Bianca Weekend Band 34 - Carol Finch - E-Book

Bianca Weekend Band 34 E-Book

Carol Finch

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Beschreibung

ZWEI WIE KATZ UND MAUS von CAROL FINCH

Geht das Gebrüll schon wieder los! Wütend fährt Rancher Devlin zu der Tiernärrin Jessica, die Großkatzen auf ihrer Farm hält. Erbittert streiten sie. Doch als Jessica sich verletzt, ist es Devlin, der sie auf starken Armen nach Hause trägt und mit heißen Küssen tröstet ...

SINGLE-DAD SUCHT NANNY FÜR IMMER! von KAREN ROSE SMITH

Drei Töchter. Eine zugelaufene Katze. Ein häusliches Chaos. Und um alles kümmert sich liebevoll die neue Nanny Emma – Daniel sollte glücklich sein! Wenn Emma bloß nicht diese verhängnisvolle Sehnsucht in ihm wecken würde. Nach Liebe, die er sich streng verboten hat …

WOGEN, WELLEN, HEISSE KÜSSE von ALICE SHARPE

Aufgeregt steht Megan vor dem Schiffsaltar, als eine Katze die Zeremonie stört. Alle sind hingerissen. Bis auf den Bräutigam, der die Samtpfote über Bord kickt! Megan ist entsetzt, was Kapitän John Vermont offenbar versteht. Ein echter Traummann – hat Megan sich den Falschen ausgesucht?

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MOBI

Seitenzahl: 580

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Carol Finch, Karen Rose Smith, Alice Sharpe

BIANCA WEEKEND BAND 34

IMPRESSUM

BIANCA WEEKEND erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/82 651-370 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Neuauflage 2025 in der Reihe BIANCA WEEKEND, Band 34

© 2000 by Connie Feddersen Originaltitel: „Fit to Be Tied“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Gudrun Bothe Deutsche Erstausgabe 2012 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg,in der Reihe TIFFANY LIEBEN & LACHEN, Band 2

© 2019 by Harlequin Enterprises ULC Originaltitel: „The Nanny Clause“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Stephanie Thoma-Kellner Deutsche Erstausgabe 2021 by Harper Collins Deutschland GmbH, Hamburg,in der Reihe BIANCA EXTRA, Band 93

© 1998 by Alice Sharpe Originaltitel: „Wife on His Doorstep“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: M.R. Heinze Deutsche Erstausgabe 1999 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BIANCA, Band 1138

Abbildungen: PeopleImages / Getty Images, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2025 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751531412

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Jegliche nicht autorisierte Verwendung dieser Publikation zum Training generativer Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) ist ausdrücklich verboten. Die Rechte des Autors und des Verlags bleiben davon unberührt. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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Carol Finch

Zwei wie Katz und Maus

1. KAPITEL

Das brachte das Fass zum Überlaufen! Devlin Callahan schäumte vor Wut, während er den Motor seines Pick-ups malträtierte. Der Wagen schlingerte über das holperige Gelände und ließ dabei eine graue Staubwolke hinter sich. Devlin knirschte mit den Zähnen. Er war entschlossen, die leidige Angelegenheit auf die gleiche Art zu erledigen, mit der er alle seine Probleme in Angriff nahm: direkt und ohne Umschweife. Auch wenn das bedeutete, sich mit diesem spinnerten Weib, das die Nachbarranch gekauft hatte, auseinandersetzen zu müssen.

Ihr Zoo, wie Devlin die Sammlung exotischer Tiere nannte, die sich in direkter Nähe zu seinen Rindern und Schafen befand, war eine Quelle ständigen Ärgers. Diese weibliche Zoodirektorin konnte sich jedenfalls auf etwas gefasst machen, denn Devlin hatte den Ärger bis oben hin satt. Sein Bruder und er hatten den ganzen Tag auf ihren Pferden verbracht, um ausgebrochene Rinder einzufangen und defekte Zäune zu reparieren. Als wenn sie nicht auch ohne diese außerplanmäßigen Aktionen schon genug Arbeit auf ihrer Ranch hätten!

Er hatte seine neue Nachbarin bisher zwar noch nicht zu Gesicht bekommen, wusste aber schon jetzt, dass er sie nicht ausstehen konnte. Dieses frustrierte Weib versuchte wahrscheinlich, die entsetzliche Leere in ihrem Leben auszufüllen, indem sie sich mit einem Haufen exotischer Tiere umgab, die in dieser Rindergegend absolut nichts zu suchen hatten.

Im nächsten Moment trat Devlin so hart auf die Bremse, dass der Wagen noch einige Meter über den groben Schotter rutschte, ehe er vor dem alten Farmhaus der Zoobesitzerin zum Stehen kam. Mit schadenfrohem Grinsen registrierte Devlin, dass der alte Schuppen geradezu nach Farbe schrie. Allerdings musste er zugeben, dass zumindest die farbenprächtigen Blumen, die überall verstreut in großen Töpfen herumstanden, dem Ganzen einen heitere Note gaben. Aber es war unübersehbar, dass es sehr viel Arbeit erfordern würde, um dem Anwesen sein ehemaliges Gesicht zurückzugeben.

Natürlich würde diese Verrückte dafür keine Zeit erübrigen können, da sie wahrscheinlich den ganzen Tag mit den wilden Tieren reden musste, die hinter dem Haus in Käfigen eingesperrt waren. Devlin verwünschte sich nachträglich selbst, dass er die Gelegenheit verpasst hatte, diese Ranch zu erwerben. Damals war seinem Bruder und ihm der Preis zu hoch erschienen. Doch offensichtlich hatte Miss Jessica Porter das Geld etwas lockerer sitzen, denn sie hatte die Ranch, ohne zu zögern, gekauft. Und nun war Devlin mit einer Nachbarin geschlagen, deren wilde Tiere Tag und Nacht brüllten, heulten, jaulten und damit seinen gesamten Viehbestand durch die Zäune trieben.

Er schwang sich aus seinem Pick-up und schlenderte auf die verwitterte Veranda zu. Angewidert blickte er zu dem Sportwagen hinüber, der mitten auf dem Hof geparkt war. Ein typischer City-Flitzer, dachte er spöttisch. Dieses tiefachsige Freizeitauto würde kein Jahr auf den Straßen in dieser Gegend überleben. Jeder, der auch nur ein Fünkchen Verstand hatte, musste das wissen.

Devlin klopfte mehrmals kräftig gegen die Tür, wartete etwa zwei Sekunden und hämmerte dann mit beiden Fäusten gegen das abgeblätterte Holz.

„Porter, machen Sie auf! Ich weiß, dass Sie da sind!“, brüllte er. „Ich muss mit Ihnen reden! Sofort!“

Seine donnernde Stimme löste eine ganze Symphonie von Tierstimmen aus. Das schrille Kreischen eines Pfaus mischte sich mit dem Röhren eines Elches, und eine Gans fiel schnatternd in das Konzert mit ein. Devlin verdrehte frustriert die Augen und schwor sich zum wiederholten Mal, so schnell wie möglich Abhilfe zu schaffen. Es vergingen noch ein paar weitere Sekunden, in denen immer mehr seltsame Laute um das Haus herum ertönten. Er hatte gerade wieder seinen Arm gehoben, um die Tür zu bearbeiten, da riss Jessica Porter diese von innen auf, und Devlin hätte sie fast mit der Faust an der Stirn getroffen.

Seine Vorstellung von einer frustrierten mittelalterlichen Jungfer mit Hakennase, stechenden Knopfaugen und vorspringendem Kinn zerplatzte wie eine Seifenblase, als sich Devlin einer so außerordentlich attraktiven Frau gegenüber sah, dass er zuerst an eine Fata Morgana glaubte.

Sie starrte ihn aus schimmernden Augen an, die in der Farbe des tropischen Regenwaldes leuchteten. Eine Woge von honigblondem Haar umflutete ihr bezauberndes Gesicht. Abschätzend ließ er seinen Blick über ihre aufregenden Kurven gleiten, die selbst ein Topfotograf nicht mit seiner Kamera verschmähen würde.

Jessica Porter in Fleisch und Blut vor sich zu sehen hatte auf Devlin ungefähr die gleiche Wirkung wie ein Schuss aus einem Betäubungsgewehr. Das sollte seine verdrehte Nachbarin sein? Er konnte es nicht glauben. Hier musste ein Irrtum vorliegen.

„Miss Porter?“, fragte er zweifelnd.

„Ja, die bin ich. Was kann ich für Sie tun, Sir?“

Der schnippische Ton und ihr Unheil verkündender Blick überzeugten ihn augenblicklich davon, dass diese prachtvolle Erscheinung keine Halluzination war. Sie begegnete seinem verwirrten Blick sehr kühl und stand in einer eindeutig kämpferischen Pose in der offenen Tür. Mit starrer Miene musterte sie sein verdrecktes T-Shirt, die abgetragene Jeans und die abgewetzten Stiefel und runzelte dann mit unverhohlener Missbilligung ihre schön geschwungenen Brauen. Devlin konnte sich diesen abfälligen, harten Blick nicht erklären. War sie sauer, dass er so rücksichtslos an ihre Tür gehämmert und sie beim zweiten Klopfen fast niedergeschlagen hatte? Oder konnte es gar sein, dass sie sich durch den Anblick eines hart arbeitenden, verschwitzten Cowboys, der durch ihre Schuld den ganzen Tag nicht vom Pferd heruntergekommen war, beleidigt fühlte?

Arrogante Zicke, entschied Devlin, während er ihr purpurrotes Seidenkostüm musterte, dem man das Label EXTREM TEUER schon von Weitem ansah. Er vermutete, dass Miss Jessica Porter nach einem flüchtigen Blick auf seine Arbeitskluft beschlossen hatte, dass sie viel zu vornehm für ihn war. Na gut. Sie mochte also keine hart arbeitenden Cowboys, und er hatte nichts für alberne Debütantinnen über. Damit waren sie quitt.

