BioRunning: Laufen für die Seele - Wim Luijpers - E-Book

BioRunning: Laufen für die Seele E-Book

Wim Luijpers

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Beschreibung

  Mit seinen Bestsellern "Gentle Running" (60.000 verkaufte Exemplare) und "BodyRunning" hat Wim Luijpers einen Trend kreiert – Körperbewusstheit ohne Leistungsdruck. Gemeinsam mit seiner Frau Moana vermittelt er in seinem neuen Buch anhand zahlreicher praktischer Übungen, wie man leicht und lustvoll die Freude an Bewegung und insbesondere am Laufen findet. Grundlage ist die Feldenkrais-Methode, die auf sehr sanfte Weise die Wahrnehmung und Beweglichkeit des gesamten Körpers fördert. Das beugt Abnützungen an den Gelenken vor bzw. gleicht sie aus. Das eigentliche Ziel ist Harmonie für Körper, Geist und Seele – und damit mehr Lebenslust, Kreativität und Erfolg im Beruf.  Luijpers' Charisma, seine intensive Seminartätigkeit und seine große Medienpräsenz haben ihn als "Lauftrainer der sanften Methode" international bekannt gemacht. Er liegt damit ganz im Trend der Freude an sanfter Bewegung, an Entschleunigung und nicht leistungsorientiertem Sport.

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Moana & Wim Luijpers

BioRunningLaufen fürdie Seele

Die Luijpers-Methodenach Feldenkrais

www.kremayr-scheriau.at

ISBN 978-3-7015-0518-0

eISBN 978-3-7015-0626-2

Copyright © 2009 by Verlag Kremayr & Scheriau KG, Wien

Alle Rechte vorbehalten

Umschlagfoto: Christian Jungwirth/www.bigshot.at

Umschlaggestaltung: José Coll/Studio B.A.C.K.

Layout: Eva Kählig/Studio B.A.C.K.

Fotos: istock (Seite 26, 28, 31, 63, 65, 117), Joachim Rückerl (Seite 114), Luijpers (alle anderen)

Projektleitung: Sonja Franzke | vielseitig.co.at

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Laufen liegt in unserer Natur

Die Vision der Leichtigkeit

Neue Gewohnheiten braucht der Mensch

Hightech im Laufschuh?

Die Nasenatmung

Das Laufprogramm

Ein lockerer Körper läuft leichter – Die besten Übungen

Koordination von Atmung und Bewegung

Übungen

Ausnützen der Schwerkraft

Der Armwinkel

Das Drehmoment

Die Aufrichtung

Die Schrittfrequenz

Der Fußaufsatz

Barfuß-Laufen

Geistige Einstellung

Das Leben im Biorhythmus

Die Feldenkrais-Methode

Die Praxis zu mehr Körperbewusstheit

Druckimpuls – Der Abdruck des Fußes

Zugimpuls – Das Anziehen des Beines

Aktivierung der Rücken- und Gesäßmuskulatur

Verlängerung der Rückenmuskulatur

Ernährung für Leib und Seele

Das Dauerlauf-Wochenprogramm

Laufen ist wie Fliegen – Spaß an Geschwindigkeit

Nachwort

Vorwort

Dieses Buch wurde für Menschen geschrieben, die mit Leichtigkeit Freude am Laufen erlangen möchten. Es ist ein Buch, das Anfänger darin unterstützt, richtiges Laufen zu erlernen und fortgeschrittenen Läufern mit einfachen Übungen zu einem besseren Laufstil und mehr Spaß verhilft.

Es gibt Informationen, die jeder auf sehr einfache Art für sich anwenden kann. Höchstwahrscheinlich wird das Laufen und die Sicht auf dein Alltagsleben eine völlig neue Bedeutung für dich bekommen, sobald du mit diesem Programm beginnst.

Diese Bewegungsmethode kann dazu beitragen, dass langjährige Schmerzen verschwinden oder alte Verletzungen nicht mehr wahrgenommen werden, weil du dich „neu erläufst“.

Wir werden dir in diesem Buch einen komplexen Fachjargon ersparen und niemand wird als bestimmter Typ klassifiziert. Du als individueller Mensch stehst im Vordergrund. Du wirst das Gefühl der Leichtigkeit wiedererlangen, das du als Kind noch hattest, als du spielend laufen konntest und wolltest. Dieses Empfinden kannst du auch als Erwachsener wieder genießen.

