Broken Miles - Claire Kingsley - E-Book

Broken Miles E-Book

Claire Kingsley

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Beschreibung

Zoe Suttons Leben ist nicht nach Plan verlaufen. Sie hatte weder vor sich scheiden zu lassen, noch danach weiter für die Familie ihres Ex-Mannes zu arbeiten. Jetzt, vier Jahre später, weiß Zoe nicht, was sie machen soll. Bleibt sie auf dem Weingut und bei der Miles Familie, die ihr so ans Herz gewachsen ist, oder muss sie ihr Zuhause verlassen, um wieder glücklich zu werden?

Roland Miles wollte immer nur das Beste, aber am Ende hatte er alles verloren. Seine Ehe, sein Zuhause, seine Familie – alles war ihm nicht so wichtig wie seine Karriere, viel Geld und ein tolles Großstadtleben. Und obwohl er all das jetzt besitzt, ist er doch nicht glücklich ...

Als das Weingut seiner Familie in Schwierigkeiten steckt, kehrt Roland nach Jahren wieder heim, um sie zu unterstützen. Und als wären die Mätzchen seiner Geschwister, die Sorgen seiner Mutter und die Geheimnisse seines Vaters nicht schon kompliziert genug, trifft er auch wieder auf Zoe. Seit ihrer Scheidung hat er sie nicht mehr gesehen und je mehr Zeit er auf dem Weingut verbringt, umso unsicherer wird er: Ist das, was er einst so leichtfertig aufs Spiel setzte, nicht viel mehr wert als Geld und Karriere?

Eine second Chance Romance und der Auftakt der großen Miles Family Saga!

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Über das Buch

Zoe Suttons Leben ist nicht nach Plan verlaufen. Sie hatte weder vor sich scheiden zu lassen noch danach weiter für die Familie ihres Ex-Mannes zu arbeiten. Jetzt, vier Jahre später, weiß Zoe nicht, was sie machen soll. Bleibt sie auf dem Weingut und bei der Miles Familie, die ihr so ans Herz gewachsen sind oder muss sie ihr Zuhause verlassen, um wieder glücklich zu werden?

Roland Miles wollte immer nur das Beste, aber am Ende hatte er alles verloren. Seine Ehe, sein Zuhause, seine Familie – alles war ihm nicht so wichtig wie seine Karriere, viel Geld und ein tolles Großstatdleben. Und obwohl er all das jetzt besitzt, ist er doch nicht glücklich.

Als das Weingut seiner Familie in Schwierigkeiten steckt, kehrt Roland gezwungenermaßen nach Jahren wieder heim, um sie zu unterstützen. Und als wären die Mätzchen seiner Geschwister, die Sorgen seiner Mutter und die Geheimnisse seines Vaters nicht schon kompliziert genug, trifft er auch wieder auf Zoe.

Seit ihrer Scheidung hat er sie nicht mehr gesehen und je mehr Zeit er auf dem Weingut verbringt, umso unsicherer wird er: Ist das, was er einst so leichtfertig aufs Spiel setzte nicht viel mehr wert als Geld und Karriere?

Eine second Chance Romance und der Auftakt der großen Miles Family Saga!

Über Claire Kingsley

Claire Kingsley schreibt Liebesgeschichten mit starken, eigensinnigen Frauen, sexy Helden und großen Gefühlen.

Sie kann sich ein Leben ohne Kaffee, ihren Kindle und all den Geschichten, die ihrer Fantasie entspringen, nicht mehr vorstellen. Sie lebt im pazifischen Nordwesten der USA mit ihrem Mann und ihren drei Kindern.

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Claire Kingsley

Broken Miles

Roland und Zoe

Übersetzt von Juliane Würzburger aus dem amerikanischen Englisch

Inhaltsübersicht

Informationen zum Buch

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Kapitel Eins

Kapitel Zwei

Kapitel Drei

Kapitel Vier

Kapitel Fünf

Kapitel Sechs

Kapitel Sieben

Kapitel Acht

Kapitel Neun

Kapitel Zehn

Kapitel Elf

Kapitel Zwölf

Kapitel Dreizehn

Kapitel Vierzehn

Kapitel Fünfzehn

Kapitel Sechzehn

Kapitel Siebzehn

Kapitel Achtzehn

Kapitel Neunzehn

Kapitel Zwanzig

Kapitel Einundzwanzig

Kapitel Zweiundzwanzig

Kapitel Dreiundzwanzig

Kapitel Vierundzwanzig

Kapitel Fünfundzwanzig

Kapitel Sechsundzwanzig

Kapitel Siebenundzwanzig

Kapitel Achtundzwanzig

Kapitel Neunundzwanzig

Kapitel Dreissig

Epilog

Nachwort

Danksagungen

Impressum

Meiner verrückten kleinen Familie für ihre Unterstützung

Kapitel Eins

Roland

Dein ganzer Scheiß ist weg, und ich versuche rauszufinden, was zur Hölle eigentlich passiert ist.

Nachricht von Roland, vor vier Jahren

Sie wollten ein verdammtes Wunder. Ich las die Mail noch einmal, formulierte schon einen Plan. Was mein Chef verlangte, war heftig. Aber wie man so sagte, genau dafür zahlten sie mir die fette Kohle. Ich war nicht ohne Grund der jüngste Finanzchef in der Geschichte von Dimension Inc.

Ich war ein gottverdammter Wundervollbringer.

Beim Blick auf die Uhr musste ich schlucken. Es war schon nach neun Uhr abends. Ich hatte nicht gemerkt, dass es schon so spät war. Aber ich war meist bis spätabends im Büro, und da war auch niemand, der deswegen gemeckert hätte. Heute hatten Farrah und ich nichts vor; denn sie war nicht in der Stadt. Und selbst wenn wir etwas vorgehabt hätten, wäre es für sie okay gewesen. Sie arbeitete genauso viel wie ich, und sie verstand, was nötig war, um es bis hierher zu schaffen. Darüber musste ich mir bei ihr nie Gedanken machen.

Mein Handy vibrierte neben meinem Laptop auf dem Tisch. Ich schaute auf das Display und zuckte zusammen. Die Nummer meiner Eltern. Ihre Dienstnummer, um genau zu sein. Was hieß, es könnte jeder von beiden sein. Ich hatte überhaupt keine Lust, den Anruf anzunehmen, aber wenn ich nicht ranging, würde ich sie später zurückrufen müssen. Also brachte ich es besser gleich hinter mich.

Ich nahm das Smartphone und meldete mich. »Ja?«

»Hallo, hier ist Leo.«

Das war merkwürdig. Mein kleiner Bruder rief mich nie an. Vielleicht mal eine Textnachricht, denn wir standen uns nicht wirklich nah. Ein Anruf bedeutete möglicherweise schlechte Nachrichten.

»Was ist los?«, fragte ich.

