Bianca Exklusiv Band 324 - Karen Rose Smith - E-Book
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Karen Rose Smith

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Beschreibung

GLÜCKLICH IN DEINEN STARKEN ARMEN von KARA LENNOX

Feuerwehrmann Ethan Basque trägt Kathryn und ihre Tochter auf seinen starken Armen aus dem lodernden Feuer, das ihre Wohnung zerstört. Spontan verliebt er sich in die alleinerziehende Mutter. Doch sie weist seine Liebesschwüre stets brüsk zurück. Warum nur sagt sie Nein zum gemeinsamen Glück?

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Kara Lennox, Karen Rose Smith, Stella Bagwell

BIANCA EXKLUSIV BAND 324

IMPRESSUM

BIANCA EXKLUSIV erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Erste Neuauflage in der Reihe BIANCA EXKLUSIVBand 324 - 2020 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2007 by Karen Leabo Originaltitel: „The Family Rescue“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Roman Poppe Deutsche Erstausgabe 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BIANCA, Band 1735

© 2009 by Harlequin Books S. A. Originaltitel: „The Texas Bodyguard’s Proposal“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Patrick Hansen Deutsche Erstausgabe 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BIANCA, Band 1740

© 2008 by Stella Bagwell Originaltitel: „Her Texas Lawman“ erschienen bei: Silhouette Books,Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Tatjána Lénárt-Seidnitzer Deutsche Erstausgabe 2011 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BIANCA, Band 1789

Abbildungen: gpointstudio / Getty Images, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733748777

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

Glücklich in deinen starken Armen

1. KAPITEL

Die meisten Feuerwehrleute der neunundfünfzigsten Wache schliefen oder sahen sich einen langweiligen Actionfilm an. Drei von ihnen hatten sich um einen wackligen Tisch versammelt, um Karten zu spielen.

„Wie war das noch mal? Schlägt eine Straße einen Flush, oder ist es umgekehrt?“ Die einzige Frau in der Pokerrunde blickte ihre beiden Gegner verunsichert an.

Ethan Basque unterdrückte ein Stöhnen. So ein Anfängerglück! Er legte seine Karten auf den Tisch. „Das ist jetzt auch egal, Priscilla. Du hast schon wieder gewonnen.“

„Nicht so schnell“, schaltete Tony sich ein. „Pris, ein Flush schlägt eine Straße. Willst du setzen?“

Priscilla ordnete ihre Karten und kaute dabei auf der Unterlippe. „Na gut.“ Dann schob sie ihre gesamten Chips in die Mitte des Tisches – und erhöhte den Jackpot damit um ungefähr zwanzig Dollar.

Tony stöhnte. „Vergiss es. Du gewinnst.“

Lächelnd sammelte Priscilla die Chips ein. „Das nächste Mal zeige ich euch, wie man Bridge spielt. Vielleicht habt ihr da eine Chance gegen mich.“

Ethan lachte. „Und danach bringst du uns dazu, Tee zu trinken und uns die Fingernägel zu lackieren.“ Priscilla ignorierte seinen Kommentar.

Im Gegensatz zum Großteil seiner Kollegen genoss Ethan die Anwesenheit einer Frau in der Feuerwache. Er und Tony hatten allen klargemacht, dass jeder Ärger bekam, der sich mit Priscilla anlegte. Deshalb waren sie nicht gerade beliebt bei ihren Kameraden, die sie als Neulinge sowieso nicht akzeptierten.

Tony mischte die Karten. „Diesmal werde ich mein Geld zurückgewinnen.“

„Das bezweifle ich“, gab Priscilla zurück und stapelte ihre Chips ordentlich übereinander.

Plötzlich bereitete das schrille Läuten der Alarmglocke dem Spiel ein Ende. Tony ließ die Karten fallen, und alle drei Feuerwehrleute rannten wortlos zur Rutschstange.

Wie jedes Mal, wenn der Alarm ertönte, zog sich Ethans Magen zusammen. Als neueste Mitglieder der Truppe hatten er und seine beiden Kollegen außer einem brennenden Müllcontainer, einem kleinen Küchenbrand und einem Autounfall noch keinen ernsthaften Einsatz erlebt. Aber er wusste, eines Tages würde sich das harte Training auszahlen und er müsste das Gelernte anwenden. Und deshalb war er stets aufgeregt, wenn sie zu einem Brand gerufen wurden.

Viele der älteren Feuerwehrmänner nahmen die Treppe. Doch die drei Neulinge ließen es sich nicht nehmen, die Stange hinunterzurutschen, um zu den Löschwagen zu gelangen. Die neunundfünfzigste Wache war eine der wenigen in Dallas, in denen diese Stangen weiterhin in Gebrauch waren. Ethan landete mit einem gekonnten Sprung im unteren Stockwerk. Ihm folgten seine Kollegen, die zu unterschiedlichen Fahrzeugen rannten.

Ethan erreichte als Erster den Einsatzwagen. Rasch zog er sich seine feuerfeste Hose an, griff nach seiner Jacke und nahm auf dem Rücksitz Platz. Allen voran rollte die Ambulanz mit Tony an Bord aus der Halle. Tony hatte mehrere Jahre als Sanitäter gearbeitet, bevor er sich bei der Feuerwehr von Dallas beworben hatte. Priscilla befand sich auf einem anderen Wagen, auf dem sie zusammen mit Otis Granger den Schlauch bedienen würde.

Der Rest von Ethans Einheit stieg in das Auto ein. Keiner von ihnen respektierte Ethan. Für sie waren Tony, Priscilla und Ethan unfähige Neulinge. In diesem Punkt gab es keine Kameradschaft in der Truppe.

Bisher jedenfalls nicht.

Ethan war Leutnant Murph McCrae zugeteilt worden. Als Neuzugang gehörte es zu Ethans Aufgaben, möglichst nah an ihm dranzubleiben und von ihm zu lernen. Dagegen hätte Ethan nichts gehabt. Aber leider machte McCrae ihm ständig klar, wie wenig es ihm gefiel, einen Grünschnabel an seiner Seite zu haben. Der Rest der Besatzung bestand aus Captain Eric Campeon, dem Leiter der neunundfünfzigsten Wache, und Bing Tate. Tate war ein widerlicher Kerl: Es machte ihm Spaß, fortwährend Witze über Priscilla zu reißen, um sie zu demütigen.

Als der Wagen losfuhr, bekamen sie über Funk Anweisungen. Mittlerweile ertönte ein zweiter Alarm, der ihnen verdeutlichte, dass es sich um einen Großbrand handelte. Das Feuerwehrauto raste durch die Straßen von Dallas, und Ethans Herz schlug immer schneller. Der Moment war gekommen. Seine Feuerprobe stand kurz bevor.

Die neunundfünfzigste traf nicht als erste Einheit bei dem zweistöckigen Gebäude ein, aus dem schwarze Rauchwolken quollen. Der Captain der einundzwanzigsten Feuerwache hatte die Leitung übernommen. Er hatte bereits eine Strategie zur Bekämpfung des Feuers ausgearbeitet und verteilte Aufgaben. Angeblich befanden sich noch Menschen in dem brennenden Haus.

„Wir gehen hinein!“, rief der Einsatzleiter, woraufhin sich sofort mehrere Helfer mit Schläuchen bewaffnet in Bewegung setzten.

Von seinem Platz neben dem Wagen beobachtete Ethan die Feuerwehrleute und wartete auf Anweisungen. Priscilla schien sich nicht unter den vorrückenden Einheiten zu befinden. Er versuchte, sich keine Sorgen um seine Kollegin zu machen.

„McCrae, Sie und Ihr Assistent fahren die Leiter bis zum zweiten Stock aus“, befahl Campeon und deutete auf ein Fenster am Ende des Gebäudes. „Lassen Sie zuerst den Löschtrupp vor, und folgen Sie dann, um eventuell eingeschlossene Bewohner zu befreien.“

Ethan sollte hineingehen!

McCrae fuhr die Leiter aus und ließ zuerst Otis Granger und Priscilla mit den Schläuchen vor. Hoffentlich passierte seiner Kollegin nichts! Ethan zwang sich, nicht noch nervöser zu werden, und beschloss, McCrae alles nachzumachen. Der Leutnant besaß sehr viel Erfahrung und schien überhaupt nicht nervös zu sein. Wenn Ethan nur so ruhig bleiben könnte!

Dann kletterte er zum ersten Mal seit seiner Ausbildung mit Atemmaske in ein brennendes Gebäude. Seine Knie zitterten, und eine Stimme in seinem Innern warnte ihn davor, weiterzugehen. Trotzdem stieg er durch das Fenster und verlangsamte die Atmung, um den Sauerstoff nicht zu schnell aufzubrauchen. So hatte er es gelernt.

Er musste nichts anderes tun, als McCrae zu folgen. Auch wenn der Leutnant ein griesgrämiger alter Kerl war – er wusste, was zu tun war.

Ethan und McCrae durchsuchten die erste Wohnung, während Otis und Priscilla versuchten, die Flammen zu löschen. Und obwohl die Räume voller Rauch waren, hatte Ethan dank seiner Taschenlampe gute Sicht. Hier war allerdings niemand zu entdecken.

Im zweiten Apartment wurde es schwieriger. Sie schlugen ein Loch in die Wand, denn das war einfacher, als die solide Tür aufzubrechen. Als sie die Räume betraten, umhüllte sie schwarzer Rauch. Die Sicht war hier deutlich schlechter, und sie kamen nur langsam voran.

„Auf den Boden!“, wies McCrae ihn an. Doch Ethan kniete bereits und tastete sich vorwärts. Er hoffte, dass die Decke der Wohnung unter ihm nicht brannte.

