Bodyguards sind auch Rockstars - Kylie Scott - E-Book

Bodyguards sind auch Rockstars E-Book

Kylie Scott

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Beschreibung

Lesenachschub für "Stage Dive"-Fans - und alle, die es noch werden wollen!


Martha Nicholson hat es aufgegeben. Egal, wie sehr sie es auch versucht, sie kann die Funken, die zwischen ihr und Sam Knowles sprühen, einfach nicht länger ignorieren. Dabei ist der Bodyguard mit seiner ruhigen, besonnenen Art eigentlich so gar nicht ihr Typ, zumal sie sich sicher ist, dass er in ihr nicht mehr als ein Louboutin-tragendes, verwöhntes Partymädchen sieht. Doch Martha ist nicht mehr die, die sie vor ein paar Jahren war. Und sie hat sich in den Kopf gesetzt, Sam genau das zu beweisen - auch wenn das bedeutet, dass dieser all seine Prinzipien über Bord werfen muss ...


"Bodyguards sind auch Rockstars" ist eine Novella zur erfolgreichen "Stage Dive"-Reihe von Spiegel-Bestseller-Autorin Kylie Scott.


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Seitenzahl: 192

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howard

Man kann sich nicht von der Lektüre losreißen

Lange habe ich auf dieses Buch hingefiebert und ich fand es fantastisch!
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Inhalt

TitelÜber dieses E-Book12345678EpilogDie AutorinKylie Scott bei LYXLeseprobeImpressum

KYLIE SCOTT

Bodyguards sind auch Rockstars

Ins Deutsche übertragen von Katrin Reichardt

Über dieses E-Book

Martha Nicholson hat es aufgegeben. Egal, wie sehr sie es auch versucht, sie kann die Funken, die zwischen ihr und Sam Knowles sprühen, einfach nicht länger ignorieren. Dabei ist der Bodyguard mit seiner ruhigen, besonnenen Art eigentlich so gar nicht ihr Typ, zumal sie sich sicher ist, dass er in ihr nicht mehr als ein Louboutin-tragendes, verwöhntes Partymädchen sieht. Doch Martha ist nicht mehr die, die sie vor ein paar Jahren war. Und sie hat sich in den Kopf gesetzt, Sam genau das zu beweisen – auch wenn das bedeutet, dass dieser all seine Prinzipien über Bord werfen muss …

1

»Nicht zu fassen«, meckerte ich. »Meine Valentino-Stiefel kleben tatsächlich am Boden fest. So ekelhaft ist diese Absteige hier.«

Lizzy lächelte nur. »Ich hab dir doch gesagt, dass du etwas Zwangloses tragen sollst.«

»Das tue ich.«

Lizzys Lächeln wurde breiter.

»Jeans und T-Shirt sind zwanglos.«

»Dein T-Shirt? Martha, es ist aus Samt.« Sie hob ihre Bierflasche an die Lippen und trank einen Schluck. »Ich habe dir vorher Bescheid gesagt, dass wir in eine echte Spelunke gehen. Also bist du an deinem Fashion-Fauxpas ganz alleine schuld.«

»Aber Samt ist in!«

»Könntet ihr beiden mal aufhören zu quatschen? Ich versuche zuzuhören«, beschwerte sich mein Bruder Ben. Der große, haarige Trottel lümmelte auf seinem Stuhl und nickte mit dem Kopf im Takt der Musik.

Mit verschwörerischer Miene rückte Lizzy dichter an mich heran. »Ich weiß, warum du dich so schick gemacht hast.«

Ich erwiderte nichts. Es gab auch nichts zu sagen.