Durch dieses Laufprogramm haben schon tausende Menschen effizientes, müheloses Laufen erlernt und es auch als einen Teil ihres Lebens in den Alltag integriert.

Wir haben in den letzten 15 Jahren viele interessante Geschichten von den Seminarteilnehmern gehört. Von Menschen, die nie glaubten, jemals laufen zu können, weil sie sehr übergewichtig waren oder schwer wiegende Verletzungen hatten. Viele von ihnen haben uns nach dem Seminar voll Freude erzählt, dass sie endlich wieder Spaß am Laufen haben und schmerzfrei sind. Manche konnten auch ihre Bestzeiten erheblich verbessern, ohne dafür mehr zu trainieren.

Viele Experten verunglimpfen Laufen leider zu einer technisierten Sportart. Dadurch geht das Wichtigste an dem wunderbaren Naturerlebnis Laufen verloren. Die natürlichste und ursprünglichste Fortbewegungsart der Welt wird in eine enge, vielfach wissenschaftlich analysierte Schublade gesteckt. Wenn Beschwerden auftreten, gilt meist Laufverbot. Es werden so genannte „gute“ Laufschuhe empfohlen, die durch Dämpfung, Höhe, Starre und ihr Gewicht schon zu einem Großteil der Läuferprobleme beitragen. Darüber hinaus gibt es auch noch orthopädische Schuheinlagen oder isolierte Dehn- und Streckübungen, die wieder nur an Symptomen herumdoktern, anstatt das gesamte biologische System Mensch zu betrachten und zu behandeln.

Wenn du der Meinung bist, dass du, aus welchen Gründen auch immer, nicht laufen kannst, lade ich dich herzlich ein, mein Programm mitzumachen. Ich werde dich von deiner latenten Lauffähigkeit überzeugen. Ich zweifle an Behauptungen wie, dass Laufen schädlich für die Gelenke ist. Die Erfahrungen, die ich in den vielen Jahren mit tausenden von Menschen gesammelt habe, beweisen mir das genaue Gegenteil. Wenn jemand körperliche Probleme durch das Laufen bekommt, liegt das nicht an der Tatsache, dass er läuft, sondern immer daran, WIE er läuft. Ob man sich Beschwerden erläuft, hängt von der Qualität der Bewegung des gesamten Körpers ab – einem Bewegen im Einklang mit den physikalischen Gesetzen der Natur und der jeweiligen Konstitution des Menschen. Kniebeschwerden beim Laufen haben zum Beispiel meist mit der Lage bzw. Haltung des Oberkörpers in Relation zu den Füßen oder der Rotationsbewegung der Schultern zu tun. Anstatt, wie meist üblich, das Problem ausschließlich in den Knien zu suchen, ist es eine absolute Notwendigkeit, den gesamten Bewegungsablauf des Skeletts eingehend zu analysieren, um eine effiziente Hilfestellung anbieten zu können.

Wenn wir wieder spüren lernen und verstehen, was richtiges Laufen bedeutet, werden Beschwerden verhindert bzw. bereits vorhandene verschwinden wieder. Wenn du dir darüber klar wirst, dass du mehr bist als nur ein kaputtes Knie, ein Bandscheibenvorfall oder ein anderer Körperteil, der nicht mehr ordnungsgemäß funktioniert, hast du den ersten großen Schritt in ein leichtes, bewegtes und erfülltes Leben schon geschafft.

Für mich bist du ein Mensch, der spüren kann und der daher auch die Fähigkeit besitzt, sich selbst zu verbessern. Wenn du dir Zeit gönnst und dieses Programm mit Spaß und Interesse durchspielst, wirst du, wie so viele andere Menschen vor dir, eine neue, ungeahnte Lebensfreude und Vitalität gewinnen. Du wirst überrascht sein, welche immensen Möglichkeiten du selbst erschließen kannst, die vorher für dich unvorstellbar waren.

