Bianca Extra Band 150 - Melissa Senate - E-Book

Bianca Extra Band 150 E-Book

Melissa Senate

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Beschreibung

SIEBEN WÜNSCHE HAST DU FREI von MELISSA SENATE

Er hat einen Sohn? Rodeo-Star Logan ist schockiert, was seine Ex Annabel ihm verschwiegen hat. Er beschließt, Codys sieben verpasste Geburtstagswünsche zu erfüllen. Doch der letzter Wunsch des Kleinen fordert ihm mehr Mut ab als der wildeste Bulle: „Bleib für immer bei uns, Daddy.“

VERRAT MIR DEIN GEHEIMNIS, COWBOY von KATHLEEN EAGLE

Einen draufgängerische Cowboy braucht Lila bestimmt nicht in ihrem Leben. Doch Del Fox, der Neue auf der Ranch, ist anders: sanft, klug und ein bisschen geheimnisvoll. Lilas Herz schmilzt dahin – was ihr mehr Angst macht als die familiären Herausforderungen, die vor ihr liegen …

ÜBER UNS DER SOMMERHIMMEL von CHRISTINE RIMMER

Rancher Weston geht Evy nicht mehr aus dem Kopf, seitdem er sie gerettet hat. Doch sie will nichts Lockeres und er nichts Festes. Als es zwischen ihnen immer heftiger knistert, muss Evy entscheiden, ob sie sich auf etwas Unverbindliches einlassen oder Wes aus dem Weg gehen soll …

EIN KLEINES WUNDER IN TEXAS von MICHELLE MAJOR

Träumt sie etwa? Der charmante Anwalt Gavin Fortunado bittet Christine, seine Freundin zu spielen. Aber die Funken zwischen der stillen Büroangestellten und dem bindungsscheuen Fortune-Erben sind kein Traum, sondern sehr real! Doch ein Happy End scheint ausgeschlossen …

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Seitenzahl: 710

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Melissa Senate, Kathleen Eagle, Christine Rimmer, Michelle Major

BIANCA EXTRA BAND 150

IMPRESSUM

BIANCA EXTRA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/82 651-370 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Deutsche Erstausgabe 2025 in der Reihe BIANCA EXTRA, Band 150

© 2023 by Melissa Senate Originaltitel: „Seven Birthday Wishes“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: SPECIAL EDITION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Karin Wenz

© 2014 by Kathleen Eagle Originaltitel: „Never Trust a Cowboy“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: SPECIAL EDITION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Stefanie Thoma-Kellner

© 2022 by Harlequin Enterprises ULC Originaltitel: „Summer Nights with the Maverick“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: SPECIAL EDITION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Andrea Cieslak

© 2018 by Harlequin Enterprises ULC Originaltitel: „A Deal Made in Texas“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: SPECIAL EDITION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Rainer Nolden

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2025 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751531290

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Jegliche nicht autorisierte Verwendung dieser Publikation zum Training generativer Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) ist ausdrücklich verboten. Die Rechte des Autors und des Verlags bleiben davon unberührt. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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Melissa Senate

Sieben Wünsche hast du frei

1. KAPITEL

„Weißt du was, Mama?“, rief der siebenjährige Cody Dawson, als er aus dem Schulbus sprang, der vor den Toren der Dawson Family Gäste-Ranch angehalten hatte. „Du wirst es nie erraten!“

Annabel Dawson lächelte ihrem Sohn zu und winkte dem Busfahrer. Sie freute sich immer darauf, ihren Sohn nachmittags am Tor abzuholen und dann die Viertelmeile zu ihrem Holzhäuschen mit ihm zu gehen. Einer der Vorteile ihrer Anstellung auf der Gäste-Ranch ihrer Cousins war die Familienfreundlichkeit des Jobs. Annabels Stunden als Wildnis-Tour-Guide waren an Codys Schultag angepasst. Nachts und an Wochenenden musste sie nicht arbeiten. Als Alleinerziehende war sie dankbar, dass ihre sechs Cousins, die Besitzer der Ranch, ihr den Job, ein gemütliches Ferienhäuschen und Tagesbetreuung vor Ort angeboten hatten, als Cody ein halbes Jahr alt gewesen war.

„Hast du bei deinem Test alles richtig gehabt?“, fragte sie, beugte sich hinunter und umarmte Cody.

„Hm, ich habe zwei Fehler gemacht“, sagte er. „Aber das meine ich nicht.“ Aufgeregt hüpfte er herum, sein dichtes, hellbraunes Haar flatterte im Wind. „Rate noch mal!“

„Jemand hat seine Schoko-Kekse gegen deine roten Trauben getauscht?“

„Mommy, wer würde so was machen?“

Sie lachte. „Hm, ich glaube, du musst es mir verraten.“

„Okay!“ Cody zog sie zu einer Bank gegenüber der Rezeption. Er nahm seine Schultasche ab, stellte sie auf die Bank und holte eine blaue Mappe heraus. „Schau mal!“

Wow! Das musste ja etwas Tolles sein.

Sie öffnete die Mappe und sah sie durch. Eine Leseliste, die Erlaubnis zur Teilnahme an einem Ausflug in der letzten Schulwoche mit der Bitte um Unterschrift und eine beurteilte Hausaufgabe zum Thema: Mein Held. Oben ein goldener Stern und eine Notiz der Lehrerin.

Annabel spürte einen Kloß im Hals. Mein Held ist Logan Winston, so begann der sechszeilige Aufsatz in sorgfältiger Schrift.

Als Cody letzte Woche mit der Aufgabe nach Hause gekommen war, hatte sie sofort gewusst, dass er über Logan schreiben würde. Sie hatte es kaum durchgestanden, als ihr Sohn laut darüber nachdachte, was er schreiben wollte.

Logan Winston war schon seit Jahren ein Held für ihren Sohn. Seit ihr Vater seinen Enkel zu einem Rodeo mitgenommen hatte. Der Champion der Bullenreiter mit dem schwarzen Stetson mit silberbeschlagenem Lederband als Markenzeichen hatte zahllose Fans.

Seit damals verging kein Tag, an dem Cody nicht mindestens einmal Logan Winstons Namen erwähnte. Seine alten Rodeo-Tickets hingen alle an einer Pinnwand über seinem Schreibtisch. Er hatte eine Logan-Winston-Brotdose. Ein Logan-Winston-T-Shirt. Ein Logan-Winston-Poster an der Wand in seinem Schlafzimmer. Annabel vermied es sorgfältig, es anzusehen.

Logan Winston war Codys Vater. Niemand außer Annabel wusste das.

Ich hoffe, dass ich Logan Winston eines Tages begegne, hatte Cody in den vergangenen zwei Jahren oft gesagt, während sie ihn abends zudeckte, und hatte mit verträumtem Blick auf das Poster geschaut. Bei solchen Gelegenheiten begannen Tränen in Annabels Augen zu brennen.

Was glaubst du, was mein Daddy gerade macht?, hatte Cody vorgestern Abend gefragt, während er in seinem Schaumbad saß und mit Cowboyfiguren spielte.

Wenn er wüsste, dass es dich gibt, würde er jetzt an dich denken, hatte sie Cody gesagt. Er schien damit zufrieden zu sein. In Grundzügen hatte sie ihrem Sohn die Wahrheit gesagt. Dass sie nicht gewusst hatte, dass sie ein Baby bekam, als sein Vater die Stadt verlassen hatte, und auch nicht, wie sie ihn erreichen konnte.

Doch nur bis gegen Ende ihrer Schwangerschaft. Dann hatte Logan Winston sich allmählich einen Namen gemacht. Sie war achtzehn gewesen, seit neun Monaten schwanger. Ihre Eltern hatten sie unterstützt, wenn auch unter vielem Seufzen. Da hatte sie ihn auf der Titelseite der Bear Ridge Free Weekly gesehen. Die ganze Zeit hatte sie darüber nachgedacht, ob sie mit ihm Kontakt aufnehmen sollte. Aber ihr ging nicht aus dem Sinn, was er am Abend, bevor er wegging, gesagt hatte.

Ich möchte keine Kinder. Niemals.

„Mommy, ich wette, Logan Winston sieht meinen Aufsatz morgen auf der Titelseite der Zeitung!“ Cody war aufgeregt. Er wirbelte herum und kauerte sich dann zusammen, als säße er auf dem Rücken eines Bullen, eine Hand am Seil, die andere in der Luft, wie sein Held.

Auf der Titelseite? Jetzt erst las Annabel die Notiz, die Codys Lehrerin, Miss Gattano, angeheftet hatte.

Hi, Annabel! Aufregende Neuigkeiten! Ich habe die Aufsätze der Kinder an die Wyoming Gazette geschickt. Sie drucken nicht nur Fotos der vierzehn Kinder, die ihre Aufsätze hochhalten, morgen im Lokalteil, sie bringen morgen auch Codys Foto und den Aufsatz zusammen mit einem Artikel über Logan Winston auf der Titelseite. Cody freut sich riesig! Sie müssen morgen unbedingt die Zeitung lesen! Ms. G.

Annabel schlug die Hand vor den Mund. Die Wyoming Gazette war eine größere Tageszeitung. Jeder hier las sie.

Ihr Herz hämmerte.