»Du musst herkommen.«

»Warum? Was ist passiert?«

»Mom und Dad verlieren das Weingut«, sagte er. »Totales Chaos.«

Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und kniff mir in den Nasenrücken. Du verarschst mich doch. »Wie meinst du das, das Weingut verlieren?«

»Das Unternehmen steckt bis zum Hals in Schulden«, sagte er. »Dad hat irgendeinen Scheiß geheim gehalten. Es sieht übel aus.«

»Und was soll ich da jetzt machen?«

»Sei kein Arschloch. Denkst du, ich hätte dich angerufen, wenn es keine große Sache wäre? Das hier ist ernst. Du musst nach Hause kommen.«

Fuck. Nach Hause? Das war der letzte Ort, an dem ich sein wollte.

»Jetzt?«, fragte ich. »Ich kann hier nicht einfach alles stehen und liegen lassen. Ich bin sicher, Dad schafft das.«

»Roland«, sagte Leo im scharfen Ton. »Dad hat den Karren in den Mist gefahren. Er ist garantiert nicht derjenige, der ihn wieder rausholt. Wir brauchen dich hier. Wenn es wegen Zoe ist …«

»Es ist nicht wegen Zoe.«

Ich massierte meinen Nasenrücken. Allein der Gedanke an Zoe verursachte mir Kopfschmerzen. Wieso meine Mutter ausgerechnet meine Exfrau im Weingut der Familie angestellt hatte, war mir schleierhaft. Auch wenn mir das normalerweise scheißegal war. Ich war in San Francisco, fast tausend Meilen von meiner Heimatstadt im Staat Washington entfernt. Dass sie dort arbeitete, hatte keinerlei Einfluss auf mein Leben.

»Wir kriegen das hin, dass ihr zwei euch nicht sehen müsst«, sagte er.

»Ich habe doch schon gesagt, dass es nicht um sie geht. Ich bin erwachsen, ich kann durchaus im gleichen Raum wie Zoe sein.«

»Gut. Dann sieh zu, dass du deinen Arsch nach Hause bewegst.«

»Leo –« Mehr sagte ich nicht, weil es am anderen Ende klickte. Er hatte aufgelegt. Ich warf mein Handy auf den Tisch. »Fick dich, Leo. Fick dich, Dad.«

Ich guckte in meinen Kalender. Morgen war alles dicht, aber wenn ich Donnerstag in der Früh losfliegen würde, könnte ich abends beim Weingut sein. Ich schickte meiner Assistentin Danielle eine Nachricht, sie solle mir einen Flug nach Seattle buchen und einen Mietwagen reservieren.

Meine Konzentration war aber dadurch jetzt im Arsch. Heute Abend würde ich keine Arbeit mehr fertigkriegen. Aber es war sowieso schon spät. Ich klappte meinen Laptop zu, schnappte meine Sachen und ging nach Hause.

* * *

Ich hatte meine Wohnung wegen der Aussicht gekauft. Tagsüber konnte ich übers Wasser schauen. Nachts glitzerten die Lichter der Stadt in der Dunkelheit. Sie hatte mich ein Vermögen gekostet, aber wenn ich abends an den bodentiefen Fenstern stand und hinausschaute, wusste ich, dass sie jeden Cent wert gewesen war.

Ich ging in die Küche und nahm die Flasche Glenlivet aus der Bar, goss mir ein Glas ein und nahm einen großen Schluck. Der Alkohol brannte in meinem Hals und verbreitete wohltuende Wärme in meiner Brust.

Danielle schrieb mir zurück und schickte die Flugdaten für Donnerstag. Ich seufzte und schenkte mir noch einen Scotch ein.

Heimat. Ich war in Echo Creek aufgewachsen, einer kleinen Stadt in den Cascade Mountains. Auf einem Weingut groß zu werden, klang idyllisch, aber ich war froh, als ich es endlich hinter mir lassen konnte.

Wie lange war ich nicht mehr dort gewesen? Anderthalb Jahre? Länger? Das konnte doch nicht sein, oder? Aber ich war letztes Jahr an Weihnachten nicht hingefahren. Wahrscheinlich war es tatsächlich so lange her.

Ein bisschen schuldig fühlte ich mich deswegen. Es war ja nicht so, dass ich meine Familie nicht mochte. Mein Vater und ich gerieten zwar gelegentlich aneinander, und meine Geschwister nörgelten andauernd an mir herum, so dass ich schlussendlich weggezogen war. Aber ich wusste, dass sich meine Mutter freuen würde, wenn ich regelmäßiger nach Hause käme.

Ich hatte nur so furchtbar viel zu tun. Es war schwierig, Zeit für eine Reise freizuschaufeln, die nicht dienstlich war. Und ich würde mich zu Hause den unvermeidlichen Vorwürfen stellen müssen.

Warum kommst du denn nicht öfter? Kannst du nicht länger bleiben? Willst du nicht zurückkommen und mit deinen Brüdern das Familienunternehmen betreiben?

Nein, verdammt nochmal. Aber niemand von ihnen hatte je verstanden, warum ich aus der Reihe getanzt war. Warum ich den für mich vorgesehenen Platz im Weingut nicht eingenommen hatte.

Ich war für größere Dinge bestimmt als für einen beschissenen Weinhandel in einer Kleinstadt irgendwo im Nirgendwo. Da gab es keine Herausforderungen. Kein Risiko. Und die zu erwartenden Gewinne – vor allem die finanziellen – waren viel zu wenig für mich. Geld war nicht alles, aber mal ehrlich, es war fast alles. Und ich war gut darin, Geld zu machen. Großartig sogar. In den letzten paar Jahren hatte ich für mein Unternehmen einen Arsch voll Geld gemacht.

Man brachte mir Respekt entgegen, und die Leute rissen sich um mich. Sie vertrauten mir Millionen von Dollar an. Ich hatte mein eigenes Büro, eine Assistentin und ein Penthouse mit einem unbezahlbaren Blick. Genug Geld, um mir praktisch alles leisten zu können, was ich wollte.

Ich lebte meinen Traum, und ich konnte nicht begreifen, wieso sich meine Familie nicht einfach für mich freuen konnte. Wieso sie immer darauf herumreiten musste, dass ich nicht die ganze Zeit dort war. Meine Brüder waren natürlich alle geblieben. Meine Schwester würde nach dem College vermutlich auch nach Hause zurückkehren. Sie hatten sogar meine Exfrau bei sich eingestellt. Was zum Teufel wollten sie dann von mir?

Ich nippte noch mal am Scotch, schlenderte zum Fenster und fragte mich, was mein Dad getan haben mochte, das Leo so aus der Fassung brachte. Leo und ich waren selten einer Meinung, und er hätte mich nicht wegen einer Nichtigkeit angerufen. Die große Frage war: Wusste mein Dad von Leos Anruf? Erwarteten sie, dass ich auf dem glänzenden Ross meines Masterabschlusses in BWL angeritten käme und sie rettete? Oder ging Leo hinter ihrem Rücken vor und zog mich in den Scheiß mit hinein?

Ich würde es wohl bald herausfinden.

Als ich an zu Hause dachte, kehrten meine Gedanken auch zu Zoe zurück. Ich ging in mein Schlafzimmer, stellte meinen Drink ab, warf einen kurzen Blick über meine Schulter – als hätte ich Angst, jemand würde mich erwischen – und holte eine kleine Schachtel von einem der Regale im Schrank.

