Beschützer der Drachen - Robin Hobb - E-Book

Beschützer der Drachen E-Book

Robin Hobb

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Beschreibung

Seinen besten Freund oder seine geliebte Königin – wen soll er verraten?

Fitz Weitseher ist wieder fester Bestandteil des königlichen Hofs von Bocksburg. Als loyaler Vasall zieht er mit Prinz Pflichtgetreu aus, um die Bedingung von Prinzessin Elliania für eine Vermählung zu erfüllen: Sie sollen auf der Insel Aslevja den legendären Drachen Eisfeuer enthaupten! Doch ausgerechnet Fitz' bester Freund, der Narr, beharrt darauf, dass Eisfeuers Überleben wichtig ist für das Wohl der Welt. Fitz muss sich entscheiden – zwischen der Treue zu seiner Königin und der Treue zu seinem Freund.

Dieses Buch ist bereits in zwei Bände geteilt im Bastei-Lübbe Verlag erschienen unter den Titeln »Der weiße Prophet« und »Der wahre Drache«

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Seitenzahl: 1634

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Buch

Fitz Weitseher ist wieder fester Bestandteil des königlichen Hofs von Bocksburg. Als loyaler Vasall zieht er mit Prinz Pflichtgetreu aus, um die Bedingung von Prinzessin Elliania für eine Vermählung zu erfüllen: Sie sollen auf der Insel Aslevjal den legendären Drachen Eisfeuer enthaupten! Doch ausgerechnet Fitz’ bester Freund, der Narr, beharrt darauf, dass Eisfeuers Überleben wichtig ist für das Wohl der Welt. Fitz muss sich entscheiden – zwischen der Treue zu seiner Königin und der Treue zu seinem Freund.

Autorin

Robin Hobb wurde in Kalifornien geboren, zog jedoch mit neun Jahren nach Alaska. Nach ihrer Hochzeit zog sie mit ihrem Mann nach Kodiak, einer kleinen Insel an der Küste Alaskas. Im selben Jahr veröffentlichte sie ihre erste Kurzgeschichte. Seither war sie mit ihren Storys an zahlreichen preisgekrönten Anthologien beteiligt. Mit Die Gabe der Könige, dem Auftakt ihrer Serie um Fitz-Chivalric Weitseher, gelang ihr der Durchbruch auf dem internationalen Fantasy-Markt. Ihre Bücher wurden seither millionenfach verkauft. Robin Hobb hat vier Kinder und lebt heute in Tacoma, Washington.

Die Chronik der Weitseher von Robin Hobb bei Penhaligon:

1. Die Gabe der Könige

2. Der Bruder des Wolfs

3. Der Erbe der Schatten

Das Erbe der Weitseher von Robin Hobb bei Penhaligon:

1. Diener der Alten Macht

2. Prophet der Sechs Provinzen

3. Beschützer der Drachen

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Robin Hobb

Beschützer der Drachen

Das Erbe der Weitseher 3

Roman

Deutsch von Rainer Schumacher

Die Originalausgabe erschien 2003 unter dem Titel»Fool’s Fate (Tawny Man 3)« bei Spectra, New York.
Dieses Buch ist bereits in zwei Bände geteilt im Bastei Lübbe Verlag erschienen unter den Titeln»Der weiße Prophet« und »Der wahre Drache«.
Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.
Copyright der Originalausgabe © 2003 by Robin HobbCopyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2018 by Penhaligon in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.
ISBN 978-3-641-18368-4V005
www.penhaligon.de

Karte

Prolog

KAMPFDESSCHICKSALS

Die Prämisse des Weißen Propheten scheint einfach. Er wollte die Welt auf einen anderen Weg lenken als den, dem sie über mehrere Zeitzyklen hinweg gefolgt war. Laut dem Weißen Propheten wiederholt sich die Zeit, und bei jeder Wiederholung begehen die Menschen immer wieder die gleichen dummen Fehler. Sie leben von Tag zu Tag, gehen ihren Bedürfnissen und Wünschen nach und sind davon überzeugt, dass ihr Tun den Lauf der Dinge nicht beeinflusst.

Laut dem Weißen Propheten ist nichts weiter von der Wahrheit entfernt als dieser Glaube. Jede kleine, selbstlose Tat bringt die Welt auf einem besseren Weg voran, und eine Ansammlung solcher Taten vermag die Welt gar zu ändern. Das Schicksal der Welt kann vom Tod oder Leben eines einzigen Mannes abhängen. Und wer war ich für den Weißen Propheten? Ich war sein Katalyst. Ich war der Stein, mit demer das Rad der Zeit aus der Spur bringen würde. Der Weiße Prophet sagte mir einst, ein kleiner Kiesel könne dieses Rad von seinem Weg abbringen; doch warnend fügte er hinzu, dass diese Erfahrung nur selten angenehm für den Kiesel sei.

Der Weiße Prophet behauptete, dass er nicht nur die Zukunft, sondern viele verschiedene Zukunftswelten gesehen habe, und die meisten von ihnen seien ähnlich trostlos gewesen. Doch in ein paar wenigen Fällen gebe es einen Unterschied, und dieser Unterschied führe zu einem strahlenden Reich voller neuer Möglichkeiten.

Der erste Unterschied war die Existenz eines Weitseher-Erben, eines, der überlebte. Das war ich. Mich zum Überleben zu zwingen, mich immer wieder dem Tod zu entreißen, der ständig versuchte, mich auszuschalten, sodass das Rad der Zeit wieder in seine alte Spur zurückspringen würde, das machte der Weiße Prophet zu seiner Lebensaufgabe. Immer wieder und wieder drohte der Tod mich zu verschlingen, und immer wieder zog der Weiße Prophet mich zerschunden und zerschlagen unter dem erbarmungslosen Mühlrad der Zeit zurück, auf dass ich ihm erneut folgen konnte. Er benutzte mich erbarmungslos, doch nicht ohne Bedauern.

Und es gelang ihm, das Schicksal von seinem vorbestimmten Pfad abzubringen und auf einen neuen zu lenken, der eine bessere Zukunft verhieß. Das sagte er zumindest. Doch es gab Menschen, die seine Meinung nicht teilten, Menschen, die sich eine Zukunft ohne einen Weitseher-Erben und ohne Drachen ausmalten. Einer dieser Menschen, eine Frau, fasste den Entschluss, die Zukunft zu sichern, indem sie sich des Narren entledigte, der ihr im Weg stand.

Kapitel 1

ECHSEN

Manchmal erscheint es einem ungerecht, dass längst vergangene Ereignisse noch über die Jahre hinweg genügend Kraft besitzen, ihre Klauen in das eigene Leben zu schlagen und alles in ihrem Gefolge zu verdrehen. Doch vielleicht ist gerade dies die ultimative Gerechtigkeit: Wir sind die Summe unserer Taten und dessen, was uns angetan worden ist. Niemand von uns vermag dem zu entkommen.

So floss alles, was der Narr je zu mir gesagt hatte, mit dem zusammen, was er ungesagt gelassen hatte, und die Summe war, dass ich ihn verraten hatte. Doch ich hatte geglaubt, in seinem und meinem besten Interesse zu handeln. Er hatte vorhergesehen, dass er sterben würde, sollte er auf die Insel Aslevjal gehen, und der Tod vielleicht auch wieder nach mir schnappen würde. Er versprach mir, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um mein Überleben zu garantieren, denn das verlangte sein großer Plan, die Zukunft zu verändern. Aber mit meinem letzten Federstrich und dem Tod noch in frischer Erinnerung, muss ich sagen, dass ich seine Versprechen eher als bedrohlich denn als beruhigend empfand. Auch hatte er mich unbekümmert davon in Kenntnis gesetzt, dass ich, wenn wir erst einmal auf der Insel waren, zwischen unserer Freundschaft und meiner Treue Prinz Pflichtgetreu gegenüber würde wählen müssen.

Vielleicht hätte ich mich diesen Dingen stellen und standhaft bleiben können, doch ich bezweifle es. Jede einzelne dieser Prophezeiungen reichte schon aus, um mich verzagen zu lassen, und in der Summe überstiegen sie schlicht meine Kraft.

So ging ich zu Chade. Ich berichtete ihm, was der Narr gesagt hatte, und mein alter Mentor sorgte dafür, dass der Narr uns nicht begleitete, als wir zu den Äußeren Inseln aufbrachen.

Der Frühling hatte in die Bocksburg Einzug gehalten. Das grimmige schwarze Steingebäude kauerte noch immer misstrauisch auf den steilen Klippen über Burgstadt, doch auf den sanften Hügeln jenseits der Burg bahnte sich frisches Gras optimistisch einen Weg durch das braune Stroh, das von letztem Jahr übrig geblieben war, und in den kahlen Wäldern sprossen winzige Blätter an jedem Ast. Während des Winters hatten sich auf den Stränden Berge von totem Seetang angesammelt, die nun von der Flut hinweggespült wurden. Die Zugvögel kehrten zurück, und ihre Lieder hallten herausfordernd von den bewaldeten Hügeln über die Strände, wo die Seevögel sich lärmend um die besten Nistplätze an den Klippen stritten. Der Frühling belebte auch die düsteren Hallen der Burg, denn in jeder Nische fanden sich blühende Äste, und die ersten Blumen umrahmten die Eingänge zu den Versammlungsräumen.

