Er würde sie nicht noch einmal anlügen.

»Ja«, antwortete er schließlich, und sein Herz lag wie ein Stein in seiner Brust. Er hatte keine Ahnung, welche Strafe ihn dafür erwartete, die Frau, die er liebte, verwandelt zu haben.

Ysannes eiskalte Maske verschwand für eine Sekunde. »Vieil ami, du weißt, mir bleibt keine andere Wahl.«

Edmond erhob sich vom Bett und näherte sich ihr – der Frau, die ihm als Erste die Augen für die Welt der Vampire geöffnet hatte, die er einst als Partnerin geliebt hatte und noch immer als Freundin liebte. »Ich würde dir niemals die Schuld geben«, versicherte er ihr. »Es war meine Entscheidung, und ich würde sie wieder treffen, ungeachtet der Konsequenzen.«

Ysanne küsste ihn auf die Wange, ein sanfter Hauch ihrer Lippen, dann kehrte ihre kühle Maske zurück.

»Zeit, zu gehen«, sagte sie.

Edmond blickte noch mal zu Renie zurück, prägte sich jede Linie ihres Gesichts, jede Strähne ihres Haars genau ein. Er erinnerte sich daran, wie sich ihre Lippen bogen, wenn sie ihn anlächelte, daran, wie ihre Augen vor Wut blitzen oder vor Lachen strahlen konnten. Er brannte sich jedes Detail von ihr in sein Gedächtnis ein, weil er nicht wusste, wann er sie wiedersehen würde.

Ysanne verließ den Raum, und Edmond folgte ihr, blieb jedoch noch einmal stehen, als Ludovic eine Hand auf seine Schulter legte.

»Ich kümmere mich um sie«, versprach Ludovic.

Edmond legte eine Hand auf die seines Freunds. »Danke«, erwiderte er.

Dann, mit einem letzten Blick auf die Frau, die sein uraltes Herz gestohlen hatte, entfernte Edmond sich, um den Preis für ihre Rettung zu bezahlen.

Renie

Als ich das nächste Mal erwachte, war Edmond fort. Ludovic und Isabeau standen an der Tür und unterhielten sich leise. Ich war nun eine Vampirin und konnte jedes ihrer Worte hören. Zu dumm nur, dass ich kein Französisch sprach.

Sie blickten zu mir herüber, als ich mich langsam aufsetzte, und Ludovic kam zu mir. Seine Miene war unlesbar. »Wie fühlst du dich?«

»Ich … ganz gut.« Die lähmenden Hungerqualen waren zu einem dumpfen Schmerz in meiner Magengrube verebbt.

Ich stieg aus dem Bett und erwartete, dass meine Beine zittern würden, aber sie waren kräftig genug. Mein ganzer Körper fühlte sich kräftig an.

Das war es also. Ich war wirklich eine Vampirin.

Unmittelbar nach meiner Verwandlung hatte ich keine Zeit gehabt, um wirklich zu verarbeiten, wie gewaltig das alles war. Schließlich war ich gerade gestorben. In meinen wachen Momenten während der Verwandlung hatte ich dann nur die schlimmsten Auswirkungen bemerkt. Nun fühlte ich mich jedoch deutlich ruhiger und war besser in der Lage, über die Entscheidung nachzudenken, die ich getroffen hatte.

Ja, ich war eine Vampirin, und auch wenn ich nicht mehr lebendig war, würde ich trotzdem weiterleben. Möglicherweise für immer. Ich hätte mir niemals vorgestellt, dass das mit mir passieren könnte und es würde definitiv eine Weile dauern, mich daran zu gewöhnen: Mit dem Messer, das June mir in die Brust gerammt hatte, war nicht alles zu Ende gewesen.

June …

Ein scharfer Schmerz schnitt sich durch mein Herz, und ich schnappte nach Luft, die ich zum Atmen nicht mehr brauchte.

»Was ist passiert?«, fragte ich.

»Woran kannst du dich noch erinnern?«, wollte Isabeau wissen und faltete die Hände vor ihrem Körper. Ihre dichten haselnussbraunen Locken waren zu einem tief sitzenden Pferdeschwanz zusammengefasst und ihre Miene wirkte ernst.

»Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass Etienne das Arschloch ist, das meine Schwester umgebracht hat«, antwortete ich mit leiser, harter Stimme. »Wo ist er?«

Ludovic und Isabeau wechselten einen Blick.

»Wir wissen es nicht«, gestand sie.

»Was?«

Ludovic übernahm. »Nachdem June dich erstochen hat, sind sie und Etienne geflohen. Als Edmond und ich in den Garten kamen, waren sie bereits weg. Wir haben keine Ahnung, wo sie hin sind.«

»Roux? Jason?«, fragte ich.

Ich war nicht nach Belle Morte gekommen, um Freundschaften zu schließen, aber meine Zimmergenossin, Roux Hayes, und Jason Grant, ein weiterer Spender, der am selben Tag wie wir hierhergekommen war, hatten schnell den Weg in mein Herz gefunden. Sie waren die besten Freunde, die ich mir je hätte wünschen können.

»Es geht ihnen gut«, versicherte Isabeau mir, aber etwas in ihrer Stimme ließ mich aufhorchen.

»Wie lange bin ich schon hier?«, fragte ich.

»Drei Tage.«

»Wo ist Edmond?«

Die beiden älteren Vampire wechselten erneut einen Blick, und Ludovics Miene verfinsterte sich.

»Renie, du musst verstehen, dass Edmond etwas sehr Gravierendes getan hat, als er dich verwandelt hat«, erklärte Isabeau mir sanft.

Mein Magen erstarrte zu Eis. Irgendetwas stimmte hier nicht.

»Wo ist er?«, wiederholte ich.

»Er wurde gestern inhaftiert, weil er dich ohne Erlaubnis verwandelt hat«, verkündete Ludovic mir.

Seine Augen waren starr auf mich gerichtet, und ich fragte mich, ob er mir die Schuld dafür gab, was passiert war. Edmond war sein bester Freund – jemand, mit dem er die Hölle des Kriegs überlebt hatte –, und er wäre nun nicht eingesperrt, wenn ich nie nach Belle Morte gekommen wäre.

Doch dann verwandelte sich das Eis in meinem Magen in Feuer.

Nein, Edmond wäre jetzt nicht eingesperrt, wenn Etienne meine Schwester nicht ermordet hätte.

»Hat Ysanne ihn eingesperrt?«, fragte ich.

Ich wollte, dass Ludovic mit Nein antwortete, wünschte mir, es wäre auf Befehl eines anderen Mitglieds des Vampirrats geschehen. Erst vor wenigen Tagen hatte Ysanne Edmond mit Silber auspeitschen lassen, weil er mich gegen einen anderen Vampir verteidigt hatte. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie ihn erneut bestraft hatte.

»Ja, hat sie«, antwortete Ludovic.

Ich schloss die Augen.

Hier gingen noch bedeutendere Dinge vor sich als die Sache mit Edmond und mir, das wusste ich. Aber die Vorstellung, er müsste – schon wieder – meinetwegen leiden, war beinahe mehr, als ich ertragen konnte.

Edmond liebte Ysanne nicht mehr auf romantische Weise, aber er liebte sie noch immer als Freundin. Er vertraute ihr und respektierte sie. Zählte das denn gar nichts?

»Kann ich ihn sehen?«, bat ich.

Isabeau schüttelte den Kopf. »Ich fürchte nicht.«

Das war nicht fair. Edmond hatte mich nur verwandelt, um mein Leben zu retten. Wie konnte Ysanne ihn dafür bestrafen?

»Ich muss mit Ysanne sprechen«, sagte ich.

