Bettys (Um)welt - Petra Mehnert - E-Book

Bettys (Um)welt E-Book

Petra Mehnert

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Beschreibung

Ottenbach im Jahre 2217 Der kleine Ort unter dem Hohenstaufen ist von einer riesigen Mauer umgeben und ringsum nichts als Wasser. Mittendrin die vierzehnjährige Zeitreisende Betty, die durch eine kleine Umweltsünde hier in diese Zeit katapultiert wurde und nun mit Hilfe des gleichaltrigen Finjo einen Weg zurück finden will. Wird ihr das gelingen oder möchte sie lieber in der Zukunft bleiben? Denn fliegende Autos und Unterricht von zuhause aus haben durchaus ihren Reiz Im Rahmen eines Schülerferienprogrammes in der Schreibwerkstatt Ottenbach der Autorin und Bücherstuben-Leiterin Petra Mehnert entstand mit acht Mädchen und Jungen im Alter von 10 bis 13 Jahren diese Umwelt- und Zukunftsgeschichte.

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Seitenzahl: 110

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Nachdruck oder Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Verlages gestattet. Verwendung oder Verbreitung durch unautorisierte Dritte in allen gedruckten, audiovisuellen und akustischen Medien ist untersagt. Die Textrechte verbleiben beim Autor, dessen Einverständnis zur Veröffentlichung hier vorliegt. Für Satz- und Druckfehler keine Haftung. 

Impressum

Petra Mehnert & Schreibwerkstatt Ottenbach, »Bettys (Um)welt« 

www.edition-winterwork.de 

© 2018 edition winterwork 

Alle Rechte vorbehalten. 

Satz: edition winterwork 

Umschlag: Ronja Schiek & Robin Mehnert 

Druck und E-Book: winterwork Borsdorf 

Bettys (Um)welt 

Ein Jugendroman von Petra Mehnert 

und der Schreibwerkstatt Ottenbach: 

Ronja und Dorean Schiek, Markus und Michael Stadelmaier, 

Maren Weeger, Tina Wöss und Elena Ziller 

Bettys 14. Geburtstag 

Wenn es nach Bettys Mutter Marianne gegangen wäre, hätte der 22. Dezember auch in diesem Jahr wieder ein besonderer Tag werden sollen, doch heute war ihre Tochter wohl mal wieder mit dem falschen Fuß aufgestanden. Denn Bettys Laune war schon beim Frühstück eisiger als die Luft draußen gewesen. Sie hatte auf die Frage nach ihren Wünschen fürs Essen auf ihrer Geburtstagsfeier nur die Achseln gezuckt und was es zu trinken geben sollte, war ihr auch egal gewesen. Dennoch hatte ihre Mutter sie dazu überreden können, an diesem schulfreien Freitag mit zum Einkaufen zu fahren. Doch auf dem Parkplatz des großen Supermarkts wollte sie dann plötzlich doch nicht mitkommen und ihre arme, viel zu gutmütige Mutter, war kopfschüttelnd und resignierend alleine gegangen. Nun saß ihre zickige Tochter schlotternd im inzwischen ausgekühlten Wagen und tippte wie immer auf ihrem Handy herum. Dieses schien an ihren Händen festgewachsen zu sein, denn sie legte es nur zum Schlafen aus den Fingern und das auch stets in Reichweite. Ihre Eltern behaupteten, sie wäre Handy-, internet- und spielsüchtig, aber Betty sah das natürlich ganz anders. Sie machte eben alles mit ihrem Handy: chatten, lesen, recherchieren, spielen, fotografieren und Musik hören. Wofür ihre Eltern PC, Bücher, Lexika, Spiele und Fotoapparat brauchten, benötigte sie eben nur ein Gerät – ihr iPhone und sonst nix. 

Dieses hielt Betty nun zitternd in den Händen und vertippte sich dabei ständig. 

„Des is mir jetzt echt zu blöd!“, schimpfte sie und krabbelte mühsam zwischen den Sitzen nach vorne. Die junge Dame saß nämlich meist hinten, damit sie ungestört mit ihrem Handy zugange sein konnte. Gerade verfluchte sie ihre etwas üppigere Körperfülle und ihre langen Haare, denn es war sehr mühsam, an den Zündschlüssel zu gelangen. Stöhnend hatte sie es aber bald geschafft und der Motor sprang etwas ruckelnd an, da sie kein Gas geben konnte. Zufrieden grinsend drehte sie die Heizung auf volle Pulle und ließ sich zurück auf die Rückbank plumpsen. Dass es aus Umweltschutzgründen verboten war, den Motor laufen zu lassen, war ihr völlig egal. Sie fror und da sie auf keinen Fall rausgehen und ins Einkaufszentrum gehen wollte, war das in ihren Augen die einzige Möglichkeit, nicht zu erfrieren. 