„Ich habe jemanden gefunden“, verkündete McCrae ruhig.

Ethans Herz raste. Das war sein erster Brand, und das Leben eines Menschen hing davon ab, wie er in den nächsten Sekunden reagierte.

„Hier ist noch jemand“, fuhr McCrae fort. „Wir haben eine Frau und ein Kind. Und … um Gottes willen … eine Katze.“ Ihm war anzuhören, wie wenig er Katzen mochte.

Ethan kroch zu ihm und den beiden Bewohnern. „Ich habe das Kind.“ Das kleine Mädchen hielt ein Kätzchen in seinen Händen, das es um keinen Preis loslassen wollte. Als er das Mädchen hochhob und zum Ausgang brachte, atmete es schwer und wollte sich aus seinem Griff befreien. Ethan erkannte, dass das Mädchen einen Asthmaanfall erlitten haben musste.

„Ist schon gut“, beruhigte er die Kleine. „Ich bin hier, um dir zu helfen.“

Wenige Schritte entfernt hörte er die Frau schluchzen: „Meine Tochter … meine Tochter. Retten Sie sie zuerst!“

„Ich habe sie“, gab Ethan zurück.

„McCrae an Einsatzleitung“, sprach McCrae in sein Funkgerät. „Wir haben zwei Personen ausfindig gemacht und bringen sie jetzt raus. Bitten um Unterstützung.“

„Verstanden“, antwortete der Einsatzleiter.

Weil das Mädchen recht klein war, kam Ethan schnell voran. Vor allem, da es sich nicht mehr gegen ihn wehrte und beängstigend still geworden war.

Bitte, Kleine. Halte durch. Wir haben es bald geschafft.

Die erste Wohnung hatte sich inzwischen mit Qualm gefüllt. Ethan konnte kaum etwas sehen und hörte über sich, wie Ortis und Priscilla gegen die Flammen kämpften.

Als er mit dem Mädchen endlich das Fenster erreichte, wartete ein Feuerwehrmann auf der Leiter, um ihm das Kind abzunehmen. Ethan reichte es seinem Kollegen. Es atmete schwer, aber immerhin war es am Leben. Nachdem der Helfer das Kind nach unten gebracht hatte, stieg sofort ein anderer hinauf, um die Frau zu holen.

Auf allen vieren kroch Ethan McCrae entgegen und half ihm, die Frau zum Fenster zu bringen.

Als Ethan die Frau hochhob, sah sie ihm voller Sorge in die Augen. „Samantha?“, fragte sie mit schwacher Stimme.

„Wir haben Ihre Tochter“, beruhigte Ethan sie. „Sind noch weitere Personen in der Wohnung?“

„Nein. Bitte retten Sie sie.“

Und in diesem Moment, kurz bevor er sie durch das Fenster an seinen Kollegen übergab, spürte Ethan eine Spannung zwischen sich und der Fremden. Vielleicht war es auch bloß das Adrenalin in seinem Körper. Trotzdem haute ihn das Gefühl beinahe um.

McCrae tippte ihm auf die Schulter und brachte ihn dazu, sich wieder auf die Gegenwart zu konzentrieren. Es gab noch viel zu tun.

Sie setzten die Suche fort, fanden aber niemanden mehr.

Und als sie schließlich das Signal zum Rückzug hörten, war Ethan froh, den Einsatz beenden zu können.

„Los!“, forderte McCrae ihn auf. „Das Gebäude kann jeden Moment zusammenbrechen!“

Durch das Fenster verließen sie das Haus und kletterten die Leiter hinunter. Ein lautes Krachen auf der anderen Seite deutete darauf hin, dass ein Teil des Daches eingestürzt war.

Nachdem Ethan unten angekommen war, blickte er sich gleich nach Priscilla um. Erleichtert stellte er fest, dass sie unverletzt geblieben war.

Um ihn herum standen die wenigen Bewohner und starrten fassungslos auf ihr brennendes Zuhause. Doch die Frau und ihre Tochter waren nirgends zu entdecken.

Wahrscheinlich waren sie bereits im Krankenhaus – oder in Tonys Ambulanz.

Ethan musste sich um andere Dinge kümmern. Die Arbeit war längst nicht getan.

„Basque!“, rief McCrae. „Hilf mir mit der Leiter!“

Für ein paar Sekunden hatte Ethan seine Hauptaufgabe vergessen, nicht von McCraes Seite zu weichen. Schnurstracks lief Ethan zu seinem Mentor. Die Folgen des Feuers beschäftigten ihn bis zum Ende seiner Schicht. Genauso wie die verängstigten Augen der wunderschönen Fremden.

Später auf der Wache sprang Ethan vom Feuerwehrwagen und streifte seine dreckige Kleidung ab. Er freute sich, dass seine Sachen ebenso verschmutzt waren wie die von allen anderen. Jetzt würde er nicht mehr als Neuling gelten.

Es war fast sechs Uhr morgens, und Ethans Schicht endete in einer Stunde. Als er seine Kleider zum Trocknen auslegte, tippte McCrae ihm auf die Schulter. „Basque.“

„Ja, Sir?“ Insgeheim fragte Ethan sich, was der Leutnant nun an ihm zu bemängeln hatte.

McCrae wich seinem Blick aus. „Du hast dich gut da draußen gemacht.“

Stolz atmete Ethan auf. „Danke, Sir.“ Diese Worte aus McCraes Mund zu hören war ein großer Triumph.

Schon am Anfang waren die Bedingungen schlecht gewesen, unter denen die Neuzugänge ihren Dienst angetreten hatten. Wenige Monate zuvor waren drei Männer der neunundfünfzigsten Wache bei einem Brand in einem Lagerhaus ums Leben gekommen. Das Drama hatte die gesamte Feuerwehr von Dallas schockiert.

Und mehr als einmal hatte Ethan sich anhören müssen, dass er und die beiden anderen die verstorbenen Männer nicht ersetzen konnten. Dennoch gaben sie ihr Bestes, obwohl man es ihnen von Beginn an nicht leicht gemacht hatte.

Keiner akzeptierte sie in der Mannschaft.

Wenigstens hatte Ethan Tony und Priscilla an seiner Seite. Gemeinsam mit ihnen hatte er die Ausbildung absolviert und hart trainiert. Tony kannte er bereits seit der Schulzeit. Mittlerweile waren die drei eng miteinander befreundet und gingen zusammen durch dick und dünn.

Sie konnten sich aufeinander verlassen und wollten auch das Vertrauen der anderen gewinnen. Das ging aber nicht von heute auf morgen. Doch in dieser Nacht hatte Ethan einen großen Schritt in die richtige Richtung getan. Und er wettete, dass Priscilla das ebenfalls gelungen war.

Nachdem er geduscht und sich umgezogen hatte, fand er seine Freunde in der Küche.

„Hey, da ist ja unser Held“, begrüßte Tony ihn. „Ich wünschte, ich hätte mit euch im Haus sein können, anstatt in der Ambulanz zu warten.“

„Unglaublich! Du hast zwei Menschen das Leben gerettet“, sagte Priscilla strahlend.

Erneut sah Ethan Mutter und Tochter vor seinem inneren Auge. Auch an das seltsame Gefühl musste er denken, das er beim Anblick der Frau verspürt hatte. „Das war nicht nur meine Leistung. McCrae war auch dabei“, erwiderte er. „Wisst ihr, ob es den Geretteten gut geht? Als ich aus dem Gebäude kam, waren sie nirgends zu sehen.“

„Ich habe sie ins Krankenhaus gebracht“, erklärte Tony. „Die Mutter war wohlauf. Die Kleine hatte allerdings einen Asthmaanfall. Aber ich glaube, mittlerweile geht es ihr besser.“

Ethan war erleichtert. Er wusste nicht, was er gemacht hätte, wenn sein erster Einsatz schiefgegangen wäre.

„Das hätte ich fast vergessen …“, meinte Tony. „Ich muss euch etwas zeigen.“ Er ging zu einem Karton, hob ihn hoch und stellte ihn auf den Tisch. Darin befand sich die bedauernswerteste Katze, die Ethan je gesehen hatte. Ihr Körper war starr vor Schreck, und ihr Fell war vom Ruß so schwarz, dass man ihre eigentliche Farbe nicht erkennen konnte.

„Glaubst du, wir sollten sie behalten?“, fragte Tony.

„Bist du verrückt?“, gab Ethan entsetzt zurück. „Wenn McCrae sie sieht, bringt er uns um.“

„Ich konnte sie nicht auf der Straße lassen. Das solltest du doch am besten verstehen, Ethan“, erklärte Tony und wandte sich Priscilla zu. „Als Ethan und ich zur Schule gingen, hat er immer halb tote Tiere nach Hause gebracht und seine Mutter angebettelt, sie behalten und gesund pflegen zu dürfen.“

Ethan lächelte. Tatsächlich hatte er oft Streuner mit nach Hause genommen – Tiere und Menschen. Tony war einer davon gewesen. Er war in einer Familie mit sieben Kindern aufgewachsen, und seine Eltern waren kaum dazu in der Lage gewesen, ihn zu versorgen. Deshalb hatte Ethan sich um ihn gekümmert, damit er etwas Ordentliches zu essen bekam.

Ethans Haus war zu Tonys zweitem Heim geworden. Immer wenn es bei ihm zu eng geworden war, hatte er sich zu Ethan geflüchtet. Seine Mutter hatte ein zu weiches Herz gehabt, um Tony wegzuschicken. Und manchmal hatte sie sogar für seine Geschwister gekocht, wenn er sie mitgenommen hatte.

