Border Collies - Falk Frenzel - E-Book

Border Collies E-Book

Falk Frenzel

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Beschreibung

Border Collies sind zweifelsohne faszinierende Hunde. Aber ebenso faszinierend ist das Kaleidoskop ihrer Geschichte, einer jahrtausendealten Geschichte von Menschen und ihren Hunden. Sie zeigt, warum Hunde zu jeder Zeit gerade so und nicht anders gezüchtet wurden. Sie hilft dabei, die Wesensmerkmale einer Rasse zu begründen. Sie räumt mit Irrtümern auf. Vor allem aber ist sie interessant und spannend.

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Falk Frenzel

Border Collies

Entdecke die Geschichte

Für Dagmar und Colin

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Einfach genial

Cambo – ein Irrtum

Industrie 1.0

Etwas Neues: Hundeausstellungen

Ein Hundeleben

Einzigartigkeit unerwünscht

Eine neue Idee: Hütewettbewerbe

Ein etwas anderer Verein

Der Hund braucht einen Namen

Adam Telfer und Old Hemp

Hunde, die Karriere machen

Von der Weide in die Hallen

Ahnen? Welche Ahnen?

Von Menschen, Schafen und Hunden

Familienbande

Impressum

Einführung

»Was ist das für einer?«

Hört man als Border Collie Halter heute diese Frage noch? Wohl kaum. Eine Frage, wie die Verwendung eines altmodischen Wortes. Dabei sind Hundehalter ausgesprochen kontaktfreudige Menschen. Und besonders aufgeschlossen werden sie, wenn jemand neu in ihrem Revier auftaucht. Also, nicht ein Mensch, sondern ein Hund. Der Mensch am oberen Ende der Leine ist Anhängsel, er ist der, der Fragen beantwortet. Solche Fragen wie: »Was ist das für einer?« Er beantwortet sie, weil der Hund es nicht kann. Gut, er könnte schon, wenn sein Stimmapparat es nur hergeben würde. Denn im Prinzip kennt er sich mit menschlichen Wörtern ja aus.

Ich schweife ab. Auch so eine Eigenschaft von Hundehaltern: vom Hundertsten ins Tausendste kommen. Sie lieben das. Ihre Begegnungen sind damit zumeist geprägt von langen, von sehr langen Dialogen. Satz um Satz, Minute um Minute erfährt man so, ob man es will oder nicht, überraschend viel über Hunde und ihre Halter. Die Wortzahl ist jedoch nicht immer fair verteilt. Am Ende ist der Normalfall nicht mehr der Dialog, sondern der Monolog. Für den einen wird das zum Erlebnis, für den anderen schon einmal zur Geduldsprobe.

Aber zurück. »Was ist das für einer?« Nun ja, das hat man davon, wenn der Hund nicht zu den Standardfamilienhunden zählt.

Zugegeben, es ist ein wenig her, dass mir diese Frage zuletzt gestellt wurde. Eigentlich sehr lange her. Ende der 1980er Jahre war das. Aber dafür wurde die Frage auch immer wieder gestellt, legte gleichsam einen Vorrat für die nächsten Jahre an.

»Ein Border Collie.« Fragen über den eigenen Hund werden von Hundehaltern ja generell gerne beantwortet.

»Aha. Ein Collie also.« Vorsichtshalber sah der Fragende noch einmal hinab zum Hund und musterte seinen Halter eindringlich. »Kenne ich.« Pause. Das Misstrauen in dieser Pause war unüberhörbar. »Die sehen aber anders aus.«

Die Anfänge liefen niemals gut. Scheinbar lebte jeder in einer Welt voller Collies. Der Nachbar hatte einen, ein Bekannter ebenfalls, ein entfernter Verwandter sowieso. Und in den einen unter den wenigen Hunderatgebern jener Tage hatten scheinbar auch noch alle einen Blick geworfen, in jenen, in dem der Tipp stand, seinem Mischlingshund doch einfach einen Fantasienamen zu geben, einen, der nach einem Rassehund, der nach etwas Besonderem klingt.

Was macht noch einmal das Zusammentreffen von Hundehaltern so attraktiv? Die Gespräche. Also schön, die Monologe. Wahr müssen sie ja nicht alle sein, die Familien- und die Hundegeschichten, die man da hört. Und wissen will man es eigentlich auch nicht immer so ganz genau, aber einen wirklichen Hundeliebhaber, ich will nicht sagen, dass es ihn nicht stört, doch hält es ihn auch nicht auf.

Der Konjunktiv des Satzes: »Ich könnte noch stundenlang erzählen«, er mag an jener Stelle beim Zuhörer längst aufgegebene Hoffnungen wecken, aber die darf er dennoch nur für kurze Zeit hegen. „Ich könnte noch stundenlang erzählen“, es besagt nichts anderes als dass er, der Erzähler, es auch tun wird. Dagegen rebellieren lohnt nicht. Der Zuhörer, er ist ja nicht nur höflicher Zuhörer. Zu viele Geschichten wollte und will er selbst allzu gerne noch erzählen. Aber leider ist sein Gegenüber für den Augenblick einfach nur schneller gewesen.

Also, zu was bin ich damals nicht mehr gekommen, zu erwähnen?

»Was ist das für einer?« Auch wenn sich die Gespräche wegen des Wortes Collie im Namen meist hinzogen: Die Frage konnte am Ende immer geklärt werden. Woher kommt er? Was macht er so? Was ist Hüten?

Doch, ich denke, ich gab darüber Auskunft. Ausführlich genug? Die Erinnerung kann trügen. Etwas Schönes über das englisch – schottische Grenzgebiet, etwas über die Menschen, über ihre Geschichte, über die Landschaft dort – habe ich es erwähnt? Wahrscheinlich fehlte dafür dann doch die Zeit. Einiges wäre da wohl noch nachzuholen.

Da wären ja noch die Fragen, die nie gestellt wurden. Warum gibt es den Border Collie eigentlich überhaupt? Denn tatsächlich hätte ich doch erklären müssen, wie alles miteinander zusammenhängt: Industrielle Revolution, Hundeausstellungen, Hütewettbewerbe, Anerkennung als Rassehund.

Und dann natürlich auch noch das möglichst lückenlose Porträt der Ahnenreihe. Hunderassen entstehen ja schließlich nicht an einem Tag. Gut, das ist Vergangenheit, mitunter auch Geschichte. Aber zeigt sie nicht, wie und warum die Hunde Generation nach Generation gerade genau so und nicht anders gezüchtet wurden? Hilft sie nicht dabei, die Wesensmerkmale einer Rasse zu begründen? Manchmal räumt sie auch Irrtümer aus.

Damals, hat damals eigentlich jemand danach gefragt, nach der Geschichte? Ich hätte sie jedenfalls gerne erzählt. Mir und anderen. Erzählt von den Veränderungen durch Schäfer, Farmer und Züchter, die nicht ahnen konnten, dass sich ihre Hunde mühelos in die Zukunft einfügen würden, in eine Zukunft, die sie auf ferne Kontinente führen würde, in der sie als Rassehunde auf Ausstellungen gegeneinander antreten würden, in der sie an Hütewettbewerben und Fernsehsendungen teilnehmen würden.

Border Collies, sie sind schon ein faszinierendes Thema – und eine Zeitreise wert.

Einfach genial

Selten ist der Applaus in der Samstag-Abend-Show „Wetten dass ..?“ so groß gewesen, wie an diesem 23. Januar 1999 in der Schwabenhalle von Augsburg. Tonnenschwere LKWs auf Biergläsern, Baggerwetten, zerrissene Telefonbücher, waghalsige und bizarre Wetten, einen Wettskandal - das alles hatte man ja bereits in früheren Sendung gesehen. Allerdings das, was gerade die Zuschauer in der Halle und ein Millionenpublikum an den Bildschirmen miterlebt hatten, übertraf sie alle. Er war einer jener außergewöhnlichen Momente, die einem lange in der Erinnerung bleiben. Doch warum nur?

Ohne Frage, Rico, der Kandidat, er war sympathisch, er sah zudem noch gut aus, aber natürlich war es allein sein Auftritt, der zum Glanzpunkt des Abends wurde. Aus 77 Plüsch- und Plastiktieren, so lautete die Wette von Susanne Baus, holt Rico jeweils exakt jenes heraus, das sie benennt. Susanne Baus gewann ihre Wette. Auf Rico war Verlass. Rico, offenkundig ein Genie – und doch nur ein Hund.

War das einfach nur kurios oder verbarg sich mehr dahinter? Am Ende konnte man auch in den Presseredaktionen nicht so recht sagen, weshalb man es ins Blatt setzte. Gut, Hundebesitzer hatten ja schon immer gewusst, dass ihre Hunde jedes Wort von ihnen verstehen. Nun ja, sie hatten es geahnt. Hier, an diesem Abend sahen sie sich bestätigt. Alle anderen waren überrascht, dass Border Collie Rüde Rico so viele menschliche Wörter kannte und den Stoff- und Plastiktieren zuordnen konnte.

Ein Trick? Dressur? Wer das glaubte, stand mit seiner Meinung nicht allein da. Wissenschaftler hatte er auf seiner Seite. Ricos Leistung war auch für sie unvorstellbar. Allerdings hatte das wenig mit Bewunderung, mit Staunen über Rico zu tun. Es war schon eher ein instinktives Stemmen gegen Veränderungen. Man hätte ja auf die Frage stoßen können, warum Rico das kann, was er kann. Er musste sich schließlich bei jedem Wort entscheiden, welchen Gegenstand er auswählt. Wie hatte er die Wörter erlernt? Denn irgendwie musste er sie ja erlernt haben.