„Mann, braucht die wieder lange zum Einkaufen!“, brummelte Betty nach etwa zwanzig Minuten, wobei sie nicht einen einzigen Gedanken darauf verschwendete, ihrer Mutter ja behilflich sein zu können. Gerade, als die Benzinanzeige auf Reserve schaltete und das entsprechende Lämpchen aufleuchtete, hörte Betty ein merkwürdiges Klacken. Da sie ihren Blick immer noch konzentriert auf ihr Handy gerichtet hatte, war ihr entgangen, dass das Auto von selbst die Türverriegelung aktiviert und die Handbremse gelöst hatte. Erst als es sich langsam in Bewegung setzte, blickte Betty gelangweilt auf. 

„Na endlich! Das hat aber lange gedau ...!“, schimpfte sie und hielt dann plötzlich inne ... da vorne saß ja gar niemand und das Auto bewegte sich trotzdem! 

„Mama!“, kreischte Betty los und versuchte, die Türe zu öffnen, was aber natürlich nicht ging. Alle Türen waren verschlossen und das Auto bewegte sich wie von Geisterhand gesteuert langsam und zielstrebig auf die Hütte mit den Einkaufswagen zu! 

„Mama! Ich will hier raus!“ Am Türgriff rüttelnd und zerrend schrie das Mädchen immer hysterischer, es kam ihr jedoch niemand zu Hilfe und auch der Junge neben ihr im Auto schien nicht zu merken, was vor sich ging. Er hatte seine Kappe tief ins Gesicht gezogen und es sah aus, als schliefe er. 

Betty sah aus den Augenwinkeln und durch ihre inzwischen dicken Tränen hindurch, dass der Wagen geradewegs in die Einkaufswagen hineinfuhr. Sie rüstete sich innerlich für den unabwendbaren Aufprall und hörte bereits die Schimpfkanonade ihres Vaters auf sie einprasseln, als es plötzlich zuerst stockduster und unmittelbar danach gleißend hell wurde. Geblendet spürte die arme Betty nur noch, wie sie geschubst wurde, ein Aufprall an der Fensterscheibe jedoch ausblieb, und sie bäuchlings auf einem harten Untergrund aufprallte. Um sie herum war es total neblig und sie rieb sich irritiert die Augen. Während sie sich mühsam aufrappelte, versuchte sie zu begreifen, was hier gerade passiert war. Sie war jedoch zu verwirrt, um einen einzigen klaren Gedanken fassen zu können. 

Warum hatte es nicht gescheppert, als ihr Auto in die Einkaufswagen gefahren war? 

Warum war es plötzlich dunkel und dann so übermäßig hell geworden, dass ihr die Augen immer noch schmerzten und wie zum Teufel konnte ein Auto jemanden aus seinem Inneren schmeißen? 

Betty rieb sich die aufgeschürften Ellenbogen, strich sich ihre roten Locken aus der Stirn und setzte sich erschöpft auf ihr Hinterteil. 

Was war nur passiert und warum war es um sie herum immer noch so neblig und vor allem gar nicht mehr so kalt? 

Wo war sie nur gelandet? Und warum saß sie nicht mehr wartend im warmen Auto und wo war eigentlich ihre Mutter? Mühsam rappelte sie sich hoch. 

„Mama!“, rief sie zum wiederholten Male, obwohl sie sich inzwischen sicher war, dass ihre Mutter sie nicht hören konnte. Sie war nicht mehr dort, wo ihre Mama sie zurückgelassen hatte und das Auto war auch nicht mehr da. Zumindest konnte sie es in dieser Suppe nicht mehr sehen. Wie weit hatte dieses blöde Ding sie wohl geschleudert? Plötzlich hinterfragte sie gar nicht mehr, wie, sondern warum das Auto sie rausgeschmissen hatte. Gerade, als sie wieder anfangen wollte zu weinen, lichtete sich plötzlich der Nebel und sie konnte Umrisse von hohen Häusern und eine Straße erkennen. Langsam hob sie den Blick und sah in der Ferne einen grünen Hügel, der ihr sehr bekannt vorkam! Das war der Hohenstaufen! Und die kleine Kirche erkannte sie auch sofort wieder. Also war sie immer noch in ihrem Heimatort Ottenbach – doch dieser sah jetzt so derart verändert aus, dass es sie sofort wieder auf ihren Hintern setzte. 