Daraufhin blickte sie zu dem Mann hinüber, der gegenüber von uns am Ende der Bar stand. Nein, nein, ich würde bestimmt nicht den Kopf drehen. Ich würde mich nicht auf ihren Schwachsinn einlassen. Immerhin hatte ich es in den etwa achtundvierzig Stunden, die seit meiner überraschenden, nicht unbedingt glorreichen Rückkehr von der Westküste vergangen waren, erfolgreich geschafft, ihm aus dem Weg zu gehen. Obwohl wir uns im selben Haus aufgehalten hatten. Gut, es war ein sehr großes, weitläufiges Haus. Aber trotzdem.

Andererseits sollte man vielleicht erwähnen, dass er heute Abend in Jeans und T-Shirt und einer Lederjacke schrecklich gut aussah. Samuel Rhodes, den die meisten nur Sam nannten. Als direkt attraktiv konnte man ihn mit seinen herben Gesichtszügen und seinem Stiernacken nicht gerade bezeichnen, aber trotzdem hatte er irgendetwas, das mich ansprach. Wie üblich war sein Kopf kahl rasiert, sein Körper in Bestform – und mich juckte es in meinen dämlichen Fingern, diesen Körper einmal näher zu erkunden.

Okay. Anscheinend hatte ich mich doch noch nach ihm umgedreht. Und, verflixt noch mal, er ertappte mich dabei.

Einer seiner Mundwinkel hob sich ein ganz kleines bisschen, gerade genug, um meine Hormone in Wallung zu bringen. Dann machte er wieder seinen Job und beobachtete aufmerksam das Treiben in der vollen Bar. Keinesfalls schlug mein Herz deswegen schneller. Und ich hatte auch nicht immer wieder vor Aufregung den Atem angehalten, seitdem wir vor etwa einer halben Stunde die Bar betreten hatten. Überhaupt nicht. Interessanterweise musste ich feststellen, dass er mich nicht auf diese vielsagende Art musterte, wie es heterosexuelle Männer, die auf mich standen, gewöhnlich taten. Eigentlich kamen seinerseits überhaupt keine Signale, die auf ein eventuelles Interesse hätten schließen lassen. Nie.

Was hatte dann dieses seltsame, angedeutete Lächeln eben bedeutet? Wahrscheinlich nicht viel. Er flirtete ohnehin kaum. Passend zu seinem Job wirkte Sam eher Furcht einflößend. Nein, Lizzy musste sich irren. Dieser Mann hatte nichts für mich übrig. Das leichte Knistern zwischen uns und ein wenig seltsames Verhalten bedeuteten noch lange nichts Ernstes. Schon gar nicht, wenn er nicht gewillt war, auch zu handeln. Ich würde es jedenfalls weiß Gott nicht tun. Nicht bei meiner komplizierten romantischen Vorgeschichte.

»Oh, erwischt«, bemerkte Lizzy. »Der Bodyguard hat gemerkt, dass du ihn angeschaut hast.«

»Klappe.« Ich reckte das Kinn und versuchte, nicht die Stirn zu runzeln, weil man davon nämlich Falten bekommt. »Sam und ich kennen uns schon seit Jahren, und es ist noch nie etwas passiert. Du liegst völlig daneben.«

»Ach ja?«

»Ja, zwischen uns ist nichts.«

»Dann hast du ihn also deswegen angestarrt?«

Ich beschloss, mir eine Antwort auf diese Frage zu sparen. »Außerdem weißt du ganz genau, dass er statt Bodyguard lieber leitender Personenschützer genannt werden möchte.«

Lizzy kicherte hemmungslos, und ihre Augen funkelten vor Schalk. Kein Wunder, dass ich dieser Tage meine Schwägerin so mochte.

Ben bedachte uns beide mit einem bösen Blick. Wir ignorierten ihn.

