Bring das Wrack auf Zack - Peter Pursche - E-Book

Bring das Wrack auf Zack E-Book

Peter Pursche

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Beschreibung

"Komm, lass uns nach Hause fahren und Freunde bleiben", sagte Peter, als er den schrottreifen 124er Benz zum ersten Mal sah. "Der Wagen hat Substanz", sagte Arne mit einem leicht irren Flackern in den Augen. Kurzum: Die beiden haben den Wagen für 300 Euro gekauft. Dann haben sie drei Monate geschraubt, meistens am Bordstein. Ergebnis: Der Wagen hat die TÜV-Plakette und ein Wertgutachten von 5.000 Euro bekommen. Und Arne und Peter sind Freunde geblieben. Peter Pursche (Ex-SZ- und Stern-Autor) und Arne Weychardt (Fotograf), ein Halb-Laie und ein Fast-Profi älteren Baujahrs, zeigen in diesem Buch in Text und Bild, wie auch technisch weniger begabte Menschen eine alte Kiste recyceln und in Glanz und Gloria auferstehen lassen können. Das geht ohne Angst und mit wenig Werkzeug.

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Bring das Wrackauf Zack

28 Reparaturanleitungenfür den Mercedes W124

von Arne Weychardt und Peter Pursche

Das sollte man wissen

Nun geht das los

Warum der 124er?

Umweltfreundlichkeit

Modellempfehlung

Kaufhinweise

Zeittafel

Jetzt wird geschraubt

Allgemein

Werkzeug

# 1 Schrauben

Innenraum

# 2 Sitze

# 3 Mittelkonsole

# 4 Sicherheitsgurt

# 5 Lenkrad

# 6 Schiebedach

# 7 Einstiegsleisten

Elektro/Radio

# 8 Radio

# 9 Lautsprecher

# 10 Antenne

# 11 Kombiinstrument

# 12 Schlüssel

Karosserie

# 13 Lack

# 14 Scheinwerfer

# 15 Kotflügel

# 16 Wagenheberaufnahme

# 17 Beulen

# 18 Heckklappendämpfer

# 19 Anhängerkupplung

Innenraum

# 20 Fensterheber

# 21 Heckscheibe

# 22 Heckscheibenwischer

# 23 Windschutzscheibe

Motorraum

# 24 Haubenhaken

# 25 Leerlaufschwankung

# 26 Kühler/Thermostat

# 27 Lichtmaschine

# 28 Heizung

Das kommt dabei raus

Vorher – nachher

Wertgutachten

Impressum

NUN GEHT DAS LOS

Dies ist die Geschichte von zwei Männern, die einen Mercedes 124 Baujahr 1987 vom Schrott gerettet haben. Die Männer, das sind Arne und ich, Peter. Arne ist Fotograf, ich bin Journalist. Er hat Angela Merkel und Michael Douglas fotografiert, ich war Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung und beim Stern. Arne ist nebenher Praktiker und hat schon als Zehnjähriger das Bügeleisen seiner Mutter auseinandergenommen. Heute würde er es auch wieder zusammenbekommen. Er bastelt voller Leidenschaft und kenntnisreich an alten 124ern herum, ich liebe alte Autos, bin aber technisch ahnungslos und habe Angst, beim Schrauben mehr kaputt als heil zu machen.

Weil gute Freunde sich gegenseitig helfen, hatten wir beide einen Pakt geschlossen: Ich assistiere ihm beim Schrauben, er zeigt mir, wie man einen alten Zossen wieder auf die Beine bringt.

Arne hat aus seinem Hobby einen Zweitberuf gemacht: Er betreibt in Hamburg die Firma rent-an-oldie und vermietet Mercedes 124. Seine Flotte umfasst 2 Limousinen, 7 Kombis, ein Coupé und ein Cabrio. Er hat alle seine Oldies selbst restauriert und hält sie optisch und technisch in Schuss.

Jeden Tag klingelt bei ihm zuhause der DHL- oder Hermes-Bote und bringt Pakete mit Ersatzteilen. Für jedes Problem hat er eine Lösung. »Das ist kein Hexenwerk!«, lautet sein Standardspruch, wenn es darum geht, ein Kombiinstrument gängig zu machen, ein Thermostat, einen Kühler, eine Lichtmaschine einzubauen, ein Getriebe zu überholen oder einen Himmel einzuziehen. Geht nicht gibt’s nicht!