Wieder ertönte der Alarm. Diesmal handelte es sich nicht um einen Brand, sondern um einen medizinischen Notfall. Tony sah auf seine Uhr und ging zur Tür. „In fünfzehn Minuten hätte ich Feierabend gehabt.“

Schweigend legte Priscilla ihr Bettzeug zusammen und verstaute es in ihrem Schließfach. Ethan versuchte nicht einmal, auf der Wache zu schlafen. Die ungemütlichen Matratzen und die feindselige Atmosphäre machten das unmöglich. Vielleicht würde er es irgendwann einmal schaffen, wenn er sich an die Umstände gewöhnt hatte.

Ethan blickte in den Karton. Das Kätzchen war vollkommen verängstigt. Behutsam streichelte er seinen Kopf. „Ich kümmere mich um dich, bis du wieder zu deinem Frauchen zurückkehren kannst“, sagte er sanft und lächelte. Jetzt hatte er die perfekte Ausrede, um die Frau und ihre Tochter wiederzusehen.

Er wollte sich nur vergewissern, dass es den beiden gut ging. Das redete er sich zumindest ein. Aus irgendeinem Grund konnte er die Frau nicht vergessen. Der Ausdruck in ihren Augen ließ ihn einfach nicht mehr los.

„Ich möchte Samantha noch ein paar Stunden zur Beobachtung hierbehalten.“

Kathryn Holiday nickte der Ärztin zu, die sie und ihre Tochter behandelte. Hoffentlich hatte das nichts Ernstes zu bedeuten! Samantha schien wieder wohlauf zu sein. Seit der Behandlung mit dem Inhalator fiel ihr das Atmen deutlich leichter. Bis auf ein paar Kratzwunden, die ihr die Katze in Panik zugefügt hatte, war sie unversehrt.

Kathryn fragte sich, was aus dem Kätzchen geworden war.

Aufmunternd lächelte die Ärztin ihr zu. „Ihre Tochter war etwas verwirrt, als sie eingeliefert wurde. Deshalb würde ich gern einige Tests durchführen, um sicherzugehen, dass sie keine bleibenden Schäden davonträgt.“

Kathryn nickte. „Natürlich.“ Sie war überglücklich, dass ihre Tochter und sie mit dem Leben davongekommen waren. Vorhin hatte ihr eine Schwester saubere Kleidung gebracht. Beinahe hätte Kathryn abgelehnt: Es hatte sie zu sehr an die Zeit erinnert, in der sie auf Spenden aus der Kirche angewiesen war. Aber schließlich konnte sie nicht in ihrem verrußten Nachthemd herumlaufen.

„Wir behalten Ihre Tochter hier in der Notaufnahme“, fuhr die Ärztin fort. „Dann muss sie nicht verlegt werden.“

„Kann ich bei ihr bleiben?“

„Selbstverständlich. Ich schaue, ob ich ein Klappbett für Sie finde.“

Kathryn umarmte die Ärztin. Alle waren so nett zu ihr und Samantha gewesen – die Ärzte und Schwestern, der charmante Sanitäter, der sie ins Krankenhaus gefahren hatte, und der Feuerwehrmann, der ihnen das Leben gerettet hatte.

Während der letzten Stunden hatte sie immer wieder an ihren Helden denken müssen. Wenn er und sein Kollege nicht gewesen wären, hätten Samantha und sie den Brand nicht überlebt. Sie erinnerte sich daran, wie stark seine Arme gewesen waren und wie beruhigend seine Stimme auf sie gewirkt hatte. Und diese Augen … Nie zuvor war sie einem Mann mit so schönen Augen begegnet.

Dabei kannte sie nicht einmal seinen Namen.

Wie versprochen brachte die Ärztin ihr ein Klappbett, das sie zusammen im Zimmer von Samantha aufstellten. Doch Kathryn konnte nicht schlafen. Stattdessen lauschte sie dem Atmen ihrer Tochter.

Noch vor Kurzem hatte Samantha Probleme gehabt, Luft zu bekommen. Jetzt atmete sie normal und schlief.

Die Kleine war so verängstigt gewesen, als sie Kathryn mitten in der Nacht geweckt hatte. Der Rauchmelder hatte Alarm geschlagen, aber Kathryn hatte einen tiefen Schlaf und hatte deshalb nichts davon mitbekommen. Zu diesem Zeitpunkt war der Raum bereits voller Rauch gewesen, und in der Ferne hatten sie die Sirenen der Feuerwehr gehört. Kathryn hatte in diesem Moment nur einen Gedanken gehabt: möglichst schnell aus dem Haus zu kommen.

Und dazu hätten sie mehr als genug Zeit gehabt, doch Samantha hatte ihr Kätzchen Bashira nicht zurücklassen wollen. Erst vor einer Woche hatten sie Bashira aufgenommen, und Samantha war kaum von dem Tier zu trennen. Wertvolle Sekunden waren verstrichen, während sie die Katze gesucht hatten. Und als sie sie gefunden hatten, war es so heiß und verqualmt in dem Raum gewesen, dass sie kaum Luft bekommen hatten. Plötzlich waren Wände gewesen, wo Kathryn sie nicht erwartet hatte. Und als sie dann über einen Stuhl gestolpert und hingefallen war, hatte sie die Flammen auf sich zukommen sehen. Samantha hatte geschrien, und Kathryn hatte bereits auf einen schnellen Tod gehofft.

Als die Feuerwehrmänner sie gefunden hatten, war Kathryn unvorstellbar froh gewesen. Und das war das Wichtigste: Sie hatten überlebt. Alles andere konnte man ersetzen.

Die Tür öffnete sich. Kathryn richtete sich auf und rechnete mit einem weiteren Arzt, der Samantha untersuchen wollte. Stattdessen stand ein blonder Mann mit unglaublich breiten Schultern in der Tür und sah sie verunsichert an. Er trug ein T-Shirt und ausgewaschene Jeans, und im ersten Moment glaubte Kathryn, er habe sich im Zimmer geirrt.

Als sie jedoch in seine Augen schaute, erkannte sie, dass es sich um einen ihrer Retter handelte. Ihr Herz schlug schneller.

„Wie geht es ihr?“, fragte der Mann leise, um Samantha nicht zu wecken.

„Besser.“ Kathryn stand auf und deutete auf den Flur. Stumm öffnete der Mann die Tür und ging mit Kathryn nach draußen. „Der Rauch hat einen Asthmaanfall bei ihr ausgelöst“, fuhr sie fort. „Aber sie hat gut auf die Behandlung angesprochen. Die Ärzte wollen sie nur für ein paar weitere Tests hierbehalten.“

„Und wie geht es Ihnen?“

„Gut.“ Auch wenn sie und Samantha den Brand überlebt hatten, war das nicht die Wahrheit. Nie zuvor war sie so durcheinander gewesen. Sie wusste nicht, wie es mit ihrem Leben weitergehen sollte.

Sie hatte kein Zuhause mehr. Ihr Portemonnaie samt Geld und Kreditkarten hatte sie in den Flammen verloren. Ein Auto besaß sie zwar noch. Allerdings hatte sie keine Ahnung, wo sich der Schlüssel dafür befand.

Der Feuerwehrmann führte sie zu einer Bank und setzte sich mit ihr. „Mein Name ist Ethan Basque.“

Als sie seine Hand schüttelte, kam sie sich komisch dabei vor. Noch vor wenigen Stunden hatte er sie in den Armen gehalten. „Kathryn Holiday. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll.“

„Das war mein Job.“ Er lächelte, und ihr Herz machte einen Sprung. Für sie war es nicht selbstverständlich, wenn jemand sein Leben riskierte, um das eines anderen Menschen zu retten. Für sie war er ein Held.

„Ich freue mich, dass Sie gekommen sind“, sagte sie. „Erkundigen Sie sich immer nach dem Wohlbefinden der Menschen, die Sie gerettet haben?“

Er zuckte mit den Schultern. „Bis jetzt ja. Sie und Ihre Tochter sind die Ersten, die ich aus einem brennenden Gebäude herausgeholt habe.“

„Wirklich?“

„Ich bin vorher noch nie bei einem richtigen Brand eingesetzt worden.“

„Sie haben das jedenfalls großartig gemacht.“

„Tut mir leid, dass wir Ihr Zuhause nicht retten konnten. Immerhin haben wir Ihren Kater in Sicherheit gebracht.“

„Bashira!“, stieß Kathryn überrascht hervor. „Das arme Ding. Ich dachte, er hätte das Feuer nicht überlebt.“

„Ich habe ihn mit zu mir genommen. Er sieht zwar ziemlich mitgenommen aus, aber ich glaube, es wird ihm bald besser gehen. Machen Sie sich keine Sorgen. Er kann bei mir bleiben, solange Sie wollen. Haben Sie Freunde oder Verwandte, bei denen Sie unterkommen können?“

Kathryn seufzte leise. „In unser altes Zuhause werden wir wohl nie wieder zurückkehren.“

„Wahrscheinlich nicht. Übrigens haben wir herausgefunden, wie der Brand entstanden ist. Ihr Nachbar von unten hat eine Zigarre brennen lassen.“

„Konnte er sich retten?“

Ethan nickte. „Alle konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Ihre Wohnung ist allerdings vollständig ausgebrannt. Es tut mir leid für Sie.“

Erneut seufzte sie und hielt die Tränen zurück. „Das dachte ich mir.“

„Gibt es jemanden, der Sie aufnehmen kann?“

„Ja. Sobald Samantha entlassen wird, gehen wir zu einer Freundin. Dort können wir wohnen, bis wir etwas Neues gefunden haben.“ Kathryn hatte ihre Arbeitskollegin Deb angerufen. Sie hatte ihr sofort ihr Sofa angeboten.

„Wie wäre es mit etwas zu essen?“, erkundigte sich Ethan.