„Ich weiß es, Mommy!“ Cody hüpfte wieder auf und ab. „Ganz sicher sieht mein Held meinen Aufsatz!“

Tatsächlich? Sie bezweifelte, dass Logan Winston noch die Artikel über sich las. Wahrscheinlich war er viel zu beschäftigt. Annabel hatte seine Karriere schon lange nicht mehr verfolgt. Nur am Anfang, vor sechs oder sieben Jahren, weil sie so stolz auf ihn gewesen war. Verletzt, ja, aber trotzdem stolz. Er hatte es geschafft. Als Anfänger war es ihm fast nie gelungen, sich acht Sekunden auf dem Bullen zu halten. Aber es hatte kein Jahr gedauert, da hatte sie in einer überregionalen Zeitung einen Artikel gesehen. Bullenreiter aus Bear Ridge gewinnt das Bear County Rodeo.

In den nächsten Jahren war sein Bild oft auf der Titelseite der Wyoming Gazette gewesen. Und heute war er ein Superstar im ganzen Westen. Seine Auftritte waren lange im Voraus ausverkauft.

Selbst wenn er die Titelseite der Gazette zu sehen bekam, wenn er den Aufsatz eines kleinen Jungen las, der ihn verehrte, würde er nicht unbedingt dessen Nachnamen mit dem des Mädchens in Verbindung bringen, mit dem er vor acht Jahren drei Tage lang zusammen gewesen war.

Das Mädchen, das er schwanger zurückgelassen hatte, ohne davon zu wissen.

Der Name Dawson war häufig in Bear Ridge. Logan Winston würde gewiss keine Rückschlüsse ziehen.

Als sie sich ihrem Häuschen inmitten einer Baumgruppe gegenüber dem Streichelzoo näherten, sah Annabel ihre Mutter auf dem Schaukelstuhl auf der Veranda sitzen. Dinah Dawson wandte ihr Gesicht der Sonne zu, ihr silberblonder Bob glänzte.

Ihre Mutter machte manchmal einen Überraschungsbesuch. Ein Gespräch mit ihr war genau das, was Annabel jetzt brauchte.

„Grammy, du wirst es nie erraten!“, rief Cody, als er sie sah, und rannte die Stufen hinauf.

„Was?“ Dinah stand auf, umarmte ihren Enkel und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. Neben dem Schaukelstuhl stand eine weiße Tüte mit dem Logo der Bear-Ridge-Bäckerei darauf.

„Die Zeitung druckt meinen Aufsatz über meinen Helden!“, verkündete Cody.

„Wow!“, sagte Dinah. „Wie aufregend! Lass mich raten, wer dein Held ist. Logan Winston, stimmt’s?“

Cody nickte mit Nachdruck. „Er ist der größte Bullenreiter aller Zeiten, Grammy!“

Seine Großmutter grinste und fuhr ihm mit der Hand durchs Haar. „Und du bist der größte Enkel aller Zeiten.“

Cody kicherte und rannte ins Haus, Dinah und Annabel folgten ihm. Cody lief schon zum Laptop auf dem Schreibtisch im Wohnzimmer. „Mommy, darf ich mir das Video mit Logans Siegen anschauen?“

„Sicher“, rief sie. Er hatte es zigmal gesehen, seit sein Großvater es bei dem Rodeo aufgenommen hatte, das sie besucht hatten. Ihr Vater war sieben Monate danach gestorben. Jedes Mal, wenn Cody es anschaute, stieg die Erinnerung an ihren Vater in Annabel auf. Irgendwie war es ein bittersüßes Gefühl, wenn der Sprecher Logans Ritt ausführlich kommentierte, vom Gesichtsausdruck bis zur Hand am Seil.

Ihre Mutter folgte ihr in die Küche und ging schnurstracks zur Kaffeemaschine. Annabel nahm einen Käsestick und eine Clementine aus dem Kühlschrank und brachte beides Cody, der in sein Video vertieft war.

Oh Gott, dachte sie, und ihre Knie begannen plötzlich zu zittern. Sie ging rasch zurück in die Küche und ließ sich auf einen Stuhl fallen.

„Annabel? Ist alles in Ordnung?“ Ihre Mutter schaute sie an.

„Ich bin okay“, flüsterte sie. „Es ist nur … eine Erinnerung hochgekommen.“

Ihre Mutter sah sie mit großen Augen an. „Komm, wir trinken jetzt Kaffee und essen etwas, und dann erzählst du mir alles.“

„Okay!“ Annabel nickte unsicher und suchte den Aufsatz aus Codys Schulrucksack heraus. Sie zeigte auf die Notiz der Lehrerin.

Ihre Mutter las sie, dann schaute sie Annabel an. „Aber das ist ja toll! Also was ist los?“

Sekundenlang schloss Annabel die Augen. Ihr Mund fühlte sich trocken an. Rasch nahm sie einen Schluck Kaffee, dann atmete sie tief.

Den Tag, an dem ihr klargeworden war, dass sie schwanger war, würde sie nie vergessen. Ihr war aufgefallen, dass ihre Periode lange ausblieb. Deshalb hatte sie sich einen Schwangerschaftstest besorgt und die Anweisungen für den Test genau befolgt. Und eigentlich nicht erwartet, dass der Streifen sich verfärben würde.

Doch sie hatte sich getäuscht.

Der Schock saß tief. Sie hatte sich in ihr Zimmer zurückgezogen, verstört, weinend, völlig am Boden. Und als ihre Mutter nach ihr rief, war sie mit der Neuigkeit herausgeplatzt.

Dinah hatte ihre Tochter in den Arm genommen, sie beruhigt, dann gefragt, wer der Vater war. Unter Tränen hatte Annabel ihr gesagt, dass es jemand war, mit dem sie eine kurze Beziehung gehabt hatte, der aber die Stadt verlassen hatte. Sie nannte nicht den Namen.

Du rufst ihn sofort an, hatte Dinah verlangt. Er muss wissen, dass du ihm etwas Wichtiges zu sagen hast.

Annabel hatte zum Telefon gegriffen. Die Nummer eingegeben. Dann war sie in Panik geraten und hatte die Wahl rasch unterbrochen.

Sie hatte ihrer Mutter erzählt, dass er gesagt hatte, er wolle nie Kinder haben. Keine Verpflichtungen, keine Bindungen, keine Enttäuschung für Menschen, die sich auf ihn verlassen würden.

Dinah hatte die Augenbrauen hochgezogen. Der Kerl ist der Vater deines Kindes, ob er will oder nicht.

Annabel hatte den Schmerz in ihrer Brust außer Acht gelassen. Das brennende Gefühl in ihrer Kehle. Und angerufen.

Die gewählte Nummer ist nicht vergeben …

Sie hatte es noch einmal versucht. Und ein drittes Mal, falls sie sich in der Aufregung verwählt hatte.

Die gewählte Nummer ist nicht vergeben …

Sie war schockiert gewesen, verletzt. Sechs Wochen waren vergangen, seit er fort war. Offensichtlich hatte er alle Verbindungen nach Bear Ridge abgebrochen und seine Telefonnummer gewechselt.

Jetzt schaute Annabel wieder auf die Notiz der Lehrerin und nahm noch einen Schluck Kaffee. Sie wies auf den Aufsatz – gleich auf den ersten Satz. Mein Held ist Logan Winston … „Logan Winston ist Codys Vater“, flüsterte sie.

Ihre Mutter schnappte nach Luft, dann schlug sie die Hand vor den Mund. „Nein!“, sagte sie ungläubig.

Flüsternd erzählte Annabel von ihrer kurzen Affäre. In der Nacht, bevor er fortging, hatte er sie zum Picknick am Clover Mountain mitgenommen. Sie war wahnsinnig verliebt gewesen. Zu ihrer Überraschung war er danach mit ihr in ein Hotel in der Nachbarstadt gefahren. Damals hatte sie ihrer Mutter gegenüber geflunkert auf die Frage, wo sie die Nacht verbringen würde. Dann hatte er einen Anruf erhalten, der ihn aus der Fassung gebracht hatte. Er war auf den Balkon gegangen und hatte ein paar Minuten zum Himmel gestarrt. Danach hatte er sich entschuldigt und gesagt, er sei sehr glücklich, bei ihr zu sein. Sie sei alles, was zählte. Aber als sie sich über ihre Hoffnungen und Träume unterhalten hatten und sie erwähnt hatte, dass sie eines Tages eine große Familie haben wollte mit vier oder fünf Kindern, hatte er klipp und klar gesagt, dass er keine Kinder wollte. Am Morgen hatte er ihr eine Textnachricht geschrieben, dass es ihm leidtue, er habe sie wirklich gern. Aber er müsse Bear Ridge verlassen. Er hielte es hier nicht aus.

„Sechs Wochen später“, sagte Annabel, „habe ich einen Schwangerschaftstest gemacht, weil meine Regel ausgeblieben war. Den Rest kennst du ja.“

„Oh, Annabel!“ Ihre Mutter lehnte sich zu ihr hinüber und schloss sie in die Arme. „Als du wusstest, wie du mit Logan Kontakt aufnehmen könntest, da … hast du es einfach nicht geschafft?“, fragte sie.

Annabel nickte. „Ich habe daran gedacht, dass er gesagt hatte, er wolle keine Kinder. Soweit ich weiß, ist er nie mehr nach Bear Ridge zurückgekommen. Nicht einmal, als sein Vater letztes Jahr gestorben ist. Und er wurde immer mehr zur Berühmtheit, er schien einfach zu weit entfernt.“

„Er ist nicht mal zur Beerdigung seines Vaters nach Hause gekommen?“, fragte ihre Mutter. „Ich glaube, irgendwo habe ich gelesen, dass seine Mutter gestorben ist, als er zehn Jahre alt war.“

„Sein Vater war wohl ein Teil seiner Probleme in Bear Ridge.“

Dinah drückte Annabels Hand. „Es muss schwer für dich gewesen sein, als Cody anfing, ihn als Helden zu verehren.“

Annabel nickte. „Es war schrecklich. Ich war ganz oft nahe davor, es dir zu erzählen, Mom.“

Ihre Mutter trank ihren restlichen Kaffee aus. „Er ist der Vater. Er sollte über Cody Bescheid wissen. Und Cody über ihn. Die Sache mit dem Aufsatz und der Wyoming Gazette ist vielleicht ein Wink des Schicksals, dass es Zeit dafür ist.“

Annabel atmete schwer.