Die warmen Winde vertrieben auch meine düstere Stimmung. Zwar bekümmerten mich noch stets dieselben Probleme, doch der Frühling vermag eine Vielzahl von Sorgen hinwegzufegen. Meine Gesundheit hatte erstaunliche Fortschritte gemacht – ich musste ein junger Mann Mitte zwanzig gewesen sein, als ich mich zum letzten Mal so frisch und lebendig gefühlt hatte. Nicht nur, dass meine Muskeln zu alter Stärke zurückgefunden hatten, mein Körper befand sich endlich wieder in dem trainierten Zustand, der einem Mann in meinen Jahren gebührte. Die harte Heilung, die mir durch die unerfahrenen Hände der Kordiale zuteilgeworden war, hatte auch alte Wunden wieder geschlossen: Missbrauch, den ich durch Galens Hände erfahren hatte, als ich von ihm im Gebrauch der Gabe unterwiesen worden war; Verletzungen, die ich als Krieger erlitten hatte; und selbst die tiefen Narben waren verschwunden, die ich von der Folter in Edels Kerker davongetragen hatte. Nur noch selten plagten mich Kopfschmerzen, meine Sicht war nicht länger verschwommen, wenn ich müde war, und die morgendliche Kälte bereitete meinem Körper keine Schmerzen mehr. Ich lebte nun in dem Leib eines starken, gesunden Tieres. Nur wenige Dinge sind so belebend wie gute Gesundheit an einem klaren Frühlingsmorgen.

Ich stand auf der Turmspitze und blickte aufs Meer hinaus. Hinter mir standen junge Obstbäume in Töpfen mit frisch gedüngter Erde, sortiert nach weißen und rosa Blüten. Aus einigen kleineren Töpfen kletterten lange Ranken, die ebenfalls erste Knospen trugen. Zwiebelblumen reckten ihre grünen Blätter empor, als wollten auch sie die herrliche Frühlingsluft kosten. In anderen Töpfen steckten noch kahle, dürre Zweige, doch um sie herum kündigte sich bereits neues Leben an, während sie noch auf wärmere Tage warteten. Zwischen ihnen standen kunstvoll arrangierte Skulpturen und Bänke, die zum Verweilen einluden. Vor dem Wind beschirmte Kerzen warteten auf sanfte Sommernächte, um ihr Licht in die Dunkelheit zu senden. Königin Kettricken hatte die alte Pracht des Königinnengartens wieder erstrahlen lassen. Dieser hoch gelegene Zufluchtsort war ihr privates Reich. Seine gegenwärtige Schlichtheit spiegelte ihre Bergwurzeln wider, doch seine Existenz hatte eine wesentlich ältere Tradition hier in der Bocksburg.

Ruhelos schritt ich am Rand entlang und zwang mich schließlich dazu, ruhig stehen zu bleiben. Der Junge war nicht zu spät; ich war zu früh. Dass die Minuten sich so in die Länge zogen, war nicht seine Schuld. Erwartung und Widerwille rangen in meinem Inneren miteinander, während ich auf mein erstes Treffen mit Flink, Burrichs Sohn, wartete. Meine Königin hatte mich damit betraut, Flink neues Wissen zu lehren und ihn im Umgang mit Waffen auszubilden. Ich fürchtete mich vor dieser Aufgabe. Der Junge verfügte nicht nur über die Alte Macht, er war auch noch unbestreitbar eigensinnig. In Verbindung mit seiner Intelligenz konnten ihm diese beiden Eigenschaften rasch Ärger einbringen. Laut Verfügung der Königin musste jeder die Zwiehaften mit Respekt behandeln, doch viele glaubten noch immer, dass die besten Heilmittel für »Tiermagie« ein Strick, ein Messer oder das Feuer seien.

Ich verstand, warum die Königin mir Flink anvertraut hatte. Sein Vater, Burrich, hatte ihn aus dem Haus geworfen, als der Junge der Alten Macht nicht entsagen wollte. Doch derselbe Burrich hatte Jahre seines Lebens dafür geopfert, mich großzuziehen, als ich ein kleiner Junge gewesen war, den sein königlicher Vater im Stich gelassen hatte, weil er es nicht gewagt hatte, mich als Bastard anzuerkennen. Es war nur angemessen, dass ich nun das Gleiche für Burrichs Sohn tat, auch wenn ich den Jungen nie wissen lassen durfte, dass ich einst Fitz-Chivalric und das Mündel seines Vaters gewesen war. So kam es, dass ich Flink, einen dürren Jungen von gerade mal zehn Sommern, genauso nervös erwartete, wie es bei seinem Vater der Fall gewesen wäre.

Ich sog die kühle Morgenluft tief in meine Lunge. Der Duft der Obstbaumblüten wirkte wie Balsam. Ich erinnerte mich daran, dass meine Aufgabe nicht lange währen würde. Schon bald würde ich den Prinzen auf seiner Queste nach Aslevjal auf die Äußeren Inseln begleiten. Bis dahin würde ich es wohl ertragen können, den Jungen zu unterweisen.

Die Alte Macht verleiht einem die Fähigkeit, anderes Leben zu fühlen, und so drehte ich mich schon um, bevor Flink die schwere Tür aufschob. Trotz des langen Aufstiegs die Treppe empor war er nicht außer Atem. Ich hielt mich ein wenig hinter den blühenden Ästen verborgen und musterte ihn. Er war in Bocksburgblau gekleidet, in die schlichte Tracht, die einem Pagen anstand. Chade hatte recht gehabt. Der Junge würde einen guten Axtkämpfer abgeben. Er war noch dünn, wie es bei Knaben seines Alters nun mal üblich ist, doch die unter dem Wams sichtbaren Schultern deuteten darauf hin, dass er einst die Muskeln seines Vaters haben würde. Sonderlich groß würde er zwar nicht werden, aber breit genug, um dies auszugleichen. Flink besaß die schwarzen Augen seines Vaters sowie dessen dunkles, lockiges Haar, während sein Kinn ebenso wie die Augenform eher an Molly erinnerte. Molly, meine verlorene Liebe und Burrichs Weib. Ich atmete tief durch. Das hier konnte sich als schwieriger erweisen, als ich erwartet hatte.

Ich sah, wie Flink sich meiner Gegenwart bewusst wurde. Ich rührte mich nicht, sondern ließ seine Augen nach mir suchen. Eine Zeit lang standen wir beide einfach nur da und sagten kein Wort. Dann suchte er sich einen Weg über die gewundenen Pfade, bis er vor mir stand. Seine Verbeugung war zu gut einstudiert, um elegant zu wirken.

»Herr, ich bin Flink der Zwiehafte. Man hat mir aufgetragen, mich bei Euch zu melden, und so stehe ich nun vor Euch.«

Offenbar gab er sich große Mühe, höfisches Benehmen zu lernen, doch die unverhohlene Verwendung seiner Tiermagie als Namensbestandteil machte seine Worte fast zu so etwas wie einer Herausforderung, als wolle er ausprobieren, ob das Dekret der Königin betreffs der Achtung von Zwiehaften auch Bestand hatte, wenn er hier mit mir allein war. Er begegnete meinem Blick auf eine Art, welche die meisten Adligen als Anmaßung betrachtet hätten. Aber, so ermahnte ich mich selbst, ich war kein Edelmann. Und das sagte ich ihm auch. »Nun, die Anrede ›Herr‹ ist wohl nicht ganz zutreffend. Tatsächlich bin ich niemandes Herr, mein Junge. Ich bin Tom Dachsenbless, ein Gardesoldat der Königin. Du darfst mich Meister Dachsenbless nennen, und ich werde dich Flink rufen. Einverstanden?«

Er blinzelte zweimal und nickte dann, bevor er sich daran erinnerte, dass das so nicht korrekt war. »Jawohl, Herr … Meister Dachsenbless.«

»Gut, gut. Nun denn, Flink, weißt du, warum man dich hierhergeschickt hat?«

Er biss sich zweimal kurz auf die Oberlippe, bevor er tief durchatmete, den Blick senkte und antwortete: »Ich nehme an, ich habe irgendjemandes Missfallen erregt.« Dann blickte er mir wieder in die Augen. »Aber ich weiß nicht, was ich getan habe oder wem das missfallen haben könnte.« Und mit einem Hauch von Trotz in der Stimme fügte er hinzu: »Ich kann nicht ändern, was ich bin. Sollte es an meiner Zwiehaftigkeit liegen, nun, dann ist es nicht gerecht. Unsere Königin hat gesagt, dass man mich wegen meiner Magie nicht anders behandeln darf.«

Mir stockte der Atem. Sein Vater blickte mich aus diesen Augen an. Die kompromisslose Ehrlichkeit und die Entschlossenheit, stets die Wahrheit zu sagen, waren Burrichs Erbe, und doch … In seinem übertriebenen Eifer hörte ich Mollys Temperament. Einen Moment lang wusste ich nicht, was ich sagen sollte.

Der Junge interpretierte mein Schweigen als Missfallen und senkte den Blick. Die Schultern hielt er jedoch noch immer gerade. Er sah keinen Fehler in seinem Tun, und solange das nicht der Fall war, würde er auch keine Reue zeigen.