Kathryn war versucht, sein Angebot anzunehmen. Sie war vollkommen fertig mit den Nerven und wusste nicht, was sie tun sollte. Und da tauchte dieser gut aussehende Mann auf, der sein Leben für sie aufs Spiel gesetzt hatte, und bot ihr seine Hilfe an.

Aber sie würde allein zurechtkommen. Etwas Geld hatte sie noch auf der Bank, und die Versicherung würde ihr einen Teil des Schadens ersetzen. „Das ist sehr nett von Ihnen, aber ich muss mich erst mal um Samantha kümmern.“

Herausfordernd lächelte er sie an. „Geben Sie mir eine Chance. Ich lade Sie zum Frühstück ein.“

Fast hätte sie zugestimmt. Ihr Magen knurrte, und sie hatte nicht mal Kleingeld für den Snack-Automaten. Doch dann hörte sie Samanthas Stimme: „Mommy? Mommy?“

Blitzartig stand Kathryn auf und rannte ins Zimmer ihrer Tochter. „Ich bin hier, mein Schatz.“ Sie streichelte ihren Arm und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Ich will nach Hause“, sagte Samantha weinend.

„Ich weiß. Das hier ist nicht der schönste Ort. Aber die Ärzte wollen dich noch einmal untersuchen. Glaub mir, es ist besser so.“ Vorerst verheimlichte sie der Kleinen lieber, dass sie kein Zuhause mehr hatten.

Samantha entspannte sich und kuschelte sich an ihre Mutter.

„Geht es ihr gut?“, fragte Ethan, der leise ins Zimmer gekommen war.

Kathryn wollte antworten. In dem Moment bemerkte sie jedoch, wie ihre Tochter beim Anblick des Feuerwehrmannes große Augen bekam und nach Luft schnappte. Dann schrie Samantha laut.

Nervös schaute Kathryn zu Ethan und wieder zu Samantha. „Sam, es ist alles gut. Was hast du nur? Tut dir etwas weh?“

Weinend fiel Samantha ihr um den Hals. „Sag dem Mann, er soll weggehen!“

2. KAPITEL

Ethan verließ so schnell wie möglich das Zimmer. Was ging hier bloß vor? Zwar besaß er nicht Tonys Ausstrahlung, aber normalerweise verschreckte er keine Kinder.

Eine Schwester und zwei Ärzte stürmten ins Zimmer. Sie redeten auf Samantha ein, und das Mädchen beruhigte sich langsam. Ethan hörte, wie die Ärzte von einem Trauma in Zusammenhang mit Feuerwehrmännern sprachen. Wie hatte das Kind ihn überhaupt erkannt? Bei alldem Rauch hatte Samantha ihn gestern Nacht kaum richtig sehen können. Wenn überhaupt, hatte sie ihm höchstens eine Sekunde lang in die Augen geschaut, als er sie durch das Fenster gereicht hatte. Vielleicht hatte sie ihn an seiner Stimme wiedererkannt.

Einige Minuten wartete Ethan darauf, dass Kathryn aus dem Zimmer kommen würde, damit er sich bei ihr entschuldigen konnte. Doch sie blieb bei ihrer Tochter, und er traute sich nicht zu klopfen. Allmählich spürte er, wie ihn die Müdigkeit übermannte. Deshalb beschloss er, sich zurückzuziehen und etwas zu schlafen.

Schließlich hatte er sein Vorhaben in die Tat umgesetzt: Der Frau und dem Mädchen ging es gut, und mehr hatte er nicht in Erfahrung bringen wollen.

Am Empfang hinterließ er seine Telefonnummer, damit Kathryn ihn anrufen konnte, um die Katze abzuholen.

Während der Ausbildung hatte er gelernt, keinem Opfer in die Augen zu sehen. Die Gefahr bestand immer, dass man eine emotionale Beziehung zum Geretteten aufbaute. Und das konnte man sich im Berufsalltag nicht leisten. Diese Lektion musste jeder Neuling lernen. Entweder härtete man sich ab, oder man zerbrach an den Schicksalen der Menschen.

Aber vielleicht musste Ethan seine eigenen Erfahrungen damit machen. Jedenfalls hatte er sich nicht dagegen wehren können – er hatte einfach in Kathryns zauberhafte Augen sehen müssen, die ihn so angsterfüllt und vertrauensvoll angeblickt hatten.

Gedankenverloren verließ er das Krankenhaus und wäre beinahe mit Tony zusammengestoßen. Sein Freund trug einen Blumenstrauß und schien genauso überrascht zu sein wie Ethan.

Sofort war Ethan klar, was los war. Sein bester Freund war auf Frauenjagd. Immerhin waren einige Wochen vergangen, seit Tony sich von seiner letzten Freundin getrennt hatte. Und er hielt es selten länger ohne eine Frau an seiner Seite aus.

Sobald er eine gefunden hatte, die ihn interessierte, tat er alles, um sie zu erobern. Und normalerweise dauerte es nicht lange, bis sie seinem Charme erlegen war.

„Tony“, sagte Ethan verwundert.

Sein Freund blieb stehen. „Was tust du hier?“

„Ich wollte Kathryn mitteilen, dass ihre Katze bei mir ist. Und was ist deine Ausrede?“

„Braucht man eine Ausrede, um eine hübsche Frau zu besuchen?“ Das Lächeln verschwand von Tonys Gesicht. „Ihr und dem Mädchen geht es doch gut, oder?“

„Ich war eben bei ihnen, und sie haben alles gut überstanden. Aber, Tony …“ Ethan fand es klug, seinen Freund zu warnen. „Das kleine Mädchen war nicht gerade erfreut, mich zu sehen. Anscheinend hat der Brand bei ihr zu einem Trauma geführt. Als ich ins Zimmer kam, ist sie panisch geworden. Sie bringt mich mit dem Erlebnis in Verbindung. Und da du sie behandelt hast, nachdem ich sie aus dem Haus geholt habe …“

„Ich werde ganz vorsichtig sein. Begrüßen darf ich Kat wohl noch.“

Kat. Das klang schon sehr vertraut. „Willst du dich etwa an sie ranschmeißen?“

„Was spricht dagegen?“

Ethan zuckte mit den Schultern. Manchmal war es ein Fluch, einen Freund zu haben, der wie ein Model aussah und jede Frau um den Finger wickeln konnte.

„Wenn dir Kathryn gefällt, werde ich dir nicht im Weg stehen“, erklärte Tony. „Du weißt, das ist nicht meine Art.“

Hatte Ethan selbst Gefallen an Kathryn gefunden? Am liebsten hätte er Tony erzählt, dass er nicht an ihr interessiert war und sie nur aus Höflichkeit im Krankenhaus besucht hatte. Aber das wäre eine glatte Lüge gewesen.

Einige Stunden später war Ethan in seinem Vorgarten, um die Garage zu streichen. Er hatte sich geschworen, dass er das tun würde, sobald er die Ausbildung bei der Feuerwehr beendet hatte. Im Gegensatz zu dem hundert Jahre alten Haus, das er nach dem Kauf sorgfältig renoviert hatte, sah die Garage wie eine Ruine aus. Diesen Anblick wollte er sich und seinen Nachbarn nicht länger zumuten.

Und einer dieser Nachbarn war Tony.

„Sieht gut aus“, sagte sein Freund über den Zaun, während er die Hecke trimmte.

Vor Kurzem hatte Priscilla das Haus neben Ethans erworben. Und da sich darin zwei Wohnungen befanden, hatte sie eine davon an Tony vermietet. So waren die drei nicht nur gute Freunde, sondern auch Nachbarn.

Ethan ging zum Zaun und beobachtete Tony bei der Arbeit. „Und? Wie ist es gelaufen?“

„Du meinst, der Besuch bei Kathryn? Gut. Ich habe ihr die Blumen überreicht, und sie hat sich dafür bedankt. Dann habe ich das Mädchen begrüßt und bin gegangen.“

„Du hast mit Samantha gesprochen?“

„Ja. Sie ist so ein süßes Kind und nur ein paar Jahre jünger als Jasmine.“

Jasmine war Tonys achtjährige Tochter. Er war gerade einmal sechzehn gewesen, als seine damalige Freundin Natalie schwanger geworden war. Die Beziehung war zerbrochen, doch Tony besuchte seine Tochter regelmäßig.

„Samantha hat nicht geweint?“, erkundigte sich Ethan.

„Nein, aber sie hat viel erzählt. Ein ziemlich schlaues Mädchen, sag ich dir. Ich mag sie.“

„Hmm“, meinte Ethan nachdenklich. Samantha fürchtete sich nicht vor dem Sanitäter, der ihr eine Spritze gegeben hatte. Nur der Feuerwehrmann, der ihr das Leben gerettet hatte, verängstigte sie. Auch wenn Ethan es eigentlich nicht wissen wollte, fragte er dann: „Hast du ihre Telefonnummer?“

„Ich glaube, sie ist etwas zu jung für mich.“

„Ich meine natürlich Kathryn, du Scherzkeks.“

„Sie hat keine mehr. Ihr Telefon ist zusammen mit allen anderen Dingen verbrannt, oder hast du das vergessen?“ Tony machte eine Pause. „Mann, diese Frau bringt dich ganz schön durcheinander. Sie ist wirklich heiß.“

„Ist das alles, was dir zu ihr einfällt? Ich glaube, sie hat viel mehr zu bieten.“ Ja, Tony hatte recht: Ethan fühlte sich zu ihr hingezogen. Aber welchem Mann würde es bei einer attraktiven Frau nicht so gehen? Allerdings waren es eher ihre Sanftheit und ihre Verletzlichkeit, die Ethan faszinierten. Er hatte irgendwie das Gefühl, sie beschützen zu müssen.