Selbstverständlich hatte ich vorher gewusst, dass Sam höchstwahrscheinlich auch hier sein würde. Wenn Rockstars sich an öffentlichen Orten zeigten, konnte das heikel werden. Die Leute reagierten manchmal zu enthusiastisch. Und während eine einzelne Person, die ein Autogramm haben wollte, noch kein Problem darstellte, wurden zwanzig oder dreißig, die plötzlich auftauchten und ihre Stars umschwärmten, durchaus zu einem. Da ich lange zum Gefolge von Stage Dive gehört hatte, hatte ich oft genug miterlebt, wie mein Bruder Ben und seine Bandkollegen in genau so eine Situation geraten waren, und ich wusste, dass man vorsichtig sein musste. Normale Security-Leute reichten bei solchen Gelegenheiten nicht aus. Rockstars mussten vor ihren übereifrigen Fans beschützt werden, aber andererseits wollten sie natürlich auch nicht, dass ihre Fans zu rüde behandelt oder am Ende gar verletzt wurden. Ein solcher Job erforderte diverse, gut ausbalancierte Eigenschaften: Beherrschung, Erfahrung sowie eine ganze Bandbreite Furcht einflößender körperlicher Fähigkeiten. Deswegen war Sam hier.

Trotzdem schien es in Portland immer noch deutlich weniger verrückt zuzugehen als damals in den guten alten Zeiten in L. A. Hier, weit weg von der durchgeknallten Partyszene, wirkten alle Jungs viel ruhiger und gesetzter. Und dazu kam noch der Einfluss, den die diversen Ehefrauen sowie der zahlreiche Nachwuchs ausübten. Die berühmteste Rockband der Welt war inzwischen offiziell gezähmt worden.

Das war schon irgendwie süß. Oder traurig. Keine Ahnung.

»Sorry, ich wollte nicht stänkern«, log sie. »Was hältst du von der neuen musikalischen Bromance deines Bruders?«

Auf der kleinen Bühne in einer Ecke des Raums spielte ein junger Kerl Akustikgitarre und sang dazu jammernd ein Klagelied. Irgendetwas von tausend Ängsten, die er eines Mädchens wegen ausstand, das ihn immer nur nach Mitternacht anrief. Klar, dass so ein Rockertyp es schaffte, aus einem simplen, unanständigen Telefonanruf eine herzzerreißende Ballade zu zimmern. Doch der Song war richtig gut. Der Junge hatte Talent. Hätte ich doch in meiner Jugend nicht schon mein gerütteltes Maß an Erfahrungen mit Typen wie ihm gesammelt. Er schien Anfang oder Mitte zwanzig zu sein. Schlaksig. Viele Tattoos. Der typische Rock-’n’-Roll-Traumprinz. Würg. Heutzutage stand ich eher auf … eigentlich war es mir selbst ein Rätsel, welchen Typ Mann ich brauchte oder wollte.

Und mein Blick glitt nicht schon wieder zu Sam hinüber. Nein, so weit kam es nicht.

»Er ist nicht schlecht«, sagte ich und blieb beim eigentlichen Thema. »Außerdem hat er eine gute Bühnenpräsenz, und das ist es, womit man heutzutage Geld verdienen kann. Das ist doch schon mal was.«

»Nicht schlecht?«, meinte Ben höhnisch. »Er ist brillant.«

Lizzy hob grinsend die Hände und formte mit den Fingern ein Herz.

»Das hab ich gesehen«, knurrte ihr Ehemann.

»Adam ist das neue Musikgenie.« Sie setzte wieder die Bierflasche an den Mund und trank einen großen Schluck. »Er zieht jetzt bei uns ins Poolhaus ein. Seine grausame, fiese Freundin hat ihn nämlich rausgeschmissen, weil er sich mehr für seine Musik interessiert als dafür, Zeit mit ihr zu verbringen. Die ganze Zeit musste er jetzt bei Freunden auf der Couch pennen, der arme Kerl.«

Ich schüttelte spöttisch den Kopf. »Frauen.«

»Ja, wir ruinieren immer alles, nicht wahr? Was stimmt nur mit uns nicht?«

»Wo soll ich da anfangen … Das könnte eine Weile dauern …«

Ben versuchte, nicht zu grinsen. »Seid nachsichtig. Er ist jung und hat später noch genug Zeit für Dates und solchen Kram.«