Was wäre, wenn er dafür eine Art Ausschlussverfahren anwenden würde? „Fast mapping“, wir kennen das. Wir kennen das aus unserem eigenen Leben. Das „Schnelle Zuordnen“, es ist die Art, wie wir ab dem zweiten Lebensjahr neue Wörter lernen. Werden wir aufgefordert, einen bestimmten Gegenstand zu holen, von dem wir nicht wissen wie er aussieht, welche Funktion er hat, wie er benannt wird, werden wir ihn unter lauter bekannten Gegenständen dennoch herausfinden. Wir stellen einen Zusammenhang zwischen einem unbekannten Gegenstand und einem dazugehörigen neuen Begriff her. Das, was bisher nur ein Ding für uns war, erhält nunmehr für immer einen, seinen Namen. Hatte auch Rico so gelernt, seine Stofftiere auseinander zu halten?

Natürlich hatte er das nicht. Das konnte keiner. Schon aus Prinzip nicht. Allein der Gedanke daran hätte selbst für einen aufgeklärten Geist des ausgehenden 20. Jahrhunderts an den Grundfesten menschlicher Vorstellungen gerührt. Beinahe zwanghaft müht sich der Mensch seit Jahrhunderten, sich gegen die Tierwelt abzuheben. Und da gibt es Dinge, viele Dinge, die der Mensch kann und Tiere nicht können. Schnelles Zuordnen zum Beispiel. Menschen können es, Tiere können es nicht. Der Mensch kann logisch denken, Tiere nicht. Also war Ricos Vorführung doch ein Trick? Doch Dressur? Es war zumindest die einfachste wissenschaftlich Erklärung. Jede andere wäre peinlich gewesen.

Die Wissenschaft, sie hatte sich bisher nämlich recht wenig um den Hund gekümmert. Der Hund, immerhin Begleiter des Menschen seit vielen Jahrtausenden, war für die Wissenschaft ein ziemlich unbekanntes Wesen. Schön, man kann sich nicht um alles kümmern. Doch sollte man dann nicht wenigstens dafür, dass man es nicht tut, eine halbwegs hochwertige Erklärung haben? Dafür, dass man den Hund bisher nun so gar nicht beachtet hatte, war jedoch keinem eine vernünftige Begründung eingefallen, allenfalls eine verblüffende. Nach Meinung vieler Wissenschaftler war der Hund nämlich für ernsthafte Überlegungen und Forschungen gänzlich ungeeignet. Der Hund – und diese Einstellung hielt sich lange -, er lebt nun einmal in einer unnatürlichen Umgebung, die eben nicht die natürlichen Verhältnisse widerspiegelt. Beides, die natürliche Umgebung und die natürlichen Verhältnisse, glaubte man hingegen mit dem Studium der Ahnen des Hundes, dem Wolf, gefunden zu haben. Über ihn hatte man so mit der Zeit mehr und mehr Erkenntnisse zusammengetragen - durch akribische Arbeit in Wolfsgehegen. Nun hätte man jetzt ja selbst auf die dahinter steckende Absurdität kommen können, die Zeit des Umdenkens war jedoch auch nach Ricos Fernsehauftritt noch nicht gekommen. Denn eigentlich wollte man nur eines: weiterhin bei seinen Wölfen bleiben. So beeindruckend Ricos Leistung für alle anderen auch war, so einzigartig hätte sie ja sein können. Rico, das Genie unter den Caniden – aber allein auf weiter Flur und unerklärbar.

Wäre alles anders gekommen, wenn Rico nicht zwei Jahre später erneut bei „Wetten dass ..?“ aufgetreten wäre? Vielleicht ja, vielleicht nein. Die kleinen wie die großen Erklärungen verdanken wir manchmal eben auch dem Zufall. Glauben wir also ruhig daran, dass er es war, der Verhaltensforscher aus Leipzig am 17. März 2001 in die Ausgabe zum 20-jährigen Jubiläum der Show führte, eine Sendung mit Wettpaten wie Kevin Costner, Sir Peter Ustinov, Iris Berben – und, natürlich, mit dem Auftritt von Rico. Selbstverständlich ist es unnötig diesen hier ein weiteres mal zu beschreiben. Denken wir uns seinen ersten ganz einfach noch einmal. Ricos Fähigkeit war nach wie vor unheimlich, das Publikum erneut begeistert, Rico gewann seine Wette wie schon zwei Jahre zuvor und obendrein wurde sie noch zur „besten Wette aller Zeiten“ gewählt. Aber sie wurde auch zu einem Anfang.

Gut, vielleicht war Ricos Talent ja tatsächlich ein wenig ausgefallen, eben nicht der Normalfall unter den Hunden. Aber eventuell konnte deshalb gerade er den Forschenden aus Leipzig bei der Antwort auf eine Frage helfen, die sie schon länger beschäftigte: Wie kommunizieren Mensch und Hund miteinander?

Zwei Forscherinnen des Leipziger Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie untersuchten in der Folgezeit über drei Jahre hinweg Ricos Fähigkeiten näher und veröffentlichten anschließend die Ergebnisse im Fachmagazin Science. Und das, was ihre Forschungen ergeben hatten, das konnte sich sehen lassen.

Schön, Ricos Können war nicht ohne Fehler. Ähnlich klingende Wörter verwechselte er schon mal. Aber gut, das kann jedem passieren. Im Basisversuch hatte man ihn 40 Mal in einen Nebenraum geschickt, um einen benannten Gegenstand zu holen. 37 Mal kam er mit dem richtigen Objekt zurück. Für Teamleiterin Julia Fischer vom Max-Planck-Institut war es dennoch eine »reife, eigenständige Denkleistung.«

Auch das Dogma, dass nur der Mensch die Fähigkeit dazu hat, ein hoch abstrahierendes Ausschlussverfahren anzuwenden, brachte Rico, nun endlich wissenschaftlich, zu Fall. Er holte einen Gegenstand aus dem Nebenzimmer voller bekannter Gegenstände, dessen Namen er bis dahin nicht kannte, indem er dieses neue Wort der einzigen ihm nicht bekannten Sache zuordnete. Kurzum, er dachte logisch.

Das Verlockende für die Forscherinnen hätte natürlich darin liegen können, sich mit den bis dahin gewonnenen Einsichten zu begnügen. Doch hat man erst einmal angefangen zu forschen, tauchen immer neue Fragen auf. Und eine davon liegt nahe: Was passiert, wenn Rico eine Zeit lang die neuen Gegenstände nicht sieht? Man ahnt es natürlich: Rico erinnerte sich an die Gegenstände und die neu erlernten Begriffe – selbst nach vier Wochen. Und auch die wissenschaftliche Überzeugung, die sich daraus gewinnen ließ, ist klar: Er besitzt ein enormes Erinnerungsvermögen, eines, wenn man jetzt den Vergleich mit dem Menschen zulässt, das in Bezug auf diese Aufgabe, dem eines dreijährigen Kindes entspricht.

Eine besondere Erkenntnis der Zusammenarbeit von Rico und den Leipziger Wissenschaftlerinnen sei noch zum Schluss erwähnt: »Man muss nicht sprechen können, um viel zu verstehen.« Zu jener Einschätzung kam man jedenfalls am Leipziger Max-Planck-Institut. Und damit brachte nun ein Border Collie nicht nur die Vorstellungen der Wissenschaft vom „fast mapping“ durcheinander, sondern zwang auch noch die evolutionäre Anthropologie, über ihre Thesen nachzudenken. Denn dass sich gegenständliche Wahrnehmung und kognitives Erkennen von Gegenständen früher als die menschliche Sprache und zudem unabhängig von ihr entwickelt haben könnten, der Gedanke war auch für sie neu.

Können andere Hunde das auch? Oder kann es nur Rico? Die Frage war nach wie vor unbeantwortet. Rico beherrschte zum Zeitpunkt seines ersten Fernsehauftritts 100 Wörter. Im Laufe der Zeit wurden es mehr als 250. Auf die journalistische Frage ob Rico noch mehr Wörter lernen könne, reagierte seine Halterin Susanne Baus aus Dortmund recht zuversichtlich. »Ja«, erklärte sie, »aber ich habe nicht noch mehr Platz für weitere Stofftiere.«

Wenn man denn irgendwelche Ansichten über das Verhalten von Hunden gehabt hätte, hätten sie in der Folgezeit ins Wanken geraten müssen. Immer deutlicher wurde, dass sich nicht nur Rico, sondern Border Collies ganz allgemein auf das „Schnelle Zuordnen“ verstehen und tatsächlich mehr als 250 Worte lernen können. Die Border Collie Hündin „Betsy“ etwa brachte es gemeinsam mit den Leipziger Forscherinnen auf 350 Wörter. Nun waren das schon mehr als bei Rico, doch scheinbar hatte man zu früh aufgegeben. Im fernen Amerika, am Wofford College von Spartanburg in South Carolina, übertraf der Border Collie „Chaser“ diese Zahl bei Weitem. Mehr als 1.000 Begriffe konnte die Hündin unterscheiden. Und mehr hätten es wohl sein können, doch nicht der Hund, sondern die Forscher, John Pilley und Alliston Reid, es waren sie, die kapitulierten. Chaser hätte sie ja gehabt, aber den Forschern fehlte schlicht die Zeit für eine umfangreichere Studie.