Darin lag ein einziger Gegenstand. Zoes Ehering.

An dem Tag, als sie mich verlassen hatte, hatte ich ihn auf der Küchentheke unserer Wohnung gefunden. All ihre anderen Sachen waren weg. Ihre Seite des Kleiderschranks leer. Ihre Schubladen im Badezimmer ausgeräumt. Sie hatte nicht viel von dem mitgenommen, was uns beiden gehörte – von den Dingen, die wir gemeinsam und mit Liebe angeschafft hatten. Einiges davon hatte ich ihr später gebracht, die Dinge, von denen ich annahm, dass ihr doch etwas an ihnen lag. Aber nicht ihren Ring. Ihn zu behalten, war eine Riesendummheit, und ich wusste selbst nicht, warum ich ihn noch hatte. Er war nicht mal besonders schön.

Als wir damals durchgebrannt waren, als armes Studentenpärchen, waren wir gerade mal zwanzig Jahren alt. Ich hatte Monate gespart, um mir den Ring leisten zu können, und war verdammt stolz auf mich, als ich die Summe beisammen hatte. Wenn ich ihn jetzt betrachtete, war er ziemlich erbärmlich. Nur ein dünner simpler Goldring mit einer winzigen Aussparung für einen Diamanten. Zoe war begeistert, als ich ihn ihr an den Finger steckte – sie sagte, sie hätte überhaupt keinen Ring erwartet.

Damals waren wir ganz andere Menschen. Jung. Rebellisch. Wild … Idioten. Wir dachten, Teenie-Hormone wären das Wahre. Waren sie vielleicht auch, auf ihre Weise. Aber das hatte nicht gereicht.

Es tat weh, den Ring anzusehen, und ich fragte mich, warum ich mir das gerade antat. Ich holte ihn nicht besonders oft hervor. Einmal, als ich mich zufällig daran erinnerte, dass sie Geburtstag hatte. Ein anderes Mal an unserem Jahrestag. Manchmal schlichen sich Gedanken an sie in meinen Kopf und wollten nicht gehen. Dann fand ich mir genau hier wieder. Hielt mich an einem Glas Scotch fest und starrte auf dieses billige Schmuckstück, das ich einfach nicht wegwerfen konnte.

Ich schloss die Schachtel und schob sie zurück auf das Regal. Vielleicht würde ich eines Tages loslassen können. Ein Kollege von mir hatte den Ring seiner Exfrau stolz in einer öffentlichen Toilette runtergespült. Ein anderer Typ, den ich kenne, hatte seinen Ring abgezogen und ihn in einem Park in der Nähe seines Büros in eine Mülltonne geworfen.

Meinen Ring hatte ich nicht mehr. Ich hatte ihn schon ein paar Jahre nach unserer Hochzeit verloren. Zoe und ich hatten Weihnachten meine Familie besucht, und es schneite. Wir waren draußen, und spontan kam es zu einer Schneeballschlacht mit meinen Brüdern. Keiner von uns war für das Wetter richtig gekleidet – keine Mäntel, Mützen oder Handschuhe. Nur ein paar dumme Kinder, die einander mit Schnee bewarfen, bis ihre nackten Hände wehtaten. Wieder im Haus merkte ich, dass mein Ring weg war. Wir hatten ihn verzweifelt gesucht, aber nie wiedergefunden.

Wie ein schlechtes Omen.

Zoe und ich hatten nie darüber geredet, was bei uns eigentlich schiefgegangen war. Hatten uns nie ausgesprochen, nie reinen Tisch gemacht. Sie war nicht glücklich gewesen, also war sie gegangen. War zurück nach Echo Creek gezogen und hatte dort angefangen, für meine Eltern zu arbeiten. Ihr ging es gut, und mir auch.

Tatsächlich ging es mir besser als gut. Ich war in glänzender Verfassung. Ob meine Familie es nun begriff oder nicht, ich hatte ein geiles Leben.

Und ich würde tun, was zu tun war. Ein paar Tage zu Hause verbringen, die Buchführung anschauen, wahrscheinlich ein paar Fehler finden. Mit meinem Dad streiten. Mit meinen Brüdern herumblödeln. Meine Mutter ein bisschen Wirbel um mich machen lassen. Und dann würde ich wieder dorthin gehen, wo ich hingehörte. Nämlich hierher.

Kapitel Zwei

Zoe

Der Stapel Zeug auf meinem Schreibtisch schien einfach nicht kleiner zu werden. Ich hatte fast den ganzen Vormittag im unteren Stockwerk verbracht und die Deko für eine Hochzeit am nächsten Tag zusammengesucht. Die Feier würde drinnen stattfinden, was gut war. Der Frühling im Vorgebirge war wunderschön, aber frisch, und Anfang April war es noch nicht besonders warm, nicht einmal, wenn die Sonne schien.

Das Hochzeitspaar war hinreißend. Beide in den Sechzigern, beide heirateten das zweite Mal. Sie hatten lange gewartet, bevor sie sich entschieden hatten, und so, wie sie einander anschauten, wusste man, dass es diesmal für immer sein konnte.

Es waren genau solche Paare und Liebesgeschichten, weshalb ich meinen Job so sehr liebte.

Ein Paar, das zum ersten Mal eine Ehe einging, war natürlich schön und romantisch, aber diese Zweite-Chance-Paare hatten etwas ganz besonders Magisches an sich. Sie erinnerten mich daran, dass Liebe einen jederzeit überraschen kann und dass es für ein Happy End nie zu spät war.

Ich nahm einen Schluck Kaffee und schauderte. Er war kalt geworden. Ekelhaft. Als ich an mir heruntersah, bemerkte ich einen Fleck auf meinem weißen T-Shirt und fragte mich, ob ich schon den ganzen Vormittag in einem dreckigen Shirt herumgelaufen war.

Egal, scheiß drauf. Jetzt war es eh zu spät, sich darüber Gedanken zu machen.

Ich stellte den kalten Kaffee ab – später würde ich mehr davon brauchen – und durchwühlte das Durcheinander auf meinem Tisch nach einem anderen Oberteil. Halb unter einem Spiralblock lag eins, ich zog es hervor und begutachtete es. Keine Flecken. Ich schnüffelte daran. Es roch gut. Ich zog gerade mein T-Shirt aus, als Cooper seinen Kopf zur Tür hineinstreckte.

»Zoe … Was zum Geier?« Er wandte sich von mir ab. »Zoe Marie Sutton, wieso ziehst du dich in deinem Büro nackt aus?«

»Ich zieh mich nicht nackt aus«, antwortete ich und musste über seinen Versuch lachen, meinen vollständigen Namen zusammenzubekommen. »Ich habe einen Fleck auf meinem Oberteil, deshalb ziehe ich mich um. Und mein zweiter Vorname ist Elizabeth.«

»Zoe Marie klingt aber besser. Und hast du schon mal was von Türen gehört?«, fragte er. »Die machen so großartige Dinge wie schließen, damit dich andere Leute nicht im BH sehen.«

»Aber willst du mich denn nicht im BH sehen?« Ich zog mein sauberes Shirt über. »Ich habe tolle Brüste.«

»Stimmt«, sagte Cooper. »Du hast ein ausgezeichnetes Gestell.«

Ich lachte. Nüchtern betrachtet war Cooper mein Ex-Schwager, und zudem der Sohn meines Chefs und mein Kollege. Aber vor allem war er einer meiner absoluten Lieblingsmenschen. Er war der kleine Bruder, von dem ich nie gewusst hatte, dass ich ihn haben wollte.

