Blütezeit am Baum des Lebens - Shri Mataji Nirmala Devi - E-Book

Blütezeit am Baum des Lebens E-Book

Shri Mataji Nirmala Devi

4,8

Beschreibung

Sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene schildert "Blütezeit am Baum des Lebens" die Geschichte der Evolution unseres Bewusstseins von der Erschaffung des Universums hin bis zur Erleuchtung in spiritueller Selbst-Erkenntnis. Dabei legt es gleichermaßen Wert auf Anleitung wie auch auf Inspiration. Mit wohlwollenden und einfühlsamen Worten beschreibt Shri Mataji Nirmala Devi wie wir dort angekommen sind, wo wir heute stehen und wie unsere nächsten essenziellen Schritte aussehen sollten. "Blütezeit am Baum des Lebens“ ist die erste deutsche Übersetzung der amerikanischen Ausgabe von „Journey Within“, einer Kompilation der Lehren Shri Mataji Nirmala Devis zum spirituellen Aufstieg des Menschen. Weitere Informationen: http://bluetezeitamlebensbaum.jimdo.com/

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Wenn ihr die Wahrheit sucht, werdet ihr erstaunt feststellen, dass diese Welt eine Einheit ist, dass alle Menschen eins sind und diese Einheit die Bestimmung des Menschen ist.

Shri Mataji Nirmala Devi, Cabella di Ligure, 2001

Inhalt

Vorwort und Danksagung zur englischen Ausgabe

Vorwort und Danksagung zur deutschen Ausgabe

Einleitung

1 Den Weg finden

Mein Leben, Mahatma Gandhi, die Unabhängigkeit Indiens und der Neubeginn

Intermezzo

2 Die Suche

Das vierte Stadium der Suche zeigt sich im Hunger nach Spiritualität. Manche Wahrheitssucher entdecken die Einheit aller Menschen und damit die Bestimmung der Menschheit.

Intermezzo

3 Suchen und nicht suchen

Für Sucher der Wahrheit gibt es nichts Wichtigeres, als sie zu finden und solange sie sie nicht gefunden haben, sind sie die verlorenen Kinder.

Intermezzo

4 Die Wahrheit erkennen

Im Licht der Wahrheit erreicht man die Wurzeln, erlangt Erleuchtung, erkennt sich selbst und die Verwirrung hat ein Ende.

Intermezzo

5 Die Wahrheit verstehen

Die Wahrheit hat uns dahin gebracht, wo wir heute sind. Sie ist absolut, einfach und läuft auf eine echte Transformation hinaus.

Intermezzo

6 Die Wahrheit erfahren

Jenseits von Erkennen und Verstehen liegt die Union mit der Wahrheit. Ist man eins mit dem Ganzen, genießt man Gleichgewicht sowie echte und vollkommene Seligkeit.

Intermezzo

7 Die Wahrheit genießen

Wahrheit kann nicht beschrieben, sondern nur erfahren werden. Man wird erleuchtet und zur Freude. Euer Selbst wird glorreich.

Intermezzo

8 Kollektiv sein

Die Essenz von

Sahaja Yoga

beinhaltet das Recht, mit dem Göttlichen vereinigt zu werden.

Intermezzo

9 Spontan sein

Versklavung durch die Materie hindert uns, den Geist zu erkennen. Spontaneität ist die Schönheit des Geistes und die Selbst-Verwirklichung ein natürlicher und spontaner Prozess, die nächste Stufe in unserer Evolution.

Intermezzo

10 Das Subtile verstehen

Jenseits von Denken und Vernunft findet man wahres Wissen in der Poesie der

Kundalini

.

Intermezzo

11 Das wahre Selbst verwirklichen

Ihr seid nicht dieser Körper, dieser Verstand, diese Gefühle, dieses Ego oder diese Konditionierungen, sondern der reine Geist. Und diese Kraft weiß, wer ihr seid.

Intermezzo

12 Diesen Zustand erreichen

Die Geborgenheit des Geistes zu erfahren bedeutet, sich absolut sicher im Ozean der Liebe zu fühlen. Dieser Zustand kann erreicht werden.

Intermezzo

13 Meditation zur Selbst-Verwirklichung

Die Selbst-Verwirklichung kann hier und jetzt erfahren werden, wenn ihr dieses Buch lest. Es ist diese Erfahrung, nach der ihr gesucht habt.