»Und solchen Kram«, echote Lizzy. »Das ist so romantisch, dass es mir in der Seele wehtut.«

»Ich geb dir gleich Romantik.«

Da er ein riesengroßer Kerl war, schaffte mein Bruder es mühelos, seine Ehefrau von ihrem Stuhl zu heben und sie auf seinem Schoß zu platzieren. Schon hatte er die Hände in ihre Haare geschoben, ihre Lippen trafen sich und der Mann küsste sie, als wolle er sie auffressen. Oh Gott, so viel Zunge, und das auch noch in aller Öffentlichkeit. Verheiratete Paare. Paare generell. Darauf, so etwas mit ansehen zu müssen, konnte ich wirklich verzichten. Doch als ich mich abwandte, stellte ich prompt fest, dass Sam mich beobachtete, und dabei sah er fast ein klein wenig interessiert aus. Was mochte dieser Ausdruck in seinen Augen bedeuten? Ich wünschte, ich hätte es gewusst. Dann wurde er durch etwas auf dem Handy in seiner Hand abgelenkt, und unser kleines Blickduell war wieder beendet.

Oben auf der Bühne beendete Adam, das geplagte Musikgenie, seinen Song, und die Leute im Raum applaudierten, pfiffen, johlten und brüllten. Er hatte sein Publikum offensichtlich fest im Griff. Unter der richtigen Anleitung würde er es noch weit bringen.

Endlich, nachdem sie eine gehörige Menge Spucke ausgetauscht hatten, legten mein Bruder und meine Schwägerin eine kurze Pause ein, um Luft zu schnappen. Schön zu sehen, wie gut ihre Ehe lief. Ich hatte meine Zweifel gehabt, doch in diesem Fall irrte ich mich gern. Die beiden waren noch immer total verknallt und happy. Erfreulich für sie.

»Sie lieben ihn«, sagte ich.

Ben nickte. »Adrian ist daran interessiert, ihn unter Vertrag zu nehmen.«

»Scheißtyp. Grandioser Manager.«

»Wir haben ihn nicht seiner einnehmenden Persönlichkeit wegen mit im Boot.«

»Das stimmt allerdings«, sagte ich nickend. »Ihr lasst diesen Kerl bei euch einziehen? Ist das nicht ein bisschen riskant? Was wisst ihr denn über ihn?«

»Sam hat ihn überprüft. Er ist in Ordnung. Und außerdem leiden wir nicht gerade unter Platzmangel.«

»Stimmt.«

Die Musik setzte wieder ein. Gitarrenklimpern, begleitet von dem dumpfen Rhythmus, in dem er mit seinem Fuß auf den Boden auftrat. Doch erst als Adam den Mund aufmachte, wurde es so richtig fantastisch. Der Junge konnte wirklich singen.

»Hey«, hörte ich eine andere Stimme … eine, die ich viel zu gut kannte. David Ferris, Leadgitarrist, Chefsongwriter und mein Ex, schob sich auf den freien Platz neben mir, wo vor Kurzem noch Lizzy gesessen hatte. Genau wie der Mann auf der Bühne war er groß und schlank. Schön, auf seine ganz eigene Art. Wir erstarrten mehr oder weniger gleichzeitig und wechselten gequälte Blicke. Unsere Vorgeschichte war so hässlich und unerfreulich. Eine junge, gescheiterte Liebe, inklusive Seitensprung. Mein Verschulden, nicht seines. Ich redete mir gern ein, dass ich seit jener Zeit viel gelebt und dazugelernt hatte und reifer geworden war und so weiter und so fort. Immerhin lag das alles inzwischen zehn Jahre zurück. Na ja, eigentlich hatte ich vor allem gelebt. Überlebt, indem ich mir nicht gestattet hatte, mich auch nur ansatzweise neu zu verlieben. Wenn die Liebe mich lediglich dazu verleitete, den Verstand zu verlieren und Dummheiten zu begehen, dann passten wir eben nicht zusammen. Vielleicht zählte das auch als Lernen. Immerhin zwei von drei Punkten erreicht. Nicht schlecht.