»Du kannst wieder gucken«, sagte ich. »Auch wenn ich überhaupt nicht weiß, warum du so ein Drama machst. Du hast mich auch schon ganz nackt gesehen. Mehr als einmal, wenn ich mich recht erinnere.«

»Jawohl, und es ist mir jedes Mal peinlich, wenn du mir einen verdammten Ständer verpasst.« Er kam ins Büro, setzte sich aber nicht auf den Stuhl, der auf der anderen Seite von meinem Schreibtisch stand. Cooper setzte sich selten hin, denn dann wusste er nicht, wohin mit seiner Energie. »Und ich glaube, ich habe dich nur ein einziges Mal nackt gesehen.«

»Bist du sicher?«, fragte ich. »Das war das eine Mal, als du reingekommen bist und …«

»Ist gut, Zoe. Nicht nötig, mich daran zu erinnern.« Er tat so, als würde er seinen Schwanz wieder sortieren. »Da wir streng genommen nicht verwandt sind, bin ich nicht immun gegen deinen Sex-Appeal. Auch wenn ich mich sexuell nicht im Geringsten zu dir hingezogen fühle.«

Ich grinste. »Wenn du dich sexuell nicht zu mir hingezogen fühlst, wieso ist dann schon beim Anblick meiner nackten Brüste Party in deiner Hose?«

»Ich bin ein Mann«, sagte er mit einem Schulterzucken. »Schöne Titten gleich Ständer.«

Cooper war etwa sechs Jahre jünger als ich, und viel sexier, als ihm guttat mit seinen strubbeligen Haaren und dem Sixpack. Niemand hatte angenommen, dass er mal der Farmer der Miles-Familie sein würde. Aber obwohl er wie ein Modell aussah, das (mal abgesehen von seinen ständig dreckigen Fingernägeln) eigentlich vor eine Kamera gehörte, verbrachte er seine Zeit bei der Arbeit auf dem Feld. Er kümmerte sich um die Weinstöcke, als wären es seine Babys.

So hinreißend er jedoch war, ich hatte in Cooper nie etwas anderes als einen Bruder gesehen. Und auch wenn er darüber witzelte, dass meine Brüste ihn erregten, ging es ihm genauso. Wir hatten Spaß, wenn wir miteinander rumblödelten, und manchmal wurde unser Geplänkel eben anzüglich. Ein Grund mehr, ihn zu lieben.

»Bist du hergekommen, um über meine Brüste zu reden, oder …«

Er kratzte sich im Nacken. »Na ja …«

»Spuck es aus, Cooper.«

»Gut. Aber du solltest vorab wissen, dass alles Leos Schuld ist. Wenn du also streiten willst, geh zu Leo.«

»Streiten?«, fragte ich. »Worüber sollte ich denn mit Leo streiten wollen?«

Er nahm sich den Stuhl, drehte ihn um und schaukelte ihn auf den hinteren Beinen hin und her. »Roland kommt nach Hause.«

Ich musste mich schwer zusammenreißen, um mir keinerlei Reaktion auf den Namen meines Exmannes anmerken zu lassen.

»Warum?«

»Ich kenn nicht die ganze Geschichte«, sagte er. »Leo sagte was davon, dass die Dinge schlechter stehen als gedacht, und dass wir Rolands Hilfe brauchen, um da wieder rauszukommen. Ich denke mal, es ist irgendwas mit Dad.«

Coopers Eltern, Lawrence und Shannon, waren die Eigentümer von Salishan Cellars, dem Weingut, auf dem ich als Eventmanagerin arbeitete. Ich war nach meiner Trennung von Roland nach Echo Creek zurückgekommen, und zu meiner großen Überraschung hatte mir Shannon einen Job angeboten. Da Roland, ihr ältester Sohn, und ich kurz vor der Scheidung standen, war das nicht selbstverständlich gewesen. Aber ich hatte schon für sie gearbeitet, bevor Roland und ich nach San Francisco gezogen waren, und Shannon war glücklich, mich zurückzuhaben, nachdem sich mein Privatleben pulverisiert hatte.

Ich war der Miles-Familie sehr dankbar, dass sie mich nicht verstoßen hatten, nur weil ich die Ex ihres Sohnes war. Für viele Leute wäre es ein Alptraum gewesen, für die Familie vom Ex zu arbeiten. Für mich aber war es ein Segen. Und es machte mir wirklich nichts aus, dass Rolands Familie und ich uns noch so nah waren – dass ich für sie arbeitete, sie täglich sah und mit all seinen drei Geschwistern eng befreundet war. Es machte nichts, weil Roland nie hier war.

San Francisco war nicht so weit weg, aber Roland hätte genauso gut auf der anderen Seite der Erde leben können.

»Ich bin durcheinander«, gestand ich dann doch seufzend.

»Mir geht es nicht anders«, sagt Cooper. »Leo wollte mir nicht sagen, was genau los ist, aber er hätte Roland nicht angerufen, wenn es nicht ernst wäre.«

Das war völlig richtig. Cooper und Leo kamen nicht gerade gut aus mit ihrem großen Bruder. Roland hatte das Familienunternehmen stets abgelehnt, und Cooper und Leo liebten es. Sie liebten diesen Ort über alles und konnten nie verstehen, wie Roland einfach hatte gehen können.

Ich holte tief Luft. Der Gedanke, dass Roland hier sein würde, gefiel mir nicht, aber es wäre auch nicht das erste Mal. Ab und zu kam er zu Besuch nach Hause, allerdings war es wohl anderthalb Jahre her, dass ich ihn zuletzt gesehen hatte. Manchmal fragte ich mich, ob ich ihn von hier fernhielt. Tatsächlich hatte er aber auch nie nach Hause fahren wollen, als wir noch verheiratet waren.

»Weißt du, ich hasse ihn ja nicht oder so. Wir kommen schon klar.«

»Ja?«, fragte Cooper.

»Jepp«, bestätigte ich. »Keine große Sache. Ich werde sowieso viel zu beschäftigt sein, um groß was mitzubekommen. Ich habe unfassbar viel zu tun.«

»Umso besser. Er ist nämlich schon da und steht unten.« Cooper stand auf und verschwand schnell aus dem Büro. Das war typisch für ihn.

»Jetzt wirklich?«, rief ich ihm nach. »Coop?«

Absolute verfickte Scheiße. Ich hatte acht Milliarden Sachen zu tun, aber stattdessen musste ich mit meinem Ex-Mann auf gut Wetter machen. Und offenbar jetzt sofort.