Was war nur mit ihrem schönen Ottenbach passiert? 

Ottenbach im Jahre 2217 

Staunend sah Betty sich um. Wie weggeblasen waren ihre Angst und ihre Verwirrung – übrig geblieben war nur reine Neugierde und Verwunderung. Ihr geliebtes Ottenbach sah wirklich total verändert aus! Wo früher hauptsächlich Einfamilienhäuser gestanden hatten, ragte nun ein Hochhaus am anderen in die Höhe. Ein paar dieser Hochhäuser sahen anders aus als die anderen und Betty ging interessiert etwas näher an eines heran. Das Haus war genauso hoch wie die anderen, aber es hatte nur an den Ecken Pfeiler in jedem Stockwerk, ansonsten hatte es keine Mauern, war also auf allen vier Seiten offen und man konnte erkennen, dass die Stockwerke begrünt waren und auch einige Pflanzen herausragten. 

„Das sieht aus wie in die Höhe gebaute Gärten!“, wunderte sich Betty, fand diese Art zu bauen aber auch irgendwie genial. So konnte man auf kleiner Fläche viele Gärten nutzen. War das vielleicht sogar die Philosophie hier, dass man alles in die Höhe baute? Aber warum nur? Wo oder in welcher Zeit war sie hier nur gelandet? Neugierig lief sie nun die breite Straße entlang, die mit dem etwas erweiterten Rathaus wohl immer noch die Hauptstraße sein musste. Das Neun-Familien-Haus daneben war auch noch um zwei Stockwerke aufgestockt und alle anderen bisher freien Flächen waren mit hohen Häusern bepflastert worden. Erst jetzt sah Betty in der Ferne eine extrem hohe Steinmauer, die bei genauerem Betrachten tatsächlich rings um den gesamten Ort errichtet worden war. Aber warum denn nur? Was war hier los? So langsam gewann wieder die Angst die Oberhand über das junge Mädchen und sie begann wieder zu zittern. 

Warum war hier niemand auf den Straßen, den sie fragen konnte? Irgendwie schien der Ort wie ausgestorben zu sein. Langsam setzte sich Betty in Bewegung. Wie immer, wenn sie aufgeregt war, zog sie einen Kaugummi aus der Hosentasche, nestelte gedankenverloren das Papier ab und warf es gewohnheitsmäßig einfach auf den Boden. Kaum war sie ein paar Schritte weitergegangen, hörte sie hinter sich schnelle Schritte und dann ... 

„Wie kannst du es wagen, deinen Müll einfach so wegzuschmeißen?“ 

Anklagend hob ein junger Mann Bettys Kaugummi-Papierchen auf und warf es dann demonstrativ in den dafür vorgesehenen Mülleimer. Dabei ließ er Betty nicht aus den Augen – er fixierte sie geradezu mit seinem intensiven Blick aus dunkelbraunen Augen. Auch Betty war wie hypnotisiert, was sie allerdings nicht davon abhielt, ganz langsam auf den Mülleimer zuzugehen, das Papierchen wieder herauszunehmen und es abermals neben dem Abfalleimer fallen zu lassen. Der Junge, der überaus durchtrainiert wirkte und mit seinen 1,70 m fast genau gleich groß war wie sein Gegenüber, bückte sich lässig und schmiss mit einem stahlharten Blick das Papier wieder in den Mülleimer. Betty holte es wieder heraus, ließ es fallen und der Junge sammelte es wieder ein. So ging das noch einige Male stumm hin und her, bis der junge Mann plötzlich breit grinste, sich das Papier in den Mund stopfte, darauf herumkaute und es schließlich mit einem harten Schlucken hinunterwürgte. 

„So, wenn du schon auf die Sauberkeit in unserem Ort pfeifst, muss ich eben auf andere Mittel zurückgreifen! Wo kommst du überhaupt her? Ich hab dich hier noch nie gesehen!“ 

„Dito!“, sagte Betty nur, denn wie sollte sie dem Kerl erklären, dass sie selbst nicht die geringste Ahnung hatte, was hier gerade passierte. Der Junge streckte ihr plötzlich die Hand entgegen. 