Die Welt hatte plötzlich den Border Collie, ja, den Hund ganz allgemein als Forschungsobjekt entdeckt und sammelte immer neue Erkenntnisse über Hunde und die Beziehung Mensch – Hund. In Leipzig zeigte man Betsy beispielsweise das Foto einer Frisbee-Scheibe und wartete ab, was passiert. Bei Kindern kann das schon einmal nichts sein. Nicht so bei Betsy. Sie holte aus einem Nebenraum eine Frisbee-Scheibe. Anders gesagt: Sie hatte erkannt, dass ein Foto nicht nur ein Stück Papier sein kann, sondern ein dreidimensionales Objekt wiedergibt und der Kommunikation dient.

Und auch Chaser räumte weiter gründlich mit den alten Vorstellungen darüber auf, was Hunde nicht und nur Menschen können. Natürlich verstand sie, dass Gegenstände Namen haben. Natürlich lernte sie neue Wörter durch „Schnelle Zuordnung“. Und natürlich zeigte sie, dass sie ein hervorragendes Gedächtnis hat. Aber Chaser bereicherte die Forschung noch um zwei weitere neue Erkenntnisse.

Es muss ein stolzes Gefühl gewesen sein, als man in Spartanburg nachweisen konnte, dass Chaser in Kategorien denken kann. Mit dem Oberbegriff „Spielsachen“ verband sie alle ihr bekannten Dinge, mit der Unterkategorie „Ball“ 116 weiche Kugeln, mit „Frisbee“ 26 verschiedene Scheiben. Was hatte Chaser der Welt damit bewiesen? Nicht mehr und nicht weniger, als dass sie abstrakt denken kann. Und was sonst noch so unmöglich ist, bewältigte sie dann auch noch: Sie verstand den Unterschied der Bedeutung von Gegenständen und Tätigkeiten und kombinierte diese Bedeutungen so wie dies Menschen tun. All das führte die Wissenschaftler zu der zentralen Erkenntnis, dass das Lernen menschlicher Sprache bei Border Collies derselben Art und Weise entspricht, wie Menschen Sprache lernen. Das war überraschend und das war sensationell.

Damit scheint der Border Collie dann aber auch an der Grenze zur Einzigartigkeit angekommen zu sein - also nach dem Menschen selbstverständlich. Das, was er kann, schafft kein Delfin, schafft kein trainierter Affe.

Aber wen wundert das? Irgendwie scheint so ein Border Collie ja ohnehin alles zu können. Das stimmt zwar nicht, aber auf die Idee könnte man schon einmal kommen. Behindertenbegleithund, Therapiehund, Rettungshund, Drogenhund, Ausstellungshund, Familienhund, Sporthund, Filmhund, das alles kann ein Border Collie werden. Oder auch nichts davon. Auch wenn das manch ein Border Collie Freund nicht wahrhaben will: Nicht jeder Border Collie kann trotz entsprechender Anleitung alle diese Aufgaben oder auch nur eine von ihnen übernehmen – nicht einmal die des Familienhundes. Das Problem ist: Ein klares Border Collie Bild, wie es der Rassestandard entwirft, das gibt es nicht. Die individuellen Unterschiede sind mitunter groß.

Körpergröße, Ohrenhaltung, Augenfarbe, Felllänge, das und noch viel mehr ist in den Rassestandards der F.C.I. oder des Kennel Clubs für den Border Collie geregelt. Allein, bei der Fellfarbe, da ist man tolerant. Erlaubt ist, was gefällt, sofern die Farbe Weiß nicht überwiegt. Dass diejenigen, die die Rasse prägten, Schaffarmer und Schäfer nämlich, dass sie Probleme mit der Definierungswut von Rassestandards haben, vielleicht muss man das erst einmal verstehen lernen.

Etwas ist vorweg zu klären: Der Border Collie ist seiner Herkunft und seinen Anlagen nach ein Arbeitshund, ein Hütehund, ein hoch spezialisierter sogar. Auch wenn es mehr und mehr in Vergessenheit zu geraten droht, ist es doch das, was ihn zu dem gemacht hat, was er heute ist, weshalb er in vielen Bereichen erfolgreich ist. Wodurch sonst als durch seine Aufgaben auf den britischen Weiden konnte sich sein Verhalten und sein Wesen entwickeln? Darüber wird man sicher mit den Züchtern und Haltern von Arbeitshunden eine lohnende Unterhaltung führen können. Über die Vereinheitlichung äußerer Merkmale, wie sie die Rassehundezucht bei ihren Hunden fordert, hingegen nicht.

Im Gegensatz zur Rassehundezucht können sie es sich nicht leisten, gute Arbeitshunde allein wegen ihres Aussehens aus der Zucht herausfallen zu lassen. Bei der Frage nach der richtigen Fellfarbe sind sich beide Seiten, die der Rassehundezüchter und die der Praktiker, einig: es gibt sie nicht. Die Farbe Rot-weiß beispielsweise, sie reicht weit in die Geschichte des Border Collies zurück. Ebenso bauen ganze Border Collie Linien von hochgeschätzten und in Hütewettbewerben erfolgreichen Farmern auf Blau-weißen oder auch Blue-merle-Hunden auf. Aber natürlich gibt es, sie sind in der Überzahl, auch jene, die die klassischen Border Collie-Farben Schwarz-weiß und Tricolour für ihre Arbeitshunde bevorzugen. Warum? Wenn man fragt, dann erfährt man, dass ihre Vorliebe hierfür aus den praktischen Erfahrungen des Arbeitalltags kommt. Mit ihnen lässt sich ganz einfach leichter arbeiten. Ob es stimmt? Genforscher gehen solchen und anderen Fragen gerade nach. Bis das geklärt ist, setzen Schäfer und Farmer vorerst weiter auf ihre Erfahrung. Das hat sich bewährt.

Ebenso hat es sich bewährt, bei den Hunden auf keine ganz bestimmte Widerristhöhe zu achten. Die internationalen Rassestandards legen sich fest, wenn auch nicht einheitlich. Die Höhe der Arbeitshunde stützt sich im wesentlichen auf die Erfahrungen ihrer Züchter und auf die örtlichen Gegebenheiten, in denen die Hunde arbeiten. Es ist daher kein Wunder, dass diese Hunde – jenseits eines Rassestandards - auch heute noch äußerlich vollkommen verschieden aussehen können: 60 cm groß oder 40 cm klein können sie sein, 10 kg oder auch 25 kg wiegen. Und ob ein Hund nun eine langhaarige, stockhaarige oder eine Fellvariante zeigt, die irgendwo dazwischen liegt, auch das hat wenig Gewicht. Und das unterscheidet nun auch wieder die Arbeits- von der Rassehundezucht. Bei Sheepdog Trials wird man in gleichem Maße auf lang- wie kurzhaarige Hunde treffen, bei einer Rassehundeausstellung hat hingegen ein kurzhaariger Border Collie keine Chance.

Ganz unverständlich ist sie also nicht, die Frage der Praktiker: Warum sollen Aussehen und Einheitlichkeit wichtiger als alles andere sein? Für einen Arbeitshund kommt es auf seine Leistungen an, auf seine Fähigkeiten, auf seine Möglichkeiten und auf seinen Nutzen für den Schäfer oder Farmer, die ihn für die ganz besondere Arbeit in der Koppelschafhaltung so einzigartig machen.

Nun ist es aber so, dass ein Hund, der ausschließlich für die Arbeit gezüchtet wird, nicht trotzdem gut aussehen kann, ja vielleicht sogar gerade deshalb, ob beabsichtigt oder nicht, gut aussehen muss, weil das, was von ihm gefordert wird, sich auswirkt auf Körperbau, Intelligenz und Verhalten. Beim Border Collie hat die Zucht auf Leistung jedenfalls einen gut aussehenden, harmonischen Hund hervorgebracht der allein schon deshalb über kurz oder lang seinen Weg in den Ausstellungsring und von dort den Weg zu Menschen finden musste, die nun zwar mit einem Hütehund so gar nichts anfangen können, aber dessen Fähigkeiten auf andere Weise nutzen.

Am Rande von Hundeausstellungen findet man sie, die neuen Aufgabengebiete für Border Collies, die begleitenden Vorführungen oder Wettbewerbe, die zeigen, was sich der Mensch an Zeitvertreib für seine Hunde so alles hat einfallen lassen. Hier kann man die Freizeithunde, hier kann man die sportlichen Hunde sehen.

Auf Obedience, Agility, Dogdancing, Flyball, Discdogging, Treibball ist man gekommen. Fast jedes für sich ist Hochleistungssport – in der Ausführung für die Hunde mehr als für den Menschen.

Obedience, mag manch einer dabei denken, Obedience, ja, das macht noch einen Sinn. Alles andere nicht. Nun mögen Agility, Dogdancing, Flyball, Discdogging, Treibball ja tatsächlich ein wenig skurril sein, nicht mehr als eine Idee zum Zeitvertreib von Mensch und Hund. Und doch geht es dabei immer um etwas, was der Border Collie, nicht nur als Arbeitshund, besonders gut beherrscht: die Zusammenarbeit mit seinem Halter. Mit einem Herdenschutzhund lohnt die Teilnahme an solchen Wettbewerben nicht, mit einem Windhund ebenso wenig. Sie lohnt mit keinem Hund, der so selbstständig ist, dass er wenig Neigung zeigt, sich in einer Rangordnung Mensch – Hund unterzuordnen. Hunde hingegen, die im Gegensatz dazu eine hohe Kooperationsbereitschaft mit dem Menschen zeigen, für die sind solche Wettbewerbe genau das Richtige. Und so findet man mit der Mehrheit der Teilnehmer auch meist einen Border Collie auf den vorderen Rängen einer solchen Konkurrenz.