Intermezzo

14 Meditieren und Balancieren

Meditation ist der einzige Weg zu wachsen. Sie ist ein gedankenfreier Zustand des Gleichgewichtes und stiller Freude.

Intermezzo

15 Sich entwickeln

Selbst-Verwirklichung ist Teil unserer Evolution. Der Schlüssel zu ihr ist der Wunsch.

Intermezzo

16 Innen sein

Die mit der Selbst-Verwirklichung erreichte Tiefe beeinflusst alle anderen.

Die Reise fortsetzen

Glossar und Index

Quellenangaben

Vorwort und Danksagung zur englischen Ausgabe

2003 genehmigte Shri Mataji Nirmala Devi die Entwicklung eines neuen Buches. Es sollte eine Mischung aus ihren Reden und Vorträgen, Briefen und Interviews sein, eine Edition ihrer Worte in einem natürlichen zusammenhängenden Fluss.

Dies ist das Buch.

Ungefähr so, wie sich ein Herausgeber einem neuen Band eines berühmten Autors nähern würde, ist dieses Projekt mit derselben Sorgfalt, demselben Respekt und Freude entgegengenommen worden. Doch statt auf ein einzelnes Manuskript, stützt sich dieses Buch auf Quellen aus fast 35 Jahren.

Shri Mataji hielt mehr als 3.000 mitgeschnittene öffentliche Reden in Städten und Dörfern überall auf der Welt. Jedem Publikum wurde seinem Alter, seiner Nationalität, seinem professionellen Hintergrund oder innerem Anliegen entsprechend besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Doch ob in einer Dorfschule, auf einer medizinischen Konferenz, bei einer Versammlung der Vereinten Nationen oder in einem Vorstadtsaal an einem heißen Sommerabend – Shri Matajis zentrale Aussagen waren immer dieselben: Introspektion, Aufstieg, innerer Friede und die Verwirklichung des wahren Selbst als oberstes Ziel. Mit Humor und Liebe hörte sie zu und leitete gleichzeitig.

So stützt sich dieses Buch auf mehr als 50 dieser Quellen zwischen 1975 und 2003 aus London, Los Angeles, Sydney, St. Petersburg, Hyderabad und Hongkong – auf Reden aus der ganzen Welt, die zu einer einzigen Erzählung zusammengeflochten wurden.

In dieser vollständigsten Präsentation ihrer Botschaft erklärt Shri Mataji unser Leben, unsere Evolution und unsere nächsten essenziellen Schritte.

Aus den einleitenden Worten: „Mein Vater spürte, dass ich etwas Großes leisten würde“, können wir den Verlauf dieser Geschichte erahnen. Ihre Lehre zeigt auch, dass wir als Menschen das innere Potenzial und die Freiheit haben, uns über unseren derzeitigen unvollendeten Zustand hinaus zu entwickeln.

Mit diesem Buch erinnert Shri Mataji uns an unsere Bestimmung, die wir als Kinder noch kannten, aber größtenteils wieder vergessen haben.

Blütezeit am Baum des Lebens ist vor allem denen gewidmet, die nicht dort waren, als Shri Mataji sprach, doch auch denjenigen, die sich an sie erinnern und erinnert werden wollen.

Mit diesem kurzen Band bieten wir euch eine – natürlich subjektiv geprägte – Essenz ihrer Botschaft.

Dieses Buch ist die Geschichte einer Reise – unserer kollektiven und individuellen Reise, einer Evolution auf beiden Ebenen.

Und die Richtung dieser Reise ist immer die gleiche: Es ist eine Reise nach Innen und im Innern.

Die englische Ausgabe dieses Buches wurde hergestellt mit freundlicher Unterstützung von

Max Ashton, Sid Chinai, Dragos Ionel, Richard Payment, Alan Wherry und Victoria Zbylut

Vorwort und Danksagung zur deutschen Ausgabe

Die Auswahl ebenso wie diese erste deutsche Übersetzung der in diesem Buch verwendeten und redaktionell bearbeiteten Reden von Shri Mataji Nirmala Devi stellen aus Sicht des Übersetzers einen ersten Versuch dar, Suchern der Wahrheit nicht nur abstrakt und theoretisch wichtige Eckpunkte der Botschaft dieser herausragenden spirituellen Persönlichkeit nahe zu bringen. Sowohl das spirituell notwendige Wissen als auch die praktisch mögliche Erfahrung der Selbst-Verwirklichung werden bei der Lektüre dieses Buches vermittelt. Zusammengenommen markiert beides einen dringend notwendigen Meilenstein und Wendepunkt in der Entwicklung des bisher noch unvollendeten menschlichen Bewusstseins. Es liegt jedoch in der Weisheit des Menschen, ob er in seiner Freiheit den aufgezeigten Weg begehen möchte oder nicht.