Nur selten, etwa wenn es ans Schweißen oder an die Revision eines Motors geht, holt er sich Hilfe.

Nun standen wir also im Oktober 2017 in Dargun/Klützerhof, 70 Kilometer südöstlich von Rostock, in einer Kuhstallruine, der ein Feuer vor langer Zeit das Dach weggebrannt hatte. Die stehengebliebenen Mauern beherbergten etwa dreißig schrottreife Gurken vom Peugeot-Kleinwagen bis zum Volvo-Kombi, die Gottfried, der Betreiber dieses Autohofs, alle noch reparieren wollte. Als er wegen Krankheit aufgeben musste, versuchte er seinen Fuhrpark aufzulösen. Keine Ahnung, ob er außer uns noch andere Traumtänzer gefunden hat.

Die allergrößte Ruine stand nun allerdings vor uns, der besagte 124er, ein T-Modell.

300 Euro sollte der Wagen kosten. Arne hatte ihn bei eBay aufgetan und auserkoren, unser gemeinsames Projekt zu werden. Das Ziel: die TÜV-Plakette. Der Weg dahin: ungewiss bis – wie ich meinte – aussichtslos.

Im Wageninneren fanden wir die Überreste eines abgelebten Kraftfahrzeuges: ölverschmierte Ersatzteile, speckige Sitze, Kabelknäuel und Plastikverblendungen. Aber wir stießen auch auf Zeichen blühenden Lebens: einen kleinen Ameisenhaufen und viele Mäuseködel. Außen erinnerte die Gurke an die Überreste einer Feuerwehrübung.

Einem der Vorbesitzer muss der Anthrazit-Metalliclack missfallen haben – anscheinend wollte der Unglückliche den ganzen Wagen in ein mattschwarzes Mad-Max-Monster verwandeln. Leider war die ursprüngliche Idee seinem mangelnden Talent zum Opfer gefallen: Statt des furchterregenden Monsters war eine Lachnummer daraus geworden.

Bei unserer Spurensuche fanden wir Indizien, die auf die Verwendung einer Farbrolle zum Wändestreichen hindeuteten. Die aufgetragene Farbe war an mehreren Stellen abgeplatzt oder kräuselte sich, an anderen klebte sie – wie sich später herausstellte – derart innig auf dem Blech, dass sie mit keiner Chemikalie diesseits von Salzsäure abzubekommen war. Bad Lack, ohne Zweifel.

»Komm, Arne«, sagte ich, »lass uns Freunde bleiben und nach Hause fahren, das hat keine Zukunft.«

Aber Arne hörte mich schon nicht mehr. Er umkreiste den Wagen wie ein Löwe seine Beute, rüttelte hier, inspizierte dort und verkündete dann sein Urteil, ein leicht irres Flackern in den Augen: »Der Wagen hat Substanz!«

Die Rollenverteilung war damit festgelegt: Hier ich, der Theoretiker und Bedenkenträger mit seinen OP-Handschuhen, dort, im blauen Mechaniker-Overall, Arne, der daueroptimistische Schrauberix, dem kein Berg zu hoch, kein Weg zu weit und keine Schrottkarre zu schrottig ist.

Zwei Wochen später haben wir den Benz mit einem Anhänger abgeholt, ihn zuhause in Hamburg innen und außen gekärchert und dann Kurs auf den TÜV genommen.

In diesem Buch zeigen wir in Text und Bild 28 Reparaturen von Defekten und Macken, die wir bei unserem 124er durchgeführt haben und die typisch sind für unseren Lieblingswagen.

Wir sind der Meinung: Jeder und jede kann das nachmachen. Mindestanforderung: Man sollte einen Schraubenzieher halten können und keine Angst vor schmutzigen Fingern haben.

An die Schraubenschlüssel!

WARUM GERADE DER 124ER?