Ich hatte Cooper nicht angelogen. Ich hasste Roland nicht. Dieser Mann wusste zwar besser als irgendjemand sonst, welche Knöpfchen man bei mir drücken musste, damit ich direkt in die Luft ging. Aber ich habe ihn nie gehasst. Nicht einmal in dem Moment, als ich ihn verlassen hatte und ich tue es vier Jahre später immer noch nicht.

Wie auch immer, ich hatte dennoch keine Lust, Zeit mit ihm zu verbringen.

Aber das brauchte ich ja auch gar nicht. Er würde höchstens für ein paar Tage hier sein, und ich war mir sicher, dass er vollends mit dem beschäftigt sein würde, wofür ihn Leo hergeholt hatte. Wahrscheinlich wäre er die ganze Zeit mit seinen Eltern im Büro eingesperrt, und ich würde ihn nicht öfter als ein- oder zweimal sehen müssen.

Ich stand auf und tüddelte meine Haare in etwas zusammen, was mit gutem Willen als Dutt durchging. Dann ging ich die Treppen des Big House hinunter, um die unvermeidliche Begrüßung hinter mich zu bringen.

Das Große Haus, wie wir es nannten, war genau das. Groß. Es war das Herzstück des Weinguts, mit der Hauptlobby, den Verkostungsräumen und unserem größten Veranstaltungsbereich für Events. Oben im ersten Stock gab es einen kleineren Veranstaltungssaal und einige Büros – meins, eines für Jamie, die sich um das Marketing kümmerte und mir bei den Events half, und dann noch ein paar, die leer standen.

Shannon und Lawrence hatten beide Büros in dem Gebäude nebenan, im ursprünglichen Weingut. Auch das Wohnhaus der Familie befand sich auf dem Gelände des Weingutes, aber nur Lawrence und Shannon lebten noch dort. Cooper wohnte mit seinem Freund Chase in der Stadt, und Leo bewohnte eines der kleinen Gästehäuser auf dem Gut. Brynn, das Nesthäkchen und einzige Mädchen im Miles-Clan, studierte in dem etwa eine halbe Stunde entfernten College in Tilikum.

Ich ging die breite Treppe hinunter und hielt inne, als ich Roland sah, der am Empfangstresen in der Lobby lehnte. Stilsicher trug er eine lässige Hose und ein Button-Down-Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln, die seine Unterarme sehen ließen. Sein dunkles Haar war ein bisschen anders frisiert und der Dreitagebart voller, aber es stand ihm gut. Er hatte natürlich sein Handy in der Hand, was auch sonst? Der Typ arbeitete einfach immer.

Seine Attraktivität nervte mich. Vor allem, weil ich ihn nicht mehr sexy finden wollte. Ich wollte ihm gegenüber gleichgültig sein. Ungerührt. Die Zeit würde wohl auch diese Wunde heilen, aber noch war es nicht so weit. Der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schoss, war, dass seine Arme sexy aussahen, wenn er die Ärmel hochgerollt hatte.

Ich verdrehte die Augen und ging weiter. Okay, Roland war attraktiv. Sogar richtig gut aussehend. Er war schlank und muskulös – ich könnte angesichts der Schulterlinie und seiner Taille beschwören, dass er immer noch trainierte. Und diese Arme, o mein Gott. Dann diese wunderschönen blauen Augen. Dichtes dunkles Haar. Der Dreitagebart auf seinem kantigen Kinn. Aber sein Äußeres war nicht das Problem. War es nie gewesen.

»Hey, wen haben wir denn da?«, rief ich.

Er schaute von seinem Handy auf und kurz huschte ein überraschter Ausdruck über sein Gesicht. »Oh … Hi, Zoe.«

Wir sahen einander einen Augenblick an.

»Du hast da was auf deinem Shirt«, sagte er.

Ich zog an meinem T-Shirt und inspizierte es. Er hatte recht, da war auch ein brauner Kaffeefleck neben einem der Knöpfe. »Verdammt. Ich dachte, das hier wäre sauber.«

»Anscheinend nicht«, stellte er trocken fest. »Wie ist es dir ergangen?«

»Gut«, sagte ich mit einem Schulterzucken. »Viel zu tun. Kennst du ja, das Übliche. Und du?«

»Ja, gut. Auch viel zu tun.« Sein Handy vibrierte in seiner Hand, und er schaute aufs Display. »Shit. Ich muss rangehen.«

Ich sah ihm hinterher, als er mit dem Handy am Ohr hinausging.

Na, das war ja mal wieder ein gelungenes Wiedersehen gewesen.

Mit finsteren Blick stampfte ich wieder die Treppen hoch in mein Büro. Es war immer das Gleiche, wenn ich ihn sah. Ein kurzes Hallo. Manchmal ein paar Worte und belangloser Small Talk, mehr nicht. Dabei sollte ich eigentlich froh sein, dass mein Ex und ich nicht komplett zerstritten waren. Als unsere Ehe frisch gescheitert war, hatten wir ein paar Mal Zoff – meist am Telefon. Aber seitdem war da nur Distanz. Eine kühle Akzeptanz, dass die Dinge nun so waren, wie sie waren.

Das zwischen uns fühlte sich irgendwie peinlich an, und ich konnte das nicht leiden. Roland und ich waren mal die besten Freunde gewesen. Er war der Eine, der immer da war, wenn ich glücklich oder traurig war. Der Erste, mit dem ich redete, wenn ich gute Neuigkeiten hatte und ich hatte geglaubt, er wäre mein Seelenverwandter. Der einzige Mensch, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen würde.

Und jetzt? Jetzt waren wir belanglos daherredende Fremde.

Wie hatte das in so wenigen Jahren passieren können? Wir waren drei Jahre zusammen, bevor wir geheiratet hatten. Und unsere unglückselige Ehe hatte noch einmal sechs Jahre gehalten. Fast ein Jahrzehnt waren wir zusammen gewesen, und jetzt?

Ihm bedeutete das alles offenbar nichts, und es ärgerte mich, dass mir der Gedanke weh tat.

Letztendlich war ich es ja auch gewesen, die gegangen war. Ich hatte meine Sachen gepackt und war ausgezogen und ich habe diese Entscheidung nicht bereut. Roland hatte sich immer mehr um seine Karriere als um mich gekümmert, und ich war am Ende nur noch ein Accessoire gewesen. Jemand, der an seinem Arm hängen und bei Firmen-Events hübsch aussehen konnte. Wenn ich nicht gerade vor seinen Kollegen die Rolle der guten Ehefrau spielen musste, schien er glatt zu vergessen, dass es mich gab. Das war keine Art für mich zu leben.

Ich seufzte, nahm mein Handy und öffnete den Kalender. In einer halben Stunde hatte ich ein Kundengespräch, also sollte ich schleunigst nach Hause gehen und mich umziehen. In Jeans und dreckigem Shirt herumzulaufen, während ich Lichterketten und Girlanden aus dem Lager holte, war das eine, aber ein Treffen mit einem Kunden war eine andere Sache.

Und noch schneller musste ich die Gedanken an Roland aus meinem Kopf verbannen und konnte nur hoffen, dass er nicht lange bleiben würde.