Natürlich beruht die Zusammenstellung der Texte auf einer subjektiven Auswahl, die kein vollständiges Bild der gesamten Persönlichkeit und Lehre Shri Matajis vermitteln kann. Eine Vielzahl der Quellen ist heute bereits online und öffentlich verfügbar.

Die Übersetzung ihrer Worte ins Deutsche war sowohl eine erhebende Freude wie eine Herausforderung. Neben der Übertragung in lesbares und flüssiges Deutsch lag sie vor allem darin, den Unterschied zwischen gesprochenem und geschriebenem Wort zu überbrücken. Alle Fußnoten und einige Literaturhinweise wurden in der deutschen Ausgabe ergänzt und letztere mit „EdÜ“ als „Ergänzung des Übersetzers“ gekennzeichnet.

Für die Unterstützung, Motivation, Inspiration in allen Phasen der Übersetzungs-, Korrektur- und Layoutarbeit zur deutschen Ausgabe bedanke ich mich bei

Toni Grabmayer, Manfred Emerson, Sandra und Nelson Müller-Pulido, Richard Payment und Dragos Ionel.

Uwe Davidim August 2016

Einleitung

In diesen modernen Zeiten gibt es viele Sucher der Wahrheit, eine besondere Kategorie von Menschen. Vielleicht sind wir uns nicht bewusst, dass überall viele mit dieser Suche geboren werden. Ihr seid ein spezieller Menschenschlag, der über die Dinge hinaussieht und versucht, etwas Jenseitiges, mit euren Sinnen Wahrnehmbares zu finden.

Die Wahrheit offenbart sich über unsere Sinnesorgane.

Wenn wir etwas Weißes sehen, bezeichnen wir es als weiß. Etwas Kaltes nennen wir kalt und etwas Heißes heiß. So akzeptieren wir alles als Wahrheit, was wir über unsere Sinnesorgane wahrnehmen und uns über unser Zentrales Nervensystem mitgeteilt wird. In der Tat sollten wir auch nur das akzeptieren, was wir wirklich als Wahrheit spüren und nichts, was uns erzählt wird, was wir in Büchern gelesen haben oder was wir mit unserem Verstand projizieren können.

Keine der heiligen Schriften muss in Frage gestellt und kein Wissen, das wir bis jetzt in dieser Welt erlangt haben, verleugnet werden. Doch lasst uns klein und, wie man sagt, auf einem unbeschriebenen Blatt anfangen.

Lasst uns in diesem Buch die Frage stellen, was Wahrheit ist – die Wahrheit eurer Erfahrung.

1Den Weg finden

Mein Vater hatte das Gefühl, dass ich in diesem Leben etwas Großes vollbringen würde.

Ich weiß nicht, ob er es träumte oder einfach verstand, doch er pflegte zu sagen: „Du musst eine Möglichkeit finden, massenhaft die Selbst-Verwirklichung zu geben“, wobei er mit „Selbst-Verwirklichung“ die Notwendigkeit eines tiefen, spirituellen Erwachens der Menschen meinte.

Er gab mir eine gute Ausbildung in verschiedenen Religionen und auch hinsichtlich der Menschen – welche Probleme sie haben, warum sie so handeln wie sie handeln, warum sie sich nicht für Gott interessieren und scheinheilig sind.

Von frühester Kindheit an wusste ich alles darüber und war an sich ein sehr bewusster Mensch. Doch ich wusste nicht, mit wem ich mich austauschen sollte, denn andere hatten damals nicht dasselbe Bewusstsein. So mir nichts dir nichts konnte man nicht einfach mit irgendjemandem reden.