„Ich bin Devlin Callahan, Ihr nächster Nachbar“, erklärte er abrupt.

„Sie sind mein nächster Nachbar? Wie bedauerlich für mich.“ Ihre Stimme troff vor Sarkasmus.

„Das könnte doch wohl eher ich sagen, Blondie“, knurrte er und starrte sie grimmig an.

Sie starrte zurück.

„Ich bin hier, weil Ihre wilden Viecher meine Schafe und Rinder seit mehr als zwei Monaten zur Raserei treiben. Sie müssen Ihren Zoo zusammenpacken und in ein Wildreservat schaffen. Wie Sie wohl selbst inzwischen bemerkt haben dürften, ist dies hier eine Rindergegend.“

Jessica hob ihr Kinn mit einem Ruck, und obwohl sie um einiges kleiner war als der hoch aufgeschossene Cowboy vor ihr, schaffte sie es dennoch, ihn herablassend über ihre Nasenspitze anzusehen. Wie machte sie das bloß?

„Zu Ihrer Information, Culligan …“

„Callahan“, verbesserte er sie knapp.

„Wie auch immer“, sagte sie, und widmete seinem Einwurf so viel Aufmerksamkeit wie einer lästigen Fliege. „Zu Ihrer Information – ich habe eine behördliche Genehmigung, die mich dazu berechtigt, meine exotischen Tiere hier zu halten. Jedes dieser Tiere hat seine eigene Persönlichkeit und seine ganz individuellen Bedürfnisse. Ich kann mich mit ihnen verständigen.“

„Sie reden tatsächlich mit Ihren Tieren, ja?“, fragte er und lachte spöttisch. „Nun, warum überrascht mich das nicht?“

Sie durchbohrte ihn fast mit ihrem scharfen Blick. „Ich glaube, dass sogar jemand wie Sie zugeben müsste, dass meine Tiere sicher und artgerecht untergebracht sind, wenn Sie sich die Mühe machen würden, meinen Zoo, wie Sie es nennen, zu besichtigen.“

„Lady, es interessiert mich nicht im Geringsten, ob ihre Tiere einen Ring durch die Nase tragen oder kleine Glöckchen um den Hals haben. Sie beunruhigen meine Herde und bedrohen damit meinen Lebensunterhalt. Ich will, dass diese Viecher von hier verschwinden – zusammen mit Ihnen.“

Das musste sie wirklich getroffen haben, denn sie stemmte die Fäuste in ihre bemerkenswerten Hüften und beugte sich vor, bis ihre Nasenspitze fast seine berührte. „Wenn es Ihnen nicht passt, Tür an Tür mit meinem Zoo zu leben, dann packen Sie gefälligst Ihre Sachen und verschwinden! Ich habe nicht vor, mich vom Fleck zu rühren, weil es mir hier nämlich gefällt, und meinen Tieren auch. Des Weiteren möchte ich Sie bitten, Ihre Beschwerden in Zukunft dem Sheriff in Buzzard’s Grove zu unterbreiten, wobei ich nicht glaube, dass es Ihnen irgendetwas nützen wird.“

„Hören Sie mal, Lady …“

„Jessica Porter. Miss Porter für Sie, Culligan“, sagte sie in einem so herablassenden, schnippischen Ton, dass Devlin mit den Zähnen knirschte.

„Hören Sie, Lady. Mein Bruder und ich betreiben eine Ranch mit großer Viehzucht.“

„Vermutlich sollte ich jetzt beeindruckt sein?“ Sie warf ihm schon wieder einen dieser verächtlichen Blicke zu. „Tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, Culligan. Cowboys gibt es hier wie Sand am Meer – Sie sind beileibe nichts Besonderes.“

„Es interessiert mich einen Dreck, ob Sie beeindruckt sind oder nicht“, gab Devlin zurück. „Hauptsache, Sie verschwinden von hier.“

Sie maß ihn mit einem kalten, verächtlichen Blick. „Was kann ich dafür, wenn Ihre dummen Kühe wegen ein paar ungewohnten Lauten durchdrehen? Meine Tiere reißen keine Zäune ein wegen eines bisschen Rindergebrülls. Außerdem sind meine Zäune und Gitter auch sicher. Offensichtlich haben Sie Probleme damit, haltbare Zäune zu ziehen.“

Devlin hatte das Gefühl, gegen eine Wand zu rennen. Diese Frau wollte seine Situation einfach nicht begreifen. Es interessierte sie offensichtlich nicht im Geringsten, dass er ihretwegen ständig zusätzliche Arbeit hatte.

„In Ordnung!“, stieß er in einem Anflug von Verzweiflung hervor. „Dann zahlen Sie mir einfach eine Entschädigung, und ich werde mich nicht weiter beklagen.“

Sie schaute ihn wieder mit diesem entnervenden kühlen Blick an. „Ihr Viehbestand randaliert herum, und ich soll dafür bezahlen? Meine Tiere sind sicher in Gattern und Käfigen untergebracht, eingeschlossen von stabilen, hohen Zäunen. Es sieht mir nicht so aus, als sei ich diejenige, die hier Probleme hat, Culligan. Sie sind es.“

„Oh, nein! Sie sind mein einziges Problem“, fuhr Devlin sie an. „Außerdem heiße ich Callahan, merkten Sie sich das!“ Zornig funkelte er sein attraktives Gegenüber an. „Sie arrogante, unterbelichtete Großstadtpflanze! Gehen Sie endlich dahin zurück, wo Sie hingehören – samt Ihrem verdammten Zoo!“

Jessica Porter schob ihr Kinn noch weiter vor, während sie die Schultern zurücknahm und ihre Fäuste wieder in die Hüften stemmte. „Dies ist der Platz, wo ich hingehöre, und ich werde in jedem Fall bleiben! Also gewöhnen Sie sich lieber an den Gedanken!“

Sie duellierten sich mit wilden Blicken, und Devlin setzte gerade wieder zu einer vernichtenden Attacke an, als seine Nachbarin ihm fast die Tür ins Gesicht schlug.

Eine Gans kam um die Hausecke gewatschelt und schnatterte empört los, als sie Devlin zu Gesicht bekam. In der Ferne erhob sich ein dumpfes Gebrüll, das von verschiedenen Lauten unterstützt wurde, die er nicht identifizieren konnte – aber nichts davon hörte sich freundlich an. Devlin lachte frustriert auf. Es würde ihn nicht wundern, wenn sich in diesem überdimensionalen Teich da drüben ein Alligator tummeln würde, der nur darauf lauerte, ihn an den Füßen zu packen und zu sich herabzuziehen.

Der Teich! Ein weiteres Problem, mit dem er sich beschäftigen musste. Dieser Feuer speiende Drachen hatte einen kleinen Fluss gestaut, sodass sich auf ihrem Land ein riesiger Teich gebildet hatte. Nur hatte sie damit den Wasserzufluss zur Rocking-C-Ranch abgeschnitten. Während der trockenen Sommermonate waren Devlin und sein Bruder gezwungen gewesen, die Rinder auf den westlichen Weiden mit mühsam herbeigeschafftem Wasser aus Tanks zu tränken.

Eine weitere Unannehmlichkeit, die er der Drachenlady anlastete. Er war schon halb entschlossen, noch einmal an der Tür zu hämmern, um sie aufzufordern, ein Loch in ihren verflixten Damm zu graben. Doch dann überlegte er, dass es wahrscheinlich wirkungsvoller sei, sich gleich an Sheriff Osborn zu wenden. Diese Frau hatte vielleicht wirklich eine Genehmigung zur Haltung exotischer Tiere, aber das gab ihr aber noch lange nicht das Recht, einen Fluss zu stauen und damit seine Ranch von der Wasserversorgung abzuschneiden.

Abrupt drehte er sich herum und ging auf seinen Wagen zu. Die Gans fauchte ihn an und schnappte nach seinen Fersen. Devlin ignorierte den gefiederten Teufel, sprang in seinen Pick-up und ließ den Motor an. Kies spritzte auf, als er einen Blitzstart hinlegte, und er hoffte nur, dass ein paar Steinchen die Windschutzscheibe von Miss Jessica Porters Stadtflitzer treffen würden, damit sie endlich begriff, mit wem sie es hier zu tun hatte.

Auf dem Weg zu seiner Ranch fluchte Devlin laut vor sich hin. Sein Bruder hatte ihn ermahnt, Diplomatie walten zu lassen, wenn er der neuen Nachbarin begegnen sollte. Doch Devlin war sich sicher, dass ihm dass auch nicht mehr eingebracht hätte als seine direkte, offene Art. Er hatte den verächtlichen Blick, mit dem sie ihn gleich nach dem Öffnen der Tür gemustert hatte, noch sehr deutlich vor Augen. Miss Porter konnte ihn eindeutig nicht ausstehen. Diese Frau hätte sich unter gar keinen Umständen mit ihm arrangiert.

Am meisten ärgerte ihn jedoch, dass er sie außerordentlich attraktiv und anziehend fand. Er hatte sich dabei ertappt, dass er seinen anerkennenden Blick selbst während ihrer hitzigen Auseinandersetzung immer wieder zu ihren aufregenden Kurven schweifen ließ, und es hatte ihn erhebliche Kraft gekostet, sich auf ihr Gesicht zu konzentrieren. Das hatte die Sache auch nicht viel besser gemacht, denn es war das bezauberndste Gesicht, das er jemals gesehen hatte.

Devlin schaute auf die Uhr und beschleunigte sein Tempo. Heute hatte sein Bruder Küchendienst, und Derrick konnte fuchsteufelswild werden, wenn er mit dem Essen warten musste. Das Menü am Mittwochabend war immer dasselbe – Frikadellen mit Pilzsoße, gebackene Kartoffeln und Gemüse. Devlin hätte allerdings gebratene Gans vorgezogen, besonders wenn es sich dabei um Miss Porters aggressives Exemplar gehandelt hätte.