Es war wirklich Zeit.

2. KAPITEL

Logan Winston hatte einen richtig schlechten Tag. Er fläzte sich in den Beifahrersitz im Range Rover seiner Managerin und versuchte, das Ding an seinem Handgelenk nicht anzuschauen – eine schwarze Bandage, die ihm sein Orthopäde vorhin verpasst hatte. Savannah Walsh hatte ihm gesagt, er sollte dankbar sein, dass er keine schwerere Verletzung hatte.

Missmutig starrte er aus dem Fenster auf die Landschaft, die draußen vorbeiflog. Wyoming. Als sie sich Burger Delight näherten, seinem Lieblingslokal, bekam er Lust auf die Pommes frites mit der würzigen Soße.

„Halt hier an, Savannah“, sagte er und streckte das Kinn vor. „Ich brauche Pommes.“

Er spürte förmlich, wie ihn seine Managerin mit schmalen Augen ansah. „Logan, hast du überhaupt zugehört, was ich dir gesagt habe, seit wir Dr. Russos Praxis verlassen haben?“, stieß sie hervor.

Nein, hatte er nicht. Er hatte alles schon mehrmals gehört. Verstauchtes Gelenk. Eine Woche Ruhe. Nichts Schweres heben.

Und das alles, weil er gestern beim Training beinahe abgeworfen worden wäre. Beim Abfangen hatte er sein Handgelenk verletzt.

„Was du brauchst“, fuhr Savannah fort, „ist ein proteinreicher Smoothie, damit sich Muskeln und Gewebe erholen.“

Bei diesem Gedanken zog er eine Grimasse. „Ich nehme die Pommes. Und nein, ich habe nicht zugehört. Ich versuche die Verletzung während der Heimfahrt zu vergessen.“

Seufzend bog Savannah bei Burger Delight ein. Während sie warteten, bis die vier Autos vor ihnen an der Reihe waren, wandte sie sich an Logan. „Schau mich mal zwei Sekunden lang an. Bitte.“

Er richtete sich auf und wandte sich zu ihr um. Savannah verdiente Respekt. Seit sieben Jahren war sie seine Managerin, sie war jeden Cent der beachtlichen Summe wert, die er ihr zahlte. Groß und schlank, kinnlanges rotes Haar und wache Augen hinter der runden Brille. Savannah war fünf Jahre älter als er, aber sie war ihm in jeder Hinsicht haushoch überlegen.

„Du hast Glück, dass die Meisterschaft in Cheyenne erst drei Tage nach deiner Ruhepause stattfindet, Logan. Das einzige Pech ist, dass du nicht trainieren kannst.“

Die Sache ärgerte ihn gewaltig. Logan hatte nie einen Tag lang sein Training ausgelassen, seit er den ersten Wettbewerb gewonnen hatte.

Savannah schob ihre Brille hoch. „Das Rodeo in Cheyenne ist ein großes Ding, und du willst die Viertelmillion gewinnen. Aber noch wichtiger ist es, dass du deine Stellung als Champion verteidigst. Du musst dein Handgelenk schonen. Wenn es wieder in Ordnung ist, kannst du trainieren. Leichtes Training zwei Tage vor dem Rodeo.“

„Ich ruhe mich aus“, versicherte er. Er würde sich daran halten. Bullenreiten war sein Leben.

„Und ich weiß den richtigen Ort dafür.“ Sie nahm eine Zeitung aus ihrer Handtasche und legte sie auf die Konsole zwischen ihnen. Die Wyoming Gazette. Er schaute darauf. Auf der ersten Seite war ein Bericht über seine Verletzung – und daneben das Foto eines Jungen mit Zahnlücke, der eines seiner Werbe-Shirts trug, ein Blatt Papier hochhielt und strahlend lächelte. Logan sah sich das Blatt Papier näher an. Es trug die Überschrift „Mein Held“.

Er ließ sich wieder zurücksinken und schaute aus dem Fenster.

Der Wagen vor ihnen rückte auf, Savannah kam ebenfalls etwas voran. „Der süße Kleine auf dem Foto hält den Aufsatz hoch, den er als Hausaufgabe über seinen Helden geschrieben hat. Er ist aus Bear Ridge, unserer Heimatstadt.“

Beinahe acht Jahre waren vergangen, seit er Bear Ridge verlassen hatte, doch der Name der Kleinstadt jagte ihm immer noch einen Schauer über den Rücken.

„Im Artikel in der heutigen Gazette geht es um deine Verletzung und darum, dass du deinen Titel vielleicht nicht verteidigen kannst. Wir brauchen eine gute Geschichte zu deiner Genesung. Und dieses Kind liefert sie uns.“ Sie wies auf den Jungen auf dem Foto.

Noch ein Auto war vor ihnen am Bestellschalter. Savannah ließ den SUV wieder etwas vorrollen. „Du erholst dich in Bear Ridge. Auf der Gäste-Ranch, wo dein absoluter Fan, der kleine Cody Dawson, lebt. Die Dawson Family Gäste-Ranch –“

Logan richtete sich auf und griff nach der Zeitung. Cody Dawson?

War er vielleicht verwandt mit Annabel Dawson? Ein Neffe? Nein, Annabel war ein Einzelkind. Es gab viele Dawsons in Bear Ridge.

Oder vielleicht hatte sie geheiratet und ein Kind bekommen.

Bei diesem Gedanken spürte er ein seltsames Ziehen in der Brust. Obwohl er Annabel fast acht Jahre lang nicht gesehen hatte. Und ihre Beziehung hatte nur drei Tage gedauert.

Logan schaute das Foto des Jungen an und las die Bildunterschrift: Der siebenjährige Cody Dawson, Logan Winstons selbst ernannter Nummer-eins-Fan! Der Junge hielt den Aufsatz hoch, ein goldener Stern klebte oben. Cody hatte hellbraunes Haar und braune Augen. Er sah Annabel ähnlich, allerdings war sie hellblond, ihre Augen hatten die Farbe von Treibholz.

Logan las den kurzen Aufsatz, der in einem Kästchen am Rand abgedruckt war.

Mein Held

Von Cody Dawson, sieben Jahre, Bear Ridge, Wyoming.

Mein Held ist Logan Winston. Er ist ein Bullenreiter. Der größte Bullenreiter aller Zeiten.

Logan Winston ist mein Held, weil er mit den Bullen gut umgeht. Er spricht immer mit ihnen, während er sie acht Sekunden lang festhält. Wenn ich meinen Helden treffen könnte, würde ich ihn fragen, was er sagt.

Das war nett! Logan schaute auf die Zeile mit dem Namen und der Altersangabe. Sieben. Wenn Annabel Dawson Codys Mutter war, musste sie sofort nach seiner Abreise geheiratet haben. Mehr als ein halbes Jahr lang hatte er sich damals vorgestellt, dass sie abends in die Sterne schaute – und an ihn dachte. Ihm dabei alles Gute wünschte, obwohl er ihre kurze, glückliche Beziehung so abrupt beendet hatte. Offensichtlich war es nicht so gewesen. Sie war wohl schnell darüber hinweggekommen, was er ihr nicht vorwerfen konnte. Er hatte schließlich alle Verbindungen nach Bear Ridge abgebrochen.

Mit seinem Dad hatte er einen heftigen Streit gehabt, bevor er Annabel an einem kalten Tag im März getroffen hatte. Sie stand an einer abgelegenen Straße am Rand neben ihrem alten Auto, aus dem Dampf aufstieg. Logan hatte sie schon in der High School gesehen, doch sie war einige Jahre jünger. Damals war er einundzwanzig gewesen, sie gerade achtzehn. An jenem Tag trug sie einen weiten Overall und einen bauschigen silberfarbigen Mantel. Ein langer blonder Pferdeschwanz schlängelte sich aus ihrer Kappe. Er hatte mit ihr gewartet, bis der Abschleppwagen kam, und ihr angeboten, sie nach Hause zu bringen. Dafür hatte sie sich bei ihm mit einer Einladung zu einer Pizza in ihrem Lieblingslokal bedankt. Danach waren sie durch den Park geschlendert, hatten sich über alles Mögliche unterhalten und verstohlene Blicke getauscht. Sie waren in seiner kleinen Blockhütte auf der Ranch gelandet, wo er arbeitete. Drei Tage hatten sie miteinander verbracht, und er hatte beinahe alles vergessen, was ihm Sorgen bereitete. Beinahe.

Wäre Annabel nicht gewesen, hätte ihn absolut nichts in Bear Ridge gehalten. Doch er hatte sich wirklich in sie verliebt. Mit ihren achtzehn Jahren war sie schon selbstsicher gewesen und wusste, was sie wollte. An jenen drei Tagen – ihn. Aber er hatte sich geschworen, dass es sein letzter großer Streit mit seinem Vater gewesen sein sollte. Am nächsten Morgen hatte er die Stadt verlassen und Annabel nur eine kurze Textnachricht geschickt, in der er sich entschuldigte und versicherte, dass er sie sehr gern hätte, aber trotzdem gehen müsse. Er hatte alle Verbindungen in seine Heimatstadt abgebrochen – und seinen Handyanbieter gewechselt. Eine neue Nummer, ein neuer Job auf einer anderen Ranch mit Kost und Logis. Unerreichbar – das wollte er sein.