»Du hast niemandes Missfallen erregt, Flink, und du wirst feststellen, dass manchen in Bocksburg die Alte Macht egal ist. Das ist nicht der Grund, warum wir dich von den anderen Kindern getrennt haben. Vielmehr dient diese Veränderung deinem Wohl. Dein Wissen übertrifft das der anderen Kinder in deinem Alter, und wir wollten dich nicht mit einer Gruppe von Jünglingen zusammenbringen, die viel älter sind als du. Auch ist man zu dem Schluss gekommen, dass du vom Unterricht im Umgang mit der Streitaxt profitieren würdest. Deshalb, so glaube ich, hat man mich auch zu deinem Mentor bestimmt.«

Flink riss den Kopf hoch und blickte mich verwirrt und verzweifelt an. »Die Streitaxt?«

Ich nickte sowohl ihm als auch mir zu, als ich meine Ahnung bestätigt fand. Chade setzte wieder seine alten Tricks ein. Offenbar hatte niemand den Jungen gefragt, ob er Interesse an solch einer Waffe hatte. Ich bedachte Flink mit einem Lächeln. »Ja, die Streitaxt. Die Soldaten in Bocksburg erinnern sich noch daran, wie gut dein Vater damit kämpfen konnte. Da du nicht nur sein Aussehen, sondern auch seine Statur geerbt hast, ist es nur natürlich, wenn die Streitaxt auch deine Waffe wird.«

»Ich bin nicht im Mindesten wie mein Vater, Herr.«

Fast hätte ich laut gelacht, nicht aus Freude, sondern weil der Junge Burrich nie ähnlicher gewesen war als ausgerechnet in diesem Augenblick. Es fühlte sich seltsam an, auf jemanden hinunterzublicken, der mich mit Burrichs finsterem Blick ansah. Doch solch eine Haltung war für einen Jungen von Flinks Jahren nicht angemessen, und so sagte ich kalt: »Die Königin und ihr Ratgeber Chade sind der Meinung, dass ihr euch ähnlich genug seid. Willst du infrage stellen, was sie für dich entschieden haben?«

Nun hing alles in der Schwebe. Ich sah den Augenblick, da Flink seine Entscheidung traf, und hätte fast wortgenau sagen können, was in seinem Kopf vor sich ging. Er könnte sich weigern, doch dann würde man ihn wohl als undankbar betrachten und zu seinem Vater zurückschicken. Also war es besser, sich dieser widerwärtigen Aufgabe zu stellen und zu bleiben. So senkte er schließlich die Stimme und antwortete: »Nein, Herr. Ich akzeptiere, was sie für mich entschieden haben.«

»Das ist gut«, sagte ich mit falscher Herzlichkeit.

Doch bevor ich fortfahren konnte, informierte mich Flink: »Ich besitze schon gewisse Fähigkeiten mit einer Waffe. Genauer gesagt, mit dem Bogen, Herr. Ich habe bis jetzt nicht darüber geredet, weil ich geglaubt habe, das würde niemand interessieren. Aber wenn ich nicht nur als Page, sondern auch als Kämpfer ausgebildet werden soll, so habe ich bereits eine Waffe meiner Wahl.«

Interessant. Schweigend betrachtete ich ihn einen Moment lang. Ich hatte genug von Burrich in ihm gesehen, um zu vermuten, dass er sich nicht einer Fähigkeit rühmen würde, die er nicht besaß. »Nun gut«, sagte ich. »Du darfst mir dein Können mit dem Bogen zeigen. Aber zu dieser Zeit und an diesem Ort haben erst einmal andere Lektionen Vorrang. Zum Zwecke deines Unterrichts hat man uns erlaubt, Schriftrollen aus der Bibliothek von Bocksburg zu verwenden. Das ist eine Ehre für uns beide.« Ich wartete auf eine Antwort.

Flink nickte knapp und erinnerte sich dann seiner Manieren. »Ja, Herr.«

»Gut. Dann triff mich morgen wieder an diesem Ort. Wir werden uns eine Stunde lang mit diesen Schriftrollen und dem Schreiben beschäftigen, und dann begeben wir uns auf den Übungsplatz.« Wieder wartete ich auf seine Antwort.

»Ja, Herr. Herr?«

»Was ist?«

»Ich bin ein guter Reiter, Herr, im Moment allerdings ein wenig eingerostet. Mein Vater hat mich seit einem Jahr nicht mehr in die Nähe der Pferde gelassen, aber ich bin wirklich ein tadelloser Reitersmann.«

»Das ist gut zu wissen, Flink.« Ich wusste, worauf er hoffte. Ich beobachtete sein Gesicht und sah das Licht darin ob meiner neutralen Antwort verblassen. Ich hatte fast aus Reflex reagiert. Ein Junge seines Alters sollte noch nicht einmal darüber nachdenken, sich mit einem Tier zu verschwistern. Doch als er nun enttäuscht den Kopf senkte, fühlte ich meine alte Einsamkeit widerhallen, die mich über die Jahre hinweg begleitet hatte. Auch Burrich hatte seinerzeit alles versucht, um mich davon abzuhalten, mich mit einem Tier zu verschwistern. Zwar wusste ich nun, dass er damals recht gehabt hatte, doch das milderte nicht die Erinnerung an jenes nagende Gefühl der Isolation. Ich räusperte mich und versuchte, meine Stimme so selbstsicher wie möglich klingen zu lassen. »Nun denn, Flink. Melde dich morgen hier bei mir. Oh, und zieh deine alten Kleider an. Wir werden uns schmutzig machen und schwitzen.«

Er blickte mich erschrocken an.

»Was ist, Junge?«

»Ich … Herr, ich kann nicht. Ich … ich habe meine alten Kleider nicht mehr, nur noch die beiden Uniformen, die mir die Königin gegeben hat.«

»Was ist mit ihnen passiert?«

»Ich … ich habe sie verbrannt, Herr.« Plötzlich klang er trotzig. Er schaute mir in die Augen und schob das Kinn vor.

Ich überlegte, ob ich ihn fragen sollte warum, doch das musste ich nicht. Seine Haltung verriet mir alles, was ich wissen wollte. Um es sich selbst zu beweisen, hatte er alles zerstört, was ihn mit der Vergangenheit verband. Ich fragte mich, ob ich ihn dazu zwingen sollte, das offen einzugestehen, doch dann kam ich zu dem Schluss, dass das auch nichts bringen würde. Auf jeden Fall war der Verlust solch nützlicher Kleider etwas, wofür er sich schämen sollte. Ich fragte mich, wie tief der Graben zwischen ihm und seinem Vater bereits war. Plötzlich war der Tag ganz und gar nicht mehr so schön wie zuvor. Ich zuckte mit den Schultern und schob die Angelegenheit erst einmal beiseite. »Dann zieh an, was du hast«, sagte ich und hoffte, dass ich nicht zu hart klang.

Flink stand einfach nur da und starrte mich an, bis ich bemerkte, dass ich ihn noch gar nicht entlassen hatte. »Du kannst jetzt gehen, Flink. Ich sehe dich dann morgen.«

»Ja, Herr. Danke, Meister Dachsenbless.« Er verneigte sich und zögerte dann erneut. »Herr? Darf ich Euch eine letzte Frage stellen?«

»Sicher.«

Misstrauisch schaute er sich um. »Warum treffen wir uns hier oben?«

»Hier ist es ruhig und angenehm. Als ich in deinem Alter war, habe ich es gehasst, an einem schönen Frühlingstag drinnen bleiben zu müssen.«

Das zauberte ein zögerliches Lächeln auf sein Gesicht. »Mir geht es genauso, Herr. Und ich mag es auch nicht, wenn man mich von Tieren fernhält. Ich nehme an, das ist der Ruf meiner Magie.«

Ich wünschte, er hätte das nicht zur Sprache gebracht. »Vielleicht ist es das, und vielleicht solltest du erst einmal gründlich darüber nachdenken, bevor du dir diese Frage selbst beantwortest.« Diesmal sollte er den Tadel in meiner Stimme hören.

Flink zuckte unwillkürlich zusammen und blickte mich beleidigt an. »Die Königin hat gesagt, meine Magie dürfe für niemanden einen Unterschied machen. Sie hat gesagt, niemand dürfe mich deswegen schlecht behandeln.«

»Das ist wahr. Aber es wird dich deshalb auch niemand besser behandeln. Ich rate dir, deine Magie für dich zu behalten, Flink. Stelle sie vor niemandem zur Schau, es sei denn, du kennst denjenigen gut genug. Wenn du wissen willst, wie du am besten mit der Alten Macht umgehen sollst, dann schlage ich vor, dass du dich zu Web dem Zwiehaften setzt, wenn der abends vor dem Herd Geschichten erzählt.«

Flink legte die Stirn bereits in Falten, bevor ich endete. Mit einer höflichen Geste entließ ich ihn, und er zog grübelnd von dannen.