Isabeaus Miene war mitfühlend, aber fest. »Ich glaube, das ist keine gute Idee.«

Plötzliche Wut loderte in mir auf, schneller, als ich sie im Zaum halten konnte. »Mir ist egal, was du glaubst. Vielleicht unterstützt du ja blind alles, was Ysanne tut, weil du mit ihr schläfst oder was immer zwischen euch beiden auch läuft. Aber ich werde nicht einfach tatenlos zusehen, wie sie ihm das antut. Nicht noch einmal.«

Isabeaus Augen flackerten rot, und ihre zurückgezogenen Lippen enthüllten ihre Reißzähne. »Pass auf, was du sagst«, warnte sie mich.

»Was will Ysanne denn tun – meinen Vertrag kündigen? Ich bin keine Spenderin mehr.«

Während ich sprach, spürte ich ein eigenartiges Gefühl der Macht in mir anschwellen. Es war keine physische Macht, sondern etwas anderes. Ich war jetzt eine Vampirin, und Ysanne konnte mich nicht mehr einfach so abspeisen, wie sie es getan hatte, als ich noch ein Mensch gewesen war.

Ich durchquerte das Zimmer und riss die Tür so schwungvoll auf, dass sie gegen die Wand knallte und eine Delle in der edlen Tapete hinterließ.

Isabeau eilte mir hinterher. Das Rot in ihren Augen war wieder verblasst, aber ihr Gesicht war zu straffen Linien verzerrt. »Sei nicht so töricht, Renie.«

Sie legte eine Hand auf meine Schulter, aber ich schüttelte sie ab. Ich wirbelte herum und starrte sie an, meine Füße in dem dicken Teppichboden versinkend, der sich durch Belle Mortes zahlreiche Korridore zog. Wut loderte in mir, so heiß und wild, dass ich das Gefühl hatte, auf der Stelle zu verbrennen. Mein Kiefer schmerzte, als meine Reißzähne in voller Länge hervorglitten.

Hier ging es nicht nur um Edmond. Es ging auch um meine geliebte Schwester, die in diesem Haus durch die Hände eines Mannes, dem ich vertraut hatte, gestorben und als blutrünstiges Ungeheuer zurückgekehrt war. Es ging darum, dass dieser Mann seiner gerechten Strafe entkommen war, während Edmond dafür bestraft wurde, dass er mir das Leben gerettet hatte.

Isabeau betrachtete mich, ihre Miene so ungerührt, dass es mich nur noch wütender machte. Wenn ich geglaubt hatte, als Vampirin könnte ich endlich besser entschlüsseln, was Vampire dachten, dann hatte ich mich geirrt.

Ludovic stand direkt hinter Isabeau, den Blick auf mich gerichtet. Als Edmond mich gegen Adrian verteidigt hatte – den Vampir, der mich bei einer Willkommensparty für die Besucher aus dem Haus Nox begrapscht hatte, – hatte Ludovic dafür gesorgt, dass mich nicht noch mal jemand belästigte, während Edmond und Adrian aus dem Ballsaal entfernt worden waren. Er hatte mich außerdem vor Adrian abgeschirmt, als dieser kurz darauf zurückgekehrt war, und dann nur wenige Stunden später gegen die Regeln von Belle Morte verstoßen, indem er mich heimlich in den Nordflügel geschmuggelt hatte – in dem die Vampire schliefen und in dem Spendenden der Zutritt eigentlich verboten war –, damit ich bei Edmond sein konnte, der kurz zuvor ausgepeitscht worden war. Ich war mir nicht sicher, wie Ludovic im Augenblick über mich dachte, aber ich hoffte, er verstand, dass ich nur um Edmonds willen so wütend war.

Erinnerungsbruchteile setzten sich langsam in meinem Kopf zusammen, und mir fiel wieder ein, was ich zu Edmond gesagt hatte, als ich das letzte Mal aufgewacht war. Ein Teil meiner Wut verebbte und wurde durch brennende Scham ersetzt. Ich hatte mich selbst als Monster bezeichnet – und damit indirekt auch ihn. Ich hatte Edmond die Schuld gegeben, weil ich – so schrecklich und ungerecht es auch war – sie in jenem Moment irgendjemandem hatte geben müssen. Es war schon eine ganze Weile her, seit ich Vampire als Monster betrachtet hatte, doch als ich das Bohren meiner Reißzähne gespürt hatte und mir bewusst geworden war, dass ich Menschenblut getrunken hatte, waren meine alten Ängste zurückgekehrt und mir in grausamen Worten über die Lippen gekommen.

Ich musste Edmond sehen, und Ysanne war die Einzige, die mir diesen Wunsch erfüllen konnte.

»Ich habe Edmond versprochen, mich um dich zu kümmern«, sagte Ludovic und durchbohrte mich weiter mit seinem Blick.

»Du kannst mich nicht davon abhalten, zu Ysanne zu gehen.«

Konnte er sehr wohl, aber das hielt mich nicht davon ab, es zu behaupten. Genauso wenig, wie es ihn davon abhielt, zu erwidern: »Ich weiß.«

Ich kehrte den beiden anderen Vampiren den Rücken zu und ging davon, um Ysanne zu finden. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun würde, wenn ich sie fand, aber ich konnte Edmond nicht einfach so zurücklassen.

Er hatte mich gerettet. Und jetzt würde ich ihn retten.

Kapitel 2

Edmond

Edmond Dantès lehnte den Kopf gegen die Steinmauer zurück, während Renies Worte in einer grauenvollen, endlosen Schleife durch seinen Kopf wirbelten.

Das Verlies von Belle Morte – so gut versteckt, dass die Spendenden und selbst die meisten Angestellten keine Ahnung hatten, dass es überhaupt existierte – war meilenweit vom Luxus des restlichen Anwesens entfernt. Die Zellen waren nichts weiter als kahle steinerne Räume, beinahe mittelalterlich in ihrer Kargheit, ohne Möbel oder sonstige Annehmlichkeiten – nichts, was den soliden Stein durchbrochen hätte, abgesehen von tief in die Mauern getriebenen Eisenringen.

Edmond hatte schon in schlimmeren Gefängnissen gesessen – die Tage, die er während der Französischen Revolution in der Conciergerie verbracht hatte, gehörten zu den trostlosesten seines Lebens –, doch das Verlies von Belle Morte hielt eine Grausamkeit bereit, die der Conciergerie fehlte.

Edmond war mit Silber gefesselt.

Seine Handgelenke hingen in silbernen Schellen und Ketten an den Ringen an der Wand und das Metall brannte sich durch seine Haut und sein Fleisch. Kleine Pfützen aus Blut sammelten sich auf beiden Seiten seines Körpers, und schon die kleinste Bewegung war pure Folter.

Er konnte nicht sagen, wie lange er sich schon hier befand.

Die Tür ging auf und Ysanne kam herein. Auf jeden anderen hätte sie genauso gewirkt wie immer – ganz die eiskalte Lady von Belle Morte. Aber Edmond kannte sie. Ihm fiel auf, wie sie sich bewegte, ein klein wenig langsamer als gewöhnlich, ihre Haltung ein wenig zu steif, dunkle Schatten in ihren Augen.

Das Klicken ihrer hohen Absätze hallte von den Steinmauern wider, erstarb in völliger Stille, als sie vor ihm stehen blieb.

»Oh, mongarçon d’hiver«, sagte sie leise. »Das habe ich gewiss niemals für dich gewollt.«

»Ich mache dir keine Vorwürfe«, erwiderte Edmond.

Ysanne zog ihre Schuhe aus und kniete sich vor ihn, die Hände in ihrem Schoß gefaltet. Einen langen Moment sagte keiner von ihnen ein Wort.