Dass Arne und ich uns einen gemütlichen 124er zur Restaurierung vorgeknöpft haben, hat einen sehr rasanten Grund. Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre war Arne Tageszeitungsfotograf in Berlin – immer in Eile bei dem Versuch, schneller als die Polizei zu sein. Mit seinem Turbo-Golf hatte er es in Flensburg auf 23 Punkte gebracht. Die Folge: 5000 Mark Strafe, Führerscheinentzug, Idiotentest, Wiederholung der Führerscheinprüfung. Eine Verkehrspsychologin riet ihm, sich von so einem aggressiven Rennwagen zu verabschieden. »Kaufen Sie sich einen Mercedes Diesel«, lautete ihr Rat, »dann kommen Sie gar nicht erst in Versuchung, sich im Verkehr wie die Wildsau aufzuführen.«

Arne kaufte sich einen gebrauchten 124er Jahreswagen – und das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, die bis heute hält. Der rasende Fotograf lernte das entspannte Cruisen kennen und einen Wagen lieben, der gutmütig, zuverlässig, nahezu unzerstörbar und leicht zu reparieren ist.

Obwohl die ersten Baujahre schon älter als 30 Jahre sind und damit das H-Kennzeichen für Oldtimer tragen dürfen, rollen noch tausende von 124ern im Verkehr mit, ohne dass sie als alt oder historisch wahrgenommen werden.

Viele sehen ihn als den »letzten echten Benz«.

Seine hohe Fertigungsqualität und die extreme Langlebigkeit von Technik und Motoren haben wesentlich zu dem Image beigetragen, dem Mercedes-Benz heute vergeblich gerecht zu werden versucht.

Offenbar vertraute man damals den Ingenieuren mehr als den Controllern und ließ die Techniker in Ruhe einen fast perfekten Wagen bauen. Man ließ sie das Blech ein bisschen dicker, die Rostvorsorge etwas gründlicher und die Technik – im positiven Sinne – etwas einfacher machen. Man kommt überall ran und mit sehr wenig Werkzeug sehr weit. Mit fünf Schraubenschlüsseln bewältigt man 90 Prozent aller Schrauben. Die Motoren sind bei 100 000 Kilometern gerade mal eingefahren, Laufleistungen von 300 000 Kilometern und mehr sind nicht außergewöhnlich. Man frage mal einen älteren Taxifahrer!

Sicher, es sind schönere und aufregendere Autos designt worden. Dafür hat das schlichte Äußere des 124ers aber den Vorteil, nie unmodern zu werden.

Wer Ersatzteile sucht, wird immer noch fündig. Bei Mercedes-Benz sind nach wie vor alle Teile zu bekommen, obendrein finden sich im Netz viele Adressen von Firmen, die Teile nachfertigen. In diesem Buch wird immer wieder eBay als Fundgrube für Ersatzteile genannt. Dahinter steht kein Werbevertrag, sondern die Erfahrung. Wer einen neuen Kotflügel braucht, trifft dort zum Beispiel auf Teile »Made in China«, die – fertig lackiert – 400 Euro billiger sind als ein originaler vom Benz, weil man diesen noch lackieren lassen muss. Von so einem Kotflügel können wir nicht unbedingt abraten.

So oder so: Wer Teile sucht, hat die Wahl zwischen original und günstig.

Großer Pluspunkt des 124ers ist die übersichtliche Elektronik. Zur Reparatur muss nicht gleich der Mechatroniker ran – schon mit geringen Kenntnissen plus Prüflampe und Schraubenzieher kann man die meisten Kinken selbst beseitigen.

Aber, wendet nun der umweltbewusste Schrauber ein, ist denn so eine alte Schleuder überhaupt zu verantworten? Und ob!

WARUM UNSER 124ER UMWELTFREUNDLICHER IST ALS EIN NEUWAGEN

Wir haben für 300 Euro einen 30 Jahre alten Wagen vom Schrottplatz geholt und ihn für 1200 Euro (ohne Lackierarbeiten) wieder fahrbereit und hübsch gemacht. Dabei hatten wir einige Arbeit, viel Spaß, wenig Ärger und am Ende ein Auto, das mit frischer TÜV-Plakette und ansehnlichen Abgaswerten noch viele Kilometer vor sich hat. Eigentlich hätten wir für unsere mustergültige Rettungsaktion auch noch eine Plakette mit Blauem Engel verdient!