Dafür hatte er die vielversprechende neue Beziehung beenden müssen. Annabel war etwas Besonderes gewesen.

Savannah unterbrach seine Gedanken. „Kennst du den Kleinen?“

Logan wurde bewusst, dass er die Zeitung hielt und auf das Foto des kleinen Cody Dawson starrte. Er legte sie zurück auf die Konsole.

„Ich kenne jemanden mit diesem Nachnamen“, sagte er. „Aber der Name ist häufig in Bear Ridge. Vielleicht ein Verwandter …“ Er schwieg, weil ihm plötzlich die zeitlichen Zusammenhänge auffielen.

Er und Annabel waren vor beinahe acht Jahren zusammen gewesen.

Sie und sein Nummer-eins-Fan hatten denselben Nachnamen.

Und der Junge war sieben.

Aber sie hatten sich geschützt während der drei Tage. Sie hatten eine ganze Schachtel Kondome verbraucht und in der Drogerie neue geholt. Der siebenjährige Cody Dawson konnte nicht sein Sohn sein.

Allerdings konnten Kondome undicht sein. Aber wenn Annabel von ihm schwanger gewesen wäre, hätte sie wohl vor langer Zeit Kontakt zu ihm aufgenommen. Nachdem er bekannt geworden war, hätte sie ihn leicht finden können.

Cody Dawson konnte nicht sein Sohn sein. Es war einfach undenkbar. Er war nicht fürs Familienleben geschaffen.

„Also das ist der Plan“, erklärte Savannah. „Wir nehmen auf der Gäste-Ranch ein paar Fotos von dir mit dem Jungen auf. Wir interviewen ihn, bekommen ein paar großartige Soundclips und posten in den sozialen Medien, dass du während der Erholungsphase für dein verstauchtes Handgelenk einen jungen Fan in deiner Heimatstadt überraschst, der seinen Helden fragen möchte, was er den Bullen sagt.“ Sie grinste. „So was verschlingen die Leute, Logan. Sie werden dir die Daumen drücken für deine Genesung und den Sieg in Cheyenne.“

Er hatte sich so auf den Nachnamen des Fans konzentriert, dass er gar nicht an den Aufenthalt in Bear Ridge gedacht hatte. „Können wir das alles nicht hier in Blue Smoke bei der Trainingsarena abwickeln?“, fragte er. „Wir mieten ein Auto, das ihn und seine Eltern hierherbringt. Ich setze keinen Fuß mehr in diese Stadt.“

„Logan, du musst in Bear Ridge sein, die Gründe habe ich dir genannt. Aber da gibt es noch einen Grund.“

Er horchte auf. „Was soll das sein?“

„Deine Vergangenheit“, sagte sie. Ihr Blick drückte Mitleid aus. „Ich weiß, dass dein Vater vor einem Jahr gestorben ist – nächste Woche ist sein Todestag. Du warst nicht bei der Beerdigung. Ich weiß, dass du alles aus der Ferne geregelt hast. Ich weiß auch, dass du nicht mehr derselbe bist, seit er tot ist. Du bist … abwesend. Du gewinnst immer noch, ja. Aber eine Woche vor seinem Todestag verstauchst du dir das Handgelenk, weil du beim Training beinahe herunterfällst?“ Sie schüttelte den Kopf. „Was du in Bear Ridge in Ordnung bringen musst, beherrscht dein Denken. Und das ist sehr gefährlich. Nicht nur in einer Hinsicht.“

Er lehnte den Kopf zurück und schwieg. Wahrscheinlich hatte Savannah recht. Aber nach Bear Ridge fahren? Wieder lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken.

Da ließ sich nichts mehr in Ordnung bringen in Bear Ridge. Sein Vater war tot. Alles, was ihm dort geblieben war, war das heruntergekommene alte Haus, in dem er aufgewachsen war. Mit achtzehn Jahren hatte er die erste Gelegenheit genutzt, um einige Meilen entfernt einen Job als Cowboy anzunehmen.

„Ich habe für dich schon das letzte VIP-Ferienhaus auf der Ranch der Dawsons für eine Woche gemietet“, sagte Savannah schnell. „Es sieht einfach toll aus auf den Fotos. Du hast dort einen Hauswirtschafter, der dich mit allem bestens versorgt.“

Er seufzte leise. Doch vor allem beschäftigte ihn die Frage, ob Annabel mit den Besitzern der Gäste-Ranch verwandt war. Als er die Stadt verlassen hatte, war der Ranch-Betrieb schon aufgegeben und die Gebäude vernachlässigt gewesen. Aber jemand hatte offensichtlich alles wieder auf Vordermann gebracht. Vielleicht sogar Annabel.

Er freute sich darauf, sie wiederzusehen. Sie war der einzige Lichtblick in seinem alten Leben gewesen. Irgendwie hatten ihm diese traumhaften drei Tage mit ihr das nötige Selbstvertrauen gegeben, seinen eigenen Traum zu verfolgen.

Sie hatte eine Entschuldigung verdient, nachdem er sie nach einer kurzen, intensiven Beziehung verlassen hatte – und ein Dankeschön, weil sie sein Leben verändert hatte. Sie nur wiederzusehen, ihre Stimme zu hören – das würde ihm sein inneres Gleichgewicht wiedergeben.

Ja, er schuldete ihr einiges. Und wenn der Junge ihr Kind war, sollte er seinen Helden treffen und so viele T-Shirts und Logan Winston-Brotdosen bekommen, wie er wollte.

Aber vor allem musste er sichergehen, dass Cody Dawson nicht sein Kind war. Er wollte Gewissheit.

„Okay“, sagte er. „Ich bin dabei.“

Savannah sah ihn erstaunt an. „Gut, dass du vernünftig bist. Morgen Nachmittag um eins hole ich dich ab. Check-in ist um vier.“

Nun waren sie an der Reihe und gaben ihre Bestellung bei Burger Delight auf. Eine Viertelstunde später erreichten sie den Gebäudekomplex, in dem er eine Eigentumswohnung hatte. Er fühlte sich wohl in Blue Smoke. Hier gab es eine großartige Trainingsanlage und jede Woche ein Rodeo. Ringsherum eine herrliche Landschaft, in der mit seinem Pferd ausreiten konnte, ohne jemandem zu begegnen. Die Stadt erinnerte ihn kein bisschen an Bear Ridge, und gerade deshalb gefiel es ihm hier.

Als er seine Wohnung betrat und ins Schlafzimmer ging, um zu packen, musste er plötzlich an die letzte Nacht mit Annabel damals denken. Wie schön sie gewesen war, als sie nackt neben ihm gelegen hatte, den Kopf auf seiner Brust. Er hatte über ihr seidiges Haar gestrichen, in ihre ausdrucksvollen braunen Augen geschaut. Das war nun acht Jahre her, und er sehnte sich immer noch nach diesem Gefühl.

Mit der gesunden Hand legte er zwei Hemden in den Koffer. Er würde noch einen Smoking und einen Anzug mitnehmen, für alle Fälle. Bei Savannah wusste man nie, was einen erwartete.

Ja, er würde pflichtgemäß alles tun, was seine Managerin verlangte. Er würde sich bei Annabel entschuldigen, nicht an seine Vergangenheit denken, seinem Nummer-eins-Fan erzählen, was er den Bullen zuflüsterte. Er würde aufatmen, wenn er definitiv wusste, dass er kein Vater war, würde sich ausruhen und dann in Cheyenne siegen. Allein darauf kam es an.

3. KAPITEL

Am nächsten Tag wartete Annabel nachmittags zwanzig vor vier wieder auf den Bus. Sie hörte ihn schon näherkommen.

Heute würde sie Cody sagen, wer sein Vater war. Und mit Logan Winston Kontakt aufnehmen und ihm mitteilen, dass er einen Sohn hatte. Einen liebenswerten Siebenjährigen, der Logans selbst ernannter Nummer-eins-Fan war.

Heute Abend, nach dem Essen, würde sich das Leben dieses süßen kleinen Jungen, den sie mehr als alles liebte, völlig verändern. Er würde sich darüber freuen, wenn er erfuhr, wer sein Vater war. Aber er würde sicher Fragen haben.

Warum hast du es mir nicht gesagt? Wie konntest du nur?

Ebenso Logan Winston.

Tränen brannten in ihren Augen. Sie wusste keine rechte Antwort auf diese Fragen.

Nun konnte sie den Bus sehen. Annabel atmete tief ein, als der Bus hielt, die Tür sich öffnete und Cody heraussprang.

„Weißt du was, Mommy?“, rief er, genau wie gestern.

Und genau wie gestern lächelte sie ihren Sohn an, winkte dem Busfahrer, der zurückfuhr, und atmete die frische Frühlingsluft tief ein.

Cody rannte wieder zu der Bank, ließ seinen Rucksack darauf fallen, zog die Mappe heraus und reichte sie ihr.

Eine Kopie der Gazette lag oben. Eine Notiz von Ms. Gattano über Codys Foto. Breit lächelnd hielt er seinen Aufsatz hoch. Daneben waren die Zeilen abgedruckt. Und links ein Artikel über Logan Winston und seine Verletzung. Dazu ein Foto von Logan.

Den ganzen Tag hatte sie sich gefragt, ob er die Zeitung sehen würde. Ob ihm klarwürde, dass der siebenjährige Cody Dawson Annabel Dawsons Kind sein konnte. Ob er eins und eins zusammenzählen würde.