Meine Mutter war sehr streng. Sie unterrichtete mich in so vielen Dingen. In der Tat sind alle meine Schwestern und ich Expertinnen im Kochen und jede macht ihre Sache sehr gut. Dass wir niemandem Schwierigkeiten machen, haben wir alles unserer Mutter zu verdanken, einer strengen Frau, die keinen Unsinn geduldet oder gar gelogen hätte. Wenn man sie etwa bat, jemandem zu sagen, dass man nicht zuhause sei, hätte sie gesagt: „Sag mir nicht, dass ich lügen soll. Ich sage ihm, dass du mich gebeten hast zu lügen.“ So war sie, und genauso behandelte sie uns. Wir lebten damit und hatten nichts dagegen. Denn das, was sie tat, war gut für uns, und wir wussten, dass sie es zu unserem Besten tat.

Sogar Präsident Roosevelt sagte einmal, eine indische Frau sei wie eine Magnolie im Wald. Selbst wenn sich dort nur eine Blume versteckte und man sie nicht sähe, könnte man sie riechen. Der ganze Wald duftet danach und nur eine einzige Blüte verbreitet diesen Duft. Doch man kennt diese Magnolie sehr gut, denn sie besitzt die größte Gabe der Liebe, der anziehendsten Sache der Welt.

Meine Eltern waren großartige Menschen und realisierte Seelen. Mein Vater und sogar meine Mutter wussten, warum ich auf dieser Erde war. Als ich klein war, erklärte ich meinem Vater, dass ich mir wünschte, viele Menschen auf der Erde würden wie die Sterne am Himmel glänzen und das Licht Gottes verbreiten.

Es gab eine besonders enge Beziehung zwischen uns, und sie konnten verstehen, warum ich meditierte oder herauszufinden versuchte, wie man die Selbst-Verwirklichung an andere weitergibt.

Man sah in mir einen sehr heiteren, aber gleichzeitig auch tiefen und ernsten Menschen.

Als Kind war ich nicht besonders an der Schule und Lehrbüchern interessiert, obwohl ich sie absolvierte und über das Leben berühmter Menschen las.

Mit ungefähr sieben Jahren hatte ich die Gelegenheit, zusammen mit meinem Vater, Mahatma Gandhi zu besuchen, denn er lebte etwa 100 Kilometer von uns entfernt. Er mochte mich sehr und bat darum, mich bei ihm zu lassen, als er mich das erste Mal traf.

Obwohl ich noch ein kleines Mädchen war, begriff er, dass ich etwas Besonderes hatte; und überraschenderweise holte er bei sehr ernsten Problemen meinen Rat ein. Eines Tages wollte er etwa ein Gebetbuch zusammenstellen und fragte mich, in welcher Reihenfolge er diese Gebete bringen sollte?

Ich sagte ihm, er solle sie entsprechend der verschiedenen Energiezentren in uns anordnen. „Erst kommt dies und dann das.“ „Richtig, das ist eine gute Idee“, sagte er und änderte die Reihenfolge. Es passierte so problemlos und ruhig und niemandem fiel auf, dass wir uns darüber abstimmten. Doch weder fragte er mich nach dem Selbst, noch meditierte er jemals.

Danach besuchte ich Gandhiji jedes Jahr. Es war eine Zeit des Notstandes in Indien, und ich steuerte ein bisschen dazu bei, die Lage zu verbessern.

Er liebte mich sehr und weil ich ein ziemlich breites Gesicht habe, nannte er mich wie alle zu dieser Zeit „Nepali“.

Gandhi wurde zur Bewältigung einer Krisensituation geboren, als Indien politisch unabhängig sein wollte. Ein politischer Führer braucht sich nicht um das Selbst und Religion zu sorgen. Doch er sah unser Land als eins des Yogas, und seine Theorien, Philosophien und Handlungen basierten immer auf dem Nerv des Volkes. Wir sind sehr religiöse Menschen, und er bemühte sich, eine Atmosphäre der Zufriedenheit zu schaffen.

Er pflegte mit mir wie mit seiner Großmutter zu sprechen. Besonders mit Kindern war er sehr herzlich und versuchte, von ihnen zu lernen; denn er begriff, dass Kinder häufig größere Weisheit besitzen als Ältere.