Kapitel Drei

Roland

Ich beendete das Telefonat – nicht im Büro zu sein, war so nervtötend – und steckte mein Handy wieder ein. Ich fragte mich, wohin Cooper gegangen war. Seit ich vor fünfzehn Minuten angekommen war, hatte ich ansonsten niemanden gesehen. Leo würde ich vermutlich gar nicht mehr zu Gesicht bekommen. Er kam selten aus seiner Höhle. Cooper hatte ich nur zufällig getroffen, als ich zum Big House gegangen war. Aber bevor ich hatte fragen können, wo ich Mom und Dad finden konnte – und was zum Teufel eigentlich los war –, hatte er gesagt, ich solle warten, und war in das obere Stockwerk gegangen. Und sobald er zurückgekommen war, verschwand er auch wieder zur anderen Tür hinaus.

Eine Minute später war Zoe aufgetaucht. Sie zu sehen, war in Ordnung gewesen, denn Zoe war höflich, und ich war es auch. Kein Problem.

Merkwürdig hatte sich jedoch mein Bedürfnis angefühlt, ihr diese eine Haarsträhne hinters Ohr zu streichen – so wie ich es früher schon immer gemacht hatte. Wie ein lang vergessener Reflex. Und oh ja, sie sah gut aus, auch wenn sie ein schmuddeliges Oberteil anhatte.

Zoe sah natürlich immer gut aus. Sie hatte blaue Augen, die in tollem Kontrast zu ihrem braunen Haar standen. Hohe Wangenknochen. Volle Lippen. Sie konnte phantastisch aussehen, wenn sie sich Mühe gab. Aber die etwas chaotische und wilde Seite an ihr übte einen viel höheren Reiz für mich aus. Die achtlos zusammengenommenen Haare, die schnell nur übergeworfenen Kleider, die oft gar nicht zusammenpassten. Ihre kleinen Tattoos auf der zarten Haut ihrer Handgelenke und der winzige Nasenring.

Ich atmete tief aus und schüttelte energisch den Kopf. Es ergab keinen Sinn, weiter darüber nachzudenken, denn es spielte keine Rolle mehr, wie schön Zoe war. Obendrein war ich nicht hier, um sie zu sehen.

Cooper kam zurück. Er trug ein verwaschenes Salishan-Cellars-Shirt, abgetragene Jeans und Arbeitsstiefel. Er wandte sich an mich und rückte seine billige Sonnenbrille zurecht. »Na, alles okay?«

Ich wusste, dass es eine ernst gemeinte Frage war, aber ich wollte in diesem Moment alles ausblenden, was mit Zoe zu tun hatte. »Abgesehen davon, dass ich noch immer keine Ahnung habe, was zum Teufel ich hier eigentlich soll, ja.«

Er nickte. »Cool. Ich weiß nicht, was Leo macht. Ich vermute, er sucht Mom.«

»Ist Dad hier irgendwo?«, fragte ich.

»Nehme ich an«, antwortete Cooper. »Ich habe ihn heute aber noch nicht gesehen.«

»Weiß er, dass ich komme?«

»Das ist eine gute Frage.«

Ich seufzte. Na toll. Das würde ja lustig werden.

Ich ging zu dem Gebäude, das alle nur noch das Little House nannten. Bevor meine Eltern vor etwa zehn Jahren das Big House gebaut hatten, war es das eigentliche Weingut gewesen. Aber jetzt kamen keine Gäste mehr hierher, und das war gut so. Der Umbau war seit Jahren halbfertig. Die Diele stand voll mit Baumaterial, und eine große Plastikplane bedeckte eine Wand, die fast vollständig abgerissen worden war.

Schon als Dad anfing, das Gebäude umzubauen, wusste ich, dass das keine gute Idee war. Mom war meiner Meinung, aber mein Vater hatte die Angewohnheit, immer das zu tun, was er wollte.

Der erste Stock sah immer noch so aus wie beim letzten Mal, als ich hier gewesen war. Hier hatte Dad noch nichts abgerissen, also waren die Wände intakt. Shannon, meine Mom, war die Chef-Winzerin. Deshalb war ich nicht sicher, wie viel Zeit sie tatsächlich in ihrem Büro verbrachte, aber dort fand ich sie tatsächlich.

Meine Mutter hatte langes dunkles, mit Silberfäden durchzogenes Haar und trug immer einen Pferdeschwanz. Feine Linien um ihre Augen verrieten, dass sie Mitte fünfzig war, aber sie sah nicht viel älter aus als vierzig. Sie trug ein schlichtes schwarzes Hemd und auf ihrer Nase saß eine dunkel umrandete Lesebrille.

»Hey, Mom, schau mal, wen ich mitgebracht habe«, rief Cooper und klopfte an den Türrahmen.

Sie blickte von ihrem Laptop auf und riss überrascht die Augen auf. »Roland?«

»Ja … Hallo, Mom.«

»Warum hast du nicht gesagt, dass du kommst?« Sie setzte ihre Brille ab, stand auf und kam zu mir, um mich fest zu umarmen. Meine Mutter war winzig, ihr Kopf reichte nur bis zu meiner Brust. Ich hatte den Körperbau meines Vaters geerbt.

Ich schaute zu Cooper rüber, der mit den Schultern zuckte. »Das war kurzfristig. Leo hat mich angerufen.«

»Hat er das?«

»Ja, und er hat angedeutet, dass das Weingut in Schwierigkeiten ist«, sagte ich.

Mom seufzte und ließ die Schultern sinken. Sie war blass, und ich bemerkte leichte Schatten unter ihren Augen. »Wir sind seit einem Jahr in finanziellen Schwierigkeiten. Ich glaube, es ist schlimmer geworden, aber du kennst ja deinen Vater.«

Ich kannte ihn. Er war verschwiegen und distanziert. »Wo ist er? Und wo ist Leo? Ich hab ihm schon dreimal geschrieben, dass ich da bin.«

»Ich bin sicher, dass Leo zu Hause ist«, sagte Mom.

Das stimmte wahrscheinlich, denn er ging kaum vor die Tür, wenn er nicht musste. Aber wieso antwortete er mir dann nicht?

»Ich geh mal gucken«, meinte Cooper, und es schien mir wie ein willkommener Vorwand, um wieder ins Freie zu gehen. Er war nicht gerne drinnen.

»Hör mal, ich habe meine ganze Woche umgekrempelt, nur um herzukommen, weil Leo so klang, als wäre es ein echter Notfall«, erklärte ich. »Hat er mich verarscht, oder seid ihr wirklich drauf und dran, das Weingut zu verlieren?«

Moms Mund öffnete sich leicht und ein erstickter Laut drang aus ihrer Kehle. »Drauf und dran … Hat Leo das so gesagt?«, fragte sie.

Ich holte mein Handy raus und rief Leo an. Er nahm ohnehin nie ab, aber ich würde ihm eine Sprachnachricht hinterlassen. Ich hatte jetzt schon die Nase voll. Immer der gleiche Mist. Niemand sprach mit niemandem – jedenfalls über nichts, was wichtig wäre. Meine Familie hatte kein Problem damit, beim Abendessen die Details meiner gescheiterten Ehe auseinanderzupflücken, aber Informationen über das gemeinsame Unternehmen teilen? Das ging zu weit.