Doch der Border Collie zeigt ja auch noch andere Seiten. Einige davon, durchaus breitentaugliche, wurden durch die Werbung auf den Fernsehschirmen und durch Filme bekannt: Da ist er der fröhliche Kumpel, der unternehmungslustige Begleiter durch dick und dünn, der ideale Familienhund, der Helfer und, wie einst der Filmhund „Lassie“, gelegentlich auch schon einmal der Retter aus auswegloser Situation. Solche und ähnliche Bilder, aber auch Rico und die Gewinner der sportlichen Wettbewerbe, wecken Wünsche. Wünsche, auch so einen fantastischen Hund zu sich ins Haus zu holen – obwohl, vielleicht sollte man auch das bedenken, es oft dann doch eher Vorstellungen und Wünsche vom eigenen Selbstbild sind.

Es erklärt ein wenig, weshalb Border Collies in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr in Mode gekommen sind. Einigen Farmer war das nur recht. Der Verkauf überzähliger Hunde wurde für sie zu einem lukrativen Geschäft. Ein wenig stand das natürlich im Widerspruch zu der Haltung zahlreicher anderer Schaffarmer und Border Collie Züchter. Viele standen diesem Trend noch eher skeptisch entgegen. Vor allem, weil der Border Collie in ihren Augen das bleiben sollte, was er immer war: ein Arbeitshund. Aber wie gesagt, es war ein lukratives Geschäft. Mit der Schafzucht ließ sich schon länger nicht mehr genug verdienen. Für viele lohnte da die Haltung von Schafen nicht mehr. Damit musste zwangsläufig auch der Bedarf an Arbeitshunden sinken. So war manch einer gar nicht unglücklich darüber, dass seine Hunde neue Interessenten fanden. Der Erfolg der Hunde im Freizeitbereich und bei den Hundeausstellungen war schließlich das Ergebnis ihrer Selektionskriterien. Also nicht zwangsläufig ihrer eigenen, aber immerhin die von Generationen anderer Züchter. Dem Zufall hatte man dabei nichts überlassen. Das, was nach Meinung der Schafhalter nichts taugte, wurde ausgemerzt – gnadenlos. Mittelmäßiges oder gar Überflüssiges wurde nicht geduldet. Das, was am Ende bleiben durfte, war genau das, was Farmer und Schäfer für ihre Arbeit brauchten: Hunde, so intelligent wie nötig, so vielseitig wie erforderlich, so lenkbar wie unerlässlich.

Herausgekommen sind dabei Hunde mit Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften, die in ihrer teilweise scheinbaren Widersprüchlichkeit schwer miteinander zu vereinbaren sind. Da ist auf der einen Seite eine hohe Kooperationsbereitschaft mit dem Menschen. Auf der anderen die Fähigkeit zur Selbstständigkeit und zur individuellen Problemlösung bei der Arbeit. Hinzu kommen eine große Sensibilität, Entschlossenheit, Mut und Durchsetzungsvermögen. Arbeitswillig, arbeitsliebend und arbeitsbedürftig, lernfreudig, aufmerksam - auch das sind Eigenschaften des Border Collies. Und nervös oder aggressiv ist er auch nicht.

Es sind dies die Wesenszüge eines auf seinem Gebiet einzigartigen Hütehundes. In einem ganz anderen Alltag, das sollte bei aller Begeisterung für die Hunde auch nicht übersehen werden, können sie seine Haltung jedoch recht schwierig machen. Das Wesen des Border Collies besteht eben nicht nur aus hoher Kooperationsbereitsschaft und seiner freundlichen Art. Aggressionen gegen Menschen oder Hunde, Angstverhalten, stereotype Bewegungsabläufe, unerwünschtes Hüteverhalten gegenüber Autos, Fahrradfahrern, Joggern, Hunden, Haustieren – Hundetrainer haben mitunter einiges bei Border Collies zu korrigieren, Tierheime und Notvermittlungen kennen es als Abgabegründe. Scheinbare Kleinigkeiten sind es und Missverständnisse, die zu Problemen führen können. Eines davon: die Auslastung.

Dass diese Hunde zur Auslastung Aufgaben brauchen, hat sich inzwischen herumgesprochen. Arbeitswillig, arbeitsliebend und arbeitsbedürftig – das sind dann auch Worte, die viele Halter nicht in Schrecken versetzen, sondern zu Papier und Stift greifen lassen, um für ihren Hund ein ausgefeiltes Tagesprogramm zusammenzustellen. Kennt man, hat man für die eigenen Kinder ja genauso gemacht. Beide sind danach komplett ausgelastet. Kinderpsychologen sind nun entsetzt und Schafzüchter schütteln den Kopf. Ihre Hunde arbeiten dann, wenn sie gebraucht werden – und das kann auch schon einmal tagelang nicht der Fall sein. Und für diese arbeitslose Zeit suchen sie nicht händeringend nach einer anderen Tätigkeit oder sportlichen Herausforderung für ihre Hunde. Die pflegen stattdessen die Ruhe – und haben sie auch nötig.

Kein Farmer kann es sich leisten, Schafe zu verlieren, weil in einer entscheidenden Situation sein Hund erschöpft ist. Border Collies gehen deshalb auch schon einmal über ihre Belastungsgrenze hinaus. Diese Grenze kennen sie nicht, so sind sie gezüchtet worden. Eher fallen diese Hunde tot um, als dass sie aufgeben.

Was ein Border Collie also neben Aufgaben unbedingt braucht, sind ausgedehnte Ruhephasen zur Regeneration. Das sollten auch Halter bedenken, deren Hunde zwar nicht hüten, aber mit Begeisterung und vollem Einsatz den Beschäftigungsplan ihrer Besitzer zu meistern suchen: Ein Border Collie zeigt nicht, wann es für ihn zu viel wird. Zu verhindern, dass der Hund kurz- oder langfristig seine Belastungsgrenze erreicht oder gar überschreitet, ist also Aufgabe seines Besitzers. Wenn ein guter Wille zu einem hyperaktiven oder gar einen in seiner Gesundheit gefährdeten Hund führt, hat man etwas falsch verstanden. Was Border Collies tatsächlich brauchen, sind kreative Leute, gelegentlich auch solche wie Susanne Baus, und kein vollgepacktes Beschäftigungsprogramm.

Weil das nun noch nicht alles ist, geht es mit Problemen weiter. Geräuschempfindlich ist der Border Collie beispielsweise, in Rassebeschreibungen ist es nachzulesen. Doch stimmt das auch? Es gibt ja so manche Behauptungen, die sich als unhaltbar erweisen. In diesem Fall ist es jedoch zutreffend – und auch wieder nicht.

Der Border Collie ist perfekt für seine Arbeit als Koppelgebrauchshund gezüchtet. Anweisungen für ihn kommen über große Entfernungen hinweg, weshalb die ursprünglichen Züchter natürlich auf ein gutes Gehör bei ihren Hunden geachtet haben. Das klingt vernünftig und nicht beunruhigend. Die Aussage ist bis hierher also erst einmal: Border Collies hören sehr gut. Man sollte sich aber vorstellen, was es für Hunde mit einem sehr feinen Gehör bedeutet, was es für Folgen haben kann, wenn sie nicht mehr in einem ländlichen, sondern in einem städtischen Umfeld leben. Auf die Lärmkulisse einer Stadt, auf ungewohnte Geräusche reagieren sie - weil sie nun einmal besser hören als andere -, schreckhaft und ängstlich – und das nicht erst beim Silvesterfeuerwerk. Also ja, der Border Collie ist geräuschempfindlich. Doch das Problem ist hier nicht der Hund, sondern die Umgebung, in der er leben soll.

Bei dem nächsten Beispiel hierfür trifft es den Halter mehr als die Hunde. Erneut sind die Schwierigkeiten den positiven Eigenschaften des Arbeitshundes geschuldet. Für die Arbeit ist es wichtig, dass der Hund auch über weite Entfernungen hinweg sieht, was bei den Schafen passiert und darauf, wenn nötig, ohne Überlegung und ohne auf mögliche Gefahren zu achten, blitzschnell reagiert. Und darin sind die Border Collies schon wieder führend: Sie sind so reaktionsschnell wie kaum eine andere Hunderasse dieser Welt. Dumm nur, dass das nicht nur bei Schafen, sondern auch bei allen Reizen des ganz normalen Alltags funktioniert.

Hier nun treffen die beiden miteinander konkurrierenden Interessen von Hund und Mensch aufeinander. Der Hund sieht etwas in weiter Ferne, von dem der Mensch sich augenblicklich wünscht, der hätte es besser nicht gesehen. Ein berechtigter, wenn auch sinnloser Wunsch, denn der Hund hat darauf ohne Vorwarnung sofort reagiert und ist schon längst unterwegs. Die Lösung des Problems könnte darin bestehen, dass der Halter die Umgebung besser beobachtet und schneller reagiert als sein Hund oder – da ihm das selten gelingen wird - , zusieht, einen gut ausgebildeten Hund an seiner Seite zu haben. Oft kann er es sich nämlich nicht leisten, das Nachsehen zu haben, denn Border Collies sind ja lernfreudig. Und das heißt, dass sie nicht nur das schnell lernen, was sie sollen, sondern auch das, was so gar nicht erwünscht ist.