Er ließ seinen Blick über die grasenden Rinder auf der Weide schweifen und überlegte, ob er am nächsten Morgen wieder durch eine Stampede geweckt würde. Miss Porters Coyoten würden sicher wieder den Mond anheulen, und der Rest der Meute würde begeistert in das Konzert mit einstimmen. Und bei Sonnenaufgang würde seine Herde mal wieder in alle Winde versprengt sein.

„Dieser dickköpfige, sture Cowboy!“, schimpfte Jessica, als sie ihr Job-Outfit ablegte und in alte Jeans und ein weites T-Shirt schlüpfte. Der hatte ihr gerade noch gefehlt. Den halben Tag hatte sie sich schon mit einem anstrengenden, uneinsichtigen Klienten in ihrem Steuerbüro herumschlagen müssen. Und dann tauchte dieser Callahan einfach unangemeldet auf. Seit sechs Monaten lebte sie bereits in dieser Gegend, und bisher war es ihm nicht eingefallen, sie als Nachbarin willkommen zu heißen. Oh nein, er hatte mit seinem Antrittsbesuch so lange gewartet, bis er einen Grund gefunden hatte, einfach hereinzuplatzen und unverschämte Forderungen zu stellen.

Außerdem hatte Jessica heute wutschnaubend feststellen müssen, dass ihr betrügerischer Exverlobter quasi als verspätetes Abschiedsgeschenk auf ihre Kosten eine Karibik-Kreuzfahrt gebucht hatte – für zwei Personen! Männer! Aller Ärger und Frust dieses Tages hatte irgendwie mit ihnen zu tun gehabt.

Sie schüttelte sich unwillkürlich und verließ ihr Schlafzimmer, um nach unten zu gehen. Es gab für sie nur einen Weg, um ihre Laune wieder aufzuhellen. Sie würde jetzt rausgehen, um ihre exotischen Freunde zu versorgen und ihnen ihr Leid zu klagen.

Jessica lächelte zärtlich, als sie an der hinteren Pforte begeistert von ihrer „Wachgans“ begrüßt wurde. Es war immer das gleiche Ritual. Ihre gefiederte Freundin folgte ihr über den Rasen zur Scheune, wo das Futter lagerte. Mit jedem Schritt, der sie weiter in die Nähe der Gehege und Käfige brachte, rückten die unliebsamen Ereignisse des Tages ein wenig mehr in den Hintergrund. Ganz im Gegensatz zu der naiven Vorstellung ihres reizenden Nachbarn konnten diese Tiere auf Grund ihrer verschiedenen Handicaps nicht wieder ausgewildert werden. Sie waren auf ihre Hilfe angewiesen, und dieser dumme Cowboy würde sie nicht dazu bringen, ihre Schützlinge im Stich zu lassen.

Jessicas lebenslange Leidenschaft für Tiere und die Angewohnheit, sie überall aufzulesen, hatten sie schon während ihrer Ausbildungszeit in Tulsa häufiger in Schwierigkeiten gebracht. Doch später hatte ihr stattliches Gehalt ihr ermöglicht, Land zu kaufen, auf dem sie ihre exotischen Tiere artgerecht unterbringen konnte. Das lukrative Angebot eines Industriekonzerns hatte sie dann dazu bewogen, ihr Grundstück wieder zu verkaufen und umzusiedeln. Da sie auf diesem Weg ihr Kapital vervielfacht hatte, beschloss sie, sich in Buzzard’s Grove mit einem eigenen Steuerbüro niederzulassen und eine Ranch für sich und ihre Tiere zu kaufen.

Die Entscheidung war ihr nicht schwergefallen, da sie keine familiären Bindungen hatte und außer ein paar Arbeitskollegen auch niemanden vermissen würde.

Natürlich war da auch noch ihr Exverlobter gewesen – der unvergleichliche Star am Baseballhimmel, zu dessen Erfolgserlebnissen auch die Eroberung diverser Frauen gehörte. Nur durch einen Zufall hatte Jessica von seinen regen außersportlichen Aktivitäten Wind bekommen und daraufhin sofort die Verlobung gelöst. Gedemütigt und außer sich vor Wut, hatte sie ihre Tiere und ihren Hausstand zusammengepackt und war aufs Land geflüchtet. Unglücklicherweise verpasste Rex, ihr Ex, ihr zum Abschied einen empfindlichen Hieb, indem er noch einmal ausgiebig Gebrauch von ihrer Kreditkarte machte. Der Gipfel der Unverschämtheit war allerdings die Kreuzfahrt gewesen, von der sie erst heute durch den Kontoauszug erfahren hatte. Sie wusste zwar, dass es ihre eigene Schuld war, dass sie die Kreditkarte nicht sofort hatte sperren lassen, aber wer hätte auch mit einer solchen Gemeinheit gerechnet?

Gierig sog Jessica die frische, reine Landluft ein und versuchte sich zu entspannen. Rex war Geschichte. Gut, sie hatte sich von ihm übers Ohr hauen lassen, aber das würde ihr nie wieder passieren. Sie schwor sich, in Zukunft die Finger von Machotypen zu lassen, zu denen unzweifelhaft auch ihr penetranter neuer Nachbar gehörte. Auch wenn sie zugeben musste, dass Devlin Callahan rein äußerlich überaus anziehend war, mit seinem rabenschwarzen Haar, den dunklen Augen, den breiten Schultern, den stahlharten Muskeln und den schmalen Hüften …

Das hieß aber nicht, dass sie auch nur das geringste Interesse an ihm hatte. Außerdem musste sie ohnehin ihre Kraft und Zeit sorgfältig einteilen, um in ihrem Beruf voranzukommen, sich um ihre Tiere zu kümmern und nebenbei noch das Haus zu renovieren. Hier, auf ihrer Ranch, wollte sie endlich Wurzeln schlagen.

Ein Gefühl des Friedens überkam sie, während sie von einem Gehege zum anderen schlenderte, um ihre Tiere zu füttern. Sie begrüßte alle zärtlich mit Namen. Der Braunbär, den sie Teddy genannt hatte, empfing sie mit dem vertrauten Hin- und Herpendeln seines massigen Oberkörpers, bevor er schwerfällig auf die Beine kam, um sich das Futter zu holen, das Jessica in seinen Käfig geschoben hatte. Jedes Tier hatte sein eigenes Begrüßungsritual für sie, was ihr das Gefühl vermittelte, liebe alte Freunde zu besuchen. Die unerfreulichen Gedanken an ihren anstrengenden Klienten, ihren nervtötenden Nachbarn und ihren treulosen Exverlobten verflüchtigten sich in der lauen Abendbrise. Oh ja, das Landleben war genau das, was sie brauchte.

Als sie wenig später eine Fertigmahlzeit in die Mikrowelle schob, hatte sich ihre Stimmung bereits wieder gehoben. Sie fragte sich, ob sich ihr cholerischer Nachbar nach ihrem Zusammenstoß inzwischen auch wieder beruhigt haben mochte. Aber das konnte ihr ja völlig egal sein. Wichtig war nur, dass er verschwunden war und hoffentlich niemals wieder auftauchen würde.

Devlin Callahan hatte in ihr bittere Erinnerungen an die Zeit geweckt, in der sie auf ein attraktives Gesicht und tolle Muskeln hereingefallen war. Sie wollte diesen Fehler kein zweites Mal machen und würde lieber warten, bis sie einem Mann begegnete, der bereit war, genauso viel zu geben wie zu nehmen – jemand, der nicht nur an ihrem Geld interessiert war. In jedem Fall würde sie den Typ Mann zu meiden versuchen, der in bestimmten Hochglanzmagazinen mit den Attributen groß, dunkel, attraktiv verkauft wurde. Und ganz bestimmt würde sie sich hüten, auf einen Vorzeigecowboy mit dem Temperament eines verwundeten Rhinozerosses hereinzufallen!

Himmel, sie konnte es immer noch nicht glauben, dass dieser Kerl versucht hatte, ihr die Probleme mit seinen nervösen Rindern in die Schuhe zu schieben und zu erwarten schien, dass sie für den entstandenen Schaden aufkommen würde. Was für eine bodenlose Frechheit!

Derrick Callahan war gerade dabei, sich Essen auf den Teller zu häufen, als er seinen Bruder kommen hörte. Er warf einen flüchtigen Blick über die Schulter. „Wird auch Zeit! Ich habe heute Abend eine Verabredung und sehe nicht ein, warum ich mich verspäten soll, nur weil du mal wieder herumbummelst.“

„Verabredung? Mitten in der Woche?“, fragte Devlin spöttisch, während er zum Küchentresen schlenderte, wo sein Derrick das Essen wie für ein warmes Büfett arrangiert hatte. Er nahm sich einen Teller und packte ein paar Frikadellen drauf.

„Ja, na und? Was soll daran nicht in Ordnung sein? Nie davon gehört, dass man sich auch in der Woche treffen kann?“

„Nur, wenn man was Ernstes im Sinn hat“, sagte Devlin gedehnt, während er sich noch eine ordentliche Portion Gemüse auf den Teller schaufelte. „Du und diese Frau, die das neue Restaurant eröffnet hat, plant ihr etwa eine feste Beziehung?“

„Vielleicht“, murmelte Derrick und ging mit steifen Schritten auf den schweren Eichentisch zu, der im Zentrum der Küche stand. Mit seiner freien Hand fegte er einen Stapel Post zur Seite und ließ sich dann auf einen Stuhl fallen. „Wie verlief eigentlich deine Begegnung mit unserer neuen Nachbarin?“, fragte er, um ein neues Thema bemüht.