Das viel zitierte Sprichwort „Bleib wie du bist“ gilt in diesem Programm nicht! Es ist veraltet und hat ausgedient in unserer zu mehr Bewusstheit drängenden Zeit. Vielmehr raten wir dir:

Suche ständig die Veränderung, ent-wickle dich wie eine Puppe zu einem wunderschönen Schmetterling, bleib in Bewegung, lerne und schöpfe aus dem unermesslichen Reichtum, den dir die Natur in Form von Körper, Geist und Seele mitgegeben hat!

Welche Vielfalt du persönlich für dein Leben aus diesem Buch nimmst, liegt nur in deinen Händen. Eines können wir dir aber versichern: Du wirst danach nicht mehr auf dieselbe Art wie jetzt laufen, gehen oder dich bewegen. Du wirst bewusster mit dir umgehen und immer mehr wahrnehmen, wie du läufst und auch wie du lebst.

Wim und Moana LUIJPERS

Herzlich willkommen bei BioRunning

Das Komische am Leben ist:

Wenn man darauf besteht, nur das Beste zu bekommen,

dann bekommt man es meist auch.

WILLIAM SOMERSET MAUGHAM

Das Wunder Mensch ist ein geniales biologisches System und BioRunning beschäftigt sich ausschließlich mit diesem System und seinen Zusammenhängen. Wir bestehen aus vielen Milliarden von Mikroteilchen, die perfekt wie ein Uhrwerk funktionieren und miteinander kooperieren. Das Wort Bio kommt aus dem Griechischen Bios und bedeutet Leben. Der Mensch bildet täglich über 60 Billionen neue Zellen. Das bedeutet, dass wir uns ständig erneuern, in jeder Sekunde unserer Existenz.

98 Prozent der Atome, aus denen unser Körper gebaut ist, werden innerhalb eines Jahres ausgetauscht. Ohne dass wir etwas davon bemerken, erzeugt unser Körper alle 5 Tage eine neue Magenschleimhaut, jeden Monat eine gesamte neue Hautschicht, alle sechs Wochen bekommen wir eine neue Leber und alle drei Monate haben die Architekten in unserem Körper unser Skelett erneuert. All das schafft jeder Mensch auf diesem Planeten, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, geschweige denn, sich dieses Kunstwerkes bewusst zu sein. Wenn unser Körper ohne großen Aufhebens zu solch einem Wunder fähig ist, frage ich mich, warum es notwendig ist, sich eine Pulsuhr um die Brust zu schnüren, nur um eine Runde zu laufen.

Wovor wird uns Angst gemacht und ist diese Angst berechtigt? Wenn ja, sollten wir nicht auch beim Tanzen in der Disco und am besten auch beim Sex so ein wichtiges Gerät umzurren? Damit, wenn es richtig lustig wird, wir rechtzeitig auf die Bremse treten und aufhören können, um uns vor einem Herzinfarkt zu schützen? Manche der Pulsuhren-Hersteller würden sich das sicher wünschen, allerdings wäre die Menschheit mit dieser Methode bald ausgestorben.

Anscheinend unterschätzen wir unsere eigene Körperintelligenz und unsere Gefühle für unseren Körper. Oder wird uns das doch nur durch die Konsumgesellschaft suggeriert? Schließlich ist das Geschäft mit der Angst in jedem Bereich immer noch das lukrativste.

Vielleicht liegt das Problem aber doch bei uns, in unserer modernen, westlichen Leistungsgesellschaft, die wir uns selbst kreiert haben. Die uns täglich sagt: schneller, höher, weiter bedeutet auch in jedem Fall besser. Werden wir gezwungen, unsere Willenskraft einzusetzen, um uns durchzusetzen und dabei unsere Gefühle möglichst auszuschalten? Vielleicht ist die Pulsuhr doch ein Synonym für dieses Jahrhundert. Weil wir uns das Fühlen langsam abgewöhnen, kann der Blick auf eine Uhr uns wenigstens die Sicherheit vermitteln, dass wir uns noch im grünen Bereich befinden. Wo aber bleiben dann Empfindungen wie Freude, Lust und Spaß an der Bewegung? Wie es uns geht, wie wir uns fühlen, kann uns der Blick auf die Pulsuhr nicht vermitteln.

BioRunning hilft dir, wieder ein Gefühl für deinen Körper zu bekommen, indem du die Aufmerksamkeit zurück auf dich lenkst – auf deine Bewegungsabläufe, deine Atmung, auf deine Gedanken, deinen Geist und auf das, womit wir im Ursprung verbunden sind, nämlich auf die wunderbare Natur.