Ich glaubte zu verstehen, was den Jungen bewegte: Dass er über die Alte Macht verfügte, hatte ihn in Streit mit seinem Vater gebracht. Er hatte Burrich erfolgreich getrotzt und war nach Bocksburg geflohen, fest entschlossen, offen als Zwiehafter an Königin Kettrickens tolerantem Hof zu leben. Doch falls der Junge glauben sollte, allein die Alte Macht würde ihm einen Platz hier sichern, würde ich ihm die Flausen schon austreiben – wobei ich keineswegs versuchen würde, ihm nicht seine Magie zu nehmen. Doch dass er damit herumwedelte wie mit einem Lumpen vor einem Terrier, war etwas, das mich zutiefst beunruhigte. Früher oder später würde er auf einen jungen Adligen treffen, der ihn nur allzu gern wegen seiner verachtenswerten Tiermagie herausfordern würde. Die Toleranz der Alten Macht gegenüber war anbefohlen, und viele übten sie nur widerwillig aus. Flinks Einstellung vergrößerte meine Entschlossenheit, ihn nicht wissen zu lassen, dass ich ebenfalls zu den Zwiehaften gehörte. Es war schon schlimm genug, dass er so frech mit seiner eigenen Magie hausieren ging; meine würde er nicht verraten.

Ich sah in die Weite des Himmels und des Meeres hinaus. Es war ein erregender Anblick, atemberaubend und zugleich auf beruhigende Art vertraut. Und dann zwang ich mich, nach unten zu schauen, über die niedrige Mauer hinweg, die zwischen mir und dem tödlichen Sturz stand. Einst, körperlich wie seelisch von Galen dem Gabenmeister zerschunden, hatte ich versucht, mich von eben dieser Brüstung zu stürzen. Es war Burrich gewesen, der mich damals zurückgehalten hatte. Er hatte mich in sein Gemach hinuntergetragen, meine Verletzungen behandelt und sich dann am Gabenmeister gerächt. Dafür schuldete ich ihm noch immer etwas, und vielleicht war die einzige Gelegenheit, ihm diese Schuld zu vergelten, seinen Sohn zu unterweisen und mich am Hof um ihn zu kümmern. Ich schloss diesen Gedanken in meinem Herzen ein, um meinen schwankenden Enthusiasmus für die Aufgabe zu stärken, und verließ die Turmspitze. Ich musste noch zu einem anderen Treffen, und die Sonne verriet mir, dass ich bereits zu spät kam.

Chade hatte bekannt gegeben, dass er den jungen Prinzen nun im Gebrauch der Gabe unterweisen würde. Dafür war ich ihm dankbar und bekümmert zugleich. Die öffentliche Verlautbarung bedeutete, dass sich Prinz Pflichtgetreu und Chade nicht mehr heimlich zu diesem Zweck treffen mussten, und dass der Prinz seinen schwachsinnigen Diener mit zu diesen Unterrichtsstunden nahm, wurde gemeinhin schlicht als exzentrisch betrachtet. Niemand bei Hofe hätte auch nur vermutet, dass Dick der Mitschüler des Prinzen war und zudem noch weit stärker in der ererbten Magie der Weitseher als jedes lebende Mitglied der königlichen Familie. Mein Kummer rührte aus der Tatsache, dass ich, der wahre Gabenlehrer, der Einzige war, der es noch immer verbergen musste, wenn er zu diesen Treffen ging. Ich war jetzt Tom Dachsenbless, und dieser einfache Gardist hatte mit der Weitseher-Magie nichts zu schaffen.

Ich stieg die Treppe vom Königinnengarten hinunter und eilte dann durch die Feste. In den Dienerquartieren gab es sechs verschiedene Eingänge zu dem verborgenen Spionagelabyrinth, das sich durch die Eingeweide der Bocksburg schlängelte. Ich achtete sorgfältig darauf, dass ich jeden Tag einen anderen Zugang benutzte. Heute wählte ich jenen nahe der Speisekammer. Ich wartete, bis niemand mehr im Gang war, und betrat die Kammer. Dort schob ich mich an Reihen von der Decke baumelnder Würste vorbei, zog das Paneel auf und schlüpfte in die mir vertraute Dunkelheit.

Ich verschwendete keine Zeit damit zu warten, bis meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. In diesem Teil des Irrgartens gab es ohnehin kein Licht. Die ersten Male, als ich ihn erkundet hatte, hatte ich eine Kerze mitgeführt. An diesem Tag war ich jedoch zu dem Schluss gekommen, dass ich den Gang inzwischen gut genug kannte, um ihn im Dunkeln zu durchqueren. Ich zählte meine Schritte und tastete mich dann zu einer schmalen Treppe. Oben angelangt, bog ich nach rechts ab und sah einen schwachen Lichtschein in den verstaubten Gang ragen. Geduckt lief ich weiter und erreichte kurze Zeit später einen mir vertrauteren Teil des Labyrinths. Bald darauf verließ ich das Gangsystem durch das Paneel neben dem Herd im Seeturm. Ich schob das Paneel wieder zurück und erstarrte dann, als ich jemanden den Türriegel heben hörte. Mir blieb kaum Zeit, mich hinter den langen Fenstervorhängen zu verstecken, bevor jemand den Raum betrat.

Ich hielt den Atem an, doch es waren nur Chade, Pflichtgetreu und Dick. Erst als sie die Tür wieder fest hinter sich geschlossen hatten, verließ ich mein Versteck. Dick erblickte mich und fuhr erschrocken zusammen. Chade schien mein plötzliches Erscheinen nicht zu beeindrucken. Er bemerkte nur: »Du hast Spinnweben an der linken Wange. Ist dir das nicht aufgefallen?«

Ich wischte das klebrige Zeug weg. »Ich bin überrascht, dass sie nur an meiner linken Wange sind. Der Frühling scheint eine ganze Legion von Spinnen geweckt zu haben.«

Chade nickte ernst. »Ich habe immer einen Staubwedel in die Gänge mitgenommen. Das hat wenigstens etwas geholfen. Natürlich war in jenen Tagen egal, wie ich an meinem Ziel aussah. Ich mochte einfach nicht das Gefühl kleiner Beinchen in meinem Nacken.«

Prinz Pflichtgetreu grinste bei der Vorstellung, wie der elegant gewandete und gut frisierte Ratgeber der Königin mit einem Staubwedel durch die Gänge huschte. Es hatte jedoch eine Zeit gegeben, da war Fürst Chade ein geheimer Einwohner der Bocksburg gewesen, der königliche Assassine, ein Mann, der sein vernarbtes Gesicht verbarg und des Königs Gerechtigkeit im Schatten ausübte. Doch diese Zeiten waren längst vergangen. Heute schritt Chade majestätisch durch die Gänge und ließ sich als Diplomat und treuer Ratgeber preisen. Sein elegantes Gewand aus Blau und Grün spiegelte diesen Status wider, wie auch die Edelsteine, die seinen Hals und seine Ohrläppchen zierten. Sein schneeweißes Haar und seine durchdringenden grünen Augen ergänzten diese Garderobe nur allzu gut. Die Narben, die ihn einst so bekümmert hatten, waren mit den Jahren verblasst. Ich beneidete ihn weder um diese Pracht, noch missgönnte ich sie ihm. Es war nur gerecht, wenn der alte Mann nun die Früchte für die Entbehrungen seiner Jugend erntete. Damit schadete er niemandem, und jene, die sich davon blenden ließen, übersahen oft Chades rasiermesserscharfen Verstand, seine eigentliche Waffe.

Im Gegensatz zu ihm war der Prinz genauso schlicht gewandet wie ich. Ich schrieb das den asketischen Traditionen des Bergreichs zu, aus dem Königin Kettricken stammte, und ihrer angeborenen Sparsamkeit. Mit seinen fünfzehn Jahren schoss Prinz Pflichtgetreu förmlich in die Höhe. Welchen Sinn ergab es da, ihm die feinsten Gewänder anpassen zu lassen, wenn er diesen sofort wieder entwuchs oder sie auf dem Übungsplatz zerriss? Ich musterte den jungen Mann, der lächelnd vor mir stand. Seine dunklen Augen und das lockige schwarze Haar waren ein Spiegelbild seines Vaters, doch sowohl seine Größe als auch sein entschlossenes Kinn erinnerten mich mehr an ein Porträt meines Vaters Chivalric.

Der vierschrötige Mann, der ihn begleitete, war das vollkommene Gegenteil davon. Ich schätzte Dick auf Ende zwanzig. Er besaß die kleinen Ohren und die hervorstehende Zunge eines Einfaltspinsels. Der Prinz hatte ihn in eine blaue Tunika und Hose gesteckt, die bis hin zu dem Bockswappen auf der Brust zu seinen eigenen Kleidern passten, doch die Tunika spannte sich über dem Bierbauch des kleinen Mannes, und die Hose hing an Knien und Knöcheln durch. Dick war eine seltsame Gestalt, belustigend und auch ein wenig abstoßend für jene, die im Gegensatz zu mir die Gabenmusik nicht spüren konnten, die dort wie ein Schmiedefeuer in ihm brannte, wo gewöhnliche Menschen ihre Gedanken hatten. Sie war jedoch weniger durchdringend und weniger lästig als einst, aber die Kraft seiner Magie war so groß, dass er seine Musik ständig mit uns teilte. Ich konnte sie aussperren, doch das hieß, meine Empfindsamkeit für die Gabe fast völlig abzuschalten; dann konnten Chades und Pflichtgetreus schwächere Gedanken nicht mehr zu mir durchdringen. Ich konnte Dick nicht von mir fernhalten und Pflichtgetreu und ihn gleichzeitig unterrichten; also ertrug ich seine Musik vorläufig.