Und damit wären wir wieder beim „Schnellen Zuordnen“. Der Border Collie ist in diesem Punkt, auch wenn man bis jetzt den Eindruck haben konnte, dennoch nicht einzigartig. Alle anderen Hunde verstehen sich ebenfalls darauf – haben Trainer von Blindenhunden schon längst erkannt, das ist jedem Hundehalter vertraut, das hat die Wissenschaft jetzt entdeckt. Die meisten Hunde verstehen 40 Wörter, ein „normaler“ Hund schon 165. Nur keiner versteht sich eben auf das Zuordnen von Wörtern besser als ein Border Collie.

Einen britischen Farmer wird das nicht überraschen. Sein Border Collie reagiert bei der Arbeit auf kleinste Gesten und Blicke, unterscheidet Richtungsangaben, hält 50 Kommandos auseinander, die ihm auch durch Pfiffe gegeben werden können. Und während Rico ein Plüschtier unter vielen herausfindet, trennt sein Hund einzelne Tiere aus einer Schafherde heraus. Er arbeitet lautlos, beißt niemals angreifende Schafe und lenkt allein mit seinem Blick die Schafe.

Es ist daher kein Wunder, dass Schafhalter in aller Welt auf ihren Border Collie als den perfekten und verlässlichsten Hütehund schwören. Doch prinzipiell sind sie nicht über die Leidenschaft für sie an diese Hunde gekommen. Die Art der Schafhaltung hat sich in den letzten Jahren vor allem in Mitteleuropa stark verändert. Nach einer langen Zeit des Niedergangs gibt es nur noch wenige Schäfer, die die traditionelle Form der Wanderschäferei pflegen. Die eigentlich dafür benötigten großen Weideflächen sind weitgehend verschwunden, die Arbeitsbedingungen sind hart, die Löhne niedrig. An ihre Stelle tritt mehr und mehr die Koppelschafhaltung oder die Verwendung von mobilen Elektrozäunen selbst dort, wo mit der Landschaftspflege noch weitläufige Flächen beweidet werden. Auf die heimischen Hütehunde kommen damit Aufgaben zu, an denen sie scheitern müssen. Es sind Aufgaben, für die sie nicht gezüchtet wurden. Schäfer greifen deshalb dann auch lieber auf jene Hunde zurück, die die Arbeit schon längst beherrschen: die Border Collies.

Die Gründe, sich dieser Rasse zuzuwenden, sind also vielfältig. Neben dem Arbeitshund sucht der eine den Kumpel, der andere schätzt die Intelligenz der Rasse oder sie passt zu den sportlichen Ambitionen des Halters. Border Collies gehören zu den vielseitigsten Hunden der Welt und mit diesem Wissen kann jeder, der diese Rasse für sich wählt, glauben, alles richtig gemacht zu haben. Doch selbst wenn das Zusammenleben zwischen Halter und Hund funktioniert, weiß der Halter damit wirklich, welche Rasse er sich da ausgewählt hat? Oder kennt er nicht vielmehr nur Teilaspekte von ihr? Border Collies sind ja ursprünglich nicht als Familienhunde, als Teilnehmer sportlicher Aktivitäten oder als Ausstellungshunde gezüchtet worden. Ihre eigentlich Aufgabe war und ist das Hüten von Schafen und hier auch noch in einer Sonderform, der Koppelschafhaltung.

Um das zu verstehen, um den Border Collie zu verstehen, muss man jedoch versuchen, einen Blick auf das zu werfen, was ihn formte, seine Heimat, die Menschen, ihre und seine Geschichte. Und die beginnt in einem entlegenen Winkel des englischen Nordens, in Northumberland.

Cambo – ein Irrtum

Simon Falla lebt im nordenglischen Newcastle upon Tyne; er ist Computerfachmann und er ist, aber das ist ja eigentlich seine ganz persönliche Sache, ein wenig vernarrt in seine eigenen Border Collies.

Dabei wusste er über Border Collies anfangs eigentlich nicht sehr viel. Die BBC Serie One Man and his Dog, in der jeweils ein Team aus England, Schottland, Wales und Irland mit ihren Hunden bei einem Hütewettbewerb gegeneinander antraten, sie hatte er zwar hin und wieder gesehen aber das, wie er irgendwann einmal gestand, mit wenig Interesse. Das hatte sich geändert, seit der erste Hund ins Haus gekommen war. Simons Passion wurden jetzt Border Collies und die führte ihn schließlich zurück ins 19. Jahrhundert. Sie führte ihn zu drei Namen: Adam Telfer, „Old Hemp“ und Cambo – zu einem Farmer, seinem Hund und einem kleinen Dorf im Norden Englands, nicht allzu weit von Newcastle entfernt.

Sicher, es ist nur ein kleiner Weiler in Northumberland und es ist auch nicht gerade viel oder klingt fesselnd, was da 1872 Reverend John Marius Wilson‘s Imperial Gezetteer Of England And Wales über Cambo zu berichten wusste: »Die Kirche ist gut«, ist dort zu lesen.

Nun konnte der Leser dieses Lexikons auch nicht viel mehr von Cambo erwarten. Der Ort im Kirchspiel Hartburn hatte gerade einmal 26 Häuser und 111 Einwohner. Das musste man nun wirklich nicht kennen oder gesehen haben. Wer aber dennoch genauer wissen wollte, wo denn dieses Cambo eigentlich liegt, der erfuhr zumindest auch das: in der Nähe eines Nebenflusses des Flusses Wansbeck, in der Nähe der Wansbeck Valley Railway und – wieder ist es nur nahebei - in der Nähe vom Scot‘s Gap Bahnhof, 11 Meilen südöstlich von Otterburn und in der Nähe der englisch-schottischen Grenze.

Geändert hat sich daran bis heute wenig. Cambo, es liegt immer noch inmitten von Feldern und Weiden in der Nähe von irgendwas. Da der Scot‘s Gap Bahnhof inzwischen geschlossen und die Bahnstrecke stillgelegt ist, muss nun eine andere Nähe herhalten: Cambo, das findet man an der Kreuzung von B 6342 und B 6343 und - wenn man jetzt ein Wort wie „bei“ gebraucht – bei Morpeth, oder nicht weit entfernt von Newcastle upon Tyne.

Gut, Newcastle liegt nun doch gut 30 km entfernt und viel zu tun hat man deshalb damit erst einmal gar nichts. Der Lärm, das Städtische ist bis Cambo längst verebbt. Beschaulich wirkt der Ort, ein wenig still. Im Osten, am Dorfrand, liegen Kirche und Friedhof sowie das ehemalige Postamt. Im Westen steht die alte Schmiede. Dazwischen ein paar hübsche Häuser, alle aus dem gleichen Stein erbaut und das egal wie alt ein jedes ist. In der Dorfmitte die Cambo Village Hall, das einstige Schulgebäude. Mehr Cambo gibt es nicht. Ein Pub fehlt seit beinahe zweihundert Jahren. Es musste der Kirche weichen. Und ein Hotel, nein, das hat es hier noch nie gegeben.

Malerisch ist das alles, vielleicht ein wenig aus der Zeit gefallen. Eher wie ein gerade hergerichteter Drehort für einen Film in dem Baronets und Knights vorkommen, dazu ein Herrenhaus und das alles abrundende Dorf.

Das Herrenhaus, das gibt es dann auch tatsächlich. Es liegt etwas vom Dorf entfernt. Es heißt Wallington Hall und hatte mit 53 km2 Land um das Haus herum immer genug Grund und Boden, dass darauf auch Cambo stehen konnte. Und der, der in diesem Dorf lebte, der war sich stets bewusst, dass Herrenhaus und Dorf zusammengehören, dass der Alltag von diesem Herrenhaus bestimmt wird. Man arbeitete dort als Diener, als Kutscher, als Hausangestellte.

Zu einem gewissen Teil ist das auch heute noch so: Die Einwohner Cambos - nicht alle, aber einige -, sie arbeiten nach wie vor in Wallington Hall. Nur gehört der ehemalige Landsitz nun nicht mehr einem Baronet, sondern, etwas volksnäher als in früheren Zeiten, dem National Trust.

Der wacht nicht nur über den Erhalt der schönen alten Steinhäuser von Cambo, sondern er hat auch etwas Einmaliges durchgesetzt, zumindest in Großbritannien Einmaliges: das Verbot, Wäsche in den Gärten zu trocknen. Man kann es skurril nennen. Aber sollte es in einem Reiseführer einmal erwähnt werden: Spannend klingt es nicht. Das ist nun einmal so in Cambo: Bemerkenswertes gab es wenig und ebenso wenig wurde von hier aus etwas in der Welt verändert.

Bevor man Cambo nun gleich wieder verlässt, fällt aber vielleicht doch noch der Blick auf eine kleine Gedenktafel. An dem ehemaligen Schulgebäude hängt sie. Unaufdringlich ist sie und sie ist, zugeben, nicht gerade der Höhepunkt einer jeden Reise. Sie erinnert an Lancelot Brown (1716 – 1783), den man für sein Geschick, jedes Stück Land am Ende doch noch in einen Park umzugestalten, „Capability“ Brown nannte. Der war nun immerhin bedeutend und als Landschaftsarchitekt hat er im 18. Jahrhundert die Welt zwar nicht verändert, aber immerhin ein klein wenig verschönert. So sieht es zumindest derjenige, der sich für diese großen, irgendwie typisch englischen, malerischen Landschaftsparks begeistert. Seine Zeitgenossen sahen das nicht alle so. Richard Owen Cambridge hegte da eher den Wunsch, vor Brown zu sterben, damit er den Himmel vor seiner Umgestaltung sähe. Nun war der Mann Satiriker, ein Satz wie dieser, wurde von jemandem wie ihm ganz einfach erwartet.