Jede Minute hatte sie damit gerechnet, einen Anruf von dem großen, dunkelhaarigen Bullenreiter mit den leuchtend blauen Augen zu bekommen.

Aber die Zeitung war am frühen Morgen erschienen. Jetzt war es zwanzig vor vier. Kein Anruf. Letzte Nacht hatte sie kaum geschlafen. Auf ihrem Laptop hatte sie Logans Homepage angeschaut. Darüber konnten seine Fans Kontakt zu ihm aufnehmen. Wahrscheinlich blieb ihr nur diese Möglichkeit.

Gerade als der Bus aus dem Sichtfeld verschwand, näherte sich ein glänzender roter Range Rover. Wahrscheinlich neue Gäste.

„Oh, Mommy, was für ein cooles Auto!“, rief Cody.

Der SUV hielt direkt vor dem offenen Tor. Seltsam. Warum fuhr er nicht weiter zur Rezeption?

Ein Mann stieg aus. Ein Mann, den sie sehr gut kannte, mit wuscheligem dunklem Haar und leuchtend blauen Augen.

Annabel erstarrte.

Logan Winston. Er stand nur ein paar Meter entfernt von ihr. Starrte sie an. Danach Cody.

Wusste er es? Hatte er seine Schlüsse gezogen? Warum sonst sollte er hier sein?

Er trug den Stetson, der sein Markenzeichen war, schwarz mit Silberband. Und eine ausgefallene Gürtelschnalle, einen Bullen in Bronze.

„Logan Winston!“, schrie Cody aus voller Kehle und brach in Tränen aus, hüpfte auf und ab und war völlig aus dem Häuschen.

Annabel war immer noch sprachlos.

Er war es wirklich. Er war hier.

Logan richtete den Blick auf Annabel, dann wieder auf Cody. „Ja, ich bin es“, sagte er lächelnd. „Ich komme dich besuchen, Cody.“ Er schaute den Jungen an – intensiv, dachte sie. „Ich kenne dich von dem Foto heute in der Zeitung.“

Annabel trat nach vorn und deckte Cody etwas mit ihrem Körper ab.

Logan zog eine Braue hoch. „Schön, dich zu sehen, Annabel.“

Cody schnappte nach Luft und kam hinter ihr hervor. „Mommy, kennst du Logan Winston?“

Sie schluckte, sie hatte einen Kloß in der Kehle. „Ich habe ihn kennengelernt, nur kurz, als er noch in Bear Ridge gewohnt hat“, sagte sie schnell.

Cody rannte zu Logan. „Du hast gesagt, du willst mich besuchen? Weil du meinen Aufsatz in der Zeitung gesehen hast?“

Logan kniete sich vor Cody hin. „Genau. Ich habe deinen Aufsatz gelesen, und er hat mir gefallen. Deshalb besuche ich dich und beantworte deine große Frage.“

Codys Augen weiteten sich. „Was du den Bullen sagst?“

„Ja.“

Cody schnappte wieder nach Luft. „Wahnsinn! Ich kann es nicht glauben, dass du hier bist! Mommy, Logan Winston ist hier!“

„Ja“, war alles, was Annabel herausbrachte. Es klang erstickt.

War er nach Bear Ridge gekommen, weil ein kleiner Fan einen Aufsatz über den berühmten Bullenreiter geschrieben hatte? In die Stadt, die er acht Jahre lang gemieden hatte?

Er will Gewissheit haben, dachte sie. Deshalb ist er hier.

Er sah immer noch so verdammt gut aus mit seinen strahlend blauen Augen und dem durchtrainierten Körper. Er trug dunkle Jeans, ein olivfarbenes Henley-Shirt und braune Cowboystiefel. Sein uriger Charme – er erschien ihr vertraut und gleichzeitig fremd.

Wieder schaute er Cody prüfend an. Suchte er nach einer Ähnlichkeit? Cody sah eher Annabel ähnlich mit seinem hellbraunen Haar, der hellen Haut und den feinen Zügen. Und er hatte die haselnussbraunen Augen seinen Großvaters Dawson. Trotzdem erinnerte etwas in seinem Ausdruck an Logan Winston, auch die Form der Augen.

Eine große rothaarige Frau streckte den Kopf aus dem Fenster auf der Fahrerseite. „Logan? Ich weiß nicht, wieso du unbedingt hier halten wolltest und aus dem Auto gesprungen bist. Soll ich hier parken oder was?“

Weil er mich erkannt hat, dachte Annabel. Und weil Codys Foto heute auf der Titelseite der Gazette war, war ihm dann klar, dass ich Codys Mutter bin.

Und dass er sein Vater sein könnte.

Logan winkte Savannah zum Einparken. Sie hielt, stieg aus und kam mit einem warmen Lächeln auf Annabel und Cody zu. Sie trug einen Hosenanzug und blassrosa Cowboystiefel – ein ungewöhnlicher Aufzug für einen Besuch auf einer Ranch. Auf ihren Wink hin stieg ein Mann mit einem Fotoapparat aus dem Fond mit den abgedunkelten Scheiben.

„Hi, kleiner Mann“, sagte die Frau zu Cody und streckte die Hand aus. Cody ergriff sie und schüttelte sie. „Jetzt aus der Nähe erkenne ich dich! Du bist Cody Dawson – Logan Winstons Nummer-eins-Fan. Ich kenne dich von dem Foto in der heutigen Wyoming Gazette.“

„Stimmt“, sagte Cody und strahlte sie an.

„Ich bin Savannah Walsh, Logans Managerin“, fuhr sie fort. „Als ich deinen Aufsatz gelesen habe, hatte ich eine Idee. Logan hat sich das Handgelenk verstaucht. Er muss eine Woche Ruhepause einlegen vor dem großen Wettkampf in Cheyenne, und die wird er hier verbringen. Auf der Gäste-Ranch, wo sein kleiner Nummer-eins-Fan lebt. So könnt ihr beide einander kennenlernen.“

Codys Augen wurden groß. „Hier? Das ist ja cool! Aber es tut mir leid, dass dein Handgelenk verletzt ist.“

Logan grinste. „Nett, wie du das ausdrückst. Als wäre ich nicht schuld daran.“

Savannah wandte sich an Annabel. „Madam, sind Sie Codys Mutter?“

Annabel holte tief Luft. „Ja. Annabel Dawson. Ich arbeite hier auf der Ranch, ich bin Guide für Touren durch die Wälder und auf den Clover Mountain. Meinen Cousins gehört die Ranch.“

Sie konnte sich nicht überwinden, Logan anzusehen. Seinem fragenden Blick zu begegnen. Aber sie fühlte, dass er sie fixierte.

„Es ist schön hier.“ Savannah sah sich um und nickte. „Wenn Sie es erlauben, machen wir ein Interview mit Cody und ein paar Fotos von ihm und Logan. Wir stellen sie auf Logans Homepage und in die sozialen Medien. Das wird seinen Fans gefallen. Logan, der Zeit mit dem Jungen verbringt, der einen Schulaufsatz über seinen Helden geschrieben hat.“

Savannah hatte sich also die Sache als PR einfallen lassen, erkannte Annabel. Logan hatte dabei an andere Möglichkeiten gedacht. Plötzlich ergab alles einen Sinn.

„Was halten Sie davon, Ms. Dawson?“ Sie müssen Ja sagen, schien Savannahs Blick zu suggerieren.

Annabel atmete tief ein und wandte sich an ihren Sohn. „Was hältst du davon, Cody? Würde dir das gefallen?“

„Ja!“ Cody hüpfte wieder auf und ab.

Der Fotograf dirigierte Cody und Logan hinüber zum Tor und nahm die beiden vor dem Logo der Dawson Family Gäste-Ranch auf. Wenn Logan Anspannung verspürte, ließ er sich das nicht anmerken.

Annabel schluckte wieder. Logan und Cody. Seite an Seite. Logan legte den Arm um die schmalen Schultern ihres gemeinsamen Sohnes. Logan und Cody, wie sie einander anschauten und lächelten.

„Warten Sie mal ab, wenn dieses Foto erscheint!“, sagte Savannah. „Die Ranch wird die nächsten fünf Jahre ausgebucht sein.“

Das bezweifelte Annabel nicht. Logan Winston war sehr beliebt, ein großer Star beim Western Rodeo.

„Ich habe auf der Homepage der Ranch gesehen, dass es hier einen Streichelzoo gibt“, sagte Savannah. „Dort sollten wir ein paar nette Fotos machen. Die Leute sind hungrig nach so was.“

„Wieso haben sie Hunger auf Fotos?“, fragte Cody stirnrunzelnd.

„Das ist nur so eine Redensart“, erklärte Annabel. Logan schmunzelte, dann wirkte er wieder ernst. Seine Gedanken arbeiteten.

Annabel empfand plötzlich Traurigkeit. Er ist unser Kind. Und keiner von euch weiß das.

Sie wollte für Klarheit sorgen. Wenn Logan sich in seinem Ferienhaus eingerichtet hatte, würde sie bei ihm klopfen und mit ihm sprechen.

„Wie viele Gäste haben Sie im Moment?“, fragte Savannah. „Nur damit unser Fotograf schon mal die Kamera bereithält, wenn die Leute angerannt kommen, um Logan zu sehen.“

„Die meisten Gäste sind momentan auf einem Ausritt“, sagte Annabel. „Und beim Streichelzoo ist erst in einer halben Stunde wieder etwas los, wenn die ersten Kinder nach der Schule hierherkommen. Momentan dürfte es ziemlich ruhig sein.“

„Macht nichts. Wir brauchen nur unseren Nummer-eins-Fan, und der ist ja hier.“ Sie grinste Cody an.