»Martha«, sagte er.

»Hi, David.« Mein Lächeln war so spröde, dass es fast schmerzte. »Wie geht es dir?«

»Gut. Und dir?«

Ich nickte nur.

Nachdem nun ausreichend Höflichkeiten ausgetauscht waren, rückte er mit seinem Stuhl etwas von mir ab und wandte sich stattdessen an meinen Bruder. »Benny, ist das der Junge, den ich mir anhören sollte? Er ist gut.«

»Ja, ich habe mich vorhin mit ihm unterhalten. Ich werde sein Album produzieren, ihm helfen, durchzustarten.«

»Cool.«

»Wir haben ja das ganze Equipment zur Verfügung, also können wir es auch nutzen«, sagte mein Bruder. »Dann habe ich auch ein bisschen Beschäftigung, während du Pause machst und am neuen Album arbeitest.«

»Ich finde, das ist eine hervorragende Idee.«

Lizzy warf mir einen besorgten / mitleidigen Blick zu. Oh Mann, darauf konnte ich gut und gerne verzichten. Das zwischen David und mir, das war schon so, so lange vorbei. Inzwischen konnte ich an ihn denken, ohne dass es mir das Herz brach. Doch ihn zu sehen war immer noch recht unangenehm. Ich meine, wer wird schon gern an die schlimmsten Zeiten im Leben erinnert? Klar, wir hatten auch schöne gemeinsame Augenblicke, aber trotzdem. Wenigstens war seine Frau nicht dabei.

Und ich brauchte jetzt etwas Abstand. »Das geschmolzene Eis hat meinen Drink verwässert. Ich hole mir einen neuen.«

»Soll ich mitkommen?«, fragte Lizzy.

»Nein, danke.«

Steif und befangen bahnte ich mir einen Weg durch die Menge. Einige Fremde musterten mich interessiert, doch ich beachtete sie nicht. Ein Flirt und das, was darauf womöglich folgte, standen gerade nicht besonders weit oben auf meiner Wunschliste. Zum Glück war es bis zur Bar nicht weit. Zwar war der Laden brechend voll, aber die Klimaanlage lief auf vollen Touren, weshalb mein Make-up bislang noch nicht verlaufen war. Gott sei Dank. Ich stand nämlich erst ungefähr eine halbe Sekunde an der Bar, als Sam auch schon neben mir auftauchte. Der erste Hinweis darauf, dass er nicht hier war, weil er einen Drink brauchte: Er stand mit dem Rücken zur Bar, um Ben, David und die anderen Gäste im Blick behalten zu können. Der zweite Hinweis war, dass er den Mund aufmachte und fragte: »Alles okay?«

»Alles gut.«

Er nickte mit dem Kinn.

Ich sah ihn finster an. »Willst du irgendwas?«

»Nö.«

»Solltest du dann nicht arbeiten?«

Wieder zog er einen seiner Mundwinkel ein wenig hoch. »Nur, weil sich jemand nach deinem Wohlbefinden erkundet, musst du nicht gleich den Zickenmodus anschmeißen, Martha.«

»Wer sagt denn, dass ich ihn jemals ausgeschaltet habe?«

Sein Grinsen wurde eine Spur breiter. Ich verfolgte es aus dem Augenwinkel.

»Schön zu wissen, dass die Jahre in New York dich kein bisschen verändert haben«, sagte er.

Dessen war ich mir nicht so sicher.