Man musste nicht besonders scharfsinnig sein, um zu bemerken, dass Derrick seine Gefühle für Cassie Dixon nicht mit ihm diskutieren wollte. Sie war eine temperamentvolle Brünette, die vor ein paar Monaten ein schickes kleines Restaurant in Buzzard’s Grove eröffnet hatte. Und dass Derrick nicht bereit war, mit ihm über sie zu sprechen ließ Devlin vermuten, dass er sich bis über beide Ohren in das Mädel verguckt hatte. Nicht, dass er es ihm hätte verübeln können. Cassie Dixon hatte wirklich Klasse, Stil und Persönlichkeit – ganz im Gegensatz zu der Schreckschraube, die seit kurzer Zeit auf der Nachbarranch wohnte.

„Nun?“, forschte Derrick.

Devlin schaute von seinem Teller hoch. „Nun, was?“

„Hast du unsere neue Nachbarin davon überzeugen können, sich samt ihrem Zoo von hier zu verdrücken, damit unsere Tiere wieder zur Ruhe kommen?“

„Nein. Sie hat mir einfach die Tür vor der Nase zugeschlagen, aber nicht, ohne mir vorher einen Haufen Beleidigungen ins Gesicht zu schleudern“, entgegnete Devlin brummig und stocherte gereizt mit seiner Gabel im Essen herum. „Die Frau ist offensichtlich aus Granit. Nicht einmal mit einem Presslufthammer oder Dynamit würde man zu ihr durchdringen.“

Derrick starrte seinen Bruder an. „Mit anderen Worten, du bist deinem Ruf wieder einmal gerecht geworden und hast dich auf eine Schlacht mit ihr eingelassen? Habe ich dich nicht gebeten, es mit Diplomatie zu versuchen?“

„Diplomatie hätte überhaupt keinen Zweck gehabt“, entgegnete Devlin.

Sein Bruder schüttelte den Kopf und seufzte. „Es ist mir völlig unverständlich, warum du nicht deinen berüchtigten Charme eingesetzt hast, um sie herumzukriegen. Ich kenne keine einzige Frau im gesamten Distrikt, die dir widerstehen könnte, wenn du es darauf anlegst, sie einzuwickeln. Außerdem hättest du nicht zu ihr rübergehen sollen, solange du noch in Rage warst. Ich habe dir doch geraten, dich erst wieder zu beruhigen. Aber nein, du musstest dich ja unbedingt gleich nach dem Viehtrieb zu ihr rüberrasen. Ich kenne dich doch, Dev. Bei der leisesten Provokation brüllst du los wie ein wilder Stier. Bei Frauen bringt das überhaupt nichts. Das nächste Mal sei einfach ein bisschen taktvoller.“

Das Letzte, was ich jetzt brauchte, ist eine Moralpredigt von einem Kerl, der grundsätzlich alle unangenehmen Auseinandersetzungen mir überlässt, dachte Devlin zähneknirschend. Diplomatie? Zur Hölle damit! „Es wird kein nächstes Mal geben“, brachte er missmutig hervor. „Wenn du wirklich glaubst, mit Charme und schönen Worten irgendeinen Erfolg erzielen zu können – und ich wette hundert zu eins dagegen – dann marschier doch rüber und versuch, sie mit schönen Worten zu überzeugen. Du kannst mindestens so reizend lächeln wie ich.“

Derrick hob abwehrend eine Hand. „Ich? Keine Chance! Nur weil wir eineiige Zwillinge sind, heißt dass nicht, dass ich jetzt in die Höhle der Löwin gehe, nachdem du sie gereizt hast. Sie bekommt mich zu Gesicht – denkt natürlich, ich wäre du, und dann … Nein, nein, mein Lieber.“

„Nun, sie hat tatsächlich eine teuflisch scharfe Zunge“, sagte Devlin zögernd. „Und vermutlich war es auch nicht gerade gut, dass meine Faust fast in ihrem Gesicht gelandet ist, als Miss Porter so abrupt die Tür aufgerissen hat.“

Derrick stöhnte frustriert auf. „Habe ich es doch gewusst! Und dann wunderst du dich über ihr Verhalten? Was hast du denn erwartet? Wenn ich an deiner Stelle gewesen wäre, hätte ich selbstverständlich manierlich die Türglocke bedient“, meinte er in selbstgefälligen Ton. „Dann hätte ich höflich gewartet, und es wäre gar nicht erst zu so einer Szene gekommen.“

Devlin betrachtete seinen Zwillingsbruder angewidert. Derrick hatte die nervtötende Angewohnheit, seinen Bruder ständig daran zu erinnern, dass er der Ältere und damit auch selbstverständlich der Reifere und Überlegenere war, wobei der Altersunterschied zwischen ihnen genau drei Minuten betrug.

„Ich schwöre dir, Dev, seit du dich vor ein paar Jahren von dieser Rothaarigen zum Narren hast machen lassen, bist du ständig mürrischer und gereizter geworden.“

„Vielen Dank, dass du mich daran erinnerst. Vielleicht blüht dir das ja auch noch“, knirschte Devlin.

Derrick starrte seinen Bruder wütend an, und der gab den Blick ebenso finster zurück.

„Okay“, sagte Derrick schließlich, „ich gebe zu, dass mir nicht im zarten Alter von fünfundzwanzig das Herz gebrochen worden ist.“

„Genau was ich dir sagen will. Du hast keinen Grund, hart und zynisch zu sein, und wärst in jedem Fall besser geeignet gewesen, mit Jessica Porter über ihren Zoo zu diskutieren. Die Frau sieht gar nicht mal so schlecht aus – aber das wirst du ja selbst sehen, wenn du rübergehst, um die Sache zu bereinigen.“

„Unsere neue Nachbarin ist also attraktiv?“, fragte Derrick.

„Geradezu umwerfend“, versicherte Devlin ihm trocken und zerdrückte seine Kartoffeln in der Sauce. „Du verstehst dich doch auf seichten Small Talk und wirst sie schon wieder gnädig stimmen, selbst wenn sie annehmen sollte, dass du ich bist. Vielleicht haut sie dich sogar dermaßen um, dass du …“

„Oh, nein!“, protestierte Derrick lautstark. „Das ist das Letzte, was ich jetzt tun werde. Ich glaube, dass ich bei Cassie im Moment ganz gute Karten habe, und bin nicht bereit, irgendein Risiko einzugehen. Ich werde mich unserer Nachbarranch keinesfalls bis auf eine Meile nähern, damit Cassie gar nicht erst auf falsche Gedanken kommt. Du hast Miss Porter auf die Palme gebracht, und du wirst auch dafür sorgen, dass sie da wieder runterkommt!“ Er steckte sich den letzten Bissen in den Mund und stand entschlossen auf. „Während du die Küche in Ordnung bringst, gehe ich schnell duschen, und dann bin ich auch schon verschwunden. Cassie und ich wollen uns einen Film ansehen. Du kannst diesen Abend sinnvoll damit verbringen, dich in Charme, Höflichkeit und Diplomatie zu üben. Und morgen Abend gehst du zu unserer reizenden Nachbarin hinüber, um ihr unter Bergen von Blumen und Pralinen deine Entschuldigung zu überbringen.“

„Du willst wohl, dass ich noch mal richtig Stress kriege, was?“, murrte Devlin. „Eher friert die Hölle zu.“

„Das ist dein Krieg, Bruder. Du hast ihn begonnen, und du musst ihn wieder beenden.“ Derrick runzelte seine dunklen Brauen. „Schaff das Problem aus der Welt, verstanden?“

Devlins Blicke bohrten sich wie Dolche in den breiten Rücken seines Bruders. Das Problem aus der Welt schaffen? Na gut! Die einzig mögliche Lösung war, Jessica Porter in einen Käfig zu ihren Tieren zu sperren und sie in ein Reservat zu verschiffen, das weit, weit weg von der Rocking-C-Ranch lag.

Eine Stunde später, als Devlin es sich vor dem Haus auf der Hollywoodschaukel bequem gemacht hatte, um die Zeitung zu lesen, durchdrang ein gespenstischer Schrei die abendliche Stille, und er fühlte, wie sich seine Nackenhaare unwillkürlich aufstellten. Ein Puma, dachte er grollend und knirschte mit den Zähnen, während er die Wildkatze in der Ferne schreien hörte. Jeden Abend um die gleiche Zeit setzte dieses gruselige Orchester ein. Die Drachenlady mit Charme aus der Reserve locken? Nicht in einer Million Jahre!

Das nervtötende Brüllen und Schreien nahm noch an Intensität zu. Devlin feuerte die Zeitung auf den Verandaboden und stürmte ins Haus. Sicher gab es ein Gesetz gegen diese Art von Ruhestörung. Er spielte mit dem Gedanken, Sheriff Osborn anzurufen und zu sich auf die Ranch zu bitten, um ihm einen Eindruck von dem unerträglichen Lärm zu vermitteln. Vielleicht würde dann endlich etwas gegen sie unternommen werden.

2. KAPITEL

„Guten Morgen, Boss“, wurde Jessica in enthusiastischem Ton von Teresa Harper begrüßt, als sie ihr Büro betrat.

„Guten Morgen.“ Jessica stellte ihren Aktenkoffer auf dem Schreibtisch ab und lächelte ihrer rothaarigen Sekretärin zu. Es fiel ihr immer noch schwer, in Teresa jene Frau wieder zu erkennen, die vor wenigen Monaten völlig verstört in ihrem Büro aufgetaucht war und sie um Arbeit gebeten hatte. Sie schien damals keinen Funken Selbstvertrauen zu haben. Unter Tränen hatte die verzweifelte Frau ihre Geschichte herausgestammelt. Teresa hatte es nur mit Mühe geschafft, ihrem gewalttätigen Mann zu entkommen. Sie lebte jetzt in Scheidung und war nach Buzzard’s Grove gezogen, um eine möglichst große Distanz zwischen sich und ihren Ex zu bringen.