BioRunning hat nichts mit Pulsuhren, Zeitmessung oder anderen technischen Geräten, Kilometern und Kalorienberechnung zu tun. Das alles sind Leistungsgedanken, Bewertungs- und Beurteilungssysteme unserer modernen Gesellschaft, die dich nur vom wirklich Wichtigen ablenken, nämlich von dir selbst! Wenn du, statt deine Zeit zu messen, dir die Zeit nimmst zu fühlen, was dir gut tut, was du benötigst, um gesund, erfüllt und glücklich zu sein und was nicht, wirst du davon enorm profitieren. Es bringt dich zurück zu deiner inneren Intelligenz, die du zuletzt als Kind gespürt hast.

Diese innere Intelligenz wieder zu entdecken und bewusst danach zu handeln, ist das Ziel von BioRunning. Es gibt kein Tier draußen in der Natur, das erst lernen muss, mit welcher Geschwindigkeit, wie lange oder wie weit es laufen sollte. Alle atmen ruhig durch die Nase, wie wir es auch als Babys getan haben. Wir haben diese Intelligenz, dieses Bewusstsein für uns verloren, weil wir seit unserer Kindheit auf Leistung getrimmt wurden. Das führt zu ständiger Überforderung im Sport und der zwangsläufigen Verwendung der Stress erzeugenden Mundatmung. Unser eingebauter Pulsmesser, die Nasenatmung, ist das Tor zu unserer Seele. Er zeigt dir deine tägliche Verfassung und erlaubt dir im richtigen Tempo zu laufen, ohne dass du dich überfordern kannst.

Die Beobachtung und intensive Wahrnehmung der Atmung ist ein sehr gutes Beispiel für das gesamte BioRunning-Programm. Es geht darum, jeden Augenblick mit Bewusstheit zu erleben und der Gegenwart Aufmerksamkeit zu schenken. Weder Vergangenheit noch Zukunft sind im jetzigen Moment wichtig und interessant für dich. BioRunning vollzieht sich immer nur in der Gegenwart.

Die Bewegungsabläufe deines Körpers beim Laufen werden neu definiert. Anhand spezieller Übungen aus der Feldenkrais-Methode, die dir helfen die Bewusstheit auf den gesamten Körper zu lenken, lernst du ganz mühelos leichter zu laufen.

In unserem modernen, hektischen Lebensstil tendieren wir dazu, uns zu viel an äußeren Umständen zu orientieren oder uns an die Vergangenheit zu klammern. Schnell lassen wir uns durch Vorschriften oder von Urteilen anderer Menschen beeinflussen.

BioRunning lässt dich das Laufen neu entdecken und es zu einem Teil deines Lebens werden.

Der Leitfaden von BioRunning ist: Worauf du deine Aufmerksamkeit lenkst, wird zu deiner gegenwärtigen Lebenserfahrung. Egal ob du schon länger läufst und einen neuen Zugang zum Laufen suchst oder das Laufen als Neuanfang betrachtest: BioRunning ist mit Sicherheit ein guter Weg für dich. Es eröffnet dir eine Menge neuer Perspektiven und bringt vor allem deine Seele zum Laufen!

Laufen liegt in unserer Natur

Wenn du das tust,

was du immer getan hast,

wirst du auch das bekommen,

was du immer bekommen hast.

SPRICHWORT

In den Medien wird immer wieder über wissenschaftliche Studien berichtet, die die Vorteile des Laufens belegen. Bestimmt ist dir auch einiges aus dieser Liste schon bekannt.

Laufen stärkt das Herz-Kreislauf-System.

Durch Laufen wird der Blutdruck gesenkt und die Durchblutung verbessert.

Läufer haben stärkere, größere Muskeln, die Fett verbrennen.

Laufen verbessert die Denkfähigkeit und stabilisiert das Immunsystem.

Laufen regt den sexuellen Appetit an.

Läufer schlafen besser, Angst und Depressionszustände klingen ab.

Das Selbstwertgefühl und die Lebensfreude steigen durch regelmäßiges Laufen.

Läufer haben jüngere Gefäße.

Laufen senkt den Cholesterinspiegel.

Läufer haben stärkere Knochen.