„Hallo! Ich bin Finjo und wie nennt man dich?“ 

„Äh ... hallo. Man nennt ... nein. Ich heiße Betty“, stammelte das irritierte Mädchen, denn die Ausdrucksweise dieses Typen war doch recht seltsam. 

„Betty ... welch ungewöhnlicher Name. Aber er passt zu dir. 

Ich habe noch nie ein Mädchen mit roten Haaren und so weißer Haut gesehen!“ Staunend kam er noch näher und wollte Bettys lange Lockenpracht berühren, doch diese wich erschrocken zurück. 

„Keine Angst, Betty. Ich tu dir doch nichts. Ich frage mich nur, wo du herkommst ...“ 

Immer noch staunend musterte Finjo das hübsche Mädchen, als wäre sie von einem anderen Stern. Betty kam sich auch tatsächlich wie ein Alien vor und sie fühlte sich immer unwohler, obwohl sie Finjo sehr attraktiv fand. Sogar seine relativ große Nase und die lange Narbe unter dem linken Ohr störte sie nicht. Im Gegenteil – es machte ihn noch interessanter und er sah schon ziemlich erwachsen aus. Doch plötzlich schaute er hinauf zum Himmel und sagte eindringlich: 

„Wir sollten schnellstens wieder reingehen!“ 

„Aber warum denn? Hier ist es doch so angenehm warm und sonnig!“, entrüstete sich Betty, die nach der kalten Wartezeit im Wagen froh war, jetzt ein bisschen Wärme tanken zu können. 

„Wir dürfen nicht länger als ein paar Minuten ungeschützt in die Sonne, das musst du doch wissen!“, erklärte Finjo und verdrehte dabei die Augen. 

„Ist doch egal. Dann schmiere ich mich halt nachher mit Sonnencreme ein“, meinte Betty nur und hielt ihr Gesicht genüsslich in die Sonne. 

„Das nützt doch nichts! Wir müssen uns immer vor der Sonne schützen und ziehen meist unseren Ganzkörperschutz an. Ich bin vorhin nur schnell so rausgesprungen, als ich gesehen habe, wie du achtlos Müll weggeworfen hast. Das ist verboten und ich wollte nicht, dass du Ärger kriegst.“ 

„Wegen dem kleinen Kaugummi-Papierchen?“, fragte Betty ungläubig und fing an zu lachen. 

„Ja, wegen jedem noch so kleinen Ding, welches man als Müll bezeichnet, kriegen wir mächtig Ärger. Jede noch so kleine Umweltsünde wird hart bestraft. Aber nun nochmal zurück zu dir. Musst du dich mit deiner weißen Haut vielleicht gar nicht vor der Sonne schützen? Hast du eine besondere Haut, der die Sonne nichts ausmacht?“, fragte Finjo nun plötzlich sehr interessiert. Man konnte sehen, wie so etwas wie Hoffnung in seinen Augen aufblitzte. 

Betty musste lachen. 

„Nein, ganz bestimmt nicht! Ich muss mich immer mit mindestens ner 50er-Sonnencreme einschmieren und mich möglichst im Schatten aufhalten. Sonst kriege ich sofort nen Sonnenbrand. Aber jetzt im Winter ist die Sonne ja nicht so aggressiv.“ 

„Winter? 50er-Sonnencreme?“ Finjo schaute Betty völlig ratlos an. 

„Ja ... Winter ...“, stammelte Betty und schaute sich dabei weiter um. „Obwohl ... für Winter ist es tatsächlich sehr warm hier“, stellte sie überrascht fest. Doch bevor sie sich noch weiter wundern konnte, schnappte Finjo nach ihrer Hand und zog sie in den Eingang des nächststehenden Hochhauses. Das verdutzte Mädchen kam nicht mal dazu, zu protestieren. 

„So, jetzt sind wir erstmal in Sicherheit!“, sagte er, doch Betty sah das ganz anders. Sie riss sich los und stürmte wieder hinaus auf die Straße, wo sie sich gerade noch ducken konnte, denn irgendetwas wäre ihr beinahe an den Kopf geflogen! Entsetzt sah sie dem weißen Ding nach, das elegant um die nächste Hausecke schwebte und aus ihrem Blickfeld verschwand. 

„Was war denn das?“, fragte sie entsetzt und schaute sich nach Finjo um. Nun wollte sie doch, dass er in ihrer Nähe blieb. Der Junge stand immer noch im Hauseingang und schaute ebenfalls total entsetzt drein.