Sie brauchte unbedingt eine Chance für einen Neuanfang und Jessica hatte ihr sofort geholfen, da sie selbst nur zu genau wusste, wie es war, auf sich allein gestellt zu sein und nicht zu wissen, wo man die nächste Mahlzeit hernehmen sollte. Deshalb hatte sie Teresa vom Fleck weg angestellt, obwohl sie keine Ausbildung als Sekretärin vorweisen konnte.

Jessica hatte ein passendes Apartment für sie gesucht und den Umzug bezahlt, ihr einige Kleidungsstücke aus ihrer eigenen Garderobe angeboten und damit eine treu ergebene Freundin und Angestellte gewonnen.

Um Jessica ihre Freundlichkeit wenigstens etwas vergelten zu können, hatte Teresa etliche Überstunden gemacht, um sich fortzubilden, und gab sich die allergrößte Mühe im Umgang mit den Klienten. Sie hatte sich selbst mit den Abläufen im Büro vertraut gemacht, und war mit der Zeit in der Lage gewesen, Jessica immer mehr Telefonate und Briefe abzunehmen. Als einzige staatlich anerkannte Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin in der Stadt hatte Jessica meist mehr zu tun, als ihr lieb war. Das war auch der Grund, warum die notwendigen Reparaturarbeiten auf der Farm nur zögerlich voranschritten.

„Der Tag gestern war absolut tödlich, oder?“, sagte Teresa, während sie eine Tasse Kaffee und ein selbst gebackenes Zimtbrötchen vor Jessica hinstellte. „Ich hätte fast meine Fassung verloren, als dieser seltsame alte Mann hier aufgetaucht ist und den Aufstand geprobt hat, weil Sie sich geweigert haben, seine Steuererklärung zu frisieren. Einen Moment lang hatte ich das Gefühl, meinem Ex gegenüberzustehen. Zum Glück sind Sie noch rechtzeitig aufgetaucht, um ihm Ihren Standpunkt unmissverständlich klarzumachen.“ Teresa lächelte. „Ich bewundere Sie wirklich dafür, wie wenig Sie sich durch diesen Kerl haben beeindrucken lassen.“

Jessica biss genussvoll in ein warmes Zimtbrötchen. Ihre Geschmacksknospen führten einen wahren Freudentanz auf. Teresa war nicht nur ein Traum von einer Sekretärin, sie war auch noch eine ausgezeichnete Köchin und brachte oft delikate Sandwiches oder leckeres Gebäck mit.

„Vielen Dank für das Kompliment, Teresa. Ich habe inzwischen einige Übung darin, mich gegen die Attacken solcher Typen zu wehren. Außerdem war Edgar Stokes nur so etwas wie ein Aufwärmtraining für den dreisten Kerl, der gestern Abend bei mir auf der Ranch aufgetaucht ist.“

Teresas haselnussbraune Augen weiteten sich entsetzt. „Oh, wie schrecklich! Er hat doch wohl nicht versucht, Ihnen etwas anzutun? Soll ich Sheriff Osborn verständigen? Könnten Sie den Angreifer identifizieren?“

„Auf jeden Fall. Es war mein nächster Nachbar, der mir sein Missfallen über meinen Zoo kundgetan hat. Kein Grund, den Sheriff zu verständigen.“

„Ich hoffe, Sie haben ihm ordentlich Bescheid gegeben.“

„Wir haben es uns beide ganz schön gegeben“, sagte Jessica trocken und gönnte sich einen weiteren Bissen von dem leckeren Brötchen. „Dieser selbstgefällige Cowboy hat mir unverblümt mitgeteilt, dass sich seine Rinder und Schafe durch meine Tiere gestört fühlen, und hat doch tatsächlich von mir verlangt, dass ich für seine zerstörten Zäune und seine Arbeitszeit aufkommen soll.“

„Wie heißt diese seltsame Typ?“, fragte Teresa neugierig.

„Devlin Callahan.“

„Nie von ihm gehört, aber ich bin ja auch erst seit ein paar Monaten in der Stadt. Offensichtlich ist er keiner unseren Klienten.“

Damit hatte sie recht, überlegte Jessica. Es war Teresas persönlicher Ehrgeiz, jeden einzelnen Klienten namentlich zu kennen. Devlin Callahan hatte nie zu ihren Klienten gehört, und an diesem Umstand würde sich auch ganz sicher nichts ändern. Jessica würde sich in jedem Fall weigern, sich beruflich mit der Rocking-C-Ranch zu befassen, selbst wenn Callahan sie auf Knien darum bäte. Je weniger sie mit ihm zu tun hatte, umso besser.

„Oh! Da ist ja Sheriff Osborn!“, rief Teresa aus und wies mit dem Kopf zum Fenster. „Er fährt gerade auf den Parkplatz des Good Grub Diner. Möchten Sie, dass ich rübergehe und mich in Ihrem Namen über Ihren Nachbarn beschwere? Es würde mir nichts ausmachen.“

Jessica schaute zum Fenster, und hätte sich fast an ihrem Brötchen verschluckt. Nicht nur Sheriff Osborn war an diesem Morgen unterwegs. Sie starrte auf Devlin Callahan, der gerade aus seinem feuerroten Pick-up sprang und entschlossen auf den Sheriff zuging. Kein Zweifel, dieses schwarzäugige Monster war ihr zuvorgekommen.

Gegen ihren Willen konnte Jessica ihre Augen einfach nicht von Callahans Profil abwenden. Diese Mann sah aber auch wirklich unverschämt gut aus. Wenn es im Leben fair zuginge, müsste sich Callahans fieser Charakter eigentlich auch in seinem Äußeren niederschlagen, dachte sie.

„Wow, wer ist der Typ, der da mit dem Sheriff spricht?“, fragte Teresa aufgeregt und drückte ihre Nase an der Fensterscheibe platt. „Er sieht aus wie ein Filmstar.“

„Das ist Callahan“, sagte Jessica knapp. „Lassen Sie sich von seiner glänzenden Fassade bloß nicht täuschen. Während wir uns hier unterhalten, ist er ohne jeden Zweifel dabei, den Sheriff davon zu überzeugen, dass ich samt meiner exotischen Tiere verschwinden muss, damit der allmächtige Mr. Callahan sein Rinderkönigreich endlich wieder für sich allein hat.“

In der Tat war Devlin gerade dabei, Sheriff Osborn seine Klagen vorzutragen, ganz wie Jessica es vermutet hatte.

„Ich verstehe, dass du unausgeschlafen und überreizt bist, wenn du schon seit fünf Uhr auf den Beinen bist, um deine versprengten Rinder wieder einzufangen“, sagte Reed Osborn mitfühlend. „Aber Miss Porters Land ist als Zufluchtsstätte für diese Tiere ausgewiesen worden. Sie hat die Genehmigung von der Association of Sanctuaries. Diese Vereinigung hat landesweit zwanzig ähnliche Gehege wie dieses für hilflose Tiere eingerichtet. Jessica Porters Anlage hat Vorbildcharakter und einen ausgezeichneten Ruf, und das Komitee hat erst vor einigen Monaten zwei große Katzen in ihre Obhut gegeben.“

„Zwei Raubkatzen?“, stieß Devlin hervor. „So was wie Löwen oder Tiger? Kein Wunder, dass meine Tiere durchdrehen und ausbrechen! Ernsthaft, Reed, Ich muss dringend Futtergetreide einsäen. Derrick und ich müssen uns um unsere Traktoren und die anderen landwirtschaftlichen Geräte kümmern. Wir können es uns einfach nicht leisten, ständig unseren ausgebrochenen Tieren hinterherzuhetzen. Das muss ein Ende haben. Ich habe keine Sekunde Ruhe und ersticke förmlich in Rechnungen über Draht und Pfähle.“

Reed zuckte hilflos mit den Schultern und seufzte. „Ich verstehe dich ja, Devlin, aber es gibt wenig, was ich für dich tun kann. Keines von den wilden Tieren ist je ausgebrochen und hat andere Tiere oder gar Menschen bedroht. Warum treibst du deine Tiere nicht auf abgelegenere Weiden und schaffst eine möglichst große Distanz zu den Exoten?“

„Meine Rinder brauchen diese Weiden zum Überleben. Frühestens im nächsten Jahr kann ich meine Tiere umsiedeln, allerdings dann auf völlig ausgedörrte Weiden, wegen der anhaltenden Trockenheit. Und noch etwas“, fügte Devlin hastig hinzu. „Diese Frau hat einfach den Fluss gestaut, als sie im Sommer ihren Privatteich angelegt hat. Ihre Viecher toben im Teich herum, während meine Rinder fast verdursten. Seit über einem Monat muss ich täglich Wasser auf die Weiden schaffen.“

Reed Osborn senkte seinen Kopf. „Damit könntest du eventuell durchkommen, Dev. Möchtest du, dass ich mit ihr darüber rede?“

„Nichts würde mich glücklicher machen“, versicherte Devlin mit einiger Befriedigung. „Denn ich möchte lieber nicht mehr mit dieser Frau verhandeln. Ich könnte schwören, dass sie mich mit irgendeinem Fluch belegt hat. Wir haben nicht einen anständigen Regenguss gehabt, seit sie den Fluss gestaut hat. Das Gras verdorrt, und die Zaunreparaturen kosten uns den letzten Dollar. Seit sie hier aufgetaucht ist, läuft alles schief.“

Reed grinste amüsiert. „Du willst sie persönlich für die zweimonatige Trockenheit und die Rekordhitzewelle verantwortlich machen?“