Tony lächelte. „Verabrede dich mit ihr. So schwierig wird das nicht sein.“

„Ich weiß nicht.“ Ethan sah keine Möglichkeit, ein weiteres Mal mit Kathryn in Kontakt zu treten. Er musste warten, bis sie ihn wegen der Katze anrief.

Und wer konnte wissen, wie lange das dauern würde?

Seit dem Brand schwankte Kathryns Gemütszustand stündlich. Manchmal war sie voller Optimismus und zweifelte nicht daran, dass alles wieder gut werden würde. Und dann plötzlich fühlte sie sich niedergeschlagen und hoffnungslos.

Immerhin würde es Samantha an diesem Wochenende an nichts fehlen, denn sie verbrachte es bei ihrem Vater. Als Kathryn ihren Exmann angerufen und ihm von dem Unglück erzählt hatte, war er sofort ins Auto gestiegen und ins Krankenhaus gefahren.

Chuck Ballard war ein guter Mensch und ein fürsorglicher Vater, der alles für seine Tochter tat. Wegen des Sorgerechts hatte es nie Streit gegeben. Chuck war etwas altmodisch und vertrat die Meinung, dass ein kleines Mädchen an die Seite seiner Mutter gehörte. Doch den Unterhalt für Samantha zahlte er immer pünktlich, und die Wochenenden mit seiner Tochter waren ihm sehr wichtig.

Selbst seit er neu geheiratet und ein zweites Kind hatte, nahm er sich viel Zeit für Samantha.

„Muss ich bei Daddy bleiben?“, fragte Samantha, als sie vor dem Krankenhaus saßen und auf Chuck warteten.

Kathryn nahm ihre Tochter in die Arme. „Ich dachte, du bist gern bei deinem Vater. Er sorgt sich sehr um dich und hat sich den ganzen Tag freigenommen, um dich zu verwöhnen.“ Am heutigen Freitag hatte Kathryn in der Schule angerufen und Samantha entschuldigt. Sie hoffte, dass sich die Situation bis Montag wenigstens etwas normalisiert hatte und ihre Tochter wieder am Unterricht teilnehmen konnte.

„Ja, aber ich will, dass du mitkommst.“

„Ich wünschte, ich könnte das. Leider muss ich erst mal nach einem neuen Zuhause für uns suchen. Außerdem muss ich den Brand bei der Versicherung melden, damit wir neue Möbel und Anziehsachen kaufen können.“

Strahlend nickte Samantha. „Bekomme ich ein Prinzessinnenbett wie Krista?“

„Du kannst dir eins aussuchen.“

„Rufst du mich an?“

„Natürlich.“ Dafür musste Kathryn allerdings zunächst ein neues Handy besorgen.

„Okay.“

Wenige Minuten später parkte Chuck vor dem Krankenhaus und stieg aus dem Auto. Er war ein gut aussehender Mann mit einem gewinnenden Lächeln und dichtem schwarzem Haar. In diesem Moment freute Kathryn sich sehr, ihn zu sehen. Sie war dankbar, dass Samantha einen so verantwortungsbewussten Vater hatte.

Zur Begrüßung umarmte er seine Tochter. „O Sammy. Als ich gehört habe, was passiert ist, habe ich mir große Sorgen gemacht. Geht es euch gut?“

„Die Ärztin hat gesagt, dass wir nach Hause können“, antwortete Samantha.

Chuck wandte sich zu Kathryn und umarmte sie ebenfalls. „Ist das wirklich wahr?“

Kathryn lächelte. „Es geht uns gut. Richtig, Sam? Sie war sehr tapfer.“

„Hast du einen Platz zum Schlafen?“, fragte er besorgt.

„Ich bleibe heute Nacht bei Deb. Du kannst mich im Büro rauslassen …“

„Du willst heute zur Arbeit?“

„Ich leihe mir bloß Debs Auto.“

„Du solltest dich etwas ausruhen. Leg dich bei mir für ein paar Stunden hin.“

Kathryn holte tief Luft. Das war der Hauptgrund für ihre Scheidung gewesen: Ständig versuchte Chuck, für sie Entscheidungen zu treffen. Er meinte es zwar gut, aber Kathryn wollte sich nicht herumkommandieren lassen. Das hatte ihr nichts ausgemacht, als sie siebzehn und eine verängstigte Waise gewesen war. Doch als sechsundzwanzigjährige Geschäftsfrau wollte sie sich nicht mehr vorschreiben lassen, was sie zu tun hatte.

„Nein, Chuck. Ich muss ins Büro.“

Obwohl er offenbar nicht überzeugt war, ging er nicht weiter darauf ein. Kathryn hatte gelernt, damit umzugehen und auf eigenen Füßen zu stehen. Ihre Arbeit hatte ihr sehr dabei geholfen. Das Projekt StrongGirls beschäftigte sich mit Mädchen aus schwierigen Familienverhältnissen. Im letzten Januar hatte Kathryn die Organisation gegründet, und das Unternehmen war noch sehr klein. Trotzdem hatte sie großen Spaß an ihrem Beruf, denn sie konnte in Schwierigkeiten geratenen Mädchen helfen.

Als sie das kleine Büro in der Jefferson Street erreichten, umarmte Kathryn ihre Tochter zum Abschied. „Ich bin sehr stolz auf dich, mein Schatz. Du bist wirklich sehr tapfer gewesen.“

„Bin ich ein StrongGirl?“, fragte Samantha.

„Ein starkes Mädchen? Du bist das stärkste Mädchen, das ich kenne.“

Ihr Exmann wollte ihr etwas Geld geben, was sie jedoch dankend ablehnte. Dennoch steckte er die Scheine in ihre Jackentasche. So war Chuck eben. Er ließ sich nichts sagen. Aber er hatte das Herz am rechten Fleck. Während ihrer Ehe hatte er sehr viel für sie getan. Und das wusste sie zu schätzen, denn die Männer vor ihm hatten sie ganz anders behandelt.

„Ich zahle es dir zurück“, sagte Kathryn.

„Das musst du nicht“, entgegnete er lächelnd. „Aber ich weiß, dass du es trotzdem tust.“

Erst am Samstag bot sich Kathryn die Gelegenheit, ihre Katze abzuholen. Am Tag zuvor war sie wie verrückt durch die Stadt gelaufen, um ihr Leben wieder in Ordnung zu bringen. Sie hatte beim Schlosser neue Schlüssel für ihr Auto anfertigen lassen, war zur Versicherung gefahren und hatte dort den Brand gemeldet. Danach hatte sie neue Kleidung gekauft, ihr Handy ersetzt und neue Asthmamedikamente für Samantha besorgt. Anschließend hatte sie sich auf Debs Sofa gelegt und zehn Stunden am Stück geschlafen.

Nach dem Aufwachen kramte sie nun gleich den zerknitterten Zettel mit Ethans Telefonnummer aus der Tasche und rief ihren Retter voller Vorfreude an.

„Kathryn, geht es Ihnen gut?“, fragte Ethan besorgt.

„Ja“, antwortete sie. „Hat Bashira sich erholt?“

„Ja. Ich habe ihn gebadet, um den Ruß aus seinem Fell zu bekommen. Seine Ohren sind allerdings immer noch etwas zottig.“

Der Gedanke, dass ein starker Feuerwehrmann ihre kleine Katze badete, ließ sie schmunzeln. Wie gern wäre sie dabei gewesen! „Ich wette, ihm hat das Bad sehr gefallen. Wie viel Überwindung hat es Sie gekostet?“

Er lachte. „Gar keine. Bashira ist zu meinem Kumpel geworden. Mittlerweile hat er sogar mein Haus in Besitz genommen. Möchten Sie, dass ich Bashira zu Ihnen bringe? Wo wohnen Sie?“

„Das müssen Sie nicht. Ich hole ihn. Passt es Ihnen um zehn Uhr?“

„Zehn Uhr ist perfekt.“ Er gab ihr seine Adresse in Winnetka Heights, dem historischen Viertel von Dallas. Sie liebte diese Gegend mit ihren hohen Bäumen und alten Häusern.

Nachdem Kathryn das Gespräch beendet hatte, sah Deb sie fragend an. Ihre Mitarbeiterin hatte gerade das College verlassen und war eine richtige Draufgängerin. Kathryn war froh, sie als Angestellte zu haben: Ihr Organisationstalent war für StrongGirls von unschätzbarem Wert.

„Wer war das?“, erkundigte sich Deb lächelnd.

„Der Feuerwehrmann, der Samantha und mir das Leben gerettet hat“, erwiderte Kathryn beiläufig.

„Sieht er gut aus?“

„Ähm … ja. Er hat eine gewisse Ausstrahlung.“

„Ich dachte mir, dass da etwas läuft.“

„Wie kommst du darauf?“

„Das hat man daran gemerkt, wie du mit ihm geredet hast. Du bist ganz verträumt gewesen.“

„Bin ich nicht!“ Kathryn lachte. „Das hast du dir bloß eingebildet. Ich bin diesem Mann sehr dankbar für das, was er getan hat. Das ist alles.“

„Na ja, das werden wir sehen.“ Als sie die aufgeschlagene Zeitung auf dem Tisch bemerkte, fügte Deb hinzu: „Wie geht die Wohnungssuche voran? Das heißt nicht, dass ich dich loswerden möchte. Du kannst natürlich so lange bleiben, wie du möchtest.“

„Im Moment scheint es nur Wohnungen zu geben, die ich mir nicht leisten kann. Deshalb sieht es eher schlecht aus.“

Ihre finanzielle Lage war in den letzten Monaten nicht besonders gut gewesen. Sie hatte zwar einen staatlichen Zuschuss für die Gründung von StrongGirls erhalten, konnte sich selbst aber nur ein geringes Gehalt bezahlen. Zum Glück hatte ihr bisheriger Vermieter sie in den letzten Jahren mit Mieterhöhungen verschont. Eine gleichwertige Wohnung zu einem ähnlichen Preis zu finden war jedoch fast unmöglich.