»Ich war überrascht, zu hören, dass du zurückgekommen bist.«

»War eine recht spontane Aktion.«

Er nickte nur und musterte mich mit leicht zusammengekniffenen Augen. Als könne er meine Gedanken lesen oder so. Oh Gott, hoffentlich nicht.

Ich klopfte mit der Sohle meines Valentino-Stiefels auf den klebrigen, bierbesudelten Boden der Bar und machte weiter ein finsteres Gesicht. Dieser Mann hatte etwas an sich, das mich stets in die Offensive gehen ließ. Als könnte ich mir in seiner Gegenwart keine Schwächen leisten. Niemals. Er wusste zu viel. »Sam, diese Absteige ist widerwärtig.«

»So übel finde ich es hier gar nicht.«

»Hasst du es denn nicht, dass du immer herumstehen und warten musst?«

»Ich warte nicht, ich arbeite«, entgegnete er. »Und obendrein ist er gut«, fügte er mit einem Nicken in Richtung der Bühne hinzu.

»Wir entwickeln wohl langsam ein Gespür für Talent, was?«

»Das überlasse ich lieber Ben und Dave. Und dir.« Er lehnte sich mit dem Rücken an die Bar. »Ich weiß noch, wie du herausgehört hast, dass Jimmy Page auf dem Album von dieser texanischen Punkband mitgespielt hat. Damit hast du alle umgehauen. Davie wusste nicht, ob er stolz auf dich sein sollte oder eifersüchtig, weil seine Freundin es vor ihm gemerkt hatte.«

Ich versuchte, nicht zu lächeln. »Das war doch keine große Sache.«

»Keine große Sache? Mal glaubte hinterher einen Monat lang, dass du über musikalische Superkräfte verfügst, und jedes Mal, wenn du etwas gesagt hast, hat er sofort die Klappe gehalten und ehrfürchtig deinen Worten gelauscht. Alles, was diesen Mann zum Schweigen bringt, ist durchaus weltbewegend.«

Wie nett von Sam, dass er sich daran noch erinnerte. Auch wenn es nur eine Kleinigkeit und lange her war. Einige Zeit, nachdem Stage Dive ihr erstes Album veröffentlicht hatten, hatte Mal ausgerechnet seine Leidenschaft für texanische Punkmusik entdeckt. Und so hatte er mit seinem unwiderstehlichen Enthusiasmus permanent im Tourbus sein Mixtape gehört und dazu Luft-Schlagzeug gespielt. Jimmy hatte Punk noch nie ausstehen können und hielt mit dieser Meinung auch nicht hinterm Berg – was Mal natürlich nur noch mehr anspornte. Am Ende hörten wir nur noch texanischen Punk.

Um ehrlich zu sein, gefiel mir diese Musik sogar recht gut. Doch das hätte ich Mal gegenüber natürlich niemals zugegeben. Füttern verboten – so lautete mein Motto im Umgang mit durchgeknallten Drummern.

Doch da war dieses Gitarrenstück, plötzlich irgendwo in der Mitte des Mixtapes. Es war hypnotisch und melodisch und fügte sich trotzdem nahtlos in die wilde, schnelle Punk-Kakophonie ein. Atemberaubend. Und ich sagte, wie es eben so meine Art ist, etwas total Unangemessenes wie: »Auf keinen Fall kann ein Nobody aus irgendeiner Garagenband so Gitarre spielen.« Mal holte die Plattenhülle, und es stellte sich heraus, dass der Leadsänger den Song an einen befreundeten Musiker geschickt hatte, für dessen Band sie einmal als Vorgruppe aufgetreten waren, und diesem Freund hatte das Stück so sehr gefallen, dass er einen Gitarrenpart dafür eingespielt und an den Leadsänger geschickt hatte.

Dieser Freund war Jimmy Page. Ein oder zwei Jahre, bevor er Led Zeppelin gegründet hatte. Ist Rock ’n’ Roll nicht eine irre Sache?