Leos Mailbox ging dran. »Leo, wo bist du? Ich steh hier in Moms Büro, sie hatte keine Ahnung, dass ich komme, und ich weiß nicht, wo Dad ist. Warum bin ich –«

»Hallo, Roland.«

Ich unterbrach mich mitten im Satz, als ich Leos Stimme hinter mir hörte und beendete den Anruf. »Ich war gerade dabei, dir eine Nachricht auf Band zu sprechen.«

»Sorry.«

Leo stand etwas von uns weggedreht, so dass die linke Seite seines Gesichts und Körpers in Richtung des Flurs vor Moms Büro zeigten. Als Teenager war Leo ein attraktiver Football-Star gewesen. Jetzt hatte er einen zotteligen Bart, und langes Haar verdeckte sein halbes Gesicht. Er war bei der Army gewesen, und bei einem Einsatz in Afghanistan hatte ihn eine Explosion erwischt. Er hatte schwere Verbrennung auf seiner gesamten linken Körperhälfte. Zum Glück hatte er überlebt, aber er hatte viele Narben davongetragen – innerlich wie äußerlich. Arm und Bein waren fast vollständig von Tattoos bedeckt, so dass man die Narben kaum noch sah. Aber bei seinem Gesicht konnte er nicht viel machen. Auch nach diversen Operationen sah der untere Teil seines Gesichts immer noch ziemlich übel zugerichtet aus.

»Ich hol deinen Dad«, sagte Mom. »Wir sehen uns unten.«

Ich folgte Leo und Cooper nach unten in den Raum, der früher zur Weinverkostung genutzt worden war. Jetzt war er eingerichtet wie ein Konferenzraum im Landhausstil. Es gab einen langen rustikalen Tisch mit passenden Stühlen – vermutlich von Ben gebaut, dem langjährigen Hausmeister und Handwerker von Salishan. An einer Wand hingen gerahmte Schwarz-Weiß-Fotos von meinen Urgroßeltern, die das Weingut gegründet hatten, und von meinen Großeltern, die es von einem kleinen Traum zu etwas hatten heranwachsen lassen, was dem nahekam, was es heute war.

Meine Urgroßeltern hatten das erste Stück Land gekauft und darauf Weinstöcke gepflanzt, Jahrzehnte, bevor die anderen Weingüter in der Gegend gebaut wurden. In Erinnerung an die Native Americans, die früher hier gelebt hatten, nannten sie es Salishan Cellars. Salishan war der Name der Sprachfamilie, die einst in dieser Region gesprochen wurde; Sprachen, die heute fast ausgestorben waren.

Leo nahm einen Stuhl auf einer Seite des Tischs, so dass niemand links von ihm sitzen würde. Cooper tigerte durch die Längsseite des Raums, immer auf und ab. Ich setzte mich und checkte meine Mails, während wir auf unsere Eltern warteten. Meine Güte, ich hatte so viel zu tun und konnte nur hoffen, dass sich die Sache hier schnell klärte.

Die schweren schnellen Schritte meines Vaters kündigten seine Ankunft an. Lawrence Miles hatte es immer eilig. Egal, was er tat – arbeiten, mit der Familie in den Ferien durch einen Vergnügungspark spazieren oder zum Frühstück gehen –, er hatte immer dieses hektische Tempo drauf.

Er trat ein, Mom direkt hinter ihm. Dads Haar war graumeliert, und um seine Körpermitte war er dicker, als ich ihn in Erinnerung hatte. Er hielt überrascht an, als er mich sah.

»Roland.«

»Hallo, Dad«, grüßte ich.

»Was machst du denn hier?« Sein Blick wanderte durch den Raum und ruhte kurz auf jedem von uns. Ich sah, wie er sich in Verteidigungsstellung brachte. Er dachte wahrscheinlich, dass wir uns alle gegen ihn verbündet hatten.

Vermutlich hatten wir das getan, auch wenn ich noch nicht recht wusste, warum.

»Ich habe ihn angerufen«, sagte Leo. »Ich weiß Bescheid, Dad. Ich musste etwas unternehmen.«

Dad verschränkte die Arme. »Wovon redest du?«

Leo seufzte. »Die Bank hat eine Zwangsversteigerung angekündigt.«

Für einen Augenblick war es still. Dann explodierte der Raum im Stimmengewirr, in dem jeder mit jedem zu reden versuchte. Dad blaffte Leo an, Mom schrie Dad an. Cooper brüllte, aber es war unmöglich zu sagen, wen er anmotzte. Leo stand da, zeigte auf Dad und schrie etwas, was ich in dem Lärm nicht verstehen konnte.

Ich schlug mit der Hand auf den Tisch. »Haltet verdammt nochmal den Mund! Ihr alle!«

Erstaunlicherweise verstummten sie tatsächlich.

»Jetzt setzt euch hin«, sagte ich. »Wenn ihr euch anschreien wollt, macht das am Esstisch. Das hier ist Business. Verhalten wir uns entsprechend.«

Leo lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, und Cooper setzte sich auf den Platz neben mich. Mom setzte sich auch, aber Dad blieb am Tisch stehen. Ich ging nicht darauf ein. Ich musste entscheiden, welche Schlachten ich mit Dad führen wollte.

»Leo, warum denkst du, dass die Bank eine Zwangsversteigerung will?«, fragte ich.

»Ich hab Dads Büro inspiziert«, sagte er.

»Du hast was?«, fragte Dad empört.

Ich hob eine Hand. »Dad, lass gut sein. Leo?«

»Ich habe kürzlich mit Chase geredet«, fuhr dieser fort. Chase war Coopers Mitbewohner und sein bester Freund. Er arbeitete außerdem als Mechaniker im Maschinenpark des Weinguts. »Er wollte es Coop nicht so schwer machen, also ist er zu mir gekommen. Wir schulden ihm einen Haufen Geld. Anscheinend haben wir ihn seit Monaten nicht bezahlt.«

»Scheiße, was?«, stieß Cooper hervor.

»Hüte deine Zunge, Cooper«, mahnte Mom.

»Das ist nicht das erste Mal, dass wir unsere Rechnungen nicht bezahlen«, sagte Leo. »Wir wissen alle, dass es schwierig war, aber hier geht es um Chase. Das hier ist eine persönliche Sache.«

»Leo, du hättest mit Dad darüber reden müssen«, sagte Mom.

»Habe ich. Er hat mich abblitzen lassen.«

Cooper und Dad wollten beide etwas sagen, aber ich hob erneut die Hand und funkelte beide an. »Lasst ihn ausreden.«

»Ich war misstrauisch«, fuhr Leo fort. »Wie gesagt, wusste ich, dass wir auch mit anderen Rechnungen in Verzug waren. Ich wollte wissen, wo wir stehen, aber …«

Leo verstummte, und ich konnte mir vorstellen, was passiert war. Dad war wütend geworden, also hatte ihn Leo nicht bedrängt – und dann offenbar auf eigene Faust versucht, die Wahrheit herauszufinden.