»Renie hat sich selbst als Monster bezeichnet«, sagte Edmond. »Auch nach alldem betrachtet sie uns noch immer so. Ich habe oft darüber nachgedacht, wie hart es wäre, zusehen zu müssen, wie sie aus Belle Morte fortgeht und nie wieder zurückkehrt. Dort draußen im Schnee musste ich der grauenvollen Realität ins Auge blicken, sie sterben zu sehen. Aber ich hätte niemals geglaubt, dass sie sich gegen mich wenden könnte.«

»Hör auf«, sagte Ysanne mit fester Stimme. »Renie ist nicht Charlotte. Das hier ist eine völlig andere Situation.«

Vor mehreren Hundert Jahren hatte Edmond einer anderen Frau, die er liebte, gestanden, ein Vampir zu sein. Charlotte hatte darauf reagiert, indem sie ihn als Ungeheuer bezeichnet und einen Lynchmob versammelt hatte, um ihn zu töten. Ihr Verrat hatte eine tiefe Narbe auf Edmonds Herz hinterlassen.

Ysanne neigte den Kopf zur Seite, und ihr blondes Haar fiel ihr über die Schulter. »Ich weiß, wie das ist«, sagte sie. »Vor langer Zeit wandte sich eine Frau, die mir sehr viel bedeutete, auf dieselbe Weise gegen mich, als sie herausfand, was ich war. Aber ich glaube nicht, dass Renie dich wirklich als Monster betrachtet.«

Edmond brachte ein halbes Lächeln zustande, das sich in ein schmerzerfülltes Zischen verwandelte, als er seine gefesselten Handgelenke nur ganz leicht bewegte. »Ich hätte niemals geglaubt, dass ich eines Tages erleben würde, wie du sie verteidigst.«

»Das tue ich nicht. Ich rate dir nur, die Vergangenheit loszulassen.«

»Was passiert jetzt mit Renie?«

Ysanne dachte darüber nach. »Ich weiß es nicht. Das hängt davon ab, was passiert, wenn der Vampirrat hier eintrifft.«

Edmond versuchte, nicht darüber nachzudenken, dass Renies unerlaubte Verwandlung nicht sein einziges Vergehen war: Er hatte Ysanne auch dabei geholfen, June zu verstecken und – zusammen mit Isabeau und später auch Ludovic – Junes Ermordung zu vertuschen. Der Vampirrat würde von ihnen allen Antworten erwarten.

»Die Vampire, die das Haus angegriffen haben, müssen für Etienne gearbeitet haben«, sagte er.

Ysannes Lippen verzogen sich zu einer dünnen Linie. »Das erscheint mir die wahrscheinlichste Erklärung.«

»Aber warum? Was wollte er damit erreichen?«

Ysanne erwiderte nichts, ihre Miene nachdenklich.

Edmond rührte sich, streckte instinktiv die Hand nach seiner alten Freundin aus und kniff die Augen zusammen, als eine Flut der Qualen über ihn hinwegrauschte. Wahrscheinlich wäre niemand sonst in der Lage gewesen, zu ertragen, was sie ihm antaten, aber Ysanne wandte den Blick keine Sekunde von ihm ab, zuckte nicht zusammen, entschuldigte sich nicht. Er wusste auch so, wie weh es ihr tat, dass sie die Ursache für sein Leiden war, aber sie würde sich nicht davor verstecken. Sie würde nicht so tun, als passierte es nicht.

»Du hast lange Zeit behauptet, du würdest dein Herz nie wieder jemandem schenken«, sagte Ysanne. »Was hat sich verändert? Was ist an Renie so besonders?«

»In den letzten zehn Jahren sind so viele Spenderinnen und Spender nach Belle Morte gekommen, dass ich mich gar nicht an alle erinnern kann, aber sie haben mich stets auf dieselbe Weise behandelt: Sie betrachteten mich voller Ehrfurcht und wollten mit mir zusammen sein, nur weil ich ein Vampir war. Sie versuchten mit ihren besten Verführungskünsten, in meinem Bett zu landen, in der Hoffnung, ich würde sie unsterblich machen. Sie alle haben mich als Kuriosität betrachtet, als unerreichbare Trophäe, die sie sich trotzdem irgendwie holen wollten.«

»Aber nicht Renie«, vermutete Ysanne.

»Von dem Moment an, als sie hier ankam, hat sie sich geweigert, sich von meiner Berühmtheit beeindrucken zu lassen. Sie war die erste menschliche Frau seit sehr langer Zeit, die mich ganz normal und nicht wie eine Trophäe behandelt hat – und darauf war ich schlicht nicht vorbereitet.«

Renie war wie eine Abrissbirne in sein Leben geplatzt, mit all ihrem Temperament, ihrer Schönheit und ihrer Renitenz, und hatte den Mauern, die er schon vor so langer Zeit um sich herum errichtet hatte, immer neue Risse zugefügt, bis sein altes, verwundetes Herz wieder zu fühlen begonnen hatte.

Er hatte sich nie wieder verlieben wollen, aber genau das war passiert.

Er liebte Renie.

Sosehr er auch versucht hatte, dagegen anzukämpfen, er hatte ihr sein Herz geschenkt, ein winziges Stück nach dem anderen. Nun gehörte es ihr, genau wie jeder andere Teil von ihm.

Und trotz Ysannes Bekräftigungen war Edmond nicht davon überzeugt, dass Renie ihre Entscheidung nicht doch bereute und ihm Vorwürfe machte, weil er sie verwandelt hatte. In seinem mehrere Jahrhunderte langen Leben hatte er so viel gesehen und getan und durchlitten, aber die Vorstellung, Renie zu verlieren, zerstörte ihn völlig.

»Warum hast du mir nichts von Isabeau erzählt?«, fragte er Ysanne, bemüht, sich auf etwas anderes zu konzentrieren.

Er hatte gewusst, dass Ysanne und Isabeau in den 1960ern ein Paar gewesen waren, aber in den zehn Jahren, seit sie in Belle Morte lebten, hatte Ysanne nie auch nur angedeutet, dass sie und Isabeau ihre Beziehung wieder hatten aufleben lassen.

Ysanne blickte auf ihre Hände hinunter. »Ich habe es niemandem erzählt.«

»Normalerweise hältst du nichts vor mir geheim.«

»Wie du Renie vor mir geheim gehalten hast?«

Edmond kniff die Augen gegen eine neue, von den Silberfesseln ausgelöste Schmerzwelle zusammen. »Das ist etwas anderes«, erwiderte er. »Renie und ich durften nicht zusammen sein. Wir mussten es geheim halten.«

»Ein berechtigtes Argument«, erwiderte Ysanne. »Isabeau und ich sind zu dem Schluss gekommen, unsere Beziehung sollte ein Geheimnis bleiben, weil meine oberste Priorität immer Belle Morte sein wird. Das Haus muss stets an erster Stelle stehen, ganz gleich, was passiert. Ich kann es mir nicht leisten, mir nachsagen zu lassen, ich würde irgendjemanden bevorzugen.«

»Noch nicht mal die Frau, die du liebst?«

Stille.

»Noch nicht mal sie«, antwortete Ysanne schließlich.

»So muss es aber nicht sein.«

Ysannes leises Lächeln wirkte ein wenig traurig. »Doch, muss es. Wenn ich damit durchkommen würde, diejenigen zu bevorzugen, die mir am meisten bedeuten, dann wärst du jetzt nicht hier eingesperrt.«

»Ich wusste, ich würde den Preis für Renies Verwandlung bezahlen müssen, und ich würde ihn noch tausendmal bezahlen.«

»Du liebst sie wirklich, nicht wahr?«, fragte Ysanne mit weicher Stimme.