Obwohl Logans Managerin mit allen Wassern gewaschen zu sein schien, mochte Annabel sie irgendwie. Sie war wohl ziemlich geradeheraus.

Logan zog eine Pilotenbrille auf, und sie gingen den Pfad hinauf, vorbei am Häuschen des alten Vorarbeiters und an dem großen weißen Haupthaus auf dem Hügel. Dort wohnte Annabels Cousine Daisy, die Gästebetreuerin, mit ihrem Mann und den Kindern. Annabel kannte jeden Zentimeter der Ranch. Das Land, das sich erstreckte, soweit das Auge reichte, die riesigen alten Bäume, die Ställe und Scheunen. Die Viehherden, die auf den Weiden grasten, den Streichelzoo, die Cowboys. Annabel zeigte den Besuchern, wo der Pfad zu den Gästehäusern am Fluss entlangführte, wo die Cafeteria und die Rezeption waren.

Die VIP-Ferienhäuser waren etwa eine Viertelmeile entfernt von ihrem Häuschen. Sie waren von Bäumen umrandet, sodass sie von den Wanderwegen aus nicht zu sehen waren. So ein Haus würde Logan bewohnen. Die Dawson Family Gäste-Ranch bot gute Erholungsmöglichkeiten, und da es nur sechs normale Ferienhäuschen und drei VIP-Luxushäuser gab, blieb den Gästen so viel Privatsphäre, wie sie wollten.

„Also dein Cousin hat die Ranch wieder hergerichtet?“, fragte Logan. „Früher war sie ja ziemlich heruntergekommen. Ich bin damals hier herumgeschlichen, genau wie andere Teenager, denen es langweilig war.“

Annabel nickte. „Die Ranch gehört sechs Dawson-Geschwistern. Sie haben die Ranch ihrer Großeltern komplett renoviert. Inzwischen sind alle sechs verheiratet und haben Kinder.“

„Ich bin ein Dawson“, sagte Cody stolz, dann rannte er hinter einem weißen Schmetterling her.

Logan trat neben Annabel. „Du hast also deinen Mädchennamen behalten?“, flüsterte er. „Und Cody heißt genauso.“

Aha. Er wollte wissen, ob sie verheiratet war. Nach Logan hatte es für sie lange, sehr lange niemanden gegeben. Und dann nur ein paar kurze Beziehungen. „Ich bin nicht verheiratet. Es gibt nur mich und Cody“, antwortete sie leise. Aber sie sah ihn einen Moment lang an. Mit vielsagendem Blick.

Er starrte sie an, beinahe schockiert, doch dann fing er sich. „Können wir nach den Fotos und dem Interview reden?“

Sie nickte.

„Worum geht es bei eurem Geflüster?“, fragte Savannah und sah sie prüfend an. „Tauscht ihr Erinnerungen aus?“

„Wir haben … uns früher ein paarmal getroffen“, sagte Logan und schaute Annabel an.

„Was?“ Cody gab die Verfolgung des Schmetterlings auf. „Wart ihr Freund und Freundin?“

„So würde ich es nicht nennen“, sagte Annabel. „Wir haben etwas Zeit miteinander verbracht – ein paar Tage. Bevor du geboren wurdest. Logan hat dann die Stadt verlassen, um Bullenreiter zu werden, und ich habe ihn nie wiedergesehen.“

„Bis jetzt“, sagte Logan mit brennendem Blick.

„Bis jetzt“, flüsterte sie.

Ein Mäh war zu hören. Die Tiere im Streichelzoo forderten Aufmerksamkeit.

Savannah lief voraus. „Ein perfekter Ort für Aufnahmen!“, rief sie und winkte sie hinüber zum Streichelzoo. „Wir machen ein Foto direkt vor dem Zaun mit den süßen Ziegen.“

„Die weiße ist meine Lieblingsziege“, sagte Cody. „Sie heißt Oinky.“

„Eigentlich ein passender Name für ein kleines Ferkel“, meinte der Fotograf grinsend.

„Die Dawson-Kinder dürfen den Tieren im Streichelzoo Namen geben“, fügte Cody hinzu. „Ich habe zwei Küken getauft – Bucky für buckelnde Stiere und Chappy für die Cowboyhosen, die Bullenreiter tragen.“

„Chappy, das Küken.“ Logan grinste. „Das gefällt mir.“

Und dann gab Savannah Anweisungen für die Aufnahmen. Cody stand auf einer Bank vor dem Zaun und legte den Arm auf Logans Schulter.

„Verdammt, ich hätte gern ein Foto, wie Cody bei Logan auf den Schultern sitzt“, sagte Savannah. „Aber ich kann nicht riskieren, dass sein Handgelenk wegen einer Aufnahme schlimmer wird.“

Annabel hätte schwören können, dass Logan kurz schluckte. Und das wohl nicht wegen seines Handgelenks.

Sondern bei dem Gedanken, dass er seinen Sohn auf die Schultern nahm.

„Okay, wir haben unsere Aufnahmen im Kasten“, sagte Savannah. „Jetzt würde ich dir gern ein paar Fragen stellen, Cody. Sie werden mit den Fotos abgedruckt.“

„Cool!“, fand Cody. „Frag mich was.“

„Wie findest du Logan Winston, nachdem du ihn nun getroffen hast?“, begann Savannah.

Cody lächelte Logan an, dann blickte er zu Savannah. „Ich denke, ich bin der glücklichste Junge auf der Welt. Er ist hier. Logan Winston ist einfach der Beste!“

„Wenn mir das nur nicht zu Kopf steigt“, sagte Logan, und Annabel merkte, dass er wieder schluckte.

„Dir steigt keiner auf den Kopf“, sagte Cody überzeugt.

Logan lachte wieder. „Das ist nur so eine Redensart. Wenn man ein tolles Kompliment bekommt.“

„Cody, noch eine Frage“, sagte Savannah. „Was möchtest du werden, wenn du groß bist?“

„Ich möchte Bullenreiter werden. So wie Logan Winston!“, bekräftigte Cody.

Savannah hielt die Hand hoch, und Cody klatschte sie ab. „Kinder sind doch die Besten“, sagte sie. „Wir sind dann hier fertig. Logan, ich lasse dein Gepäck bei der Rezeption. Und hör auf Dr. Russo, mit der rechten Hand darfst du höchstens ein Tempo halten. Und ganz gewiss keine Pferdezügel. Verstanden?“

„Verstanden“, sagte Logan.

Savannah nickte heftig. „Ich wünschte, ich könnte in der Stadt bleiben, aber ich habe eine Menge Meetings. Ich schau wieder vorbei, Logan.“ Sie wandte sich an Cody und Annabel. „Hat mich riesig gefreut, Sie kennenzulernen. Gib gut auf Logan Acht“, sagte sie zu Cody.

„Mach ich“, versprach er stolz.

Danach gingen Savannah und der Fotograf zum Auto.

Logan sah Annabel an. Cody schaute ganz verzückt auf Logan.

Jetzt wurde es ernst.

4. KAPITEL

Logan wollte Annabel geradeheraus fragen, ob Cody sein Kind war. Aber das war unmöglich, solange der Junge neben ihm stand und ihm die Namen der Tiere im Streichelzoo aufzählte.

Je länger er darüber nachdachte, desto mehr war er überzeugt, dass es so sein musste. Allein vom Zeitablauf her. Einen Moment fragte er sich, weshalb sie ihm nichts gesagt hatte. Als er bekannt wurde, hätte sie ihn leicht finden können.

„Annabel, Cody“, rief eine Frauenstimme. Alle wandten sich zur Tür des Streichelzoos um, wo eine blonde Frau in einem Poloshirt der Gäste-Ranch herauskam. An jeder Hand hielt sie ein kleines Kind.

„Coey!“, sagte das kleine Mädchen. Sie war etwa eineinhalb Jahre alt.

„Cody!“, verbesserte der Junge, der vielleicht drei Jahre alt war, wie Logan schätzte.

Logan zog den Hut tiefer ins Gesicht. Im Augenblick war ihm nicht danach, jemandem vorgestellt zu werden.

„Rate mal, wer ein Junges bekommen hat. Möchtest du es sehen, Cody? Es heißt Sparkles, und es ist so süß.“

Cody wollte schon loslaufen, doch dann schaute er zu Logan auf. Er biss sich auf die Lippen.

„Hey, Cody“, sagte Annabel. „Warum gehst du nicht mit Daisy und den Kindern und schaust dir den kleinen Sparkles an? In einer Stunde hole ich dich ab, und dann kannst du noch etwas Zeit mit Logan verbringen.“ Sie wandte sich an Logan. „Ist das okay für dich?“

„Großartig. Wir sehen uns nachher, Cody.“

„Ja!“ Stürmisch umarmte er Logans Beine.

Logan beugte sich zu ihm hinunter, und während er den Jungen ebenfalls umarmte, geriet sein Herz aus dem Takt.

Die blonde Frau schaute ihn an, danach Annabel. „Bis in einer Stunde dann“, sagte sie lächelnd und nickte, als hätte sie verstanden, dass er und Annabel etwas zu besprechen hatten.

Die beiden standen noch bei den Ziegen, während Daisy mit den Kindern zu dem Haus auf dem Hügel ging. Die beiden Jungen rannten im Zickzack, Daisy und das kleine Mädchen folgten ihnen langsamer. Logan wandte sich an Annabel.

„Ist Cody mein Kind?“ Er hielt den Atem an.