Heute bestand sie aus dem Klacken einer Schere und dem Klappern eines Webstuhls, vermischt mit dem hohen Kichern einer Frau. »So. Du hattest heute Morgen wieder eine Anprobe, nicht wahr?«, fragte ich den Prinzen.

Meine Frage überraschte Pflichtgetreu nicht. Er wusste, wie ich darauf gekommen war, und nickte müde. »Sowohl ich als auch Dick. Es war ein langer Morgen.«

Dick nickte nachdrücklich. »Musste auf Stuhl stehen. Durfte mich nicht kratzen. Nicht bewegen. Während die Dick mit Nadeln stechen.« Letzteres fügte er in ernstem Ton hinzu und warf dem Prinzen einen tadelnden Blick zu.

Pflichtgetreu seufzte. »Das war ein Unfall, Dick. Sie hat dir doch gesagt, du solltest stillstehen.«

»Sie war gemein«, erwiderte Dick, und ich vermutete, dass er nicht weit von der Wahrheit entfernt war. Vielen Edelleuten fiel es schwer, die Freundschaft des Prinzen zu Dick zu akzeptieren, und aus irgendeinem Grund empfanden manche Diener das sogar als Affront. In der Folge hielten es einige von ihnen offenbar immer wieder für nötig und angebracht, ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen.

»Jetzt ist es jedenfalls vorbei, Dick«, tröstete ihn der Prinz.

Wir nahmen unsere gewohnten Plätze an dem riesigen Tisch ein. Seit Chade verkündet hatte, dass er und der Prinz Gabenstunden abhalten würden, war dieser Raum im Seeturm gut möbliert. Lange Vorhänge umrahmten die großen Fenster, die geöffnet waren, um die angenehme Brise hereinzulassen. Die Steinwände und der Boden der Kammer waren sorgfältig geschrubbt und Tisch und Stühle geölt und poliert. Chades kleine Bibliothek von Schriftrollen lag ordentlich sortiert auf Regalen, und in abschließbaren Schränken bewahrte er jene Schriften auf, die er für ungewöhnlich wertvoll oder gefährlich hielt. Auf einem großen Schreibtisch standen Tintenfässer, frisch geschnittene Federn, und daneben lag ein großzügiger Vorrat sowohl an Papier als auch an Pergament. Es gab außerdem eine Anrichte mit Weinflaschen, Gläsern und anderen Dingen für das Wohlbefinden des Prinzen. Insgesamt war es ein bequemer, gemütlicher Raum geworden, der allerdings mehr Chades Geschmack als den des Prinzen widerspiegelte.

Mir gefiel die Veränderung.

Ich ließ den Blick über die Gesichter meiner Schüler schweifen. Pflichtgetreu schaute mich aufmerksam an. Dick jagte mit dem Finger irgendetwas in seinem linken Nasenloch. Chade saß aufrecht und bebte förmlich vor Energie. Aber was auch immer er getan hatte, um wieder so aufmerksam zu werden, hatte nichts an den roten Adern in seinen Augen geändert. Der Gegensatz zu seinen grünen Pupillen war beunruhigend.

»Was ich heute gerne tun würde … Dick. Bitte, hör auf damit.«

Er schaute mich mit leeren Augen an, den Finger noch immer in der Nase. »Kann nicht. Es sticht da drin.«

Chade rieb sich die Stirn und blickte zur Seite. »Gib ihm ein Taschentuch«, sagte er, ohne jemand speziellen anzureden.

Prinz Pflichtgetreu saß Dick am nächsten. »Hier. Putz dir die Nase. Vielleicht kommt es ja raus.«

Er reichte Dick ein viereckiges Tuch aus besticktem Leinen. Dick betrachtete es misstrauisch mehrere Sekunden lang und nahm es dann. Über den ohrenbetäubenden Geräuschen seines Versuchs, sich die Nase zu putzen, sagte er: »Letzte Nacht hat jeder von uns Gabenwandern in seinen Träumen versuchen sollen.« Ich war ein wenig nervös ob dieses Vorschlags gewesen, doch ich hatte das Gefühl gehabt, dass sowohl Chade als auch Pflichtgetreu dazu bereit waren. Dick vergaß regelmäßig, was er abends tun sollte, also hatte ich mir um ihn keine Sorgen gemacht. Wenn man eine Gabenwanderung unternahm, konnte man seinen eigenen Leib verlassen und für kurze Zeit das Leben durch den Körper eines anderen erfahren. Mir selbst war das schon mehrere Male gelungen, meist durch Zufall. Den Gabenschriften zufolge konnte man auf diese Art nicht nur Informationen sammeln, sondern auch jene ausfindig machen, die als Königsborn gebraucht werden konnten, als Kraftquellen für den Gabennutzer. Jene, die dafür offen waren, verfügten häufig selbst über ein gewisses Maß der Gabe. Gestern war Chade über meinen Vorschlag begeistert gewesen, doch nun reichte ein Blick auf ihn, um zu wissen, dass ihm die Gabenwanderung nicht gelungen war. Pflichtgetreu blickte ebenso düster drein.

Ich blickte fragend in die Runde. »Und? Kein Erfolg?«

»Ich hab’s geschafft!«, freute sich Dick.

»Du hast eine Gabenwanderung unternommen?« Ich war erstaunt.

»Nei-ein. Ich habe es rausgeholt. Siehst du?« Er zeigte mir die grünliche Trophäe, die er im Taschentuch des Prinzen gefangen hatte. Chade wandte sich ab und schnaubte angewidert.

Pflichtgetreu lachte jedoch mit der Unbekümmertheit eines Fünfzehnjährigen laut auf. »Beeindruckend, Dick. Das ist aber ein großer. Sieht aus wie ein alter grüner Salamander.«

»Ja-ah«, stimmte ihm Dick zufrieden zu. Sein schlaffer Mund verzog sich vor Freude zu einem breiten Lächeln. »Ich habe letzte Nacht eine große blaue Eidechse geträumt. Größer als so!« Er streckte die Arme weit auseinander. Sein Lachen gesellte sich wie das Keuchen eines Hundes zum Gelächter des Prinzen.

»Mein Prinz und zukünftiger Monarch«, erinnerte ich Pflichtgetreu in strengem Ton. »Wir haben Arbeit zu erledigen.« In Wahrheit musste ich darum kämpfen, ernst zu bleiben. Es war schön, Pflichtgetreu so ungezwungen lachen zu sehen, selbst über so etwas Kindisches. Seit ich den Jungen kennengelernt hatte, schienen stets sein Rang und seine Pflichten auf ihm zu lasten. Nun sah ich zum ersten Mal, wie er sich wie ein Jüngling im Frühling benahm. So bedauerte ich meinen Tadel auch schon, als das Lächeln von seinem Gesicht verschwand. Mit einem Ernst, der den meinen bei Weitem übertraf, drehte er sich zu Dick um, nahm ihm das Taschentuch ab und knüllte es zusammen.

»Nein, Dick. Hör auf. Hör mir zu. Du hast eine große blaue Echse geträumt? Wie groß?«

Der intensive Tonfall in der Frage des Prinzen ließ Chade sich umdrehen. Doch Dick war verwirrt und beleidigt, weil Pflichtgetreus Verhalten ihm gegenüber sich so abrupt verändert hatte. Er legte die Stirn in Falten und schob Unterlippe und Zunge vor. »Das war nicht nett.«

Ich erkannte die Phrase wieder. Wir hatten an Dicks Tischmanieren gearbeitet. Wenn er uns auf der Reise nach Aslevjal begleiten sollte, dann musste er sich wenigstens ein Mindestmaß an Höflichkeit aneignen. Unglücklicherweise schien er sich nur an die Regeln zu erinnern, wenn er jemand anderen mit ihnen tadeln konnte.

»Es tut mir leid, Dick. Du hast recht. Sich einfach etwas zu schnappen, ist nicht nett. Jetzt sag mir, wie groß die Echse war, die du geträumt hast.«

Der Prinz lächelte Dick ernst an, doch der Themenwechsel war zu schnell für den kleinen Mann. Dick schüttelte den schweren Kopf, wandte sich ab und verschränkte die fetten Arme vor der Brust. »Neee«, lehnte er schroff ab.

»Bitte, Dick …«, begann Pflichtgetreu, doch Chade unterbrach ihn.

»Kann das nicht warten, Pflichtgetreu? Es bleiben uns nicht mehr viele Tage, bis wir segeln, und wir haben noch viel zu lernen, wenn wir als Kordiale funktionieren wollen.« Ich wusste um die Sorgen des alten Mannes. Und ich teilte sie. Die Gabe könnte für den Erfolg des Prinzen von entscheidender Bedeutung sein. Tatsächlich glaubte niemand von uns, dass er auf den Äußeren Inseln wirklich irgendeinen vergrabenen Eisdrachen vorfinden würde. Der eigentliche Wert der Gabe würde darin liegen, dass Chade und ich mit ihrer Hilfe Informationen sammeln könnten, um die auf eine Hochzeit von Pflichtgetreu und Prinzessin Elliania hinführenden Verhandlungen voranzutreiben.