Diese Liste wird sich in Zukunft sicher noch verlängern. Durch die weiter fortschreitende Verbesserung der Untersuchungsmethoden werden immer mehr gesamtkörperliche Zusammenhänge erforscht – wir stehen erst am Anfang!

Der Urläufer

Betrachten wir den Körperbau des Menschen genauer, lässt sich eines nicht verleugnen:

Wir sind als und zum Läufer geboren. Vor langer Zeit, als unsere Vorfahren sich aufrichteten, entwickelte sich der Mensch zu einem hocheffizienten Fußläufer. Er war auf seinen zwei Beinen schneller und ausdauernder als alle anderen Lebewesen. Sein hoher Körperschwerpunkt ließ ihn mühelos vierzig Kilometer pro Tag laufen. Er musste seinem Futter hinterherrennen. Weil er das fleißig tat, durfte er sich am Abend fortpflanzen. Nur so sind wir Menschen vom Aussterben verschont geblieben. Genetisch gesehen haben wir uns vom ersten Urmenschen bis zum heutigen Tag kaum verändert. Auch wenn dein Nachbar das auf den ersten Eindruck nicht vermittelt. Wir sind geboren, um täglich zwanzig und mehr Kilometer zu laufen.

Du hast im Alter von ungefähr einem Jahr angefangen zu laufen. Ab dem Moment, als du einigermaßen in der Lage warst aufrecht zu stehen, bist du überall hin gelaufen. Bevor du einen vernünftigen Satz sprechen konntest, bist du schon gelaufen. Du konntest weder lesen noch schreiben. Du hast nicht einmal gewusst, welche Sprache du einmal sprechen wirst, aber laufen konntest du von Anfang an. Das ist doch absolut erstaunlich! Es kann doch nur bedeuten, dass Laufen die einfachste und natürlichste Sache der Welt ist.

Jedes gesunde Kleinkind, egal aus welcher Kultur oder Religion es stammt, welche Hautfarbe es hat oder welche Sprache es spricht, läuft. Es läuft, ohne dass ein Erwachsener ihm das beibringt und ohne dass jemand es dazu zwingt. Das Kind läuft, weil es nicht anders kann.

Laufen ist Leben und befriedigt unseren innersten, ursprünglichsten Bewegungsdrang auf die einfachste Art und Weise.

Laufen, früher eine notwendige Fortbewegungsart, dient heute zum Ausgleich für die sitzengebliebenen Zivilisationsmenschen. Es ist daher eine wichtige Grundlage, die zu einem gesunden und glücklichen Leben führen kann.

Kleine Kinder wissen noch nicht, dass Laufen eine Sportart ist, bei der man sich anstrengt, um etwas zu erreichen.

Für das Kind ist Laufen in erster Linie die Befriedigung eines Grundbedürfnisses und die leichteste Möglichkeit, sich irgendwohin zu bewegen. Ein Mittel, um möglichst schnell seine Neugierde zu befriedigen. Wenn ein Kind eine Katze sieht, läuft es aus reinem Interesse sofort hinterher. Wenn der Drang nach dem Ziel stark genug ist, wird ein Kind niemals gehen, immer laufen. Laufen ist leichter als gehen. Wir drehten einmal einen Film für Kinder, in dem auch eine Gruppe von 6-jährigen Schülern laufen sollte. Auf die Anweisung des Regisseurs, dass sie nun alle laufen sollten, blieben die Kinder wie angewurzelt stehen und fragten:„Wohin?“

Ihr Laufen braucht immer ein Ziel: die Mama, die Sandkiste oder das nächste Geschäft, um Eis zu holen.

Wenn ein Kind müde wird, geht es langsam oder setzt sich, bis es sich erholt hat, um dann weiterzudüsen. Erwachsene sehen eine Pause meist als Schwäche und sie stellen sich die Frage: Darf man sich diese gönnen, hat man sich dafür wohl angemessen angestrengt? Bis zu einem gewissen Alter ist dieses Verhalten akzeptiert worden, weil ein Kind eben ein Kind ist.