„Würde mich kein bisschen überraschen, wenn sie tatsächlich etwas damit zu tun hätte“, knurrte Devlin. „Ich würde ihr ja gern offen ins Gesicht sagen, dass ich sie für eine Hexe halte, aber sie würde mir garantiert eine Verleumdungsklage anhängen und dann die Rocking-C-Ranch übernehmen und mit Killerkatzen, brüllenden Bären und der Himmel weiß was noch für Kreaturen bevölkern.“

„Jessica Porter – eine Hexe?“ Reed zog seine Augenbrauen hoch. „Sprechen wir eigentlich über die gleiche reizende, charmante Frau? Die Dame, die ich kenne, ist eine Bilderbuchbürgerin. Du glaubst gar nicht, wie viele Hilfsverbände sie monatlich großzügig unterstützt, seit sie hergezogen ist. Sie ist Mitglied in sämtlichen Organisationen, die sich mit Jugendarbeit und unterprivilegierten Kinder befassen.“

Devlin machte ein verdutztes Gesicht und versuchte die neuen Informationen über die Drachenlady zu verdauen. „Reizend und charmant, ja?“ Er riss seinen Arm hoch und zeigte mit ausgestrecktem Finger auf das Gebäude gegenüber des Good Grub Diner. „Sprechen wir über die Jessica Porter, deren Büro sich in dem Haus gegenüber von uns beiden befindet? Die Frau mit der schärfsten Zunge, die ich je erlebt habe, auch wenn sie aussieht wie die Miss September aus meinem Kalender?“

Reed lachte laut. „Tja, genau die meine ich. Sie hat zum Beispiel eine Frau bei sich angestellt, die ihrem gewalttätigen Ehemann weggelaufen ist. Sie ist höchstpersönlich in mein Büro gekommen, um eine einstweilige Verfügung gegen den Kerl zu erwirken, sollte er je in diesem Distrikt auftauchen und versuchen, seine Exfrau zu terrorisieren. Du solltest sehen, wie positiv sich Teresa verändert hat, seit Jessica das arme Ding unter ihre Fittiche genommen hat.“

„Ach, ja? Wahrscheinlich hat sie die arme Frau auch zu einer Hexe gemacht.“

„Zur Hölle, nein!“, sagte Reed, jetzt wirklich aufgebracht. „Ich versichere dir, diese Frau ist eine Heilige. Tatsache ist, das sie Teresa auch ein Apartment besorgt und nicht nur den Umzug, sondern sogar noch die Miete für den ersten Monat bezahlt hat.“

Das haute Devlin um. Reed glaubte tatsächlich, die Drachenlady sei eine Heilige? Vielleicht lag es ja wirklich an ihm, dass er das Schlimmste in diesem Superweib weckte. Allem Anschein nach hatte Miss Jessica Porter nur mit einem einzigen Menschen Schwierigkeiten, nämlich mit ihrem nächsten Nachbarn.

„Ich schlage vor, dass du und der Rest des Jessica-Porter-Fanclubs mal zu mir auf die Ranch kommt und dort zeltet. Mal sehen, wie es euch gefällt“, entgegnete Devlin mürrisch. „Nach einem nächtlichen Dschungelkonzert und dem Brüllen und Blöken der verängstigten Rinder und Schafe werdet ihr eure Meinung garantiert ändern. Diese Frau und ihr Zoo sind eine Plage, die mich noch zum Wahnsinn treibt.“

„Ich werde mit Jessica wegen des gestauten Wassers sprechen, aber ihr beide müsst euch irgendwie einigen. Das ist ein Befehl.“ Er schaute Devlin eindringlich an. „Ich habe hier wirklich genügend echte Probleme, als das ich mich noch um das Geplänkel zwischen zwei Nachbarn kümmern könnte. Setz lieber etwas von deinem berühmten Charme ein, anstatt deinem überschäumenden Temperament die Zügel schießen zu lassen.“

Devlin knirschte mit den Zähnen. Das war bereits das zweite Mal in vierundzwanzig Stunden, dass er aufgefordert wurde, seinen Charme spielen zu lassen.

„Es ist mein Ernst, Dev.“ Reed fixierte Devlin streng. „Du wirst zu dieser Frau ganz besonders freundlich sein, hast du mich verstanden? Sie tut eine Menge Gutes in Buzzard’s Grove. Jeder hier respektiert sie. Es würde weder ihrem noch deinem Ansehen gut tun, wenn ihr unsere Stadt als euer persönliches Schlachtfeld benutzen würdet. Ich müsste euch beide wegen Störung des öffentlichen Friedens …“

„Und was ist mit meinem privaten Frieden, der täglich durch ihren verdammten Zoo gestört wird?“, stieß Devlin aufgebracht hervor.

„Um Himmels willen, Dev! Jessicas Tiere sind sicher eingesperrt und stellen keinerlei Bedrohung dar. Was willst du dagegen unternehmen? Versuchen, die Tierhilfsorganisationen zu verbieten? Doch sicherlich nicht. Ich habe jetzt genug Zeit mit dir verschwendet. Und du solltest deine Zeit auch lieber dazu verwenden, deine Zäune zu flicken.“

„Das habe ich schon oft genug getan“, sagte Devlin grimmig.

Reed schaute ihn einen Augenblick nachdenklich an und lächelte dann freundschaftlich. „Hör mal, Dev. Nur weil dir jemand vor Jahren das Herz gebrochen hat, brauchst du doch deinen Frust nicht an allen anderen Frau auszulassen, und ganz besonders nicht an Jessica Porter.“

Verärgert trat Devlin einen Schritt zurück. „Seit wann ist mein Privatleben eigentlich zum Gegenstand des öffentlichen Interesses geworden? Zur Hölle, ich fühle mich langsam wie ein Fisch im Aquarium.“

Reed Osborn zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. „Typisch Kleinstadt eben. Außerdem waren dein Bruder und du doch schon immer für Klatschgeschichten gut. Ihr seid beide attraktiv, erfolgreich und begehrte Junggesellen. Damit musst du dich abfinden, Callahan. Ich wünschte, ich hätte deine Probleme.“

Devlin wandte sich abrupt zu seinem Wagen um. „Vergiss nicht, mit Jessica Porter über die Wassergeschichte zu reden“, sagte er, über die Schulter blickend.

„Okay, aber polier du dein Lächeln auf, und lass deinen Charme spielen“, ermahnte ihn der Sheriff. „Beende deine Streitereien mit Miss Porter, oder ich knöpfe mir euch beide vor. Verstanden?“

Leise fluchend schwang Devlin sich in seinen Pick-up und fuhr wieder heim. Im Rückspiegel warf er einen Blick auf die Ladefläche, auf der sich neue Holzpfähle und Stacheldrahtrollen häuften. Verdammt, wenn ihm nur eine Möglichkeit einfallen würde, diesen infernalischen Dschungellärm zu unterbinden, dann müsste er gar keine neuen Zäune ziehen.

Eine Idee schoss durch seinen Kopf, und das erste Mal an diesem Tag lächelte Devlin. Kurz entschlossen wendete er seinen Wagen und hielt wenig später mit quietschenden Reifen vor einem Elektroladen, um eine große Kabeltrommel zu kaufen. Vielleicht würde er mit flotter Countrymusic das unerträgliche Heulen, Brüllen und Schreien übertönen und damit Miss Porter endlich mal eine Dosis ihrer eigenen Medizin verpassen können.

Jessica wischte sich den Schweiß von der Stirn und maß die Lücke nach, die sie in den Damm vor ihrem Teich gegraben hatte. Auf Drängen ihres streitsüchtigen Nachbarn hatte der Sheriff von ihr verlangt, dass sie Wasser aus ihrem Teich in den Fluss leiten sollte, der über Callahans Land führte. Beschämt hatte sie sich eingestanden, dass sie sich bisher keinerlei Gedanken darüber gemacht hatte, inwieweit der Bau ihrer Teichanlage seine Wasserzufuhr beeinträchtigt hatte. Das war wirklich sehr rücksichtslos von ihr gewesen.

Vielleicht war sie tatsächlich zu hart mit dem Mann umgesprungen. Immerhin war es nicht Devlins Schuld, dass sein gutes Aussehen und sein muskelbepackter Körper sie an ihren treulosen Exverlobten erinnerten.

„Du bist wirklich nicht sehr fair gewesen, Jess“, sagte sie laut und vorwurfsvoll zu sich selbst. Mutter Gans schnatterte zustimmend und flatterte dann zum Teich hinüber, um ihr abendliches Bad zu nehmen. Während das Wasser durch die Schneise sickerte, begann Jessica zu beiden Seiten des Durchlasses Steine aufzuschichten, damit zukünftige Regenfälle nicht das lockere Erdreich wegspülen konnten.

Was soll ich nur mit Devlin Callahan anfangen? dachte sie, kam jedoch zu keinem Entschluss. Plötzlich fiel ihr ein, wie sie ihrem unfreundlichen Nachbarn wenigstens ein wenig entgegenkommen konnte. Sie würde einfach die Käfige der Raubkatzen auf einem anderen Teil ihres Landes aufstellen, wo der kleine Wald und die sanften Hügel einen Großteil der Geräusche schlucken würden. Tja, vielleicht klappte es sogar noch an diesem Wochenende. Die Käfige standen auf Rädern, sodass sie nur eine Kette an ihrem Wagen befestigen musste, um sie auf die Westseite ihres Grundstücks zu ziehen.

Jessica seufzte schläfrig, als sie wenig später nach einer schnellen Mikrowellenmahlzeit lang ausgestreckt auf ihrem Sofa lag. Oh Mann, das war eine harte Woche gewesen und sie ist noch nicht vorbei, dachte sie gähnend und schloss ihre Augen. Sie war kaum eingenickt, als sie schon wieder erschrocken hochfuhr. Sie brauchte einen Moment, um den infernalischen Lärm, der ihre Fensterscheiben zum Zittern brachte, als Countrymusic zu identifizieren. Garth Brooks sang inbrünstig Ain’t Goin’ Down Till the Sun Comes Up, und die Coyoten und Wölfe heulten mit ihm um die Wette.