Sam lächelte versonnen und schüttelte den Kopf. Ich errötete und wünschte mir insgeheim, dass mir seine Wertschätzung nicht so viel bedeuten würde. Höchste Zeit, die Unterhaltung wieder auf sichereres Terrain zu lenken. »Warum sagst du dann, dass er gut ist?«

Er zuckte bescheiden mit den Schultern. »Du kannst Talent hören. Ich kann die Situation in einem Raum beurteilen. Lagebewusstsein und Gefahrenabschätzung machen neunzig Prozent meiner Arbeit aus. Er hat es geschafft, dass sie ihm aus der Hand fressen. Das macht es mir einfach.«

Klang logisch. »Aber was, wenn jemand Ben oder Dave erkennt?«

»Einigen Leuten sind die beiden schon aufgefallen, aber sie lassen sie in Ruhe. Dass der Junge auf der Bühne die Gäste so gut ablenkt, ist dabei sehr hilfreich. Aber wenn die Stimmung kippen sollte, dann schaffe ich sie postwendend zum Hintereingang, wo Ziggy schon den Wagen vorfahren lässt.«

»Dafür ist also das Telefon da?«, fragte ich mit einem Nicken auf das Handy in seiner Hand.

»Wir bleiben in ständigem Kontakt.«

»Du bist auf alles vorbereitet.«

»Dafür werde ich bezahlt.«

»Und ich dachte immer, sie hätten dich Muskelprotz nur angeheuert, damit sie wichtiger aussehen.«

»Du glaubst wirklich, dass Dave mich braucht, um wichtig zu wirken?« Autsch. Ich hatte über Sams Arbeit gewitzelt, und prompt drehte er mir die Worte im Mund herum und landete einen Treffer auf meiner alten Wunde. Manchmal fragte ich mich wirklich, ob er die Welt als andauernde Sparring-Session betrachtete, bei der er ständig die Lage beurteilen, Schwächen seines Gegenübers finden und aus einer Abwehr einen Angriff machen musste. Und immer die Kontrolle über alles behalten musste.

Sein Blick glitt zur Seite. »Die Barkeeperin wartet auf deine Bestellung.«

»Hm? Oh.« Ich drehte mich um und ordnete meine Gedanken. »Wodka Soda.«

Sam schnalzte mit der Zunge. »Wo bleiben deine Manieren?«

»Bitte«, fügte ich einfältig hinzu. Die Dame hinter der Bar hob nur eine Augenbraue, während sie bereits begann, meinen Drink zu mixen.

»Martha, es würde dich wahrscheinlich nicht umbringen, wenn du netter zu anderen Menschen wärest.«

»Warum dieses Risiko eingehen?« Ich überreichte der Dame einen Zehn-Dollar-Schein. Das reichte für den Drink und ein fettes Trinkgeld obendrein. Na bitte. War das nicht Beweis genug, dass ich durchaus nett sein konnte? Doch Sam war schon davongeschlendert und hatte wieder seinen Beobachtungsposten am Ende der Bar eingenommen, dichter bei den Jungs.

Es wurde Zeit, zum Tisch zurückzukehren. Konnte mich bitte jemand vorher erschießen?

Ich setzte ein Lächeln auf und bahnte mir einen Weg zurück durchs Gedränge. Wenn mir einer dieser Idioten sein Getränk über die Schuhe schütten würde, dann gäbe es Blutvergießen. Heutzutage verfügte ich leider nicht mehr über die finanziellen Mittel, um mir mal eben neue zu kaufen.

Lizzy hockte noch immer auf Bens Schoß, weshalb mein Platz neben David noch frei war. Juhu. Sobald ich mich hingesetzt hatte, sah ich, wie sich die Muskeln an seinem Unterkiefer auf eine ganz bestimmte Art anspannten. Verdammt. Er würde versuchen, Konversation mit mir zu machen. Ich wünschte wirklich, er würde das lassen. »Also, Martha, wie lange bleibst du in der Stadt?«

»Habe ich noch nicht entschieden.« Ich trank einen ordentlichen Schluck Wodka. Die magischen Kräfte des Kartoffelzaubertranks brauchte ich jetzt wirklich dringend.