Zu sich selbst und anderen war er dagegen sehr streng. Er war ein großer Zuchtmeister und ließ alle morgens um vier aufstehen, ein Bad nehmen und bis fünf fertig für das Morgengebet sein. Von ihm lernte ich auch, sehr schnell zu gehen.

Gandhi war ein sehr liebevoller und freundlicher Mann und hörte mir zu, weil ich ein Kind war. Hätte ich ihn gezwungen, mehr zu essen, hätte er gelacht und es akzeptiert.

Einmal presste ich etwas Orangensaft für ihn aus, und ich erinnere mich, wie ich ihn fragte, warum er alle so früh aufstehen ließ: „Wenn du aufstehen willst, kannst du das tun, aber warum müssen alle anderen das auch? Für mich ist das in Ordnung, aber warum zwingst du alle anderen auch dazu?“

„Alle sollten früh aufstehen“, sagte er, „weil wir durch eine Krise gehen. Wir müssen gegen die Briten kämpfen und unsere Unabhängigkeit erreichen. Wie sollen wir erfolgreich sein, wenn die Leute lethargisch sind? Wir müssen diszipliniert sein.

Wenn du als kleines Mädchen früh aufstehen kannst, warum können sie das nicht?“ „Ich kann es, weil ich noch klein bin“, sagte ich. „Doch sie sind groß und können es deshalb nicht.“

Als Kind war ich sehr liebevoll, mitfühlend, großzügig und ein einzigartiger Mensch; und die Leute akzeptierten es, wenn ich meine Persönlichkeit frei zum Ausdruck brachte.

Ich erklärte Gandhi auch, dass wir eine innere Disziplin brauchten, und so wusste er, dass ich ein weiser Mensch war und liebte und respektierte mich auf sehr väterliche Art. Besonders schätzte ich sein Gespür für Integrität und dass er absolut ehrlich zu sich selbst war. Er machte sich selbst nie etwas vor, war auch was Geld anging absolut integer und tat, was er sagte.

Von spiritueller Selbst-Verwirklichung sprach er dagegen nie, obwohl er sich selbst hinterfragte. Das war für ihn zu dieser Zeit nicht das Thema, sondern wir sollten uns erst nach der Unabhängigkeit dafür interessieren. Damals gab es die Probleme mit der Trennung Pakistans von Indien und jedermanns Aufmerksamkeit war davon in Anspruch genommen. Niemand dachte zu dieser Zeit an Selbst-Verwirklichung.

Gandhi war zweifelsohne eine große Seele und ein großartiger Mensch. Doch wahre Realisation1 ist etwas ganz anderes. Seine Meditation bestand darin, die Dinge abzuwägen und sich selbst anzuleiten, aber nicht in Form von Meditation im gedankenfreien Bewusstsein. Das ist eine andere Dimension.

Sein Hauptbeitrag bestand darin, ein Gleichgewicht in den Menschen zu etablieren, sie indischer zu machen und die sklavische Mentalität abzustreifen, die in uns eingesickert war.

Ebenso wie meine Eltern war auch der Rest meiner Familie ein fester Bestandteil des Freiheitskampfes. Mein Vater verbrannte alle seine Anzüge und meine Mutter ihre Saris, weil sie in England genäht worden waren; sie spannen das Garn für ihre Kleidung selbst und trugen sie. Mein Vater opferte alles, jeden Paisa2, den er hatte, für den Freiheitskampf.

Viel wurde uns von den Engländern genommen. Anfangs wohnten wir in schönen Häusern und dann in Hütten. Die Opfer waren sehr groß, doch wir waren sehr glücklich darüber und stolz darauf. Nur zweimal erhielten wir neue Kleidung. Wir wuschen sie immer wieder, lebten in sehr ärmlichen Verhältnissen und schliefen auf dünnen, rauen Fußbodenmatten. Ich erinnere mich auch, nie ein Kopfkissen gehabt und jahrelang keine Schuhe getragen zu haben. Ich hatte nur einen Pullover und mein einziger Mantel war dann während des Studiums in Lahore, wo es manchmal so schrecklich kalt wie in London sein konnte, völlig abgetragen und fiel auseinander.

Doch wir waren niemals neidisch, murrten und verlangten nie, dass sich unser Vater mehr um uns hätte kümmern oder etwas anderes hätte tun sollen. Sogar wenn uns heute noch Bekannte aus dieser Zeit begegnen, wissen sie, dass wir Kinder eines großen Mannes sind und haben gewaltigen Respekt vor uns.