»Mehr als alles andere.« Edmond spreizte die Finger, als er erneut das grauenvolle Brennen der Silberketten spürte. »Versprich mir, dafür zu sorgen, dass ihr nichts passiert. Etienne ist immer noch da draußen. Wir haben keine Ahnung, was er will, aber er hat schon einmal versucht, sie zu töten, und nichts deutet darauf hin, dass er es nicht erneut versuchen wird.«

»Ich werde nicht zulassen, dass ihr etwas passiert«, versicherte Ysanne ihm.

Sie erhob sich, strich ihr eng anliegendes Kleid glatt und schlüpfte in ihre Schuhe. »Ich sollte jetzt gehen, bevor der Rest des Vampirrats eintrifft. Wir haben eine Menge zu besprechen.«

Edmond hätte Renie zur Seite stehen sollen, wenn sie sich dem Vampirrat stellte, aber stattdessen saß er hier unten fest, angekettet und hilflos. Seine Hände schmerzten vor Verlangen, sich zu Fäusten zu ballen, aber das hätte die Schmerzen nur noch schlimmer gemacht.

Ysanne küsste ihn sanft auf die Stirn, verließ seine Zelle, schloss die Tür hinter sich und ließ ihn allein zurück.

Edmond lehnte den Kopf wieder an die Wand, schloss die Augen und dachte an Renie.

Renie

Als ich den Nordflügel verließ, wäre ich beinahe mit Tamara zusammengeprallt, einer Spenderin, die gleichzeitig mit mir nach Belle Morte gekommen war. Ihre Augen weiteten sich, und ich fragte mich, wie viele im Haus wussten, was vor ein paar Nächten wirklich im Garten passiert war. Wie ich Ysanne kannte, hatte sie so viel wie möglich unter Verschluss gehalten, deshalb konnte ich mir nur allzu gut vorstellen, was für Gerüchte inzwischen die Runde machten.

Tamaras Herzschlag dröhnte wie ein Hämmern in meinen Ohren und lockte meinen Blick auf die Wölbung ihrer Kehle, auf die Adern unter ihrer Haut. Ich war durstig, wie mir mit plötzlichem Entsetzen bewusst wurde. Ich gierte danach, Tamara zu beißen und ihr Blut zu trinken.

Sie schreckte zurück, und ich fragte mich, wie ich für sie aussah. Glänzten meine Augen rot? Konnte sie meine Reißzähne sehen? Ihr Herz schlug noch schneller und der Geruch ihres Bluts erfüllte die Luft, führte mich in Versuchung.

Ich eilte an ihr vorbei. Würde ich in der Nähe von Menschen nun stets diese Verlockung verspüren, oder würde das Verlangen, sie zu beißen, mit der Zeit verblassen?

Am Fußende der Treppe blieb ich stehen, eine Hand auf dem Geländer. Als ich diese Stufen das letzte Mal hinuntergegangen war, war Belle Morte angegriffen worden und ich in dem fehlgeleiteten Versuch, Edmond beschützen zu wollen, in den Ballsaal geeilt. Doch hier, im Foyer, hatte ich zwei Leichen entdeckt: eine mir unbekannte Vampirin und Abigail, eine der Spenderinnen. Ihr Blut war inzwischen aufgewischt worden und der Parkettboden so sauber und hochglanzpoliert wie eh und je, aber ich konnte immer noch sehen, wie sie dort lag, ihr nur noch an einer Sehne hängender Arm von ihrer Schulter baumelnd, ihre Augen an die Decke starrend, vor Angst und Entsetzen weit aufgerissen.

Die schreckliche Erinnerung ging sofort in die nächste über: Aiden, der im Westflügel am Fuß der Treppe lag, seine Kehle herausgerissen und das Ungeheuer, das einst meine Schwester gewesen war, über ihn gebeugt.

Waren sie die Einzigen oder war sonst noch jemand bei dem Angriff gestorben?

Ich musste an Melissa denken. Sie war Junes Freundin gewesen, und nachdem sie erkannt hatte, dass ich nicht als gewöhnliche Spenderin hierhergekommen war, hatte sie auf Antworten gedrängt, die ich ihr nicht hatte geben können. Außerdem war sie mit Aiden zusammen gewesen. Er war in den Westflügel gegangen, um die Wahrheit herauszufinden, und June hatte ihn dafür getötet.

Ging es Melissa gut?

Ich blickte wieder die Haupttreppe hinauf. Vielleicht sollte ich zuerst zu ihr gehen.

Doch dann musste ich wieder an Edmond denken. Ich musste wissen, was mit ihm passieren würde, und Ysanne hatte die Antworten auf all meine Fragen – angenommen, sie war bereit, sie mir zu geben.

Wahrscheinlich würde ich sie in ihrem Büro antreffen. Als ich es erreichte, trat ich ein, ohne anzuklopfen. Es war leer. Ich blickte mich in dem kleinen Raum um, der ebenso kalt und unnahbar wirkte wie Ysanne selbst, mit dunkler Tapete, weißem Teppichboden und poliertem schwarzen Schreibtisch. Auch der Schreibtisch war leer, abgesehen von einem kleinen Bilderrahmen aus Holz, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Ich ging näher und nahm ihn hoch. Er war klein genug, um in meine Handfläche zu passen, und enthielt ein Ölporträt eines gut aussehenden Mannes mit dunklem Haar und olivfarbener Haut, der milde lächelte. Der Stil des Gemäldes, die ausgebleichten Farben und der verschlissene Rahmen ließen darauf schließen, dass es sehr alt war, und ich stellte es hastig wieder zurück, bevor ich etwas so Dummes tun konnte, wie es fallen zu lassen.

Die Tür öffnete sich hinter mir, und ich wirbelte herum.

Ysannes Blick huschte von mir zu dem Porträt, sie kniff die Augen zusammen. »Du solltest ohne meine Erlaubnis gar nicht hier drin sein«, sagte sie.

Ich war furchtbar wütend gewesen, während ich aus dem Nordflügel davonstolzierte, doch die Erinnerungen an jene schreckliche Nacht, in der mein menschliches Leben geendet hatte, hatten auch den letzten Funken Wut in mir ausgelöscht und nichts als bis in meine Knochen dringende Erschöpfung zurückgelassen.

»Warum bestrafst du Edmond dafür, dass er mir das Leben gerettet hat?«, fragte ich sie.

Ysanne durchquerte den Raum, ihre hohen Absätze geräuschlos auf dem dicken Teppich. Sie griff nach dem winzigen Gemälde, und ich bildete mir ein, zu sehen, wie sie sanft mit dem Daumen über den Rahmen fuhr, bevor sie es in eine der Schreibtischschubladen legte.

»Das tue ich nicht. Ich bestrafe ihn dafür, dass er die Regeln gebrochen hat«, widersprach sie mir.

»Siehst du die Welt so? Nur aus Regeln bestehend, die eingehalten werden müssen? Ist darin denn gar kein Platz für Mitgefühl oder Menschlichkeit?«

»Die Verwandlung eines Menschen ist ein ernstes Vergehen. Als der Vampirrat das Spendersystem ins Leben gerufen hat, waren wir uns einig, die Erschaffung neuer Vampire nur im Notfall zu erlauben.«

»Es war ein Notfall. Ich bin gestorben.«

Ysanne schaute mich an, so frustrierend emotionslos wie immer. »Für Vampire, die schon seit mehreren Jahrhunderten existieren, oder für das Gleichgewicht zwischen uns und den Menschen hat das Leben eines einzigen Mädchens keinen großen Wert.«

Sie legte die Hände flach auf die Schreibtischplatte und lehnte sich vor. Ich wusste aus eigener Erfahrung, wie mächtig diese blassen, zart wirkenden Hände waren.