Wer sich nun aber tatsächlich ein Bild von „Capability“ Brown‘s Kunst einen Garten irgendwie über die schnöde Natur herauszuheben machen will, der muss sich jetzt aber auch wieder woanders als in Cambo umsehen. In Alnwick etwa, dem nicht allzu fernen Wohnsitz der Familie Percy, den Herzögen von Northumberland, in Alnwick Castle lässt sie sich bewundern. Da kann man etwas sehen, da kann man durchgehen und vielleicht kann man am Ende sogar etwas begreifen. Und wer das nicht will, dem kommen wenigstens die Innenräume bekannt vor – als die Räume von Harry Potters Zauberschule Hogwarts.

An was erinnert also diese Tafel? Einen seiner Landschaftsparks kann man ja dort nicht bestaunen. Lancelot „Capability“ Brown, er wurde auch nicht in Cambo geboren, das war ein wenig weiter nordöstlich, in Kirkhare. Gelebt hat er in Cambo auch nicht, und gestorben ist er in London. An was also? Die Antwort ist banal: an seinen Schulbesuch. Für kurze Zeit ist Lancelot Brown hier zur Schule gegangen. Das ist auch schon alles.

Was er dachte, als er seinen 5 km langen Schulweg von und nach Kirkhare ging, wissen wir nicht. Aber vielleicht, das wäre doch einmal etwas, vielleicht ist er hierbei dann doch durch die Landschaft rund um Cambo für seine spätere Schaffenszeit geprägt worden. Könnte ja sein. In Cambo selbst war man sich da auch nicht sicher. Immerhin dauerte es beinahe dreihundert Jahre, bis man im Dorf mit dieser Gedenktafel an ihn erinnerte.

Es ist das Los Cambos, immer mittendrin und doch immer an der Peripherie zu sein. Geschichten über Helden oder wenigstens Schurken, Menschen, von denen die Border Counties reichlicher hatten als es Harry Potter Romane haben, solche Geschichten, die einen Ort ein wenig reizvoll machen, sie spielen nicht in Cambo, sie spielen ebenfalls anderswo.

Dort, wo heute Wallington Hall steht, erhob sich einst ein Peel Tower, einer jener zahlreichen Wachtürme, die im Mittelalter entlang der englisch-schottischen Grenze gebaut wurden. Drei Stockwerke hoch, mit einem Hof, der von dicken Mauern umgeben war. So ein Bauwerk war Wachturm, Wehranlage und Wohnstätte in einem. Und jeder Peel Tower war Bestandteil des Terrors, der hier einst herrschte.

Der Norden Englands und der Süden Schottlands waren immer ein klein wenig anders als der Rest ihrer Länder, immer auch etwas eigen und vor allem immer Grenzgebiet. Auf der englischen Seite waren das das ehemalige Cumberland und Northumberland, auf der schottischen Seite die einstigen Grafschaften Peeblesshire, Roxburghshire, Selkirkshire und Berwickshire. Was nun aber in der Vergangenheit wann gerade zu wem gehörte, war nicht immer klar und vor allem stets ein Streitpunkt zwischen zwei Nationen. Mal war die englische Seite schottisch, mal die schottische Seite englisch und immer wieder war der ganze Landstrich ein militärisches Aufmarschgebiet.

Dabei wurde für die Bewohner weder das eine noch das andere zu etwas Verbindlichem. Sprachlich und kulturell waren dieser Region ihre jeweiligen Länder England und Schottland gleichermaßen weit entfernt und sie sich selbst viel näher – auch aus einer viel älteren Geschichte heraus, als beide Seiten, der englische Norden und der schottische Süden, gemeinsam zu einem der alten großen Königreiche gehörten, zu dem der Angeln, zu Northumbria. Das heißt jedoch nicht, dass man auch immer gut miteinander auskam.

Die Menschen in der Grenzregion, das waren, nun ja, sie waren einst ein wenig anders als die meisten Engländer und Schotten. Sie waren Menschen, die es, sagen wir es einmal so, mit den Gesetzen nicht so genau nahmen. Ganz und gar nicht genau nahmen.

Vorwiegend arbeitete man jenseits der Grenze – die Engländer in Schottland, die Schotten in England. Begeistert war so richtig keine Seite davon. Denn worum ging es da bei diesem Arbeitsalltag? Es ging um Diebstahl – vorwiegend um den des Viehs. Es ging um Mord. Von den Northumberländern wurde gesagt, dass sie nach dem Aufwachen als Erstes prüften, ob ihre Kehle durchgeschnitten war, um dann nachzusehen, ob sie noch ein Dach über dem Kopf hatten. War das eine nicht geschehen und das andere war noch da, konnten sie sich für einen weiteren Tag für glückliche Menschen halten.

Gewalt prägte im Mittelalter dieses Gebiet, in dem man seinen Lebensunterhalt schwer erkämpfen musste und sein Leben leicht verlor. Die Dukes of Northumberland, die Clanchefs auf der anderen Seite der Grenze waren darin verlässlich, dass man sich nicht auf sie verlassen konnte. Sie waren stets bereit, jeden zu verraten und Informationen an die Regierung in London weiterzuleiten. Mehrere hundert Jahre immer wiederkehrende Grenzkonflikte hatten die Menschen dieser Region deshalb gelehrt, sich nur auf sich und ihre eigenen Familien zu verlassen.

Wenn keine Schlachten im Grenzgebiet ausgetragen wurden, endeten die Beziehungen der Engländer zu den Schotten und der Schotten zu den Engländern trotzdem oft tödlich. Die Familien, der Schutz für den Einzelnen, waren am Ende dann doch nichts weiter als gut organisierte Familienbanden, gerissene und skrupellose Menschen, die vom Viehdiebstahl in den Nachbarländern und bei den eigenen Leuten lebten, die plünderten und erpressten, die zu Rachezügen aufbrachen und mit Blutfehden lebten. Das Glück, eine Nacht überlebt zu haben, bedeutete daher nicht, dass man auch den Tag überlebte.

Es ist erstaunlich, wie viele Familien es in diesem gar nicht dicht besiedelten Gebiet gab, die so ihr Leben ausgerichtet hatten. Manche wurden reich und mächtig, andere nur umgebracht. Ihre Familiennamen lauteten Armstrong, Bell, Dixon, Charlton, Fenwick, Graham, Gilchrist, Hetherington, Robson, Watson, Wilson. Da die Liste der Familiennamen aber noch viel länger war, zu lang, um sie immer alle einzeln aufzuführen, benannte man sie später der Einfachheit halber einheitlich: Border Reivers.

Friedlicher wurde es erst mit dem Act of Union im Jahr 1707 als man beschlossen hatte, dass beide Königreiche, England und Schottland, von nun an als Königreich Großbritannien einen gemeinsamen Weg gehen würden. In der Border-Region ließ man das Vieh der Nachbarn fortan in Ruhe und konzentrierte sich ganz auf die Zucht der eigenen Rinder und Schafe.

Für die Fenwicks aus Wallington, die, die ihren Wohnsitz im örtlichen Peel Tower gehabt hatten, kam die Entwicklung zu spät. Wallington war vor geraumer Zeit verkauft, der Peel Tower dem Bau von Wallington Hall gewichen und der letzte Fenwick aus Wallington, John hieß er, längst hingerichtet worden.

Nachdem Sir John Fenwick 1684 Wallington Hall und alles was so dazu gehörte an Sir William Blackett aus Newcastle verkauft hatte, wurde es auch wieder ruhiger rund um Wallington und Cambo.

Die Blacketts lebten in Newcastle. Von dort aus handelten sie mit Kohle, dort stellten sie immer mal wieder die Bürgermeister, dort waren sie auch schon mal die High Sheriffs und die Parlamentsabgeordneten der Stadt. Das reichte für den Adelsstand als Baronet von Newcastle, für das prächtigste Haus der Stadt am Anderson Place (zwischen Grey Street und Pilgrim Street) und für einen Landsitz, eben Wallington Hall.

Es folgten die Trevelyans of Nettlecombe, angeheiratet und 1777 Erben von Wallington Hall. Auch sie lebten selten dort, zogen den alten Familiensitz in Somerset dem im Norden vor. Auch sie waren Parlamentsmitglieder und mit der britischen Geschichte befassten sie sich.

Von nennenswerten Eigenwilligkeiten der Familien Blackett und Trevelyan ist sonst nichts weiter bekannt, von Momenten, in denen sie in die Geschichte des Landes eingriffen, ebenso wenig – sieht man einmal davon ab, dass einer aus der Familie der Trevelyans mit Sir Francis Drake zur See gefahren sein soll.

Das heißt nun aber nicht, dass sie vom Herrenhaus aus nicht doch etwas zur Dorfgeschichte beigetragen hätten. Einer aus der Familie der Blacketts, Sir Walter Calverley Blackett hieß er, er hatte einst ja erst dafür gesorgt, dass es Cambo überhaupt gibt. Also dort, wo es heute zu finden ist. Das war im Jahr 1742. In ausreichendem Abstand zu Wallington Hall, gleich neben einem wirtschaftlich ausgesprochen erfolgreichen Pub. „The Two Queens“ hieß er und hatte irgendwie wohl schon immer an der Straße von Newcastle nach Jedburgh gestanden.