Logan hatte ernst gemeint, was er damals gesagt hatte. Er wollte niemals Kinder. Für ihn bedeutete Familie Ärger, Schmerz und Verlust. Die Menschen, die man um keinen Preis verlieren wollte, verließen einen. Die anderen, die man weit fort wünschte, blieben. Wie sein Vater. Bis sie starben und man nicht verstand, weshalb einen das aus der Bahn warf.

Annabel holte tief Luft. „Mein Haus ist gleich dort.“ Sie wies über die Straße. „Da können wir reden.“

Er wollte brennend gern eine Antwort, aber er sagte sich, es wäre besser, die Minute zu warten, bis sie im Haus ungestört waren.

Im Flur erblickte er ein Bild, darunter den Text Selbstporträt, Cody Dawson, fünf Jahre. Cody hatte sich mit einem quadratischen Kopf gezeichnet, die Ohren an einer ungewöhnlichen Stelle.

War er sein Sohn?

„Gehen wir in die Küche“, sagte Annabel. „Ich brauche einen Kaffee. Und Mineralwasser.“

„Mineralwasser wäre gut.“ Er folgte ihr in den kleinen Raum. An einem runden Tisch am Fenster nahm er Platz und beobachtete, wie sie den Krug mit dem Wasser aus dem Kühlschrank holte und mit zwei Gläsern auf den Tisch stellte. Sie sah ihn dabei kein einziges Mal an.

Ein seltsames Angstgefühl überkam ihn, ein Schauer lief ihm über den Rücken.

Annabel füllte Kaffee in den Filter und drückte den Startknopf. Dabei wandte sie Logan den Rücken zu.

„Während der Kaffee durchläuft, könntest du mir meine Frage beantworten“, sagte er. Er konnte seine Ungeduld kaum bezwingen.

Schließlich wandte sie sich ihm zu. „Ja, er ist dein Sohn.“

Seine Knie wurden weich.

„Als ich feststellte, dass ich schwanger war, bin ich zusammengebrochen und habe es meiner Mom erzählt. Nicht deinen Namen oder Einzelheiten, nur dass ich mich einmal ein paar Tage mit dem Vater des Babys getroffen hatte, ehe er plötzlich die Stadt verließ. Sie sagte, ich solle dich anrufen und es dir sagen. Also versuchte ich es. Deine Nummer war nicht mehr gültig.“

Einen Moment schloss er die Augen. „Ich wollte alle Verbindungen nach Bear Ridge kappen. Die schlechten und die guten. Du zähltest zu den guten.“

Sie wandte sich zur Kaffeemaschine um. „Ich habe noch ein paarmal versucht, dich zu googeln, ohne Erfolg. Dann habe ich mich damit abgefunden. Ich hatte immer noch deine Worte ihm Ohr, dass du keine Kinder wolltest. Nie!“

Seine Kehle war trocken, seine Nerven angespannt. Er trank einen großen Schluck Mineralwasser.

Annabel wandte sich ihm wieder zu. „Als ich dich dann auf der Titelseite des Wochenblatts sah, nachdem du etliche Wettbewerbe gewonnen hattest, war mehr als ein halbes Jahr seit deiner Abreise vergangen. Deine Träume wurden wahr. Sollte ich dich da anrufen und dir sagen, dass ich ein Kind von dir bekomme? Das du genauso wenig wolltest wie eine Rückkehr in die Stadt, die du gehasst hast?“

Scham durchflutete ihn. „Ich …“ Er wusste nicht, was er sagen sollte.

„Dann hast du einen Wettbewerb nach dem anderen gewonnen. Warst in den sozialen Medien auf Fotos mit schönen Frauen. Es schien, als wärst du Lichtjahre von mir entfernt.“

Und sie war erst achtzehn gewesen. „Tut mir leid, dass ich dich in diese Lage gebracht habe. Sehr leid. Ich verstehe, warum du mir nichts gesagt hast.“

Der Kaffee war durchgelaufen, aber sie griff nicht nach einer Tasse. „Es war trotzdem falsch“, sagte sie schließlich. „Cody gegenüber. Und dir gegenüber, auch wenn du kein Kind gewollt hast. Du hattest ein Recht, es zu wissen. Aber ich habe dir keine Wahl gelassen.“

„Weil du dir meinetwegen Gedanken gemacht hast“, sagte er langsam.

„Ja, deinetwegen“, bestätigte sie. „Es hätte deine Pläne durchkreuzt. Und je berühmter du wurdest, desto weiter entfernt schienst du mir. Als wären der Logan, den ich drei Tage lang kennengelernt hatte, und der Logan, der Wyomings Superstar und der Held aller Jungen war, nicht derselbe.“

„Oh, Annabel!“ Er fühlte sich denkbar schlecht. „Jetzt ist mir alles klar.“

Sie wirkte auf einmal etwas entspannter. „Die Geschichte mit der Gazette hat mir gezeigt, dass es lange überfällig war, Cody und dir die Wahrheit zu sagen. Ich habe es endlich meiner Mutter erzählt und wollte es Cody beim Abendessen sagen. Und ich dachte, damit du es erfährst, bleibt mir nur, das Kontaktformular auf deiner Webseite auszufüllen.“

„Darf ich dabei sein, wenn du es ihm sagst?“

„Ja, natürlich. Er wird wahrscheinlich gleichzeitig glücklich und geschockt sein. Aber er wird wissen wollen, warum ich ihm bis heute nichts gesagt habe. Und es wird schwierig werden, das einem Siebenjährigen zu erklären.“

„Was hast du ihm denn bisher erzählt?“ Er trank sein restliches Wasser.

„Nur, dass ich seinen Vater nur kurze Zeit gekannt habe und er die Stadt verlassen hat, bevor ich ihm sagen konnte, dass ich schwanger war. Und dass ich nicht wusste, wie ich ihn erreichen konnte.“

Logan nickte.

„Aber später wusste ich es ja“, sagte sie. „Und ich habe es trotzdem nicht versucht. Wie soll ich ihm das erklären? Er vertraut mir in allem. Was wird er von mir denken?“ Sie schlug die Hände vors Gesicht.

Er sprang auf und zog sie in die Arme.

Sie war so überrascht, dass sie aufhörte zu weinen und sich nur an ihn lehnte.

Einen Augenblick standen sie so da. In seinen Armen fühlte sie sich geborgen.

Doch dann trat sie zur Seite, genau wie er. „Aber er muss es wissen. Und ich muss mit den Folgen klarkommen.“

„Er ist sieben Jahre alt, und er liebt dich“, sagte Logan. „Egal, was du ihm für Gründe nennst, er weiß, dass du ihn liebst, und das genügt ihm sicher, Annabel.“

Sie schien etwas getröstet. Sie holte eine Tasse aus dem Schrank und schenkte sich Kaffee ein, nahm Zucker und Sahne. Danach ging sie zum Tisch und setzte sich, und Logan setzte sich ebenfalls wieder.

„In einer halben Stunde hole ich ihn ab. Das war übrigens meine Cousine Daisy beim Streichelzoo. Sie ist Gästebetreuerin auf der Ranch. Zweifellos wusste sie, wer du bist, und wollte dich nur nicht behelligen. Ich bringe Cody hierher, oder wir können in dein Ferienhaus kommen.“

„Ich denke, wir sagen es ihm besser in der vertrauten Umgebung“, meinte Logan. „In seinem Zimmer, wo er sich wohlfühlt.“

Sie nickte. „Für einen Mann, der nie Kinder wollte und von Rodeo zu Rodeo reist, kennst du dich ganz gut aus.“

Was sollte er darauf erwidern? „Für einen Außenstehenden ist es etwas einfacher“, sagte er. „Aber ich bin hier kein Außenstehender. Ich bin sein Vater.“

Sie sah ihn von der Seite an und wurde etwas blass. „Wie meinst du das?“

„Ich meine, ich bin sein Vater und möchte an seinem Leben teilhaben. Wir können absprechen, wie wir das einrichten.“

Sie nickte, dann stand sie auf. „Ich schreibe Daisy eine Nachricht, dass du dein Ferienhaus beziehen möchtest. Sie schickt dir den Hausmeister für VIP-Gäste, er fährt dich hin und kümmert sich um alles. Du kannst hier auf ihn warten. Könntest du gegen halb sieben herüberkommen? Dann sagen wir es Cody.“

Er nickte langsam. Nun gaben seine Knie tatsächlich nach.

Annabel schaute auf die Uhr. In acht Minuten würde Logan hier sein. Cody würde seine Stimme an der Tür hören und ihm entgegenrennen, voller Freude, dass er einige Zeit mit seinem Helden verbringen konnte. Und dann würde ein Satz das Leben völlig verändern. Für sie alle drei. Cody, Logan ist dein Vater.

Cody würde ihnen beiden viele Fragen stellen. Sie selbst hatte viele Fragen. Wie stellst du es dir vor, an Codys Leben teilzuhaben? Logan würde sich eine Woche auf der Ranch aufhalten, das wäre schon mal ein Anfang. Aber wenn er abreiste nach Cheyenne? Er würde wieder auf Reisen sein, auf Wettbewerben und beim Training.

Sieben Jahre lang war da nichts gewesen. Nichts, wo er doch einen Vater hätte haben sollen. Alles wäre besser als das.

Während des Abendessens hatte Cody von Sparkles, Daisys neuem Welpen, und von Logan gesprochen. Er ist so nett! Er ist so groß! Sie hatte Cody gesagt, dass er nach dem Essen herkäme, und Cody war in sein Zimmer gerannt und hatte eine Liste mit Fragen geschrieben, damit er nichts vergaß, was er wissen wollte. Was ist deine Lieblingsfarbe? Was isst du am liebsten? Magst du Gemüse? Hast du jemals Angst? Hattest du als Junge viele Freunde?