»Und die Bank?«, fragte Mom.

»Droht mit Zwangsversteigerung«, sagte Leo. »Ich habe nicht alle Zahlen, aber wir müssen ihnen Unmengen Geld schulden, wenn sie so weit gehen.«

»Ist das wahr?« Mom drehte sich zu meinem Dad.

»Ja, aber ich bin an ein paar Sachen dran«, antwortete Dad.

»Wie konntest du es so weit kommen lassen, ohne mit mir zu reden?«

Das war eine wirklich gute Frage. Meine Brüder und ich warteten schweigend auf Dads Antwort.

»Ich habe alles im Griff«, presste Dad zwischen den Zähnen hervor.

Ich zwang mich, durchzuatmen, bevor ich sprach. Mein jüngeres Ich hätte eine sarkastische Bemerkung gemacht, damit aber nur eine nutzlose Diskussion ausgelöst. Ich hatte mein halbes Leben mit meinem Vater gestritten. In diesem Moment durfte ich nicht Roland, der Sohn sein, sondern Roland, der Geschäftsmann. Der Typ mit Lösungen, der finanzielle Wunder vollbringen konnte. Denn wenn die Bank mit Zwangsversteigerung drohte, brauchte Salishan Cellars genau das: ein Wunder.

»Zuallererst braucht Salishan Stabilität«, begann ich. »Lass mich ein paar meiner Kontakte in den Banken nutzen, um die Situation zu entschärfen.«

»Roland –«

»Dad«, unterbrach ich ihn mit bemüht ruhiger Stimme. »Du machst einfach so weiter wie bisher, während ich die Blutung stoppe. Ich kann dir etwas Zeit kaufen.«

Er warf Mom einen kurzen Blick zu, dann schaute er mich wieder an und nickte resigniert.

»Ich werde ein paar Tage brauchen«, sagte ich. »Und ich werfe auch mal einen Blick in die Bücher, vielleicht kann ich ja sonst noch etwas tun.«

»Das glaube ich nicht«, brummte Dad. »Bei der Bank um einen Gefallen zu bitten ist eine Sache. Aber es ist etwas ganz anderes, dir Zugang zu allen unseren vertraulichen Geschäftsdaten zu gewähren.«

»Lawrence«, ging Mom dazwischen, »er ist unser Sohn.«

»Der Sohn, der nicht hier arbeitet.«

Nicht reagieren. Das hier war Business. Ich würde nicht zulassen, dass er es auf eine persönliche Ebene brachte. »Ich kann einen Verband um die Wunde machen. Aber es wird wieder zu bluten anfangen, und dann sitzen wir hier in sechs Monaten wieder.«

»Lass ihn dir helfen«, bat Mom. »Wir dürfen dieses Land nicht verlieren, Lawrence. Das dürfen wir nicht.«

Ich ertrug die Angst in Moms Stimme kaum. Dieser Ort gehörte seit Generationen ihrer Familie.

Zum Glück hielten meine Brüder den Mund. Wenn einer von ihnen wieder anfing herumzumotzen, würden sich schließlich alle anschreien, und wir erreichten gar nichts.

Los, Dad. Tu das Richtige.

»Okay«, sagte Dad. »Ich gebe dir morgen alle Unterlagen, die du brauchst. Heute Nachmittag habe ich zu viel zu tun.«

Mein Gesicht blieb trotz des aufsteigenden Ärgers ausdruckslos. Morgen. Das hieß, der halbe Tag heute war verschwendet. »Okay.«

Dads Blick schoss von einem zum anderen, und Leo hielt ihm stand, ohne zu blinzeln. Respekt. Meinem Vater die Stirn zu bieten, war noch nie leicht gewesen.

»Ich muss dann mal los«, sagte Dad. Ohne ein weiteres Wort ging er zur Tür hinaus.

Leo stand auf und drückte Moms Schulter, bevor er den Raum verließ. Sie berührte seine Hand und dankte ihm. Cooper umarmte sie und küsste sie auf die Stirn, dann nickte er mir zu.

Da Mom nicht aufstand, wartete ich, bis Cooper die Tür hinter sich geschlossen hatte.

»Ich kann nicht glauben, dass er mir nichts gesagt hat«, sagte sie.

»Er hat bestimmt gehofft, er würde es hinkriegen und dass du es gar nicht erfahren musst.« Ich wollte meinen Dad wirklich nicht verteidigen, aber das entsprach wohl der Wahrheit. »Er wollte nicht, dass du dir Sorgen um die Geschäfte machst.«

»Ich sollte mir aber Sorgen um die Geschäfte machen«, sagte sie. »Ich habe sie immer ihm überlassen, aber ich sollte mich da stärker einbringen.«

»Nun, vielleicht kannst du das in Zukunft tun. Das hier ist ein guter Grund dafür.«

Sie nickte. »Du kannst eins der Büros oben im Big House benutzen, solange du hier bist.«

»Gut, danke.«

»Willst du hier bei uns im Haus schlafen«, fragte sie, »oder in einem unserer Gäste-Cottages?«

»Ich wollte eigentlich in einem der Hotels in der Stadt einchecken.«

Sie schaute mich finster an. »Roland, du kommst doch wohl nicht nach Hause und schläfst im Hotel? Erst recht nicht, wenn hier so viele leere Betten herumstehen. Du musst ja nicht hier im Haus bleiben, aber nimm doch wenigstens das ,Kolibri‹-Cottage. Da ist schon alles zurechtgemacht.«

So war meine Mom. Ich war einunddreißig Jahre alt, aber sie versuchte immer noch, mich zu bemuttern. Das Weingut hatte einige Gästehäuser, und alle hatten kitschige Namen wie das Kolibri-Cottage. Meine Großmutter hatte darauf bestanden, dass jedes Gebäude einen Namen bekam, und die Einrichtung der Gästehäuser passte dazu. Sie waren für zahlende Gäste gebaut worden, aber Salishan hatte sich schon vor Jahren vom Übernachtungstourismus verabschiedet. Jetzt wurden sie von der Familie und Freunden benutzt.

Ich wollte wirklich nicht auf dem Gelände bleiben, aber wenn es meine Mom glücklich machte …

»Dann also ,Kolibri‹«, sagte ich.

Sie lächelte und legte ihre Hand auf meine. »Danke, dass du gekommen bist. Ich bin froh, dass du da bist.«

Ich räusperte mich, um den Kloß hinunterzuschlucken, den ich im Hals hatte. »Mach dir keine Gedanken, Mom. Ihr werdet das Weingut nicht verlieren. Das lasse ich nicht zu.«

In ihren Augen glänzten Tränen und sie setzte sich gerade hin. »Nein, werden wir nicht. Ich werde es auch nicht zulassen. Lass mich wissen, wie ich dir helfen kann. Und sei es nur, um Spannungen zwischen dir und Dad abzufangen.«

Ich nickte. Abstand zwischen Dad und mir wäre für alle Beteiligten besser.