„Was zum Teufel …!“ Jessica sprang auf die Füße und schleppte sich auf wackeligen Beinen zum Fenster. Die Dunkelheit war inzwischen hereingebrochen, und in der Ferne konnte sie nur ganz schwach kleine Lichter in Richtung der Rocking-C-Ranch ausmachen.

Es dauerte einen Moment, bis ihr dämmerte, dass Devlin seine Stereoanlage bis zum Anschlag aufgerissen hatte, um die Geräuschkulisse ihrer Exoten zu übertönen. Fluchend ging Jessica zur Hintertür, um festzustellen, wie ihre Tiere auf diesen ohrenbetäubenden Lärm reagierten. Sicher randalierten sie in ihren Käfigen. Die Tukane und Kakadus flatterten aufgeregt umher und versuchten aus ihrer Voliere zu entfliehen; die Pferde donnerten mit den Hufen gegen die Boxentüren.

Wütend lief Jessica ins Haus zurück und griff zum Telefonbuch, um die Nummer der Rocking-C-Ranch herauszusuchen. Ungeduldig wartete sie darauf, das Devlin am anderen Ende abnahm.

„Hallo“, meldete sich eine dunkle, samtweiche Stimme. Jessica schüttelte sich unwillkürlich, um sich nicht von diesem einschmeichelnden Ton einlullen zu lassen. Immerhin wusste sie ja, wem dieses trügerische Organ gehörte.

„Devlin Callahan, ich …“

„Warten Sie eine Sekunde.“

Einen Moment später meldete sich die verführerische Stimme zurück, und Jessica versuchte den leichten Schauer zu ignorieren, der über ihren Rücken fuhr. Sie schäumte vor Wut und würde diesem Kerl nicht erlauben, sie mit seiner sexy Schlafzimmerstimme zu beschwichtigen.

„Callahan, hier spricht Porter“, fauchte sie. „Bewegen Sie Ihren Hintern, und ziehen Sie sofort den Stecker aus Ihrer verdammten Stereoanlage!“

„Tut mir leid, Schätzchen“, schnurrte er. „Aber ich bin viel zu müde, um noch mal aufzustehen. Ich war seit dem Morgengrauen auf den Beinen, um meine versprengten Rinder einzufangen.“

„Na und?“, stieß sie ärgerlich hervor. „Ihre Musik macht meine Tiere verrückt.“

„Na, dann wissen Sie ja endlich, wie sich meine Rinder und Schafe fühlen“, gab er sarkastisch zurück.

„Hören Sie, Callahan, ich habe den ganzen Abend damit verbracht, meinen Damm zu öffnen, damit Ihre Tiere wieder Wasser haben. Jetzt bin ich zu Tode erschöpft und brauche endlich etwas Schlaf.“

„Vielen Dank, das ist sehr nachbarschaftlich von Ihnen, Porter. Ich wünschte nur, das wäre Ihnen schon vor ein paar Monaten eingefallen.“

„Ich hätte es sofort getan, wenn Sie mir nur einen Ton gesagt hätten“, antwortete sie. „Es war mir nicht bewusst, dass ich Ihnen damit Probleme verursacht habe.“

„Und es ist Ihrer Aufmerksamkeit auch entgangen, dass Ihr Zoo meine Herde terrorisiert und dass die Tiere, die Sie sicherlich heute Morgen auf dem Weg zu Ihrer Arbeit am Straßenrand haben grasen sehen, eigentlich auf meiner Weide sein sollten? Haben Sie sich schon mal überlegt, was passiert, wenn ein Auto mit einem Rind zusammenprallt, Blondie? Nicht nur, dass das Tier in der Kühltruhe landet, nein, ich muss wieder Geld investieren, um meine Herde zu ergänzen, gar nicht zu reden von einem Prozess bei möglichem Personenschaden.“

„Nun, ich …“ Jessica konnte ihren Satz nicht zu Ende bringen, weil Devlin sich inzwischen richtig in Rage geredet hatte.

„Aber ich glaube, Sie sind so sehr mit sich selbst und Ihren wilden Tieren beschäftigt, dass Sie gar keinen Gedanken auf die Probleme Ihres nächsten Nachbarn verschwenden. Haben Sie jemals darüber nachgedacht? Hm? Nein? Ich glaube jedenfalls nicht! Und was die Countrymusic betrifft, Porter, die gefällt meinen Rindern ganz besonders gut. Außerdem übertönt sie die Dschungellaute Ihrer heiß geliebten Schützlinge, vor denen sich meine Tiere fürchten. Zögern Sie nicht, mich anzurufen, falls Ihre Exoten ausbrechen sollten. Ich komme dann sofort mit meinem Gewehr rüber und erledige das für Sie.“

„Sie sind wirklich ein Riesenrindvieh, Callahan, wissen Sie das? Gerade hatte ich mir eingeredet, dass ich vielleicht wirklich zu hart zu Ihnen gewesen bin. Ich hatte mir sogar überlegt, aus Mitleid …“

„He, Lady! Das Letzte, was ich von Ihnen will, ist Mitleid.“

„Sie sollten nehmen, was Sie kriegen können.“

„Wenn ich Sie dazu bringen könnte, Ihre Sachen zu packen und von hier zu verschwinden, dann wäre ich der glücklichste Mann auf Erden. Dies war ein friedlicher Ort zum Leben und Arbeiten, bis Sie und Ihre Ungeheuer hier aufgetaucht sind.“

„Es reicht, Callahan! Jetzt haben Sie mich wirklich wütend gemacht“, explodierte Jessica.

„Na, und was wollen Sie dagegen tun, Darling? Rüberkommen und mich mit Teer übergießen?“, fragte er zynisch.

„Nein, ich werde mich an den Sheriff wenden, und der kann Ihnen dann etwas über nächtliche Ruhestörung erzählen“, keifte sie zurück.

„Der Sheriff weigert sich, in diese Sache hineingezogen zu werden. Ich weiß es, weil ich ihn bereits auf die Störung meiner Ruhe hingewiesen habe. Das müssen wir schon beide allein austragen. Aber keine Angst, Blondie, geben Sie der Countrymusic nur eine Woche, und ich schwöre, Ihre Tiere werden davon genauso begeistert sein, wie es meine bereits sind.“

Bevor Jessica genügend Luft bekam, um ihm entsprechend zu antworten, hatte er aufgehängt. Fassungslos starrte sie das Telefon an. Sie hasste den Gedanken, dass der verdammte Cowboy das letzte Wort behalten hatte. Bestimmt genoss er diese Tatsache und betrachte es als Revanche dafür, dass sie ihm gestern die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte.

Jessica knallte den Hörer auf die Gabel und stürzte nach oben in ihr Schlafzimmer. Dort warf sie sich in voller Montur auf ihr Bett und presste die dicken Kissen gegen ihre Ohren. Es half überhaupt nicht. Deutlich konnte sie Allan Jackson hören, der Don’t Rock the Jukebox schmetterte.

„Dieser verdammte Kerl!“, schrie sie.

„Du hast was getan?“, fragte Derrick ungläubig.

„Hast du doch gerade gehört“, sagte Devlin und rührte in seinem Müsli herum. „Ich habe die Stereoanlage voll aufgedreht, um das Gebrüll ihrer wilden Tiere zu übertönen.“

Derrick warf ihm einen spöttischen Blick zu. „Und das ist deine Vorstellung von einem Kompromiss, ja?“

„Tja, das Gespräch mit dem Sheriff hat mich kein Stück weitergebracht“, meinte Devlin. „Unsere liebe Nachbarin hat ihn anscheinend so eingewickelt, dass er sie tatsächlich als Gottes Geschenk an die Menschheit sieht. Aber wenigstens hat er sie davon überzeugen können, ein Loch in ihren Damm zu schlagen, sodass unsere Rinder wieder Wasser haben. Sie hat es gleich gestern Abend erledigt.“

„So, und um dich dafür zu bedanken, hast du die Boxen rausgestellt und sie vollgedröhnt.“

Devlin rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum. „Wie sollte ich denn wissen, dass sie so schnell nachgeben würde?“

Sein Bruder schlug mit der Faust auf den Tisch. „Das ist absolut kindisch, Dev! Du bist dabei, das Ganze in einen hässlichen Kleinkrieg entarten zu lassen. Ich hatte gehofft, du hättest dich zusammengerissen und seist zu Jessica Porter hinübergefahren, um mit ihr Frieden zu schließen. Wenn sie nur halb so großzügig und sozial eingestellt ist, wie der Sheriff behauptet, dann bist in jedem Fall du der Verlierer in diesem unsinnigen Kampf. Ganz abgesehen davon, dass die Leute denken könnten, ich sei ein Teil dieses Schwachsinnskomplotts – wovon ich mich ausdrücklich distanzieren werde.“

Devlin fixierte seinen eineiigen Zwilling mit einem düsteren Blick. „Willst du dich etwa hier hinstellen und mir erklären, dass es dir nicht auf den Geist geht, fast täglich ausgebrochene Rinder wieder einfangen zu müssen?“

„Natürlich nicht. Aber ich werde neue, stabilere Zäune ziehen, wenn das hilft, den Frieden wieder herzustellen. Ich habe vor, meine freie Zeit hauptsächlich mit Cassie Dixon zu verbringen. Und sie steht hundertprozentig auf Jessica Porters Seite.“ Derrick starrte seinen Bruder anklagend an. „Bitte, Dev. Leg endlich die Waffen nieder. Lern die Frau doch erst einmal näher kennen, ehe du ein Urteil über sie fällst. Finde heraus, warum sie sich überhaupt auf diesen Kreuzzug eingelassen hat, und versuch ihr klarzumachen, dass die Rinder und die Schafe unseren Lebensunterhalt bedeuten und dass es ohnehin schon schwere Zeiten für Farmer sind. Versuch wieder der nette, vernünftige Kerl zu sein, der du warst, bevor Sandi Saxon dich wegen dieses schmierigen Winkeladvokaten hat sitzen lassen. Hör auf, so misstrauisch und verbissen zu sein, wenn es um Frauen geht.“

Derrick stand auf und trug sein schmutziges Geschirr zur Spüle. „Ich gehe jetzt den Ölwechsel machen und kümmere mich um die beiden Traktoren. Du kannst in der Zeit schon mal die Drillmaschine durchchecken.“ Er warf einen zweifelnden Blick aus dem Fenster. „Da hängen ein paar dunkle Wolken am Horizont, möglicherweise bekommen wir noch Regen, ehe wir die Saat in den Boden gebracht habe.“

„Es wäre ja auch zu schön, wenn mal etwas klappen würde“, entgegnete Devlin brummig.