»Die Menschen sind den Vampiren zahlenmäßig weit überlegen und könnten uns jederzeit auslöschen, wenn sie wollten. Edmond hat gegen eines unserer wichtigsten Gesetze verstoßen, und er muss dafür bestraft werden – einerseits, damit der Vampirrat sieht, wie ernst ich seinen Verstoß nehme, und andererseits, um den Menschen zu versichern, dass wir nicht von unseren niedersten Instinkten beherrscht werden.«

Ich war für diese Tatsache nicht blind. Für Menschen waren Vampire wunderschön, geheimnisvoll und unsterblich – irgendwie mehr als gewöhnliche Leute. Aber wenn die Menschen einen Blick auf die gefährlichen Bestien erhaschen würden, die unter den polierten Hüllen lauerten, wären sie vielleicht nicht mehr so hin und weg von der Welt der Vampire gewesen. Und wenn die Vampire die Gunst der Menschen verloren, könnte das Spendersystem in sich zusammenstürzen und die Häuser mit ihm untergehen.

Die Vampire könnten zurück in die Schatten gezwungen werden.

Aber trotzdem: »Für jede Regel gibt es Ausnahmen«, beharrte ich.

»Vielleicht«, räumte Ysanne ein. »Aber Vampire sind Raubtiere. Wir können Schwäche riechen. Wenn ich als schwach betrachtet werde, weil ich es meinen Vampiren erlaube, zu tun und zu lassen, was immer sie wollen, dann könnten andere möglicherweise versucht sein, mich als Lady dieses Hauses herauszufordern.« Ihre Stimme klang mit einem Mal hart und kalt. »Und das werde ich nicht zulassen. Für dich ist es leicht, mit deiner selbstgerechten Einstellung und kindlichen Weltsicht hier hereinzuspazieren, aber es steht deutlich mehr auf dem Spiel als nur du und Edmond.«

Mein Temperament kochte in mir hoch, aber ich zügelte es. Ich zog einen der Stühle unter dem Tisch hervor und setzte mich darauf. Etwas, das wie Überraschung aussah, blitzte in Ysannes Augen auf, war jedoch so schnell wie ein Blinzeln wieder verschwunden. Wahrscheinlich hatte sie erwartet, dass ich sie anbrüllen würde.

»Erklär mir, was sonst noch auf dem Spiel steht. Was habe ich verpasst, als ich nicht bei Bewusstsein war? Wer hat die Villa angegriffen?« Ich zögerte, weil ich die Antwort auf meine nächste Frage nicht wirklich wissen wollte, auch wenn ich sie hören musste. »Wie viele Leute sind gestorben?«

Ysanne betrachtete mich einen Moment lang, bevor sie sich setzte.

»Zuallererst musst du mir ganz genau erzählen, was mit Etienne und June draußen im Garten passiert ist«, sagte sie.

Ich wanderte in Gedanken in jene grauenvolle Nacht zurück, in der das Leben, wie ich es kannte, geendet hatte.

»Ich habe versucht, June davon abzuhalten, noch jemandem wehzutun. Ludovic hat sie mit einem Schwert verletzt, und sie ist aus dem Ballsaal geflohen, deshalb bin ich ihr nach. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun würde, falls ich sie einfange, aber ich konnte auch nicht klar denken. Als ich ihr dann nach draußen gefolgt bin, hat Etienne dort auf mich gewartet.«

Dieser schreckliche Moment des Verrats schnitt sich erneut in mein Herz, scharf wie eine Klinge, und ich legte eine Hand auf meine Brust. Das Fehlen eines Herzschlags war mir noch immer ganz fremd.

Ysanne wartete schweigend darauf, dass ich fortfuhr.

»Er hat mir erzählt, dass er June getötet hat.« Die Worte schmeckten bitter.

»War er auch derjenige, der sie beim ersten Mal freigelassen hat, als du oben im Westflügel warst?«

»Ja. Er meinte, es wäre nichts Persönliches, aber er könnte nicht zulassen, dass ich ihm bei June in die Quere komme. Er sagte, er hätte sie verwandelt, weil es nötig war, hätte aber nicht gewollt, dass sie zur Rasenden wird. Und er hat gesagt, es täte ihm leid, dass ich sterben müsste.«

»Sonst noch etwas?«

Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter. »Zuletzt hat er gesagt, es stünde eine Revolution bevor und die Welt der Vampire würde sich verändern. Kannst du damit irgendetwas anfangen?«

Ysanne antwortete mir nicht. »Zu deiner vorherigen Frage: Wir haben drei Mitglieder des Sicherheitspersonals und zwei weitere Angestellte verloren.« Sie hielt einen Moment inne und ihre blassen Augen bohrten sich förmlich in mich. »Außerdem wurden drei Spendende getötet: Aiden, Abigail und Ranesh. Du warst die Einzige, die verwandelt wurde.«

Ich war erleichtert, dass Melissa nicht zu den Opfern gehörte.

»Gab es auch Opfer unter den Vampiren?«, fragte ich.

»Zwei aus Jemimas Nox-Entourage wurden getötet, ebenso wie Rosa«, antwortete Ysanne.

Rosa hatte einmal von mir getrunken, als ich noch vorgegeben hatte, eine ganz normale Spenderin zu sein, aber wir hatten kaum mehr als zwei Sätze miteinander gewechselt.

»Außerdem gab es ein weiteres Opfer, aus Haus Midnight«, fügte Ysanne hinzu.

»Moment mal, was?« Ich runzelte die Stirn. »Was hat denn jemand aus Midnight hier gemacht?«

»Das ist die große Frage. Wir werden uns mit ihr befassen, sobald der Vampirrat vollzählig eingetroffen ist.«

Irgendetwas erzählte sie mir nicht.

»Wer hat Belle Morte angegriffen?«, hakte ich nach.

»Ich weiß es nicht.« Ysannes Miene veränderte sich nicht, aber in ihrer Stimme schwang der leiseste Anflug von Irritation mit. Ysanne Moreau mochte es gar nicht, über etwas nicht Bescheid zu wissen.

»Aber … welchem Haus gehörten sie denn an?«

»Gar keinem.«

»Das verstehe ich nicht.«

»Renie, du bist nicht die einzige neue Vampirin, die der Vampirrat unter die Lupe nehmen wird. Die Vampire, die Belle Morte gestürmt haben, waren alle frisch verwandelt.«

Mein Gehirn konnte diese Information überhaupt nicht verarbeiten. Ich war keine Vladdict und hatte nie genau verfolgt, welche Vampire welchem Haus in Großbritannien oder Irland angehörten, deshalb hatte ich angenommen, die Angreifer könnten nur aus einem von ihnen stammen.

»Was ist mit ihnen passiert?«, fragte ich. Wenn ich über weitere Puzzleteile verfügte, konnte ich sie vielleicht zu einem richtigen Bild zusammensetzen und das Durcheinander in meinem Kopf entwirren.

»Dreizehn wurden in jener Nacht getötet. Die anderen sind … verschwunden.«

»Sie sind geflohen?«

Ysanne nickte.

»Ihnen muss klar geworden sein, was für einen gewaltigen Fehler sie begangen haben«, vermutete ich.

Neue Vampire waren zwar um ein Vielfaches stärker als jeder Mensch, aber sie konnten es nicht mit der Kraft eines älteren Vampirs aufnehmen. Wer auch immer diese Vampire waren, sie waren von dem Moment an, als sie in Belle Morte eingedrungen waren, unterlegen gewesen.