»Sie wird mithelfen, auf Gib aufzupassen, wenn Lizzy wieder zum College geht«, schaltete Ben sich ins Gespräch ein. »Wir haben bisher noch keine Nanny gefunden, mit der wir zufrieden gewesen wären, deshalb …«

»Ich springe gern ein.«

Auf Davids Stirn erschienen Sorgenfalten. »Du willst auf einen Zweijährigen aufpassen? Du?«

»Sie macht das bestimmt großartig!«, sagte Lizzy und lächelte so strahlend und überzeugend, wie es nur ging. »Ist doch toll, dass das Tantchen und ihr Neffe Gelegenheit haben, sich näherzukommen.«

»Ganz genau«, pflichtete ich ihr bei. »Außerdem: Wie schwierig kann das schon sein?«

»Was weißt du bitteschön über Kinder?«, fragte David. »Ich meine, du hast es nicht mal geschafft, eine Maus am Leben zu erhalten.«

»Das war nicht meine Schuld.« Das war der Nachteil, wenn man mit Leuten verkehrte, die einen schon seit der Kindheit kannten. »Sie ist krank gewesen.«

»Du hast eine Maus getötet?« Lizzys Miene war plötzlich deutlich weniger zuversichtlich.

Ben kratzte sich am Bart. »Das hatte ich ganz vergessen.«

»Du hast nur daran gedacht, sie zu füttern und ihr Wasser zu geben, weil ich dich täglich daran erinnert habe«, sagte David, der sich von mir aus jetzt mal langsam hätte verziehen können. Er war so was von überhaupt nicht hilfreich. Aber ich hatte auch nichts anderes von ihm erwartet.

»Irgendwann hätte ich schon selbst daran gedacht.« Kopfschmerzen bahnten sich an. Ich konnte es spüren. »Ich war sechzehn. Niemand ist mit sechzehn verantwortungsbewusst.«

»Und was ist deine Entschuldigung für die darauffolgenden zehn Jahre?«, frotzelte Ben und amüsierte sich königlich über seinen schlauen Witz.

Wie es sich für eine gute Schwester gebührt, knuffte ich ihn in den Arm. Aber der Blödmann war so muskulös, dass ich mir dabei hauptsächlich selbst wehtat. Verwandte und Exfreunde waren so nervig. Vielleicht sollte ich einfach nach New York zurückkehren. Urplötzlich lief es mir kalt den Rücken herunter. Nein. New York war keine Option.

»Ich bin sicher, dass du das hinkriegst«, beteuerte mein Bruder und tätschelte mir den Kopf. Na toll, es hatte ja nur eine halbe Ewigkeit gedauert, bis ich es geschafft hatte, meine Haare zu einem perfekten Pferdeschwanz zu frisieren. Dieser Idiot. »Sorry, Martha. Ich bin zuversichtlich, dass du mein Kind nicht einfach so sterben lässt wie diese arme, kleine Maus. Möge sie in Frieden ruhen.«

Während Ben seine blöden Witze riss, sah die Mutter des Kindes nun ernsthaft beunruhigt aus.

»Gibby wird nichts passieren, ich verspreche es«, sagte ich und nahm ihre Hand. »Du vertraust mir doch, oder?«

»Klar. Selbstverständlich.« Das klang ganz und gar nicht überzeugt. Und dass sie dabei meinem Bruder einen äußerst besorgten Blick zuwarf, war für mein Selbstvertrauen auch nicht gerade förderlich. Vielleicht war das doch keine gute Idee. Ich war nun wirklich keine Mary Poppins. Selbst wenn ich das Kind, um das es hier ging, möglicherweise gernhaben würde.