»Nein. Das ist wichtig, Chade. Glaube ich jedenfalls. Nun, es könnte wichtig sein«, sagte Pflichtgetreu. »Ich habe vergangene Nacht nämlich auch von einer großen blauen Echse geträumt. Tatsächlich handelte es sich bei der Kreatur um einen Drachen.«

Kurz kehrte Stille ein, während wir alle darüber nachdachten. Dann brach Chade zögernd das Schweigen. »Nun, es sollte uns nicht überraschen, wenn ihr den gleichen Traum teilt. Ihr seid tagsüber so häufig über die Gabe verbunden, warum sollte diese Verbindung dann nicht auch in der Nacht bestehen?«

»Weil ich nicht wirklich geschlafen habe, als es passiert ist. Ich habe mich im Gabenwandern versucht. Fi… Tom hat gesagt, ihm sei es immer leichter gefallen, wenn er gedöst habe. Also habe ich mich ins Bett gelegt, aber nicht zum Schlafen, und mit der Gabe hinausgegriffen. Und dann habe ich es gefühlt.«

»Was hast du gefühlt?«, fragte Chade.

»Ich habe gefühlt, wie es mit seinen großen, wirbelnden Silberaugen nach mir gesucht hat.« Die Antwort kam von Dick.

»Ja«, bestätigte der Prinz.

Mich verließ der Mut.

»Ich verstehe das nicht«, sagte Chade verärgert. Dann richtete er sich an Pflichtgetreu: »Fang noch mal von vorn an und erstatte uns vernünftig Bericht.« Mir war klar, warum Chade so aufgebracht war. Wieder einmal hatten sich alle drei an einer Übung versucht, und sowohl Dick als auch Pflichtgetreu waren bis zu einem gewissen Grad erfolgreich gewesen, während Chade versagt hatte. Und dann sprachen sie auch noch von einem Drachen. In letzter Zeit hatten Drachen zu oft Erwähnung gefunden: ein gefrorener Drache, den Pflichtgetreu ausgraben und köpfen sollte; die Drachen, mit denen die Abordnung aus Bingstadt geprahlt hatte (und die den Händlern angeblich jederzeit zur Verfügung standen); und jetzt mischte sich ein Drache auch noch in unsere Gabenübungen. Und wir wussten noch nicht einmal über einen einzigen von ihnen etwas Genaueres. Aber natürlich wagten wir nicht, sie einfach als Legenden und Lügen abzutun; zu gut erinnerten wir uns noch an die Steindrachen, die den Sechs Provinzen vor sechzehn Jahren zu Hilfe geeilt waren.

»Da gibt es nicht viel zu berichten«, erwiderte Pflichtgetreu. Er atmete tief durch. »Ich hatte mich in meine Gemächer zurückgezogen, so als wollte ich mich tatsächlich schlafen legen. Ich war im Bett. Das Kaminfeuer war schon weit heruntergebrannt. Ich beobachtete es in der Hoffnung, es würde mir beim Schlafen helfen und mich doch wach genug halten, um mit meiner Gabe auf Wanderschaft zu gehen. Zwei Mal wäre ich beinahe eingeschlafen, und jedes Mal habe ich mich selbst wieder geweckt und die Übung von Neuem begonnen. Beim dritten Mal bemühte ich mich, den Prozess umzukehren. Ich griff mit der Gabe hinaus, hielt mich bereit und versuchte dann, wieder in Schlaf zu versinken.« Er räusperte sich und schaute uns an. »Dann habe ich etwas Großes gefühlt. Etwas wirklich Großes.« Er blickte mich an. »Wie damals am Strand.«

Dick folgte der Geschichte mit offenem Mund, und seine kleinen runden Augen quollen nachdenklich hervor. »Eine große, fette blaue Eidechse«, sagte er.

»Nein, Dick«, widersprach Pflichtgetreu geduldig. »Zuerst nicht. Zuerst war da nur eine gewaltige … Präsenz. Und ich sehnte mich danach, zu ihr zu gehen, und doch fürchtete ich mich. Nicht weil eine direkte Bedrohung von ihr ausging. Im Gegenteil, sie wirkte schier … schier unglaublich gutmütig … friedvoll. Ich fürchtete mich, sie zu berühren, weil … weil ich dann jegliches Verlangen verloren hätte, wieder zurückzukehren. Sie schien das Ende zu sein … ein Ort, wo etwas Neues beginnt.« Die Stimme des Prinzen verhallte.

»Ich verstehe das nicht. Sprich vernünftig«, verlangte Chade.

»Sinnvoller kann man es nicht beschreiben«, warf ich leise ein. »Ich kenne diese Art von Wesen, Gefühlen und Orten, von denen der Prinz gesprochen hat. Ein oder zwei Mal habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht. Und ich kenne diese Kreatur. Sie hat uns geholfen; aber ich hatte das Gefühl, dass dieses eine Mal eine Ausnahme darstellte. Vielleicht hätte eine andere von ihnen uns schlicht verschlungen und es noch nicht einmal bemerkt. Es handelt sich um eine unglaublich anziehende Kraft, Chade. Warm und einladend, sanft wie die Liebe einer Mutter.«

Der Prinz legte die Stirn in Falten und schüttelte den Kopf. »Diese Präsenz war stark. Beschützend und weise. Wie ein Vater«, sagte Pflichtgetreu.

Ich hielt den Mund. Schon vor langer Zeit war ich zu dem Schluss gekommen, dass diese Mächte uns anboten, wonach auch immer wir uns am meisten sehnten. Meine Mutter hatte mich aufgegeben, als ich noch sehr klein gewesen war. Pflichtgetreu hatte seinen Vater nie gekannt. Solche Dinge hinterlassen tiefe Löcher in der Seele eines Mannes.

»Warum hast du uns bis jetzt nie etwas davon erzählt?«, fragte Chade mich gereizt.

Ja, warum? Weil diese Begegnung zu persönlich gewesen war, um sie mit jemandem zu teilen. Doch nun entschuldigte ich mich, indem ich sagte: »Weil du auch mir geantwortet hättest, was du gerade gesagt hast: Rede vernünftig. Diese Präsenz ist ein Phänomen, das ich nicht erklären kann. Vielleicht ist die Form, die sie annimmt, auch nur ein Produkt meines Verstandes. Es gleicht dem Versuch, einen Traum wiederzugeben. Es ist, als würde man versuchen, eine Geschichte aus einer Reihe von Ereignissen zu formen, die jeglicher Logik entbehren.«

Chade gab nach, aber zufrieden sah er nicht aus. Mir war klar, dass ich später noch eine Menge Fragen über mich würde ergehen lassen müssen.

»Ich möchte von der großen Echse erzählen«, bemerkte Dick mürrisch. Er war in seiner Entwicklung an einem Punkt angelangt, an dem er es manchmal genoss, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Offensichtlich hatte er das Gefühl, dass der Prinz ihm mit seiner Geschichte die Schau gestohlen hatte.

»Sprich weiter, Dick. Erzähl, was du geträumt hast, und dann werde ich erzählen.« Der Prinz schenkte ihm seine ungeteilte Aufmerksamkeit.

Chade lehnte sich mit einem lauten Seufzer auf seinem Stuhl zurück. Ich beobachtete, wie sich Dicks Gesicht aufhellte. Er wand sich wie ein gestreichelter Welpe, blinzelte nachdenklich und bemühte sich dann, jene Art von Tonfall zu imitieren, den er von Pflichtgetreu und mir so häufig gehört hatte, wenn wir Chade Bericht erstatteten. »Ich bin letzte Nacht ins Bett gegangen. Und ich hatte meine rote Decke. Dann war Dick fast eingeschlafen und hat mit der Musik angefangen. Dann wusste ich, dass Pflichtgetreu da war. Manchmal folgt ihm Dick in die Träume. Er hat viele gute Träume, Mädchenträume …«

Kurz verhallte Dicks Stimme, als er mit weit geöffnetem Mund nachdenklich einatmete.

Der Prinz fühlte sich sichtlich unwohl, doch Chade und mir gelang es, ernst zu bleiben und weiter interessiert dreinzublicken.

Unvermittelt setzte Dick seine Geschichte fort. »Dann habe ich gedacht: Wo ist er? Vielleicht ist das ein Spiel. Er versteckt sich vor Dick. Also habe ich gerufen: ›Prinz‹, und er hat gesagt: ›Sei still.‹ Also war ich still, und Dick ist klein, und die Musik geht um ihn herum. Wie wenn man sich in den Vorhängen versteckt. Dann gucke ich vorsichtig. Und es ist eine große, fette Eidechse, blau, blau wie mein Hemd, aber sie funkelt, wenn sie sich bewegt, wie die Messer in der Küche. Dann sagt sie: ›Komm raus, komm raus. Wir können ein Spiel spielen.‹ Aber der Prinz sagt: ›Schschsch, tu’s nicht‹, und so tue ich es nicht, und dann wird sie wütend. Ihre Augen werden größer und drehen sich wie die Untertasse, die ich fallen gelassen habe. Und dann denkt Dick: ›Aber sie ist auf der Traumseite. Ich werde einfach auf die andere Seite gehen.‹ Deshalb habe ich die Musik lauter gemacht und bin aufgewacht. Und da war keine Eidechse mehr; nur meine rote Decke lag auf dem Boden.« Er beendete seine Geschichte mit einem tiefen Seufzer und blickte in die Runde.