Ysanne tippte sich mit einem ihrer lackierten Fingernägel an die Lippe, tiefer in Gedanken versunken, als ich sie je gesehen hatte.

»Was glaubst du, warum sie mein Haus angegriffen haben?«, fragte sie mich.

»Ich habe keine Ahnung.«

Sie schwieg einen Moment, als würde sie abwägen, wie viel sie mir erzählen sollte. »Ich glaube nicht, dass die Eindringlinge geflohen sind, weil sie Angst vor uns hatten. Dafür war ihr Rückzug viel zu organisiert, so als wäre er geplant gewesen.«

»Sie haben nicht versucht, Belle Morte zu übernehmen?«

»Ich weiß noch nicht, was sie zu erreichen versuchten.«

»Aber es hat irgendetwas mit Etienne zu tun, nicht wahr?«

Erneut folgte schwere Stille.

»Dreizehn dieser neu verwandelten Vampire sind in jener Nacht gestorben. Mindestens dreimal so viele sind entkommen. Was glaubst du, wer sie verwandelt hat?«

»Etienne«, antwortete ich sofort.

»Er hat uns alle getäuscht, das gebe ich zu, aber glaubst du wirklich, er hätte das alles allein organisieren können?«

»Du glaubst, er hatte Hilfe.«

»Das ist richtig«, bestätigte Ysanne. »Die Frage ist nur, ob sich die Person, die ihm geholfen hat, noch immer in Belle Morte befindet.«

Kapitel 3

Renie

Eis kroch durch meine Adern, und ich blickte über meine Schulter, als würde ich tatsächlich erwarten, Etiennes Komplizen durch die Bürotür schleichen zu sehen.

»Bin ich in Gefahr?«, fragte ich. »Wenn Etienne mich tot sehen will, dann ist wer immer ihm auch hilft, vermutlich auf dasselbe aus.«

»Der Gedanke ist mir auch schon gekommen. Ich werde dafür sorgen, dass du niemals allein bist«, erwiderte Ysanne.

»Wenn du Edmond freilässt, kann er mich beschützen.«

Es war ganz offensichtlich das Falscheste, was ich hätte sagen können, denn Ysannes Augen verfinsterten sich. »Das ist nicht meine Entscheidung«, erklärte sie mir. »Ich habe für Edmond getan, was ich konnte.«

»Was meinst du damit?«

»Er muss für deine gesetzeswidrige Verwandlung bestraft werden – ich kann dagegen nichts tun. Aber ich war so gnädig, seine Bestrafung aufzuschieben, damit er dir durch die schlimmste Phase der Verwandlung helfen konnte.«

Ich konnte nicht anders, als zu erwidern: »Das bezeichnest du ernsthaft als gnädig?«

Ich hatte erwartet, sie würde mit Wut darauf reagieren, doch sie klang einfach nur müde.

»Ja, Renie, tue ich. Es ist weit mehr, als irgendjemand anders ihm gewährt hätte. Glaubst du, ich verstehe nicht, warum du so wütend bist?« Sie schüttelte den Kopf, und keine einzige Strähne ihres blonden Haars bewegte sich. »Ich verstehe es viel besser, als du glaubst. Du bist diejenige, der es schwerfällt, über ihre eigene Nasenspitze hinauszusehen.«

Ein Teil von mir wollte ihr immer noch vor Zorn ins Gesicht brüllen, dass sie sich irrte, dann ihren Schreibtisch umwerfen und durch Belle Morte toben, bis ich Edmond fand. Aber das würde mir auch nicht weiterhelfen. Ich musste endlich anfangen, zu verstehen, wie die Welt der Vampire funktionierte, schließlich gehörte ich ihr nun ebenfalls an.

Und doch war ich nicht die Einzige, der es schwerfiel, über ihre eigene Nasenspitze hinauszuschauen. Ysanne war zu sehr auf die verfluchten Regeln fixiert, um zu erkennen, dass sie hin und wieder gebrochen werden mussten.

Ich versuchte, ruhig zu sprechen. »Was glaubst du, was mit dem Gleichgewicht zwischen Menschen und Vampiren passiert wäre, wenn Edmond den Regeln gehorcht und mich hätte sterben lassen? Er hätte unmöglich rechtzeitig die Erlaubnis des Vampirrats einholen können.«

Ysanne starrte mich nur an.

»June wurde umgebracht und ohne dein Wissen verwandelt. Nun sind noch mehr Leute tot, und die Person, die hinter alldem steckt, ist verschwunden. Wenn Edmond sich geweigert hätte, mir zu helfen, wenn er zugesehen hätte, wie ich dort draußen im Schnee sterbe? Es hätte dieses ganze Chaos nur noch schlimmer gemacht. Du sagst, mein Leben wäre im Verhältnis zum großen Ganzen nicht viel wert – na schön, von mir aus. Aber diese ganze Situation ist ein einziges verfluchtes Riesendesaster, und du warst diejenige, die June im Westflügel versteckt hat. Du hast selbst gegen die Regeln verstoßen, als du June nicht getötet hast, nachdem du sie entdeckt hattest.«

Ysanne spannte den Kiefer an, stritt es jedoch nicht ab.

»Was glaubst du, wie es aussehen würde, wenn Edmond mich – neben allen anderen, die jetzt tot sind – auch hätte sterben lassen, weil du ihm nicht erlauben wolltest, mich zu retten? Du kannst nicht ernsthaft glauben, es wäre diesem Gleichgewicht zuträglich gewesen, das du so verzweifelt zu erhalten versuchst.«

Für einen langen Moment starrten wir einander über den Schreibtisch hinweg an.

Eines hatte ich in Belle Morte inzwischen gelernt: Ich mochte vielleicht dazu neigen, die Welt in Schwarz-Weiß einzuteilen – aber Ysanne tat dasselbe. Es war ihr nur nicht bewusst.

»Ich kann dir versichern, wenn der Vampirrat eintrifft, werde ich für all meine Fehler zur Verantwortung gezogen«, sagte Ysanne schließlich.

Für den Großteil meiner Zeit hier hatte ich Ysanne gehasst, aber nun empfand ich einen Funken Mitgefühl für sie. Sie hatte June eingesperrt und mich nach Belle Morte gebracht, in der Hoffnung, ich könnte Junes Geist irgendwie heilen. Hätte ich es gekonnt, hätte auch Hoffnung für alle anderen bestanden, die sich in Zukunft in Rasende verwandelten. Dies kam zwar nur selten vor, aber es konnte jedem Vampir jederzeit passieren, und Ysanne hatte nur versucht, etwas dagegen zu unternehmen. Ich stimmte ihren Methoden vielleicht nicht zu, aber ihre Absichten waren gut.

Ich war mir nur nicht sicher, ob der Vampirrat dies genauso sehen würde.

»Lass mich mit ihnen reden«, sagte ich aus einem Impuls heraus. »Ich kann ihnen erklären, was du zu tun versucht hast.«

»Ich weiß diese Geste zu schätzen, aber es würde nichts nützen. Die Regeln sind nun mal die Regeln.«

»Wann werden sie hier sein?«

»Jemima und der Rest ihrer Entourage sind ohnehin noch hier, sie wohnen im Nordflügel. Henry, Charles und Caoimhe werden innerhalb der nächsten Stunden eintreffen.« Ysanne betrachtete mich von oben bis unten. »Du solltest dir vielleicht etwas anziehen, bevor du ihnen begegnest.«

Ich blickte ein wenig verwundert an mir hinunter, und zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass ich einen schwarzen Seidenpyjama trug und mich nicht daran erinnern konnte, wer ihn mir angezogen hatte. Einerseits interessierte mich nicht wirklich, was der Vampirrat dachte. Aber andererseits sah ich durchaus ein, dass es wahrscheinlich nicht ganz unwichtig war, einen guten ersten Eindruck bei diesen Leuten zu hinterlassen.