In Zukunft würde sie den Gürtel enger schnallen müssen. Auch wenn die Versicherung einen Teil der durch den Brand entstandenen Kosten übernahm, würde sie nicht wie bisher leben können.

Sie zog sich einen Rock mit Blumenmuster und eine passende Bluse an. Von den neuen Sachen, die sie sich gestern gekauft hatte, unterstrichen diese am deutlichsten ihre Weiblichkeit. Sie wunderte sich selbst, dass sie sich für Ethan so herausputzte. Wollte sie ihn etwa beeindrucken?

Anscheinend war genau das der Fall. Und sie wusste, warum sie das tat.

Es lag am Rettersyndrom: Wenn ein Mensch einen anderen aus einer Gefahrensituation befreite, reagierte der Gerettete oft unverhältnismäßig emotional darauf. Manchmal wurde diese Reaktion fälschlicherweise als Liebe ausgelegt. Sie hatte davon im Psychologieunterricht gehört und auch schon Erfahrungen damit gemacht.

Deshalb war es nicht ungewöhnlich, dass sie sich zu ihrem gut aussehenden Helden hingezogen fühlte. Allzu viele Sorgen sollte sie sich deswegen nicht machen. Sie hatte genügend zu tun und keine Zeit dafür, sich über solche unwichtigen Dinge den Kopf zu zerbrechen. Ihr Projekt würde sie in den nächsten Wochen mehr als genug beanspruchen, und die wenige Freizeit wollte sie mit Samantha verbringen. Aus diesem Grund konnte sie sich unmöglich mit einem Mann beschäftigen.

„Was hast du mit diesem Ding vor?“, fragte Tony und deutete auf den Staubsauger, den Ethan aus der Abstellkammer geholt hatte. Tony war herübergekommen, um sich einen Schraubenzieher auszuleihen.

„Staub saugen vielleicht?“, antwortete Ethan.

„Warum?“

„Weil es notwendig ist.“

Tony schnüffelte. „Ich rieche Möbelpolitur. Und die Spülmaschine läuft auch.“

„Ist das so ungewöhnlich?“

Tony kniff die Augen zusammen. „Du bekommst Damenbesuch, habe ich recht?“

War es etwa so offensichtlich? „Kathryn Holiday holt ihre Katze ab“, erwiderte Ethan betont beiläufig.

„Aha. Dann verschwinde ich wohl besser.“

„Das musst du nicht.“

„Es wäre dir aber lieber. Immerhin hast du gesagt, dass ich mich von ihr fernhalten soll.“

Das stimmte. Keine Frau konnte Tony widerstehen. Doch meistens endeten seine Romanzen genauso rasch, wie sie begonnen hatten. Den Frauen wurde Tony schnell zu anstrengend, und dann verließen sie ihn – bis die nächste auf der Bildfläche erschien. Und das dauerte nie sehr lange.

Ethan wollte nicht, dass Kathryn zu einer von Tonys kurzen Affären wurde.

„Du findest den Schraubenzieher bei den anderen Werkzeugen in der Garage“, sagte Ethan. „Du weißt ja, wo der Schlüssel ist.“

Bedeutungsvoll betrachtete Tony ihn und verließ das Haus.

Vielleicht würde Ethan Kathryn zum Essen einladen. Es wäre nur eine freundschaftliche Geste. Sie könnten aber auch zusammen mit Samantha in den Park gehen – wenn das Mädchen keine Angst mehr vor Ethan hatte. Das war ein weiteres Thema, das geklärt werden musste.

Um Punkt zehn Uhr klingelte es. Um nicht übereifrig zu erscheinen, ging Ethan langsam zum Hauseingang. Dabei sprang Bashira auf seine Schulter.

Dann öffnete Ethan die Tür, und Kathryn stand vor ihm. Sie war noch viel schöner, als er sie in Erinnerung hatte. Heute trug sie einen kurzen Rock, der ihre atemberaubenden Beine enthüllte. Dazu hatte sie eine geblümte Bluse gewählt, die ihre vollen Brüste betonte. Das schokoladenbraune Haar hatte sie kunstvoll zusammengesteckt.

Sie lächelte ihn an und blickte zur Katze. „Bashira! Dir scheint es hier ja richtig gut zu gehen.“

Höflich bat er Kathryn herein. „Wenn man nicht aufpasst, stellt er sofort etwas an.“

„Das kann ich nur bestätigen“, meinte Kathryn. „Wir haben lange gebraucht, um die Wohnung katzensicher zu machen.“ Sie nahm den Kater auf den Arm und streichelte seinen Kopf. „Du armes Ding. Was ist bloß mit deinen Ohren passiert? In dem Feuer musst du eine Heidenangst gehabt haben.“ Als Kathryn Ethan mit funkelnden Augen anschaute, verspürte er einen heißen Schauer am ganzen Körper. „Ich kann Ihnen nicht genug dafür danken, dass Sie ihn gerettet haben. Samantha wird sich unglaublich freuen, wenn sie ihn zurückbekommt.“

„Eigentlich hat Tony die Katze gerettet.“ Am liebsten hätte Ethan sie nicht an seinen Kollegen erinnern wollen. Aber er fand es nur fair, den wahren Retter von Bashira zu nennen. „Wo ist Samantha? Geht es ihr gut?“

„Sie verbringt das Wochenende bei ihrem Vater, während ich mich um ein paar Dinge kümmere. Es gibt wirklich viel zu tun.“

„Fünf Minuten für einen Kaffee haben Sie aber noch, oder? Ich habe gerade frischen aufgesetzt.“

Einen Moment lang wirkte es, als würde sie zustimmen. Doch dann schüttelte sie den Kopf. „Ich muss eine neue Bleibe für uns finden. Und das ist zurzeit gar nicht so einfach. Die meisten Wohnungen sind zu teuer, für Haustiere nicht geeignet oder einfach bloß eklig.“

Deutlich bemerkte Ethan, wie verzweifelt Kathryn war. Da fiel ihm etwas ein. Er hatte eine leer stehende Wohnung. Sie war zwar klein und renovierungsbedürftig, aber bezugsfertig. „Ich habe eine Idee.“

Fünf Minuten später blickte Kathryn sich in der Wohnung über seiner Garage um. „Ich habe ja sowieso kaum Sachen“, sagte sie lächelnd. „Deshalb würde mir die Wohnung reichen.“

„Ich weiß, sie ist wahrscheinlich kleiner, als Sie gedacht haben“, meinte er. „Außerdem sieht die Küche schrecklich aus. Ich werde sie noch renovieren.“

„So schlimm ist es nicht“, gab sie zurück. „Wie viel würden Sie denn dafür verlangen?“

Er zuckte mit den Schultern. „Sie müssen mir keine Miete zahlen. Die Wohnung steht doch sowieso leer.“

„Was? Natürlich zahle ich Ihnen Miete.“ Kathryn starrte ihn an, als ob er verrückt geworden wäre. Jeder normale Mensch hätte Miete von ihr verlangt. Doch er konnte es nicht tun – schließlich hatte sie gerade alles bei einem Brand verloren.

„Hören Sie“, schlug er vor. „Sie zahlen mir die Miete einfach später. Im Moment brauchen Sie das Geld für andere Dinge.“

„Das ist sehr großzügig von Ihnen. Aber ich mache nie Schulden. Dasselbe erwarte ich auch von meinen Mädchen.“

„Von Ihren Mädchen?“ Hatte sie mehr als eine Tochter?

„StrongGirls. Das ist das Projekt, das ich für Teenager gegründet habe. Ich will ihnen helfen, selbstständig zu werden und Verantwortung im Leben zu übernehmen. Wir bieten verschiedene Kurse an und zeigen ihnen, wie sie besser im Alltag zurechtkommen.“

Ethan war beeindruckt. Damit hatte er nicht gerechnet. „Sie leiten das gesamte Projekt?“

„Es ist keine große Sache. Ich habe das Konzept und die Inhalte entwickelt und den staatlichen Zuschuss beantragt. StrongGirls steckt noch in den Kinderschuhen. Im Augenblick habe ich nur vier Mädchengruppen, zwei Mitarbeiterinnen und ein winziges Büro. Aber es läuft ganz gut. Bisher hatten wir weder Schwangerschaften noch Kursabbrecher.“ Sie machte eine Pause. „Tut mir leid. Ich wollte Sie nicht damit langweilen. Wie Sie merken, rede ich sehr gern darüber. Und wenn ich erst mal angefangen habe, kann ich nicht mehr aufhören.“

„Das muss Ihnen nicht leidtun. Ich finde es großartig, was Sie leisten.“ Viel Geld brachte es ihr allerdings bestimmt nicht ein. „Und Sie brauchen mir wirklich keine Miete zu zahlen.“

Erneut schüttelte Kathryn den Kopf. „Ich könnte meinen Mädchen nicht mehr ins Gesicht sehen, wenn ich das von Ihnen annehme. Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde das schon allein schaffen. Genau darum geht es nämlich bei StrongGirls.“ Damit zog sie einen Scheck aus dem Portemonnaie. „Wie hoch ist die Miete?“

„Sie nehmen die Wohnung?“

„Ja, ich liebe diesen Stadtteil. Seit ich nach Oak Cliff gezogen bin, wollte ich hier leben.“

Widerwillig nannte Ethan einen Betrag. Auf dem freien Wohnungsmarkt hätte er vermutlich einen höheren Preis erzielt, aber er wollte Kathryn wenigstens etwas entgegenkommen. Er hätte nicht gedacht, dass sie seine Hilfe ablehnen würde.