Ich versetzte Chade einen winzigen Stoß mit der Gabe. Er schaute mich an, ließ es aber wie einen Zufall aussehen. Ich war ungeheuer stolz auf den alten Mann, als er sagte: »Das war ein hervorragender Bericht, Dick. Du hast mir viel erzählt, worüber ich nachdenken muss. Lass uns jetzt hören, was der Prinz zu sagen hat, und dann werden wir sehen, ob ich Fragen für dich habe.«

Dick richtete sich auf seinem Stuhl auf, und seine Brust schwoll so sehr vor Stolz, dass das Hemd über seinem Bierbauch spannte. Seine Zunge ragte noch immer aus dem froschhaft grinsenden Mund heraus, aber seine kleinen Augen tanzten förmlich zwischen mir und Pflichtgetreu hin und her, um zu sehen, ob wir seinen Triumph auch bemerkt hatten. Ich fragte mich, wann es so wichtig für ihn geworden war, Chade zu beeindrucken; dann erkannte ich, dass er auch in dieser Hinsicht schlicht den Prinzen kopierte.

Klugerweise gestattete Pflichtgetreu Dick, sich einen Moment in unserer Aufmerksamkeit zu sonnen. »Dick hat euch das meiste schon erzählt«, begann der Prinz schließlich, »aber lasst mich noch etwas hinzufügen. Ich habe euch von einer mächtigen Präsenz erzählt. Ich habe … nun, ich habe sie nicht wirklich beobachtet, sondern eher gespürt und wurde dann zu ihr hingezogen. Das war jedoch keineswegs ein furchterregendes Gefühl. Ich sorgte mich nicht darum, dass mich dieses Etwas vielleicht absorbieren könnte und ich dann für immer verloren sein würde. Es machte mir einfach nichts aus. Dann zog sich die Präsenz zurück. Ich wollte ihr hinterher, doch in diesem Augenblick bemerkte ich, dass mich etwas anderes beobachtete. Und dieses ›andere‹ fühlte sich bei Weitem nicht so wohlwollend an. Ich hatte eher das Gefühl, als hätte sich dieses andere Wesen an mich herangeschlichen, während ich über jene anziehende Präsenz meditiert habe. Ich habe mich umgeschaut und gesehen, dass ich mich am Ufer eines milchigen Flusses befand, auf einem sehr kleinen Strand aus Lehm. Hinter mir ragte ein Wald aus gewaltigen Bäumen auf. Sie waren größer als Türme und tauchten den Tag in Zwielicht. Zuerst habe ich nichts anderes gesehen. Dann habe ich eine winzige Kreatur bemerkt … wie eine Eidechse, nur rundlicher. Sie saß auf einem breiten Blatt und beobachtete mich. Doch im selben Moment, da ich sie erblickte, begann sie zu wachsen. Oder vielleicht bin ich auch geschrumpft. Ich bin nicht sicher. Der Wald ist ebenfalls gewachsen, und als das Tier schließlich auf den Lehm trat, war es ein Drache. Blau und silbern, riesig und wunderschön. Und der Drache sprach zu mir: ›So, du hast mich also gesehen, aber das ist mir egal. Dich wird es jedoch kümmern. Du bist einer von seinen. Sag mir: Was weißt du über einen schwarzen Drachen?‹ Dann – und das war besonders seltsam – konnte ich mich selbst nicht mehr finden. Es war, als hätte ich mich zu sehr auf ihn konzentriert und dabei meine eigene Existenz vergessen. Und dann beschloss ich, mich hinter einem Baum zu verstecken.«

»Das klingt nicht nach der Gabe«, unterbrach ihn Chade verärgert. »Das klingt nach einem einfachen Traum.«

»Genau. Und deshalb habe ich ihn auch erst einmal beiseitegeschoben, nachdem ich aufgewacht war. Ich wusste, dass ich kurz die Gabe angewandt hatte, aber ich habe geglaubt, anschließend eingeschlafen zu sein und dass alles, was danach kam, ein Traum gewesen war. Aber wie es in Träumen manchmal ist, war Dick plötzlich bei mir. Ich wusste nicht, ob auch er den Drachen gesehen hatte, also griff ich zu ihm hinaus und sagte ihm, er solle still sein und sich vor ihm verstecken. So haben wir uns dann versteckt, und der Drache wurde sehr wütend; ich glaube, weil er wusste, dass wir noch immer da waren, uns jedoch versteckten. Dann war Dick plötzlich verschwunden, und das erschreckte mich so sehr, dass ich die Augen öffnete.« Der Prinz zuckte mit den Schultern. »Ich war in meinem Schlafgemach und glaubte, gerade schlicht einen ungewöhnlich lebhaften Traum gehabt zu haben.«

»So könnte es auch gewesen sein; ein lebhafter Traum, den du dir mit Dick geteilt hast«, erwiderte Chade. »Ich denke, wir können das jetzt als erledigt betrachten und uns um das kümmern, weshalb wir hergekommen sind.«

»Das denke ich nicht«, sagte ich. Irgendetwas an der gelassenen Art, wie Chade das alles abtat, warnte mich, dass der alte Mann nicht wollte, dass wir darüber sprachen; doch ich war bereit, einen Teil meines Geheimnisses preiszugeben, um seines zu ergründen. »Ich denke, der Drache ist echt. Mehr noch, ich denke, wir haben schon von ihm gehört. Tintaglia, der Drache von Bingstadt, der, von dem der maskierte Junge gesprochen hat.«

»Selden Vestrit«, nannte Pflichtgetreu leise den Namen. »Können Drachen die Gabe gebrauchen? Und warum verlangt er zu wissen, was wir über einen schwarzen Drachen wissen? Hat er Eisfeuer damit gemeint?«

»Mit Sicherheit hat er das. Aber das ist auch die einzige deiner Fragen, die ich beantworten kann.« Widerwillig drehte ich mich zu dem mürrisch dreinblickenden Chade um. »Er hat auch meine Träume schon zuvor berührt und von mir das Gleiche verlangt, nämlich dass ich ihm sagen sollte, was ich über einen schwarzen Drachen und eine Insel wisse. Er weiß von unserer Queste; höchstwahrscheinlich hat er es von den Bingstadt-Gesandten erfahren, die um unsere Hilfe bei ihrem Krieg mit Chalced ersucht haben. Aber ich glaube, dass er nicht viel mehr weiß als die Gesandten: nur, dass irgendwo im Eis ein Drache gefangen ist und dass Pflichtgetreu loszieht, um ihn zu erschlagen.«

Chade machte ein Geräusch, das an ein Knurren erinnerte. »Dann wird Tintaglia auch den Namen der Insel kennen. Aslevjal. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie herausfindet, wo das liegt. Die Händler von Bingstadt sind für ihre Geschwätzigkeit berühmt. Und wenn sie eine Karte wollen, die den Weg nach Aslevjal beschreibt, dann werden sie sich mit einem klugen Handel einer solchen zu bemächtigen wissen.«

Ich breitete die Hände aus und stellte eine Ruhe zur Schau, die ich nicht empfand. »Es gibt nichts, was wir dagegen tun könnten, Chade. Wie auch immer sich die Sache entwickeln mag, wir werden damit zurechtkommen müssen.«

Chade schob den Stuhl zurück. »Nun, ich würde besser damit zurechtkommen, wenn ich wüsste, mit was genau ich rechnen muss«, sagte er und hob dabei die Stimme. Er ging zum Fenster und blickte aufs Meer hinaus. Dann drehte er den Kopf und funkelte mich über die Schulter hinweg an. »Was hast du mir sonst noch nicht erzählt?«

Wären wir in diesem Augenblick allein gewesen, hätte ich ihm vielleicht erzählt, wie der Drache Nessel bedroht und sie die Kreatur weggeschickt hatte. Doch in Pflichtgetreus Gegenwart wollte ich nicht über meine Tochter sprechen, und so schüttelte ich schlicht den Kopf.

Chade blickte wieder zum Meer hinaus. »Also haben wir es vielleicht mit einem weiteren Feind zu tun, nicht nur mit der Kälte und dem Eis von Aslevjal. Nun gut. Sag mir wenigstens, wie groß die Kreatur ist und wie stark.«

»Ich weiß es nicht. Ich habe sie nur in meinen Träumen gesehen, und dort hat sie ihre Größe verändert. Allerdings sollten wir nicht annehmen, dass solche Träume auch den Tatsachen entsprechen.«

»Aha, wie nützlich«, erwiderte Chade entmutigt. Er kehrte zum Tisch zurück und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. »Hast du vergangene Nacht irgendetwas von diesem Drachen gefühlt?«, fragte er mich plötzlich.

»Nein, habe ich nicht.«

»Aber du bist mit der Gabe auf Wanderschaft gegangen.«

»Kurz.« Ich hatte Nessel besucht. Das würde ich aber hier und jetzt nicht diskutieren. Chade schien meine Zurückhaltung nicht zu bemerken.

»Mir ist das trotz meiner besten Bemühungen nicht gelungen.« Chade klang gequält, fast wie ein verletztes Kind. Ich blickte ihm in die Augen und sah dort keine Enttäuschung, sondern Schmerz, und er erwiderte meinen Blick, als hätte ich ihn von irgendeinem wertvollen Geheimnis oder einem wunderbaren Abenteuer ausgeschlossen.