»Was wird mit mir passieren?«, fragte ich leise und fürchtete mich beinahe vor der Antwort.

»Wie meinst du das?«

»Wenn der Vampirrat beschließt, dass sie mich nicht mögen, können sie mir dann wehtun?«

»Wir tun niemandem weh, nur weil wir ihn nicht mögen«, antwortete Ysanne und klang ein wenig gereizt. »Sie werden vielleicht nicht gutheißen, was Edmond getan hat, aber sie können es nicht mehr ändern. Dein Leben ist durch sie nicht in Gefahr, falls du dir deswegen Sorgen machst.«

»Aber wie geht es jetzt für mich weiter? Ich kann schließlich nicht ins normale Leben zurückkehren, stimmt’s?«

»Deine Zukunft liegt ganz in deinen Händen. Ich werde dich nicht zwingen, in Belle Morte zu bleiben.«

»Würdest du mich hierbleiben lassen, wenn ich es wollte?«

Ysanne beäugte mich durchdringend. »Willst du das denn?«

Ich zögerte. Wollte ich es?

»Gar keine so leichte Entscheidung, nicht wahr?«, fragte sie.

»Ich habe mich immer gefragt, warum die Vampire diese perfekten kleinen Blasen in diesen riesigen Villen für sich erschaffen haben, aber ich glaube, jetzt verstehe ich es. Ihr habt alle so viel durchgemacht, aber darüber müsst ihr euch keine Gedanken mehr machen, solange ihr innerhalb dieser Mauern seid. Hier könnt ihr jeden Tag in Frieden und Sicherheit leben – und wer wünscht sich das nicht? Ich bin allerdings erst seit drei Tagen Vampirin und habe die meiste Zeit davon geschlafen. Ich will mich nicht genauso von der Welt abschotten wie der Rest von euch. Aber ich weiß auch nicht, wohin ich gehöre.«

»Der wichtigste Grund für dich, hierzubleiben, ist Edmond. Er lebt hier.«

»Er ist im Gefängnis«, erwiderte ich, brachte die Worte jedoch ohne Wut oder verurteilenden Unterton hervor.

»Aber nicht für immer. Er wird wieder freigelassen werden.«

»Und was dann?«

»Das liegt ganz bei dir und Edmond, nicht wahr? Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich die Anstandsdame bei eurer Romanze spiele. Wenn du Belle Morte verlassen willst, dann werde ich dich nicht aufhalten. Und wenn Edmond mit dir gehen will, dann werde ich auch ihn nicht aufhalten. Aber dies ist sein Zuhause, und du solltest vielleicht auf die Tatsache vorbereitet sein, dass er es nicht verlassen will«, sagte Ysanne. »Aber wie dem auch sei, über derartige Entscheidungen solltest du jetzt noch nicht nachdenken. Wir haben wichtigere Probleme, um die wir uns kümmern müssen.«

»Richtig«, erwiderte ich und blickte erneut auf meinen Pyjama hinunter. Ich konnte nun nicht mehr schwitzen, deshalb war es kein so großes Problem mehr wie als Mensch, drei Tage lang dasselbe zu tragen, aber ich wollte trotzdem duschen und mir frische Klamotten anziehen.

»Außerdem solltest du bei deinen Freunden vorbeischauen. Sie machen sich große Sorgen um dich«, fügte Ysanne hinzu.

Es gab noch immer so vieles, worüber ich mit ihr reden musste, aber ich hatte das untrügliche Gefühl, ich wäre hiermit entlassen. Also erhob ich mich und verließ das Zimmer.

Ich fühlte mich völlig erschöpft, als ich mich von Ysannes Büro entfernte. Nichts war so simpel, wie ich immer geglaubt hatte. Die Welt war nicht schwarz-weiß, sondern in sich stets verändernde Schattierungen von Grau getaucht, die Realität viel verworrener und komplizierter, als es den meisten Leuten bewusst war – ich selbst eingeschlossen.

Ich war nicht immer einverstanden mit Ysannes Entscheidungen, aber ich wusste auch nicht, welche Erfahrungen sie geprägt hatten oder welcher Druck damit verbunden war, Belle Morte zu regieren. Es war schließlich nicht nur ein Hotel, in dem hübsche Menschen dafür bezahlt wurden, Vampire an ihren Adern saugen zu lassen – die Regeln bestanden aus gutem Grund. So vieles hing davon ab, dass Menschen und Vampire in Eintracht miteinander lebten. Wie sollte ich jemals verstehen, was für ein Gefühl es war, zu wissen, dass die Welt der Menschen – obwohl sie Vampire förmlich anbeteten und wie Götter behandelten – sich auch ganz leicht gegen sie wenden konnte, wenn den Menschen bewusst wurde, dass mehr hinter diesen Kreaturen steckte als Designerklamotten und Unsterblichkeit?

Welche Strafe hatte Ysanne vom Vampirrat zu erwarten? Konnten sie sie als Anführerin absetzen? Was würde dann mit Belle Morte passieren? Ich war schon früher mit Ysanne aneinandergeraten – und wahrscheinlich würde es noch öfter passieren, – aber mir gefiel die Vorstellung nicht, ihr Haus könnte jemand anders unterstellt werden.

Ich wünschte, Edmond wäre hier.

Ohne Vorwarnung knickten mir die Beine ein, und ich brach auf dem Boden zusammen. Mein Gesicht fühlte sich ganz heiß und gestrafft an, und meine Augen brannten vor Verlangen zu weinen, was mir dank meiner neuen Vampirphysiologie jedoch viel schwerer fiel, auch wenn ich nicht wirklich verstand, warum.

Ich hatte keine Ahnung, wann ich Edmond wiedersehen würde.

Mein Leben – so, wie ich es kannte – war zu Ende, und es gab kein Zurück mehr.

Ich wusste nicht, was die Zukunft bringen würde, für mich oder irgendjemanden sonst.

Und Etienne, dieses kranke Arschloch, war immer noch irgendwo da draußen. Was hatte er als Nächstes vor?

Mein Magen krampfte sich zu einem schmerzhaften Knoten zusammen, und ich stöhnte laut, während mein Verstand alles zu vergessen schien – bis auf das plötzliche Stechen der Gier.

Ein Schatten fiel über mich, als sich jemand neben mich hockte und meine Schultern berührte. Für einen blinden, albernen Moment war ich mir sicher, es wäre Edmond. Ich würde den Blick heben und in sein wunderschönes Gesicht schauen, und alles wäre wieder gut …

»Er hat dich wirklich verwandelt«, sagte Jemima, und ich blinzelte, bis sie in den Fokus kam.

Die Lady von Nox sah mich an, ihre Augen weich und mitfühlend, wodurch sie noch mehr wie ein Teenager aussah als ohnehin.

»Überraschung«, murmelte ich. Jemima war immer nett zu mir gewesen, aber ich war viel zu erschöpft, um höflich zu sein, und auch der Knoten in meinem Magen wurde immer schlimmer.

Ich dachte, sie würde mir wieder auf die Beine helfen, aber stattdessen setzte sie sich neben mich und drapierte ihren fließenden Seidenrock über ihre Knie.

»Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid mir das mit June tut«, sprach sie mir ihr Beileid aus.