Die Türglocke läutete.

Wie der Blitz war Cody an der Tür. „Wer ist da, bitte?“, rief er, wie sie es ihm beigebracht hatte.

„Logan Winston.“

Cody öffnete rasch. Annabel, die etwas hinter ihm stand, stockte beinahe der Atem, als sie Logan erblickte. Er trug einen Smoking, eine schwarze Fliege und glänzende schwarze Lederschuhe. Sein dichtes dunkles Haar hatte er nach hinten gebürstet.

„Gehst du nachher noch zu einer Veranstaltung?“, fragte sie.

„Ja“, meinte Cody. „Du bekommst bestimmt einen Preis. Als größter Bullenreiter aller Zeiten!“

„Eigentlich habe ich mich für den Besuch bei dir so gekleidet, Cody“, erklärte Logan.

Jetzt musste Annabel doch nach Luft schnappen. Er hatte einen Smoking angezogen, um Cody zu sagen, dass er sein Vater war. Weil er weiß, dass Cody sich immer daran erinnern wird, dass dies für seinen Vater ein besonderer Augenblick war.

Ihr wurde bewusst, dass sie Logan anstarrte. Rasch blickte sie zu Cody, der immer noch an der Tür stand. „Cody, möchtest du Logan dein Zimmer zeigen?“

„Okay. Komm.“ Cody stieg die Treppe hinauf.

„Ich bin bereit, falls es dir recht ist“, flüsterte sie Logan zu.

„Aber sicher“, flüsterte er zurück.

Ihr Herz begann heftig zu pochen, als sie die Treppe hinaufging. Sie folgten Cody in sein Zimmer.

Annabel sah, dass Logans Blick zu dem Poster mit seinem Bild wanderte, das über Codys Bett an der Wand hing. Cody zeigte ihm alles, von seinem ramponierten Bullen, den er als Baby bekommen hatte, bis zu seinem Roller, der Titelseite der Gazette und dem vier Jahre alten Rodeo-Ticket auf seiner Pinnwand.

„Mein Granddaddy hat mich damals mitgenommen“, sagte Cody. „Aber er ist tot. Jetzt nehmen mich meine Cousins Ford und Rex mit. Sie sind Polizisten und auch Superfans.“

Ford und Rex waren zwei der sechs Geschwister, denen die Ranch gehörte. Sie hatte sich gefreut, als die beiden angeboten hatten, Cody zu den Rodeos mitzunehmen, nachdem der Großvater gestorben war. Es war zur Tradition geworden, dass die drei Logans Auftritte bei örtlichen Veranstaltungen besuchten.

„Das mit deinem Großvater tut mir leid“, sagte Logan.

Annabel spürte, dass Logan sie ansah. „Cody, wollen wir uns nicht hinsetzen? Wir beide möchten mit dir über etwas Wichtiges reden.“

„Hab ich was angestellt?“, fragte Cody.

„Nein, um so etwas geht es nicht“, versicherte Annabel.

Cody setzte sich auf sein Bett und schaute von ihr zu Logan. Annabel nahm bei ihm Platz, Logan griff nach dem Schreibtischstuhl und drehte ihn zu ihnen beiden um.

„Cody, in den letzten Jahren hast du mich oft nach deinem Vater gefragt, wer er ist und warum er nicht bei uns ist“, begann Annabel. „Ich habe immer gesagt, dass er die Stadt verlassen hat und ich nicht wusste, wie ich mit ihm Kontakt aufnehmen konnte.“

„Das weiß ich, Mommy“, sagte Cody und runzelte die Stirn.

„Erinnerst du dich noch daran, wie du mich gefragt hast, wie dein Vater heißt?“ Annabel schluckte, sie hatte einen Kloß im Hals. „Und dass ich dir gesagt habe, sein Name sei Logan John?“ Sie warf einen Blick zu Logan, dessen Augen sich geweitet hatten. „Und dass du gesagt hast, es gefiele dir, dass der Name deines Vaters derselbe ist wie der deines Helden?“

Cody legte den Kopf schräg. „Wie Logan Winston?“ Er blickte zu Logan. „Mein Vater heißt genauso wie du.“

Sie schaute Logan an, der vor Spannung die Luft anhielt. „Cody, mein Lieber, Logan Winston, der hier sitzt, ist dein Vater. Jetzt ist er nach Bear Ridge gekommen, weil er in der Gazette von deinem Aufsatz erfahren hat und dich besuchen wollte. Da wird es Zeit, dass ihr beide es erfahrt.“ Sie versuchte die aufsteigenden Tränen wegzublinzeln.

Cody war aufgesprungen, lehnte jetzt an seinem Bett und starrte Logan verwirrt an. „Du bist mein Vater? Mein richtiger Vater?“

„Ja“, bekräftigte Logan und nickte. „Das habe ich erst heute erfahren. Genau wie du.“

Cody war völlig durcheinander und biss sich auf die Lippe. Scheu blickte er Logan an, dann Annabel. Er ließ sich auf das Bett fallen und griff nach seinem Bullen, hielt ihn fest auf dem Schoß. „Aber warum hast du mir nichts gesagt, Mommy? Du hast doch gewusst, dass Logan mein Held ist. Warum hast du nichts gesagt?“

Scham und Traurigkeit überkamen Annabel, sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. „Cody, ich …“, begann sie. Aber wie sollte sie es dem Siebenjährigen erklären?

„Ich glaube, ich kenne den Grund“, sagte Logan und setzte sich nun Cody dicht gegenüber. „Vor beinahe acht Jahren, als ich deine Mom kennengelernt habe, haben wir uns nur drei Tage lang getroffen. Ich habe sie wirklich gerngehabt, aber es war damals sehr schwer für mich in Bear Ridge. Ich kam mit meinem Dad nicht gut aus, deshalb habe ich die Stadt verlassen und bin nie mehr zurückgekommen. Ich habe sogar die Handy-Nummer gewechselt. Deine Mom konnte mich nicht finden.“

„Oh“, sagte Cody stirnrunzelnd.

„Und als ich mir einen Namen als Bullenreiter machte“, fuhr Logan fort, „hätte sie mich zwar finden können. Aber sie wusste, dass ich keine Kinder wollte. Es ist nicht schön, so was zu sagen. Aber damals war es so. Mit dem Familienleben hatte ich schlechte Erfahrungen gemacht. Deshalb wollte ich keine eigene Familie.“

Cody biss sich wieder auf die Lippe. „Und jetzt?“

„Jetzt bin ich ein anderer Mensch als damals“, sagte Logan. „Jetzt freue ich mich darüber, dass ich einen Sohn habe. Es tut mir leid, dass ich deine ersten sieben Lebensjahre versäumt habe, Cody. Du bist wirklich ein tolles Kind.“

Cody brach in Tränen aus. Er stand auf, hielt seinen Stoffbullen fest und ließ sich dann wieder auf sein Bett fallen. Sekundenlang war Annabel wie erstarrt. Doch dann wandte er sich um und schlang die Arme um sie. Sie war so überrascht, dass ihr beinahe selbst wieder die Tränen gekommen wären. Er weinte und wischte sich über die Augen, dann schaute er zu ihr auf. „Ist Logan Winston wirklich mein Daddy?“

Sie nickte. „Ja, das stimmt.“

Er schaute zu Logan. „Und willst du jetzt mein Vater sein?“

Logan holte Luft und rückte den Stuhl noch näher zu Cody.

„Ja“, sagte er. „Das verspreche ich dir, Cody. Ich bin dein Vater, und ich bin das gern.“

Cody warf seinen Stoffbullen aufs Bett und stürzte sich in Logans Arme. Er verbarg das Gesicht an seiner Brust.

Logan zögerte kurz, dann legte er die Arme um den Jungen und hielt ihn fest. Annabel zerriss es fast das Herz.

Cody setzte sich wieder aufs Bett. „Darf ich dich was fragen?“

Nervös schaute Logan zu Annabel. „Sicher. Alles.“

Der Junge rannte hinüber zu seinem Schreibtisch und holte seine Liste. Er setzte sich wieder und schaute auf das Papier. „Was ist deine Lieblingsfarbe?“

Logan lachte – und wirkte sehr erleichtert. „Das ist Silber. Wie das Band um meinen Cowboyhut. An dem Tag, als ich deine Mutter getroffen habe, hat sie einen weiten silberfarbigen Mantel getragen. Seitdem ist Silber meine Lieblingsfarbe.“

Annabel hätte nie gedacht, dass sein Markenzeichen etwas mit ihr zu tun hatte.

„Ich mag die Farbe auch.“ Cody sah wieder auf das Blatt. „Was isst du am liebsten?“

„Cheeseburger. Medium. Mit einem guten Brötchen, nicht zu weich, und Salat, Tomaten und viel Ketchup.“

„Ich mag auch Ketchup auf meinem Cheeseburger!“, rief Cody. „Aber keinen Salat. Oder Tomaten. Jetzt muss ich meine nächste Frage gar nicht stellen. Du magst also Gemüse.“

Logan lachte. „Und ich esse gern Pommes frites zu meinem Cheeseburger. Alle Sorten. Ich liebe Pommes.“

„Ich auch!“ Cody strahlte übers ganze Gesicht. Annabel hätte weinen können vor Glück. „Ich habe noch drei Fragen aufgeschrieben, aber mir fallen bestimmt noch mehr ein.“