»Chade. Das wird mit der Zeit schon kommen. Manchmal glaube ich, dass du dich einfach zu sehr bemühst.« Ich sprach die Worte, war mir aber nicht sicher, ob sie wahr waren; doch ich brachte es einfach nicht über mich auszusprechen, was ich insgeheim vermutete: dass Chade zu spät mit diesem Unterricht begonnen hatte und dass er somit auch nie die Magie meistern würde, die man ihm so lange verwehrt hatte.

»Das sagst du ständig«, entgegnete er dumpf.

Und darauf konnte ich nichts erwidern. Den Rest der Unterrichtsstunde machten wir gemeinsam mehrere Übungen aus einer der Schriftrollen, allerdings nur mit eingeschränktem Erfolg. Chades Entmutigung schien seine Fähigkeiten am heutigen Tag fast vollständig gedämpft zu haben. Wenn wir uns an den Händen hielten, konnte er die Bilder und Worte empfangen, die ich ihm schickte, doch wenn wir in verschiedene Ecken des Raums gingen, konnte ich ihn weder erreichen, noch vermochte er den Geist von Pflichtgetreu oder Dick zu berühren. Seine wachsende Frustration störte uns alle. Als Pflichtgetreu und Dick zu ihren Pflichten aufbrachen, hatten wir nicht nur keinen Fortschritt erzielt, sondern noch nicht einmal die Leistung vom Tag zuvor erreicht.

»Ein weiterer Tag vorüber, und wir sind einer funktionierenden Kordiale keinen Schritt näher gekommen«, bemerkte Chade mir gegenüber verbittert, als wir schließlich allein waren. Er ging zur Anrichte und schenkte sich ein Glas Branntwein ein. Als er mir fragend winkte, schüttelte ich den Kopf.

»Nein, danke. Ich habe noch nicht gefrühstückt.«

»Ich auch nicht.«

»Chade, du siehst erschöpft aus. Ich denke, ein, zwei Stunden Ruhe und eine ordentliche Mahlzeit wären jetzt besser als Branntwein.«

»Wenn du zwei freie Stunden in meinem Tag findest, werde ich mit Freuden schlafen«, erwiderte er ohne Verbitterung. Chade ging mit seinem Glas zum Fenster und blickte hinaus. »Ich weiß langsam nicht mehr, wo mir der Kopf steht, Fitz. Wir brauchen diese Allianz mit den Äußeren Inseln. Durch den Krieg zwischen Chalced und Bingstadt ist unser Handel nach Süden fast vollständig zum Erliegen gekommen. Sollte Chalced Bingstadt besiegen, was durchaus der Fall sein könnte, wird das Reich sein Schwert als Nächstes gegen uns richten. Wir müssen uns mit den Äußeren Inseln verbünden, bevor Chalced es tut. Doch es sind nicht nur die Reisevorbereitungen, die mir so viel Arbeit bescheren; es sind all die Sicherheitsmechanismen, die ich in Gang setzen muss, damit in Bocksburg während meiner Abwesenheit alles so läuft, wie wir das wünschen.« Er nippte an seinem Glas und fügte dann hinzu: »In zwölf Tagen brechen wir nach Aslevjal auf … in zwölf Tagen, obwohl ich mindestens sechs Wochen brauchen würde, um alles so zu arrangieren, wie ich es haben will.«

Ich wusste, dass er nicht von solchen Dingen wie der Versorgung von Bocksburg, der Steuererhebung oder der Ausbildung der Wache sprach. Andere kümmerten sich um diese Dinge und erstatteten der Königin regelmäßig Bericht. Chade sorgte sich um sein Netz von Spionen und Informanten. Niemand war sicher, wie lange die diplomatische Mission zu den Äußeren Inseln dauern würde, ganz zu schweigen davon, wie viel Zeit die Queste des Prinzen nach Aslevjal in Anspruch nehmen würde. Ich hegte noch immer die schwindende Hoffnung, dass es sich bei diesem »Drachentöten« um irgendein Ritual der Fernholmer handelte, doch Chade war fest davon überzeugt, dass sich in der Tat der Kadaver eines Drachen im Eis des Gletschers verbarg und dass Pflichtgetreu ihn weit genug würde ausgraben müssen, um den Kopf abzutrennen und ihn der Narcheska öffentlich zu präsentieren.

»Während deiner Abwesenheit wird sich doch sicher dein Adept um alles kümmern können.« Ich hielt meine Stimme so ruhig wie möglich. Ich hatte Chade nie wegen der Wahl seines Adepten zur Rede gestellt, doch ich war nach wie vor nicht bereit, Rosmarin als Hofdame der Königin zu vertrauen, geschweige denn als Adept des Assassinen. Als Kind war sie Edels Werkzeug gewesen, und der Anmaßer hatte sie rücksichtslos gegen uns eingesetzt. Doch das hier war nicht gerade der richtige Augenblick, Chade zu enthüllen, dass ich herausgefunden hatte, wer sein Adept war. Seine Stimmung befand sich ohnehin schon auf dem Tiefpunkt.

Verärgert schüttelte er den Kopf. »Ein paar meiner Kontakte vertrauen nur mir. Sie werden niemand anderem Bericht erstatten. Und die Wahrheit ist, dass mein Talent zur Hälfte darauf beruht, dass ich weiß, wann ich nachfragen und welchen Gerüchten ich auf den Grund gehen muss. Nein, Fitz, ich werde mich damit abfinden müssen, dass es bei meiner Rückkehr Lücken in der Informationsbeschaffung geben wird, auch wenn mein Adept sich alle Mühe gibt …«

»Du hast Bocksburg auch früher schon verlassen, während des Kriegs der Roten Schiffe. Wie hast du es denn damals gehandhabt?«

»Ah, das war eine vollkommen andere Situation. Damals habe ich eine Bedrohung verfolgt, bin ins Herz der Intrigen vorgestoßen. Diesmal werde ich an äußerst kritischen Verhandlungen teilnehmen, während hier in Bocksburg viel geschieht, was eingehender beobachtet werden muss.«

»Die Gescheckten«, warf ich ein.

»Genau. Zwar müssen auch noch andere unter Beobachtung gehalten werden, doch die Gescheckten fürchte ich nach wie vor am meisten, auch wenn sie sich in letzter Zeit ruhig verhalten haben.«

Ich wusste, was er meinte. Dass man von den Gescheckten im Moment schlicht überhaupt nichts hörte, war alles andere als beruhigend. Ich hatte ihr Oberhaupt getötet, doch ich fürchtete, dass schon bald ein anderer Lutwins Platz einnehmen würde. Wir hatten viel ertragen, um das Vertrauen der Zwiehaften zu erringen. Vielleicht konnte diese Entspannung in den Beziehungen der Wut und dem Hass entgegenwirken, an denen die fanatischen Gescheckten sich nährten. Wenn die Zwiehaften von der Weitseher-Königin in der Gesellschaft willkommen geheißen und sogar dazu ermutigt wurden, sich offen zu ihrer Magie zu bekennen, dann würden sie auch weit weniger Interesse daran haben, die Weitseher-Herrschaft zu stürzen. Das hofften wir zumindest, und bis jetzt schien es auch zu funktionieren. Sollte es jedoch anders kommen, könnten sie nach wie vor gegen den Prinzen vorgehen, schlicht indem sie versuchten, ihn bei seinen Edelleuten in Misskredit zu bringen; dafür reichte es, sie wissen zu lassen, dass er nicht nur über die Gabe, sondern auch über die Alte Macht verfügte. Eine königliche Proklamation, dass die Alte Macht nicht länger als Makel gelten solle, konnte keine Vorurteile und das damit verbundene Misstrauen beseitigen, die sich über Generationen aufgebaut hatten. Das, so hofften wir, würde sich durch die wohlwollende Gegenwart von Zwiehaften am königlichen Hof ändern. Dazu zählten nicht nur Jungen wie Flink, sondern auch Männer wie Web der Zwiehafte.

Chade blickte noch immer besorgt aufs Meer hinaus.

Ich zuckte unwillkürlich zusammen, als ich die Worte sprach, doch ich konnte sie nicht zurückhalten. »Kann ich dir irgendwie helfen?«

Er drehte sich zu mir um. »Meinst du dieses Angebot ernst?«

Sein Tonfall warnte mich. »Ich denke ja. Warum? Was würdest du von mir verlangen?«

»Lass mich nach Nessel schicken. Du musst sie nicht als deine Tochter anerkennen. Lass mich noch einmal mit Burrich darüber reden, sie an den Hof zu holen und sie in der Gabe zu unterweisen. Ich denke, tief im Herzen hat er den Eid noch nicht vergessen, den er den Weitsehern geschworen hat, und wenn ich ihm sagen würde, dass ihr Prinz sie braucht, wird er sie gehen lassen. Außerdem wäre es auch nicht schlecht für Flink, seine Schwester in der Nähe zu haben.«

»Oh, Chade.« Ich schüttelte den Kopf. »Du kannst alles von mir verlangen, aber lass mein Kind in Frieden.«

Chade schüttelte ebenfalls den Kopf und schwieg.

Ich blieb noch eine Zeit lang neben ihm stehen, akzeptierte das Schweigen aber schließlich als Zeichen, dass ich entlassen war. Ich ließ ihn dort stehen und weiter aufs Meer hinausschauen, gen Nordosten, zu den Äußeren Inseln.

Kapitel 2

SÖHNE