Meine Eltern widmeten ihr Leben der Freiheit Indiens, und ich fand ebenfalls, dass Freiheit sehr wichtig ist. Denn ohne sie können wir keine religiöse Basis schaffen.

Zweimal war mein Vater wegen seines Widerstands gegen die britische Besatzung im Gefängnis und einmal für ungefähr zweieinhalb Jahre. Da er das einzige Familienmitglied war, das für ein Einkommen sorgte, mussten wir unser Haus verlassen und in Hütten leben und hatten alle möglichen Schwierigkeiten und Nöte.

Als ich 18 war, kamen eines Tages ein paar Leute zu uns und teilten uns mit, dass unser Vater in ein anderes Gefängnis verlegt worden war.

Meine Mutter war besorgt, weil ich als junges Mädchen von der Polizei gefoltert wurde. Sie gaben mir Elektroschocks und gestalteten mein Leben ziemlich miserabel. Sie weinte und erzählte einem alten Gentleman, dass sie Angst um mich hätte: „Ich will nicht, dass sie noch weiter gefoltert wird.“ Dieser Gentleman erklärte mir daraufhin, dass mein Kampf gegen die Engländer nicht richtig wäre und ich damit aufhören sollte.

Doch mein Vater nahm mich beiseite und sagte: „Hör nicht auf diesen alten Johnny. Vergiss ihn. Ich möchte, dass alle meine Kinder auf dem Altar der Freiheit geopfert werden. Wenn du das tust, bin ich ein stolzer Vater und werde deiner Mutter sagen, dass sie sich zusammenreißen soll. Ich bin so stolz auf dich.“ Die Polizei trachtete mir nach dem Leben.

Die Briten waren auch hinter mir her, weil ich so vielen Menschen half. Ich war Teil der Unabhängigkeitsbewegung und eine ziemlich ernstzunehmende Anführerin der Jugendlichen. „Wenn ich keinen aktiven Widerstand leiste“, dachte ich, „wird es für Indien vielleicht nicht gut ausgehen.“

Es ist nicht besonders kultiviert, detailliert zu berichten, wie die Briten mich folterten und was sie mir antaten. Als junges Mädchen haben sie mich wirklich gefoltert. Doch das ist jetzt zu Ende, also ist es vorbei.

Das waren die Zeiten, die ich miterlebte. Ich musste das Studium aufgeben, war acht Monate lang auf der Flucht und weiß, was das indische Volk durchgemacht hat.

Am Ende lösen sich alle Probleme mit Hilfe göttlicher und nicht durch menschliche Kräfte. Die Kraft Gottes führt die Dinge auf derart sanfte Weise zum Erfolg, dass menschliches Eingreifen nicht notwendig ist.

Auf eine Art haben unsere Eltern uns vernachlässigt, weil sie ihr Leben dem Land widmeten. Doch sie hielten uns niemals von Schulaufgaben ab, und so entwickelten wir uns sehr gut. Nach einem zweijährigen naturwissenschaftlichen Studium besuchte ich die Medizinische Hochschule in Lahore. Mir waren zwar der Körper und das ganze Nervensystem bekannt, doch nicht das zugehörige Vokabular; und so studierte ich dort für weitere zwei Jahre.

Dann brachen die 1947-Unruhen aus, und die Universität wurde geschlossen, weswegen ich mein Studium nicht beenden konnte. Doch ich stellte fest, dass ich alles Notwendige gelernt hatte. So musste ich nicht noch einmal wiederkommen und heiratete bald.

Während all dieser Zeit widmete ich meine Arbeit und Freizeit der Erforschung der Menschen: Welche Probleme haben sie? Warum und wie gehen sie der Wirklichkeit aus dem Weg? Wie suchen sie? Was haben sie zu bieten? Was werden sie akzeptieren? Wie geht man mit ihnen um? Das waren ziemlich komplizierte Fragen, und jeder Mensch stellte mich vor neue Herausforderungen.

In gewisser Hinsicht war das etwas, das ich bereits kannte. Denn um jemanden auf subtiler Ebene kennenzulernen, um die Probleme der Kundalini zu verstehen, begibt man sich auf die innere Reise.