Erst einmal wurden zehn Häuser gebaut. Das waren nicht viele, aber es klingt heute ja durchaus nobel, wenn ein Großgrundbesitzer gleich ein ganzes Dorf für seine Bediensteten errichten lässt. Sollte man in Cambo also einmal auf die Idee kommen, eine weitere Gedenktafel im Ort anzubringen, dann könnte man ja über Walter Calverley Blackett nachdenken. Andererseits könnte man aber auch an der Großzügigkeit Sir Walters zweifeln und den Gedanken an eine Tafel gleich wieder fallen lassen: Das alte Cambo, das Dorf, dass bis dahin sehr nahe zum Herrenhaus gestanden hatte, es war zuvor nämlich erst einmal abgerissen worden. Dort, wo Cambo gelegen hatte, war von nun an ein Park.

Aber gut, vielleicht war es ja so auch viel praktischer für Cambos Bewohner – wegen der Nähe zum Pub. Zu viel Nähe, befand ein Nachfolger Sir Walters. Auch der hieß Walter, gehörte aber zu den Trevelyans.

Die Philosophie dieses Mannes war, nun ja, sie stand im Gegensatz zu der jener, die diesen Pub, sagen wir, recht gerne besuchten. Kurz gesagt: Sir Walter hatte nicht viel für Alkohol übrig. Das geht natürlich. Doch unglücklicherweise hatte seine Haltung etwas Radikales an sich: Er war führendes Mitglied der „temperance“ Bewegung und damit entschiedener Gegner jeglichen Konsums von Alkohol. Für das Dorfleben hatte das schwere Auswirkungen: Das Pub verschwand aus dem Dorfbild und Cambo ist seither – und das sind nun bald zweihundert Jahre - ohne Kneipe. Stattdessen bekam das Dorf 1843 für £1,250 3s 4d eine Kirche, eben jene, die Reverend John Marius Wilson für gut befand. Die Reaktionen auf den Tausch werden unterschiedlich gewesen sein und zu einer Gedenktafel für diese Taten konnte man sich bisher dann auch noch nicht durchringen.

Also, so richtig Eindrucksvolles hat Cambo mithin nicht vorzuweisen. Aber niemanden stört das. Und niemand sucht hier danach. Es gibt aber auch jene, die durch Zufall auf etwas stoßen, auf etwas, das ihrer Meinung nach der Erinnerung wert ist, jemand wie Simon Falla etwa. Es waren diese beiden Namen auf die er gestoßen war, Adam Telfer und Old Hemp, die ihn auf den Gedanken brachten, hier in Cambo für beide eine Gedenktafel aufzustellen.

Zugegeben, beide Namen lassen die meisten Menschen recht ratlos zurück. Eine Gedenktafel für einen Farmer und seinen Hund? Da erwartet man jetzt aber das Spektakuläre. Doch diese Erwartung, auf den ersten Blick wird sie enttäuscht.

Adam Telfer wurde im Jahr 1859 im Redesdale Valley geboren, einem abgelegenen Winkel im Nordwesten Northumberlands kurz vor der schottischen Grenze. Angestellter Schäfer ist er am Anfang seines Berufslebens gewesen, später wurde er Farmer. Präsident der englischen International Sheep Dog Society war er - seinerzeit, der Mitgliederzahl nach, ein kleiner Verein von Schäfern und Farmern, der hin und wieder Hütewettbewerbe für die Hunde seiner Mitglieder organisierte. Davon gewann Adam Telfer ein paar, doch nicht, nebenbei bemerkt, mit Old Hemp. Gelebt hat er in Cambo, so geht es aus den Unterlagen seines Vereins, der ISDS, hervor. Nun ja, auf Fairnley, um genau zu sein, einer architektonisch durchaus interessanten Farm aus der Mitte des 18. Jahrhunderts nicht weit entfernt von Cambo gelegen – und mit einer Geschichte, so legen es Forschungen aus dem Jahr 2020 nahe, die sich durchaus mit der von Wallington Hall messen kann. Bereits um das Jahr 1000 n. Chr. herum wurde hier Landwirtschaft betrieben.

Noch näher als Fairnley, nahe Scots‘ Gap, in Newbiggen, liegt jene Farm, die Adam Telfer seit den 1930er Jahren bewirtschaftete – auch die gehörte zu Cambo, und lag, wie schon Fairnley, auf dem Grund und Boden der Trevelyans.

Nun ist kaum anzunehmen, dass Simon Falla allein dadurch auf den Gedanken gekommen ist, für Adam Telfer in Cambo eine Gedenktafel aufstellen zu wollen. Also muss dann irgendwie doch noch der Hund, muss Old Hemp dazukommen.

Sieht man die Welt einmal aus der Sicht eines Schäfers oder Farmers, dann ist für ihn ein gut arbeitender Hund unentbehrlich. Und noch hilfreicher ist ein Hund, der besser ist als der, den er bisher gehabt hat. Ein solcher Hund ist der größte Erfolg eines Züchters. Und Adam Telfer hatte mit Old Hemp einen Hund gezüchtet, der bei seiner Arbeit tatsächlich gut, sogar außerordentlich gut war. »Er war mit solchem Wissen über sein Handwerk geboren, dass er nie Training benötigte und von Natur aus an seine Arbeit ging. Als er erst sechs Wochen alt war, schlenderte er bereits hinter den Schafen her.«

Mit anerkennenden Worten für ihren Hund muss man bei Hundebesitzern rechnen. Sie sind nun einmal so: ein wenig voreingenommen gegenüber ihren Hunden. Manchmal handelt es sich dabei um Wunschträume; manchmal ist es nichts weiter als Blindheit für die Realität. Doch der, der mit diesen Worten „Hemp“ beschrieb, war nicht Adam Telfer selbst, sondern es war, einige Jahrzehnte später, Eric Halsall, einer der großen Kenner des Border Collies und lange Zeit Kommentator der TV-Sendung „One Man and His Dog“, jener Fernsehreihe also, die Simon Falla mit so geringem Interesse verfolgt hatte. Da konnte man bereits auf eine, in Hundegenerationen gerechnet, lange Vergangenheit zurückblicken, da war Hemp‘s Rolle in der Geschichte des Border Collies geklärt.

Eine Möglichkeit, den Stellenwert Old Hemps in der Rassegeschichte zu erahnen, ist das Studium der Stammbäume. Dabei ist es egal, welchen man nimmt, ob den des eigenen Hundes, den eines Champions oder den eines zufällig herausgepickten Border Collies, dessen Name einem vielleicht besonders gut gefällt. Das Ergebnis wird immer das gleiche sein: Old Hemp ist in jeder Ahnenreihe vertreten. Das gilt auch für australische und neuseeländische Linien. Woraus wir dann zu schließen haben, dass Old Hemp der Stammvater aller heutigen Border-Collie-Zuchtlinien ist. Und wenn dann auch noch ganze Generationen von Farmern erkennen, dass ihnen die Nachkommen von Old Hemp die Arbeit erleichtern, dann sind Adam Telfer und Old Hemp, sagen wir, zumindest von einer gewissen Bedeutung.

Solch eine Wertschätzung, gerade des Hütehundes, spiegelt sich auch in einigen Denkmälern wieder: Am Lake Tekapo im Süden Neuseelands steht so ein Denkmal, ein Denkmal, das an die herausragende Rolle des Collies bei der für Neuseeland so wichtigen Schafwirtschaft erinnert; in Frankfort, Kentucky, steht seit 1919 das Denkmal eines Border Collies; und die Statuen von Königin Viktorias Collies „Sharp“ und „Noble“ sind in Windsor und Balmoral zu sehen. Und für die Erinnerung an Adam Telfer und Old Hemp wollte ja nun, es war das Jahr 2012, Simon Falla sorgen.

In Cambo, dem Geburtsort von Old Hemp, da konnte man sich jetzt also erst einmal zurücklehnen und auf die Enthüllung einer weiteren Gedenktafel warten. Es war alles nur noch eine Frage der Zeit und natürlich des Geldes. Das war nun aber das Problem von Simon Falla und nicht das der Gemeinde. Hier war die ganze Sache ohnehin niemandem eingefallen. Warum auch? Ein paar Zeilen in der Lokalpresse würde es geben, vielleicht obendrein ein Bild – mehr vermutlich nicht. Niemand würde extra dafür anreisen, niemand dafür länger im Dorf bleiben. Aber gut: Man ist ja ohnehin schlecht auf mehr Aufmerksamkeit vorbereitet. Wie gesagt, ein Pub und ein Hotel gibt es nicht.

Doch nachdem am Anfang alles klar war, verlief die Geschichte für Cambo dann doch noch im Sande. Cambo, das war ein Missverständnis.

Es war nicht Simons Schuld. Adam Telfer nahm wie gesagt an Wettbewerben für Hütehunde teil. So auch im Jahr 1910 mit seinem Hund „Sweep“ an der leider schlecht besuchten, von der ISDS organisierten International Supreme Championchip in Carlisle. In der Zeitschrift „ Our Dogs “ vom 30. September 1910 lässt sich der Gewinner, der International Supreme Champion, nachlesen: Adam Telfer, Cambo, Morpeth. Für Adam Telfer war das ja nicht schlecht, immerhin gab es eine Siegprämie von 10 britischen Pfund und einen Pokal. Aber dieser und ähnliche Artikel sollten nach vielen Jahrzehnten auch für Verwirrung sorgen. Aus journalistischer Sicht war alles korrekt. Immerhin lebte Mr. Telfer ja tatsächlich in Cambo. Wer hingegen irgendwann einmal daraus schloss, dass Adam Telfer schon immer in Cambo gelebt hatte, das weiß man nicht. Aber als Gerücht hielt es sich recht hartnäckig: Adam Telfer lebte in Cambo, Old Hemps Geburtsort ist Cambo.