Durch die Erziehung in unserer europäischen Gesellschaft lernen Kinder, dass ihr Bewegungsdrang von den Erwachsenen immer weniger akzeptiert wird. Oft wird er sogar als lästig angesehen. Um nicht ständig kritisiert und bestraft zu werden, passen sie sich an die Regeln der Erwachsenenwelt an. Mit viel Energie wird die ursprüngliche Bewegungsfreude unseres Nachwuchses auf ein kleinstmögliches Minimum zurechtgestutzt. Die Sportstunden in der Schule werden reduziert und im Pausenhof darf nicht gerannt werden. Doch es gibt sie noch, eine oder vielleicht zwei Stunden in der Woche, in denen Bewegungsfreude auf Knopfdruck und nach genauem Zeitplan gefordert wird – die Ballett-, Karate- oder Tennisstunde.

Sitz still, sei ruhig und renn nicht herum!

Es gibt kaum noch Platz für laufende Kinder, die ihren Bewegungsdrang auf einfachste Weise befriedigen können.

Die Gesellschaft hat es geschafft! Aus einem lebenslustigen, selbstmotivierenden und laufenden Kind wurde ein sitzender Krümmling geformt.

Was ist das Ergebnis dieser jahrzehntelangen Unterdrückung des Bewegungsdranges? Jetzt rufen Erzieher, Schulen und Krankenversicherungen nach Hilfe, weil sogar schon Grundschüler an Haltungsschäden und Diabetes erkranken.

Paradoxerweise gewöhnen Erwachsene Kindern das natürliche Laufen ab, sodass diese dann wiederum als Erwachsene laufen lernen müssen wie die Kinder. Das ist doch eine verrückte Welt!

Möchten wir irgendwann wieder ins Laufen kommen, stellen wir fest, dass wir durch die lange Laufabstinenz die Leichtigkeit verloren haben.

Alltagsleben

Wie schaut der Alltag eines modernen Menschen aus? Er steht in der Früh auf, setzt sich an den Frühstückstisch, danach wird mit dem geliebten Auto zur Arbeit gefahren. In der Tiefgarage angekommen, lässt er sich mit dem Lift in sein Büro bringen und kann endlich im ergonomischen Bürostuhl Platz nehmen. Dort sitzt er den ganzen Tag, bis auf die kurze Pause, die er wiederum sitzend verbringt. Am Ende des Tages geht es wieder mittels Lift, über Tiefgarage und den langen Stau, immer noch sitzend natürlich, zurück nach Hause. Nach diesem anstrengenden Tag entspannt er sitzend oder liegend vorm Fernseher. Vielleicht macht er einmal eine Ausnahme und verbringt den Abend mit Freunden auswärts. Dafür wählt er wieder einen netten Sitzplatz im Kino, Theater oder Restaurant. Mir tut allein nur bei der Vorstellung dieser täglichen Tortur das Kreuz weh. Der Mensch hält richtig viel aus! Durchschnittlich machen die meisten Menschen höchstens nur noch lumpige 800 hatschende, latschende Schritte pro Tag. Das ist schlicht und einfach zu wenig!

Unsere Wohlstandsgesellschaft leidet unter den fehlenden Schritten, wird dadurch immer kränker und hofft nur noch auf rasche Fortschritte der Pharmaindustrie, um möglichst lang zu überleben. Auch die Industrie hat das Problem haarscharf erkannt und verkauft uns zusätzlich zu den Pulsmessern auch noch handliche Schrittzähler!

Wie auch immer, wer kauft wird selig.

Nach dreißig Jahren im Bürostuhl oder auf der Couch glaubt doch niemand mehr ernsthaft, dass Erwachsene spontan immer noch so laufen können wie früher als Kinder. Schon allein der Grund des Neuanfangs, oft gesundheitliche Probleme oder die Angst davor, ist mit Widerstand und Abschreckung verknüpft. Der Arzt empfiehlt dir zu laufen wegen des Herzens, der Blutwerte, des Cholesterins und der sich anbahnenden Fettsucht.

Wir können unseren Körper innerhalb relativ kurzer Zeit durch Laufen sanieren, gleichzeitig sanieren wir damit auch die Krankenkassen. Die Tatsache, dass wir im Grunde Lauftiere sind, dürfen wir niemals vergessen.

Meines Erachtens sollten Bewegung und Laufen nicht als Sport angesehen werden, sondern als tägliche gesundheitliche Notwendigkeiten.