Auf diese Weise fand ich die möglichen und tatsächlichen Kombinationen ihrer Probleme heraus. Es ist wie das Periodensystem der Elemente. Man muss sie durch drei, dann durch sieben und dann durch die Zahl ihrer Permutationen und Kombinationen dividieren. Man kann sich also vorstellen – drei potenziert mit sieben potenziert mit der Kraft der Ewigkeit – so war es. Doch das macht nichts. Ich wusste, es würde gelingen.

Während so mein Leben weiterging, suchte mein Inneres die ganze Zeit über immer noch nach Wegen und Methoden, massenhaft die Realisation zu geben.

„Bevor du diese Technik nicht entwickelt hast, sprich nicht über Religion“, sagte mein Vater. „Lass niemanden wissen, dass du etwas darüber weißt, weil sie es nicht verstehen würden. Zuallererst musst du ihnen die Selbst-Verwirklichung geben. Erst dann werden sie wissen, dass es etwas mit diesem menschlichen Bewusstsein auf sich hat. Denn angenommen wir wären im zehnten Stock und alle anderen im Erdgeschoss geboren. Dann muss man sie wenigstens zwei Etagen hochsteigen lassen, damit sie wissen, dass es darüber auch noch etwas gibt. Sonst nützt es nichts, darüber zu sprechen. Sie müssen in das Medium eintreten. Du musst sehr vorsichtig sein und ihnen zuerst die Selbst-Verwirklichung geben.“

Ich suchte also nach einer Möglichkeit, das zu tun und es durch meine Art der Meditation zu erreichen. Irgendwie wusste ich, dass ich das siebte Chakra öffnen musste und wartete auf den richtigen Moment, in dem es massenhaft stattfinden und jeder es erreichen konnte.

Im Mai 1970 saß ich schließlich am Meer und entschied, dass es jetzt und hier geschehen sollte; und so geschah es, dass sich das letzte Zentrum öffnete.

Ich sah zu, wie sich die Kundalini, die Urkraft, der Heilige Geist in uns, teleskopartig entfaltete und öffnete. Ein sintflutartiger Regen aus Lichtstrahlen begann, durch meinen Kopf und in alle Richtungen zu fließen.

Mein Ich hatte sich aufgelöst und war nicht mehr; es gab nur noch die Gnade. Und ich war Zeuge, wie das alles mit mir am 5. Mai 1970 geschah.

Wenn es bloß ein Job wäre, könntet ihr es tun. Doch Gottes Werk ist nicht einfach nur ein Job. Der Kampf begann an dem Tag, an dem ich anfing, die Selbst-Verwirklichung zu geben. Ich begann mit einer Frau und dann erhielten zwölf Menschen die Selbst-Verwirklichung.

In den ersten beiden Jahren empfingen nur ungefähr 14 Menschen ihre Selbst-Verwirklichung. Dann folgten allmählich viele andere, und es wurde bekannt als Sahaja Yoga.

Wir müssen verstehen, dass das Leben Freude bereiten sollte. Es sollte ein Segen und kein Elend sein. Das Elend schaffen wir uns durch falsche Vorstellungen und Konflikte selbst. Leid entsteht entweder durch mentale Projektionen oder Eigensinn.

Alle diese Dinge können korrigiert werden, wenn man sich Sahaja Yoga zuwendet und ein ausgewogener, vernünftiger und sanftmütiger Mensch und zum Zeugen wird. Als Mensch sollte man eine Entwicklung erreichen, in dem alles zu einem Schauspiel, zu einem Drama und man selbst furchtlos wird.

Wir sprechen von Frieden, vom Ende des Krieges… Doch all das wird nicht funktionieren. Einzig eine Transformation des Menschen wird erfolgreich sein. Erst wenn die Menschen transformiert werden, wird alles perfekt funktionieren. Und nicht nur das, sie werden auch die Seligkeit des Lebens genießen.

„Was habe ich letztendlich erreicht?“

Haltet für eine Minute inne und denkt darüber nach.

Ich wurde in Indien und in einer christlichen Familie geboren. Wenn man erleuchtet ist, sieht man die Essenz von allem. Gleichgültig in welche Religion man hineingeboren wurde, man sollte andere Religionen nicht ignorieren, sondern versuchen, etwas über sie zu erfahren. Dann wird man feststellen, dass die Essenz von allen dieselbe ist.