»Danke. Tut mir leid, dass ein paar von deinen Leuten getötet wurden.«

Jemima richtete den Blick auf den Teppichboden. »Mir auch.«

»Hat Ysanne dir erzählt, was passiert ist?«

»Nicht im Detail. Ich glaube, das spart sie sich für das Treffen des Vampirrats auf. Aber ich weiß, dass Etienne für all dieses Leiden verantwortlich ist.«

Jemima verzog die Lippen. »Ich hätte niemals geglaubt, dass er zu so etwas fähig sein könnte.«

»Da sind wir schon zwei.« Hass brodelte in mir, heiß und zäh, und ich ballte die Fäuste, bis sich meine Fingernägel in die Handflächen gruben.

Jemima packte mit einer sanften Berührung meine Hände. »Er wird damit nicht durchkommen.«

»Ich dachte, er wäre mein Freund, aber er hat meine Schwester ermordet und in ein Monster verwandelt. Ich hasse ihn so sehr.«

»Da bist du nicht die Einzige«, versicherte sie mir. »Wir werden ihn finden, Renie, und wir werden dafür sorgen, dass er für all die Leben, die er ausgelöscht, und für all das Leid, das er verursacht hat, bezahlt.«

Mir krampfte sich erneut der Magen zusammen, während Hungerwellen durch meinen Körper pulsierten und der bohrende Schmerz in meinem Mund mir verriet, dass meine Reißzähne aus dem Gaumen glitten und das Zahnfleisch durchstachen.

»Wann hast du zum letzten Mal etwas getrunken?«, fragte Jemima und beäugte mich besorgt.

»Ich glaube nicht, dass ich das kann«, erwiderte ich und krallte die Hände in den Bauch. Allein bei dem Gedanken, meine Reißzähne in einen Menschen zu schlagen, wurde mir übel.

»Ich weiß, wie schwer das für dich ist – vergiss nicht, ich habe es selbst durchlebt. Aber du kannst dich nicht so aushungern. Ich schicke dir einen Spender.«

Wenn mir schon bei dem Gedanken, einen Menschen zu beißen, übel wurde, dann wurde mir noch zehnmal flauer, wenn ich daran dachte, jemanden zu beißen, den ich kannte. Glücklicherweise war Jemima jedoch nicht so unsensibel, mir einen meiner Freunde zu schicken.

Sie holte Mei, deren Augen vor Aufregung leuchteten. Brachte es ein gewisses Prestige mit sich, die erste offizielle Spenderin für die erste neue Vampirin seit vielen Jahren zu sein? Nur dass ich nicht mehr die einzige neue Vampirin war, richtig? Das durfte ich nicht vergessen. Dort draußen gab es noch viel mehr, irgendwo.

Jemima bat Mei, sich hinzuknien, legte dann eine Hand an Meis Kinn und neigte sanft den Kopf zur Seite, um ihre Kehle zu entblößen. »Deine Reißzähne sind scharf genug, um die Haut problemlos zu durchdringen, also beiß nicht zu fest zu«, wies sie mich an. »Lass einfach deine Reißzähne die Arbeit machen.«

Ich schob mich näher, wie hypnotisiert von den Adern unter Meis Haut. Ich konnte das wilde Schlagen ihres Herzens hören, rasend schnell vor Aufregung, und nahm den süß-säuerlichen Geruch ihres Bluts wahr. Mir lief das Wasser im Mund zusammen.

»Braves Mädchen«, ermutigte mich Jemima.

Ich war dankbar für ihre Hilfe, aber ich wünschte mir trotzdem, Edmond wäre hier und würde mir durch meinen ersten richtigen Biss helfen.

Als ich mich noch weiter zu Mei lehnte und mein Mund beinahe ihre Haut berührte, jagte ein winziger Schauer durch sie hindurch. Sie freute sich darauf, während ich entsetzliche Angst davor hatte. Was, wenn ich sie zu fest biss? Was, wenn ich eine Ader oder eine Arterie zerriss und sie verblutete? Mein Speichel hatte nun zwar heilende Wirkung, aber sie reichte nur für kleine Wunden.

Ich würde nie wieder ein Mensch sein, aber diese Grenze zu überschreiten, würde mich erst zu einer wahrhaftigen Vampirin machen, und diese Tatsache war so gewaltig, dass ich das Gefühl hatte, sie würde mich erdrücken.

Mei schluckte, und meine Augen folgten der Bewegung ihrer Kehle. Ihre Haut roch schwach nach Zitronen, aber nicht genug, um den köstlichen in ihren Adern pulsierenden Blutgeruch zu überdecken.

Ich war so hungrig, dass dunkle Flecken vor meinen Augen tanzten, aber ich konnte das hier nicht tun. Ich wich so ruckartig zurück, dass ich nach hinten umkippte.

»Es tut mir leid«, keuchte ich. »Ich kann nicht.«

Jemima legte einen Arm um meine Schultern und half mir, mich wieder aufzusetzen. Meine Reißzähne waren vollständig ausgefahren und mein Zahnfleisch schmerzte vor Druck. Mein Magen hatte sich zu einem quälend festen Knoten verkrampft, und mächtige Hungerwellen schwappten durch meinen Körper, gierig und überwältigend.

»Dir bleibt keine andere Wahl. Blut ist nun das Einzige, womit du überleben kannst«, erinnerte Jemima mich.

Das wusste ich selbst, aber dieser Schritt war so gewaltig – es war einfach zu viel. Ich hatte das Gefühl, alles, was mich zu Renie Mayfield gemacht hatte, hatte in dem Augenblick, in dem ich einen Fuß nach Belle Morte gesetzt hatte, angefangen, sich aufzulösen, und wenn ich diesen Schritt wirklich ging, würde ich auch noch das letzte bisschen meiner Menschlichkeit verlieren.

Ich warf Jemimas Arm mit einem Schulterzucken ab und rappelte mich auf. »Ich muss ein bisschen allein sein«, sagte ich.

Jemima versuchte nicht, mich aufzuhalten.

Kapitel 4

Renie

Ich entfernte mich von Jemima und Mei und konnte nur daran denken, dass ich nie wieder etwas essen würde. Blut war von nun an meine einzige Nahrung.

Mir fiel wieder ein, wie Isabeau heimlich die in Decken eingewickelten Kadaver kleiner Tiere in den Westflügel geschafft hatte, um June damit zu füttern, und ich musste an die ausgesaugten Überreste dieser Tiere denken, die unter den Wurzeln der Eiche draußen vergraben waren. Und ich dachte an Edmonds Geständnis, er habe in einem Zustand tiefster Selbstsüchtigkeit und Genusssucht in den Jahren vor der Französischen Revolution zwei Menschen umgebracht. Ich dachte an Ludovic, der einen verwundeten Soldaten in den grauenvollen Schützengräben des Ersten Weltkriegs getötet hatte, damit Edmond dessen Blut trinken und er auch seine eigenen Verletzungen wieder heilen konnte. Ich dachte daran, was die Gier nach Blut aus June gemacht hatte.

Und dann kam mir der Gedanke, dass ich nie wieder zum Essen ausgehen, mich an Weihnachten und Ostern mit Schokolade vollstopfen oder eine Pizza mit extra Peperoni bestellen würde, wenn ich einen faulen Tag hatte. Ich würde nie wieder mein Lieblingsessen kochen, mir an einem heißen Tag ein Eis schmecken lassen oder an einem kalten Tag einen Teller dampfend heiße Suppe.

Ich blieb stehen, angewidert von mir selbst. Es waren Leute gestorben, und ich schmollte, weil ich nie wieder Brownies essen würde? Wo waren verdammt noch mal meine Prioritäten?

Das hier war nicht der Moment für Selbstmitleid.

Der Vampirrat würde in ein paar Stunden hier eintreffen, und ich musste bereit für ihn sein. In der Zwischenzeit würde ich jedoch Ysannes Ratschlag folgen und meine Freunde besuchen.