Die innere Wahrheit ist ins Gesicht geschrieben

Wir haben viele Kinder verschiedenen Alters beim Laufen gefilmt und sie mit laufenden Erwachsenen verglichen. Wenn man die Bilder in Zeitlupe ansieht, wird offensichtlich, dass die Leichtigkeit und Freude, die die Kinder an der Bewegung fühlen, eine direkte Verbindung mit dem Ausdruck in ihren Gesichtern hat. Sie strahlen alle mit einem fröhlichen Lächeln.

Wenn dieser Zusammenhang so selbstverständlich ist, was sagt das über die Mimik der erwachsenen Läufer aus, denen du auf der Straße begegnest? Ist da noch Freude oder sogar Lust an der Bewegung erkennbar?

Es ist noch nicht besonders lange her, dass ein laufender erwachsener Mensch bei uns auf der Straße auffiel oder verdächtig erschien. Entweder er hatte damals die Straßenbahn verpasst oder etwas geklaut.

Etwa zwei Jahrzehnte später hat sich das Laufen als Sport etabliert. Die Frage ist: Welche Motivation, welche Absicht steckt dahinter?

Es gibt viele verschiedene Gründe, warum erwachsene Menschen laufen: um Körpergewicht loszuwerden, zur Erhaltung der Fitness und der Gesundheit, um ein sportliches Ziel zu erreichen, Spaß an der Bewegung zu spüren, Kreativität zu fördern, um sich selbst etwas zu beweisen, um Stress abzubauen oder sogar um vor Problemen davonzulaufen. Alles ist gut, Hauptsache, der Mensch erhebt sich und kommt erst mal in Bewegung. An den Gedanken lässt sich noch feilen.

Beobachtet man einen Hobbyläufer, seine Bewegungsabläufe und seinen Gesichtsausdruck, kann man relativ leicht erkennen, warum er läuft und welchen Nutzen er sich davon verspricht. Sein Gesichtsausdruck ist eine Reflexion der Anstrengung, die er spürt, was wiederum seine Gedanken widerspiegelt.

Wie oft sieht man erwachsene Menschen, die Spaß haben am Laufen selbst, die laufen um der reinen Freude willen? Die denselben lebensfrohen und vitalen Eindruck hinterlassen wie ein 6-jähriges Mädchen oder ein Hund, wenn sie in der Natur laufen dürfen?

Wenn wir an das Laufen denken und keine Lust verspüren rauszugehen, um eine Runde in der schönen Natur zu traben, dann haben wir mit Sicherheit falsche Eindrücke in unserem Gehirn gespeichert. In diesem Fall haben unsere Augen unbewusst die negativen Bilder gesammelt: von angestrengten, schnaufenden Läufern, die uns auf der Straße begegnen. Wenn wir das Laufen als anstrengend empfinden, ist das vielleicht nur so, weil wir glauben, dass es sich mühevoll anfühlen muss.

Viele Erwachsene kennen nur leistungsorientiertes Laufen. Das ist Laufen für Leute, die sich selbst hauptsächlich von Äußerlichkeiten bestimmen lassen. Sie suchen nicht nach Feedback von innen, also danach, wie sie sich beim Laufen fühlen. Sie lieben Zahlen, Messgeräte und sind vielmehr daran interessiert, wie viele Kilometer sie geschafft haben, wie schnell sie eine bestimmte Strecke gelaufen sind oder wie viele Kalorien sie diesmal verbrannt haben. Dafür werden sie von ihren Mitmenschen bewundert, für ihr Durchsetzungsvermögen und ihre Leistung.

Weil sich diese Leistung messen und in Kilometern, Kalorien und Stunden definieren lässt und sie jeder Mensch versteht. Die Pulsuhr lügt nicht. An diesen Daten kann man sich festhalten, orientieren und einordnen. Nur laufen, ohne zu wissen wie lang, wie schnell oder wie weit, ist für den leistungsorientierten Läufer nicht Grund genug. Running without reason? Nicht vorstellbar für sie. Diese Läufer tendieren aber oft dazu, sich schnell zu überfordern, sind leichter verletzbar oder verlieren nach Wettkämpfen auch oft rasch wieder die Motivation zum Trainieren. Dieses Läuferleben und Läufererleben ist oft sehr begrenzt, außer sie verbünden sich mit einem eher prozessorientierten Läufer.

Der BioRunner