Was gibt es da zu kämpfen? Im Kampf gehört man zu keiner Religion. Doch in der Wahrheit gehört man zu allen.

Im Großen und Ganzen ist mein Leben sehr kollektiv gewesen. Ich bin von Natur aus sehr kollektiv und bringe dieses Temperament von frühester Kindheit an zum Ausdruck.

Dort wo wir lebten, war ich zu allen sehr freundlich und meine Eltern waren als Vater und Mutter von Nirmala bekannt. „Wir haben unsere Identität durch unsere Tochter verloren“, sagten sie einmal.

Einsam fühlte ich mich nie. Selbst wenn ich allein bin, bin ich niemals einsam und genieße meine eigene Gesellschaft.

Als ich 1974 wegen der Arbeit meines Mannes nach London kam, organisierten wir dort ein Sahaja-Yoga-Programm. Sieben Hippies blieben, und so arbeitete ich vier Jahre lang mit ihnen, um ihnen die Selbst-Verwirklichung zu geben, was nicht gerade einfach war.

Damals kehrte ich regelmäßig nach Indien zurück, wo wir zuerst in den Dörfern mit der Arbeit im großen Rahmen begannen.

Allmählich fanden die Leute heraus, dass sie sich auf diesem Weg transformieren konnten. Viele nahmen Drogen, waren Alkoholiker oder irgendwie mental gestört. Doch bald fühlten sie sich besser und wurden geheilt.

Langsam stellte sich heraus, dass Sahaja Yoga etwas von großer Bedeutung war.

Intermezzo

Die Geborgenheit eures Geistes zu suchen, spendet euch Freude.

Ihr glaubt, Dinge zu erwerben, bereitet euch Freude. Doch das ist nicht der Fall.

Die Erweckung der Kundalini gibt euch diese Freude; und in dieser Freude verlangt es euch nach nichts, und ihr bittet um nichts.

Ihr spürt und gehört nur dieser Freude.

„Der Geist wird von seinem Geist erfüllt“, heißt es auf Sanskrit.

 

1 Der Begriff „Realisation“ wird hier synonym mit der Bezeichnung „Selbst-Verwirklichung“ verwendet.

2Die Suche

Zeitalter lang wurde schon nach der Wahrheit gesucht. Doch als man feststellte, dass es keinen anderen Weg gab, sie zu erreichen, außer sich dem Göttlichen hinzugeben, wusste man nicht, wie man das bewerkstelligen sollte.

Sucher gab es auf der ganzen Welt, doch sie waren von Finsternis umgeben.

Als kleines Mädchen wurde mir klar, dass niemand wusste, wie man die Wahrheit findet. Viele verloren sich in sogenannten Religionen oder führten von morgens bis abends Rituale durch. Hindus, Christen oder Moslems – alle glaubten dadurch etwas erreichen, die Wahrheit erkennen und die Selbst-Verwirklichung erhalten zu können. Die Sucher gingen zu Betrügern und anderweitig in die Irre, aber sie suchten wirklich von Herzen. So gerieten sie in schreckliche und dunkle Bereiche, dass sie schließlich nicht wussten, was sie überhaupt noch suchen, sehen und finden sollten.

Es wurde prophezeit, dass sich die Menschen im Kali Yuga, diesem gegenwärtigen Zeitalter der Verwirrung, finden werden. Dann würden alle, die die Wahrheit in Dschungeln, auf Hügeln, in Tälern oder im Himalaya suchten, zu einfachen Haushältern; sie werden keine Sanyasis sein und die Wahrheit finden.

„Erkenne dich selbst“, heißt es in allen Religionen. Der Islam sagt es, Buddha und auch die Christen und Hindus sagen es. Doch sie machen immer noch alle möglichen akrobatischen Kunststücke – nur um schließlich festzustellen, die Wahrheit trotzdem nicht gefunden zu haben.

Schon in meiner Kindheit wusste ich, dass ich es tun musste. Doch als ich sah, wie sehr die Menschen im Hinblick auf sich selbst im Dunkeln tappten, wie aggressiv, sündig und grausam sie waren – es war unglaublich. Es war die Zeit, in der ich Hitler an die Macht kommen sah und auch Indien ganz und gar in Knechtschaft gefangen war.