Als unser TÜV-Prüfer auf dem Fahrersitz vor seinem Prüf-Laptop saß und die Werte ablas, fragte er, ob denn die Messsonde überhaupt im Auspuff stecke, er bekomme hier Werte, die weit unterhalb der gesetzlichen Grenzen für diesen Benz lägen. Dank geregeltem Katalysator (seit Baujahr 1986 in jedem Benz-Benziner serienmäßig) und Kaltlaufregler dürfe er durch jede Umweltzone fahren.

Vor zehn Jahren hätte uns die damalige schwarz-rote Bundesregierung 2500 Euro Abwrackprämie gezahlt, wenn wir den guten alten Benz verschrottet und einen Neuwagen gekauft hätten. Die ganze Nummer lief unter der Überschrift Umweltprämie und war in Wahrheit eine umweltschädliche Verdummungsnummer, ein Konjunkturprogramm für die Autoindustrie, die unter anderem tausende von neuen Dieselfahrzeugen auf die Straßen brachte, die man heute am liebsten alle wieder verschrotten würde. Insgesamt wurde die Autoindustrie mit fünf Milliarden Euro Steuergeld subventioniert – und die Schrottplätze quollen über mit ausrangierten Autos.

Jeder Wagen, der auf dem Schrottplatz landet, steht für eine bis zwei Tonnen Müll: Glas, Metall, Gummi, Kunststoff. Dieser Müll muss unter großem Energieaufwand recycelt werden, wenn er nicht – wie im Fall von Plastikschrott – nach China oder in Dritte-Welt-Länder transportiert wird, um dort heimlich, umweltschädlich und auf dem Rücken ärmerer Menschen entsorgt zu werden.

Und noch was: Die Produktion eines Neuwagens verbraucht viel Energie; sehr niedrig angesetzt sind es etwa 30 000 Kilowattstunden. Laut Umweltbundesamt entstehenbei der Produktion einer Kilowattstunde Energie ca. 500 Gramm CO2.

Mal kurz nachgerechnet: Ein Neuwagen hat also schon 15 000 000 Gramm CO2 auf der Uhr, bevor sein Motor zum allerersten Mal angelassen wird. Das sind »CO 2-Schulden« von 15 Tonnen!

Ja, schnurrt nun die Autoindustrie, die Neuwagen stoßen aber auch viel weniger CO2 aus. Stimmt.

Kurze Modellrechnung: Unser Benz stößt 200 g CO2 pro Kilometer aus – bis wir die CO 2-Last eines Neuwagens erreicht haben, können wir erst mal 70 000 Kilometer fahren.

Unser Wagen wurde nicht verschrottet, womit schon mal die ganze Verschrottungsenergie wegfällt. Wir haben auf den Kauf eines Neuwagens verzichtet und damit 15 Tonnen CO2 nicht verbraucht. Unser 124er hat dank Kat und einem durchschnittlichen Verbrauch von 10 Litern auf 100 km eine ansehnliche Ökobilanz.

Ein Auto früher als nötig zu verschrotten, ist deshalb ziemlicher Quatsch. Das findet auch das Umweltministerium: »Zur CO2-Minderung des Pkw-Verkehrs tragen die neuen Pkw kaum bei.«

Da küssen wir unserem alten Benz doch das Blech, umarmen ihn und flüstern leise: »Du kleine Ökoschleuder bist doch die Beste.«

WELCHEN 124ER EMPFEHLEN WIR?

Der 124er Mercedes wurde von 1984 bis 1996 gebaut. Insgesamt kamen 2 058 777 Limousinen, 340 503 T-Modelle und 33 952 Cabrios auf die Straße. Und dort geben sie immer noch – oder immer mehr – ein tolles Bild ab. Mercedes hat es geschafft, den 124er während der Bauzeit laufend zu optimieren, wobei die Wagen mit der besten Substanz – wie wir meinen – zwischen 1990 und 1993 vom Band liefen.

Wer selber schrauben möchte, ist am besten bedient mit dem 230er Motor (M103). Der lässt genug Platz im Motorraum und man kommt ohne Spezialwerkzeug in die letzten Ecken. Günstig, weil mechanisch am einfachsten, ist das Vierganggetriebe.