Nun ist Simon Falla ein gründlicher Mann. Er sprach mit Caroline Chater, einer Urenkelin Adam Telfers, und er prüfte mit der Hilfe von Stuart Lawson, einem pensionierten Metereologen und Hobbygenealogen, die Lebensstationen von Adam Telfer. Dass es mit dem „lebte schon immer“ nicht ganz stimmt, stellte sich im Laufe von Stuart Lawsons Recherche heraus.

Als in den Jahren 1891 und 1901 der britische Staat von seiner Bevölkerung wissen wollte, wer von ihnen nun gerade wo im Land lebt, gibt es niemanden mit dem Namen Telfer in Cambo. Aber 17 Kilometer weiter nordwestlich, heute in 18 Minuten mit dem Auto zu erreichen, in West Woodburn auf der Woodland Farm, erfasste die Volkszählung dann auch Adam Telfer.

Und damit taucht ein Problem auf. Old Hemp, er wurde im September 1893 geboren und starb im Jahr 1901. Die ganze schöne Geschichte Cambos und seine Geschichten muss damit niemanden mehr interessieren. Es ist ja nichts passiert in Cambo. Also nichts, was mit Old Hemp zu tun hat.

Bedauerlicherweise ist die Vergangenheit West Woodburns weitaus unergiebiger als die von Cambo. Man will ja etwas erfahren über die Region aus der die Hunde kommen, einen Hauch von Nähe zu den Menschen, die hier lebten und die Hunde prägten, über ihre historischen und kulturellen Bindungen. Nichts Tieferes, nur eine Fährte, die den Menschen und am Ende ihren Hunden folgt. Doch der Geschichte West Woodburns fällt dazu nichts ein. Zwei neolithische Steinäxte wurden hier gefunden und Spuren von bronzezeitlichen Feldereinteilungen glaubt man erkannt zu haben. Und dann ist die Geschichte West Woodburns auch sofort wieder verschwunden.

Zum Glück gab es aber ja das römische Imperium. Früher oder später kommt man nicht an ihm vorbei – nicht einmal in West Woodburn. Nicht viele konnten sich seinem Zugriff entziehen und auch Britannien fand sich eines Tages unter seinem Dach wieder. Doch beliebt war die Provinz bei den Römern deshalb noch lange nicht. Es fehlte so Einiges in Britannien: Straßen zum Beispiel. Britanniens Bewohner waren eigentlich ganz gut ohne sie ausgekommen, römische Heere hingegen nicht. Römische Heere liebten Straßen. Ein Land lässt sich nun einmal, von der militärischen Seite her betrachtet, leichter erobern, wenn man über Straßen anstatt durch dichte Wälder marschiert. Und da man nicht wie Caesars Truppen im Süden Englands Halt machen, sondern die gesamte Insel besetzen wollte, führte dann auch eine ihrer Straßen, die Dere Street, von York aus an dem heutigen West Woodburn vorbei bis zum Antoninuswall in Schottland.

Gut, die Strecke durch Schottland wurde recht schnell zur Sackgasse. Die dort lebenden Pikten wollten nicht viel mit Römern zu tun haben und nach einer gewissen Zeit auch die Römer nicht mehr viel mit den Pikten. Damit die nun auch dort blieben, wo sie waren, errichteten die Römer vorsichtshalber den Hadrianswall. Der wurde, mit ein wenig Abstand, auf der englischen Seite von vier Kastellen gesichert, von denen eines nahe jener Stelle errichtet wurde, wo heute die A68 beim Ortseingang von West Woodburn den River Rede überquert, das Kastell Habitancum.

Wenn man nun glaubt, dass damit einst jede Menge Römer bei West Woodburn gelebt haben, sie vielleicht sogar eine Stadt gegründet haben, wenigstens eine ganz kleine, dann ist die Wirklichkeit enttäuschend. Es hätte schön zu jener Theorie gepasst, die besagt, dass sich der Border Collie-Stammbaum bis zu römischen Hunden zurückverfolgen lässt. Schließlich liebten Römer Hunde und vom Kampfhund bis zum Schoßhund war bei ihnen für jeden Zweck ein Hundetyp zu finden. Cave Canem! Ähnelt nicht der römische Wachhund auf den Mosaiken einem modernen Schäferhund?

Nur, so richtig Zeit für Hunde wird man im Kastell nicht gehabt haben. Aufpassen musste man selbst, und zwar auf die Pikten. Und Römer, im wortwörtlichen Sinn, haben Habitancum ohnehin nie gesehen. Geplant war es als Kohortenkastell für 500 Mann römischer Hilfstruppen. Das bedeutete, dass dort im Laufe der Jahrhunderte gallische Nervier aus Belgien, Vangionen aus der Gegend von Worms und Soldaten aus der Provinz Raetia, dem heutigen Bayern, der Schweiz und Österreich einzogen – nur eben keine Römer. Wie gesagt, gefallen hat ihnen dieses Britannien ja ohnehin nicht.

Aber vielleicht hatte womöglich der eine oder andere Gallier oder Germane an der Gegend Gefallen gefunden und war geblieben, denn rund um das Kastell hat es wohl auch eine kleine Zivilsiedlung gegeben. Wenn man das Leben eines römischen Soldaten im Rahmen seines britischen Alltags sieht, ergibt das durchaus einen Sinn. Ein römischer Soldat hatte einen Anspruch auf täglich ein Kilogramm Getreide und einen Liter verdünnten Wein. Und damit auch etwas Abwechslung in die Ernährung kam, kaufte er gelegentlich etwas Obst und Gemüse und ein Huhn hinzu. Dafür, dass das alles auf die Tafel kommen konnte, sorgten entweder die Soldaten selbst, oder römische Veteranen mit ihren Gutshöfen in der Nähe. Also ja, eine kleine Siedlung könnte es bei Habitancum gegeben haben - nur erforscht hat man das bis heute noch nicht so genau.

Nichts über den Ort zu wissen, das ist das grundlegende Problem mit West Woodburn. Damit weiß man auch nicht, wer hier sonst noch wann und wie gelebt hat. Von Kelten hat man keine Kenntnis, von Angeln ebenfalls nicht. Die normannische Familie De Lisle hat einmal in East Woodburn gelebt, so viel ist bekannt, über andere hingegen nichts. Natürlich sind die Zeiten auch hier, wie im ganzen Norden, immer unruhig gewesen: Engländer kämpften gegen Schotten, Schotten gegen Engländer, Border Reivers gegen Border Reivers: Die Halls und die Reeds, beide Border Reiver- Familien, kämpften um die Vorherrschaft im Redesdale; die aus dem Flämischen stammende und nun in Schottland lebende Familie Douglas kämpfte gegen die ursprünglich von Wikingern abstammende und dann aus der Normandie eingewanderte Familie der Percys (derzeit noch immer die Dukes of Northumberland) 1388 in der Schlacht von Otterburn gleich um den gesamten englischen Norden. Nun liegt Otterburn zwar nicht weit entfernt, aber es ist nun einmal nicht West Woodburn. Der Ort im Redesdale Valley liegt historisch gesehen gleichsam im Dunklen.

Für Simon Falla und seine Idee, eine Gedenktafel für Adam Telfer und Old Hemp zu errichten, änderte sich im Grunde jedoch nichts. Die Ortsnamen hatten gewechselt, mehr auch nicht. Nach wie vor musste eine geeignete Stelle gefunden, eine Gemeinde und Behörden überzeugt und Spendengelder gesammelt werden.

Vielleicht hätte man ja auch schon früher darauf kommen können. Ohne Frage ist Cambo pittoresker als West Woodburn. Wer Fotos machen will, der macht sie eher dort als in West Woodburn. Wer allerdings Farmer ist, der sieht das mit etwas anderen Augen als der Tourist. Das Land um Cambo herum ist nahezu flach. Für den Farmer heißt das: Hier lässt sich Agrarwirtschaft betreiben, hier kann man Rinder halten. West Woodburn hingegen, man ist zwar nur 17 Kilometer voneinander entfernt, es liegt am Rande der Cheviot Hills, einem Berggebiet, das sich auf beiden Seiten der englisch-schottischen Grenze entlangzieht.

Doch was bedeutet das? Was macht das mit den Menschen, mit den Pflanzen, mit den Tieren? Dass das Auswirkungen hat, das mag man sich ja noch vorstellen, aber vielleicht dauert es etwas, bis man es dann tatsächlich voll und ganz begreift.

Vor 380 Millionen Jahren durch einen Vulkanausbruch entstanden, haben die Cheviots für Touristen heute gewiss ihren Charme. Die Schnelligkeit der Städte aus denen sie kommen, ist wie verflogen. Durch eine weite, hügelige und stille, grünbraune Landschaft wandern sie. Deshalb sind sie gekommen. Für die hiesigen Farmer ist deren Traumlandschaft jedoch nicht mehr als eine Bürde. Agrarwirtschaft, sie ist in der kargen Natur der Cheviots nämlich nicht praktikabel. Getreide- oder Gemüsefelder, Obstbäume, Wälder - das alles sucht man hier vergebens. Eines wird man dagegen reichlich finden: Schafe.