„Oh, ehe ich es vergesse, ich werde heute Abend nicht hier sein, um zu kochen. Cassie hat mich eingeladen, in ihrem Restaurant mit ihr zu essen. Du hast das Haus für dich, Dev.“

Als Derrick gegangen war, räumte Devlin gedankenverloren den Frühstückstisch ab und ärgerte sich über die Standpauke seines Bruders. Doch um bei der Wahrheit zu bleiben – irgendwie genoss er das Scharmützel mit Jessica Porter. Sie war schlagfertig und aufsässig, und aus einem unerfindlichen Grund amüsierte sie ihn.

Der Lärmterror war ihm als ein gelungener Racheakt erschienen. Aber dann hatte er erfahren, dass Miss Porter den ganzen Abend gebuddelt hatte, um seine Rinder wieder mit Wasser zu versorgen und er ihr als Dank dafür den wohlverdienten Schlaf geraubt hatte. Verdammt, alles, was er in Bezug auf Jessica Porter zu unternehmen versuchte, wandte sich wie ein Bumerang gegen ihn selbst.

Okay, vielleicht war es wirklich an der Zeit, eine andere Taktik anzuwenden. Devlin konnte durchaus reizend und charmant sein, wenn die Situation es erforderte. Und zugegeben, er hatte wirklich die Tendenz, seinen Frust über das, was Sandi Saxon ihm angetan hatte, an anderen Frauen auszulassen.

Aber warum nicht mal zu Abwechslung etwas Theater spielen? Er würde das Ganze als eine Art Übung ansehen, um zu lernen, sein Temperament zu beherrschen. Wenn es ihm gelingen sollte, die Drachenlady dazu zu bringen, ihm aus der Hand zu fressen, würde er es auch bei allen anderen Frauen schaffen.

Nach dem Abendessen wollte er zu Miss Porter hinüberfahren. Die Frau würde ohnehin keine Chance haben, wenn er erst seinen altbewährten Callahan-Charme einsetzte. Er würde so höflich und zuvorkommend sein, dass der Drachen … Miss Porter … nicht begreifen würde, wie sie jemals etwas gegen ihn hatte haben können.

3. KAPITEL

Als Jessica von der Arbeit nach Hause kam, war sie so müde, dass sie kaum einen Fuß vor den anderen setzen konnte. Dank Devlins hirnrissigem Streich und dem damit verbundenen Schlafentzug war sie in ihrem Büro eingenickt und irgendwann später mit dem Gesicht auf einem Steuererklärungsformular wieder aufgewacht. Wenn ihre Sekretärin nicht freiwillig Überstunden gemacht hätte, um die anstehenden Steuererklärungen abzutippen und zur Post zu bringen, hätte Jessica ihre Termine nicht einhalten können. Teresa scheuchte ihre Chefin energisch aus dem Büro und ermahnte sie, sofort nach Hause zu fahren und sich hinzulegen.

Und genau das war es, was Jessica jetzt zu tun beabsichtigte, jedenfalls gleich, nachdem sie ihre Tiere gefüttert hätte. Ein schneller Blick zum bedeckten Himmel erinnerte sie daran, dass der Wetterbericht im Fernsehen ein Ende der Trockenperiode prophezeit hatte, was sich gleich als Test für ihren durchbrochenen Damm erweisen würde.

Jessica zog sich um und machte sich etwas halbherzig auf ihre gewohnte Runde. Vierzig Minuten später hatte sie sich gerade hingesetzt, um wieder ein Fertiggericht aus der Mikrowelle einzunehmen, als es an der Haustür klopfte. Stirnrunzelnd und mit steifen Beinen kam sie auf die Füße, stellte ihren Plastikteller zur Seite und ging nach vorn, um zu öffnen. Mit offenem Mund starrte sie Devlin Callahan an, der in einem gestärkten Westernhemd, hautengen Jeans und polierten Cowboystiefeln vor ihr stand. Sie zog die Augenbrauen hoch und wartete stumm auf eine Erklärung.

Kein Mann, und schon gar nicht dieser, hat das Recht, so attraktiv auszusehen, schoss es ihr durch den Kopf. Als er ihr dann noch ein geradezu unwiderstehliches Lächeln schenkte und sie den Rosenstrauß entdeckte, den er ihr mit einer gebräunten, unberingten, kräftigen Hand entgegenstreckte, wurden ihr die Knie weich.

Rosen für sie? Das musste ein Irrtum sein. Dieser Mann hasste sie schließlich, dessen war sie sich ganz sicher.

Jessica war im Moment weder physisch noch emotional auf so einen direkten Angriff vorbereitet. Sie fühlte sich viel zu erschöpft, um sich auf einen erneuten Schlagabtausch mit ihrem Nachbarn einzulassen, besonders nicht, wenn er es offensichtlich darauf angelegt hatte, sich als der sexuelle Wunschtraum einer jeden normalen Frau zu präsentieren.

„Ich habe Ihnen Rosen mitgebracht, weil …“, begann er.

Jessica tat das Einzige, was ihr einfiel, um sich von diesem verführerischen Teufel nicht überwältigen zu lassen – sie schlug ihm die Tür vor der Nase zu.

Die Rosen, die er in seiner ausgestreckten Hand gehalten hatte, wurden durch diese überraschende Aktion mit einem einzigen Hieb geköpft. Jessica schaute benommen auf die abgetrennten Blüten, die um ihre dreckigen Stiefel verteilt lagen, und warf dann einen schnellen Blick an sich herunter. Himmel, sie musste wie ein ausgesetztes Waisenkind aussehen, in ihrem engen T-Shirt mit dem Dschungelmotiven und der zerschlissenen Jeans, die sie nachlässig in die alten Stiefel gestopft hatte. Ihr halb aufgelöster Pferdeschwanz hing ihr in wirren Strähnen ins Gesicht, garniert mit Grashalmen und Stroh. Kein bisschen Make-up verschönte ihr Gesicht oder verdeckte wenigstens die dunklen Ringe unter ihren Augen. Kurz gesagt, sie bot einen erbärmlichen Anblick, und Devlin sah aufregend genug aus, um …

Nun, damit hatte sie wohl jede Chance auf eine Versöhnung verspielt, wenn das überhaupt der Grund seines Kommens gewesen war. Wenn nicht, war es ohnehin gleichgültig, wie sie aussah oder in was für einer seelischen Verfassung sie sich befand.

Frustriert über ihre typisch weibliche Reaktion auf diesen Mann, den sie nicht einmal ausstehen konnte, marschierte Jessica ins Wohnzimmer, warf sich auf ihr Sofa und hoffte, Devlin würde einfach wieder verschwinden.

Der starrte auf die kopflosen Stiele in seiner Hand und redete sich gut zu, um nicht die Beherrschung zu verlieren. Es gelang ihm sogar ein schiefes Grinsen, als er an Jessicas Aufzug und ihren entsetzten Gesichtsausdruck dachte. Sie hatte wenig mit der souveränen, selbstbeherrschten Businessfrau gemeinsam gehabt, die er neulich kennengelernt hatte. Ihm gefiel Jessicas heutiger Aufzug. Sie sah darin wie eine ganz normale, hart arbeitende Farmersfrau aus und wirkte irgendwie zugänglicher.

Er klopfte noch einmal entschlossen an die Tür. „Porter, ich bin gekommen, um Sie zum Essen einzuladen!“, rief er.

„Ich habe schon gegessen“, schallte es zurück.

„Gut, wie sieht es dann mit morgen Abend aus?“

„Kein Interesse.“

Mist! Das lief ja gar nicht gut. Und was nun? Frustriert, weil er nur durch die geschlossene Tür mit Jessica kommunizieren konnte, stapfte er vorsichtig durch ein Blumenbeet, um an das Wohnzimmerfenster zu gelangen. Er sah Jessica mit gekreuzten Beinen auf ihrem Ledersofa sitzen und die Wand anstarren.

„Und was ist mit einem schönen Eisbecher am Sonntagabend?“, schlug er vor.

Sie fuhr herum und starrte irritiert in seine Richtung, dann wandte sie wieder den Blick ab. „Vielen Dank für das Angebot, aber ich möchte nicht. Gehen Sie jetzt einfach.“

Sie sprang auf und verschwand mit etwas, was für Devlin wie Plastikeinweggeschirr aussah, in Richtung Küche. Er beeilte sich, ihr ums Haus herum zu folgen, und sah sich im nächsten Moment Auge in Auge mit der zischelnden Ganz, die von seiner Anwesenheit offensichtlich wenig begeistert war.

Er bemühte sich, möglichst schnell an dem Federvieh vorbeizukommen, und presste seine Nase ans Küchenfenster, um Jessicas Aufmerksamkeit zu erregen. Er hatte sich vorgenommen, nett zu dieser Frau zu sein und, verdammt noch mal, er würde nicht gehen, ehe sie nicht einwilligte, auf eine ruhige und vernünftige Art und Weise mit ihm zu reden.