Sie schrieb den Scheck aus und überreichte ihn Ethan. „Sie sollten eine Kaution von mir verlangen.“

„Ich vertraue Ihnen.“

Verwundert sah sie ihn an. „Sie kennen mich doch gar nicht.“

„Ich besitze eine gute Menschenkenntnis. Außerdem werden wir uns bald besser kennenlernen.“ Vielleicht sogar sehr viel besser.

Für eine Weile schauten sie sich in die Augen. Kathryn schien seine Gedanken gelesen zu haben, denn sie lächelte ihn herausfordernd an. Die Spannung zwischen ihnen verstärkte sich.

„Wann wollen Sie einziehen?“, fragte er schließlich. „Morgen arbeite ich. Aber sobald ich freihabe, kann ich Ihnen helfen.“

Sie winkte ab. „Ich habe nicht besonders viele Sachen. Das kriege ich allein hin.“

„Bashira kann gern bei mir bleiben, bis Sie sich in der neuen Wohnung eingerichtet haben. Dann muss er nicht zweimal umziehen.“

„Sind Sie sicher, dass Sie ihn hierbehalten wollen?“

„Ja.“

Rasch stellte sie sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Danke. Jetzt haben Sie mich schon wieder gerettet.“

Ethan beobachtete, wie sie durch den Garten zur Straße ging. Seine Haut kribbelte an der Stelle, an der sie ihn geküsst hatte. Auch wenn es nur ein harmloser Kuss gewesen war, hatte er ihn vollkommen aus dem Konzept gebracht.

Inständig hoffte er, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, Kathryn bei sich wohnen zu lassen. Er mochte sie sehr und wollte sie besser kennenlernen. Vielleicht würde sich etwas zwischen ihnen entwickeln. Falls das allerdings nicht geschah, konnte ihre Nähe schnell unangenehm werden.

3. KAPITEL

Kathryn verbrachte den Rest des Tages damit, Einkäufe zu erledigen. An diesem Samstag war in den Geschäften die Hölle los. Sie kaufte alle Dinge, die sie in den nächsten Tagen brauchen würden. Sogar nach dem Bett sah sie sich um, das Samantha sich so sehr wünschte. Aber heute hatte sie keine Zeit, um es mitzunehmen. Deshalb kaufte sie erst mal andere Möbel, bis das Limit ihrer Kreditkarte erreicht war.

Als Kathryn schließlich auf der Einfahrt ihres neuen Zuhauses parkte, war es fast dunkel. Sie hatte sich vorgenommen, die Wohnung zuerst zu putzen und danach die neuen Möbel und Kleidungsstücke hineinzubringen. Doch als sie im Treppenhaus stand, bemerkte sie Licht in der Wohnung.

Neugierig ging sie weiter nach oben und hörte Stimmen und Gelächter.

Sie klopfte, und Ethan öffnete ihr lächelnd die Tür. „Willkommen zu Hause, Kat“, begrüßte er sie.

Er stand mit zwei Freunden im Wohnzimmer und sah sie erwartungsvoll an. Einer der beiden war der Sanitäter Tony Veracruz, der Samantha und sie ins Krankenhaus gefahren hatte. Bei der Frau handelte es sich um Priscilla Garner. Kathryn erfuhr, dass auch sie gegen das Feuer in ihrem Haus gekämpft hatte.

„Was tun Sie hier?“, fragte Kathryn. Doch eigentlich war diese Frage überflüssig. Als sie sich umblickte, entdeckte sie einen Wischmopp, einen Eimer und Putzmittel.

„Ich konnte Sie nicht in so eine Unordnung einziehen lassen“, meinte Ethan.

„Deshalb hat er uns um Hilfe gebeten“, fügte Priscilla hinzu.

„Das ist sehr nett von Ihnen“, entgegnete Kathryn und schaute Ethan tadelnd an. „Es wäre wirklich nicht nötig gewesen. Sie haben mir bereits sehr geholfen.“

„Das haben wir doch gern getan“, sagte Ethan.

„Danke.“ Verlegen lächelte Kathryn. „Wie wäre es, wenn ich uns eine Pizza bestelle, um mich zu revanchieren?“ Das konnte sie sich gerade noch leisten.

„Pizza ist immer gut“, erwiderte Ethan. „Aber ich lade Sie ein.“

„Sie sind nicht etwa einer von diesen Chauvinisten, die glauben, eine Frau sollte für nichts bezahlen, oder?“, fragte Kathryn.

Priscilla lachte. „Sie reden mit einem Feuerwehrmann, meine Liebe. Die sind alle Chauvinisten.“

„Hey“, warf Tony ein. „Würde ein Chauvinist die Fenster putzen?“

„Ihr beide seid etwas fortschrittlicher als der Rest der Truppe“, erklärte Priscilla.

„Wo sind Ihre Möbel?“, erkundigte sich Ethan bei Kathryn. „Wir tragen sie in die Wohnung.“

„Sie sind im Auto. Aber ich schaffe das auch allein …“ Bevor sie den Satz beenden konnte, waren Ethan und Tony schon auf dem Weg nach unten.

„Männer!“, rief Priscilla und zuckte nur mit den Schultern.

Kathryn mochte es nicht, als schwache Frau abgestempelt zu werden. Doch die beiden ließen nicht zu, dass sie ein Möbelstück nach oben trug.

„Ist das alles?“, wollte Ethan wissen, nachdem sie ein Bett, ein Sofa, einen Couchtisch und zwei Stühle in das Apartment transportiert hatten.

„Ja“, gab Kathryn zurück. „Ich hatte keine Zeit, um mehr als das Nötigste zu besorgen.“

„Sie haben ja nicht mal einen Tisch“, fiel Ethan auf. „Wo wollen Sie denn essen?“

„Auf dem Boden“, antwortete Kathryn. Bereits als kleines Mädchen hatte sie Schlimmeres erleben müssen: Manchmal hatte sie draußen vor der Haustür Dosenfleisch essen müssen, weil ihre Mutter mal wieder einen Liebhaber zu Besuch gehabt hatte.

„Kathryn“, sagte Priscilla. „Ich wünschte, ich könnte bleiben, aber ich bin in zwanzig Minuten zum Squash verabredet.“ Mit dem Ellenbogen stieß sie Tony an.

„Ach ja. Ich muss auch los“, stieß er hervor. „Geben Sie uns Bescheid, wenn Sie etwas brauchen.“

Kathryn bedankte sich bei ihnen, und sie verließen die Wohnung.

„Jetzt sind nur noch wir beide da“, meinte Ethan. „Ich habe einen Gutschein für Home Run Pizza.“

Tatsächlich war Kathryn geradezu am Verhungern. Doch da klingelte ihr Handy. Sie erkannte Chucks Nummer auf dem Display. Ohne zu zögern, nahm sie das Gespräch entgegen.

„Mommy?“, fragte Samantha ängstlich. „Kommst du mich abholen?“

„Ist etwas passiert?“ Kathryns Herz schlug schneller.

„Nein, ich möchte nur, dass du kommst. Ich vermisse dich.“

Normalerweise genoss Samantha die Wochenenden bei ihrem Vater. Sie spielte so gern mit ihrer kleinen Halbschwester.

„Ich vermisse dich auch, mein Schatz“, entgegnete Kathryn. „Kann ich mit deinem Dad reden?“

Wenig später erzählte Chuck ihr, dass Samantha den ganzen Tag unruhig gewesen war. Deshalb hatten sie beschlossen, Kathryn früher als sonst anzurufen.

„Sag ihr, dass ich gleich da bin“, bat Kathryn ihren Exmann.

Obwohl Ethan während des Telefonats durch die Wohnung geschlendert war, wusste Kathryn genau, dass er alles mitbekommen hatte. „Samantha braucht mich“, erklärte sie.

„Warum können wir nicht alle zusammen Pizza essen?“

Sie schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, Ethan. Ich habe keine Ahnung, ob Samantha sich noch immer vor Ihnen fürchtet. Es wäre besser, wenn sie Sie erst mal nicht sieht.“

„Ich verstehe. Versprechen Sie mir, dass Sie mich rufen, wenn Sie etwas brauchen?“

„Versprochen.“ Andererseits hatte er so viel für sie getan. Konnte sie noch mehr Hilfe von ihm akzeptieren? Ihren Mädchen brachte sie bei StrongGirls bei, dass sie unabhängig sein und sich nicht auf einen Mann verlassen sollten.

Plötzlich ergriff Ethan ihre Hände und zog sie näher an sich. Sie wusste, dass er sie küssen wollte. Dieses Wissen ließ lustvolle Schauer über ihren Rücken rieseln.

Sie hatte den ersten Schritt getan, indem sie ihm heute einen Kuss auf die Wange gegeben hatte. Deshalb sollte sie seine Reaktion nicht überraschen. Trotzdem hatte sie ein unangenehmes Gefühl dabei. Sie hatte im Moment keine Zeit für eine Affäre.

Aber sie wollte sich keine weiteren Gedanken mehr darüber machen. Schließlich war es bloß ein Kuss.

Ethan schien zu spüren, dass sie sich ebenso nach einem Kuss sehnte. Sanft drückte er sie an sich und presste die Lippen auf ihre. Und als sie den Kuss vertieften, schlangen sie die Arme umeinander.

Kathryn genoss es, seinen warmen Körper zu spüren. Sie wusste nicht, warum – irgendwie fühlte sich dieser Kuss anders an als alle anderen.

Für eine Weile vergaß sie alles um sich herum und ließ sich fallen.

Ethan hätte mehr fordern können, tat es jedoch nicht. Langsam löste er sich aus ihrer Umarmung und küsste ihre Stirn. „Ich werde dich an dein Versprechen erinnern.“

Als sie später zu Chucks Haus fuhr und Samantha abholen wollte, fragte sie sich, was genau sie Ethan eigentlich versprochen hatte. Doch sie konnte sich nicht mehr entsinnen.

Es war schon spät, als Kathryn und Samantha mit Taschen voller Spielzeug und Kleidungsstücken die Wohnung betraten. Chuck hatte ihnen die Dinge mitgegeben, die er sonst in seinem Haus für Samantha verwahrte. Er hatte darauf bestanden.

Misstrauisch schnupperte Samantha. „Irgendetwas riecht hier komisch.“

„Das sind bloß Putzmittel“, sagte Kathryn. „Und sieh mal, wer dich begrüßt!“ Aus dem Schlafzimmer kam Bashira direkt auf Samantha zu. Offenbar hatte Ethan die Katze in die Wohnung gelassen. Kathryn war dankbar dafür, denn sie selbst hatte gar nicht mehr daran gedacht.

Vor dem Brand waren Samantha und Bashira unzertrennlich gewesen. Doch zu Kathryns Überraschung beachtete ihre Tochter die Katze nicht einmal. Samantha lief an Bashira vorbei ins Schlafzimmer. Dort drehte ihre Tochter sich um und sah sie missmutig an. „Mommy, mir gefällt es hier nicht.“

„Wir werden die Wohnung verschönern“, entgegnete sie sanft. „Außerdem ist es nur eine vorübergehende Lösung, bis wir eine größere Bleibe gefunden haben.“

„Ist das mein Zimmer?“, fragte Samantha.

„Ja. Die Aussicht ist herrlich, oder?“

Das Mädchen zeigte sich unbeeindruckt. „Wo schläfst du?“

„Im Wohnzimmer.“

„Ich möchte, dass du bei mir schläfst.“

„Das Bett ist doch viel zu klein für uns beide.“

„Das ist mir egal.“

Kurz überlegte Kathryn. „Na gut. Aber nur für die erste Nacht. Dir wird es hier gefallen, wenn du dich erst an alles gewöhnt hast. Nebenan wohnt ein Mädchen, das ungefähr so alt ist wie du. Bestimmt werdet ihr gute Freundinnen.“

Neugierig blickte Samantha sie an. „Wie heißt sie?“

„Jasmine. Ich glaube, sie geht sogar auf deine Schule.“

Samantha strahlte. „Jasmine Veracruz?“

„Ja. Kennst du sie?“

„Sie ist in der dritten Klasse“, sagte Samantha überschwänglich.

„Wir fragen sie gleich morgen, ob sie mit dir spielen möchte. In Ordnung?“

„Okay.“

„Ich habe noch eine Idee. Was hältst du davon, wenn wir heute den Ofen ausprobieren und Brownies backen?“

Samantha nickte begeistert. „O ja!“

„Wir können zwei Bleche machen. Morgen früh bringen wir dann eins davon zum Dank bei den Feuerwehrmännern vorbei, die uns gerettet haben.“ Sie hoffte, dass ihre Tochter den Vorschlag nicht gleich ablehnte.

Samantha dachte darüber nach. „Gibt es da auch Feuerwehrautos?“

„Ja. Da leben die Feuerwehrleute wie eine Familie. Sie essen und schlafen dort. Die ganze Zeit warten sie darauf, dass ein Feuer ausbricht, damit sie hinfahren und es bekämpfen können.“ So stellte Kathryn sich das wenigstens vor. Sie war gespannt, wie das Leben eines Feuerwehrmannes wirklich aussah. „Das sind sehr mutige Menschen. Und es ist wichtig, dass wir ihnen zeigen, wie dankbar wir sind. Was meinst du?“

„Okay“, sagte Samantha, klang allerdings nicht mehr so begeistert.

Die unbeliebteste Arbeit in der neunundfünfzigsten Wache war es, die Toiletten zu putzen. Und wieder einmal war Ethan an der Reihe. Wie immer akzeptierte er still sein Schicksal. Als Neuling blieb ihm sowieso nichts anderes übrig, als sich zu fügen.

Heute war Tony zu Hause geblieben. Er musste für einen Test lernen, um seine Lizenz als Sanitäter zu verlängern. Dagegen hatte es Priscilla fast genauso schlimm getroffen wie Ethan: Sie musste die Böden wischen.

„Bei den Frauen in der Fernsehwerbung sieht das immer so einfach aus“, beklagte sie sich, als sie die Fliesen im Waschraum wischte.

Ethan stimmte ihr zu und kämpfte mit dem Schimmel an den Wänden, der sich nur sehr schwer entfernen ließ.

„Besucher im Anmarsch!“, rief plötzlich jemand. Als früher nur Männer bei der Feuerwehr tätig gewesen waren, hatte man so die Kollegen gewarnt, die eventuell nackt von der Dusche zum Schlafplatz gegangen waren. Heute tat das jedoch sowieso keiner mehr, denn es gab eine Frau in der Wache.

Als Nächstes hörte Ethan jemanden über Brownies reden. Rasch wusch er sich die Hände. Er musste schleunigst in den Speisesaal rennen, denn sonst würde er keinen mehr bekommen.

Priscilla schüttelte den Kopf und wischte weiter den Boden. „Ihr Männer seid alle gleich. Man braucht Brownies nur zu erwähnen, und sofort lasst ihr alles stehen und liegen. Bloß das Wort ‚Brüste‘ bringt euch noch mehr durcheinander.“

„Brüste?“ Ethan schaute sich um. „Wo?“

Schwungvoll holte Priscilla mit dem Mopp aus und bespritzte ihn. „Hey, vergiss nicht, mir einen mitzubringen, ja?“

„Wenn einer übrig bleibt …“ Damit lief er in den Speiseraum, in dem sich bereits mehrere seiner Kollegen um eine Schüssel mit Brownies versammelt hatten.

Neben ihnen stand Kathryn.

Überrascht blieb Ethan stehen und musterte die Frau, die ihm letzte Nacht den Schlaf geraubt hatte. Samantha war ebenfalls da. Verängstigt verbarg sich die Kleine hinter ihrer Mutter.

Ethan konnte sie verstehen. Immerhin war die mampfende Meute beängstigend genug, um einen Bären zu verscheuchen.

Mit einem lauten Räuspern betrat er das Zimmer. Alle verstummten, und Kathryn betrachtete ihn mit offenem Mund. „Wir haben Brownies mitgebracht“, sagte sie.

„Das sehe ich.“

„Wir wollten uns bedanken – bei allen“, fügte sie schnell hinzu und errötete.

Ethan gefiel es, dass sie ihn nicht hervorheben wollte. Langsam ging er auf sie zu. „Hallo, Kat. Samantha, bist du das? Man kann dich ja kaum erkennen, wenn du dich hinter deiner Mutter versteckst.“

Doch seine Bemühungen hatten keinen Erfolg. Das Mädchen umklammerte seine Mutter noch fester.

„Wir mögen Süßigkeiten sehr“, fuhr er fort. „Besonders Brownies.“ Dann sah er in die Schüssel.

Sie war leer.

„Ich hätte wohl mehr mitbringen sollen“, meinte Kathryn.

Die Kollegen verließen mit unschuldigen Mienen den Raum und taten so, als hätten sie etwas zu tun. Nur Kathryn, Samantha und Ethan blieben im Speisesaal zurück.

„Hast du wenigstens einen bekommen, Samantha?“, fragte er.

„Samantha!“, forderte Kathryn ihre Tochter auf, als diese schwieg. „Ethan redet mit dir. Vielleicht bist du so nett und antwortest ihm.“

„Ich mag keine Brownies“, sagte das Mädchen schließlich leise. „Mommy, können wir jetzt nach Hause gehen?“

Das war zwar kein guter Anfang, aber immerhin hatte Samantha nicht wieder geschrien.

„Willst du dir nicht die Wache ansehen?“, wollte Kathryn von ihrer Tochter wissen. „Captain Campeon hat versprochen, dass er uns eine Führung gibt. Und ich wette, er lässt dich mal im Feuerwehrwagen sitzen.“

Das überraschte Ethan. Campeon hatte Besuch auf der Wache nie gemocht. Überhaupt war er ein ernster Mann, der selten lachte. Deshalb konnte Ethan sich nur schwer vorstellen, dass er eine Frau und ein Kind freiwillig herumführte.

„Ich will einfach nach Hause“, maulte Samantha trotzig.

Ethan überlegte, wie er das Mädchen aufmuntern konnte. Und plötzlich hatte er eine Idee. „Magst du Welpen, Samantha?“

„Nein.“

„Natürlich mag sie Welpen“, sagte Kathryn ungeduldig. „Sie ist nur etwas schlecht gelaunt.“

„Wir haben hier ein paar junge Hunde“, fuhr er fort. „Unser Maskottchen Daisy hat vor Kurzem geworfen. Es sind Dalmatiner. Samantha, du hast doch bestimmt 101 Dalmatiner gesehen, oder?“

„Ungefähr fünfzigmal“, erwiderte Kathryn. „Komm schon, Samantha. Sehen wir uns die Kleinen an!“

Er führte sie in den Garten, in dem ein großes Gehege aufgebaut worden war. Darin befanden sich die etwa fünf Wochen alten Hundebabys. Als er das Gatter öffnete, rannten alle Hunde direkt auf das Mädchen zu.

Erschrocken klammerte Samantha sich an ihre Mutter. „Mommy!“, schrie sie.